Pilze
Pilze | |
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Wissenschaftliche Klassifizierung | |
(ohne Rangfolge): | Opisthokonta |
(ohne Rangfolge): | Holomycota |
(ohne Rangfolge): | Zoosporia |
Königreich: | Pilze (L.) R.T.Moore |
Unterkönigreiche/Phyla | |
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Ein Pilz (Plural: Pilze oder Fungi) ist ein Mitglied der Gruppe der eukaryotischen Organismen, zu der Mikroorganismen wie Hefen und Schimmelpilze sowie die bekannteren Pilze gehören. Diese Organismen werden als ein eigenes Reich klassifiziert, getrennt von den anderen eukaryotischen Reichen, zu denen nach einer traditionellen Klassifizierung Plantae, Animalia, Protozoa und Chromista gehören. ⓘ
Ein Merkmal, das die Pilze von den Pflanzen, Bakterien und einigen Protisten unterscheidet, ist das Chitin in ihren Zellwänden. Pilze sind wie Tiere heterotroph; sie nehmen ihre Nahrung auf, indem sie gelöste Moleküle aufnehmen, in der Regel durch die Absonderung von Verdauungsenzymen in ihre Umgebung. Pilze betreiben keine Photosynthese. Ihr Fortbewegungsmittel ist das Wachstum, mit Ausnahme der Sporen (von denen einige gegeißelt sind), die durch die Luft oder das Wasser wandern können. Pilze sind die wichtigsten Zersetzer in ökologischen Systemen. Aufgrund dieser und anderer Unterschiede werden Pilze einer einzigen Gruppe verwandter Organismen zugeordnet, den Eumycota (Echte Pilze oder Eumycetes), die einen gemeinsamen Vorfahren haben (d. h. sie bilden eine monophyletische Gruppe). Diese Pilzgruppe unterscheidet sich von den strukturell ähnlichen Myxomyceten (Schleimpilze) und Oomyceten (Wasserschimmelpilze). Das Fachgebiet der Biologie, das sich mit der Erforschung von Pilzen befasst, wird als Mykologie (von griechisch μύκης mykes, Pilz) bezeichnet. In der Vergangenheit wurde die Mykologie als Teilgebiet der Botanik betrachtet, obwohl heute bekannt ist, dass Pilze genetisch enger mit Tieren als mit Pflanzen verwandt sind. ⓘ
Die meisten Pilze sind weltweit verbreitet und aufgrund der geringen Größe ihrer Strukturen und ihrer kryptischen Lebensweise im Boden oder auf totem Material unauffällig. Zu den Pilzen gehören Symbionten von Pflanzen, Tieren oder anderen Pilzen und auch Parasiten. Sie können als Pilze oder Schimmelpilze in Erscheinung treten, wenn sie Früchte tragen. Pilze spielen eine wesentliche Rolle bei der Zersetzung von organischem Material und haben grundlegende Bedeutung für den Nährstoffkreislauf und -austausch in der Umwelt. In Form von Pilzen und Trüffeln werden sie seit langem als direkte Nahrungsquelle für den Menschen genutzt, als Backtriebmittel für Brot und bei der Gärung verschiedener Lebensmittel wie Wein, Bier und Sojasauce. Seit den 1940er Jahren werden Pilze für die Herstellung von Antibiotika verwendet, und in jüngerer Zeit werden verschiedene von Pilzen produzierte Enzyme industriell und in Waschmitteln eingesetzt. Pilze werden auch als biologische Pestizide zur Bekämpfung von Unkräutern, Pflanzenkrankheiten und Insektenschädlingen eingesetzt. Viele Arten produzieren bioaktive Verbindungen, so genannte Mykotoxine, wie Alkaloide und Polyketide, die für Tiere und Menschen giftig sind. Die Fruchtstände einiger weniger Arten enthalten psychotrope Verbindungen und werden in der Freizeit oder bei traditionellen spirituellen Zeremonien konsumiert. Pilze können verarbeitete Materialien und Gebäude zersetzen und zu bedeutenden Krankheitserregern für Menschen und andere Tiere werden. Ernteverluste aufgrund von Pilzkrankheiten (z. B. Reisbräune) oder der Verderb von Lebensmitteln können große Auswirkungen auf die menschliche Ernährung und die lokale Wirtschaft haben. ⓘ
Das Pilzreich umfasst eine enorme Vielfalt an Taxa mit unterschiedlichen Ökologien, Lebenszyklusstrategien und Morphologien, die von einzelligen aquatischen Chytriden bis zu großen Pilzen reichen. Über die tatsächliche biologische Vielfalt des Königreichs der Pilze, die auf 2,2 bis 3,8 Millionen Arten geschätzt wird, ist jedoch nur wenig bekannt. Davon sind nur etwa 148.000 beschrieben, von denen über 8.000 Arten als schädlich für Pflanzen und mindestens 300 als krankheitserregend für den Menschen bekannt sind. Seit den bahnbrechenden taxonomischen Arbeiten von Carl Linnaeus, Christiaan Hendrik Persoon und Elias Magnus Fries im 18. und 19. Jahrhundert wurden Pilze nach ihrer Morphologie (z. B. nach Merkmalen wie der Sporenfarbe oder mikroskopischen Eigenschaften) oder Physiologie klassifiziert. Fortschritte in der Molekulargenetik haben den Weg für die Einbeziehung von DNA-Analysen in die Taxonomie geebnet, wodurch die historischen Gruppierungen auf der Grundlage der Morphologie und anderer Merkmale manchmal in Frage gestellt wurden. Phylogenetische Studien, die im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts veröffentlicht wurden, haben dazu beigetragen, die Klassifizierung innerhalb des Königreichs der Pilze, das in ein Unterkönigreich, sieben Phyla und zehn Subphyla unterteilt ist, neu zu gestalten. ⓘ
Pilze ⓘ | ||||||||||||
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Grüner Anis-Trichterling (Clitocybe odora) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Fungi | ||||||||||||
L. |
Die Wissenschaft, die sich mit Pilzen beschäftigt, nennt man Mykologie. ⓘ
Etymologie
Das Wort Pilz (althochdeutsch buliz) ist aus lateinisch bōlētus entlehnt; die weitere Herkunft ist unklar. Wahrscheinlich hängt das Wort mit altgriechisch βωλίτης bolites Champignon zusammen; neugriechisch βωλίτης vo̱líti̱s bezeichnet Dickröhrlinge (Boletus), insbesondere den Steinpilz (βωλίτης ο εδώδιμος), aber auch den Satans-Röhrling (βωλίτης ο σατανάς). ⓘ
Die botanische Bezeichnung Fungi (lateinisch fungus ‚Pilz‘) lässt sich auf altgriechisch σφόνγος sphóngos zurückführen; dies bezeichnete ursprünglich Schwämme. Da sich Pilze ebenso mit Wasser vollsaugen wie Schwämme, wurde der Begriff im Laufe seiner Geschichte auf Pilze übertragen. ⓘ
Im deutschen Sprachraum existieren die Begriffe Pilz und Schwamm oder Schwammerl parallel. Dabei wurden die Arten mit fleischiger Konsistenz als Pilze und solche, die ein festeres holz-, leder- oder korkartiges Gewebe haben, als Schwämme aufgefasst. Gleichzeitig wurde aber erkannt, dass diese Einteilung aus wissenschaftlicher Sicht nicht sinnvoll ist: Einige sehr ähnliche Arten, die derselben Gruppe angehören, wären in die beiden Kategorien aufzuteilen gewesen; außerdem hätte ein und dieselbe Art in der Jugend zu den Pilzen und im Alter zu den Schwämmen oder umgekehrt gehört. Manchmal wurden unter Schwämme auch die essbaren und unter Pilze die ungenießbaren Arten aufgefasst. Aber auch diese Einteilung ist unhaltbar. Noch heute herrscht im Südosten des deutschen Sprachraums die Bezeichnung Schwammerl vor, während sie ansonsten durch Pilz verdrängt wurde. ⓘ
Mykologie, der Wortbestandteil mycetes und ähnliche Begriffe sind abgeleitet von altgriechisch μύκης mýkēs ‚Pilz‘ (Mehrzahl μύκητες mýkētes). ⓘ
Das englische Wort fungus wurde direkt vom lateinischen fungus (Pilz) übernommen, das in den Schriften von Horaz und Plinius verwendet wurde. Dieses wiederum leitet sich vom griechischen Wort sphongos (σφόγγος 'Schwamm') ab, das sich auf die makroskopischen Strukturen und die Morphologie von Pilzen und Schimmelpilzen bezieht; die Wurzel wird auch in anderen Sprachen verwendet, wie etwa im Deutschen Schwamm und Schimmel. ⓘ
Das Wort Mykologie leitet sich vom griechischen mykes (μύκης 'Pilz') und logos (λόγος 'Rede') ab. Es bezeichnet das wissenschaftliche Studium der Pilze. Die lateinische Adjektivform von "Mykologie" (mycologicæ) erschien bereits 1796 in einem Buch von Christiaan Hendrik Persoon. Im Englischen erschien das Wort bereits 1824 in einem Buch von Robert Kaye Greville. Auch der englische Naturforscher Miles Joseph Berkeley bezeichnete 1836 in seiner Publikation The English Flora of Sir James Edward Smith, Vol. 5. die Mykologie als die Lehre von den Pilzen. ⓘ
Eine Gruppe aller in einer bestimmten Region vorkommenden Pilze wird als Mykobiota (Plural, kein Singular) bezeichnet. Der Begriff Mykota wird häufig für diesen Zweck verwendet, aber viele Autoren benutzen ihn als Synonym für Pilze. Das Wort Funga wurde als weniger zweideutiger Begriff vorgeschlagen, der ähnlich wie Fauna und Flora verwendet wird. Die Species Survival Commission (SSC) der International Union for Conservation of Nature (IUCN) forderte im August 2021, dass der Begriff Fauna und Flora durch Fauna, Flora und Funga ersetzt wird. ⓘ
Merkmale
Vor der Einführung molekularer Methoden für die phylogenetische Analyse betrachteten die Taxonomen Pilze als Mitglieder des Pflanzenreichs, weil sie sich in ihrer Lebensweise ähneln: Sowohl Pilze als auch Pflanzen sind hauptsächlich unbeweglich und haben Ähnlichkeiten in der allgemeinen Morphologie und im Wachstumshabitat. Wie Pflanzen wachsen Pilze oft im Boden und bilden, im Falle von Pilzen, auffällige Fruchtkörper, die manchmal Pflanzen wie Moosen ähneln. Die Pilze werden heute als ein eigenes Reich betrachtet, das sich sowohl von den Pflanzen als auch von den Tieren unterscheidet, von denen sie sich offenbar vor etwa einer Milliarde Jahren (zu Beginn des Neoproterozoikums) abgespalten haben. Einige morphologische, biochemische und genetische Merkmale haben sie mit anderen Organismen gemeinsam, während andere für Pilze einzigartig sind und sie deutlich von den anderen Reichen unterscheiden: Gemeinsame Merkmale:
- Mit anderen Eukaryoten: Pilzzellen enthalten membrangebundene Zellkerne mit Chromosomen, die DNA mit nichtcodierenden Regionen, den Introns, und codierenden Regionen, den Exons, enthalten. Pilze haben membrangebundene zytoplasmatische Organellen wie Mitochondrien, sterolhaltige Membranen und Ribosomen vom 80S-Typ. Sie verfügen über ein charakteristisches Spektrum an löslichen Kohlenhydraten und Speicherverbindungen, darunter Zuckeralkohole (z. B. Mannit), Disaccharide (z. B. Trehalose) und Polysaccharide (z. B. Glykogen, das auch bei Tieren vorkommt).
- Mit Tieren: Pilze haben keine Chloroplasten, sind heterotrophe Organismen und benötigen daher vorgebildete organische Verbindungen als Energiequellen.
- Bei Pflanzen: Pilze haben eine Zellwand und Vakuolen. Sie vermehren sich sowohl sexuell als auch ungeschlechtlich und produzieren wie basale Pflanzengruppen (z. B. Farne und Moose) Sporen. Ähnlich wie Moose und Algen haben Pilze in der Regel haploide Zellkerne.
- Mit Euglenoiden und Bakterien: Höhere Pilze, Euglenoide und einige Bakterien produzieren die Aminosäure L-Lysin in spezifischen Biosyntheseschritten, dem so genannten α-Aminoadipat-Weg.
- Die Zellen der meisten Pilze wachsen als röhrenförmige, längliche und fadenförmige Strukturen, die Hyphen genannt werden, die mehrere Kerne enthalten können und sich an ihren Spitzen ausbreiten. Jede Spitze enthält eine Reihe von aggregierten Bläschen - Zellstrukturen, die aus Proteinen, Lipiden und anderen organischen Molekülen bestehen - die so genannten Spitzenkörper. Sowohl Pilze als auch Oomyceten wachsen als fadenförmige Hyphenzellen. Im Gegensatz dazu wachsen ähnlich aussehende Organismen, wie z. B. fadenförmige Grünalgen, durch wiederholte Zellteilung innerhalb einer Kette von Zellen. Es gibt auch einzellige Pilze (Hefen), die keine Hyphen bilden, und einige Pilze haben sowohl Hyphen- als auch Hefeformen.
- Wie einige Pflanzen- und Tierarten zeigen auch mehr als 70 Pilzarten Biolumineszenz. ⓘ
Einzigartige Merkmale:
- Einige Arten wachsen als einzellige Hefen, die sich durch Knospung oder Spaltung vermehren. Dimorphe Pilze können als Reaktion auf die Umweltbedingungen zwischen einem Hefe- und einem Hyphenstadium umschalten.
