Sowjetunion

Aus besserwiki.de
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
Союз Советских Социалистических Республик
1922–1991
Flagge der Sowjetunion
Flagge
(1955–1991)
Staatswappen (1956-1991) der Sowjetunion
Staatswappen
(1956–1991)
Motto: Пролетарии всех стран, соединяйтесь!
"Arbeiter der Welt, vereinigt euch!"
Hymne: Интернационал
"Die Internationale" (1922-1944)
Государственный гимн СССР
"Staatshymne der Sowjetunion" (1944-1991)
Die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg
Hauptstadt
und größte Stadt
Moskau
55°45′N 37°37′E / 55.750°N 37.617°E
Offizielle SprachenRussisch (1990-1991)
Anerkannte Regionalsprachen
  • Ukrainisch
  • Weißrussisch
  • Usbekisch
  • Kasachisch
  • Georgisch
  • Aserbaidschanisch
  • Litauisch
  • Moldawisch
  • Lettisch
  • Kirgisisch
  • Tadschikisch
  • Armenisch
  • Turkmenisch
  • Estnisch
Ethnische Gruppen
(1989)
  • 50,8% Russen
  • 17,3% Turkmenen
  • 15,5% Ukrainer
  • 3,5% Weißrussen
  • 1,6% Armenier
  • 1,6% Balten
  • 1,5% Finnisch
  • 1,5% Tadschiken
  • 1,4% Georgier
  • 1,2% Moldawier
  • 4,1% Andere
Religion Säkularer Staat (de jure)
Staatlicher Atheismus (de facto)
Demonym(e)Sowjetische
RegierungSiehe auch: Regierung der Sowjetunion
  • Föderale sozialistische Einparteien-Republik
    (1922–1924)
  • Föderale leninistische sozialistische Ein-Parteien-Republik unter einer totalitären Diktatur
    (1924–1927)
  • Föderale marxistisch-leninistische sozialistische Einparteienrepublik unter einer stalinistischen totalitären Diktatur
    (1927–1953)
  • Föderale marxistisch-leninistische parlamentarische sozialistische Einparteien-Republik
    (1953–1990)
  • Föderale semipräsidentielle Republik
    (1990–1991)
Führer 
• 1922–1924
Wladimir Lenin
• 1924–1953
Josef Stalin
• 1953
Georgi Malenkow
• 1953–1964
Nikita Chruschtschow
• 1964–1982
Leonid Breschnew
• 1982–1984
Juri Andropow
• 1984–1985
Konstantin Tschernenko
• 1985–1991
Michail Gorbatschow
Staatsoberhaupt 
- 1922-1946 (erster)
Michail Kalinin
- 1988-1991 (letzter)
Michail Gorbatschow
Regierungschef 
- 1922-1924 (erster)
Wladimir Lenin
- 1991 (letzter)
Iwan Silajew
LegislativeKongress der Sowjets
(1922–1936)
Oberster Sowjet
(1936–1991)
- Oberhaus
Sowjet der Nationalitäten
(1936–1991)
Sowjet der Republiken
(1991)
- Unterhaus
Sowjet der Union
(1936–1991)
Historische EpocheZwischenkriegszeit - Zweiter Weltkrieg - Kalter Krieg
- Oktoberrevolution
7. November 1917
- Vertrag über die Gründung
30. Dezember 1922
- Ende des Russischen Bürgerkriegs
16. Juni 1923
- Erste Verfassung
31. Januar 1924
- Zweite Verfassung
5. Dezember 1936
- Westliche Expansion
1939–1940
- Großer Vaterländischer Krieg
1941–1945
- Aufnahme in die UNO
24. Oktober 1945
- Entstalinisierung
25. Februar 1956
- Letzte Verfassung
9. Oktober 1977
- Sezession von Litauen
11. März 1990
- August-Putsch
19-22 August 1991
- Belovezh-Abkommen
8. Dezember 1991
- Auflösung
26. Dezember 1991
Gebiet
- Gesamt
22.402.200 km2 (8.649.500 sq mi) (1.)
Einwohnerzahl
- Volkszählung 1989
Neutral increase 286.730.819 (3.)
- Siedlungsdichte
12,7/km2 (32,9/qm)
BIP (PPP)Schätzung 1990
- Gesamt
2,7 Billionen $ (2.)
- Pro-Kopf
$9,000
BIP (nominal)Schätzung 1990
- Gesamt
2,7 Billionen $ (2.)
- Pro-Kopf
9.000 $ (28.)
Gini (1989)0.275
niedrig
HDI (1989)0.920
sehr hoch
WährungSowjetischer Rubel (руб) (SUR)
Zeitzone(UTC+2 bis +12)
Fahrseiterechts
Rufnummerncode+7
ISO-3166-CodeSU
Internet TLD.su
Vorangegangen von Gefolgt von
1922:
Russische SFSR
Ukrainische SSR
Weißrussische SSR
Transkaukasische SFSR
1924:
Bukharanische SSR
Khorezm SSR
1939:
Polen (Teil)
1940:
Finnland (Teil)
Rumänien (Teil)
Estland
Lettland
Litauen
1944:
Tuwa
1945:
Deutschland (Teil)
Japan (Anteil)
1946:
Tschechoslowakei (Anteil)
1990:
Litauen
1991:
Georgien
Estland
Lettland
Ukraine
Moldawien
Kirgisistan
Usbekistan
Tadschikistan
Armenien
Aserbaidschan
Turkmenistan
Weißrussland
Russland
Kasachstan

Die Sowjetunion, offiziell die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), war ein transkontinentales Land, das sich von 1922 bis 1991 über einen Großteil Eurasiens erstreckte. Als kommunistischer Vorzeigestaat war sie nominell ein föderaler Zusammenschluss von fünfzehn nationalen Republiken; in der Praxis waren sowohl ihre Regierung als auch ihre Wirtschaft bis in die letzten Jahre stark zentralisiert. Es war ein Einparteienstaat, der von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion regiert wurde, und die Stadt Moskau diente als Hauptstadt der größten und bevölkerungsreichsten Republik: der Russischen SFSR. Weitere wichtige Städte waren Leningrad (Russische SFSR), Kiew (Ukrainische SSR), Minsk (Weißrussische SSR), Taschkent (Usbekische SSR), Alma-Ata (Kasachische SSR) und Nowosibirsk (Russische SFSR). Mit einer Fläche von über 22 402 200 Quadratkilometern und elf Zeitzonen war es das größte Land der Welt.

Die Wurzeln des Landes liegen in der Oktoberrevolution von 1917, als die Bolschewiki unter der Führung von Wladimir Lenin die russische provisorische Regierung stürzten, die zuvor das Haus Romanow im Russischen Reich abgelöst hatte. Mit dem Sieg der Bolschewiki wurde die Russische Sowjetrepublik gegründet, der erste verfassungsmäßig garantierte sozialistische Staat der Welt. Die anhaltenden internen Spannungen eskalierten zum Russischen Bürgerkrieg, in dem es zu Kämpfen zwischen der bolschewistischen Roten Armee und zahlreichen antibolschewistischen Kräften im gesamten ehemaligen Russischen Reich kam, von denen die größte Fraktion die Weißgardisten waren. Die antikommunistische Weiße Garde ging während des Weißen Terrors gewaltsam gegen die Bolschewiki sowie gegen mutmaßliche "Arbeiter- und Bauern"-Bolschewiki vor. Die Rote Armee expandierte jedoch und half den lokalen Bolschewiki bei der Machtübernahme, indem sie Sowjets einrichtete und ihre politischen Gegner sowie aufständische Bauern während des Roten Terrors unterdrückte. Bis 1922 hatte sich das Machtgleichgewicht verschoben, und die Bolschewiki gingen als Sieger hervor. Sie gründeten die Sowjetunion mit der Vereinigung der russischen, transkaukasischen, ukrainischen und weißrussischen Republiken. Nach dem Ende des Russischen Bürgerkriegs führte Lenins Regierung die Neue Ökonomische Politik ein, die zur teilweisen Rückkehr des freien Marktes und des Privateigentums führte; dies führte zu einer Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs.

Nach Lenins Tod im Jahr 1924 kam Joseph Stalin an die Macht. Stalin unterdrückte jede politische Opposition gegen seine Herrschaft innerhalb der Kommunistischen Partei und führte eine Kommandowirtschaft ein. Infolgedessen durchlief das Land eine Phase der raschen Industrialisierung und Zwangskollektivierung, die zu einem erheblichen Wirtschaftswachstum führte, aber auch zu einer von Menschen verursachten Hungersnot in den Jahren 1930-1933 beitrug. Außerdem wurde in dieser Zeit das Arbeitslagersystem des Gulag ausgebaut. Stalin schürte die politische Paranoia und führte die Große Säuberung durch, um seine tatsächlichen und vermeintlichen Gegner aus der Kommunistischen Partei durch Massenverhaftungen von Militärführern, Parteimitgliedern und einfachen Bürgern zu beseitigen, die dann alle in Strafarbeitslager eingewiesen oder zum Tode verurteilt wurden.

Am 23. August 1939 unterzeichneten die Sowjets den Molotow-Ribbentrop-Pakt mit Nazi-Deutschland, in dem sich beide Seiten auf Neutralität und Nichtangriffsbereitschaft einigten. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach dem deutschen Überfall auf Polen besetzte und annektierte die formell neutrale Sowjetunion die Gebiete mehrerer osteuropäischer Staaten, darunter die östlichen Regionen Polens sowie Litauen, Lettland und Estland. Im Juni 1941 brach Deutschland den bilateralen Nichtangriffspakt und startete einen groß angelegten Überfall auf die Sowjetunion, wodurch die Ostfront des globalen Konflikts eröffnet wurde. Trotz anfänglicher deutscher Erfolge gewannen die Sowjets in der Schlacht von Stalingrad die Oberhand über die Achsenmächte, eroberten schließlich Berlin und erklärten am 9. Mai 1945 den Sieg über Deutschland. Die zivilen und militärischen Opfer der Sowjetunion zusammengenommen - schätzungsweise 27 Millionen Menschen - machten den Großteil der Verluste auf Seiten der Alliierten aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten die von der Roten Armee eroberten Gebiete verschiedene sowjetische Satellitenstaaten im Rahmen des Ostblocks. Mit dem Beginn des Kalten Krieges im Jahr 1947 standen sich der Ostblock der Sowjetunion und der Westblock der Vereinigten Staaten gegenüber, wobei letzterer 1949 im Rahmen der Nordatlantikpakt-Organisation und ersterer 1955 im Warschauer Pakt weitgehend geeint wurde.

Nach Stalins Tod im Jahr 1953 kam es unter der Führung von Nikita Chruschtschow zu einer Phase, die als Entstalinisierung und Chruschtschow-Tauwetter bekannt wurde. Die Sowjetunion entwickelte sich rasch, da Millionen von Bauern in die industrialisierten Städte umgesiedelt wurden. Im Rahmen des Kalten Krieges übernahmen die Sowjets mit dem ersten künstlichen Satelliten, der ersten bemannten Raumfahrt und der ersten Sonde, die auf einem anderen Planeten (Venus) landete, frühzeitig die Führung im Wettlauf um die Raumfahrt. In den 1970er Jahren kam es zu einer kurzen Entspannung in den Beziehungen zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten, doch nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan im Jahr 1979 kam es erneut zu Spannungen. Der sowjetisch-afghanische Krieg, der bis 1989 andauerte, zehrte an den sowjetischen Wirtschaftsressourcen und wurde von einer Eskalation der amerikanischen Militärhilfe für die afghanischen Mudschaheddin begleitet.

Mitte der 1980er Jahre bemühte sich der letzte sowjetische Führer, Michail Gorbatschow, um weitere Reformen und eine Liberalisierung der Wirtschaft durch seine Politik der Glasnost und Perestroika. Ziel war es, die Kommunistische Partei zu erhalten und gleichzeitig die Ära der Stagnation umzukehren. 1989, in der Endphase des Kalten Krieges, stürzten verschiedene Länder des Warschauer Paktes ihre marxistisch-leninistischen Regime, was mit dem Ausbruch starker nationalistischer und separatistischer Bewegungen in der gesamten Sowjetunion einherging. 1991 initiierte Gorbatschow ein nationales Referendum - das von den Sowjetrepubliken Litauen, Lettland, Estland, Armenien, Georgien und Moldawien boykottiert wurde -, bei dem sich die Mehrheit der teilnehmenden Bürger für den Erhalt des Landes als erneuerte Föderation aussprach. Im August 1991 inszenierten Hardliner der Kommunistischen Partei einen Staatsstreich gegen Gorbatschow; der Versuch scheiterte, wobei Boris Jelzin eine prominente Rolle bei der Niederschlagung der Unruhen spielte, und die Kommunistische Partei wurde anschließend verboten. Die Sowjetrepubliken, angeführt von Russland und der Ukraine, erklärten formell ihre Unabhängigkeit. Am 25. Dezember 1991 trat Gorbatschow von seinem Amt als Präsident zurück. Alle Republiken gingen aus der Auflösung der Sowjetunion als völlig unabhängige postsowjetische Staaten hervor. Vor den anderen ehemaligen Republiken übernahm die Russische Föderation (ehemals Russische SFSR) die Rechte und Pflichten der Sowjetunion und ist seither als deren Rechtsnachfolger in internationalen Angelegenheiten anerkannt.

Die Sowjetunion hat viele bedeutende soziale und technische Errungenschaften und Innovationen hervorgebracht, insbesondere im Hinblick auf die militärische Macht. Sie verfügte über die zweitgrößte Wirtschaft der Welt, und die sowjetischen Streitkräfte bildeten das größte stehende Militär der Welt. Als Staat, der dem Atomwaffensperrvertrag angehört, verfügte sie über das größte Atomwaffenarsenal der Welt. Die Sowjetunion war Gründungsmitglied der Vereinten Nationen und eines der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen; sie war auch Mitglied der OSZE und des Weltgewerkschaftsbundes und führendes Mitglied des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe.

Zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 und ihrer Auflösung 1991 hatte die Sowjetunion ihren Status als eine der beiden Supermächte gegenüber den Vereinigten Staaten beibehalten. Sie wurde gelegentlich informell als "Sowjetimperium" bezeichnet, da sie mit einer Kombination aus militärischer und wirtschaftlicher Stärke, Stellvertreterkonflikten und Einflussnahme in der Dritten Welt sowie der Finanzierung wissenschaftlicher Forschung, insbesondere im Bereich der Weltraumtechnologie und der Waffentechnik, eine Hegemonie über Europa und die ganze Welt ausübte.

Die Sowjetunion (kurz SU, vollständige amtliche Bezeichnung: Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, kurz UdSSR, russisch Союз Советских Социалистических Республик (СССР)?/i Sojus Sowjetskich Sozialistitscheskich Respublik (SSSR)) war ein zentralistisch regierter, föderativer Einparteienstaat, dessen Territorium sich über Osteuropa und den Kaukasus bis nach Zentral- und über das gesamte Nordasien erstreckte. Sie wurde am 30. Dezember 1922 durch die Bolschewiki gegründet und durch die Alma-Ata-Deklaration am 21. Dezember 1991 als Union, bestehend aus 15 Unionsrepubliken, aufgelöst. Die völkerrechtlichen Rechte und Pflichten in internationalen Organisationen werden seitdem von der Russischen Föderation wahrgenommen.

Das Kerngebiet (mit 78 % der Fläche 1990) bestand aus der Russischen Sowjetrepublik (RSFSR), die im Zuge der Oktoberrevolution am 7. November 1917 aus dem Kern des Zarenreiches hervorgegangen war und auf welche als unabhängige Russische Föderation nach der Auflösung der Union deren „Verbindungsfaden mit der Außenwelt übergegangen ist“. Die RSFSR hatte zuvor – anders als die übrigen ehemaligen Sowjetrepubliken – ihrerseits keine Unabhängigkeitserklärung abgegeben, was nicht mit der „Deklaration der staatlichen Souveränität“ der Russischen Föderation vom 12. Juni 1990, der heute als „Tag Russlands“ gefeiert wird, zu verwechseln ist.

Wegen der Dominanz der Russischen Sowjetrepublik wurde die Sowjetunion in den westlichen Ländern sprachlich oft unzutreffend bzw. als rhetorische Figur des pars pro toto vereinfacht mit dem historischen Russland vor 1917 gleichgesetzt oder auch als sogenanntes Sowjetrussland bezeichnet. Die Sowjetbürger wurden verallgemeinernd fälschlich als „Russen“ bezeichnet.

Etymologie

Das Wort Sowjet leitet sich vom russischen Wort sovet (russisch: совет) ab, das "Rat", "Versammlung", "Ratschlag" bedeutet und letztlich auf den vorslawischen Verbalstamm von *vět-iti ("informieren") zurückgeht, der mit dem slawischen věst ("Nachrichten"), dem englischen wise, der Wurzel von ad-vis-or (das über das Französische ins Englische kam), oder dem niederländischen weten ("wissen"; vgl. wetenschap für "Wissenschaft") verwandt ist. Das Wort sovietnik bedeutet 'Ratsherr'.

Einige Organisationen in der russischen Geschichte wurden als Rat (russisch: совет) bezeichnet. Im Russischen Reich wurde der Staatsrat, der von 1810 bis 1917 tätig war, nach dem Aufstand von 1905 als Ministerrat bezeichnet.

Während der Georgien-Affäre sah Wladimir Lenin einen Ausdruck des großrussischen ethnischen Chauvinismus von Joseph Stalin und seinen Anhängern, indem er forderte, diese Nationalstaaten sollten sich Russland als halbselbständige Teile einer größeren Union anschließen, die er zunächst als Union der Sowjetrepubliken Europas und Asiens (russ: Союз Советских Республик Европы и Азии, tr. Sojus Sovetskikh Respublik Evropy i Azii). Stalin sträubte sich zunächst gegen den Vorschlag, akzeptierte ihn aber schließlich und änderte mit Zustimmung Lenins den Namen in Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), obwohl alle Republiken als sozialistische Sowjetrepubliken begannen und erst 1936 in die andere Reihenfolge übergingen. Hinzu kommt, dass in den Landessprachen mehrerer Republiken das Wort Rat oder Konzil in der jeweiligen Sprache erst recht spät in eine Adaption des russischen soviet umgewandelt wurde und in anderen, z.B. der Ukrainischen SSR, nie.

СССР (im lateinischen Alphabet: SSSR) ist die Abkürzung für das russische Wort UdSSR, wie es in kyrillischen Buchstaben geschrieben wird. Die Sowjets benutzten diese Abkürzung so häufig, dass sich das Publikum weltweit mit ihrer Bedeutung vertraut machte. Danach ist die gebräuchlichste russische Abkürzung Союз ССР (Transliteration: Sojus SSR), was nach Ausgleich der grammatikalischen Unterschiede im Wesentlichen mit Union der SSR auf Englisch übersetzt werden kann. Daneben ist auch die russische Kurzform Советский Союз (Transliteration: Sovetskiy Soyuz, was wörtlich Sowjetunion bedeutet) gebräuchlich, allerdings nur in der ungekürzten Form. Spätestens seit Beginn des Großen Vaterländischen Krieges ist die Abkürzung des russischen Namens der Sowjetunion mit СС (so wie z. B. die Vereinigten Staaten mit US abgekürzt werden) ein absolutes Tabu, da СС als russische kyrillische Abkürzung eher mit der berüchtigten Schutzstaffel des nationalsozialistischen Deutschlands assoziiert wird, ebenso wie SS im Englischen.

In englischsprachigen Medien wurde der Staat als Sowjetunion oder UdSSR bezeichnet. In anderen europäischen Sprachen werden in der Regel die lokal übersetzten Kurzformen und Abkürzungen verwendet, z. B. Union soviétique und URSS im Französischen oder Sowjetunion und UdSSR im Deutschen. In der englischsprachigen Welt wurde die Sowjetunion auch informell als Russland und ihre Bürger als Russen bezeichnet, obwohl dies technisch nicht korrekt war, da Russland nur eine der Republiken der UdSSR war. Auch in anderen Sprachen wurden die sprachlichen Entsprechungen für den Begriff Russland und seine Ableitungen häufig falsch verwendet.

Geografie

Ihre größte Ausdehnung, welche sie bis zur Unabhängigkeit Litauens am 11. März 1990 behielt, erlangte die Union im Verlauf des Zweiten Weltkrieges mit der Einverleibung der baltischen Länder (Estland, Lettland, Litauen), Bessarabiens, Tuwas, des nördlichen Teils Ostpreußens sowie finnischer, polnischer, tschechoslowakischer und japanischer Gebiete. Die Sowjetunion war damit (abgesehen vom Russischen Reich vor 1917, zu dem auch Finnland, Teile Polens, die Nordost-Türkei und bis 1867 Alaska gehörten) in der jüngeren Geschichte der Menschheit der Staat mit dem größten zusammenhängenden Hoheitsgebiet. Sie gehörte zu den größten Herrschaftsräumen der Geschichte.

Die Sowjetunion grenzte nach 1945:

  • im Westen an
    • Rumänien (1208 Kilometer),
    • Ungarn (103 Kilometer),
    • die Tschechoslowakei (97 Kilometer),
    • Polen (1258 Kilometer),
    • die Ostsee,
    • Finnland (1340 Kilometer) und
    • Norwegen (196 Kilometer);
  • im Norden an
    • die Barentssee,
    • die Karasee,
    • die Laptewsee,
    • die Ostsibirische See, sowie an
    • die Tschuktschensee;
  • im Osten an
    • das Beringmeer,
    • den Pazifischen Ozean,
    • das Ochotskische Meer, sowie an
    • das Japanische Meer;
  • im Süden an
    • Nordkorea (19 Kilometer),
    • die Volksrepublik China (6513 Kilometer),
    • die Mongolei (3485 Kilometer),
    • Afghanistan (2264 Kilometer),
    • den Iran (2013 Kilometer),
    • die Türkei (529 Kilometer) und
    • das Schwarze Meer.

Die UdSSR hatte zusammen eine Landesgrenze von insgesamt 19.025 Kilometern Länge und damit etwa 1000 Kilometer weniger als das deutlich kleinere Russland 2008.

Das Territorium der UdSSR umfasste mit 22,4 Millionen Quadratkilometern fast ein Siebtel des Festlandes der Erde. In West-Ost-Richtung erstreckte es sich vom Schwarzen Meer und der Ostsee bis zum Pazifischen Ozean über fast 10.000 Kilometer. Von Norden nach Süden hatte es eine Ausdehnung von fast 5000 Kilometern. Die Sowjetunion berührte 11 der 24 Zeitzonen der Erde.

Physische Karte der Sowjetunion

Auf ihrem Territorium verfügte die Sowjetunion über Kohle und Eisenerz als mineralische Rohstoffe, Erdöl und Erdgas als Energieträger und Rohstoffe der petrochemischen Industrie, Bunt- und Edelmetalle, Wasserkraft und landwirtschaftlich nutzbare Böden, darunter die fruchtbaren Schwarzerdeböden der Ukraine. Damit besaß das Land alle natürlichen Ressourcen, die eine industrialisierte Volkswirtschaft braucht.