- Die Zellwand von Pilzen besteht aus einem Chitin-Glucan-Komplex. Während Glucane auch in Pflanzen und Chitin im Exoskelett von Arthropoden vorkommen, sind Pilze die einzigen Organismen, die diese beiden Strukturmoleküle in ihrer Zellwand kombinieren. Im Gegensatz zu den Zellwänden von Pflanzen und Oomyceten enthalten die Zellwände von Pilzen keine Cellulose. ⓘ
Den meisten Pilzen fehlt ein effizientes System für den Transport von Wasser und Nährstoffen über weite Entfernungen, wie es das Xylem und Phloem in vielen Pflanzen haben. Um diese Einschränkung zu überwinden, bilden einige Pilze, wie z. B. Armillaria, rhizomorphe Organe, die den Wurzeln von Pflanzen ähneln und ähnliche Funktionen erfüllen. Als Eukaryoten verfügen Pilze über einen Biosyntheseweg zur Herstellung von Terpenen, der Mevalonsäure und Pyrophosphat als chemische Bausteine verwendet. Pflanzen und einige andere Organismen verfügen über einen zusätzlichen Terpen-Biosyntheseweg in ihren Chloroplasten, eine Struktur, die Pilze und Tiere nicht haben. Pilze produzieren mehrere sekundäre Stoffwechselprodukte, die denen der Pflanzen ähneln oder mit ihnen identisch sind. Viele der pflanzlichen und pilzlichen Enzyme, die diese Verbindungen herstellen, unterscheiden sich in ihrer Sequenz und anderen Merkmalen, was auf einen unterschiedlichen Ursprung und eine konvergente Evolution dieser Enzyme in Pilzen und Pflanzen hindeutet. ⓘ
Vielfalt
Pilze sind weltweit verbreitet und wachsen in einer Vielzahl von Lebensräumen, auch in extremen Umgebungen wie Wüsten oder Gebieten mit hoher Salzkonzentration oder ionisierender Strahlung sowie in Tiefseesedimenten. Einige können die intensive UV-Strahlung und die kosmische Strahlung überleben, die in der Raumfahrt auftreten. Die meisten wachsen in terrestrischen Umgebungen, doch einige Arten leben teilweise oder ausschließlich in aquatischen Lebensräumen, wie die Chytridpilze Batrachochytrium dendrobatidis und B. salamandrivorans, Parasiten, die für einen weltweiten Rückgang der Amphibienpopulationen verantwortlich sind. Diese Organismen verbringen einen Teil ihres Lebenszyklus als bewegliche Zoospore, wodurch sie sich durch das Wasser fortbewegen und in ihren Amphibienwirt eindringen können. Weitere Beispiele für aquatische Pilze sind die in hydrothermalen Gebieten des Ozeans lebenden Pilze. ⓘ
Bis zum Jahr 2020 haben Taxonomen rund 148 000 Pilzarten beschrieben, aber die globale Artenvielfalt des Pilzreichs ist nicht vollständig bekannt. Einer Schätzung aus dem Jahr 2017 zufolge könnte es zwischen 2,2 und 3,8 Millionen Arten geben. Die Zahl der jährlich neu entdeckten Pilzarten ist von 1.000 bis 1.500 pro Jahr vor etwa 10 Jahren auf etwa 2.000 gestiegen, mit einem Spitzenwert von mehr als 2.500 Arten im Jahr 2016. Im Jahr 2019 wurden 1882 neue Pilzarten beschrieben, und es wurde geschätzt, dass mehr als 90 % der Pilze noch unbekannt sind. In der Mykologie wurden die Arten in der Vergangenheit durch eine Vielzahl von Methoden und Konzepten unterschieden. Die Klassifizierung auf der Grundlage morphologischer Merkmale, wie Größe und Form der Sporen oder Fruchtkörper, hat die Pilztaxonomie traditionell dominiert. Arten können auch anhand ihrer biochemischen und physiologischen Merkmale unterschieden werden, z. B. anhand ihrer Fähigkeit, bestimmte Biochemikalien zu metabolisieren, oder ihrer Reaktion auf chemische Tests. Das biologische Artkonzept unterscheidet die Arten nach ihrer Fähigkeit, sich zu paaren. Die Anwendung molekularer Instrumente wie DNA-Sequenzierung und phylogenetische Analyse zur Untersuchung der Vielfalt hat die Auflösung und die Robustheit der Schätzungen der genetischen Vielfalt innerhalb verschiedener taxonomischer Gruppen erheblich verbessert. ⓘ
Mykologie
Die Mykologie ist der Zweig der Biologie, der sich mit der systematischen Untersuchung von Pilzen befasst, einschließlich ihrer genetischen und biochemischen Eigenschaften, ihrer Taxonomie und ihrer Verwendung für den Menschen als Quelle von Medizin, Nahrung und psychotropen Substanzen, die zu religiösen Zwecken konsumiert werden, sowie ihrer Gefahren, wie Vergiftung oder Infektion. Der Bereich der Phytopathologie, der Erforschung von Pflanzenkrankheiten, ist eng damit verbunden, da viele Pflanzenpathogene Pilze sind. ⓘ
Die Nutzung von Pilzen durch den Menschen reicht bis in die Vorgeschichte zurück; Ötzi, der Mann aus dem Eis, eine gut erhaltene Mumie eines 5 300 Jahre alten Mannes aus der Jungsteinzeit, die in den österreichischen Alpen eingefroren gefunden wurde, trug zwei Arten von Polyporen bei sich, die als Zunder (Fomes fomentarius) oder für medizinische Zwecke (Piptoporus betulinus) verwendet worden sein könnten. Alte Völker haben Pilze - oft unwissentlich - seit Jahrtausenden als Nahrungsquelle für die Zubereitung von Sauerteigbrot und fermentierten Säften genutzt. Einige der ältesten schriftlichen Aufzeichnungen enthalten Hinweise auf die Zerstörung von Ernten, die wahrscheinlich durch pathogene Pilze verursacht wurden. ⓘ
Geschichte
Die Mykologie ist eine relativ junge Wissenschaft, die nach der Entwicklung des Mikroskops im 17. Jahrhundert systematisch betrieben wurde. Obwohl Pilzsporen erstmals von Giambattista della Porta im Jahr 1588 beobachtet wurden, gilt die Veröffentlichung von Pier Antonio Michelis Werk Nova plantarum genera aus dem Jahr 1729 als wegweisend für die Entwicklung der Mykologie. Micheli beobachtete nicht nur Sporen, sondern zeigte auch, dass sie unter den richtigen Bedingungen zu denselben Pilzarten heranwachsen konnten, aus denen sie stammten. Der Niederländer Christiaan Hendrik Persoon (1761-1836) erweiterte das von Carl Linnaeus in seinem Werk Species plantarum (1753) eingeführte binomische System der Nomenklatur und erstellte die erste Klassifizierung von Pilzen mit einer solchen Geschicklichkeit, dass er als Begründer der modernen Mykologie gilt. Später entwickelte Elias Magnus Fries (1794-1878) die Klassifizierung von Pilzen anhand der Sporenfarbe und mikroskopischer Merkmale weiter, Methoden, die auch heute noch von Taxonomen verwendet werden. Zu den weiteren bedeutenden frühen Vertretern der Mykologie im 17. bis 19. und frühen 20. Jahrhundert gehören Miles Joseph Berkeley, August Carl Joseph Corda, Anton de Bary, die Brüder Louis René und Charles Tulasne, Arthur H. R. Buller, Curtis G. Lloyd und Pier Andrea Saccardo. Im 20. und 21. Jahrhundert haben Fortschritte in der Biochemie, Genetik, Molekularbiologie, Biotechnologie, DNA-Sequenzierung und phylogenetischen Analyse neue Einblicke in die Verwandtschaftsverhältnisse und die biologische Vielfalt der Pilze ermöglicht und die traditionellen, auf der Morphologie basierenden Gruppierungen in der Pilztaxonomie in Frage gestellt. ⓘ
Morphologie
Mikroskopische Strukturen
Die meisten Pilze wachsen in Form von Hyphen, das sind zylindrische, fadenförmige Strukturen mit einem Durchmesser von 2-10 µm und einer Länge von bis zu mehreren Zentimetern. Hyphen wachsen an ihren Spitzen (Apizes); neue Hyphen entstehen in der Regel durch das Entstehen neuer Spitzen entlang bestehender Hyphen durch einen Prozess, der Verzweigung genannt wird, oder gelegentlich gabeln sich wachsende Hyphenspitzen, wodurch zwei parallel wachsende Hyphen entstehen. Manchmal verschmelzen Hyphen auch, wenn sie sich berühren, ein Prozess, der als Hyphenfusion (oder Anastomose) bezeichnet wird. Diese Wachstumsprozesse führen zur Entwicklung eines Mycels, eines zusammenhängenden Netzwerks von Hyphen. Die Hyphen können entweder septat oder coenocytisch sein. Septate Hyphen sind in Kompartimente unterteilt, die durch Querwände (innere Zellwände, Septa genannt, die im rechten Winkel zur Zellwand gebildet werden und der Hyphe ihre Form geben) voneinander getrennt sind, wobei jedes Kompartiment einen oder mehrere Zellkerne enthält; coenozytäre Hyphen sind nicht kompartimentiert. Septa haben Poren, durch die Zytoplasma, Organellen und manchmal auch Zellkerne hindurchtreten können; ein Beispiel ist das Doliporenseptum bei Pilzen des Stammes Basidiomycota. Koenozytäre Hyphen sind im Grunde genommen vielkernige Superzellen. ⓘ
Viele Arten haben spezialisierte Hyphenstrukturen für die Nährstoffaufnahme aus lebenden Wirten entwickelt; Beispiele sind Haustorien bei pflanzenparasitären Arten der meisten Pilzgruppen und Arbuskeln verschiedener Mykorrhizapilze, die in die Wirtszellen eindringen, um Nährstoffe aufzunehmen. ⓘ
Obwohl Pilze zu den Opisthokonten gehören - einer Gruppe evolutionär verwandter Organismen, die im Wesentlichen durch eine einzige hintere Geißel gekennzeichnet sind - haben alle Phyla außer den Chytriden ihre hinteren Geißeln verloren. Pilze sind ungewöhnlich unter den Eukaryonten, da sie eine Zellwand haben, die neben Glucanen (z.B. β-1,3-Glucan) und anderen typischen Komponenten auch das Biopolymer Chitin enthält. ⓘ
Makroskopische Strukturen
Pilzmyzelien können mit bloßem Auge sichtbar werden, z. B. auf verschiedenen Oberflächen und Substraten, wie feuchten Wänden und verdorbenen Lebensmitteln, wo sie gemeinhin als Schimmelpilze bezeichnet werden. Myzelien, die auf festem Agarmedium in Labor-Petrischalen wachsen, werden gewöhnlich als Kolonien bezeichnet. Diese Kolonien können Wachstumsformen und Farben (aufgrund von Sporen oder Pigmentierung) aufweisen, die als diagnostische Merkmale bei der Identifizierung von Arten oder Gruppen verwendet werden können. Einige einzelne Pilzkolonien können außergewöhnliche Ausmaße und ein außergewöhnliches Alter erreichen, wie z. B. eine klonale Kolonie von Armillaria solidipes, die sich über eine Fläche von mehr als 900 ha (3,5 Quadratmeilen) erstreckt und ein geschätztes Alter von fast 9.000 Jahren aufweist. ⓘ
Das Apothecium - eine spezialisierte Struktur, die bei den Ascomyceten für die sexuelle Fortpflanzung wichtig ist - ist ein becherförmiger Fruchtkörper, der oft makroskopisch ist und das Hymenium enthält, eine Gewebeschicht, die die sporentragenden Zellen enthält. Die Fruchtkörper der Basidiomyceten (Basidiocarps) und einiger Ascomyceten können manchmal sehr groß werden, und viele sind als Pilze bekannt. ⓘ
Wachstum und Physiologie
Das Wachstum von Pilzen in Form von Hyphen auf oder in festen Substraten oder als Einzelzellen in Gewässern ist für die effiziente Extraktion von Nährstoffen geeignet, da diese Wachstumsformen ein großes Verhältnis von Oberfläche zu Volumen aufweisen. Hyphen sind speziell für das Wachstum auf festen Oberflächen und für das Eindringen in Substrate und Gewebe geeignet. Sie können große mechanische Durchdringungskräfte ausüben. So bilden beispielsweise viele Pflanzenpathogene, darunter Magnaporthe grisea, eine Appressorium genannte Struktur, die sich entwickelt hat, um Pflanzengewebe zu durchstechen. Der vom Appressorium erzeugte Druck, der gegen die Pflanzenepidermis gerichtet ist, kann 8 Megapascal (1.200 psi) übersteigen. Der Fadenpilz Paecilomyces lilacinus nutzt eine ähnliche Struktur, um in die Eier von Nematoden einzudringen. ⓘ
Der mechanische Druck, den das Appressorium ausübt, wird durch physiologische Prozesse erzeugt, die den intrazellulären Turgor durch die Produktion von Osmolyten wie Glycerin erhöhen. Ergänzt werden diese Anpassungen durch hydrolytische Enzyme, die in die Umgebung abgegeben werden, um große organische Moleküle - wie Polysaccharide, Proteine und Lipide - in kleinere Moleküle zu zerlegen, die dann als Nährstoffe aufgenommen werden können. Die überwiegende Mehrheit der Fadenpilze wächst polar (in eine Richtung) durch Streckung an der Spitze (Apex) der Hyphen. Andere Formen des Pilzwachstums sind die interkalare Ausdehnung (Längsausdehnung von Hyphenkompartimenten, die sich unterhalb des Apex befinden), wie bei einigen endophytischen Pilzen, oder das Wachstum durch Volumenexpansion während der Entwicklung von Pilzstielen und anderen großen Organen. Das Wachstum von Pilzen als multizelluläre Strukturen, die aus somatischen und reproduktiven Zellen bestehen - ein Merkmal, das sich bei Tieren und Pflanzen unabhängig voneinander entwickelt hat -, hat mehrere Funktionen, darunter die Entwicklung von Fruchtkörpern für die Verbreitung sexueller Sporen (siehe oben) und Biofilmen für die Besiedlung von Substraten und die interzelluläre Kommunikation. ⓘ
Pilze gelten traditionell als Heterotrophe, also als Organismen, die für ihren Stoffwechsel ausschließlich auf den von anderen Organismen gebundenen Kohlenstoff angewiesen sind. Pilze haben ein hohes Maß an metabolischer Vielseitigkeit entwickelt, die es ihnen ermöglicht, ein breites Spektrum an organischen Substraten für ihr Wachstum zu nutzen, einschließlich einfacher Verbindungen wie Nitrat, Ammoniak, Acetat oder Ethanol. Bei einigen Arten kann das Pigment Melanin eine Rolle bei der Gewinnung von Energie aus ionisierender Strahlung, z. B. Gammastrahlung, spielen. Diese Form des "radiotrophen" Wachstums wurde bisher nur für einige wenige Arten beschrieben, die Auswirkungen auf die Wachstumsraten sind gering, und die zugrunde liegenden biophysikalischen und biochemischen Prozesse sind nicht genau bekannt. Dieser Prozess könnte Ähnlichkeiten mit der CO2-Fixierung durch sichtbares Licht aufweisen, nutzt aber stattdessen ionisierende Strahlung als Energiequelle. ⓘ
Fortpflanzung
Die Fortpflanzung von Pilzen ist komplex und spiegelt die Unterschiede in der Lebensweise und der genetischen Ausstattung innerhalb dieses vielfältigen Reiches von Organismen wider. Man schätzt, dass sich ein Drittel aller Pilze mit mehr als einer Vermehrungsmethode fortpflanzt. So kann die Fortpflanzung innerhalb des Lebenszyklus einer Art in zwei gut unterschiedenen Stadien erfolgen, dem Teleomorphen (sexuelle Fortpflanzung) und dem Anamorphen (asexuelle Fortpflanzung). Umweltbedingungen lösen genetisch bedingte Entwicklungszustände aus, die zur Bildung spezialisierter Strukturen für die sexuelle oder asexuelle Fortpflanzung führen. Diese Strukturen unterstützen die Fortpflanzung durch die effiziente Verbreitung von Sporen oder sporenhaltigen Fortpflanzungsprodukten. ⓘ
Ungeschlechtliche Vermehrung
Die ungeschlechtliche Vermehrung erfolgt über vegetative Sporen (Konidien) oder durch Myzelfragmentierung. Myzelfragmentierung liegt vor, wenn sich ein Pilzmyzel in Teile aufspaltet und jeder Bestandteil zu einem eigenen Myzel heranwächst. Durch Myzelfragmentierung und vegetative Sporen werden klonale Populationen aufrechterhalten, die an eine bestimmte Nische angepasst sind, und sie ermöglichen eine schnellere Ausbreitung als die sexuelle Fortpflanzung. Die "Fungi imperfecti" (Pilze ohne perfektes oder sexuelles Stadium) oder Deuteromycota umfassen alle Arten, bei denen ein sexueller Zyklus nicht zu beobachten ist. Deuteromycota (auch bekannt als Deuteromycetes, Konidienpilze oder mitosporische Pilze) ist keine anerkannte taxonomische Gruppe und wird heute einfach als Pilze ohne bekanntes Sexualstadium angesehen. ⓘ
Sexuelle Fortpflanzung
Pilze sind normalerweise haploid, haben also in ihren Zellkernen nur je einen einfachen Chromosomensatz, und durchlaufen nur bei der sexuellen Fortpflanzung eine kurze diploide Phase mit zwei Chromosomensätzen. Dazwischen liegt bei den Ständerpilzen und bei den meisten Schlauchpilzen noch eine zweikernige oder dikaryotische Phase, die bei anderen Lebewesen nicht bekannt ist. In dieser Phase enthält jede Zelle zwei haploide Kerne unterschiedlicher „elterlicher“ Herkunft. Der Ablauf der sexuellen Vorgänge unterscheidet sich bei den verschiedenen systematischen Abteilungen der Pilze sehr. ⓘ
Bei den Ständerpilzen wird der Übergang von der haploiden zur diploiden Phase dadurch eingeleitet, dass zwei haploide Myzelien sich zu einem Netzwerk verbinden, indem ihre Hyphen paarweise apikal fusionieren (Anastomose). Daraus geht zunächst ein dikaryotisches Myzel hervor, in dem vor jeder Zellteilung beide Kerne sich synchron teilen und jede Tochterzelle dann zwei Kerne unterschiedlicher Herkunft erhält. Die korrekte Zuteilung der Kerne wird durch die seitliche Ausbildung einer Schnalle gewährleistet, durch welche einer der vier Kerne in eine der Tochterzellen gelangt. Das dikaryotische Myzel kann sich lange Zeit rein vegetativ ausbreiten. Die diploide Phase beginnt erst dann, wenn die beiden Kerne eines Dikaryons (einer zweikernigen Zelle) verschmelzen (Karyogamie). Das geschieht in dem als Hut aus dem Substrat herauswachsenden Fruchtkörper, wo die Enden dikaryotischer Hyphen anschwellen und sich zu den charakteristischen Basidien entwickeln, nach denen die Ständerpilze auch als Basidiomycota bezeichnet werden. In jeder Basidie entstehen durch Verschmelzung der beiden Kerne und anschließende Meiose vier haploide Zellkerne. Zugleich bildet die Basidie vier Fortsätze, in welche dann je ein Kern einwandert. Die Fortsätze werden abgeschnürt und entwickeln sich zu je einer Basidiospore, die schließlich aktiv abgeschleudert wird. ⓘ
Bei den Schlauchpilzen bilden benachbarte Hyphen haploider Myzelien vielkernige sogenannte Gametangien aus, die als Ascogon und Antheridium bezeichnet werden. Das Ascogon trägt gewöhnlich eine dünne Hyphe, die Trichogyne, durch welche der Inhalt des Antheridiums in das Ascogon gelangt (Plasmogamie). Die Kerne unterschiedlicher Herkunft lagern sich eng aneinander (Kernpaarung), verschmelzen aber noch nicht miteinander. Nun wachsen aus dem Ascogon dikaryotische (oder paarkernige) Hyphen heraus. Schließlich erfolgt in der apikalen Zelle eine spezielle Zellteilung, die Hakenbildung, die der Schnallenbildung bei den Ständerpilzen ähnelt: Die Hyphenspitze krümmt sich hakenförmig zurück, die beiden Kerne teilen sich synchron, und durch Ausbildung zweier Septen resultiert eine zweikernige Tochterzelle, die jetzt an der Spitze liegt, sowie eine einkernige Stielzelle und der ebenfalls einkernige Haken. Letztere vereinigen sich dann unter Auflösung der zwischen ihnen liegenden Hyphenwände. In der jetzt apikal liegenden Zelle erfolgen nun die Karyogamie und anschließend drei Kernteilungen: eine gewöhnliche Mitose und die beiden meiotischen Teilungen (Meiose I und II). So entsteht der namengebende Schlauch oder Ascus, in dem 8 haploide Kerne in einer Reihe liegen. Anschließend werden im Ascus 8 (oder – nach weiteren Teilungen – ein Vielfaches) dickwandige Ascosporen ausgebildet und freigesetzt. ⓘ
Die Jochpilze bilden keine Fruchtkörper aus, sondern existieren nur als vielkernige Myzelien. Bei ihnen senden benachbarte Hyphen als Gametangien bezeichnete Fortsätze aus, die sich zu dem namengebenden „Joch“ verbinden. Die Berührungsstelle schwillt dann an, die trennenden Zellwände lösen sich auf, und das vielkernige Verschmelzungsprodukt kapselt sich durch Trennwände von den beiden Gametangien ab. Durch paarweise Verschmelzung der Zellkerne wird die diploide Phase erreicht, und die resultierende Coenozygote (vielkernige Zygote) wird durch Ausbildung einer dicken Wand zur sogenannten Zygospore, die unter widrigen Umständen längere Zeit überdauern kann. Wenn die Zygospore unter günstigen Bedingungen auskeimt, durchlaufen die Kerne die Meiose, und es entwickelt sich wieder ein haploides vielkerniges Myzel. ⓘ
Die Ausbildung von Fruchtkörpern ist mit einer erheblichen Steigerung der Stoffwechsel-Aktivität verbunden, weil in den Fruchtkörpern wesentlich mehr Proteine und Nukleinsäuren gebildet werden als im Myzel und dies einen erhöhten Energieaufwand erfordert, der sich auch in einem entsprechenden Anstieg des Sauerstoff-Verbrauchs zeigt. Deshalb können Fruchtkörper nur bei einer guten Versorgung mit Sauerstoff gebildet werden, während Myzelien rein vegetativ auch in recht sauerstoffarmen Umgebungen wie etwa in vermoderndem Holz wachsen können. ⓘ
Die sexuelle Fortpflanzung mit Meiose wurde in allen Pilzphyla mit Ausnahme der Glomeromycota direkt beobachtet (genetische Analysen deuten darauf hin, dass auch in den Glomeromycota Meiose stattfindet). Sie unterscheidet sich in vielen Aspekten von der sexuellen Fortpflanzung bei Tieren oder Pflanzen. Auch zwischen Pilzgruppen gibt es Unterschiede, die zur Unterscheidung von Arten anhand morphologischer Unterschiede in den Sexualstrukturen und Fortpflanzungsstrategien genutzt werden können. Durch Paarungsversuche zwischen Pilzisolaten können Arten auf der Grundlage biologischer Artkonzepte identifiziert werden. Die wichtigsten Pilzgruppen wurden ursprünglich auf der Grundlage der Morphologie ihrer Sexualstrukturen und Sporen abgegrenzt; so können beispielsweise die sporenhaltigen Strukturen, Asci und Basidien, zur Identifizierung von Ascomyceten bzw. Basidiomyceten verwendet werden. Pilze haben zwei Paarungssysteme: Heterothallische Arten können sich nur mit Individuen des anderen Paarungstyps paaren, während homothallische Arten sich mit jedem anderen Individuum oder sich selbst paaren und sexuell fortpflanzen können. ⓘ
Die meisten Pilze haben sowohl ein haploides als auch ein diploides Stadium in ihrem Lebenszyklus. Bei sich sexuell fortpflanzenden Pilzen können sich kompatible Individuen verbinden, indem sie ihre Hyphen zu einem zusammenhängenden Netzwerk verschmelzen; dieser Vorgang, die Anastomose, ist für die Einleitung des Sexualzyklus erforderlich. Viele Ascomyceten und Basidiomyceten durchlaufen ein dikaryotisches Stadium, in dem sich die von den beiden Elternteilen ererbten Kerne nicht unmittelbar nach der Zellfusion vereinigen, sondern in den Hyphenzellen getrennt bleiben (siehe Heterokaryose). ⓘ
Bei Ascomyceten bilden die dikaryotischen Hyphen des Hymeniums (der sporentragenden Gewebeschicht) einen charakteristischen Haken (Crozier) an der Hyphenscheidewand. Während der Zellteilung sorgt die Bildung des Hakens für die ordnungsgemäße Verteilung der neu geteilten Zellkerne auf die apikalen und basalen Hyphenkompartimente. Anschließend wird ein Ascus (mehrere Asci) gebildet, in dem die Karyogamie (Kernfusion) stattfindet. Die Asci sind in ein Ascokarp, einen Fruchtkörper, eingebettet. Auf die Karyogamie in den Asci folgt unmittelbar die Meiose und die Bildung von Ascosporen. Nach der Ausbreitung können die Ascosporen auskeimen und ein neues haploides Myzel bilden. ⓘ
Bei Pilzen, die früher zu den Zygomycota gehörten, verschmelzen die haploiden Hyphen zweier Individuen und bilden ein Gametangium, eine spezialisierte Zellstruktur, die zu einer fruchtbaren, Gameten produzierenden Zelle wird. Das Gametangium entwickelt sich zu einer Zygospore, einer dickwandigen Spore, die durch die Vereinigung der Gameten entsteht. Wenn die Zygospore keimt, durchläuft sie eine Meiose und erzeugt neue haploide Hyphen, die dann ungeschlechtliche Sporangiosporen bilden können. Diese Sporangiosporen ermöglichen dem Pilz eine rasche Ausbreitung und Keimung zu neuen, genetisch identischen haploiden Pilzmyzelen. ⓘ
Ausbreitung der Sporen
Die Sporen der meisten untersuchten Pilzarten werden durch den Wind verbreitet. Diese Arten produzieren oft trockene oder hydrophobe Sporen, die kein Wasser aufnehmen und z. B. durch Regentropfen leicht verstreut werden können. Bei anderen Arten werden sowohl die ungeschlechtlichen als auch die geschlechtlichen Sporen oder Sporangiosporen oft aktiv durch gewaltsames Ausstoßen aus ihren Fortpflanzungsstrukturen verbreitet. Dieses Ausstoßen gewährleistet den Austritt der Sporen aus den Fortpflanzungsorganen und die Ausbreitung durch die Luft über weite Entfernungen.
Spezialisierte mechanische und physiologische Mechanismen sowie Oberflächenstrukturen der Sporen (wie Hydrophobine) ermöglichen einen effizienten Sporenauswurf. So ist beispielsweise die Struktur der sporentragenden Zellen einiger Ascomycetenarten so beschaffen, dass die Anhäufung von Substanzen, die das Zellvolumen und den Flüssigkeitshaushalt beeinflussen, den explosiven Ausstoß von Sporen in die Luft ermöglicht. Bei der gewaltsamen Freisetzung einzelner Sporen, die als Ballistosporen bezeichnet werden, bildet sich ein kleiner Wassertropfen (Buller-Tropfen), der bei Kontakt mit der Spore zu deren Freisetzung als Projektil mit einer anfänglichen Beschleunigung von mehr als 10 000 g führt; das Ergebnis ist, dass die Spore 0,01-0,02 cm weit geschleudert wird, was ausreicht, damit sie durch die Kiemen oder Poren in die darunter liegende Luft fällt. Andere Pilze, wie z. B. die Knollenblätterpilze, nutzen andere Mechanismen zur Freisetzung der Sporen, z. B. externe mechanische Kräfte. Die Hydnoidpilze (Zahnpilze) produzieren Sporen an hängenden, zahn- oder stachelartigen Fortsätzen. Die Vogelnestpilze nutzen die Kraft fallender Wassertropfen, um die Sporen aus becherförmigen Fruchtkörpern freizusetzen. Eine andere Strategie verfolgen die Stinkmorcheln, eine Gruppe von Pilzen mit lebhaften Farben und fauligem Geruch, die Insekten anlocken, um ihre Sporen zu verbreiten. ⓘ
Homothallismus
Bei der homothallischen sexuellen Fortpflanzung verschmelzen zwei haploide Kerne, die von demselben Individuum stammen, zu einer Zygote, die dann eine Meiose durchlaufen kann. Zu den homothallischen Pilzen gehören Arten mit einem Aspergillus-ähnlichen asexuellen Stadium (Anamorphe), die in zahlreichen verschiedenen Gattungen vorkommen, mehrere Arten der Ascomyceten-Gattung Cochliobolus und der Ascomycet Pneumocystis jiroveccii. Die früheste Form der sexuellen Fortpflanzung bei Eukaryoten war wahrscheinlich der Homothallismus, d. h. die selbstfertilisierende eingeschlechtliche Fortpflanzung. ⓘ
Andere sexuelle Prozesse
Neben der regulären sexuellen Fortpflanzung mit Meiose können bestimmte Pilze, wie die der Gattungen Penicillium und Aspergillus, genetisches Material über parasexuelle Prozesse austauschen, die durch Anastomose zwischen Hyphen und Plasmogamie von Pilzzellen initiiert werden. Die Häufigkeit und relative Bedeutung parasexueller Vorgänge ist unklar und möglicherweise geringer als bei anderen sexuellen Prozessen. Es ist bekannt, dass sie eine Rolle bei der intraspezifischen Hybridisierung spielt und wahrscheinlich für die Hybridisierung zwischen Arten erforderlich ist, die mit wichtigen Ereignissen in der Pilzevolution in Verbindung gebracht wird. ⓘ
Entwicklung
Zeitleiste des Lebens ⓘ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
−4500 — – — – −4000 — – — – −3500 — – — – −3000 — – — – −2500 — – — – −2000 — – — – −1500 — – — – −1000 — – — – −500 — – — – 0 — | Wasser Einzelliges Leben Photosynthese Vielzelliges Leben P l a n t s Gliederfüßer Weichtiere H a d e a n A r c h e a n P r o t e r o z o i c P h a n e r o z o i c |
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(vor Millionen Jahren) *Eiszeitalter |
Im Gegensatz zu Pflanzen und Tieren sind die frühen Fossilien von Pilzen nur spärlich belegt. Zu den Faktoren, die wahrscheinlich dazu beitragen, dass Pilzarten unter den Fossilien unterrepräsentiert sind, gehören die Beschaffenheit von Pilzfruchtkörpern, bei denen es sich um weiche, fleischige und leicht abbaubare Gewebe handelt, und die mikroskopischen Dimensionen der meisten Pilzstrukturen, die daher nicht ohne weiteres erkennbar sind. Pilzfossilien sind schwer von denen anderer Mikroben zu unterscheiden und lassen sich am einfachsten identifizieren, wenn sie lebenden Pilzen ähneln. Diese Proben, die oft aus einem permineralisierten pflanzlichen oder tierischen Wirt gewonnen werden, werden in der Regel durch die Anfertigung von Dünnschliffpräparaten untersucht, die mit Lichtmikroskopie oder Transmissionselektronenmikroskopie untersucht werden können. Forscher untersuchen Kompressionsfossilien, indem sie die umgebende Matrix mit Säure auflösen und dann Licht- oder Rasterelektronenmikroskopie einsetzen, um Oberflächendetails zu untersuchen. ⓘ
Die frühesten Fossilien mit pilztypischen Merkmalen stammen aus dem Paläoproterozoikum vor etwa 2,4 Milliarden Jahren (Ma); diese mehrzelligen benthischen Organismen hatten fadenförmige Strukturen, die zur Anastomose fähig waren. Andere Studien (2009) schätzen die Ankunft der Pilzorganismen auf ca. 760-1060 Ma und stützen sich dabei auf Vergleiche der Evolutionsgeschwindigkeit bei eng verwandten Gruppen. Während eines Großteils des Paläozoikums (542-251 Ma) scheinen die Pilze aquatisch gewesen zu sein und bestanden aus Organismen, die den heutigen Chytriden ähneln, da sie Sporen mit Geißeln haben. Die evolutionäre Anpassung von einer aquatischen an eine terrestrische Lebensweise erforderte eine Diversifizierung der ökologischen Strategien zur Beschaffung von Nährstoffen, einschließlich Parasitismus, Saprobismus und der Entwicklung von mutualistischen Beziehungen wie Mykorrhiza und Flechtenbildung. Studien deuten darauf hin, dass der ökologische Urzustand der Ascomycota der Saprobismus war und dass unabhängige Flechtenbildungen mehrfach stattgefunden haben. ⓘ