Der höchste Berg der Sowjetunion war der Gipfel des Kommunismus (heute Ismoil Somoni) in der Tadschikischen SSR mit einer Höhe von 7.495 Metern (24.590 Fuß). Sie umfasste auch die meisten der größten Seen der Welt: das Kaspische Meer (gemeinsam mit dem Iran) und den Baikalsee in Russland, den größten und tiefsten Süßwassersee der Welt.

Naturräume

Die naturräumliche Gliederung der Sowjetunion spannte sich von den Gebieten ewigen Eises im Norden bis zu den Wüstengebieten in Zentralasien. Dabei machte der Anteil von Eiswüste und Tundra im Norden 8 Prozent der Gesamtfläche, der Anteil der Wüste und Halbwüste im Süden 10 Prozent der Gesamtfläche, der der Waldgebiete 30 Prozent aus.

Fast die Hälfte des Gebiets der Sowjetunion war Permafrostboden, der im Sommer nur kurz und relativ flach auftaut. Dadurch war die Siedlung mit dem Bau von Häusern, der Anlage der Wasserversorgung und der Errichtung einer klimageeigneten Infrastruktur aufwendig, teuer und schwierig. 27 Prozent des Staatsgebietes waren landwirtschaftlich nutzbar. Damit lag der Anteil deutlich unter dem der USA, deren landwirtschaftliche Nutzfläche 45 Prozent betrug. Der Anteil des Ackerlandes lag bei 10 Prozent (USA: 20 Prozent).

Geschichte

Revolution und Gründung (1917-1927)

Die modernen revolutionären Aktivitäten im Russischen Reich begannen mit dem Dezembristenaufstand von 1825. Obwohl die Leibeigenschaft 1861 abgeschafft wurde, geschah dies unter für die Bauern ungünstigen Bedingungen und diente der Ermutigung der Revolutionäre. Nach der Russischen Revolution von 1905 wurde 1906 ein Parlament, die Staatsduma, eingerichtet, doch Zar Nikolaus II. widersetzte sich den Versuchen, von der absoluten zu einer konstitutionellen Monarchie überzugehen. Die sozialen Unruhen hielten an und wurden während des Ersten Weltkriegs durch militärische Niederlagen und Lebensmittelknappheit in den Großstädten noch verschärft.

Ein spontaner Volksaufstand in Petrograd als Reaktion auf den kriegsbedingten Verfall der russischen Wirtschaft und Moral gipfelte in der Februarrevolution und dem Sturz von Nikolaus II. und der kaiserlichen Regierung im März 1917. An die Stelle der zaristischen Autokratie trat die Russische Provisorische Regierung, die Wahlen zur Russischen Verfassunggebenden Versammlung durchführen und im Ersten Weltkrieg auf der Seite der Entente weiterkämpfen wollte.

Gleichzeitig bildeten sich im ganzen Land Arbeiterräte, die im Russischen als "Sowjets" bezeichnet wurden. Die Bolschewiki unter der Führung von Wladimir Lenin setzten sich in den Sowjets und auf der Straße für eine sozialistische Revolution ein. Am 7. November 1917 stürmten die Rotgardisten den Winterpalast in Petrograd, beendeten die Herrschaft der Provisorischen Regierung und überließen den Sowjets die gesamte politische Macht. Dieses Ereignis wurde später in der sowjetischen Literatur offiziell als die Große Sozialistische Oktoberrevolution bezeichnet. Im Dezember unterzeichneten die Bolschewiki einen Waffenstillstand mit den Mittelmächten, doch im Februar 1918 wurden die Kämpfe wieder aufgenommen. Im März beendeten die Sowjets ihre Beteiligung am Krieg und unterzeichneten den Vertrag von Brest-Litowsk.

Es folgte ein langer und blutiger Bürgerkrieg zwischen den Roten und den Weißen, der 1917 begann und 1923 mit dem Sieg der Roten endete. Er beinhaltete ausländische Interventionen, die Hinrichtung des ehemaligen Zaren und seiner Familie sowie die Hungersnot von 1921, der etwa fünf Millionen Menschen zum Opfer fielen. Im März 1921 wurde während eines damit zusammenhängenden Konflikts mit Polen der Frieden von Riga unterzeichnet, in dem die umstrittenen Gebiete in Weißrussland und der Ukraine zwischen der Republik Polen und Sowjetrussland aufgeteilt wurden. Sowjetrussland hatte ähnliche Konflikte mit den neu gegründeten Republiken Estland, Finnland, Lettland und Litauen zu lösen.

Vertrag über die Gründung der UdSSR

Am 28. Dezember 1922 billigte eine Konferenz bevollmächtigter Delegationen aus der Russischen SFSR, der Transkaukasischen SFSR, der Ukrainischen SSR und der Weißrussischen SSR den Vertrag über die Gründung der UdSSR und die Erklärung über die Gründung der UdSSR, mit der die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken gegründet wurde. Diese beiden Dokumente wurden vom ersten Sowjetkongress der UdSSR bestätigt und am 30. Dezember 1922 von den Delegationsleitern Michail Kalinin, Michail Zchakaja, Michail Frunse, Grigorij Petrowski und Alexander Tschervjakow unterzeichnet. Die offizielle Proklamation erfolgte von der Bühne des Bolschoi-Theaters aus.

In den ersten Tagen der Sowjetmacht 1917 begann eine intensive Umstrukturierung der Wirtschaft, Industrie und Politik des Landes. Ein großer Teil dieser Umstrukturierung erfolgte auf der Grundlage der bolschewistischen Ersten Dekrete, von Wladimir Lenin unterzeichnete Regierungsdokumente. Einer der wichtigsten Durchbrüche war der GOELRO-Plan, der eine umfassende Umstrukturierung der sowjetischen Wirtschaft auf der Grundlage einer vollständigen Elektrifizierung des Landes vorsah. Der Plan wurde zum Prototyp für die nachfolgenden Fünfjahrespläne und wurde bis 1931 umgesetzt. Nach der Wirtschaftspolitik des "Kriegskommunismus" während des Russischen Bürgerkriegs ließ die sowjetische Regierung in den 1920er Jahren als Auftakt zur vollständigen Entwicklung des Sozialismus im Land ein gewisses Maß an privatem Unternehmertum neben der verstaatlichten Industrie zu, und die totale Requirierung von Lebensmitteln auf dem Land wurde durch eine Lebensmittelsteuer ersetzt.

Seit ihrer Gründung basierte die Regierung der Sowjetunion auf der Einparteienherrschaft der Kommunistischen Partei (Bolschewiki). Erklärtes Ziel war es, die Rückkehr der kapitalistischen Ausbeutung zu verhindern, und die Grundsätze des demokratischen Zentralismus würden den Willen des Volkes am wirksamsten in der Praxis vertreten. Die Debatte über die Zukunft der Wirtschaft bildete den Hintergrund für einen Machtkampf in den Jahren nach Lenins Tod im Jahr 1924. Zunächst sollte Lenin durch eine "Troika" ersetzt werden, die aus Grigori Sinowjew aus der Ukrainischen SSR, Lew Kamenjew aus der Russischen SFSR und Josef Stalin aus der Transkaukasischen SFSR bestand.

Am 1. Februar 1924 wurde die UdSSR vom Vereinigten Königreich anerkannt. Im selben Jahr wurde eine sowjetische Verfassung verabschiedet, die den Zusammenschluss vom Dezember 1922 legitimierte.

Archie Brown zufolge war die Verfassung nie ein genauer Leitfaden für die politische Realität in der UdSSR. So wurde beispielsweise die Tatsache, dass die Partei die führende Rolle bei der Gestaltung und Durchsetzung der Politik spielte, bis 1977 nicht in der Verfassung erwähnt. Die UdSSR war ein föderatives Gebilde mit vielen Teilrepubliken, die jeweils ihre eigenen politischen und administrativen Einheiten besaßen. Der Begriff "Sowjetrussland", der streng genommen nur für die Russische Sozialistische Föderative Republik gilt, wurde jedoch von nicht-sowjetischen Schriftstellern häufig auf das gesamte Land angewendet.

Stalin-Ära (1927-1953)

Lenin, Trotzki und Kamenjew bei der Feier zum zweiten Jahrestag der Oktoberrevolution
isbn=978-0-674-07608-2

Am 3. April 1922 wurde Stalin zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion ernannt. Lenin hatte Stalin zum Leiter der Arbeiter- und Bauerninspektion ernannt, was ihm erhebliche Macht verlieh. Indem er seinen Einfluss schrittweise festigte und seine Rivalen innerhalb der Partei isolierte und ausmanövrierte, wurde Stalin zum unangefochtenen Führer des Landes und errichtete Ende der 1920er Jahre eine totalitäre Herrschaft. Im Oktober 1927 wurden Sinowjew und Leo Trotzki aus dem Zentralkomitee ausgeschlossen und ins Exil gezwungen.

1928 stellte Stalin den ersten Fünfjahresplan für den Aufbau einer sozialistischen Wirtschaft vor. Anstelle des Internationalismus, den Lenin während der gesamten Revolution vertreten hatte, zielte er auf den Aufbau des Sozialismus in einem Land ab. In der Industrie übernahm der Staat die Kontrolle über alle bestehenden Unternehmen und führte ein intensives Programm zur Industrialisierung durch. In der Landwirtschaft wurde statt der von Lenin befürworteten Politik der "Führung durch Vorbild" die Zwangskollektivierung der Betriebe im ganzen Land durchgeführt.

In der Folge kam es zu Hungersnöten, denen schätzungsweise drei bis sieben Millionen Menschen zum Opfer fielen; die überlebenden Kulaken wurden verfolgt, und viele wurden zur Zwangsarbeit in Gulags gesteckt. Die sozialen Umwälzungen setzten sich Mitte der 1930er Jahre fort. Trotz der Unruhen Mitte bis Ende der 1930er Jahre entwickelte das Land in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg eine robuste industrielle Wirtschaft.

Bau der Brücke über die Kolyma (Teil der Straße der Knochen von Magadan nach Jakutsk) durch die Arbeiter von Dalstroy.

In den frühen 1930er Jahren entwickelte sich eine engere Zusammenarbeit zwischen der UdSSR und dem Westen. Von 1932 bis 1934 nahm das Land an der Weltabrüstungskonferenz teil. 1933 wurden diplomatische Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der UdSSR aufgenommen, als der neu gewählte Präsident der Vereinigten Staaten, Franklin D. Roosevelt, im November beschloss, die kommunistische Regierung Stalins offiziell anzuerkennen, und ein neues Handelsabkommen zwischen den beiden Ländern aushandelte. Im September 1934 trat das Land dem Völkerbund bei. Als 1936 der Spanische Bürgerkrieg ausbrach, unterstützte die UdSSR aktiv die republikanischen Kräfte gegen die Nationalisten, die vom faschistischen Italien und Nazideutschland unterstützt wurden.

Fünf Marschälle der Sowjetunion im Jahr 1935. Nur zwei von ihnen - Budjonny und Woroschilow - überlebten die Große Säuberung. Bljuchar, Jegorow und Tuchatschewski wurden hingerichtet.

Im Dezember 1936 stellte Stalin eine neue Verfassung vor, die von Anhängern in aller Welt als die demokratischste Verfassung gepriesen wurde, die man sich vorstellen kann, auch wenn es einige Skeptiker gab. Stalins Große Säuberung führte zur Inhaftierung oder Hinrichtung vieler "Altbolschewiken", die mit Lenin an der Oktoberrevolution teilgenommen hatten. Nach freigegebenen sowjetischen Archiven verhaftete der NKWD in den Jahren 1937 und 1938 mehr als anderthalb Millionen Menschen, von denen 681.692 erschossen wurden. In diesen beiden Jahren gab es im Durchschnitt über tausend Hinrichtungen pro Tag.

Nachdem die Versuche, mit Großbritannien und Frankreich ein Militärbündnis gegen Deutschland zu schließen, gescheitert waren, vollzog die Sowjetunion 1939 eine dramatische Wende in Richtung Nazi-Deutschland. Fast ein Jahr, nachdem Großbritannien und Frankreich das Münchner Abkommen mit Deutschland geschlossen hatten, traf die Sowjetunion in ausführlichen Gesprächen auch mit Deutschland Vereinbarungen, sowohl militärisch als auch wirtschaftlich. Im August 1939 schlossen die beiden Länder den Molotow-Ribbentrop-Pakt und das deutsch-sowjetische Handelsabkommen. Ersteres ermöglichte die sowjetische Besetzung Litauens, Lettlands, Estlands, Bessarabiens, der nördlichen Bukowina und Ostpolens, während die Sowjets formell neutral blieben. Ende November, als es Stalin nicht gelang, die Republik Finnland auf diplomatischem Wege dazu zu zwingen, ihre Grenze 25 Kilometer vor Leningrad zu verschieben, befahl er den Einmarsch in Finnland. Am 14. Dezember 1939 wurde die Sowjetunion wegen des Überfalls auf Finnland aus dem Völkerbund ausgeschlossen. Im Osten errang das sowjetische Militär in den Jahren 1938 und 1939 bei Grenzkonflikten mit dem Kaiserreich Japan mehrere entscheidende Siege. Im April 1941 unterzeichnete die UdSSR jedoch den sowjetisch-japanischen Neutralitätspakt mit Japan und erkannte die territoriale Integrität des japanischen Marionettenstaats Mandschukuo an.

Josef Stalin auf einer Briefmarke der DDR, 1954 (erster Todestag)

Ab 1928 wurde die staatliche Wirtschaft Fünfjahrplänen unterworfen, wobei es zu einer rasanten Industrialisierung des bisherig agrarisch geprägten Landes kam. Die zeitgleiche Zwangskollektivierung der Landwirtschaft unter Bildung von Sowchosen und Kolchosen löste vielerorts großen Widerstand der reicheren und mittleren Bauern aus. Diese wurden als „Kulaken“ diffamiert und von 1929 bis 1933 in der sogenannten Entkulakisierung durch vielfältige Repressionen wie Verhaftungen, Enteignungen, Massendeportationen und Exekutionen rücksichtslos gebrochen. Noch nicht abschließend bewertet ist, inwiefern riesige Hungersnöte, wie sie am härtesten die Ukraine, aber auch Gebiete an der Wolga und die Kasachische SSR trafen, ebenfalls Bestandteil gezielter politischer Maßnahmen Stalins waren. Die Hungersnot in der Ukraine wird unter dem Begriff Holodomor zusammengefasst. Allgemein spielte die Versorgung der Bevölkerung mit Konsumwaren für Stalin eine untergeordnete Rolle; damalige Getreideexporte zur Beschaffung von Material für die Schwerindustrie werden als Hungerexporte bezeichnet.

Seit 1935 eskalierte Stalin die Verfolgungen und Deportationen von Bürgern, die dem System scheinbar oder tatsächlich im Wege standen. Durch die „Stalinschen Säuberungen“ (russisch „Tschistki“) von 1936 bis 1940 wurde ein systematischer Terror gegen die Menschen betrieben, die angeblich gegen das kommunistische Regime Stalins konspirierten. Die Säuberungsaktionen waren oft als gerichtliche Verfolgung getarnt und durch unter Folter erpresste Geständnisse begründet (Schauprozess). Deportationen ganzer Völker der Sowjetunion, ethnische Minderheiten, in Arbeitslager (Gulag) fanden statt. „Kulaken“, Priester und Mönche, kirchliche Laien, Großteile der militärischen Führungsspitze, führende Mitglieder der Partei und selbst Angehörige der Opfer wurden ermordet.

Das antikommunistische Schwarzbuch des Kommunismus gibt bis zu 20 Millionen Opfer für diese Zeit an.

Zweiter Weltkrieg

Die Schlacht von Stalingrad, die von vielen Historikern als entscheidender Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs angesehen wird.

Deutschland brach den Molotow-Ribbentrop-Pakt und überfiel am 22. Juni 1941 die Sowjetunion, was in der UdSSR als Großer Vaterländischer Krieg bezeichnet wurde. Die Rote Armee hielt die scheinbar unbesiegbare deutsche Armee in der Schlacht von Moskau auf. Die Schlacht von Stalingrad, die von Ende 1942 bis Anfang 1943 dauerte, versetzte Deutschland einen schweren Schlag, von dem es sich nie mehr ganz erholte, und wurde zu einem Wendepunkt des Krieges. Nach Stalingrad drangen die sowjetischen Streitkräfte durch Osteuropa bis nach Berlin vor, bevor Deutschland 1945 kapitulierte. Das deutsche Heer hatte 80 % seiner militärischen Verluste an der Ostfront zu beklagen. Harry Hopkins, ein enger außenpolitischer Berater von Franklin D. Roosevelt, sprach am 10. August 1943 über die entscheidende Rolle der UdSSR im Krieg.

Von links nach rechts: der sowjetische Generalsekretär Joseph Stalin, US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill beraten sich 1943 in Teheran.

Im selben Jahr kündigte die UdSSR in Erfüllung ihrer Vereinbarung mit den Alliierten auf der Konferenz von Jalta im April 1945 den sowjetisch-japanischen Neutralitätspakt und marschierte am 9. August 1945 in Mandschukuo und anderen von Japan kontrollierten Gebieten ein. Dieser Konflikt endete mit einem entscheidenden sowjetischen Sieg, der zur bedingungslosen Kapitulation Japans und zum Ende des Zweiten Weltkriegs beitrug.

Die UdSSR litt sehr unter dem Krieg und verlor etwa 27 Millionen Menschen. Etwa 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene starben in nur acht Monaten von 1941-42 an Hunger, Misshandlung oder Hinrichtungen. Während des Krieges galt das Land zusammen mit den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich und China als die vier großen alliierten Mächte und wurde später zu den vier Ordnungsmächten, die die Grundlage für den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bildeten. In der Nachkriegszeit entwickelte sich das Land zu einer Supermacht. Einst von der westlichen Welt diplomatisch nicht anerkannt, unterhielt die UdSSR Ende der 1940er Jahre offizielle Beziehungen zu praktisch allen Ländern. Das Land, das bei der Gründung der Vereinten Nationen 1945 Mitglied war, wurde zu einem der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und hatte damit das Recht, gegen jede Resolution des Sicherheitsrats ein Veto einzulegen.

Kalter Krieg

Karte der größten territorialen Ausdehnung der Sowjetunion und der von ihr politisch, wirtschaftlich und militärisch beherrschten Staaten im Jahr 1960, nach der kubanischen Revolution von 1959, aber vor der offiziellen chinesisch-sowjetischen Spaltung von 1961 (Gesamtfläche: ca. 35.000.000 km2)

In der unmittelbaren Nachkriegszeit baute die Sowjetunion ihre Wirtschaft wieder auf und expandierte, behielt jedoch ihre streng zentralisierte Kontrolle bei. Sie übernahm die effektive Kontrolle über die meisten osteuropäischen Länder (mit Ausnahme Jugoslawiens und später Albaniens) und machte sie zu Satellitenstaaten. Die UdSSR band ihre Satellitenstaaten 1955 in einem Militärbündnis, dem Warschauer Pakt, und von 1949 bis 1991 in einer Wirtschaftsorganisation, dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe oder Comecon, einem Gegenstück zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Die UdSSR konzentrierte sich auf ihren eigenen Wiederaufbau, indem sie die meisten deutschen Industrieanlagen beschlagnahmte und transferierte und von Ostdeutschland, Ungarn, Rumänien und Bulgarien über sowjetisch dominierte gemischte Gesellschaften Kriegsreparationen einforderte. Außerdem führte sie Handelsvereinbarungen ein, die das Land absichtlich begünstigten. Moskau kontrollierte die kommunistischen Parteien, die in den Satellitenstaaten regierten, und diese befolgten die Anweisungen des Kremls. Später unterstützte der RGW die schließlich siegreiche Kommunistische Partei Chinas, und sein Einfluss wuchs auch in anderen Teilen der Welt. Aus Angst vor seinen Ambitionen wurden die Kriegsverbündeten der Sowjetunion, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten, zu seinen Feinden. Im darauf folgenden Kalten Krieg standen sich beide Seiten indirekt in Stellvertreterkriegen gegenüber.

Entstalinisierung und Chruschtschow-Tauwetter (1953-1964)

Der sowjetische Führer Nikita Chruschtschow (links) mit US-Präsident John F. Kennedy in Wien, 3. Juni 1961.

Stalin starb am 5. März 1953. In Ermangelung eines einvernehmlichen Nachfolgers entschieden sich die höchsten Funktionäre der Kommunistischen Partei zunächst dafür, die Sowjetunion gemeinsam durch eine Troika unter der Leitung von Georgi Malenkow zu regieren. Dies war jedoch nicht von Dauer, und Nikita Chruschtschow gewann schließlich Mitte der 1950er Jahre den darauf folgenden Machtkampf. Im Jahr 1956 denunzierte er Josef Stalin und lockerte die Kontrolle über Partei und Gesellschaft. Dies wurde als Entstalinisierung bezeichnet.

Moskau betrachtete Osteuropa als lebenswichtige Pufferzone für die Vorwärtsverteidigung seiner westlichen Grenzen im Falle einer weiteren großen Invasion wie der deutschen von 1941. Aus diesem Grund versuchte die UdSSR, ihre Kontrolle über die Region zu festigen, indem sie die osteuropäischen Länder in Satellitenstaaten umwandelte, die von ihrer Führung abhängig und ihr untertan waren. Infolgedessen wurden sowjetische Streitkräfte 1956 zur Niederschlagung eines antikommunistischen Aufstandes in Ungarn eingesetzt.

In den späten 1950er Jahren führte eine Konfrontation mit China über die sowjetische Annäherung an den Westen und das, was Mao Zedong als Chruschtschows Revisionismus empfand, zur chinesisch-sowjetischen Spaltung. Dies führte zu einem Bruch in der weltweiten marxistisch-leninistischen Bewegung, da sich die Regierungen in Albanien, Kambodscha und Somalia für ein Bündnis mit China entschieden.

In dieser Zeit, Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre, setzte die UdSSR ihre wissenschaftlichen und technologischen Errungenschaften im Wettlauf ins All fort und konkurrierte mit den Vereinigten Staaten: Start des ersten künstlichen Satelliten, Sputnik 1, 1957; eines lebenden Hundes namens Laika, 1957; des ersten Menschen, Juri Gagarin, 1961; der ersten Frau im Weltraum, Walentina Tereschkowa, 1963; Alexej Leonow, dem ersten Menschen, der 1965 im Weltraum spazieren ging; die erste sanfte Landung auf dem Mond mit dem Raumschiff Luna 9, 1966; und die ersten Mondrover, Lunokhod 1 und Lunokhod 2.

Chruschtschow leitete das "Tauwetter" ein, eine komplexe Veränderung des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens im Lande. Dazu gehörten eine gewisse Offenheit und Kontakte mit anderen Nationen sowie eine neue Sozial- und Wirtschaftspolitik mit einer stärkeren Betonung von Gebrauchsgütern, die einen dramatischen Anstieg des Lebensstandards bei gleichzeitig hohem Wirtschaftswachstum ermöglichte. Auch die Zensur wurde gelockert. Chruschtschows Reformen in der Landwirtschaft und der Verwaltung waren jedoch im Allgemeinen unergiebig. 1962 löste er wegen der Stationierung sowjetischer Atomraketen auf Kuba eine Krise mit den Vereinigten Staaten aus. Mit den Vereinigten Staaten wurde eine Vereinbarung getroffen, die Atomraketen sowohl aus Kuba als auch aus der Türkei abzuziehen, womit die Krise beendet wurde. Dieses Ereignis brachte Chruschtschow in große Verlegenheit und führte zu einem Prestigeverlust, so dass er 1964 von der Macht entfernt wurde.