Im Mai 2019 berichteten Wissenschaftler über die Entdeckung eines versteinerten Pilzes mit dem Namen Ourasphaira giraldae in der kanadischen Arktis, der möglicherweise vor einer Milliarde Jahren an Land wuchs, lange bevor Pflanzen an Land lebten. Pyritisierte pilzähnliche Mikrofossilien, die in der basalen Ediacaran Doushantuo Formation (~635 Ma) erhalten sind, wurden in Südchina entdeckt. Zuvor war man davon ausgegangen, dass die Pilze das Land im Kambrium (542-488,3 Ma) besiedelten, also lange vor den Landpflanzen. Versteinerte Hyphen und Sporen, die aus dem Ordovizium von Wisconsin (460 Ma) geborgen wurden, ähneln den heutigen Glomerales und existierten zu einer Zeit, als die Landflora wahrscheinlich nur aus nicht-vaskulären, bryophytenartigen Pflanzen bestand. Prototaxites, bei dem es sich wahrscheinlich um einen Pilz oder eine Flechte handelte, wäre der größte Organismus des späten Silurs und frühen Devons gewesen. Pilzfossilien sind erst im frühen Devon (416-359,2 Ma) verbreitet und unumstritten, als sie im Hornstein von Rhynie reichlich vorkommen, meist als Zygomycota und Chytridiomycota. Etwa zur gleichen Zeit, etwa 400 Ma, trennten sich die Ascomycota und Basidiomycota, und alle modernen Pilzklassen waren im späten Karbon (Pennsylvanium, 318,1-299 Ma) vorhanden. ⓘ
Flechten bildeten einen Bestandteil der frühen terrestrischen Ökosysteme, und das geschätzte Alter des ältesten terrestrischen Flechtenfossils liegt bei 415 Ma; dieses Datum entspricht ungefähr dem Alter des ältesten bekannten Sporokarp-Fossils, einer Paleopyrenomycites-Art, die im Rhynie Chert gefunden wurde. Das älteste Fossil mit mikroskopischen Merkmalen, die heutigen Basidiomyceten ähneln, ist Palaeoancistrus, das in einem Farn aus dem Pennsylvanium permineralisiert gefunden wurde. Die Homobasidiomyceten (ein Taxon, das in etwa den pilzproduzierenden Arten der Agaricomyceten entspricht) sind im Fossilbericht selten. Zwei in Bernstein konservierte Exemplare belegen, dass der früheste bekannte pilzbildende Pilz (die ausgestorbene Art Archaeomarasmius leggetti) in der späten Kreidezeit (90 Ma) auftrat. ⓘ
Einige Zeit nach dem permisch-triassischen Aussterbeereignis (251,4 Mio. Jahre) bildete sich eine Pilzspitze (ursprünglich als außergewöhnliche Fülle von Pilzsporen in Sedimenten gedacht), was darauf hindeutet, dass Pilze zu dieser Zeit die vorherrschende Lebensform waren und fast 100 % der verfügbaren Fossilien aus dieser Zeit ausmachten. Der relative Anteil der Pilzsporen im Vergleich zu den Sporen von Algenarten ist jedoch schwer abzuschätzen, da der Spike nicht weltweit auftrat und vielerorts nicht auf die Perm-Trias-Grenze fiel. ⓘ
Vor 65 Millionen Jahren, unmittelbar nach dem Aussterbeereignis zwischen Kreide und Paläogen, das bekanntlich die meisten Dinosaurier auslöschte, kam es zu einem dramatischen Anstieg der Pilzsporen; offenbar führte das Aussterben der meisten Pflanzen- und Tierarten zu einer riesigen Pilzblüte, die einem "riesigen Komposthaufen" glich. ⓘ
Die ersten weitgehend unumstrittenen Pilzfunde stammen aus der erdgeschichtlichen Epoche des Ordoviziums und können vielleicht den Arbuskulären Mykorrhizapilzen zugeordnet werden. Der erfolgreiche Landgang der Pflanzen wäre ohne Pilzsymbiosen vermutlich nicht möglich gewesen. ⓘ
Der älteste beschriebene Pilz ist Gondwanagaricites magnificus. Es handelt sich um einen fossilen Lamellenpilz aus Brasilien, der ungewöhnlich gut erhalten ist und etwa 5 cm Durchmesser hat. Der Fund stammt aus der Unterkreide und ist 115 Millionen Jahre alt. ⓘ
Fossile Pilze sind ferner aus Bernsteinfunden u. a. auf karbonischer Lagerstätte in Schottland und England (sogenannter Middletonit), aus dem Karnium (Obertrias) in Deutschland und in bemerkenswerter Artenvielfalt aus kreidezeitlichem kanadischen Bernstein sowie dem mexikanischen, dominikanischen und baltischen Bernstein (alle Tertiär) bekannt. Bei einigen dieser Funde handelt es sich um Pilze, die Termiten und Nematoden befallen hatten und zusammen mit ihren Wirten vom Harz eingeschlossen wurden. ⓘ
Taxonomie
Obwohl Pilze häufig in Lehrplänen und Lehrbüchern der Botanik behandelt werden, sind sie enger mit Tieren als mit Pflanzen verwandt und werden mit den Tieren in die monophyletische Gruppe der Opisthokonten gestellt. Molekularphylogenetische Analysen sprechen für einen monophyletischen Ursprung der Pilze. Die Taxonomie der Pilze befindet sich in ständiger Bewegung, vor allem aufgrund von Forschungen, die auf DNA-Vergleichen basieren. Diese aktuellen phylogenetischen Analysen heben oft Klassifizierungen auf, die auf älteren und manchmal weniger diskriminierenden Methoden beruhen, die auf morphologischen Merkmalen und biologischen Artkonzepten basieren, die aus experimentellen Paarungen gewonnen wurden. ⓘ
Auf den höheren taxonomischen Ebenen gibt es kein einheitliches, allgemein anerkanntes System, und auf jeder Ebene, von der Art aufwärts, kommt es häufig zu Namensänderungen. Unter den Forschern gibt es nun Bemühungen, eine einheitliche und konsistentere Nomenklatur zu schaffen und deren Verwendung zu fördern. Bis vor relativ kurzer Zeit (2012), als der Internationale Code der Nomenklatur für Algen, Pilze und Pflanzen geändert wurde, konnten Pilzarten je nach Lebenszyklus und Fortpflanzungsart (sexuell oder asexuell) auch mehrere wissenschaftliche Namen haben. Websites wie Index Fungorum und MycoBank sind offiziell anerkannte Nomenklatur-Repositorien und führen aktuelle Namen von Pilzarten auf (mit Querverweisen auf ältere Synonyme). ⓘ
Die Klassifizierung des Königreichs der Pilze aus dem Jahr 2007 ist das Ergebnis einer groß angelegten gemeinschaftlichen Forschungsarbeit, an der Dutzende von Mykologen und anderen Wissenschaftlern beteiligt waren, die sich mit der Taxonomie von Pilzen befassen. Sie erkennt sieben Phyla an, von denen zwei - die Ascomycota und die Basidiomycota - in einem Zweig enthalten sind, der das Unterkönigreich Dikarya repräsentiert, die artenreichste und bekannteste Gruppe, zu der alle Pilze, die meisten lebensmittelverderbenden Schimmelpilze, die meisten pflanzenpathogenen Pilze sowie die Bier-, Wein- und Brothefen gehören. Das beiliegende Kladogramm zeigt die wichtigsten Pilztaxa und ihre Beziehung zu Opisthokont- und Unikont-Organismen, basierend auf der Arbeit von Philippe Silar, "The Mycota: A Comprehensive Treatise on Fungi as Experimental Systems for Basic and Applied Research" und Tedersoo et al. 2018. Die Längen der Zweige sind nicht proportional zu den evolutionären Entfernungen. ⓘ
ⓘZoosporia |
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Basidiomycota |
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Ascomycota |
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Taxonomische Gruppen
Die Hauptgruppen (manchmal auch als Abteilungen bezeichnet) der Pilze wurden hauptsächlich auf der Grundlage der Merkmale ihrer sexuellen Fortpflanzungsstrukturen klassifiziert. Bis 2019 wurden neun Hauptstämme identifiziert: Opisthosporidia, Chytridiomycota, Neocallimastigomycota, Blastocladiomycota, Zoopagomycota, Mucoromycota, Glomeromycota, Ascomycota und Basidiomycota. ⓘ
Phylogenetische Analysen haben gezeigt, dass es sich bei den Mikrosporidien, einzelligen Parasiten von Tieren und Protisten, um relativ junge und hochgradig abgeleitete endobiotische Pilze handelt (die im Gewebe einer anderen Art leben). Früher wurden sie als "primitive" Protozoen betrachtet, heute geht man davon aus, dass sie entweder ein basaler Zweig der Pilze oder eine Schwestergruppe sind - die engsten evolutionären Verwandten der anderen. ⓘ
Die Chytridiomycota sind gemeinhin als Chytriden bekannt. Diese Pilze sind weltweit verbreitet. Chytriden und ihre nahen Verwandten, die Neocallimastigomycota und die Blastocladiomycota (siehe unten), sind die einzigen Pilze mit aktiver Motilität, die Zoosporen produzieren, die sich mit einem einzigen Flagellum aktiv durch wässrige Phasen bewegen können, was frühe Taxonomen dazu veranlasste, sie als Protisten einzustufen. Molekulare Phylogenien, die aus rRNA-Sequenzen in Ribosomen abgeleitet wurden, deuten darauf hin, dass die Chytriden eine basale Gruppe sind, die sich von den anderen Pilzphyla unterscheidet und aus vier Hauptkladen besteht, die auf Paraphylie oder möglicherweise Polyphylie hindeuten. ⓘ
Die Blastocladiomycota wurden früher als taxonomische Klade innerhalb der Chytridiomycota betrachtet. Molekulare Daten und ultrastrukturelle Merkmale weisen die Blastocladiomycota jedoch als Schwesterklade zu den Zygomycota, Glomeromycota und Dikarya (Ascomycota und Basidiomycota) aus. Die Blastocladiomyceten sind saprotroph, ernähren sich von sich zersetzenden organischen Stoffen und sind Parasiten aller eukaryontischen Gruppen. Im Gegensatz zu ihren nahen Verwandten, den Chytriden, von denen die meisten eine zygotische Meiose aufweisen, durchlaufen die Blastocladiomyceten eine sporische Meiose. ⓘ
Die Neocallimastigomycota wurden früher in den Stamm Chytridomycota eingeordnet. Die Mitglieder dieses kleinen Stammes sind anaerobe Organismen, die im Verdauungssystem größerer pflanzenfressender Säugetiere und in anderen terrestrischen und aquatischen Umgebungen leben, die reich an Zellulose sind (z. B. Hausmülldeponien). Sie haben keine Mitochondrien, enthalten aber Hydrogenosomen mitochondrialen Ursprungs. Wie bei den verwandten Chrystriden bilden Neocallimastigomyceten Zoosporen, die hinten ein- oder mehrblättrig sind. ⓘ
Die Mitglieder der Glomeromycota bilden arbuskuläre Mykorrhizen, eine Form der wechselseitigen Symbiose, bei der Pilzhyphen in die Wurzelzellen von Pflanzen eindringen und beide Arten von der daraus resultierenden erhöhten Nährstoffzufuhr profitieren. Alle bekannten Glomeromycota-Arten vermehren sich ungeschlechtlich. Die symbiotische Verbindung zwischen den Glomeromycota und Pflanzen ist uralt und wurde bereits vor 400 Millionen Jahren nachgewiesen. Die Glomeromycota, die früher zu den Zygomycota gehörten (allgemein bekannt als "Zucker"- und "Nadel"-Schimmelpilze), wurden 2001 in den Rang eines Stammes erhoben und ersetzen nun den älteren Stamm Zygomycota. Pilze, die früher zu den Zygomycota gehörten, werden jetzt den Glomeromycota oder den Subphyla incertae sedis Mucoromycotina, Kickxellomycotina, Zoopagomycotina und Entomophthoromycotina zugeordnet. Einige bekannte Beispiele für Pilze, die früher zu den Zygomycota gehörten, sind der Schwarzbrotschimmel (Rhizopus stolonifer) und Pilobolus-Arten, die Sporen mehrere Meter durch die Luft schleudern können. Zu den medizinisch relevanten Gattungen gehören Mucor, Rhizomucor und Rhizopus. ⓘ
Die Ascomycota, gemeinhin als Schlauchpilze oder Ascomyceten bezeichnet, bilden die größte taxonomische Gruppe innerhalb der Eumycota. Diese Pilze bilden meiotische Sporen, so genannte Ascosporen, die in einer speziellen sackartigen Struktur, dem Ascus, eingeschlossen sind. Zu diesem Stamm gehören Morcheln, einige Pilze und Trüffel, einzellige Hefen (z. B. der Gattungen Saccharomyces, Kluyveromyces, Pichia und Candida) und viele Fadenpilze, die als Saprotrophe, Parasiten und mutualistische Symbionten (z. B. Flechten) leben. Zu den bekanntesten und wichtigsten Gattungen von Fadenpilzen gehören Aspergillus, Penicillium, Fusarium und Claviceps. Viele Ascomyceten-Arten wurden nur bei der ungeschlechtlichen Vermehrung beobachtet (so genannte anamorphe Arten), aber durch die Analyse molekularer Daten konnten oft ihre engsten Teleomorphen in den Ascomycota identifiziert werden. Da die Produkte der Meiose in dem sackartigen Ascus verbleiben, wurden Ascomyceten zur Erforschung der Prinzipien von Genetik und Vererbung verwendet (z. B. Neurospora crassa). ⓘ
Die Mitglieder der Basidiomycota, die gemeinhin als Keulenpilze oder Basidiomyceten bezeichnet werden, produzieren Meiosporen, die als Basidiosporen bezeichnet werden, auf keulenförmigen Stielen, die Basidien genannt werden. Die meisten Champignons gehören zu dieser Gruppe, ebenso wie Rost- und Rußpilze, die zu den wichtigsten Krankheitserregern von Getreide gehören. Weitere wichtige Basidiomyceten sind der Maiserreger Ustilago maydis, menschliche Kommensalarten der Gattung Malassezia und der opportunistische Humanpathogen Cryptococcus neoformans. ⓘ
Pilzähnliche Organismen
Aufgrund von Ähnlichkeiten in Morphologie und Lebensweise werden die Schleimpilze (Mycetozoen, Plasmodiophoriden, Acrasiden, Fonticula und Labyrinthuliden, jetzt in Amoebozoa, Rhizaria, Excavata, Opisthokonta und Stramenopiles, ), Wasserschimmelpilze (Oomyceten) und Hyphochytriden (beide Stramenopiles) wurden früher in das Reich der Pilze, in Gruppen wie Mastigomycotina, Gymnomycota und Phycomycetes eingeordnet. Die Schleimpilze wurden auch als Protozoen untersucht, was zu einer doppelten, doppelten Taxonomie führte. ⓘ
Im Gegensatz zu echten Pilzen enthalten die Zellwände von Oomyceten Zellulose und kein Chitin. Hyphochytriden haben sowohl Chitin als auch Zellulose. Schleimpilze haben während der Assimilationsphase keine Zellwand (mit Ausnahme der Labyrinthuliden, die eine Wand aus Schuppen haben) und nehmen Nährstoffe eher durch Aufnahme (Phagozytose, mit Ausnahme der Labyrinthuliden) als durch Absorption (Osmotrophie, wie Pilze, Labyrinthuliden, Oomyceten und Hyphochytriden) auf. Weder die Wasserschimmel noch die Schleimpilze sind eng mit den echten Pilzen verwandt, weshalb sie von den Taxonomen nicht mehr dem Reich der Pilze zugeordnet werden. Nichtsdestotrotz werden Studien über Oomyceten und Myxomyceten in mykologischen Lehrbüchern und in der primären Forschungsliteratur immer noch häufig berücksichtigt. ⓘ
Die Eccrinales und Amoebidiales sind opisthokontische Protisten, die früher für Zygomyceten gehalten wurden. Andere Gruppen, die jetzt zu den Opisthokonta gehören (z. B. Corallochytrium, Ichthyosporea), wurden früher ebenfalls als Pilze eingestuft. Die Gattung Blastocystis, die heute zu den Stramenopiles gehört, wurde ursprünglich als Hefe klassifiziert. Ellobiopsis, jetzt in Alveolata, wurde als Chytrid betrachtet. In einigen Klassifikationen wurden die Bakterien auch zu den Pilzen gezählt, und zwar als Gruppe Schizomycetes. ⓘ
Die Gruppe der Rozellida, zu der auch der "Ex-Chytrid" Rozella gehört, ist eine genetisch disparate Gruppe, die hauptsächlich aus DNA-Sequenzen aus der Umwelt bekannt ist und eine Schwestergruppe der Pilze darstellt. Den isolierten Mitgliedern der Gruppe fehlt die für Pilze charakteristische chitinöse Zellwand. Alternativ kann Rozella auch als basale Pilzgruppe eingestuft werden. ⓘ
Die Nucleariiden sind möglicherweise die nächste Schwestergruppe der Eumyceten und könnten als solche in ein erweitertes Pilzreich aufgenommen werden. Viele Actinomycetales (Actinomycetota), eine Gruppe mit vielen fadenförmigen Bakterien, wurden ebenfalls lange Zeit für Pilze gehalten. ⓘ
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Äußere Systematik der Pilze |
Die nächsten Verwandten der Pilze sind neben den Holozoa (zu denen auch die vielzelligen Tiere (Metazoa) und deren Schwestergruppe, die Kragengeißeltierchen (Choanomonada) gehören) vor allem die parasitisch lebende Gattung Rozella. Ob auch die einzelligen Mikrosporidien (Microsporidia, auch Microspora genannt) zu den Pilzen zu zählen sind, ist derzeit noch unklar. Die kleinste gemeinsame Klade von Pilzen und Tieren wird als Opisthokonta bezeichnet und nach Adl et al. 2012 folgendermaßen aufgestellt:
- Opisthokonta
- Holozoa (u. a. Vielzellige Tiere und Kragengeißeltierchen)
- Nucletmycea (u. a. Pilze und Rozella) ⓘ
Als gemeinsamer Vorfahr von Tieren und Pilzen kann ein geißeltragender Einzeller (Flagellat) angenommen werden, der biologisch demnach sowohl den heutigen Töpfchenpilzen als auch den Kragengeißeltierchen (Choanoflagellata) ähnelte. ⓘ
Aufgrund der im Laufe der Zeit erweiterten Erkenntnisse zur Systematik werden einige Taxa, die früher als Niedere Pilze bezeichnet wurden, inzwischen nicht mehr zu den Pilzen gezählt. Dies trifft auf die Schleimpilze und andere pilzähnliche Protisten wie die Eipilze (Oomycota), die Netzschleimpilze (Labyrinthulomycetes), Hyphochytriales (einzige Ordnung der Hyphochytriomycota), die früher Plasmodiophoromycetes genannten Phytomyxea und die früher den Phycomycetes (hingegen heute den Ichthyosporea) zugerechneten Taxa Ichthyophonae (auch Amoebidiidae genannt) und Eccrinales zu. ⓘ
Ökologie
Obwohl sie oft unauffällig sind, kommen Pilze in jeder Umgebung der Erde vor und spielen in den meisten Ökosystemen eine sehr wichtige Rolle. Zusammen mit Bakterien sind Pilze die wichtigsten Zersetzer in den meisten terrestrischen (und einigen aquatischen) Ökosystemen und spielen daher eine entscheidende Rolle in biogeochemischen Kreisläufen und in vielen Nahrungsnetzen. Als Zersetzer spielen sie eine wesentliche Rolle im Nährstoffkreislauf, insbesondere als Saprotrophe und Symbionten, die organisches Material zu anorganischen Molekülen abbauen, die dann wieder in anabole Stoffwechselwege in Pflanzen oder anderen Organismen gelangen können. ⓘ
Pilze ernähren sich auf drei unterschiedliche Arten; als Saprophyten zersetzen sie abgestorbenes, organischen Materials, oder sie ernähren sich parasitär von Lebewesen, die sie dabei beschädigen, oder sie leben als Mykorrhiza in einer wechselseitigen (mutualistischen) Symbiose im Wurzelsystem von Pflanzen oder Cyanobakterien (Flechten). Aufgrund der sehr effektiven Verbreitung ihrer Sporen sind sie praktisch überall vorhanden, wo ein geeignetes Substrat verfügbar wird, und insgesamt können sie eine sehr große Bandbreite an Nahrungsquellen nutzen. ⓘ
Symbiose
Viele Pilze unterhalten wichtige symbiotische Beziehungen mit Organismen aus den meisten, wenn nicht aus allen Reichen. Diese Interaktionen können mutualistisch oder antagonistisch sein, oder im Fall von Kommensalen sind sie für den Wirt weder von offensichtlichem Nutzen noch von Nachteil. ⓘ
Mit Pflanzen
Etwa 90 Prozent aller Landpflanzen können mit bestimmten Pilzen eine Mykorrhiza bilden. Die beteiligten Pilze gehören ganz überwiegend der Klasse der Arbuskulären Mykorrhizapilze an, die mit ihren Hyphen in die Wurzelzellen eindringen (Endomykorrhiza, von gr. endo = innen) und dort durch reiche Verzweigung die namengebenden Arbuskeln (von lat. arbusculum = Bäumchen) bilden. Seltener, aber für mitteleuropäische Wälder typisch, ist die Ektomykorrhiza (von gr. ekto = außen), bei der das Pilzmyzel die Wurzeln der Bäume in Form eines Myzelmantels umschlingt und in die Rinde, nicht aber in die Zellen eindringt. Hier sind die beteiligten Pilze zumeist Ständerpilze. Wie bei jeder Symbiose profitieren beide Partner: Die Pflanze erhält über den Pilz mehr mineralische Nährstoffe, da sein feines Myzel den Boden enger durchwirkt, als ihre eigenen Saugwurzeln das könnten. Diese bessere Versorgung macht sich insbesondere in sehr nährstoffarmen Böden bemerkbar. Umgekehrt erhält der Pilz Zucker, den die Pflanze durch Photosynthese erzeugt, als Energiequelle und für die Bildung anderer organischer Substanzen. Daneben sind Mykorrhizapilze allerdings vielfach auch in der Lage, saprophytisch organische Nährstoffe aus dem Erdreich zu gewinnen. ⓘ
Einen Extremfall stellen die Orchideen dar, von denen viele schon bei der Keimung ihrer Samen unter natürlichen Bedingungen obligat auf ihre pilzlichen Symbiosepartner angewiesen sind. Manche Orchideen, z. B. die Vogel-Nestwurz, enthalten kein Chlorophyll und können daher keine Photosynthese treiben, sondern beziehen alle Nährstoffe von dem Pilz, auf dem sie somit parasitieren. Die gleichen Verhältnisse finden sich auch bei manchen Heidekrautgewächsen wie dem Fichtenspargel. In beiden Fällen bilden die beteiligten Pilze zugleich eine Mykorrhiza mit Bäumen und beziehen von diesen Zucker, wovon sie einen Teil an die Nestwurz bzw. den Fichtenspargel weitergeben (Epiparasitismus). Auf diese Weise können diese Pflanzen in Form von blassen Blütenständen auch an schattigen Stellen im Wald gedeihen. ⓘ
Die Mykorrhiza-Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen ist eine der bekanntesten Pflanzen-Pilz-Assoziationen und in vielen Ökosystemen von großer Bedeutung für das Wachstum und den Fortbestand der Pflanzen. Über 90 % aller Pflanzenarten gehen Mykorrhiza-Beziehungen mit Pilzen ein und sind für ihr Überleben auf diese Beziehung angewiesen. ⓘ
Die Mykorrhiza-Symbiose ist uralt und geht auf mindestens 400 Millionen Jahre zurück. Sie erhöht häufig die Aufnahme von anorganischen Verbindungen wie Nitrat und Phosphat aus Böden mit geringen Konzentrationen dieser wichtigen Pflanzennährstoffe durch die Pflanze. Die Pilzpartner können auch den Transfer von Kohlenhydraten und anderen Nährstoffen von Pflanze zu Pflanze vermitteln. Solche Mykorrhizagemeinschaften werden als "gemeinsame Mykorrhizanetzwerke" bezeichnet. Ein Sonderfall der Mykorrhiza ist die Mykoheterotrophie, bei der die Pflanze den Pilz parasitiert und alle ihre Nährstoffe von ihrem Pilzsymbionten bezieht. Einige Pilzarten besiedeln das Gewebe im Inneren von Wurzeln, Stängeln und Blättern; in diesem Fall werden sie als Endophyten bezeichnet. Ähnlich wie bei der Mykorrhiza kann die endophytische Besiedlung durch Pilze beiden Symbionten zugute kommen; beispielsweise verleihen Endophyten von Gräsern ihrem Wirt eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Pflanzenfresser und andere Umweltbelastungen und erhalten im Gegenzug Nahrung und Schutz von der Pflanze. ⓘ
Mit Algen und Cyanobakterien
Flechten sind eine symbiotische Beziehung zwischen Pilzen und photosynthetischen Algen oder Cyanobakterien. Der photosynthetische Partner in dieser Beziehung wird in der Flechtendiagnose als "Photobiont" bezeichnet. Der pilzliche Teil der Beziehung besteht meist aus verschiedenen Arten von Ascomyceten und einigen Basidiomyceten. Flechten kommen in allen Ökosystemen auf allen Kontinenten vor, spielen eine Schlüsselrolle bei der Bodenbildung und bei der Einleitung der biologischen Sukzession und sind in einigen extremen Umgebungen, darunter in polaren, alpinen und halbtrockenen Wüstenregionen, stark vertreten. Sie sind in der Lage, auf unwirtlichen Oberflächen zu wachsen, darunter nackter Boden, Felsen, Baumrinde, Holz, Muscheln, Seepocken und Blätter. Wie bei der Mykorrhiza liefert der Photobiont dem Pilz durch Photosynthese Zucker und andere Kohlenhydrate, während der Pilz den Photobionten mit Mineralien und Wasser versorgt. Die Funktionen der beiden symbiotischen Organismen sind so eng miteinander verwoben, dass sie fast wie ein einziger Organismus funktionieren; in den meisten Fällen unterscheidet sich der resultierende Organismus stark von den einzelnen Komponenten. Die Flechtenbildung ist eine verbreitete Ernährungsform für Pilze; etwa 27 % der bekannten Pilze - mehr als 19 400 Arten - sind flechtenbildend. Zu den Merkmalen, die den meisten Flechten gemeinsam sind, gehören die Gewinnung von organischem Kohlenstoff durch Photosynthese, langsames Wachstum, geringe Größe, lange Lebensdauer, langlebige (jahreszeitlich bedingte) vegetative Fortpflanzungsstrukturen, mineralische Nahrung, die größtenteils aus der Luft stammt, und eine größere Toleranz gegenüber Austrocknung als bei den meisten anderen photosynthetischen Organismen im gleichen Lebensraum. ⓘ
Mit Insekten
Viele Insekten gehen auch mutualistische Beziehungen mit Pilzen ein. Mehrere Ameisengruppen kultivieren Pilze in der Ordnung Chaetothyriales zu verschiedenen Zwecken: als Nahrungsquelle, als strukturelle Komponente ihrer Nester und als Teil einer Ameisen-Pflanzen-Symbiose in den Domatien (winzige Kammern in Pflanzen, die Arthropoden beherbergen). Ambrosia-Käfer kultivieren verschiedene Pilzarten in der Rinde der von ihnen befallenen Bäume. Ebenso injizieren die Weibchen mehrerer Holzwespenarten (Gattung Sirex) ihre Eier zusammen mit den Sporen des holzfressenden Pilzes Amylostereum areolatum in das Splintholz von Kiefern; das Wachstum des Pilzes bietet ideale Nahrungsbedingungen für die Entwicklung der Wespenlarven. Mindestens eine stachellose Bienenart ist mit einem Pilz der Gattung Monascus verwandt, dessen Larven den Pilz fressen und davon abhängig sind, dass er von alten auf neue Nester übertragen wird. Auch von Termiten in der afrikanischen Savanne ist bekannt, dass sie Pilze kultivieren, und Hefepilze der Gattungen Candida und Lachancea besiedeln den Darm einer Vielzahl von Insekten, darunter Neuropteren, Käfer und Schaben; ob diese Pilze ihren Wirten nützen, ist nicht bekannt. Pilze, die in totem Holz wachsen, sind für xylophage Insekten (z. B. holzbohrende Käfer) lebenswichtig. Sie liefern dem nährstoffarmen Totholz die von den Xylophagen benötigten Nährstoffe. Dank dieser Nährstoffanreicherung können die Larven des holzbohrenden Insekts wachsen und sich bis zum Erwachsenenalter entwickeln. Die Larven vieler Familien pilzfressender Fliegen, insbesondere der Überfamilie Sciaroidea wie der Mycetophilidae und einiger Keroplatidae, ernähren sich von Pilzfruchtkörpern und sterilen Mykorrhizen. ⓘ
Als Krankheitserreger und Parasiten
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts nutzt man Pilze auch für medizinische Zwecke. Medikamente wie das Antibiotikum Penicillin werden aus Pilzen gewonnen. Weitere Stoffwechselprodukte von Pilzen wirken cholesterinsenkend oder helfen gegen Malaria. ⓘ
Andererseits verursachen Pilze bei Menschen Erkrankungen. Die am häufigsten betroffenen Körperstellen sind die Haut (insbesondere an Kopf, Füßen und Händen), Haare, Nägel und Schleimhäute. Die wohl bekanntesten Pilzkrankheiten des Menschen sind Haut- und Nagelpilzerkrankungen. ⓘ
Auf der Haut des Menschen lebt eine Vielzahl von Bakterien und Pilzen, die ihm aber normalerweise nicht schaden. Sie siedeln in den oberen Hautschichten und ernähren sich von abgestorbenen Hautzellen und Schweiß. Faktoren wie Stress, ein geschwächtes Immunsystem, hormonale Umstellungen o. Ä. können dazu führen, dass ansonsten harmlose Pilze Krankheiten auslösen, die die Kopfhaut, die Scheide (bei einer beginnenden Schwangerschaft) oder andere innere Organe befallen. Beispiele für einen Befall innerer Organe sind Hefen wie Candida und der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus, der vor allem nach einer Chemotherapie gelegentlich zu Erkrankungen der Lunge führt. ⓘ
Fußpilze sind weit verbreitet, da sie sehr leicht übertragen werden. Einige ihrer Sporen überleben jahrelang und sind gegen normale Hygienemaßnahmen unempfindlich. Weiterhin werden sie sehr leicht von den Füßen auf andere Körperstellen wie Geschlechtsorgane, Mund und Schleimhäute übertragen. Schwimmbäder gehören zu den Hauptquellen von Fußpilzen. ⓘ
Weitere Beispiele sind:
- Malassezia furfur, der Erreger von Pityriasis versicolor, einer häufigen Hautmykose
- Candida albicans, ein meist harmloser Mitbewohner, der bei Abwehrschwäche zur Erkrankung führen kann
- Aspergillus-Arten, zum Beispiel A. fumigatus als der häufigste Erreger der Aspergillose, einer Lungenerkrankung
- Cryptococcus neoformans, der Erreger der Kryptokokkose
- Rhizopus, eine Gattung der Mucorales, Erreger der Mucormykose
- Coccidioides immitis, der vor allem in den Südstaaten der USA, in Mexiko und Argentinien die Kokzidioidomykose hervorruft
- Histoplasma capsulatum, ein Endoparasit des retikuloendothelialen Gewebes und Erreger der Histoplasmose ⓘ
Medikamente zur Behandlung von Pilzkrankheiten werden Antimykotika genannt. Sie werden bei lokalem Pilzbefall von Haut oder Schleimhäuten und auch bei systemischen Pilzinfektionen angewendet. ⓘ