Ära der Stagnation (1964-1985)

Nikolai Podgorny bei seinem Besuch in Tampere, Finnland, am 16. Oktober 1969
Der sowjetische Generalsekretär Leonid Breschnew und US-Präsident Jimmy Carter unterzeichnen am 18. Juni 1979 in Wien den SALT-II-Vertrag zur Rüstungsbegrenzung

Nach dem Sturz Chruschtschows folgte eine weitere Periode kollektiver Führung, bestehend aus Leonid Breschnew als Generalsekretär, Alexej Kossygin als Premierminister und Nikolai Podgorny als Vorsitzender des Präsidiums, die andauerte, bis sich Breschnew Anfang der 1970er Jahre als der führende sowjetische Politiker etablierte.

1968 marschierten die Sowjetunion und ihre Verbündeten vom Warschauer Pakt in die Tschechoslowakei ein, um die Reformen des Prager Frühlings zu stoppen. In der Folge rechtfertigte Breschnew die Invasion und frühere militärische Interventionen sowie potenzielle künftige militärische Interventionen mit der Breschnew-Doktrin, die jede Bedrohung der sozialistischen Herrschaft in einem Warschauer-Pakt-Staat zu einer Bedrohung für alle Warschauer-Pakt-Staaten erklärte und damit eine militärische Intervention rechtfertigte.

Breschnew leitete die Entspannungspolitik mit dem Westen, die zu Verträgen über die Rüstungskontrolle führte (SALT I, SALT II, Vertrag über die Abwehr ballistischer Flugkörper), während er gleichzeitig die militärische Macht der Sowjetunion ausbaute.

Im Oktober 1977 wurde die dritte sowjetische Verfassung einstimmig angenommen. Zum Zeitpunkt von Breschnews Tod im Jahr 1982 herrschte in der sowjetischen Führung eine Abneigung gegen Veränderungen vor. Die lange Zeit der Breschnew-Herrschaft wurde als "Stillstand" bezeichnet, mit einer alternden und verknöcherten politischen Führungsspitze. Diese Zeit ist auch als Ära der Stagnation bekannt, eine Periode negativer wirtschaftlicher, politischer und sozialer Auswirkungen im Land, die während der Herrschaft von Breschnew begann und unter seinen Nachfolgern Juri Andropow und Konstantin Tschernenko fortgesetzt wurde.

Ende 1979 griff das Militär der Sowjetunion in den anhaltenden Bürgerkrieg im benachbarten Afghanistan ein und beendete damit die Entspannungspolitik mit dem Westen.

Perestroika und Glasnost-Reformen (1985-1991)

Michail Gorbatschow im Einzelgespräch mit US-Präsident Ronald Reagan

Zwei Entwicklungen beherrschten das folgende Jahrzehnt: der immer deutlicher werdende Zerfall der wirtschaftlichen und politischen Strukturen der Sowjetunion und die uneinheitlichen Versuche, diesen Prozess durch Reformen umzukehren. Kenneth S. Deffeyes argumentierte in Beyond Oil, dass die Reagan-Administration Saudi-Arabien dazu ermutigte, den Ölpreis so weit zu senken, dass die Sowjetunion mit dem Verkauf ihres Öls keinen Gewinn mehr erzielen konnte, was zur Erschöpfung der Hartwährungsreserven des Landes führte.

Das Paneuropäische Picknick fand im August 1989 an der ungarisch-österreichischen Grenze statt.

Die beiden nächsten Nachfolger Breschnews, Übergangsfiguren, die tief in seiner Tradition verwurzelt waren, hielten sich nicht lange. Juri Andropow war 68 Jahre alt und Konstantin Tschernenko 72, als sie die Macht übernahmen; beide starben in weniger als zwei Jahren. Um einen dritten kurzlebigen Führer zu vermeiden, wandten sich die Sowjets 1985 an die nächste Generation und wählten Michail Gorbatschow. Er nahm bedeutende Veränderungen in der Wirtschaft und der Parteiführung vor, die als Perestroika bezeichnet wurden. Seine Politik der Glasnost ermöglichte der Öffentlichkeit den Zugang zu Informationen, nachdem die Regierung jahrzehntelang eine strenge Zensur ausgeübt hatte. Gorbatschow setzte sich auch für die Beendigung des Kalten Krieges ein. Im Jahr 1988 gab die UdSSR ihren Krieg in Afghanistan auf und begann mit dem Abzug ihrer Streitkräfte. Im folgenden Jahr weigerte sich Gorbatschow, sich in die inneren Angelegenheiten der sowjetischen Satellitenstaaten einzumischen, was den Weg für die Revolutionen von 1989 ebnete. Vor allem der Stillstand der Sowjetunion beim Paneuropäischen Picknick im August 1989 setzte dann eine friedliche Kettenreaktion in Gang, an deren Ende der Ostblock zusammenbrach. Mit dem Fall der Berliner Mauer und der angestrebten Vereinigung von Ost- und Westdeutschland fiel der Eiserne Vorhang zwischen dem Westen und den sowjetisch kontrollierten Gebieten.

Gleichzeitig begannen die Sowjetrepubliken mit rechtlichen Schritten, um möglicherweise die Souveränität über ihre Gebiete zu erklären, wobei sie sich auf die in Artikel 72 der Verfassung der UdSSR verankerte Freiheit zur Sezession beriefen. Am 7. April 1990 wurde ein Gesetz verabschiedet, das es einer Republik erlaubte, sich abzuspalten, wenn sich mehr als zwei Drittel ihrer Einwohner in einem Referendum dafür aussprachen. In vielen Ländern fanden 1990 die ersten freien Wahlen zur nationalen Legislative in der Sowjetära statt. Viele dieser Parlamente erließen daraufhin Gesetze, die den Unionsgesetzen widersprachen, was als "Krieg der Gesetze" bekannt wurde. 1989 berief die Russische SFSR einen neu gewählten Kongress der Volksdeputierten ein. Boris Jelzin wurde zu seinem Vorsitzenden gewählt. Am 12. Juni 1990 erklärte der Kongress die Souveränität Russlands über sein Territorium und verabschiedete Gesetze, mit denen einige der sowjetischen Gesetze ersetzt werden sollten. Nach einem erdrutschartigen Sieg von Sąjūdis in Litauen erklärte dieses Land am 11. März 1990 seine Unabhängigkeit für wiederhergestellt.

T-80-Panzer auf dem Roten Platz während des Augustputsches

Am 17. März 1991 wurde in neun Republiken ein Referendum über den Erhalt der UdSSR abgehalten (die übrigen hatten die Abstimmung boykottiert), wobei die Mehrheit der Bevölkerung in diesen Republiken für den Erhalt der Union stimmte. Das Referendum gab Gorbatschow einen kleinen Auftrieb. Im Sommer 1991 einigten sich acht Republiken auf den neuen Unionsvertrag, der das Land in eine viel lockerere Union verwandelt hätte. Die Unterzeichnung des Vertrages wurde jedoch durch den Augustputsch unterbrochen - ein versuchter Staatsstreich von Hardlinern in der Regierung und dem KGB, die Gorbatschows Reformen rückgängig machen und die Kontrolle der Zentralregierung über die Republiken wiederherstellen wollten. Nach dem Scheitern des Staatsstreichs wurde Jelzin wegen seines entschlossenen Handelns als Held gefeiert, während Gorbatschows Macht faktisch beendet war. Das Machtgleichgewicht kippte deutlich zugunsten der Republiken. Im August 1991 erklärten Lettland und Estland unverzüglich die Wiederherstellung ihrer vollen Unabhängigkeit (nach dem Beispiel Litauens von 1990). Gorbatschow trat Ende August von seinem Amt als Generalsekretär zurück, und bald darauf wurden die Aktivitäten der Partei auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, was das Ende ihrer Herrschaft bedeutete. Im Herbst konnte Gorbatschow die Geschehnisse außerhalb Moskaus nicht mehr beeinflussen, und selbst dort wurde er von Jelzin, der im Juli 1991 zum Präsidenten Russlands gewählt worden war, herausgefordert.

Auflösung und Nachwehen

Veränderungen der nationalen Grenzen nach dem Ende des Kalten Krieges
Binnenvertriebene Aserbaidschaner aus Berg-Karabach, 1993
Länderembleme der Sowjetrepubliken vor und nach der Auflösung der Sowjetunion (beachten Sie, dass die Transkaukasische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (fünfte in der zweiten Reihe) als politische Einheit nicht mehr existiert und das Emblem inoffiziell ist)

Die übrigen 12 Republiken setzten die Diskussion über neue, zunehmend lockerere Modelle der Union fort. Bis Dezember hatten jedoch alle außer Russland und Kasachstan formell ihre Unabhängigkeit erklärt. In dieser Zeit übernahm Jelzin die Reste der sowjetischen Regierung, einschließlich des Moskauer Kremls. Der endgültige Schlag erfolgte am 1. Dezember, als die Ukraine, die zweitstärkste Republik, mit überwältigender Mehrheit für die Unabhängigkeit stimmte. Die Abspaltung der Ukraine beendete jede realistische Chance, das Land auch nur in begrenztem Umfang zusammenzuhalten.

Am 8. Dezember 1991 unterzeichneten die Präsidenten Russlands, der Ukraine und Weißrusslands (ehemals Weißrussland) das Belawescha-Abkommen, in dem die Sowjetunion für aufgelöst erklärt und an ihrer Stelle die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) gegründet wurde. Obwohl Zweifel an der Berechtigung der Vereinbarungen bestanden, unterzeichneten die Vertreter aller Sowjetrepubliken außer Georgien am 21. Dezember 1991 das Protokoll von Alma-Ata, das die Vereinbarungen bestätigte. Am 25. Dezember 1991 trat Gorbatschow als Präsident der UdSSR zurück und erklärte das Amt für beendet. Er übertrug die Befugnisse, die dem Präsidenten übertragen worden waren, auf Jelzin. In dieser Nacht wurde die sowjetische Flagge zum letzten Mal eingeholt, und an ihrer Stelle wurde die russische Trikolore gehisst.

Am folgenden Tag wählte der Oberste Sowjet, das höchste Regierungsgremium, sich selbst und das Land ab. Dies wird allgemein als die offizielle, endgültige Auflösung der Sowjetunion als funktionierender Staat und als Ende des Kalten Krieges angesehen. Die Sowjetarmee blieb zunächst unter dem Gesamtkommando der GUS, wurde aber bald in den verschiedenen Streitkräften der neuen unabhängigen Staaten aufgehen. Die wenigen verbliebenen sowjetischen Institutionen, die nicht von Russland übernommen worden waren, stellten Ende 1991 ihre Tätigkeit ein.

Nach der Auflösung der Sowjetunion wurde Russland als ihr Rechtsnachfolger auf der internationalen Bühne anerkannt. Zu diesem Zweck akzeptierte Russland freiwillig alle sowjetischen Auslandsschulden und beanspruchte sowjetisches Eigentum in Übersee als sein Eigentum. Im Rahmen des Lissabonner Protokolls von 1992 erklärte sich Russland außerdem bereit, alle auf dem Gebiet anderer ehemaliger Sowjetrepubliken verbliebenen Kernwaffen zu übernehmen. Seitdem hat die Russische Föderation die Rechte und Pflichten der Sowjetunion übernommen. Die Ukraine hat sich geweigert, die exklusiven russischen Ansprüche auf die Nachfolge der UdSSR anzuerkennen, und beansprucht diesen Status auch für die Ukraine, was in den Artikeln 7 und 8 des Gesetzes über die Rechtsnachfolge der Ukraine von 1991 kodifiziert wurde. Seit ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1991 hat die Ukraine vor ausländischen Gerichten weiterhin Ansprüche gegen Russland geltend gemacht und versucht, ihren Anteil am ausländischen Eigentum, das der UdSSR gehörte, zurückzuerhalten.

Nach der Auflösung der Sowjetunion verschlechterten sich die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in den postsowjetischen Staaten drastisch: Armut, Kriminalität, Korruption, Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Krankheitsraten, Kindersterblichkeit und häusliche Gewalt nahmen rapide zu, und es kam zu demografischen Verlusten, Einkommensungleichheit und dem Aufstieg einer oligarchischen Klasse, während gleichzeitig die Kalorienzufuhr, die Lebenserwartung, die Alphabetisierung von Erwachsenen und das Einkommen sanken. Zwischen 1988 und 1989 und 1993-1995 stieg die Gini-Ratio in allen ehemals sozialistischen Ländern um durchschnittlich 9 Punkte. Die wirtschaftlichen Schocks, die mit der umfassenden Privatisierung einhergingen, waren mit einem starken Anstieg der Sterblichkeit verbunden. Die Daten zeigen, dass sich in Russland, Kasachstan, Lettland, Litauen und Estland die Arbeitslosigkeit verdreifacht hat und die Sterblichkeitsrate bei Männern zwischen 1991 und 1994 um 42 % gestiegen ist. In den folgenden Jahrzehnten sind nur fünf oder sechs der postkommunistischen Staaten auf dem Weg, sich dem wohlhabenden kapitalistischen Westen anzuschließen, während die meisten zurückfallen, einige in einem solchen Ausmaß, dass es über fünfzig Jahre dauern wird, bis sie den Stand vor dem Zusammenbruch des Sowjetblocks erreicht haben.

Vladislav Zubok fasste die internationalen Auswirkungen dieser Ereignisse wie folgt zusammen: "Der Zusammenbruch des Sowjetimperiums war ein Ereignis von epochaler geopolitischer, militärischer, ideologischer und wirtschaftlicher Bedeutung." Vor der Auflösung hatte das Land seinen Status als eine der beiden Supermächte der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg vier Jahrzehnte lang durch seine Hegemonie in Osteuropa, seine militärische Stärke, seine Wirtschaftskraft, seine Hilfe für Entwicklungsländer und seine wissenschaftliche Forschung, insbesondere im Bereich der Weltraumtechnologie und der Waffentechnik, aufrechterhalten.

Post-sowjetische Staaten

Die Analyse der Staatennachfolge für die 15 postsowjetischen Staaten ist komplex. Die Russische Föderation wird als rechtlicher Fortsetzungsstaat betrachtet und ist in den meisten Fällen der Erbe der Sowjetunion. Sie behielt das Eigentum an allen ehemaligen sowjetischen Botschaften und erbte auch die UN-Mitgliedschaft der Sowjetunion mit ihrem ständigen Sitz im Sicherheitsrat.

Von den beiden anderen Gründungsstaaten der UdSSR zum Zeitpunkt der Auflösung war die Ukraine der einzige, der ähnlich wie Russland Gesetze erlassen hatte, die ihn als Nachfolgestaat sowohl der Ukrainischen SSR als auch der UdSSR auswiesen. Die sowjetischen Verträge legten den Grundstein für künftige außenpolitische Abkommen der Ukraine und führten dazu, dass die Ukraine sich bereit erklärte, 16,37 % der Schulden der Sowjetunion zu übernehmen, wofür sie ihren Anteil am Auslandsvermögen der UdSSR erhalten sollte. Obwohl die Ukraine damals eine schwierige Position hatte, erlaubte die im Westen weithin akzeptierte Position Russlands als "einzige Fortführung der UdSSR" sowie der ständige Druck der westlichen Länder Russland, Staatseigentum der UdSSR im Ausland zu veräußern und Informationen darüber zu verbergen. Aus diesem Grund hat die Ukraine das Abkommen über die "Null-Option", das die Russische Föderation mit anderen ehemaligen Sowjetrepubliken unterzeichnet hatte, nie ratifiziert, da sie die Weitergabe von Informationen über die sowjetischen Goldreserven und den Diamantenfonds verweigerte. Der Streit zwischen den beiden ehemaligen Sowjetrepubliken über ehemaliges sowjetisches Eigentum und Vermögen ist noch nicht beigelegt:

Der Konflikt ist unlösbar. Wir können Kiew weiterhin Handreichungen in die Hand drücken, um "das Problem zu lösen", aber es wird nicht gelöst werden. Es ist auch sinnlos, vor Gericht zu gehen: Für eine Reihe von europäischen Ländern ist dies eine politische Frage, und sie werden eine Entscheidung treffen, die eindeutig zu ihren Gunsten ausfällt. Was in dieser Situation zu tun ist, ist eine offene Frage. Wir müssen nach nicht-trivialen Lösungen suchen. Aber wir müssen uns daran erinnern, dass 2014 mit der Einreichung des damaligen ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk der Rechtsstreit mit Russland in 32 Ländern wieder aufgenommen wurde.

- Sergej Markow

Eine ähnliche Situation ergab sich bei der Rückgabe von Kulturgütern. Obwohl Russland und andere ehemalige Sowjetrepubliken am 14. Februar 1992 in Minsk das Abkommen "Über die Rückgabe von kulturellem und historischem Eigentum an die Herkunftsstaaten" unterzeichneten, wurde es von der russischen Staatsduma gestoppt, die schließlich das "Föderale Gesetz über Kulturgüter, die infolge des Zweiten Weltkriegs in die UdSSR verbracht wurden und sich auf dem Territorium der Russischen Föderation befinden" verabschiedete, das die Rückgabe derzeit unmöglich macht.

Estland, Lettland und Litauen betrachten sich selbst als Wiedergeburt der drei unabhängigen Länder, die vor ihrer Besetzung und Annexion durch die Sowjetunion im Jahr 1940 bestanden. Sie behaupten, dass der Prozess, durch den sie in die Sowjetunion eingegliedert wurden, sowohl gegen das Völkerrecht als auch gegen ihr eigenes Recht verstieß, und dass sie 1990-1991 eine Unabhängigkeit wiederherstellten, die rechtlich immer noch bestand.

Darüber hinaus gibt es sechs Staaten, die ihre Unabhängigkeit von den anderen international anerkannten postsowjetischen Staaten beanspruchen, aber nur eine begrenzte internationale Anerkennung besitzen: Abchasien, Artsakh, Donezk, Luhansk, Südossetien und Transnistrien. Die tschetschenische Separatistenbewegung der Tschetschenischen Republik Itschkeria, die gagausische Separatistenbewegung der Gagausischen Republik und die talyschische Separatistenbewegung der Talysh-Mughan Republik sind international nicht anerkannt.

1917 bis 1922: Oktoberrevolution und Bürgerkrieg

Wladimir Iljitsch Lenin

Die Führung des zaristischen Russlands wurde mit der Februarrevolution 1917 entmachtet. Die wenige Monate später von den Bolschewiki unter der Führung von Lenin initiierte Oktoberrevolution führte zur Ausrufung der „Russischen Sowjetrepublik“. Nach dem Sieg der Bolschewiki im Russischen Bürgerkrieg wurde im Dezember 1922 die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (kurz Sowjetunion) gegründet, die einen Großteil der Territorien des zerfallenen Russischen Reiches wieder zu einem Staat vereinte. In der Sowjetunion wurde eine zentralwirtschaftliche nachholende Industrialisierung durchgeführt. Ein vorher in vielen Bereichen rückständiges Bauernland, in dem zum Teil mittelalterliche, feudale Produktionsverhältnisse herrschten, sollte innerhalb von 20 Jahren zu einer Industriemacht und zum militärischen Ausgangspunkt der Weltrevolution umgestaltet werden. Dies geschah durch den forcierten, in seiner Ausführung rücksichtslosen Aufbau der Schwerindustrie von 1928 an. Als Grundlage für die Industrialisierungspolitik wurden umfassende Alphabetisierungskampagnen durchgeführt, die auch die Bindung der Bevölkerung an Staat und Partei festigen sollte.

In den frühen Jahren der bolschewistischen Regierung wurde das vormalige Zarenreich von zahlreichen Konflikten auch wirtschaftlich schwer erschüttert. Neben den Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs belastete vor allem der langanhaltende Bürgerkrieg die Bevölkerung stark. Während die Bolschewisten nach und nach militärisch die Oberhand gewannen, musste Lenin als Reaktion auf die schwere Krise ab 1921, u. a. die Hungersnot in Sowjetrussland 1921–1922, eine Neue Ökonomische Politik (NEP) einführen, die von der vorherigen ideologischen Linie abwich und größere marktwirtschaftliche Freiheiten für die Bevölkerung bedeutete.

1985 bis 1991: Reformen und Auflösung der Sowjetunion

Michail Gorbatschow (1986)

Die wirtschaftliche Entwicklung der Sowjetunion zeigte seit Anfang der 1980er Jahre einschneidende Wachstumsrückgänge. Ab 1985 wurden vom neu gewählten Generalsekretär Michail Gorbatschow erste Reformen eingeleitet. Durch Perestrojka (Umbau) und Glasnost (Offenheit) sollte der Realsozialismus reformiert werden und zu neuem, kritischem Denken führen. Dadurch traten die Probleme des Systems offen zutage, deren öffentliche Diskussion die Position der Zentralregierung schwächte. Die Entwicklung verselbständigte sich und entglitt zunehmend der Kontrolle der Partei, die nicht reagieren konnte, da dem damit einsetzenden Demokratisierungsprozess der institutionelle Rahmen fehlte. Außenpolitisch wurde eine umfassende Politik der Entspannung und Abrüstung eingeleitet. Die von Gorbatschow initiierten Reformen brachten keine Wachstumssteigerung. Weder konnte die Weiterentwicklung der Industrie in großen Kombinaten gefördert werden, noch zogen die wachsenden Investitionsanteile des Agrarsektors eine bessere Lebensmittelversorgung der Bevölkerung nach sich. Die zunehmende Wirtschaftskorruption entzog der Staatswirtschaft wichtige Ressourcen.

Reaktor in Tschernobyl

Die durch die politischen und wirtschaftlichen Umbrüche entstandene Unsicherheit wurde durch natürliche und technogene Katastrophen verstärkt. 1986 kam es in der Ukraine mit der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl zu einer schweren nuklearen Havarie. Am 7. Dezember 1988 ereignete sich das verheerende Erdbeben von Spitak. Dazu kamen schleichende Umweltbelastungen wie die Austrocknung des Aralsees, die flächenhafte Boden- und Vegetationskontamination durch auslaufendes Erdöl in Westsibirien und die Luftverschmutzung über allen großen Industriestädten.

Langsame Zerfallsprozesse

Im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion entstanden ebenso Destabilisierungen im Nationalitätengefüge. Im Dezember 1986 kam es erstmals nach der Ära Breschnew zu schweren ethnischen Konflikten (Scheltoksan-Unruhen), als der kasachische Parteichef Dinmuchamed Kunajew infolge eines gravierenden Korruptionsverdachts durch den von Moskau an die Spitze Kasachstans gesetzten Russen Gennadi Wassiljewitsch Kolbin ersetzt wurde. Anfang 1988 begann der armenisch-aserbaidschanische Bergkarabachkonflikt, aus der sich der erste Krieg zwischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion entwickelte. Es folgte innerhalb kurzer Zeit die Entstehung einer Vielzahl von neuen Nationalitätenkonflikten innerhalb der Sowjetunion.

In Folge der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 1. Juli 1990 wurde die D-Mark in der DDR eingeführt. Die DDR-Regierung beschloss bereits am 30. Mai 1990, dass mit Einführung der D-Mark in der DDR die Preise frei kalkuliert und Subventionen weitestgehend abgeschafft werden. Das führte wegen der veränderten Preisgestaltung bei den Unternehmen der DDR dazu, dass die Zulieferungen der Unternehmen der DDR in die planwirtschaftlich festgeschriebenen, zur gegenseitigen Bindung geschaffenen Wertschöpfungsketten des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe RGW, die vor allem der Machtsicherung der Moskauer Zentrale dienten, nicht mehr verwirklicht werden konnten. Das Ausscheiden der DDR aus der Wertschöpfungskette führte zur Schwächung und schon bald zum Verfall des RGW und der Macht der Zentrale in Moskau und damit letztlich zum Niedergang der UdSSR.

Der Bruch der Randstaaten der Sowjetunion mit dem Moskauer Zentrum ging weniger vom Volk der in Vielzahl entstandenen kleinräumigen Krisenzentren aus, sondern von den politischen Führungen der Unionsrepubliken. Es waren die sich auf ihre nationale Identität berufenden baltischen Republiken, die den Anfang machten. 1990 und 1991 erklärten Litauen, Lettland und Estland ihre Unabhängigkeit.

Ausländische Beziehungen

Sukarno und Woroschilow bei einem Staatstreffen im Jahr 1958.
Datei:Cuba-Russia friendship poster.jpg
1960er Jahre: kubanisch-sowjetisches Freundschaftsplakat mit Fidel Castro und Nikita Chruschtschow
Sowjetische Briefmarke 1974 für die Freundschaft zwischen der UdSSR und Indien
Gerald Ford, Andrej Gromyko, Leonid Breschnew und Henry Kissinger bei einem informellen Gespräch auf dem Gipfeltreffen in Wladiwostok 1974
Michail Gorbatschow und George H. W. Bush bei der Unterzeichnung bilateraler Dokumente während des offiziellen Besuchs von Gorbatschow in den Vereinigten Staaten im Jahr 1990

Während seiner Herrschaft traf Stalin stets die letzten politischen Entscheidungen. Ansonsten wurde die sowjetische Außenpolitik von der Kommission für Außenpolitik des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion oder vom Politbüro, dem höchsten Gremium der Partei, festgelegt. Die Geschäfte wurden von einem separaten Außenministerium geführt. Bis 1946 war es als Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten (oder Narkomindel) bekannt. Die einflussreichsten Sprecher waren Georgy Chicherin (1872-1936), Maxim Litvinov (1876-1951), Vyacheslav Molotov (1890-1986), Andrey Vyshinsky (1883-1954) und Andrei Gromyko (1909-1989). Die Intellektuellen waren im Moskauer Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen angesiedelt.

  • Die Komintern (1919-1943), auch Kommunistische Internationale genannt, war eine internationale kommunistische Organisation mit Sitz im Kreml, die den Weltkommunismus befürwortete. Die Komintern beabsichtigte, "mit allen verfügbaren Mitteln, einschließlich Waffengewalt, für den Sturz der internationalen Bourgeoisie und die Schaffung einer internationalen Sowjetrepublik als Übergangsstadium zur vollständigen Abschaffung des Staates zu kämpfen". Er wurde als versöhnliche Maßnahme gegenüber Großbritannien und den Vereinigten Staaten abgeschafft.
  • Comecon, der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (russ: Совет Экономической Взаимопомощи, Sovet Ekonomicheskoy Vzaimopomoshchi, СЭВ, SEV) war von 1949 bis 1991 eine Wirtschaftsorganisation unter sowjetischer Kontrolle, der neben den Ländern des Ostblocks auch einige kommunistische Staaten in anderen Teilen der Welt angehörten. Moskau war besorgt über den Marshallplan, und der RGW sollte verhindern, dass sich die Länder im Einflussbereich der Sowjetunion dem amerikanischen und südostasiatischen Einflussbereich annäherten. Der Comecon war die Antwort des Ostblocks auf die Gründung der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) in Westeuropa,
  • Der Warschauer Pakt war ein kollektives Verteidigungsbündnis, das 1955 zwischen der UdSSR und ihren Satellitenstaaten in Osteuropa während des Kalten Krieges gegründet wurde. Der Warschauer Pakt war die militärische Ergänzung zum Comecon, der regionalen Wirtschaftsorganisation für die sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas. Der Warschauer Pakt wurde als Reaktion auf die Integration Westdeutschlands in die NATO gegründet.
  • Das Kominform (1947-1956), informell das Kommunistische Informationsbüro und offiziell das Informationsbüro der Kommunistischen Partei und der Arbeiterpartei, war das erste offizielle Organ der internationalen marxistisch-leninistischen Bewegung seit der Auflösung der Komintern im Jahr 1943. Seine Aufgabe bestand darin, die Aktionen der marxistisch-leninistischen Parteien unter sowjetischer Leitung zu koordinieren. Stalin benutzte sie, um den westeuropäischen kommunistischen Parteien zu befehlen, ihre ausschließlich parlamentarische Linie aufzugeben und sich stattdessen darauf zu konzentrieren, die Durchführung des Marshall-Plans politisch zu behindern. Sie koordinierte auch die internationale Hilfe für marxistisch-leninistische Aufständische während des griechischen Bürgerkriegs 1947-1949. Sie vertrieb 1948 Jugoslawien, nachdem Josip Broz Tito auf einem unabhängigen Programm bestanden hatte. Ihre Zeitung Für einen dauerhaften Frieden, für eine Volksdemokratie! vertrat die Positionen Stalins. Die Konzentration des Kominforms auf Europa bedeutete eine Vernachlässigung der Weltrevolution in der sowjetischen Außenpolitik. Indem es eine einheitliche Ideologie verkündete, ermöglichte es den konstituierenden Parteien, sich eher auf Persönlichkeiten als auf Themen zu konzentrieren.
  • Vereinte Nationen: Die Sowjetunion war seit 1945 Gründungsmitglied der UNO. Sie hatte ein besonderes Vetorecht im Sicherheitsrat der UNO.
  • Nebenorganisationen der UNO (Internationale Atomenergieorganisation, Internationale Zivilluftfahrt-Organisation, Internationale Arbeitsorganisation, Internationale Seeschifffahrts-Organisation, Internationale Fernmeldeunion, UNESCO, Weltpostverein, Welthandels- und Entwicklungskonferenz, Ausbildungs- und Forschungsinstitut der Vereinten Nationen, Weltgesundheitsorganisation, Weltorganisation für geistiges Eigentum, Weltorganisation für Meteorologie)
  • Die Belarussische SSR und die Ukrainische SSR waren seit 1945 separate Mitglieder der UNO und der meisten Nebenorganisationen der UNO.
  • Warschauer Vertragsorganisation – WVO: Verteidigungsbündnis der Ostblockstaaten seit 1955
  • Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (seit 1949)
  • Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (seit 1975) sowie KVAE
  • Weitere Mitgliedschaften: Wirtschaftskommission für Europa, Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifik, ICCO, Interparlamentarische Union, Interpol, Internationales Olympisches Komitee

Frühe Politik (1919-1939)

1987 Sowjetische Briefmarke

Die marxistisch-leninistische Führung der Sowjetunion debattierte intensiv über außenpolitische Fragen und wechselte mehrmals die Richtung. Selbst nachdem Stalin in den späten 1920er Jahren die diktatorische Kontrolle übernommen hatte, gab es Debatten, und er änderte häufig seine Positionen.

In der Anfangszeit der Sowjetunion ging man davon aus, dass in jedem größeren Industrieland bald kommunistische Revolutionen ausbrechen würden, und dass es die Aufgabe der Sowjetunion sei, diese zu unterstützen. Die Komintern war die Waffe der Wahl. Einige wenige Revolutionen brachen tatsächlich aus, wurden aber schnell niedergeschlagen (die am längsten andauernde war in Ungarn - die Ungarische Sowjetrepublik - bestand nur vom 21. März 1919 bis zum 1. August 1919). Die russischen Bolschewiki waren nicht in der Lage, irgendeine Hilfe zu leisten.

1921 erkannten Lenin, Trotzki und Stalin, dass sich der Kapitalismus in Europa stabilisiert hatte und es in absehbarer Zeit keine umfassenden Revolutionen geben würde. Es wurde zur Pflicht der russischen Bolschewiki, das zu schützen, was sie in Russland hatten, und militärische Konfrontationen zu vermeiden, die ihren Brückenkopf zerstören könnten. Russland war nun ein Pariastaat, zusammen mit Deutschland. Die beiden Länder einigten sich 1922 mit dem Vertrag von Rapallo, der die seit langem bestehenden Missstände beseitigte. Gleichzeitig richteten die beiden Länder in versteckten Lagern in der UdSSR heimlich Ausbildungsprogramme für die illegalen deutschen Heeres- und Luftwaffeneinsätze ein.

Moskau hörte schließlich auf, andere Staaten zu bedrohen, und bemühte sich stattdessen um friedliche Beziehungen im Bereich des Handels und der diplomatischen Anerkennung. Das Vereinigte Königreich wies die Warnungen Winston Churchills und einiger anderer vor einer anhaltenden marxistisch-leninistischen Bedrohung zurück und eröffnete 1922 Handelsbeziehungen und eine faktische diplomatische Anerkennung. Es bestand die Hoffnung auf eine Begleichung der zaristischen Vorkriegsschulden, die jedoch immer wieder verschoben wurde. Die formelle Anerkennung erfolgte, als die neue Arbeiterpartei 1924 an die Macht kam. Alle anderen Länder folgten dem Beispiel der Öffnung der Handelsbeziehungen. Henry Ford nahm Ende der 1920er Jahre umfangreiche Geschäftsbeziehungen mit den Sowjets auf, in der Hoffnung, dass dies zu einem langfristigen Frieden führen würde. Schließlich erkannten die Vereinigten Staaten 1933 die UdSSR offiziell an, eine Entscheidung, die von der öffentlichen Meinung und vor allem von den amerikanischen Geschäftsinteressen unterstützt wurde, die sich davon die Öffnung eines neuen profitablen Marktes versprachen.

Ende der 1920er und Anfang der 1930er Jahre wies Stalin marxistisch-leninistische Parteien in aller Welt an, nicht-marxistische politische Parteien, Gewerkschaften oder andere linke Organisationen entschieden zu bekämpfen. Mit dem Programm der Volksfront, das alle marxistischen Parteien aufforderte, sich mit allen antifaschistischen politischen, gewerkschaftlichen und organisatorischen Kräften zusammenzuschließen, die sich gegen den Faschismus, insbesondere gegen die Nazis, wandten, vollzog Stalin 1934 eine Kehrtwende.

1939, ein halbes Jahr nach dem Münchner Abkommen, versuchte die UdSSR, ein Anti-Nazi-Bündnis mit Frankreich und Großbritannien zu schließen. Adolf Hitler schlug ein besseres Abkommen vor, das der UdSSR durch den Molotow-Ribbentrop-Pakt die Kontrolle über einen Großteil Osteuropas geben sollte. Im September marschierte Deutschland in Polen ein, und später im selben Monat marschierte auch die UdSSR ein, was zur Teilung Polens führte. Daraufhin erklärten Großbritannien und Frankreich Deutschland den Krieg, was den Beginn des Zweiten Weltkriegs markierte.

Zweiter Weltkrieg (1939-1945)

Bis zu seinem Tod im Jahr 1953 kontrollierte Josef Stalin alle Außenbeziehungen der Sowjetunion in der Zwischenkriegszeit. Trotz der zunehmenden Aufrüstung der deutschen Kriegsmaschinerie und des Ausbruchs des Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges kooperierte die Sowjetunion mit keiner anderen Nation, sondern ging ihren eigenen Weg. Nach der Operation Barbarossa änderten sich jedoch die Prioritäten der Sowjetunion. Trotz des vorangegangenen Konflikts mit dem Vereinigten Königreich ließ Wjatscheslaw Molotow seine Grenzforderungen für die Nachkriegszeit fallen.

Kalter Krieg (1945-1991)

Der Kalte Krieg war eine Periode geopolitischer Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion und ihren jeweiligen Verbündeten, dem Westblock und dem Ostblock, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1945 begann. Der Begriff "Kalter Krieg" wird verwendet, weil es keine direkten Kämpfe zwischen den beiden Supermächten gab, sondern sie jeweils größere regionale Konflikte, so genannte Stellvertreterkriege, unterstützten. Im Mittelpunkt des Konflikts stand der ideologische und geopolitische Kampf der beiden Supermächte um globalen Einfluss nach ihrem vorübergehenden Bündnis und dem Sieg über Nazideutschland im Jahr 1945. Neben der Entwicklung des Atomwaffenarsenals und dem Einsatz konventioneller Streitkräfte drückte sich der Kampf um die Vorherrschaft auch durch indirekte Mittel wie psychologische Kriegsführung, Propagandakampagnen, Spionage, weitreichende Embargos, Rivalität bei Sportveranstaltungen und technologische Wettbewerbe wie das Weltraumrennen aus.

Politik

In der Sowjetunion gab es drei Machthierarchien: die Legislative, vertreten durch den Obersten Sowjet der Sowjetunion, die Regierung, vertreten durch den Ministerrat, und die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU), die einzige legale Partei und der letzte politische Entscheidungsträger im Land.

Kommunistische Partei

Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau, 7. November 1964

An der Spitze der Kommunistischen Partei stand das Zentralkomitee, das auf Parteitagen und Konferenzen gewählt wurde. Das Zentralkomitee wählte seinerseits ein Politbüro (zwischen 1952 und 1966 Präsidium genannt), ein Sekretariat und den Generalsekretär (von 1953 bis 1966 Erster Sekretär), das de facto höchste Amt in der Sowjetunion. Je nach dem Grad der Machtkonsolidierung führte entweder das Politbüro als kollektives Gremium oder der Generalsekretär, der immer eines der Politbüromitglieder war, die Partei und das Land effektiv an (mit Ausnahme der Zeit der stark personalisierten Autorität Stalins, die nach 1941 direkt durch seine Position im Ministerrat und nicht durch das Politbüro ausgeübt wurde). Sie wurden nicht von der allgemeinen Parteimitgliedschaft kontrolliert, da das Hauptprinzip der Parteiorganisation der demokratische Zentralismus war, der eine strikte Unterordnung unter die übergeordneten Gremien verlangte, und die Wahlen erfolgten ohne Gegenkandidaten, die die von oben vorgeschlagenen Kandidaten bestätigten.

Die Kommunistische Partei behielt ihre Dominanz über den Staat vor allem durch ihre Kontrolle über das Ernennungssystem bei. Alle hohen Regierungsbeamten und die meisten Abgeordneten des Obersten Sowjets waren Mitglieder der KPdSU. Von den Parteichefs selbst waren Stalin (1941-1953) und Chruschtschow (1958-1964) Ministerpräsidenten. Nach dem erzwungenen Rücktritt Chruschtschows wurde dem Parteichef diese Art der Doppelmitgliedschaft untersagt, aber die späteren Generalsekretäre hatten zumindest für einen Teil ihrer Amtszeit die meist zeremonielle Position des Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets, des nominellen Staatsoberhaupts, inne. Die Institutionen auf den unteren Ebenen wurden von den primären Parteiorganisationen beaufsichtigt und manchmal auch verdrängt.

In der Praxis war der Grad der Kontrolle, den die Partei über die staatliche Bürokratie ausüben konnte, insbesondere nach dem Tod Stalins, jedoch bei weitem nicht vollständig, da die Bürokratie unterschiedliche Interessen verfolgte, die zuweilen in Konflikt mit der Partei standen. Auch die Partei selbst war von oben bis unten nicht monolithisch, obwohl Fraktionen offiziell verboten waren.

Die Parteiführer der Bolschewiki der SDAPR bis 1918, dann der Kommunistischen Partei Russlands (B) (1918–1925), dann der KPdSU bis 1991, waren nach dem Verständnis der Partei und des Staates die eigentlichen Machthaber der Sowjetunion:

Foto Name Amtszeit
Vladimir Lenin.jpg Wladimir Iljitsch Lenin * 17. November 1903 bis 21. Januar 1924
Datei:Joseph Stalin at the Tehran conference on 1943.jpg Josef Wissarionowitsch Stalin 3. April 1922 bis 5. März 1953
Nikita Khruchchev Colour.jpg Nikita Sergejewitsch Chruschtschow 7. September 1953 bis 14. Oktober 1964
Brezhnev 1973.jpg Leonid Iljitsch Breschnew 14. Oktober 1964 bis 10. November 1982
Yuri Andropov - Soviet Life, August 1983.jpg Juri Wladimirowitsch Andropow 12. November 1982 bis 9. Februar 1984
Konstantin Ustinowitsch Tschernenko 13. Februar 1984 bis 10. März 1985
Mikhail Gorbachev 1987 b.jpg Michail Sergejewitsch Gorbatschow 11. März 1985 bis 24. August 1991

Regierung

Der Große Kremlpalast, der Sitz des Obersten Sowjets der Sowjetunion, 1982

Der Oberste Sowjet (Nachfolger des Sowjetkongresses) war während des größten Teils der sowjetischen Geschichte nominell das höchste Staatsorgan und fungierte zunächst als eine Art "Stempel", der alle von der Partei gefassten Beschlüsse genehmigte und umsetzte. In den späten 1950er, 1960er und 1970er Jahren wurden seine Befugnisse und Funktionen jedoch erweitert, unter anderem durch die Einrichtung neuer staatlicher Kommissionen und Ausschüsse. Er erhielt zusätzliche Befugnisse in Bezug auf die Genehmigung der Fünfjahrespläne und des Staatshaushalts. Der Oberste Sowjet wählte ein Präsidium (Nachfolger des Zentralen Exekutivkomitees), das seine Macht zwischen den normalerweise zweimal jährlich stattfindenden Plenartagungen ausübte, und ernannte den Obersten Gerichtshof, den Generalstaatsanwalt und den Ministerrat (vor 1946 als Rat der Volkskommissare bekannt), an dessen Spitze der Vorsitzende (Premierminister) stand und der eine enorme Bürokratie leitete, die für die Verwaltung von Wirtschaft und Gesellschaft zuständig war. Die Staats- und Parteistrukturen der Teilrepubliken folgten weitgehend der Struktur der zentralen Institutionen, obwohl die Russische SFSR im Gegensatz zu den anderen Teilrepubliken während des größten Teils ihrer Geschichte keinen republikanischen Zweig der KPdSU hatte und bis 1990 direkt von der Gesamtpartei regiert wurde. Die lokalen Behörden waren ebenfalls in Parteikomitees, lokale Sowjets und Exekutivkomitees gegliedert. Während das staatliche System nominell föderal war, war die Partei einheitlich.

Die Staatssicherheitspolizei (der KGB und seine Vorgängerbehörden) spielte eine wichtige Rolle in der sowjetischen Politik. Sie war maßgeblich an der Großen Säuberung beteiligt, wurde aber nach Stalins Tod unter strenge Parteikontrolle gestellt. Unter Juri Andropow war der KGB an der Unterdrückung politisch Andersdenkender beteiligt und unterhielt ein umfangreiches Netz von Informanten, wobei er sich bis zu einem gewissen Grad als politischer Akteur unabhängig von der parteistaatlichen Struktur behauptete, was in der Anti-Korruptionskampagne gegen hochrangige Parteifunktionäre in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren gipfelte.

Gewaltenteilung und Reformen

Nationalistische Unruhen gegen die Regierung in Duschanbe, Tadschikistan, 1990

Die Verfassung, die 1924, 1936 und 1977 verkündet wurde, schränkte die staatliche Macht nicht ein. Es gab keine formale Gewaltenteilung zwischen der Partei, dem Obersten Sowjet und dem Ministerrat, die die Exekutive und Legislative der Regierung darstellten. Das System wurde weniger durch Gesetze als durch informelle Konventionen geregelt, und es gab keinen festen Mechanismus für die Nachfolge in der Führung. Nach dem Tod von Lenin und Stalin sowie nach der Entlassung Chruschtschows, die ihrerseits auf einen Beschluss des Politbüros und des Zentralkomitees zurückging, kam es im Politbüro zu erbitterten und bisweilen tödlichen Machtkämpfen. Alle Führer der Kommunistischen Partei vor Gorbatschow starben während ihrer Amtszeit, mit Ausnahme von Georgi Malenkow und Chruschtschow, die beide im Zuge parteiinterner Auseinandersetzungen aus der Parteiführung entlassen wurden.

Zwischen 1988 und 1990 führte Michail Gorbatschow gegen erheblichen Widerstand Reformen durch, mit denen die Macht von den höchsten Parteigremien weg verlagert und die Abhängigkeit des Obersten Sowjets von ihnen verringert wurde. Es wurde der Kongress der Volksdeputierten eingerichtet, dessen Mitglieder in kompetitiven Wahlen im März 1989 mehrheitlich direkt gewählt wurden. Der Kongress wählte nun den Obersten Sowjet, der zu einem Vollzeitparlament wurde und viel stärker war als zuvor. Zum ersten Mal seit den 1920er Jahren weigerte er sich, Vorschläge der Partei und des Ministerrats abzusegnen. 1990 führte Gorbatschow das Amt des Präsidenten der Sowjetunion ein und übernahm es, konzentrierte die Macht in seinem von der Partei unabhängigen Exekutivamt und unterstellte die Regierung, die nun in Ministerkabinett der UdSSR umbenannt wurde, sich selbst.

Die Spannungen zwischen den unionsweiten Behörden unter Gorbatschow, den in Russland von Boris Jelzin geführten Reformisten, die den neu gewählten Obersten Sowjet der Russischen SFSR kontrollierten, und den kommunistischen Hardlinern nahmen zu. Am 19. und 21. August 1991 unternahm eine Gruppe von Hardlinern einen Putschversuch. Der Putschversuch scheiterte, und der Staatsrat der Sowjetunion wurde zum höchsten Organ der Staatsmacht "in der Übergangszeit". Gorbatschow trat als Generalsekretär zurück und blieb nur noch die letzten Monate des Bestehens der UdSSR Präsident.

Justizwesen

Die Judikative war nicht unabhängig von den anderen Staatsgewalten. Der Oberste Gerichtshof beaufsichtigte die unteren Gerichte (Volksgerichtshof) und wandte das in der Verfassung festgelegte oder vom Obersten Sowjet ausgelegte Recht an. Das Komitee zur Überwachung der Verfassung überprüfte die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Rechtsakten. In der Sowjetunion wurde das Inquisitionssystem des römischen Rechts angewandt, bei dem der Richter, der Staatsanwalt und der Verteidiger zusammenarbeiten, um die Wahrheit zu ermitteln.

Staatsführung

Ministerrat

Der Ministerrat der UdSSR war die Regierung der Sowjetunion. Die Regierung hieß ab 1917 Rat der Volkskommissare und wurde in der 1946 unter Stalin in Ministerrat umbenannt.