In China sind zahlreiche Großpilze seit Jahrhunderten Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin. Der Shiitake (Lentinula edodes) galt schon in der Ming-Dynastie (1368–1644) als Lebenselixier, das Erkältungen heilen, die Durchblutung anregen und die Ausdauer fördern sollte. Der Glänzende Lackporling (Ganoderma lucidum), bekannt als Ling-Zhi oder Reishi, soll ein besonders wirksames Tonikum sein. Der Pom-Pom-Pilz oder Igel-Stachelbart/Affenkopfpilz (Hericium erinaceus) wird bei Erkrankungen des Magens empfohlen. Der europäische Apothekerschwamm oder Lärchenbaumschwamm (Laricifomes officinalis) ist als Heilmittel hoch geschätzt. Sein wirksamer Bestandteil ist Agaricinsäure, die stark abführend wirkt und für den außerordentlich bitteren Geschmack verantwortlich ist. ⓘ
Viele Pilze sind Parasiten auf Pflanzen, Tieren (einschließlich Menschen) und anderen Pilzen. Zu den schwerwiegenden Krankheitserregern vieler Kulturpflanzen, die große Schäden und Verluste in der Land- und Forstwirtschaft verursachen, gehören der Reispilz Magnaporthe oryzae, Baumkrankheitserreger wie Ophiostoma ulmi und Ophiostoma novo-ulmi, die die Holländische Ulmenkrankheit verursachen, und Cryphonectria parasitica, die für den Kastanienbrand verantwortlich ist, sowie Pflanzenkrankheitserreger der Gattungen Fusarium, Ustilago, Alternaria und Cochliobolus. Einige fleischfressende Pilze, wie Paecilomyces lilacinus, sind Räuber von Nematoden, die sie mit einer Reihe spezialisierter Strukturen, wie z. B. Einschnürungsringen oder Klebenetzen, fangen. Viele pflanzenpathogene Pilze wie Magnaporthe oryzae können von biotroph (parasitisch auf lebenden Pflanzen) auf nekrotroph (Ernährung von abgestorbenen Pflanzengeweben) umschalten. Das gleiche Prinzip gilt für pilzfressende Parasiten wie Asterotremella albida, der sich von den Fruchtkörpern anderer Pilze ernährt, sowohl während sie leben als auch nachdem sie abgestorben sind. ⓘ
Einige Pilze können beim Menschen schwere Krankheiten hervorrufen, von denen einige unbehandelt tödlich enden können. Dazu gehören Aspergillose, Candidose, Kokzidioidomykose, Kryptokokkose, Histoplasmose, Mycetome und Parakokzidioidomykose. Außerdem sind Personen mit Immunschwäche besonders anfällig für Erkrankungen durch Gattungen wie Aspergillus, Candida, Cryptoccocus, Histoplasma und Pneumocystis. Andere Pilze können Augen, Nägel, Haare und insbesondere die Haut befallen, die so genannten dermatophytischen und keratinophilen Pilze, und lokale Infektionen wie Ringelflechte und Fußpilz verursachen. Pilzsporen sind auch eine Ursache für Allergien, und Pilze aus verschiedenen taxonomischen Gruppen können allergische Reaktionen hervorrufen. ⓘ
Als Ziel von Mykoparasiten
Organismen, die auf Pilzen parasitieren, werden als mykoparasitische Organismen bezeichnet. Etwa 300 Arten von Pilzen und pilzähnlichen Organismen, die zu 13 Klassen und 113 Gattungen gehören, werden als biologische Bekämpfungsmittel gegen Pilzkrankheiten bei Pflanzen eingesetzt. Pilze können auch als Mykoparasiten oder Antagonisten anderer Pilze auftreten, wie Hypomyces chrysospermus, der auf Steinpilzen wächst. Pilze können auch das Ziel einer Infektion durch Mycoviren werden. ⓘ
Kommunikation
Eine 2022 veröffentlichte Studie untersuchte die elektrischen Impulse der Hyphen einiger Pilzarten (des Australischen Geisterpilzes, des Samtfußrüblings, des Spaltblättlings sowie der Puppen-Kernkeule). Die Phasen der elektrischen Aktivität waren artspezifisch und dauerten von einer bis 21 Stunden an, mit einer Spannung von maximal 0,03 bis 2,1 mV. Der Autor stellt Ähnlichkeiten der Spannungsmuster mit der Struktur der menschlichen Sprache fest. Einige Pilzarten verwenden demnach bis zu 50 „Wörter“, davon 15–20 häufiger. Die komplexeste „Satzstruktur“ der untersuchten Arten verwendet der Spaltblättling. Analog zu neuronalen Netzwerken oder der Kommunikation von Bäumen mithilfe ihres Wurzelwerks könnten auch Pilze sich mit diesen elektrischen Impulsen miteinander verständigen. ⓘ
Zwischen den Pilzen scheint es eine elektrische Kommunikation in Form von wortähnlichen Komponenten zu geben, die sich durch Stacheln äußern. ⓘ
Saprophytische Pilze
Die Pilze spielen eine wichtige Rolle beim Abbau organischer Materie (tote Lebewesen, Exkremente, Detritus) beteiligten Lebewesen. Die Mehrzahl der Pilze (z. B. Baumpilze) lebt saprophytisch, d. h. von organischer Substanz, die aus den Resten von toten Organismen aufgenommen werden. Gemeinsam mit Mikroorganismen und einer Reihe spezialisierter Insekten übernehmen sie die Zersetzung sämtlicher organischer Rückstände, die sie in anorganische Materie verwandeln. ⓘ
Als Saprophyten leisten Pilze einen wertvollen Beitrag für den Stoffkreislauf im Boden, sowie die Anreicherung des Bodens mit Mineralstoffen, als wichtige Grundlage für Pflanzen und Kleinstlebewesen. ⓘ
Zu den Stoffen, die durch diese Art von Pilzen zersetzt werden zählen Proteine, Zellulose, verschiedene Kohlenhydrate und Lignin. Komplexe Verbindungen in verholzten Zellwänden von Pflanzen enthalten Lignin und können fast ausschließlich durch saprophytische Pilze aufgespalten und verwertet werden. Auch beim Abbau von Zellulose, Hemizellulose und Keratin sind sie die wichtigsten Verwerter. Zusammen mit Bakterien und tierischen Kleinstlebewesen bilden sie aus organischem Abfall den Humus. ⓘ
Die Bedeutung der Pilze beim Abbau des Lignins und namentlich der sehr Lignin-reichen Stämme abgestorbener Bäume ragt in mehrfacher Hinsicht heraus. Nur Pilze, und zwar speziell gewisse Ständerpilze, die als Weißfäulepilze zusammengefasst werden, sind in der Lage, größere Totholzstücke effektiv zu zersetzen. Im Unterschied zu Bakterien, von denen manche in begrenztem Maß leicht verfügbare späte Produkte des Ligninabbaus verwerten können, dringen Pilze mit ihren Hyphen aktiv in das Holz ein. Und nur darauf spezialisierte Ständerpilze verfügen über die notwendigen Enzyme für den komplizierten und energieaufwändigen Abbau des Lignins. Dieser ist unter anderem deshalb besonders schwierig, weil Lignin sehr hydrophob (wasserabstoßend) und dadurch für die gewöhnlichen hydrolytischen Abbauprozesse nicht zugänglich ist, und weil er grundsätzlich nur aerob möglich ist, also eine gute Versorgung mit Sauerstoff erfordert. Wo diese nicht gegeben ist, bleibt abgestorbenes Holz lange Zeit erhalten (etwa in Mooren) und wird schließlich über geologisch sehr lange Zeiträume in Kohle umgewandelt (Inkohlung). Von Weißfäule spricht man bei der Zersetzung von Holz durch Pilze, wenn diese vorwiegend das braune Lignin zersetzen und die farblose Zellulose übrig bleibt, während Braunfäulepilze das Lignin nur insoweit abbauen, als es für den Zugang zur Zellulose und den Hemizellulosen nötig ist. ⓘ
Mittlerweile gibt es Hinweise, dass es auch saprophytische Pilze gibt, die sich nicht nur von toter Materie ernähren, sondern als Parasiten lebende Organismen angreifen. Ursprünglich unterschied man zwischen saprophytischen und parasitären Pilze, mittlerweile sind die Fachleute hinsichtlich der Zuordnung einiger Pilzarten unterschiedlicher Meinung. Parasiten sind auf jeden Fall auch dazu fähig, saprophytisch als Saprobionten oder Saprophyten zu leben und sich dabei auf Totholz und unbelebte Materie zu beschränken. Da die Vitalität von Bäumen in 5 Stufen bewertet wird, von 0 (gesund) bis 5 (abgestorben), sind in den Übergangsstadien bei schwer geschädigten Bäumen erhöhte Totholzanteile vorhanden. Dabei grenzen Totholzbereiche, im Baumstamm oder den Ästen an lebendes Holz, oder sind darin integriert, wobei sie noch immer einen Beitrag zus Standfestigkeit leisten. Werden solche Bereiche am lebenden Baum durch Beschädigung freigelegt, siedeln sich dort saprophytischen Holzpilzen (wie Zystidenrindenpilzen) an, die Holzfäule (z. B. Weißfäule) verursachen und die Stabilität des Baumes gefährden. ⓘ
Parasitäre Pilze
Parasitär lebende Pilze sind zumeist auf bestimmte Wirtsorganismen spezialisiert, den sie angreifen und schädigen, um von seinen Nährstoffen zu profitieren, ohne dafür selbst etwas anzubieten, wie bei einer Symbiose. Um geeignete Wirte zu finden, haben diese Spezies unterschiedliche Methoden entwickelt. So produzieren Rostpilze große Mengen an Sporen und erhöhen dadurch die Chance, dass einige von ihnen auf kompatible Wirtspflanzen gelangen. Effektiver ist dagegen die Verbreitung durch Insekten, welche die Wirtspflanzen besuchen. Auf diese Weise werden etwa Hefen, die im Nektar leben, von Blüte zu Blüte transportiert. Die Sporen von Monilinia fructigena, dem Erreger der Fruchtfäule bei Obstbäumen, werden durch Wespen verbreitet, die zugleich durch Anfressen der Früchte den Zugang für den Pilz schaffen. ⓘ
Brandpilze können jahrelang ohne Wirtspflanzen saprophytisch im Erdreich leben. So sind in einem von Ustilago maydis, dem Maisbeulenbrand, befallenen Acker noch bis zu 12 Jahre danach infektiöse Myzelien vorhanden, die erneut ausgesäte Maispflanzen sofort parasitieren. Auch Tiere und Menschen ziehen sich Pilzinfektionen zumeist dadurch zu, dass sie mit Sporen (Beispiel Fußpilz) oder mit anderen Wirten in Kontakt kommen. ⓘ
Wenn ein Pilz eine Pflanze parasitiert, dringt er mit spezialisierten Hyphen, den Haustorien, in deren Zellen ein. Dabei durchdringen die Haustorien die Zellwand, lassen aber die Zellmembran intakt (denn andernfalls würde das Zellplasma austreten und die Wirtszelle absterben) und stülpen sie nur ein, sodass sie nun von einer Doppelmembran umgeben sind. Durch diese kann das Haustorium dann Nährstoffe aus dem Plasma der Wirtszelle entnehmen, ohne wie in toten Substraten Enzyme ausscheiden und durch fortwährendes Wachstum immer neue Nahrungsquellen erschließen zu müssen, denn die Wirtspflanze liefert die benötigten Substanzen nach, so lange die befallene Zelle am Leben bleibt. ⓘ
Andererseits können Pilze die Physiologie ihrer Wirtspflanzen erheblich beeinflussen. So zeigt die Zypressen-Wolfsmilch einen stark abweichenden Habitus, wenn sie von dem Rostpilz Uromyces fabae befallen ist. Und viele Gräser sind für Weidetiere giftig, wenn sie bestimmte Pilze beherbergen. Da sie selbst dabei keine Anzeichen einer Schädigung aufweisen, kann man hier von einer mutualistischen Symbiose sprechen. ⓘ
Wirtschaftlich bedeutende Pilzkrankheiten bei Pflanzen sind Maisbeulenbrand, Weizensteinbrand, Mutterkorn bei Roggen, Verticillium-Welke bei vielen Kulturpflanzen, Apfelschorf (Venturia), Birnengitterrost (Gymnosporangium sabinae), Obstbaumkrebs (Nectria galligena) und Echter Mehltau (Erysiphaceae). Daneben existieren noch circa 10.000 weitere pilzliche Pflanzenkrankheiten (siehe hierzu: Phytopathologie). ⓘ
Symbiosen
Flechten
Flechten sind Pilze, die einzellige Grünalgen oder Cyanobakterien als Symbionten beherbergen und dadurch photoautotroph, d. h. dank der Photosynthese ihrer Symbionten nicht auf externe Nahrungsquellen angewiesen sind. Sie können, ganz anders als jeder der Partner allein, extreme Lebensräume besiedeln. Dabei sind die betreffenden Pilze ohne ihre jeweiligen Symbionten kaum lebensfähig, während letztere auch isoliert gedeihen. Für sie liegt der Vorteil der Symbiose darin, dass sie ihnen ein viel breiteres Spektrum an Lebensräumen eröffnet. ⓘ
Marine und xerophile Pilze
Auch in marinen Lebensräumen, also in stark salzhaltigem Milieu, sind Pilze, insbesondere Schlauchpilze, verbreitet. Dem hohen osmotischen Druck begegnen sie durch eine entsprechende Anreicherung von Polyolen (höherwertigen Alkoholen), hauptsächlich Glyzerin, aber auch Mannit und Arabit, in den Hyphen. Ähnlich verhält es sich bei xerophilen Schimmelpilzen und Hefen, die etwa auf Salzheringen oder auf Marmelade wachsen können. ⓘ
Anaerobie: Leben ohne Sauerstoff
Die allermeisten Pilze benötigen Sauerstoff; sie sind obligat aerob. Manche können jedoch zeitweilig ohne Sauerstoff auskommen (fakultative Anaerobie) oder haben sogar die Fähigkeit verloren, ihn überhaupt zu nutzen (obligate Anaerobie). Letzteres trifft auf die Neocallimastigaceae zu, die im Pansen von Wiederkäuern leben und auf die Verwertung von Zellulose spezialisiert sind. Fakultative Anaerobier sind dagegen die Hefen, die unter anaeroben Bedingungen zur Gärung übergehen, mit der sie – wesentlich weniger effektiv als mit der aeroben Atmung – z. B. von Zucker leben können. Auch manche Schimmelpilze sind dazu in der Lage, z. T. gehen sie dann auch morphologisch in ein hefeartiges Stadium über. ⓘ
Reaktion auf Licht
Myzelien wachsen zumeist im Dunkeln. Wenn Hyphenspitzen die dem Licht ausgesetzte Oberfläche des Substrats erreichen, regt das Licht (genauer: dessen blaue Anteile) die Bildung von Sporen an, und auch die Entwicklung der Fruchtkörper kann lichtabhängig sein. Dieser Effekt ist jedoch lokal begrenzt und wirkt sich nicht auf das übrige Myzel aus. Bei vielen Pilzen wachsen die sporenbildenden Hyphen (Konidiophoren oder Sporangiophoren) in die Richtung des einfallenden Lichtes. Bei der Gattung Pilobolus (Mucorales) wird schließlich das gesamte Sporangium, das die reifen Sporen enthält, exakt in Richtung der Lichtquelle abgeschleudert. ⓘ
Mykotoxine
Viele Pilze produzieren biologisch aktive Verbindungen, von denen einige für Tiere oder Pflanzen giftig sind und daher als Mykotoxine bezeichnet werden. Von besonderer Bedeutung für den Menschen sind Mykotoxine, die von Schimmelpilzen produziert werden und den Verderb von Lebensmitteln verursachen, sowie giftige Pilze (siehe oben). Besonders berüchtigt sind die tödlichen Amatoxine in einigen Amanita-Pilzen und die Mutterkornalkaloide, die seit langem schwere Ergotismus-Epidemien (St. Anthony's Fire) bei Menschen auslösen, die Roggen oder verwandtes Getreide verzehren, das mit Sklerotien des Mutterkornpilzes Claviceps purpurea kontaminiert ist. Weitere bekannte Mykotoxine sind die Aflatoxine, heimtückische Lebergifte und hochgradig krebserregende Stoffwechselprodukte, die von bestimmten Aspergillus-Arten gebildet werden, die häufig in oder auf Getreide und Nüssen wachsen, die vom Menschen verzehrt werden, sowie Ochratoxine, Patulin und Trichothecene (z. B. T-2-Mykotoxin) und Fumonisine, die erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Ernährung oder die Tierhaltung haben. ⓘ