Der Ministerrat bestand aus dem Vorsitzenden (zumeist als Ministerpräsident benannt), dem oder den Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden, den Stellvertretenden Vorsitzenden, den Ministern, den Vorsitzenden von Kommissionen, Komitees oder Leitern von Ämtern, den Vertretern der Staatsplanung (seit 1929 auch Gosplan genannt) und den Vorsitzenden der Ministerräte der 15 Unionsrepubliken.

Menschenrechte

Datei:Korolev posle aresta 1938.jpg
NKWD-Fotos des verhafteten Sergei Koroljow (1938)

Die Sowjetunion war von ihrer Gründung bis zu ihrer Auflösung ein Polizeistaat, in dem sich kaum ein Aspekt des täglichen Lebens der staatlichen Überwachung entzog. Die Meinungs- oder Reisefreiheit existierten zwar auf dem Papier, nicht aber in der Praxis. Es musste für fast jede bedeutende Tätigkeit eine Bewilligung der Obrigkeit eingeholt werden. Die Behörden, voran der Geheim- und Staatssicherheitsdienst KGB, überwachten das öffentliche und private Leben der Sowjetbürger intensiv; Dissidenten waren von staatlichen Repressalien und schweren Strafen bis hin zur Deportation ins Straflager (Gulag) bedroht.

Die in ihrem Ausmaß und Charakter gravierendsten Menschenrechtsverstöße wurden unter der totalitären Diktatur Stalins verübt (Stalinsche Säuberungen) – allein sein „Großer Terror“ Ende der 1930er kostete rund 700.000 Menschen das Leben. Später, vor allem während der Glasnost Gorbatschows, entstanden auch begrenzte kulturelle, politische und persönliche Freiräume. In der Nach-Stalin-Ära entstand ein politischer Untergrund, der sich unter anderem über verbotene Literatur (Samisdat) und den politischen Humor (vgl. Radio Eriwan) am Leben hielt.

Außenpolitik

Kalter Krieg

Schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zu Spannungen mit den Westmächten, zum Beispiel wegen der Spaltung Deutschlands, wegen der Truppen, welche die Sowjetunion dauerhaft im Iran halten wollte, wegen der versuchten Einflussnahme in der Türkei und allgemein wegen der Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Sowjetunion. Zu den Vorgängen, die das Ansehen der Sowjetunion nachhaltig schädigten und die Westmächte auf Distanz gehen ließen, gehörte auch der kommunistische Umsturz in Prag im Februar 1948.

Gorbatschow und Ronald Reagan in Moskau (1988)

Vor allem mit den USA lieferte sich die Sowjetunion ein umfangreiches Wettrüsten; seit den 1960er Jahren war durch die technische Entwicklung eine Situation entstanden, in der beide Supermächte genügend Atomwaffen hatten, um den Gegner in kürzester Zeit vollständig zu vernichten. Nach dem Tod Stalins 1953 sprachen die Nachfolger verstärkt davon, in einer „friedlichen Koexistenz“ die USA auf wirtschaftlichem, wissenschaftlichem und kulturellem Gebiet zu überholen. Die Sowjetunion bemühte sich ferner mit politischen, wirtschaftlichen und militärischen Mitteln, in den ehemaligen Kolonien der Westmächte in Afrika und Asien Einfluss zu erhalten, auch in Südamerika. Nur selten aber gelang es ihr, dauerhafte Bündnispartner zu gewinnen, wie das Regime von Fidel Castro auf Kuba.

Im Kalten Krieg wechselten sich Phasen der Entspannung und der Konfrontation einander ab oder überlappten sich auch zum Teil. Die Sowjetunion hatte die westlichen Länder auch zum Handelspartner. Eine neue Entspannungsphase trat Mitte der 1980er Jahre mit dem Amtsantritt von Michail Gorbatschow ein, der den kommunistischen Bündnispartnern einen größeren Freiraum gewähren wollte. Gleichzeitig wurde es der Sowjetunion wirtschaftlich immer schwieriger, ihre Bündnispartner zu unterstützen. Dies trug dazu bei, dass 1989/1990 die Abhängigkeitsfaktoren im östlichen Bündnis ihre Wirkung verloren.

Verhältnis zu Deutschland

Sowjetische und deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg
Walter Ulbricht, Leonid Breshnew und Nikolai Podgorny in Moskau (1969)

Ein wichtiger Schritt aus der selbst gewählten Isolierung bildete der Ausgleich mit Deutschland im Vertrag von Rapallo von 1922, das die UdSSR als erster ausländischer Staat diplomatisch anerkannte. Erst am 18. September 1934 trat die Sowjetunion dem Völkerbund bei.

Das Verhältnis zum nationalsozialistischen Regime in Deutschland war von Anfang an sehr gespannt. Die aggressive Außenpolitik Adolf Hitlers und seine Herabwürdigung der slawischen Völker als „Untermenschen“, ebenso wie seine extreme Feindschaft zum Kommunismus, beeinträchtigten die deutsch-sowjetischen Beziehungen sehr stark. Um Teile von Polen annektieren zu können, schlossen die Sowjetunion und Deutschland am 23. August 1939 den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt. In einem geheimen Zusatzprotokoll zu diesem Vertrag legten beide anschließend ihre Interessenssphären in Osteuropa fest.

Mit einer Erklärung der sowjetischen Regierung vom 25. März 1954 nahm die UdSSR, nach dem Scheitern der Außenministerkonferenz der vier Besatzungsmächte in Berlin (25. Januar bis 18. Februar 1954), mit der Deutschen Demokratischen Republik „die gleichen Beziehungen auf wie mit anderen souveränen Staaten“ und gewährte ihr am 20. September 1955 in inneren und äußeren Angelegenheiten die staatliche Souveränität. Der Anteil an der Viermächte-Verantwortung für Gesamtdeutschland wurde hierbei ausdrücklich betont. Die drei Westmächte hielten dagegen bereits am 8. April 1954 fest, dass sie auch „weiterhin die Sowjetunion als die verantwortliche Macht für die sowjetische Zone Deutschlands betrachten“. So behielt sich auch das sowjetische Oberkommando ohne Mitspracherecht der DDR vor, „im Falle der Bedrohung der Sicherheit“ alle Maßnahmen zu ergreifen, die es für notwendig erachtete. Nachdem am 25. Januar 1955 der Kriegszustand mit Deutschland für beendet erklärt worden war, kehrten die letzten deutschen Soldaten aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurück. Daraufhin unterhielt die Sowjetunion ab September 1955 diplomatische Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland, da diese darin auch ein mögliches Mittel zur Überwindung der Spaltung und zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands sah.

Verhältnis zur Dritten Welt

sowjetische Briefmarke (1961)

Nachdem sich die Sowjetunion von den eurozentristischen und xenophoben Perspektiven der 1930er und 1940er Jahre befreit hatte, bemühte sie sich seit Mitte der 1950er Jahre, Beziehungen zur durch Dekolonisierung entstandenen Dritten Welt aufzubauen. Als Motiv kann dabei gesehen werden, die blockfreien Länder an das sowjetische Herrschaftssystem anzubinden. Chruschtschows symbolträchtige Besuche in Indien, Burma und Afghanistan 1955, das Austragen des Weltfestivals der Jugend in Moskau 1957 und die Gründung der Universität für Völkerfreundschaft 1960 sind Ergebnisse dieser Politik. Der Mangel an Afrikanern, Südasiaten und Lateinamerikanern, die in der Sowjetunion lebten, und ein fast vollständiges Fehlen von Personen, deren Reiseaktivität die Allianz zwischen UdSSR und Dritter Welt hätte aufrechterhalten können, erschwerten jedoch den Aufbau langfristiger Beziehungen. Ein weiterer Faktor für den bestenfalls langsam verlaufenden Aufbau außenpolitischer Beziehungen mit Ländern der Dritten Welt war die unzureichende außenwirtschaftliche Hilfe- und Leistungsfähigkeit der Sowjetunion. Dadurch gingen einige politische, ideologische und militärische Anknüpfungspunkte wieder verloren.

Zu Beginn der 1960er Jahre vermehrte die Sowjetunion ihr Engagement für Drittweltstaaten in der UNO. Erstens unterstützte sie einige UN-Entwicklungsprojekte fortan finanziell. Zweitens versuchte sie, die neu in die Vereinten Nationen eingetretenen, dekolonisierten Staaten auf ihre Seite zu ziehen. Beispielhaft hierfür sind Chruschtschows Reden auf der UN-Vollversammlung 1960, in denen er der UN vorwarf, bei der Kongo-Krise den diktatorischen Putschisten Mobutu zu unterstützen. Seine Forderung nach umfangreichen Reformen der UNO fand in den Reihen der neuen Mitgliedstaaten kaum Unterstützung, da diese befürchteten, die Reformen könnten zur Zerstörung einer Institution führen, die ihnen endlich Mitsprache versprach.

Bemerkenswert ist der Fall von Angola, in dem durch das Eingreifen der Sowjetunion (sowie Kubas und der DDR) ein lokaler Konflikt den Charakter eines Stellvertreterkrieges im Kalten Krieg bekam.

Verwaltungsgliederung

Die UdSSR war verfassungsmäßig eine Föderation von Unionsrepubliken, die entweder Einheitsstaaten wie die Ukraine oder Weißrussland (SSR) oder Föderationen wie Russland oder Transkaukasien (SFSR) waren; alle vier waren die Gründerrepubliken, die im Dezember 1922 den Vertrag über die Gründung der UdSSR unterzeichneten. Im Zuge der nationalen Abgrenzung in Zentralasien wurden 1924 Usbekistan und Turkmenistan aus Teilen der russischen ASSR Turkestan und zwei sowjetischen Dependenzen, den SSR Choresm und Bucharan, gebildet. Im Jahr 1929 wurde Tadschikistan von der Usbekischen SSR abgespalten. Mit der Verfassung von 1936 wurde die Transkaukasische SFSR aufgelöst und ihre Teilrepubliken Armenien, Georgien und Aserbaidschan zu Unionsrepubliken erhoben, während Kasachstan und Kirgisien von der Russischen SFSR abgespalten wurden, was den gleichen Status zur Folge hatte. Im August 1940 wurde Moldawien aus Teilen der Ukraine und Bessarabiens sowie der Ukrainischen SSR gebildet. Estland, Lettland und Litauen (SSR) wurden ebenfalls in die Union aufgenommen, die von der internationalen Gemeinschaft größtenteils nicht anerkannt und als illegale Besetzung betrachtet wurde. Karelien wurde im März 1940 als Unionsrepublik von Russland abgetrennt und 1956 wieder eingegliedert. Zwischen Juli 1956 und September 1991 gab es 15 Unionsrepubliken (siehe Karte unten).

Obwohl die Sowjetunion nominell eine Union der Gleichen war, wurde sie in der Praxis von den Russen dominiert. Diese Vorherrschaft war so absolut, dass das Land die meiste Zeit seines Bestehens gemeinhin (aber fälschlicherweise) als "Russland" bezeichnet wurde. Obwohl die RSFSR technisch gesehen nur eine Republik innerhalb der größeren Union war, war sie bei weitem die größte (sowohl in Bezug auf die Bevölkerung als auch auf die Fläche), mächtigste und am höchsten entwickelte. Die RSFSR war auch das industrielle Zentrum der Sowjetunion. Der Historiker Matthew White schrieb, es sei ein offenes Geheimnis gewesen, dass die föderale Struktur des Landes eine "Augenwischerei" für die russische Vorherrschaft war. Aus diesem Grund nannte man die Menschen in der UdSSR gewöhnlich "Russen" und nicht "Sowjets", da "jeder wusste, wer wirklich das Sagen hatte".

Republik Karte der Unionsrepubliken zwischen 1956 und 1991
1  Russische SFSR Republics of the USSR.svg
2  Ukrainische SSR
3  Weißrussische SSR
4  Usbekische SSR
5  Kasachische SSR
6  Georgische SSR
7  Aserbaidschanische SSR
8  Litauische SSR
9  Moldawische SSR
10  Lettische SSR
11  Kirgisische SSR
12  Tadschikische SSR
13  Armenische SSR
14  Turkmenische SSR
15  Estnische SSR

Militärisch

Eine ballistische Mittelstreckenrakete vom Typ SS-20, die keine ICBM ist und deren Einsatz Ende der 1970er Jahre ein neues Wettrüsten in Europa auslöste, in dessen Verlauf die NATO unter anderem Pershing-II-Raketen in Westdeutschland stationierte.

Nach dem Militärgesetz vom September 1925 bestanden die sowjetischen Streitkräfte aus den Landstreitkräften, der Luftwaffe, der Marine, der Gemeinsamen Staatlichen Politischen Direktion (OGPU) und den Inneren Truppen. Die OGPU wurde später unabhängig und schloss sich 1934 dem NKWD an, so dass die inneren Truppen unter der gemeinsamen Führung des Verteidigungs- und des Innenkommissariats standen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Strategischen Raketentruppen (1959), die Luftverteidigungskräfte (1948) und die Nationalen Zivilverteidigungskräfte (1970) gebildet, die im offiziellen sowjetischen Rangsystem an erster, dritter und sechster Stelle standen (die Bodentruppen an zweiter, die Luftwaffe an vierter und die Marine an fünfter Stelle).

Die Armee hatte den größten politischen Einfluss. Im Jahr 1989 dienten dort zwei Millionen Soldaten, die sich auf 150 motorisierte und 52 gepanzerte Divisionen verteilten. Bis Anfang der 1960er Jahre war die sowjetische Marine ein eher kleiner militärischer Zweig, doch nach der Karibikkrise wurde sie unter der Führung von Sergei Gorshkov erheblich ausgebaut. Sie wurde durch Schlachtkreuzer und U-Boote bekannt. Im Jahr 1989 dienten dort 500 000 Mann. Die sowjetische Luftwaffe konzentrierte sich auf eine Flotte strategischer Bomber und hatte im Kriegsfall die Aufgabe, die feindliche Infrastruktur und die nuklearen Kapazitäten zu vernichten. Die Luftwaffe verfügte auch über eine Reihe von Jagdflugzeugen und taktischen Bombern zur Unterstützung der Armee im Krieg. Die strategischen Raketentruppen verfügten über mehr als 1.400 ballistische Interkontinentalraketen (ICBM), die auf 28 Stützpunkten und 300 Kommandozentralen stationiert waren.

In der Nachkriegszeit war die Sowjetarmee direkt an mehreren Militäroperationen im Ausland beteiligt. Dazu gehörten die Niederschlagung des Aufstandes in Ostdeutschland (1953), die ungarische Revolution (1956) und der Einmarsch in die Tschechoslowakei (1968). Die Sowjetunion war auch am Krieg in Afghanistan zwischen 1979 und 1989 beteiligt.

In der Sowjetunion galt die allgemeine Wehrpflicht.

Das Raumfahrtprogramm

Von links nach rechts: Juri Gagarin, Pawel Popowitsch, Walentina Tereschkowa und Nikita Chruschtschow im Lenin-Mausoleum im Jahr 1963
Sojus-Rakete auf dem Kosmodrom Baikonur

Ende der 1950er Jahre bauten die Sowjets mit Hilfe von Ingenieuren und Technologien, die sie aus dem besiegten Nazi-Deutschland erbeutet und importiert hatten, den ersten Satelliten - Sputnik 1 - und überholten damit die Vereinigten Staaten bei der Nutzung des Weltraums. Es folgten weitere erfolgreiche Satelliten, mit denen Testhunde in den Weltraum geschickt wurden. Am 12. April 1961 wurde der erste Kosmonaut, Juri Gagarin, ins All geschickt. Er flog einmal um die Erde und landete erfolgreich in der kasachischen Steppe. Zu dieser Zeit wurden in den sowjetischen Konstruktionsbüros die ersten Pläne für Raumfähren und Orbitalstationen ausgearbeitet, aber persönliche Streitigkeiten zwischen Konstrukteuren und Management verhinderten dies letztendlich.

Was das Mondraumfahrtprogramm anbelangt, so hatte die UdSSR nur ein Programm für den automatischen Start von Raumschiffen, wobei keine bemannten Raumschiffe zum Einsatz kamen, und verzichtete auf den Teil des "Mondrennens" im Rahmen des Weltraumrennens.

In den 1970er Jahren gab es erste konkrete Vorschläge für die Konstruktion der Raumfähre, aber aufgrund von Mängeln, insbesondere in der Elektronikindustrie (schnelle Überhitzung der Elektronik), wurde das Programm bis Ende der 1980er Jahre verschoben. Die erste Raumfähre, die Buran, flog 1988, allerdings ohne menschliche Besatzung. Eine weitere Raumfähre, Ptichka, befand sich schließlich im Bau, da das Shuttle-Projekt 1991 abgebrochen wurde. Für den Start ins All steht heute eine ungenutzte Rakete der Supermacht Energia zur Verfügung, die stärkste der Welt.

In den späten 1980er Jahren gelang es der Sowjetunion, die Orbitalstation Mir zu bauen. Sie wurde nach dem Vorbild der Saljut-Station gebaut und diente ausschließlich zivilen Forschungsaufgaben.

  • Mir war die einzige Orbitalstation, die von 1986 bis 1998 in Betrieb war. Nach und nach wurden weitere Module hinzugefügt, darunter auch amerikanische. Nach einem Brand an Bord verschlechterte sich die Station jedoch rasch, so dass 2001 beschlossen wurde, sie in die Atmosphäre zu bringen, wo sie abbrannte.

Wirtschaft

Die Sowjetunion im Vergleich zu anderen Ländern nach dem (nominalen) Pro-Kopf-BIP im Jahr 1965 auf der Grundlage eines westdeutschen Schulbuchs (1971)
  > 5.000 DM
  2.500-5.000 DM
  1.000-2.500 DM
  500-1.000 DM
  250-500 DM
  < 250 DM

Die Sowjetunion führte eine Kommandowirtschaft ein, in der die Produktion und der Vertrieb von Gütern zentralisiert und von der Regierung gelenkt wurden. Die erste bolschewistische Erfahrung mit einer Kommandowirtschaft war die Politik des Kriegskommunismus, die die Verstaatlichung der Industrie, die zentralisierte Verteilung der Produktion, die Zwangsrequirierung der landwirtschaftlichen Produktion und den Versuch, den Geldumlauf, die Privatunternehmen und den freien Handel zu beseitigen, beinhaltete. Nach dem schweren wirtschaftlichen Zusammenbruch ersetzte Lenin 1921 den Kriegskommunismus durch die Neue Ökonomische Politik (NEP), die den freien Handel und das Privateigentum an kleinen Unternehmen legalisierte. In der Folge erholte sich die Wirtschaft rasch.

Nach einer langen Debatte unter den Mitgliedern des Politbüros über den Kurs der wirtschaftlichen Entwicklung gab Stalin 1928-1929, nachdem er die Kontrolle über das Land erlangt hatte, die NEP auf und drängte auf eine vollständige zentrale Planung, wobei er mit der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft begann und eine drakonische Arbeitsgesetzgebung erließ. Die Ressourcen wurden für eine rasche Industrialisierung mobilisiert, wodurch die sowjetischen Kapazitäten in der Schwerindustrie und bei den Investitionsgütern in den 1930er Jahren erheblich erweitert wurden. Die Hauptmotivation für die Industrialisierung war die Vorbereitung auf den Krieg, vor allem aufgrund des Misstrauens gegenüber der kapitalistischen Außenwelt. Infolgedessen wandelte sich die UdSSR von einer weitgehend agrarisch geprägten Wirtschaft zu einer großen Industriemacht und ebnete damit den Weg für ihren Aufstieg zur Supermacht nach dem Zweiten Weltkrieg. Durch den Krieg wurden die sowjetische Wirtschaft und die Infrastruktur weitgehend zerstört, so dass ein massiver Wiederaufbau erforderlich war.

Das DneproGES, eines der vielen Wasserkraftwerke in der Sowjetunion

Bis Anfang der 1940er Jahre war die sowjetische Wirtschaft relativ autark; bis zur Gründung des RGW wurde nur ein kleiner Teil der einheimischen Produkte international gehandelt. Nach der Gründung des Ostblocks nahm der Außenhandel rasch zu. Der Einfluss der Weltwirtschaft auf die UdSSR war jedoch durch feste Inlandspreise und ein staatliches Außenhandelsmonopol begrenzt. Getreide und anspruchsvolle Konsumgüter wurden etwa ab den 1960er Jahren zu wichtigen Importartikeln. Während des Rüstungswettlaufs im Kalten Krieg wurde die sowjetische Wirtschaft durch Militärausgaben belastet, für die eine mächtige, von der Rüstungsindustrie abhängige Bürokratie heftig Lobbyarbeit leistete. Gleichzeitig wurde die UdSSR der größte Waffenexporteur in die Dritte Welt. Während des Kalten Krieges wurden beträchtliche Mengen sowjetischer Mittel für die Unterstützung anderer sozialistischer Staaten verwendet.

Baumwollpflücken in Armenien in den 1930er Jahren

Von den 1930er Jahren bis zu ihrer Auflösung Ende 1991 blieb die Funktionsweise der sowjetischen Wirtschaft im Wesentlichen unverändert. Formal wurde die Wirtschaft durch eine zentrale Planung gelenkt, die vom Gosplan durchgeführt und in Fünfjahresplänen organisiert wurde. In der Praxis waren die Pläne jedoch stark aggregiert und provisorisch und unterlagen Ad-hoc-Eingriffen von Vorgesetzten. Alle wichtigen wirtschaftlichen Entscheidungen wurden von der politischen Führung getroffen. Zugewiesene Ressourcen und Planziele wurden in der Regel in Rubel und nicht in physischen Gütern ausgedrückt. Kredite waren nicht erwünscht, aber weit verbreitet. Die endgültige Zuteilung der Produktion erfolgte durch relativ dezentralisierte, ungeplante Auftragsvergabe. Obwohl die Preise theoretisch gesetzlich von oben festgelegt wurden, wurden sie in der Praxis häufig ausgehandelt, und informelle horizontale Verbindungen (z. B. zwischen Produktionsbetrieben) waren weit verbreitet.

Eine Reihe grundlegender Dienstleistungen wurde staatlich finanziert, z. B. das Bildungs- und Gesundheitswesen. Im verarbeitenden Gewerbe hatten die Schwerindustrie und die Rüstungsindustrie Vorrang vor Konsumgütern. Konsumgüter, insbesondere außerhalb der großen Städte, waren oft knapp, von schlechter Qualität und begrenzter Vielfalt. In der Kommandowirtschaft hatten die Verbraucher so gut wie keinen Einfluss auf die Produktion, und die sich ändernde Nachfrage einer Bevölkerung mit wachsendem Einkommen konnte nicht durch Lieferungen zu starr festgelegten Preisen befriedigt werden. Neben der Planwirtschaft entwickelte sich auf niedrigem Niveau eine massive ungeplante zweite Wirtschaft, die einige der Waren und Dienstleistungen bereitstellte, die die Planer nicht liefern konnten. Mit der Reform von 1965 wurde versucht, einige Elemente der dezentralisierten Wirtschaft zu legalisieren.