Mykotoxine sind sekundäre Metaboliten (oder Naturprodukte), und die Forschung hat die Existenz biochemischer Wege nachgewiesen, die ausschließlich der Herstellung von Mykotoxinen und anderen Naturprodukten in Pilzen dienen. Mykotoxine können Fitnessvorteile in Form von physiologischer Anpassung, Wettbewerb mit anderen Mikroben und Pilzen und Schutz vor Verzehr (Fungivorie) bieten. Viele sekundäre Stoffwechselprodukte (oder Derivate) von Pilzen werden medizinisch verwendet, wie unter Verwendung beim Menschen beschrieben. ⓘ
Pathogene Mechanismen
Ustilago maydis ist ein pathogener Pflanzenpilz, der die Rußkrankheit bei Mais und Teosinte verursacht. Pflanzen haben effiziente Abwehrsysteme gegen pathogene Mikroben wie U. maydis entwickelt. Eine schnelle Abwehrreaktion nach einem Pathogenbefall ist der oxidative Burst, bei dem die Pflanze reaktive Sauerstoffspezies an der Stelle des versuchten Eindringens produziert. U. maydis kann auf den oxidativen Ausbruch mit einer oxidativen Stressreaktion reagieren, die durch das Gen YAP1 gesteuert wird. Diese Reaktion schützt U. maydis vor der Abwehr des Wirts und ist für die Virulenz des Erregers notwendig. Darüber hinaus verfügt U. maydis über ein gut etabliertes rekombinantes DNA-Reparatursystem, das während der Mitose und Meiose wirkt. Dieses System könnte dem Erreger dabei helfen, DNA-Schäden zu überleben, die durch die oxidative Abwehrreaktion der Wirtspflanze auf die Infektion entstehen. ⓘ
Cryptococcus neoformans ist ein eingekapselter Hefepilz, der sowohl in Pflanzen als auch in Tieren leben kann. C. neoformans infiziert in der Regel die Lunge, wo es von Alveolarmakrophagen phagozytiert wird. Ein Teil von C. neoformans kann im Inneren von Makrophagen überleben, was offenbar die Grundlage für Latenz, disseminierte Krankheit und Resistenz gegen Antimykotika bildet. Ein Mechanismus, durch den C. neoformans in der feindlichen Makrophagenumgebung überlebt, ist die Hochregulierung der Expression von Genen, die an der oxidativen Stressreaktion beteiligt sind. Ein anderer Mechanismus betrifft die Meiose. Die meisten C. neoformans gehören zum "Paarungstyp a". Filamente des Paarungstyps a" haben normalerweise haploide Kerne, können aber diploid werden (vielleicht durch Endoduplikation oder durch stimulierte Kernfusion) und Blastosporen bilden. Die diploiden Kerne der Blastosporen können eine Meiose durchlaufen, einschließlich einer Rekombination, um haploide Basidiosporen zu bilden, die sich ausbreiten können. Dieser Prozess wird als monokaryotische Befruchtung bezeichnet. Dieser Prozess erfordert ein Gen namens DMC1, das ein konserviertes Homolog der Gene recA in Bakterien und RAD51 in Eukaryonten ist und die homologe Chromosomenpaarung während der Meiose und die Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen vermittelt. Somit kann C. neoformans eine Meiose, die monokaryotische Fruchtbildung, durchlaufen, die die Rekombinationsreparatur in der oxidativen, DNA-schädigenden Umgebung des Wirtsmakrophagen fördert, und die Reparaturfähigkeit könnte zu seiner Virulenz beitragen. ⓘ
Verwendung beim Menschen
Die Nutzung von Pilzen durch den Menschen für die Zubereitung oder Konservierung von Lebensmitteln und andere Zwecke ist weit verbreitet und hat eine lange Geschichte. Die Pilzzucht und das Sammeln von Pilzen sind in vielen Ländern ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die Erforschung der historischen Nutzung und der soziologischen Auswirkungen von Pilzen wird als Ethnomykologie bezeichnet. Da diese Pilzgruppe in der Lage ist, eine enorme Bandbreite an natürlichen Produkten mit antimikrobieller oder anderer biologischer Wirkung zu produzieren, werden viele Arten seit langem für die industrielle Produktion von Antibiotika, Vitaminen, Krebsmedikamenten und Cholesterinsenkern verwendet oder entwickelt. Es wurden Methoden für die gentechnische Veränderung von Pilzen entwickelt, die ein metabolisches Engineering von Pilzarten ermöglichen. So hat die gentechnische Veränderung von Hefearten - die sich leicht und schnell in großen Fermentationsbehältern züchten lassen - Möglichkeiten der Arzneimittelproduktion eröffnet, die potenziell effizienter sind als die Produktion durch die ursprünglichen Ausgangsorganismen. Auf Pilzen basierende Industrien werden manchmal als wichtiger Teil einer wachsenden Bioökonomie angesehen, mit Anwendungen in der Forschung und Entwicklung, einschließlich der Verwendung für Textilien, Fleischersatz und allgemeiner Pilzbiotechnologie. ⓘ
Therapeutische Anwendungen
Moderne Chemotherapeutika
Viele Arten produzieren Metaboliten, die wichtige Quellen für pharmakologisch wirksame Arzneimittel sind. ⓘ
Antibiotika
Besonders wichtig sind die Antibiotika, darunter die Penicilline, eine strukturell verwandte Gruppe von β-Lactam-Antibiotika, die aus kleinen Peptiden synthetisiert werden. Obwohl natürlich vorkommende Penicilline wie Penicillin G (hergestellt von Penicillium chrysogenum) ein relativ enges biologisches Wirkungsspektrum haben, kann eine breite Palette anderer Penicilline durch chemische Modifikation der natürlichen Penicilline hergestellt werden. Bei den modernen Penicillinen handelt es sich um halbsynthetische Verbindungen, die ursprünglich aus Fermentationskulturen gewonnen und dann strukturell verändert wurden, um bestimmte erwünschte Eigenschaften zu erzielen. Weitere von Pilzen produzierte Antibiotika sind Ciclosporin, das häufig als Immunsuppressivum bei Transplantationen eingesetzt wird, und Fusidinsäure, die zur Bekämpfung von Infektionen durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Bakterien verwendet wird. Der weit verbreitete Einsatz von Antibiotika zur Behandlung von bakteriellen Krankheiten wie Tuberkulose, Syphilis, Lepra und anderen begann im frühen 20. Jahrhundert und dauert bis heute an. In der Natur scheinen Antibiotika pilzlichen oder bakteriellen Ursprungs eine doppelte Rolle zu spielen: In hohen Konzentrationen wirken sie als chemischer Schutz gegen den Wettbewerb mit anderen Mikroorganismen in artenreichen Umgebungen wie der Rhizosphäre und in niedrigen Konzentrationen als Quorum-Sensing-Moleküle für die Signalübertragung innerhalb oder zwischen den Spezies. ⓘ
Andere
Zu den anderen von Pilzen produzierten Arzneimitteln gehören das aus Penicillium griseofulvum isolierte Griseofulvin, das zur Behandlung von Pilzinfektionen eingesetzt wird, und Statine (HMG-CoA-Reduktase-Hemmer), die die Cholesterinsynthese hemmen. Beispiele für in Pilzen gefundene Statine sind Mevastatin aus Penicillium citrinum und Lovastatin aus Aspergillus terreus und dem Austernpilz. Psilocybin aus Pilzen wird für therapeutische Zwecke erforscht und scheint die Integration von Gehirnnetzwerken insgesamt zu verbessern. Pilze produzieren Verbindungen, die Viren und Krebszellen hemmen. Bestimmte Metaboliten wie Polysaccharid-K, Ergotamin und β-Lactam-Antibiotika werden routinemäßig in der klinischen Medizin eingesetzt. Der Shiitake-Pilz ist eine Quelle für Lentinan, ein klinisches Medikament, das in mehreren Ländern, darunter Japan, für die Krebsbehandlung zugelassen ist. In Europa und Japan ist Polysaccharid-K (Markenname Krestin), eine aus Trametes versicolor gewonnene Chemikalie, ein zugelassenes Adjuvans für die Krebstherapie. ⓘ
Traditionelle Medizin
Bestimmte Pilze werden in der Volksmedizin, z. B. in der traditionellen chinesischen Medizin, als angebliche Therapeutika verwendet. Zu den Pilzen, die seit langem verwendet werden, gehören Agaricus subrufescens, Ganoderma lucidum und Ophiocordyceps sinensis. ⓘ
Alkoholische Getränke, Hefeteig und Milchprodukte
Von den einzelligen Pilzen sind die Zuckerhefen der Gattung Saccharomyces, insbesondere die Backhefe (S. cerevisiae), die bekanntesten Nutzpilze. Sie erzeugen durch alkoholische Gärung aus Zucker Alkohol und Kohlendioxid und werden in der Bierbrauerei, bei der Herstellung von Wein, sonstiger alkoholischer Getränke und bestimmter (auch alkoholischer) Sauermilchprodukte sowie zum Backen verwendet. In der Regel verwendet man heute Reinzuchthefen, doch insbesondere bei der Weinherstellung werden vielfach weiterhin die natürlicherweise auf der Oberfläche der Weinbeeren lebenden Hefen verwendet. Der beim Brotbacken verwendete Sauerteig enthält neben Milchsäurebakterien auch Hefe. ⓘ
Bei der Weinherstellung spielt außerdem der Myzelpilz Botrytis cinerea eine Rolle. Er erzeugt bei herbstlich kühlfeuchtem Wetter bei den Beeren eine Edelfäule, die bewirkt, dass die Beerenhaut perforiert wird. Der dadurch bedingte Wasserverlust erhöht die Zuckerkonzentration. ⓘ
Viele Arten spielen auch beim Reifeprozess von Milchprodukten, insbesondere von Sauermilchprodukten und Käse, eine bedeutende Rolle. ⓘ
In Lebensmitteln
Zu den Speisepilzen gehören kommerziell gezüchtete und wild geerntete Pilze. Der Agaricus bisporus, der als kleine Knollenblätterpilze oder größere Portobello-Pilze verkauft wird, ist die im Westen am weitesten verbreitete Art und wird in Salaten, Suppen und vielen anderen Gerichten verwendet. Viele asiatische Pilze werden kommerziell angebaut und erfreuen sich im Westen zunehmender Beliebtheit. Sie sind oft frisch in Lebensmittelgeschäften und auf Märkten erhältlich, darunter Strohpilze (Volvariella volvacea), Austernpilze (Pleurotus ostreatus), Shiitake (Lentinula edodes) und Enokitake (Flammulina spp.). ⓘ
Viele andere Pilzarten werden in der freien Natur für den persönlichen Verzehr oder für den Verkauf geerntet. Milchpilze, Morcheln, Pfifferlinge, Trüffel, Schwarze Trompeten und Steinpilze (Boletus edulis) (auch bekannt als Steinpilze) erzielen auf dem Markt hohe Preise. Sie werden häufig in Gourmetgerichten verwendet. ⓘ
Bestimmte Käsesorten erfordern die Beimpfung des Milchbruchs mit Pilzarten, die dem Käse einen einzigartigen Geschmack und eine einzigartige Textur verleihen. Beispiele sind die blaue Farbe von Käsesorten wie Stilton oder Roquefort, die durch Beimpfung mit Penicillium roqueforti hergestellt werden. Die bei der Käseherstellung verwendeten Schimmelpilze sind ungiftig und daher für den menschlichen Verzehr unbedenklich; allerdings können sich Mykotoxine (z. B. Aflatoxine, Roquefortin C, Patulin oder andere) durch das Wachstum anderer Pilze während der Käsereifung oder -lagerung ansammeln. ⓘ
Giftige Pilze
Viele Pilzarten sind für den Menschen giftig und verursachen eine Reihe von Reaktionen wie leichte Verdauungsprobleme, allergische Reaktionen, Halluzinationen, schweres Organversagen und Tod. Zu den Gattungen mit Pilzen, die tödliche Gifte enthalten, gehören Conocybe, Galerina, Lepiota und der berüchtigtste Pilz, Amanita. Zur letztgenannten Gattung gehören der Zerstörungsengel (A. virosa) und der Totenkopf (A. phalloides), die häufigste Ursache für tödliche Pilzvergiftungen. Die Scheinmorchel (Gyromitra esculenta) gilt gelegentlich als Delikatesse, wenn sie gekocht wird, kann aber hochgiftig sein, wenn sie roh gegessen wird. Tricholoma equestre galt als essbar, bis er in schwere Vergiftungen mit Rhabdomyolyse verwickelt war. Auch der Fliegenpilz (Amanita muscaria) verursacht gelegentlich nicht tödliche Vergiftungen, meist als Folge des Verzehrs seiner halluzinogenen Eigenschaften. Historisch gesehen wurde der Fliegenpilz von verschiedenen Völkern in Europa und Asien verwendet, und von einigen ethnischen Gruppen wie den Koryak in Nordostsibirien wird berichtet, dass er heute zu religiösen oder schamanischen Zwecken verwendet wird. ⓘ
Da es ohne entsprechende Ausbildung und Kenntnisse schwierig ist, einen sicheren Pilz genau zu identifizieren, wird oft geraten, davon auszugehen, dass ein Wildpilz giftig ist, und ihn nicht zu verzehren. ⓘ
Schädlingsbekämpfung
In der Landwirtschaft können Pilze von Nutzen sein, wenn sie aktiv mit pathogenen Mikroorganismen wie Bakterien oder anderen Pilzen nach dem Ausschlussprinzip der Konkurrenz um Nährstoffe und Raum konkurrieren oder wenn sie Parasiten dieser Krankheitserreger sind. Bestimmte Arten können beispielsweise eingesetzt werden, um schädliche Pflanzenpathogene wie Insekten, Milben, Unkräuter, Nematoden und andere Pilze, die Krankheiten wichtiger Nutzpflanzen verursachen, zu eliminieren oder deren Wachstum zu unterdrücken. Dies hat zu einem starken Interesse an praktischen Anwendungen geführt, bei denen diese Pilze zur biologischen Bekämpfung dieser landwirtschaftlichen Schädlinge eingesetzt werden. Entomopathogene Pilze können als Biopestizide eingesetzt werden, da sie Insekten aktiv töten. Beispiele, die als biologische Insektizide verwendet wurden, sind Beauveria bassiana, Metarhizium spp., Hirsutella spp., Paecilomyces (Isaria) spp. und Lecanicillium lecanii. Endophytische Pilze von Gräsern der Gattung Epichloë, wie z. B. E. coenophiala, produzieren Alkaloide, die für eine Reihe von wirbellosen und wirbeltierischen Pflanzenfressern giftig sind. Diese Alkaloide schützen Graspflanzen vor Herbivorie, aber mehrere Endophyten-Alkaloide können Weidetiere wie Rinder und Schafe vergiften. Die Infektion von Sorten von Weide- oder Futtergräsern mit Epichloë-Endophyten ist ein Ansatz, der in Graszüchtungsprogrammen verwendet wird; die Pilzstämme werden so ausgewählt, dass sie nur Alkaloide produzieren, die die Resistenz gegen Herbivoren wie Insekten erhöhen, aber nicht giftig für das Vieh sind. ⓘ
Bioremediation
Bestimmte Pilze, insbesondere Weißfäulepilze, können Insektizide, Herbizide, Pentachlorphenol, Kreosot, Kohlenteer und schwere Brennstoffe abbauen und in Kohlendioxid, Wasser und Grundstoffe umwandeln. Es wurde nachgewiesen, dass Pilze Uranoxide biomineralisieren, was darauf hindeutet, dass sie bei der Bioremediation von radioaktiv verseuchten Standorten eingesetzt werden können. ⓘ
Modellorganismen