Arbeiter des Kaliwerks Salihorsk, Belarus, 1968

Obwohl die Statistiken über die sowjetische Wirtschaft bekanntermaßen unzuverlässig sind und das Wirtschaftswachstum nur schwer genau eingeschätzt werden kann, wuchs die Wirtschaft den meisten Angaben zufolge bis Mitte der 1980er Jahre weiter. In den 1950er und 1960er Jahren verzeichnete sie ein vergleichsweise hohes Wachstum und holte gegenüber dem Westen auf. Nach 1970 ging das Wachstum zwar immer noch positiv, aber viel schneller und konsequenter als in anderen Ländern zurück, und das trotz eines raschen Anstiegs des Kapitalstocks (die Wachstumsrate wurde nur von Japan übertroffen).

Volzhsky Avtomobilny Zavod (VAZ) im Jahr 1969

Insgesamt lag die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens in der Sowjetunion zwischen 1960 und 1989 leicht über dem Weltdurchschnitt (auf der Grundlage von 102 Ländern). In einer 1986 im American Journal of Public Health veröffentlichten Studie wurde unter Berufung auf Daten der Weltbank behauptet, dass das sowjetische Modell in den meisten Fällen eine bessere Lebensqualität und menschliche Entwicklung bot als Marktwirtschaften auf dem gleichen wirtschaftlichen Entwicklungsniveau. Nach Ansicht von Stanley Fischer und William Easterly hätte das Wachstum schneller sein können. Nach ihren Berechnungen hätte das Pro-Kopf-Einkommen 1989 doppelt so hoch sein müssen wie es war, wenn man den Umfang der Investitionen, die Bildung und die Bevölkerung berücksichtigt. Die Autoren führen diese schlechte Leistung auf die geringe Produktivität des Kapitals zurück. Steven Rosefielde stellt fest, dass der Lebensstandard aufgrund von Stalins Despotismus gesunken ist. Nach seinem Tod kam es zwar zu einer kurzen Besserung, doch danach stagnierte er.

1987 versuchte Michail Gorbatschow mit seinem Programm der Perestroika, die Wirtschaft zu reformieren und wiederzubeleben. Seine Politik lockerte die staatliche Kontrolle über die Unternehmen, ersetzte sie aber nicht durch Marktanreize, was zu einem starken Rückgang der Produktion führte. Die Wirtschaft, die bereits unter dem Rückgang der Einnahmen aus dem Erdölexport litt, begann zu kollabieren. Die Preise waren nach wie vor festgesetzt, und das Eigentum befand sich bis nach der Auflösung des Landes noch weitgehend in staatlichem Besitz. Während des größten Teils der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Zusammenbruch war das sowjetische BIP (KKP) das zweitgrößte der Welt und in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre das drittgrößte, obwohl es pro Kopf hinter dem der Länder der Ersten Welt zurücklag. Im Vergleich zu Ländern mit einem ähnlichen Pro-Kopf-BIP im Jahr 1928 verzeichnete die Sowjetunion ein erhebliches Wachstum.

Im Jahr 1990 wies das Land einen Index der menschlichen Entwicklung von 0,920 auf und lag damit in der "hohen" Kategorie der menschlichen Entwicklung. Es war der dritthöchste Wert im Ostblock, hinter der Tschechoslowakei und Ostdeutschland, und der 25. von 130 Ländern in der Welt.

Die wirtschaftliche Führung lag bei den Zentralorganen der kommunistischen Staatspartei, die über Ziele und Mittel für die Wirtschaft entschieden. Oberstes perspektivisches Ziel war dabei der Aufbau einer kommunistischen Gesellschaft.

Die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen unmittelbar nach der Oktoberrevolution von 1917 (Kriegskommunismus) und in den 1920er Jahren (Neue Ökonomische Politik) und das Fehlen einer Theorie der zentralen Planung, zwang die Führung zunächst zum ordnungspolitischen Kurswechsel. Ab 1928 wurden unter Josef Stalin die Grundzüge des Sowjetischen Wirtschaftssystems ausgeformt, wobei der Aufbau der Industrie absoluten Vorrang erhielt. Dazu verfestigte die Sowjetunion die Zentralverwaltungswirtschaft. Die Produktion von Gütern wurde nach einem strengen Plan überwacht. Wesentliche Merkmale der Wirtschaft der Sowjetunion waren die verstaatlichten Produktionsmittel und Firmen, die zentrale Steuerung des Wirtschaftsprozesses, die zentrale Festlegung von Preisen und Löhnen und ein stabiles Außenhandelsmonopol. Der Großteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche befand sich nun in genossenschaftlichem Besitz, wobei die Landwirtschaft aber genauso der staatlichen Planung unterstand. Die zentrale Planungsbehörde der Sowjetunion, der Gosplan, erarbeitete aufgrund von Prognosen über die gesellschaftlichen Bedürfnisse jeweils einen Plan für meist ein Jahr, der in Mehrjahrespläne (z. B. Fünfjahrplan) eingebunden war. Den einzelnen Betrieben wurden durch diesen Plan genaue Mengen, an die sie sich präzise halten mussten, vorgegeben.

Am 25. Januar 1949 wurde mit den meisten Ostblockstaaten der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe gegründet. Nach Stalins Tod 1953 wurde mehrfach versucht, den straffen Planzentralismus zu reformieren und den Lenkungsapparat zu reorganisieren (1965 und 1979), ohne jedoch die grundlegenden Ordnungselemente des zentralverwaltungswirtschaftlichen Systems zu verändern.

Die Fehler und Mängel der Planwirtschaft konnten lange durch extensives Wirtschaften ausgeglichen werden, da die Sowjetunion ein riesiges und rohstoffreiches Land war. Ab den 1970er Jahren stieß die jahrelang extensiv betriebene Volkswirtschaft an ihre Grenzen. Die Wachstumsraten fielen und der Unmut der Bevölkerung vergrößerte sich. Es ergaben sich ansteigende Engpässe und Schwierigkeiten im Wirtschaftskreislauf:

  • hohe Verluste beim Rohstoff- und Energieeinsatz bei der Produktverarbeitung
  • zu langsame Einführung neuer Techniken
  • Lebensmittelknappheit
  • unzureichendes Konsumgüterniveau
  • schlechter Zustand des Wohnungswesens
  • unzulängliche Verhältnisse bei den Dienstleistungen.

Hinzu kamen überdimensionierte Ausgaben für das Militär. Die Sowjetunion musste aus ideologischen und machtpolitischen Gründen eine große Streitmacht unterhalten. Um eine militärisch-strategische Parität mit den USA erreichen zu können, gab die Sowjetunion daher für das Militär 18 Prozent ihres Nationaleinkommens aus, während für die Konsumgüterproduktion nur sechs Prozent verwendet wurden.

Energie

Sowjetische Briefmarke zum 30-jährigen Bestehen der Internationalen Atomenergiebehörde, herausgegeben 1987, ein Jahr nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl

Der Bedarf an Brennstoffen ging in der Sowjetunion von den 1970er bis zu den 1980er Jahren zurück, und zwar sowohl pro Rubel des Bruttosozialprodukts als auch pro Rubel des Industrieprodukts. Zu Beginn nahm dieser Rückgang sehr schnell zu, verlangsamte sich aber zwischen 1970 und 1975 allmählich. Von 1975 bis 1980 wuchs er noch langsamer, nämlich nur noch um 2,6 %. Der Historiker David Wilson glaubte, dass die Gasindustrie bis zum Ende des Jahrhunderts 40 % der sowjetischen Brennstoffproduktion ausmachen würde. Seine Theorie hat sich aufgrund des Zusammenbruchs der UdSSR nicht bewahrheitet. Theoretisch hätte die UdSSR in den 1990er Jahren dank der sowjetischen Energiefelder weiterhin ein Wirtschaftswachstum von 2-2,5 % verzeichnen können. Der Energiesektor war jedoch mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert, unter anderem mit den hohen Militärausgaben des Landes und den feindlichen Beziehungen zur Ersten Welt.

1991 verfügte die Sowjetunion über ein Rohrleitungsnetz von 82.000 km Länge für Rohöl und 206.500 km für Erdgas. Exportiert wurden Erdöl und Produkte auf Erdölbasis, Erdgas, Metalle, Holz, landwirtschaftliche Erzeugnisse und eine Vielzahl von Industriegütern, vor allem Maschinen, Waffen und militärische Ausrüstung. In den 1970er und 1980er Jahren war die UdSSR stark auf die Ausfuhr fossiler Brennstoffe angewiesen, um harte Devisen zu verdienen. Auf ihrem Höhepunkt im Jahr 1988 war sie der größte Produzent und zweitgrößte Exporteur von Rohöl, nur übertroffen von Saudi-Arabien.

Wissenschaft und Technik

Sowjetische Briefmarke, die die Umlaufbahn von Sputnik 1 zeigt

Die Sowjetunion legte in ihrer Wirtschaft großen Wert auf Wissenschaft und Technologie, doch die bemerkenswertesten technologischen Erfolge der Sowjetunion, wie die Herstellung des ersten Weltraumsatelliten, fielen in der Regel in die Zuständigkeit des Militärs. Lenin glaubte, dass die UdSSR die entwickelte Welt niemals überholen würde, wenn sie technologisch so rückständig bliebe wie bei ihrer Gründung. Die sowjetischen Behörden bewiesen ihr Engagement für Lenins Überzeugung, indem sie massive Netzwerke, Forschungs- und Entwicklungsorganisationen aufbauten. In den frühen 1960er Jahren wurden in der Sowjetunion 40 % der Doktortitel in Chemie an Frauen vergeben, in den Vereinigten Staaten waren es nur 5 %. Bis 1989 gehörten die sowjetischen Wissenschaftler in mehreren Bereichen wie Energiephysik, ausgewählten Bereichen der Medizin, Mathematik, Schweißtechnik und Militärtechnik zu den am besten ausgebildeten Spezialisten der Welt. Aufgrund der rigiden staatlichen Planung und Bürokratie blieben die Sowjets in den Bereichen Chemie, Biologie und Computer im Vergleich zur Ersten Welt technologisch weit zurück. Die sowjetische Regierung bekämpfte und verfolgte Genetiker zugunsten des Lysenkoismus, einer Pseudowissenschaft, die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft in der Sowjetunion und im Ausland abgelehnt, aber von Stalins inneren Kreisen unterstützt wurde. Die in der UdSSR und in China angewandte Lysenko-Methode führte zu geringeren Ernteerträgen und ist nach allgemeiner Auffassung mitverantwortlich für die große chinesische Hungersnot.

Unter der Reagan-Regierung wurde im Rahmen des Projekts SOKRATES festgestellt, dass die Sowjetunion die Aneignung von Wissenschaft und Technologie auf eine Weise anging, die sich grundlegend von der Vorgehensweise der USA unterschied. Im Falle der USA wurden wirtschaftliche Prioritäten für die einheimische Forschung und Entwicklung als Mittel zum Erwerb von Wissenschaft und Technologie sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor eingesetzt. Im Gegensatz dazu ging die UdSSR beim Erwerb und der Nutzung der weltweiten Technologie offensiv und defensiv vor, um den Wettbewerbsvorteil, den sie durch die Technologie erlangte, zu vergrößern und gleichzeitig zu verhindern, dass die USA einen Wettbewerbsvorteil erlangten. Die technologiegestützte Planung wurde jedoch in einer zentralisierten, regierungszentrierten Weise durchgeführt, was ihre Flexibilität stark einschränkte. Dies machten sich die USA zunutze, um die Stärke der Sowjetunion zu untergraben und so ihre Reform zu fördern.

Verkehr

Die Flagge der Aeroflot während der Sowjetzeit

Das Verkehrswesen war ein wesentlicher Bestandteil der Wirtschaft des Landes. Die wirtschaftliche Zentralisierung in den späten 1920er und 1930er Jahren führte zu einem massiven Ausbau der Infrastruktur, insbesondere zur Gründung des Luftfahrtunternehmens Aeroflot. Das Land verfügte über ein breites Spektrum an Verkehrsmitteln zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Aufgrund unzureichender Instandhaltung war jedoch ein Großteil des Straßen-, Wasser- und sowjetischen Luftverkehrs veraltet und technologisch rückständig im Vergleich zur Ersten Welt.

Der sowjetische Schienenverkehr war der größte und am intensivsten genutzte der Welt; er war auch besser entwickelt als die meisten seiner westlichen Pendants. Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre forderten sowjetische Wirtschaftswissenschaftler den Bau weiterer Straßen, um die Belastungen durch den Schienenverkehr zu verringern und den sowjetischen Staatshaushalt zu sanieren. Das Straßennetz und die Automobilindustrie blieben unterentwickelt, und außerhalb der großen Städte waren unbefestigte Straßen üblich. Die sowjetischen Instandhaltungsprojekte erwiesen sich als unfähig, auch nur die wenigen Straßen des Landes instand zu halten. Anfang bis Mitte der 1980er Jahre versuchten die sowjetischen Behörden, das Straßenproblem zu lösen, indem sie den Bau neuer Straßen anordneten. Gleichzeitig wuchs die Automobilindustrie schneller als der Straßenbau. Das unterentwickelte Straßennetz führte zu einer wachsenden Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln.

Trotz der Verbesserungen waren verschiedene Aspekte des Verkehrssektors immer noch mit Problemen behaftet, die auf eine veraltete Infrastruktur, fehlende Investitionen, Korruption und schlechte Entscheidungen zurückzuführen waren. Die sowjetischen Behörden waren nicht in der Lage, die wachsende Nachfrage nach Verkehrsinfrastruktur und -dienstleistungen zu befriedigen.

Die sowjetische Handelsmarine war eine der größten der Welt.

Demografie

Bevölkerung der Sowjetunion (rot) und der postsowjetischen Staaten (blau) von 1961 bis 2009 sowie Projektion (blau gestrichelt) von 2010 bis 2100

Die Zahl der Toten während des Ersten Weltkriegs und des Russischen Bürgerkriegs (einschließlich der Hungersnot in der Nachkriegszeit) belief sich auf insgesamt 18 Millionen, in den 1930er Jahren auf etwa 10 Millionen und in den Jahren 1941-1945 auf mehr als 26 Millionen. Die sowjetische Nachkriegsbevölkerung war 45 bis 50 Millionen kleiner, als sie es gewesen wäre, wenn sich das Bevölkerungswachstum der Vorkriegszeit fortgesetzt hätte. Catherine Merridale zufolge "... würde eine vernünftige Schätzung die Gesamtzahl der überzähligen Todesfälle für den gesamten Zeitraum auf etwa 60 Millionen schätzen".

Die Geburtenrate der UdSSR sank von 44,0 pro Tausend im Jahr 1926 auf 18,0 im Jahr 1974, was hauptsächlich auf die zunehmende Verstädterung und das steigende Durchschnittsalter der Eheschließungen zurückzuführen war. Auch die Sterblichkeitsrate ging allmählich zurück - von 23,7 pro Tausend im Jahr 1926 auf 8,7 im Jahr 1974. Im Allgemeinen waren die Geburtenraten in den südlichen Republiken Transkaukasiens und Zentralasiens wesentlich höher als in den nördlichen Teilen der Sowjetunion, und in einigen Fällen stiegen sie in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sogar an, was zum Teil auf die langsamere Verstädterung und das traditionell frühere Heiratsalter in den südlichen Republiken zurückzuführen ist. Das sowjetische Europa bewegte sich auf eine Fertilität unterhalb des Reproduktionsniveaus zu, während das sowjetische Zentralasien weiterhin ein Bevölkerungswachstum deutlich über dem Reproduktionsniveau verzeichnete.

Ende der 1960er und in den 1970er Jahren kam es in der UdSSR zu einer Umkehr der rückläufigen Entwicklung der Sterblichkeitsrate, die besonders bei Männern im erwerbsfähigen Alter auffiel, aber auch in Russland und anderen überwiegend slawischen Gebieten des Landes zu beobachten war. Eine Analyse der offiziellen Daten aus den späten 1980er Jahren zeigte, dass sich die Erwachsenensterblichkeit nach einer Verschlechterung Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre wieder zu verbessern begann. Die Säuglingssterblichkeitsrate stieg von 24,7 im Jahr 1970 auf 27,9 im Jahr 1974. Einige Forscher hielten diesen Anstieg für real und für eine Folge der sich verschlechternden Gesundheitsbedingungen und Dienstleistungen. Der Anstieg sowohl der Erwachsenen- als auch der Kindersterblichkeit wurde von den sowjetischen Beamten weder erklärt noch verteidigt, und die sowjetische Regierung stellte zehn Jahre lang die Veröffentlichung aller Sterblichkeitsstatistiken ein. Die sowjetischen Demographen und Gesundheitsspezialisten schwiegen über den Anstieg der Sterblichkeit bis Ende der 1980er Jahre, als die Veröffentlichung der Sterblichkeitsdaten wieder aufgenommen wurde und die Forscher den wahren Ursachen auf den Grund gehen konnten.

Frauen und Fruchtbarkeit

Walentina Tereschkowa, die erste Frau im Weltraum, bei einem Besuch in der Lemberger Konditorei, Ukrainische SSR, 1967

Unter Lenin verpflichtete sich der Staat ausdrücklich, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Viele frühe russische Feministinnen und einfache russische Arbeiterinnen nahmen aktiv an der Revolution teil, und viele weitere waren von den Ereignissen dieser Zeit und der neuen Politik betroffen. Ab Oktober 1918 liberalisierte Lenins Regierung die Scheidungs- und Abtreibungsgesetze, entkriminalisierte die Homosexualität (die in den 1930er Jahren wieder unter Strafe gestellt wurde), erlaubte das Zusammenleben und leitete eine Reihe von Reformen ein. Ohne Geburtenkontrolle brachte das neue System jedoch viele zerrüttete Ehen und unzählige uneheliche Kinder hervor. Die Epidemie von Scheidungen und außerehelichen Affären führte zu sozialen Härten, während die sowjetische Führung wollte, dass sich die Menschen auf das Wachstum der Wirtschaft konzentrierten. Indem man den Frauen die Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit übertrug, kam es auch zu einem drastischen Rückgang der Geburtenrate, der als Bedrohung für die militärische Macht des Landes empfunden wurde. 1936 hob Stalin die meisten liberalen Gesetze wieder auf und läutete damit eine pronatalistische Ära ein, die jahrzehntelang andauerte.

1917 war Russland die erste Großmacht, die Frauen das Wahlrecht gewährte. Nach schweren Verlusten im Ersten und Zweiten Weltkrieg waren die Frauen in Russland im Verhältnis 4:3 stärker vertreten als die Männer. Dies trug dazu bei, dass Frauen in der russischen Gesellschaft eine größere Rolle spielten als in anderen Großmächten jener Zeit.

Bildung

Junge Pioniere in einem Lager für junge Pioniere in der Kasachischen SSR

Anatoli Lunatscharski wurde der erste Volkskommissar für Bildung in Sowjetrussland. In der Anfangszeit legten die sowjetischen Behörden großen Wert auf die Beseitigung des Analphabetismus. Alle linkshändigen Kinder wurden im sowjetischen Schulsystem gezwungen, mit der rechten Hand zu schreiben. Gebildete Menschen wurden automatisch als Lehrer eingestellt. Für eine kurze Zeit wurde die Qualität der Quantität geopfert. Im Jahr 1940 konnte Stalin verkünden, dass das Analphabetentum beseitigt war. In den 1930er Jahren nahm die soziale Mobilität stark zu, was auf die Reformen im Bildungswesen zurückgeführt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Bildungssystem des Landes drastisch ausgebaut, was enorme Auswirkungen hatte. In den 1960er Jahren hatten fast alle Kinder Zugang zu Bildung, mit Ausnahme derjenigen, die in abgelegenen Gebieten lebten. Nikita Chruschtschow versuchte, den Zugang zur Bildung zu erleichtern, indem er den Kindern verdeutlichte, dass Bildung eng mit den Bedürfnissen der Gesellschaft verbunden war. Bildung wurde auch für die Entstehung des Neuen Menschen wichtig. Bürger, die direkt ins Berufsleben eintraten, hatten das verfassungsmäßige Recht auf einen Arbeitsplatz und eine kostenlose Berufsausbildung.

Das Bildungssystem war stark zentralisiert und für alle Bürger zugänglich, wobei Bewerber aus kulturell rückständigen Nationen bevorzugt wurden. Im Rahmen der allgemeinen antisemitischen Politik wurde jedoch an den führenden Hochschulen eine inoffizielle Judenquote eingeführt, indem jüdische Bewerber härteren Aufnahmeprüfungen unterzogen wurden. In der Breschnew-Ära wurde außerdem eine Vorschrift eingeführt, wonach alle Studienbewerber ein Zeugnis des örtlichen Komsomol-Parteisekretärs vorlegen mussten. Statistiken aus dem Jahr 1986 zufolge lag die Zahl der Hochschulstudenten pro 10.000 Einwohner in der UdSSR bei 181, in den USA dagegen bei 517.

Nationalitäten und ethnische Gruppen

Menschen in Samarkand, Usbekische SSR, 1981
Swanetischer Mann in Mestia, Georgische SSR, 1929

Die Sowjetunion war ein ethnisch vielfältiges Land mit mehr als 100 verschiedenen ethnischen Gruppen. Die Gesamtbevölkerung des Landes wurde 1991 auf 293 Millionen geschätzt. Nach einer Schätzung von 1990 waren die meisten Einwohner Russen (50,78 %), gefolgt von Ukrainern (15,45 %) und Usbeken (5,84 %). Insgesamt zeigte die ethnische Demografie des Landes 1989, dass 69,8 % der Bevölkerung ostslawisch, 17,5 % türkisch, 1,6 % armenisch, 1,6 % baltisch, 1,5 % finnisch, 1,5 % tadschikisch, 1,4 % georgisch, 1,2 % moldauisch und 4,1 % anderen ethnischen Gruppen angehörten.

Alle Bürger der UdSSR hatten ihre eigene ethnische Zugehörigkeit. Die ethnische Zugehörigkeit einer Person wurde im Alter von sechzehn Jahren von den Eltern des Kindes festgelegt. Wenn die Eltern nicht einverstanden waren, wurde das Kind automatisch der Ethnie des Vaters zugeordnet. Zum Teil aufgrund der sowjetischen Politik wurden einige der kleineren ethnischen Minderheitengruppen als Teil größerer Gruppen betrachtet, wie z. B. die Mingrelier in Georgien, die den sprachlich verwandten Georgiern zugeordnet wurden. Einige ethnische Gruppen assimilierten sich freiwillig, während andere gewaltsam eingegliedert wurden. Russen, Weißrussen und Ukrainer, die alle ostslawisch und orthodox waren, teilten enge kulturelle, ethnische und religiöse Bindungen, andere Gruppen hingegen nicht. Da mehrere Nationalitäten auf demselben Gebiet lebten, entwickelten sich im Laufe der Jahre ethnische Gegensätze.

In den gesetzgebenden Organen waren Angehörige verschiedener Ethnien vertreten. Machtorgane wie das Politbüro, das Sekretariat des Zentralkomitees usw. waren formal ethnisch neutral, aber in der Realität waren ethnische Russen überrepräsentiert, obwohl es in der sowjetischen Führung auch nicht-russische Führungspersönlichkeiten wie Josef Stalin, Grigori Sinowjew, Nikolai Podgorny oder Andrej Gromyko gab. Während der Sowjetära wanderte eine beträchtliche Anzahl ethnischer Russen und Ukrainer in andere Sowjetrepubliken aus, und viele von ihnen ließen sich dort nieder. Nach der letzten Volkszählung von 1989 belief sich die russische "Diaspora" in den Sowjetrepubliken auf 25 Millionen.

Gesundheit

Ein frühes Plakat aus der Sowjetzeit, das von unsicheren Abtreibungspraktiken abrät

1917, vor der Revolution, lagen die Gesundheitsbedingungen deutlich hinter denen der entwickelten Länder zurück. Wie Lenin später feststellte: "Entweder besiegen die Läuse den Sozialismus oder der Sozialismus besiegt die Läuse". Das sowjetische Prinzip der Gesundheitsfürsorge wurde 1918 vom Volkskommissariat für Gesundheit entwickelt. Die Gesundheitsfürsorge sollte unter staatlicher Kontrolle stehen und den Bürgern kostenlos zur Verfügung gestellt werden - ein für die damalige Zeit revolutionäres Konzept. Artikel 42 der sowjetischen Verfassung von 1977 gab allen Bürgern das Recht auf Gesundheitsschutz und freien Zugang zu allen Gesundheitseinrichtungen in der UdSSR. Bevor Leonid Breschnew Generalsekretär wurde, genoss das sowjetische Gesundheitssystem bei vielen ausländischen Fachleuten hohes Ansehen. Dies änderte sich jedoch mit dem Amtsantritt von Breschnew und der Amtszeit von Michail Gorbatschow, in der das Gesundheitssystem wegen zahlreicher grundlegender Mängel, wie der Qualität der Leistungen und der Ungleichmäßigkeit der Versorgung, heftig kritisiert wurde. Gesundheitsminister Jewgenij Tschasow hob auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion zwar Erfolge wie die meisten Ärzte und Krankenhäuser der Welt hervor, räumte aber auch ein, dass das System verbesserungswürdig sei und dass Milliarden sowjetischer Rubel verschwendet worden seien.

Nach der Revolution stieg die Lebenserwartung für alle Altersgruppen an. Diese Statistik an sich wurde von einigen als Beweis dafür angesehen, dass das sozialistische System dem kapitalistischen System überlegen war. Diese Verbesserungen setzten sich bis in die 1960er Jahre fort, als die Statistiken zeigten, dass die Lebenserwartung kurzzeitig die der Vereinigten Staaten übertraf. In den 1970er Jahren begann die Lebenserwartung zu sinken, möglicherweise aufgrund von Alkoholmissbrauch. Gleichzeitig begann die Säuglingssterblichkeit zu steigen. Nach 1974 stellte die Regierung die Veröffentlichung einschlägiger Statistiken ein. Dieser Trend lässt sich zum Teil dadurch erklären, dass die Zahl der Schwangerschaften im asiatischen Teil des Landes, wo die Kindersterblichkeit am höchsten war, drastisch anstieg, während sie im weiter entwickelten europäischen Teil der Sowjetunion deutlich zurückging.

Zahnmedizin

Die sowjetische Zahntechnik und die Zahngesundheit galten als notorisch schlecht. Im Jahr 1991 hatte der durchschnittliche 35-Jährige 12 bis 14 Karies, Füllungen oder fehlende Zähne. Zahnpasta war oft nicht erhältlich, und die Zahnbürsten entsprachen nicht den Standards der modernen Zahnmedizin.

Sprache

Unter Lenin gab die Regierung den kleinen Sprachgruppen ihre eigenen Schriftsysteme. Die Entwicklung dieser Schriftsysteme war sehr erfolgreich, auch wenn einige Schwächen festgestellt wurden. In den späteren Jahren der UdSSR verfolgten Länder mit der gleichen mehrsprachigen Situation eine ähnliche Politik. Ein ernsthaftes Problem bei der Schaffung dieser Schriftsysteme war, dass sich die Sprachen dialektal stark voneinander unterschieden. Sobald eine Sprache ein Schriftsystem erhalten hatte und in einer bedeutenden Publikation erschien, erhielt sie den Status einer "Amtssprache". Es gab viele Minderheitensprachen, die nie ein eigenes Schriftsystem erhielten; daher waren ihre Sprecher gezwungen, eine zweite Sprache zu sprechen. Es gibt Beispiele dafür, dass die Regierung von dieser Politik abrückte, vor allem unter Stalin, als der Unterricht in nicht verbreiteten Sprachen eingestellt wurde. Diese Sprachen wurden dann in eine andere Sprache, meist Russisch, assimiliert. Während des Zweiten Weltkriegs wurden einige Minderheitensprachen verboten, und ihre Sprecher wurden der Kollaboration mit dem Feind beschuldigt.

Als die am weitesten verbreitete der vielen Sprachen der Sowjetunion fungierte Russisch de facto als Amtssprache, als "Sprache der interethnischen Kommunikation" (Russisch: язык межнационального общения), erhielt aber erst 1990 den De-jure-Status als offizielle Nationalsprache.

Religion

Titelblatt von Bezbozhnik im Jahr 1929, Zeitschrift der Gesellschaft der Gottlosen. Der erste Fünfjahresplan der Sowjetunion zeigt die Zertrümmerung der Götter der abrahamitischen Religionen.
Die Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau während ihres Abrisses im Jahr 1931
Eine Paranja-Verbrennungszeremonie in der Usbekischen SSR als Teil der sowjetischen Hujum-Politik

Das Christentum und der Islam hatten die meisten Anhänger unter den religiösen Bürgern. Unter den Christen dominierte das östliche Christentum, wobei die traditionelle russisch-orthodoxe Kirche die größte christliche Konfession war. Etwa 90 % der Muslime in der Sowjetunion waren Sunniten, wobei die Schiiten vor allem in der Aserbaidschanischen SSR vertreten waren. Zu den kleineren Gruppen gehörten römische Katholiken, Juden, Buddhisten und eine Vielzahl protestantischer Konfessionen (insbesondere Baptisten und Lutheraner).

Der religiöse Einfluss war im Russischen Reich stark. Die Russisch-Orthodoxe Kirche genoss als Kirche der Monarchie einen privilegierten Status und war an der Erfüllung offizieller staatlicher Aufgaben beteiligt. Unmittelbar nach der Gründung des Sowjetstaates kam es zu einem Kampf gegen die orthodoxe Kirche, die von den Revolutionären als Verbündete der ehemals herrschenden Klassen betrachtet wurde.

Im sowjetischen Recht war die "Freiheit zur Abhaltung von Gottesdiensten" verfassungsmäßig garantiert, obwohl die regierende Kommunistische Partei Religion als unvereinbar mit dem marxistischen Geist des wissenschaftlichen Materialismus ansah. In der Praxis vertrat das sowjetische System eine enge Auslegung dieses Rechts und setzte eine Reihe offizieller Maßnahmen ein, um von der Religion abzuschrecken und die Aktivitäten religiöser Gruppen einzuschränken.

Der Erlass des Rates der Volkskommissare von 1918, mit dem die Russische SFSR als säkularer Staat gegründet wurde, verfügte auch, dass "der Religionsunterricht an allen Orten, an denen allgemeine Unterrichtsfächer unterrichtet werden, verboten ist. Die Bürger dürfen Religion privat unterrichten und unterrichtet werden". Zu den weiteren Beschränkungen, die 1929 erlassen wurden, gehörte das ausdrückliche Verbot einer Reihe von kirchlichen Aktivitäten, einschließlich Treffen zum organisierten Bibelstudium. Sowohl christliche als auch nicht-christliche Einrichtungen wurden in den 1920er und 1930er Jahren zu Tausenden geschlossen. Bis 1940 waren 90 % der Kirchen, Synagogen und Moscheen, die 1917 in Betrieb gewesen waren, geschlossen.

Die Sowjetunion war offiziell ein säkularer Staat, doch wurde unter der Doktrin des Staatsatheismus ein "staatlich gefördertes Programm der Zwangsbekehrung zum Atheismus" durchgeführt. Zwar wurden die meisten organisierten Religionen nie verboten, doch wurde religiöses Eigentum konfisziert, Gläubige wurden schikaniert, und die Religion wurde lächerlich gemacht, während in den Schulen der Atheismus propagiert wurde. Im Jahr 1925 gründete die Regierung die Liga der militanten Atheisten, um die Propagandakampagne zu intensivieren. Obwohl persönliche Glaubensbekundungen nicht ausdrücklich verboten waren, wurden sie durch die offiziellen Strukturen und die Massenmedien mit einem starken sozialen Stigma belegt, und für Angehörige bestimmter Berufsgruppen (Lehrer, Staatsbeamte, Soldaten) galt es allgemein als inakzeptabel, offen religiös zu sein. Während die Verfolgung nach der Machtübernahme Stalins zunahm, förderte die Regierung während des Zweiten Weltkriegs eine Wiederbelebung der Orthodoxie, und die sowjetischen Behörden versuchten, die russisch-orthodoxe Kirche zu kontrollieren, anstatt sie zu liquidieren. In den ersten fünf Jahren der sowjetischen Herrschaft richteten die Bolschewiki 28 russisch-orthodoxe Bischöfe und über 1 200 russisch-orthodoxe Priester hin. Viele andere wurden inhaftiert oder ins Exil geschickt. Die Gläubigen wurden schikaniert und verfolgt. Die meisten Seminare wurden geschlossen, und die Veröffentlichung der meisten religiösen Schriften wurde verboten. 1941 gab es nur noch 500 Kirchen von den 54 000, die vor dem Ersten Weltkrieg bestanden hatten.

In der Überzeugung, dass der religiöse Antisowjetismus der Vergangenheit angehörte, und angesichts der drohenden Kriegsgefahr ging das Stalin-Regime in den späten 1930er Jahren zu einer gemäßigteren Religionspolitik über. Die sowjetischen religiösen Einrichtungen unterstützten während des Zweiten Weltkriegs mit überwältigender Mehrheit die Kriegsanstrengungen. Inmitten anderer Zugeständnisse an den religiösen Glauben nach der deutschen Invasion wurden die Kirchen wieder geöffnet. Radio Moskau begann mit der Ausstrahlung einer religiösen Stunde, und 1943 fand ein historisches Treffen zwischen Stalin und dem orthodoxen Kirchenführer Patriarch Sergius von Moskau statt. Stalin hatte bis in die späten 1980er Jahre die Unterstützung der Mehrheit der religiösen Menschen in der UdSSR. Die allgemeine Tendenz dieser Zeit war eine Zunahme der religiösen Aktivitäten unter Gläubigen aller Glaubensrichtungen.

Unter Nikita Chruschtschow geriet die Staatsführung in den Jahren 1958-1964 mit den Kirchen aneinander, einer Zeit, in der der Atheismus in den Lehrplänen betont wurde und zahlreiche staatliche Publikationen atheistische Ansichten propagierten. In dieser Zeit ging die Zahl der Kirchen von 1959 bis 1965 von 20.000 auf 10.000 zurück, und die Zahl der Synagogen sank von 500 auf 97. Auch die Zahl der funktionierenden Moscheen ging innerhalb eines Jahrzehnts von 1.500 auf 500 zurück.

Religiöse Einrichtungen wurden weiterhin von der sowjetischen Regierung überwacht, aber Kirchen, Synagogen, Tempel und Moscheen erhielten in der Breschnew-Ära mehr Spielraum. Die offiziellen Beziehungen zwischen der orthodoxen Kirche und der Regierung erwärmten sich wieder, so dass die Breschnew-Regierung den orthodoxen Patriarchen Alexij I. zweimal mit dem Orden des Roten Banners der Arbeit auszeichnete. Eine 1982 von den sowjetischen Behörden durchgeführte Umfrage ergab, dass 20 % der sowjetischen Bevölkerung "aktive Gläubige" waren.

Die Staatsdoktrin der Sowjetunion war atheistisch. Die Ausübung von Religionen war zeitweise verboten oder unterlag umfangreichen staatlichen Einschränkungen, so gab es z. B. Gesetze gegen das öffentliche Singen religiöser Lieder.

Gehörten um 1920 noch etwa 90 % der Menschen in der russischen SFSR der Russisch-Orthodoxen Kirche an, so sank die Zahl bis 1940 auf unter 30 %. Viele Gläubige waren Repressalien ausgesetzt, wurden gefoltert, erschossen oder nach Sibirien verbannt.

Unter der Führung Lenins wurden von der Sowjetregierung Dekrete und Gesetze („Dekret über die Gewissensfreiheit, die kirchlichen und religiösen Vereinigungen“ vom Januar/Februar 1918 sowie Liquidierungsgesetz vom 27. Juli 1918, vorgelegt vom Volkskommissar für Justiz Pjotr Stutschka) erlassen, die formalrechtlich freie Religionsausübung gewährten, dabei aber die Kirchen enteigneten. Tatsächlich wurden die Kirchen als Vertreter der alten Ordnung und ihre Anhänger als Konterrevolutionäre gesehen. In der Folge kam es zu Massenhinrichtungen von Priestern der Russisch-Orthodoxen Kirche.

Unter Josef Stalin wurden tausende Priester in Arbeitslager (Gulag) deportiert. Ebenso wurden in zentralasiatischen Republiken, wo mehrheitlich Muslime lebten, die meisten Moscheen geschlossen und die Religionsausübung ebenfalls verboten.

In Sibirien, vor allem südlich des Baikalsees, leben außerdem zahlreiche Buddhisten. Auch große Teile der koreanischen Minderheit bekannten sich zum Buddhismus.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die strenge staatliche antireligiöse Haltung etwas gelockert. Einige Bischöfe und Priester wurden aus der Haft entlassen. Es wurden einige geistliche Hochschulen sowie Kirchen und Klöster wieder zugelassen. Nach der Machtübernahme von Nikita Chruschtschow wurde eine neue Welle des antireligiösen Kampfes ausgelöst. Chruschtschow versprach, den letzten Priester der Sowjetunion bald im Fernsehen zu zeigen. Unter Michail Gorbatschow in den späten 1980er Jahren wurde die staatliche Haltung wieder etwas lockerer, bis schließlich mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion formal Religionsfreiheit gewährt wurde. Diese wurde jedoch unterschiedlich ausgelegt. 2018 stehen noch mindestens fünf Nachfolgerepubliken auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors der Länder mit Christenverfolgung, darunter Usbekistan auf Platz 16 (von 50).

Vermächtnis

Die militärischen Todesopfer des Zweiten Weltkriegs in Europa nach Schauplätzen und Jahren. Nazideutschland erlitt 80 % seiner militärischen Todesopfer an der Ostfront.

Die Hinterlassenschaft der UdSSR ist nach wie vor ein kontroverses Thema. Der sozioökonomische Charakter kommunistischer Staaten wie der UdSSR, insbesondere unter Stalin, ist ebenfalls stark umstritten und wird unterschiedlich als eine Form des bürokratischen Kollektivismus, des Staatskapitalismus, des Staatssozialismus oder als eine völlig einzigartige Produktionsweise bezeichnet. Die UdSSR hat über einen langen Zeitraum hinweg ein breites Spektrum an politischen Maßnahmen umgesetzt, wobei die verschiedenen Führer eine große Anzahl widersprüchlicher Maßnahmen ergriffen haben. Einige sehen sie positiv, während andere dem Land kritisch gegenüberstehen und es als repressive Oligarchie bezeichnen. Die Meinungen über die UdSSR sind komplex und haben sich im Laufe der Zeit gewandelt, wobei die verschiedenen Generationen unterschiedliche Ansichten zu diesem Thema sowie zur sowjetischen Politik haben, die den verschiedenen Zeitabschnitten der Geschichte entsprechen. Die Linken haben sehr unterschiedliche Ansichten über die UdSSR. Während einige Linke, wie Anarchisten und andere libertäre Sozialisten, der Meinung sind, dass die UdSSR den Arbeitern keine Kontrolle über die Produktionsmittel gab und eine zentralisierte Oligarchie war, haben andere eine positivere Meinung über die Politik der Bolschewiki und Wladimir Lenin. Viele antistalinistische Linke, wie z. B. Anarchisten, stehen dem sowjetischen Autoritarismus und der Unterdrückung äußerst kritisch gegenüber. Ein Großteil der Kritik konzentriert sich auf die Massaker in der Sowjetunion, die zentralisierte Hierarchie in der UdSSR und die massenhafte politische Unterdrückung sowie die Gewalt gegen Regierungskritiker und politische Dissidenten wie andere Linke. Kritiker verweisen auch auf das Versäumnis, nennenswerte Arbeitergenossenschaften zu gründen oder die Arbeiterbefreiung umzusetzen, sowie auf Korruption und den autoritären Charakter der Sowjetunion.

Die Briefmarke der Republik Moldau von 2001 zeigt Juri Gagarin, den ersten Menschen im Weltraum

Viele Russen und andere ehemalige Sowjetbürger blicken mit Nostalgie auf die UdSSR zurück und verweisen auf die zu Sowjetzeiten errichtete Infrastruktur, die höhere Arbeitsplatzsicherheit, die höhere Alphabetisierungsrate, die höhere Kalorienzufuhr und den angeblichen ethnischen Pluralismus in der Sowjetunion sowie auf die politische Stabilität. Die Russische Revolution wird ebenfalls positiv gesehen, ebenso wie die Führung durch Lenin, Nikita Chruschtschow und die spätere UdSSR, obwohl viele die Herrschaft von Joseph Stalin als positiv für das Land ansehen. In Armenien meinten 12 % der Befragten, der Zusammenbruch der UdSSR habe dem Land gut getan, während 66 % sagten, er habe ihm geschadet. In Kirgisistan sagten 16 % der Befragten, dass der Zusammenbruch der UdSSR gut war, während 61 % sagten, er habe geschadet. In einer Umfrage der Rating Sociological Group von 2018 hatten 47 % der ukrainischen Befragten eine positive Meinung über den sowjetischen Führer Leonid Breschnew, der die Sowjetunion von 1964 bis 1982 regierte. Eine Umfrage des Levada-Zentrums aus dem Jahr 2021 ergab, dass 49 % der Russen das politische System der UdSSR bevorzugen, während 18 % das derzeitige politische System und 16 % eine westliche Demokratie bevorzugen würden. Weitere 62 % der Befragten ziehen das sowjetische System der zentralen Planung vor, während 24 % ein marktwirtschaftliches System bevorzugen. Ein Großteil der Bewunderung für die UdSSR rührt von den Mängeln der modernen postsowjetischen Regierungen her, wie z. B. der Kontrolle durch Oligarchen, der Korruption und der veralteten Infrastruktur aus der Sowjet-Ära sowie dem Aufstieg und der Dominanz des organisierten Verbrechens nach der Auflösung der Sowjetunion, was alles direkt zu einer Nostalgie für die Sowjetunion führt.

Die Zeit des Zweiten Weltkriegs (1941-1945) ist in Russland immer noch als "Großer Vaterländischer Krieg" bekannt. Der Krieg wurde im Kino, in der Literatur, im Geschichtsunterricht in der Schule, in den Massenmedien und in der Kunst zu einem Thema von großer Bedeutung. Aufgrund der massiven Verluste, die das Militär und die Zivilbevölkerung während des Konflikts erlitten haben, ist der Tag des Sieges, der am 9. Mai gefeiert wird, immer noch eines der wichtigsten und emotionalsten Daten in Russland.

In den ehemaligen Sowjetrepubliken

Menschen in Donezk feiern den sowjetischen Sieg über Nazi-Deutschland, 9. Mai 2018

In einigen postsowjetischen Republiken ist die Sicht auf die UdSSR negativer, auch wenn es in dieser Frage keine Einigkeit gibt. Die ethnischen Ukrainer haben eine negative Sicht auf die UdSSR, was zum großen Teil auf den Holodomor zurückzuführen ist. Die russischsprachigen Ukrainer in den südlichen und östlichen Regionen der Ukraine haben eine positivere Sicht auf die UdSSR. In einigen Ländern mit internen Konflikten gibt es auch eine Nostalgie für die UdSSR, insbesondere für Flüchtlinge der postsowjetischen Konflikte, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen und vertrieben wurden. Diese Nostalgie ist weniger eine Bewunderung für das Land oder seine Politik als vielmehr eine Sehnsucht, in ihre Heimat zurückzukehren und nicht in Armut zu leben. Die vielen russischen Enklaven in den ehemaligen UdSSR-Republiken wie Transnistrien haben im Allgemeinen eine positive Erinnerung an sie.

Die politische Linke

Die Sicht der Linken auf die UdSSR ist komplex. Während einige Linke die UdSSR als Beispiel für den Staatskapitalismus betrachten oder sie für einen oligarchischen Staat halten, bewundern andere Linke Wladimir Lenin und die Russische Revolution. Die Kommunisten des Rates sind im Allgemeinen der Ansicht, dass es der UdSSR nicht gelungen ist, ein Klassenbewusstsein zu schaffen, so dass sie zu einem korrupten Staat wurde, in dem die Elite die Gesellschaft kontrollierte.

Auch Anarchisten stehen dem Land kritisch gegenüber und bezeichnen das sowjetische System als roten Faschismus. Zu den Faktoren, die zur Feindseligkeit der Anarchisten gegenüber der UdSSR beitrugen, gehörten der sowjetische Einmarsch in das anarchistische Freie Gebiet nach einem anfänglichen Bündnis, die Niederschlagung des anarchistischen Kronstädter Aufstands und die Niederlage der rivalisierenden anarchistischen Fraktionen durch die von der Sowjetunion unterstützte kommunistische Fraktion während des Spanischen Bürgerkriegs.

Auch die Maoisten haben eine gemischte Meinung über die UdSSR, die sie während der chinesisch-sowjetischen Spaltung negativ bewerteten und als revisionistisch und zum Kapitalismus zurückkehrend anprangerten. Die chinesische Regierung äußerte 1963 ihre Kritik am System der UdSSR und propagierte Chinas ideologische Linie als Alternative

Kultur

Der "Marsch der Enthusiasten", ein in der Sowjetunion bekanntes Lied aus den 1930er Jahren
Der sowjetische Liedermacher, Dichter und Schauspieler Vladimir Vysotsky im Jahr 1979

Die Kultur der Sowjetunion durchlief während der Existenz der UdSSR mehrere Phasen. Im ersten Jahrzehnt nach der Revolution herrschte relative Freiheit, und die Künstler experimentierten mit verschiedenen Stilen, um einen unverwechselbaren sowjetischen Kunststil zu finden. Lenin wollte, dass die Kunst für das russische Volk zugänglich ist. Andererseits wurden Hunderte von Intellektuellen, Schriftstellern und Künstlern ins Exil geschickt oder hingerichtet, und ihre Werke wurden verboten, wie z. B. Nikolai Gumiljow, der wegen angeblicher Verschwörung gegen das bolschewistische Regime erschossen wurde, und Jewgeni Zamjatin.

Die Regierung förderte eine Vielzahl von Strömungen. In Kunst und Literatur entstanden zahlreiche Schulen, von denen einige traditionell und andere radikal experimentell waren. Die kommunistischen Schriftsteller Maxim Gorki und Wladimir Majakowski waren in dieser Zeit aktiv. Als Mittel zur Beeinflussung einer weitgehend analphabetischen Gesellschaft wurde der Film vom Staat gefördert, und viele der besten Werke des Regisseurs Sergej Eisenstein stammen aus dieser Zeit.