Mehrere entscheidende Entdeckungen in der Biologie wurden von Forschern gemacht, die Pilze als Modellorganismen verwendeten, d. h. Pilze, die im Labor schnell wachsen und sich sexuell vermehren. So wurde beispielsweise die Hypothese "ein Gen - ein Enzym" von Wissenschaftlern formuliert, die den Brotschimmelpilz Neurospora crassa zur Überprüfung ihrer biochemischen Theorien verwendeten. Weitere wichtige Modellpilze sind Aspergillus nidulans und die Hefen Saccharomyces cerevisiae und Schizosaccharomyces pombe, die seit langem zur Untersuchung von Fragen der eukaryontischen Zellbiologie und Genetik verwendet werden, wie z. B. Zellzyklusregulation, Chromatinstruktur und Genregulation. Es sind weitere Pilzmodelle entstanden, die sich mit spezifischen biologischen Fragen befassen, die für die Medizin, die Pflanzenpathologie und die industrielle Nutzung von Bedeutung sind. Beispiele hierfür sind Candida albicans, ein dimorphes, opportunistisches Humanpathogen, Magnaporthe grisea, ein Pflanzenpathogen, und Pichia pastoris, eine Hefe, die häufig für die eukaryotische Proteinproduktion verwendet wird. ⓘ
Andere
Pilze werden in großem Umfang zur Herstellung von Industriechemikalien wie Zitronen-, Glucon-, Milch- und Apfelsäure sowie von Industrieenzymen wie Lipasen, die in biologischen Waschmitteln verwendet werden, Cellulasen, die bei der Herstellung von Cellulose-Ethanol und Stonewashed-Jeans zum Einsatz kommen, sowie Amylasen, Invertasen, Proteasen und Xylanasen eingesetzt. ⓘ
Ernährung und Wachstum
Pilze ernähren sich saprotroph, indem sie gelöste Nährstoffe durch die Oberfläche ihrer Hyphen aufnehmen. Um makromolekulare, nicht lösliche Nahrungsquellen aufzuschließen, scheiden sie Enzyme aus, die den Verdauungsenzymen der Tiere (und Menschen) entsprechen. ⓘ
Die Hyphen wachsen apikal (an der Spitze), ebenso wie die Wurzelhaare und Pollenschläuche der Pflanzen, aber im Unterschied zu fadenförmigen Grünalgen. Sie verzweigen sich durch seitlich aussprossende neue Spitzen, können aber auch an den Spitzen miteinander fusionieren (Anastomose) und so Netzwerke bilden. ⓘ
In einem sich ausbreitenden Myzel können vier Zonen unterschieden werden:
- die Wachstumszone in der Peripherie, die aus den wachsenden Enden der Hyphen besteht,
- die sich nach innen anschließende Absorptionszone, in der Nährstoffe aus der Umgebung aufgenommen werden,
- die Speicherzone, in der ein Teil der Nährstoffe in Form von Reservestoffen abgelagert wird,
- und die zentrale Seneszenzzone, in der alte Hyphenbereiche sich dunkel verfärben und sich schließlich auflösen können. ⓘ
In der Wachstumszone wandern membranumschlossene Bläschen, die als Vesikel bezeichnet werden, zur Hyphenspitze und versammeln sich dort zu dem auch lichtmikroskopisch sichtbaren Spitzenkörper. Schließlich verbinden sie sich mit der Membran an der Spitze und entlassen dabei ihren Inhalt in die sich ausdehnende Wand jenseits der Membran. Angetrieben wird das Wachstum durch die Aufnahme von Elektrolyten, insbesondere von Kalium-Ionen, und Wasser in der Absorptionszone. Dadurch wird – wie auch bei Pflanzen und Algen – der Turgor, der Druck auf die umgebende Wand, erhöht, und diese dehnt sich an der Stelle (der Hyphenspitze), wo sie dehnbar ist. Der Transport der Vesikel erfolgt entlang von Aktin-Mikrofilamenten, doch scheinen auch Mikrotubuli für die Ausrichtung der Bewegung von Bedeutung zu sein. ⓘ
Neben Kalium und anderen anorganischen Elektrolyten nimmt die Hyphe im Absorptionsbereich auch lösliche Kohlenhydrate (Zucker) und Aminosäuren, die löslichen Monomere der Proteine, als Nährstoffe auf. Dies bewirkt sie durch einen Export von Protonen (H+) durch die Membran mittels eines als Protonenpumpe bezeichneten Proteins. Dadurch wird das umgebende Medium stark angesäuert, und es resultiert ein elektrochemischer Gradient. Die Enzyme für die externe „Verdauung“ (Hydrolyse) makromolekularer Nahrungsquellen werden an der Hyphenspitze ausgeschieden. ⓘ
Hyphen können prinzipiell unbegrenzt weiterwachsen, so lange günstige Bedingungen vorliegen und insbesondere Nährstoffe zur Verfügung stehen. Dabei ist das Wachstum nicht chemotrop gerichtet, d. h. die Hyphen wachsen nicht in Richtung organischer Nahrungsquellen; vielmehr breitet sich das Myzel, wenn möglich, gleichmäßig in alle Richtungen aus. ⓘ
Dieses trophische Wachstum endet, wenn keine Nährstoffe oder kein Sauerstoff mehr zur Verfügung steht oder wenn durch andere externe Faktoren die Fortpflanzung angeregt wird. Dies wird als Übergang von der Trophophase in die Idiophase bezeichnet. In der Idiophase werden, im Unterschied zur Trophophase, Sekundärstoffe gebildet (vgl. Sekundäre Pflanzenstoffe), die für das bloße Wachstum nicht erforderlich sind, und/oder es werden spezielle Strukturen für die Fortpflanzung ausgebildet. Das Ende der Trophophase ist für die jeweilige Hyphenspitze irreversibel. ⓘ
Fortpflanzung und Vermehrung
Asexuelle Vermehrung
Asexuell werden die einzelligen Sporen entweder an den Enden der Hyphen abgeschnürt (Konidien), oder es werden Sporangien gebildet, in deren Innerem auf unterschiedliche Weise Sporen entstehen. Die Sporen werden dann freigesetzt, verbreiten sich und keimen schließlich zu neuen Myzelien aus. Die einzelligen Hefen vermehren sich (mit Ausnahme der Spalthefen) durch Sprossung: Nach einer Kernteilung bildet sich ein Auswuchs, in den einer der Tochterkerne einwandert und der dann abgeschnürt wird. Außerdem können die meisten Pilze sich auch durch Fragmentierung ihrer sich ausbreitenden Myzelien vermehren, weil jeder Teil des Myzels in der Lage ist, sich als eigenständiger Organismus weiterzuentwickeln. ⓘ
Verbreitung
Pilze sind sehr weit verbreitet. Die große Mehrheit ist landlebend. Im Wasser lebende, also aquatische Pilze, sind beispielsweise unter den Chytridiomycetes zu finden. Süßwasser- sind häufiger als Salzwasserpilze. ⓘ
Bedeutung für den Menschen
Etwa 180 Pilzarten können beim Menschen verschiedene Pilzkrankheiten hervorrufen. Weit größer ist aber der Nutzen vieler Pilze für den Menschen, etwa als Speisepilze oder bei der Herstellung von Hefeteig und alkoholischen Getränken. ⓘ
Speise- und Giftpilze
Viele Pilzarten sind bekannte und beliebte Nahrungsmittel. Dazu gehören nicht kultivierbare Arten wie Steinpilz und Pfifferling, aber auch Kulturarten und -sorten von Champignon, Shiitake und Austernpilz. Beim Sammeln von Wildpilzen ist größte Sorgfalt geboten, um nicht durch versehentlich geerntete Giftpilze eine Pilzvergiftung zu riskieren. Wer Pilze für den Verzehr sammelt, muss unbedingt die Speise- und Giftpilze gründlich kennen und darf nur zweifelsfrei erkannte Speisepilze nehmen. Viele Pilzarten enthalten Hämolysine oder andere hitzelabile Gifte, die erst durch Erhitzen zerstört werden. Die meisten Speisepilze erfordern daher Erhitzen durch Kochen oder Braten vor dem Verzehr, um Verdauungsbeschwerden oder Vergiftungen zu vermeiden. ⓘ
Zudem ist zu beachten, dass Pilze Schwermetalle und Radionuklide aufnehmen und anreichern. Dies kann zu gesundheitsgefährdenden Konzentrationen von Schwermetallen beziehungsweise Radionukliden im Fruchtkörper von Wildpilzen führen. ⓘ
UV-exponierte Pilze können erhebliche Mengen an Vitamin D enthalten. ⓘ
Die meisten Speisepilze gehören zu den Ständerpilzen. Relativ wenige Speisepilzarten, darunter die Morcheln und die Trüffeln, stammen aus der Abteilung der Schlauchpilze. ⓘ
Bei manchen Pilzen unterscheidet sich der Speisewert in verschiedenen Regionen. Einige Arten wie beispielsweise der Wollige Milchling, die gemeinhin als ungenießbar gelten, werden in Osteuropa für Speisezwecke verwendet. Selbst giftige Arten wie die Frühjahrslorchel werden in Skandinavien verzehrt. Auch in derselben Region kann sich die Einstufung der Genießbarkeit innerhalb mehrerer Jahrzehnte ändern. Beispielsweise galt der heute als giftig angesehene Kahle Krempling früher als essbar. ⓘ
Siehe auch: Liste der Giftpilze, Pilzberatungsstelle
Siehe auch die Kategorien Speisepilzart und Giftpilz ⓘ
Psychoaktive Pilze
Als psychoaktive Pilze oder Rauschpilze werden Pilze bezeichnet, die psychotrope Stoffe wie Psilocybin, Psilocin, Baeocystin, Muscimol oder Ergin enthalten. Am bekanntesten sind psilocybinhaltige Pilze, die oftmals als Magic Mushrooms bezeichnet werden. Ihre Wirkung wird gelegentlich mit der Rauschwirkung von LSD verglichen. Zu ihnen gehören exotische Arten wie der Kubanische (Psilocybe cubensis) oder der Mexikanische Kahlkopf (Psilocybe mexicana), aber auch einheimische Arten wie der Spitzkegelige Kahlkopf (Psilocybe semilanceata). Unerfahrene Pilzsucher riskieren mit dem Sammeln psilocybinhaltiger Pilze ihre Gesundheit aufgrund der Verwechslungsgefahr mit anderen, giftigen Pilzarten. Der Fliegenpilz enthält die giftige und selbst schon psychotrope Ibotensäure, die beim Trocknen in das wesentlich wirksamere Alkaloid Muscimol umgewandelt wird; beide Substanzen werden den Delirantia zugerechnet. Das Mutterkorn beinhaltet neben anderen (giftigen) Stoffen auch das psychoaktive Ergin. Psychoaktive Pilze hatten und haben noch heute bei verschiedenen Völkern eine spirituelle Bedeutung als entheogene Stoffe. ⓘ
Zunderschwamm
Der als Baumschädling vor allem in Buchen und Birken wachsende Zunderschwamm, Fomes fomentarius, ein Weißfäulepilz, wurde früher zum Feuermachen verwendet: Das Innere der aus den Baumstämmen konsolartig herauswachsenden Fruchtkörper wurde gekocht, getrocknet, weichgeklopft, mit Salpeterlösung getränkt und erneut getrocknet. Der so erhaltene Zunder kann durch Funken entzündet werden. ⓘ
Durch bloßes Kochen, Trocknen und Weichklopfen kann aus dem Fruchtkörper-Inneren auch ein dem Filz ähnliches Material gewonnen werden, das zur Herstellung verschiedener Gebrauchsgegenstände (Mützen, Taschen und dergleichen, siehe Bild) verwendet werden kann. ⓘ
Pilzfarbstoffe
Die Chemie der Pilzfarbstoffe ist wegen der Vielzahl der Verbindungen sehr komplex. Einige Farbstoffe liegen in reduzierter Form als Leukoverbindung vor. So wird der Farbstoff Atromentin, ein Terphenylchinon, des Samtfußkremplings bei Verletzung des Pilzes mit Luftsauerstoff und im Pilz vorhandener Oxidasen zu einer blauen Form oxidiert. Ähnliches kann man beim Anschneiden vieler Pilze beobachten. Farbstoffe vom Pulvinsäuretyp kommen bei Dickröhrlingsverwandten, insbesondere der Gattungen Boletus und Xerocomus, vor. Der rote Farbstoff von Hexen-Röhrlingen ist Variegatorubin, der gelbe Farbstoff des Gold-Röhrlings ein Gemisch von Grevillin B und C. Grevilline sind als Farbstoffe bei den Schmierlingen von Bedeutung. Die Huthaut des Fliegenpilzes enthält zahlreiche gelbe, orange und rote Komponenten, die zur Gruppe der Betalaine gehören, sowie Muscaflavin, das auch für die orangen bzw. roten Farben von Saftlingen verantwortlich ist. Im Strubbelkopfröhrling konnte man L-Dopa nachweisen, das bei Verletzung des Fruchtkörpers unter Melaninbildung zu einer Schwarzfärbung führt. Bei bestimmten Pilzen gilt die Biosynthese von Betalaminsäure, die mit Aminosäuren Betalaine bildet, aus L-Dopa als gesichert. Darüber hinaus kommen in Pilzen häufig Carotinoide, Azulenderivate, Anthrachinone, Phenoxazine und Riboflavin vor. ⓘ
Kulturgeschichte
Der griechische Arzt Pedanios Dioscurides schrieb schon im ersten Jahrhundert nach Christus in seinem Lehrbuch davon, dass es zwei Arten von Schwämmen gebe: Die einen sind zum Essen bequem, die anderen aber ein tödlich Gift. Dioscurides vermutete (fälschlich), dass die Giftigkeit eines Pilzes von seinem Standort abhänge: Pilze, die neben verrostetem Eisen, faulendem Tuch, Schlangenhöhlen oder Bäumen mit giftigen Früchten wachsen, seien alle miteinander giftig. Er erkannte aber schon damals die schwere Verdaulichkeit von übermäßiger Speisepilz-Kost, die den Menschen würgen und ersticken ließen. Auch Adamus Lonicerus schrieb im 16. Jahrhundert in seinem Kräuterbuch über die Pilze, dass es die Natur aller Schwämme sei, zu bedrängen; sie seien kalter, phlegmatischer, feuchter und roher Natur. ⓘ
Auch später und teilweise bis heute haben sich einige Vermutungen über Anhaltspunkte gehalten, die zur Unterscheidung essbarer und giftiger Pilze dienen sollen. Eine der bekanntesten ist der Trugschluss, dass Fruchtkörper, die von Tieren angefressen wurden, nicht giftig seien. Diese Annahme entspricht der Vorstellung, dass Pilze, die für Tiere unschädlich sind, auch für Menschen ungiftig seien. Weitere vermeintliche Indikatoren sind, dass Pilze, die bei Schlangennestern, Schimmelstellen oder giftigen Bäumen wachsen, giftig seien oder dass bei Berührung mit Gift Löffel aus Zinn oder Silber braun anlaufen, Zwiebeln sich schwarz färben, Eiweiß bleigrau oder Salz gelb. Spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist jedoch bekannt, dass all diese Erscheinungen keine Anhaltspunkte für die Unterscheidung essbarer und giftiger Pilze bieten. ⓘ
Bis in die Neuzeit hinein wurde das Erscheinen von Pilzen mit Miasmen erklärt: Pilze entstünden durch schlechte Ausdünstungen der Erde oder durch faulenden Untergrund. Auch der Glaube an die Urzeugung (generatio spontanea) wurde durch Pilze genährt, weil man ihre Sporen vor der Erfindung des Mikroskops nicht sehen konnte. Adamus Lonicerus schrieb, dass bestimmte Pilze Schwämme der Götterkinder seien, weil sie ohne einen Samen wüchsen, daher würden sie auch von den Poeten Gygenais, terra nati (Kinder der Erde), genannt. ⓘ
Zum lange Zeit eher sinistren Bild der Pilze in der Öffentlichkeit haben früher unerklärliche Phänomene wie der Hexenring und das nächtliche grüne Leuchten des Hallimasch-Myzels beigetragen. ⓘ
Rekorde
Der größte bekannte Pilz der Welt ist ein Dunkler Hallimasch. Er befindet sich in einem Naturschutzgebiet in Oregon und wird mit einer Ausdehnung des Myzels über fast Tausend Hektar Wald als das größte bekannte Lebewesen betrachtet. Sein Gewicht wird auf 600 Tonnen geschätzt, sein Alter auf fast 2000 Jahre. ⓘ
Der Pilz mit dem größten bekannten Fruchtkörper ist ein Feuerschwamm der Art Phellinus ellipsoideus, der im Jahr 2010 in der chinesischen Provinz Hainan gefunden wurde. Der Fruchtkörper war 10,85 Meter lang, 82 bis 88 Zentimeter breit und 4,6 bis 5,5 Zentimeter dick. Untersuchungen der Dichte des Pilzes ergaben, dass der gesamte Fruchtkörper 400 bis 500 Kilogramm wog. Sein Alter wurde auf etwa 20 Jahre geschätzt. ⓘ