Während der Herrschaft Stalins war die sowjetische Kultur durch den Aufstieg und die Vorherrschaft des staatlich verordneten sozialistischen Realismus gekennzeichnet, wobei alle anderen Strömungen stark unterdrückt wurden, mit seltenen Ausnahmen, wie z. B. die Werke von Michail Bulgakow. Viele Schriftsteller wurden inhaftiert und ermordet.

Nach dem Chruschtschow-Tauwetter wurde die Zensur gelockert. In dieser Zeit entwickelte sich eine charakteristische Periode der sowjetischen Kultur, die durch ein konformistisches öffentliches Leben und eine intensive Konzentration auf das persönliche Leben gekennzeichnet war. Es wurde wieder mehr mit Kunstformen experimentiert, was zur Produktion anspruchsvoller und subtiler kritischer Werke führte. Das Regime lockerte seine Betonung des sozialistischen Realismus; so beschäftigten sich beispielsweise viele Protagonisten in den Romanen des Schriftstellers Juri Trifonow mit Problemen des täglichen Lebens und nicht mit dem Aufbau des Sozialismus. In dieser späten Periode entwickelte sich eine dissidente Literatur im Untergrund, der so genannte Samizdat. In der Architektur konzentrierte sich die Chruschtschow-Ära vor allem auf funktionales Design im Gegensatz zum hochdekorierten Stil der Stalin-Epoche. In der Musik wurden als Reaktion auf die zunehmende Popularität von populären Musikformen wie dem Jazz im Westen viele Jazzorchester in der gesamten UdSSR zugelassen, insbesondere das Melodiya Ensemble, benannt nach dem wichtigsten Plattenlabel in der UdSSR.

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurde durch Gorbatschows Politik der Perestroika und Glasnost die Meinungsfreiheit in den Medien und in der Presse landesweit erheblich ausgeweitet.

Sport

Valeri Kharlamov vertrat die Sowjetunion bei 11 Eishockey-Weltmeisterschaften und gewann acht Goldmedaillen, zwei Silbermedaillen und eine Bronzemedaille

Sovetsky Sport wurde am 20. Juli 1924 in Moskau gegründet und war die erste Sportzeitung der Sowjetunion.

Das Sowjetische Olympische Komitee wurde am 21. April 1951 gegründet, und das IOC erkannte die neue Organisation auf seiner 45. Im selben Jahr, als der sowjetische Vertreter Konstantin Andrianow IOC-Mitglied wurde, trat die UdSSR offiziell der Olympischen Bewegung bei. Die Olympischen Sommerspiele 1952 in Helsinki waren somit die ersten Olympischen Spiele für sowjetische Sportler. Die Sowjetunion war bei den Olympischen Sommerspielen der größte Konkurrent der Vereinigten Staaten, gewann sechs ihrer neun Teilnahmen an den Spielen und lag auch bei den Olympischen Winterspielen sechs Mal an der Spitze des Medaillenspiegels. Der Erfolg der Sowjetunion bei den Olympischen Spielen wird darauf zurückgeführt, dass sie viel in den Sport investierte, um ihr Image als Supermacht und ihren politischen Einfluss auf der Weltbühne zu demonstrieren.

Die Eishockeynationalmannschaft der Sowjetunion gewann zwischen 1954 und 1991 fast alle Weltmeisterschaften und olympischen Turniere und blieb bei keinem Turnier des Internationalen Eishockeyverbandes (IIHF) ohne Medaille.

Mit dem Aufkommen der staatlich geförderten "Vollzeit-Amateure" in den Ostblockländern wurde die Ideologie des reinen Amateurs weiter ausgehöhlt, da die selbstfinanzierten Amateure der westlichen Länder dadurch benachteiligt wurden. Die Sowjetunion meldete Mannschaften mit Athleten an, die nominell alle Studenten, Soldaten oder in einem Beruf tätig waren - in Wirklichkeit bezahlte der Staat viele dieser Athleten für ihr Vollzeittraining. Dennoch hielt das IOC an den traditionellen Regeln für den Amateurismus fest.

In einem Bericht eines Ausschusses des australischen Senats aus dem Jahr 1989 heißt es: "Es gibt kaum einen Medaillengewinner bei den Moskauer Spielen, schon gar nicht einen Goldmedaillengewinner ..., der nicht die eine oder andere Droge zu sich genommen hat, meist mehrere. Die Moskauer Spiele hätten auch die Spiele der Chemiker genannt werden können".

Ein Mitglied der Medizinischen Kommission des IOC, Manfred Donike, führte privat zusätzliche Tests mit einer neuen Technik durch, mit der anormale Testosteronwerte durch Messung des Verhältnisses zu Epitestosteron im Urin ermittelt werden können. Zwanzig Prozent der von ihm getesteten Proben, darunter die von sechzehn Goldmedaillengewinnern, hätten zu einem Disziplinarverfahren geführt, wenn die Tests offiziell gewesen wären. Die Ergebnisse von Donikes inoffiziellen Tests überzeugten später das IOC, seine neue Technik in seine Testprotokolle aufzunehmen. Der erste dokumentierte Fall von "Blutdoping" ereignete sich bei den Olympischen Sommerspielen 1980, als einem Läufer zwei Liter Blut transfundiert wurden, bevor er die Medaillen über 5000 m und 10.000 m gewann.

Eine 2016 erhaltene Dokumentation enthüllte die Pläne der Sowjetunion für ein landesweites Dopingsystem in der Leichtathletik in Vorbereitung auf die Olympischen Sommerspiele 1984 in Los Angeles. Das Dokument, das vor der Entscheidung zum Boykott der Spiele 1984 datiert wurde, beschreibt die bestehenden Steroide des Programms und enthält Vorschläge für weitere Verbesserungen. Dr. Sergei Portugalov vom Institut für Körperkultur verfasste die Mitteilung, die an den Leiter der Leichtathletikabteilung der Sowjetunion gerichtet war. Portugalov wurde später eine der führenden Persönlichkeiten, die an der Umsetzung des russischen Dopings vor den Olympischen Sommerspielen 2016 beteiligt waren.

Umwelt

Eine der vielen Auswirkungen des Umgangs mit der Umwelt in der UdSSR ist der Aralsee (siehe Status in den Jahren 1989 und 2014)

Die offizielle sowjetische Umweltpolitik hat stets großen Wert auf Maßnahmen gelegt, mit denen der Mensch die Natur aktiv verbessert. Lenins Zitat "Kommunismus ist Sowjetmacht und Elektrifizierung des Landes" fasst in vielerlei Hinsicht die Ausrichtung auf Modernisierung und industrielle Entwicklung zusammen. Mit dem ersten Fünfjahresplan von 1928 setzte Stalin die Industrialisierung des Landes um jeden Preis durch. Werte wie Umwelt- und Naturschutz wurden im Kampf um die Schaffung einer modernen Industriegesellschaft völlig außer Acht gelassen. Nach Stalins Tod konzentrierte man sich stärker auf Umweltfragen, aber die grundsätzliche Auffassung über den Wert des Umweltschutzes blieb dieselbe.

Landschaft in der Nähe von Karabasch, Gebiet Tscheljabinsk, ein Gebiet, das früher mit Wäldern bedeckt war, bis saure Niederschläge aus einer nahe gelegenen Kupferhütte die gesamte Vegetation vernichteten

Die sowjetischen Medien haben sich immer auf die riesigen Landflächen und die praktisch unzerstörbaren natürlichen Ressourcen konzentriert. Dies vermittelte den Eindruck, dass Verschmutzung und unkontrollierte Ausbeutung der Natur kein Problem darstellten. Der sowjetische Staat glaubte auch fest daran, dass der wissenschaftliche und technische Fortschritt alle Probleme lösen würde. Die offizielle Ideologie besagte, dass Umweltprobleme im Sozialismus leicht zu bewältigen seien, im Gegensatz zu kapitalistischen Ländern, in denen sie scheinbar nicht gelöst werden konnten. Die sowjetischen Behörden glaubten fast unerschütterlich daran, dass der Mensch die Natur überwinden könne. Als die Behörden jedoch in den 1980er Jahren zugeben mussten, dass es in der UdSSR Umweltprobleme gab, erklärten sie die Probleme damit, dass der Sozialismus noch nicht voll entwickelt war; die Umweltverschmutzung in einer sozialistischen Gesellschaft sei nur eine vorübergehende Anomalie, die gelöst worden wäre, wenn sich der Sozialismus entwickelt hätte.

Die Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 war der erste große Unfall in einem zivilen Kernkraftwerk. Wie kein anderer Unfall auf der Welt führte er dazu, dass eine große Anzahl radioaktiver Isotope in die Atmosphäre gelangte. Die radioaktiven Dosen haben sich relativ weit verstreut. Nach dem Unfall wurden 4.000 neue Fälle von Schilddrüsenkrebs gemeldet, was jedoch zu einer relativ geringen Zahl von Todesfällen führte (WHO-Daten, 2005). Die langfristigen Auswirkungen des Unfalls sind jedoch unbekannt. Ein weiterer schwerer Unfall ist die Katastrophe von Kyshtym.

Nach der Auflösung der Sowjetunion wurde festgestellt, dass die Umweltprobleme größer waren, als die sowjetischen Behörden zugaben. Die Kola-Halbinsel war einer der Orte mit eindeutigen Problemen. Rund um die Industriestädte Monchegorsk und Norilsk, wo beispielsweise Nickel abgebaut wird, sind alle Wälder durch Verschmutzung zerstört worden, während der Norden und andere Teile Russlands von Emissionen betroffen sind. In den 1990er Jahren interessierte man sich im Westen auch für die radioaktiven Gefahren von kerntechnischen Anlagen, ausgemusterten Atom-U-Booten und der Aufbereitung von Atommüll oder abgebrannten Brennelementen. In den frühen 1990er Jahren war auch bekannt, dass die UdSSR radioaktives Material in die Barentssee und die Karasee transportiert hatte, was später vom russischen Parlament bestätigt wurde. Der Absturz des U-Boots K-141 Kursk im Jahr 2000 im Westen gab weiteren Anlass zur Sorge. In der Vergangenheit gab es Unfälle mit den U-Booten K-19, K-8, K-129, K-27, K-219 und K-278 Komsomolets.

Bevölkerung

Übersicht

Nach dem Stand der letzten Volkszählung von 1988 hatte die Sowjetunion in ihren 15 Unionsrepubliken 286,717 Mio. Einwohner. Die Russische SFSR (Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik) war sowohl flächen- als auch bevölkerungsmäßig die größte, und in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht die dominierende Unionsrepublik.

Militär

Streitkräfte

Die Streitkräfte der Sowjetunion umfassten nach dem Gesetz die Armee, die Marine sowie weitere bewaffnete Formationen. Die Armee entstand nach der Oktoberrevolution von 1917. Ihre Bezeichnung „Rote Armee“, russ. Рабоче-крестьянская Красная Армия (РККА) Rabotsche-krestjanskaja Krasnaja Armija, deutsch ‚Rote Arbeiter- und Bauernarmee‘, wurde 1946 offiziell in „Sowjetarmee“, russ. Советская Армия (СА) Sowjetskaja Armija geändert. Das sowjetische Atombombenprojekt führte 1949 zur Etablierung der Sowjetunion als zweite Atommacht nach den USA.

Verteidigungsminister

Die Verteidigungsminister (vor dem 16. März 1946 Volkskommissare) waren Trotzki, Frunse, Woroschilow, Timoschenko, Stalin, Bulganin (zweimal), Wassilewski, Schukow, Malinowski, Gretschko, Ustinow, Sokolow, Jasow und Schaposchnikow.

Wirtschaft und Industrie

Industrie

Die Industrie der Sowjetunion war nicht völlig zentralisiert, sondern in Territorialen Produktionskomplexen organisiert, die sich selbst versorgen können sollten.

Energiewirtschaft

Einheitliches Energiesystem der Sowjetunion

Vor 1956 bestand das Stromnetz der Sowjetunion aus mehreren unabhängigen Teilnetzen unter der Führung der Zentralen Lastverteilers des Einheitlichen Energiesystems (EES), die dem Minenergo unterstand. Der Großverbund begann mit dem Zusammenschluss der Verbundnetze Zentral und Mittlere Wolga durch den Bau der ersten 400-kV-Leitung Moskau-Kuibyschew (ab 1959 500 kV).

1990 bestand das EES aus elf Stromringen, von denen zwei (Fernost und Zentralasien) nicht parallel geschaltet waren. Zum 1. Januar 1991 betrug die installierte Leistung aller Kraftwerke der Sowjetunion 325 GW, von denen 288,6 GW synchron zusammengeschaltet waren.

Währung

Ein Rubel aus dem Jahre 1970

Die offizielle Währung der Sowjetunion war der Rubel, der in 100 Kopeken unterteilt wird. Im Jahre 1922 verursachte Wladimir Lenin dem Parteiprogramm entsprechend eine Hyperinflation. Somit verfolgte er das Ziel in der kommunistischen Lehre, das Geld schrittweise abzuschaffen oder zumindest dessen Bedeutung einzuschränken, was mit einem Dekret nicht möglich wäre. So entwertete er seinen Zielen entsprechend alles umlaufende Finanzkapital (siehe auch Lenin und der Bürgerkrieg 1918 bis 1922). Nach mehreren Jahren voller militärischer Konflikte, wirtschaftlichen Krisen und Problemen war der Geldverkehr nur auf die nationale Ebene beschränkt. Das bedeutet, dass keine einzige Kopeke das Land mit der Ausnahme von Republikflucht und Schwarzmarkt verlassen konnte.

Formen des Eigentums

In der Sowjetunion gab es zwei grundlegende Formen des Eigentums; Individuelles Eigentum und Kollektives Eigentum (gemeinsames Eigentum, in der Praxis genossenschaftliches oder staatliches Eigentum). Diese unterschieden sich stark in ihrem Inhalt und dem rechtlichen Status. Gemäß kommunistischer Theorien konnte Kapital (Produktionsmittel), neben einigen unwesentlichen Ausnahmen, nicht individuell besessen werden. Nach dem Ende der kurzzeitigen Lockerung mit der Neuen Ökonomischen Politik (russisch: НЭП – Новая экономическая политика; NEP – Nowaja ekonomitscheskaja politika) durch Lenin wurde jegliches industrielle Eigentum sowie Bauland gemeines Eigentum des Volkes respektive Eigentum des Staates. Individuelles Eigentum konnte nur Persönliches Eigentum sein, das heißt Kapital (Produktionsmittel) war automatisch staatliches oder genossenschaftliches Eigentum.

Landwirtschaft

Die landwirtschaftlich nutzbare Großregion in der Sowjetunion zwischen Sankt Petersburg, Odessa beziehungsweise Rostow am Don im Westen und Krasnojarsk im Osten wurde auch Agrardreieck genannt.

Die landwirtschaftlichen Betriebe wurden u. a. differenziert in

  • Sowchosen, also landwirtschaftliche Großbetriebe des Staates und
  • Kolchosen, also landwirtschaftliche Großbetriebe, die genossenschaftlich organisiert waren und dessen Bewirtschaftung durch das sozialistische Kollektiv der Mitglieder erfolgte.

Kultur und Gesellschaft

Malerei

Schuchow-Radioturm, Moskau (1919–1921)

Architektur

In der russisch-sowjetischen Kunst- und Architekturentwicklung war nach der Oktoberrevolution eine ausgesprochen avantgardistische Entwicklung zu verzeichnen. Der neue Stil begann sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts in der Wechselwirkung mit anderen Kunstrichtungen in Russland – wie in Europa – abzuzeichnen. Für die Stilerneuerung als Konstruktivisten oder Rationalisten stehen Architekten wie Moissei Ginsburg, Alexander Wesnin, Ilja Golosow oder Konstantin Melnikow. Es wurde aber in der Zeit von 1920 bis etwa 1933 viel entworfen, aber nur wenig davon realisiert. Zu verweisen ist auf die Gebäude der Iswestija in Moskau von Grigori Barchin (1927), das Narkomfin-Kommunehaus von Moissei Ginsburg (1928–1930), eine Großküche in Moskau von A. Meskow (1929), Haus der Technischen Lehre in Leningrad von Alexander Gegello und Dawid Kritschewski (1932), das Lenin-Mausoleum in Moskau von Alexei Wiktorowitsch Schtschussew, Klubhaus „Roter Putilow-Arbeiter“ in Leningrad von A. Nikolski (1926), eine Bank von W. Wesnin (1927), einen Radioturm von Wladimir Schuchow (1919–1921, Bild) und ein Kraftwerk von S. Grusenberg beide in Iwanowo-Wosnessensk und auf viele Wohnhäuser dieser Zeit. In den 1920er und 1930er Jahren waren auch ausländische Architekten aus ganz Europa, besonders aus Deutschland in der Sowjetunion, um Aufträge der Regierung zu verwirklichen. Dabei handelte es sich oft um große urbanistische Projekte.

Lomonossow-Universität, Moskau (1947–1953)

Das nahende Ende der neuen Architektur zeigte sich schon 1932 am Ergebnis des Wettbewerbes für den nicht realisierten Palast der Sowjets. Traditionelle Bauformen setzen sich durch. Besonders durch die Ausweisung aller ausländischen Architekten 1937 ist das Ende der modernen Architektur in der Sowjetunion besiegelt. Konstruktivismus und Funktionalismus wurden als Kapitalistische Architektur bezeichnet. Eine „idealistische und utopische Architektur“ – so hieß es jetzt – „will die noch erforderlichen Etappen auf dem Weg zum Sozialismus überspringen, und wirkte dadurch im politischen Sinne konterrevolutionär.“ Von nun an setzte man auf eine traditionelle Architektur, auf sehr prunkvolle Paläste und üppige Bauten. Der Sozialistische Klassizismus setzte sich als eine Stilrichtung durch, die bis 1955 in der Sowjetunion und in ihren Satellitenstaaten üblich waren.

Da sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein starkes Bevölkerungswachstum abzeichnete, kam es bei den Arbeiterklassen rasch zu einer großen Wohnungsnot. Mit dem Beginn der Ära von Nikita Chruschtschow im September 1953 wurde in der ganzen Sowjetunion zu Sparmaßnahmen aufgerufen. Chruschtschow versammelte im Dezember 1954 die leitenden Architekten und Baufunktionäre der Sowjetunion zur „Allunionskonferenz der Bauschaffenden“ und ließ öffentlich die Entstalinisierung der Baukultur und die Abschaffung des „Konservatismus in der Architektur“ bekanntgegeben. Die Architektur schloss sich wieder der Moderne an und entwickelte eine sehr vielfältige Architektur. Beispiele hierfür sind das Verwaltungsgebäude des Ministeriums für Straßenbau, der Staatliche Kremlpalast, die Russische Akademie der Wissenschaften oder das Paläontologische Museum Moskau. Gleichzeitig entstanden im Wohnungsbau jedoch auch die allgemein als „Chruschtschowki“ (хрущёвки; Wohnblocks) bezeichneten Wohngebäude, welche im Stil von sogenannten „Chruschtschoby“ (хрущобы; Plattenbau-Siedlungen) angeordnet wurden. Dies kann jedoch nicht als rein sowjetisches Phänomen betrachtet werden.

Literatur

Science-Fiction

In der Sowjetunion gab es eine eigene, reichhaltige Science-Fiction-Literatur. Anders als in den westlichen Ländern war dieses Genre in der Sowjetunion nie als Trivialliteratur verfemt. Die meisten Science-Fiction-Werke lieferten utopische Entwürfe für eine zukünftige Gesellschaft, wie zum Beispiel der Roman Andromedanebel, von Iwan Antonowitsch Jefremow aus dem Jahr 1957, der mit über 20 Millionen Exemplaren das wohl wichtigste und erfolgreichste Buch dieses Genres in der Sowjetunion war. Die Zukunftsentwürfe der sehr erfolgreichen Gebrüder Strugazki wurden im Lauf der Zeit immer düsterer und kritischer, manche ihrer Bücher durften nicht oder nur in gekürzter Form erscheinen. Die Science-Fiction-Literatur entwickelte sich rasch zu einer Art Sprachrohr für die Kritiker der sowjetischen Führung. Der georgische Regisseur Otar Ioselani führte im Jahr 1962 ein Gespräch mit Boris Barnet, der später Selbstmord verübte:

Er fragte mich: „Wer sind sie?“ Ich sagte: „Ein Regisseur.“ – „Ein sowjetischer“, korrigierte er. „Sie müssen immer sagen: ‚Ein sowjetischer Regisseur.‘ Das ist ein ganz besonderer Beruf.“ – „Wieso?“, fragte ich. „Weil Sie, wenn Sie jemals ehrlich werden sollten, was mich überraschen würde, das Wort ‚sowjetisch‘ weglassen können.“

Später wurden auch Science-Fiction-Filme gedreht, welche es zum Teil wagten, den sowjetischen Materialismus herauszufordern. So wird zum Beispiel 1972 in Andrei Tarkowskis Solaris, der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Stanisław Lem, die Konfrontation von Raumfahrern mit einer absolut fremden Lebensform dargestellt, die für sie zur metaphysischen Reise in die Innenwelt ihrer eigenen Kultur wird und sie zur Selbsterkenntnis, Liebe und Geduld anhält. Auch der Film Stalker desselben Regisseurs ignoriert die Prämissen des sozialistischen Realismus. Erstaunlich ist an der Verwirklichung dieser Filme, dass sie alle in der Breschnew-Ära entstanden, in der sämtliche Formen der organisierten Religion stark eingeschränkt wurden.

Wissenschaft

Sowjetisches Überschallpassagierflugzeug, Tupolew Tu-144

Sport

Schon Lenin war begeistert von körperlichen Aktivitäten. Während seines Aufenthalts in der Schweiz war er ein begeisterter Wanderer, im Gefängnis machte er täglich seine körperbildenden Übungen nach Jørgen Peter Müller. Die Traditionen aus dem Russland vor dem Ersten Weltkrieg wurden in der jungen UdSSR fortgesetzt, nur dass Leibesübungen jetzt nicht mehr ein Privileg der Oberschicht war, sondern der gesamten Bevölkerung offen standen. Der Sport, Breitensport als auch Spitzensport, wurde in der Sowjetunion intensiv durch den Staat gefördert. Dafür gab es eine extra eingerichtete Organisation innerhalb des Staates, deren Aufgabe es war, Nachwuchsarbeit zu betreiben und aussichtsreiche Talente aufzuspüren, die in Sportschulen weiter ausgebildet wurden.

Siehe auch: Fußballnationalmannschaft der UdSSR, Sowjetische Schachschule, Sowjetische Eishockeynationalmannschaft, Olympische Geschichte der Sowjetunion

Nationalhymne

Von 1922 bis 1944 war Die Internationale die Nationalhymne der Sowjetunion. 1943 komponierte Alexander Wassiljewitsch Alexandrow eine eigens für die Sowjetunion bestimmte Hymne mit dem Text von Sergei Wladimirowitsch Michalkow. Diese wurde erstmals am 1. Januar 1944 der Öffentlichkeit präsentiert. Dreieinhalb Monate später, am 15. März 1944, wurde dieses Lied zur offiziellen Nationalhymne der Sowjetunion erklärt.

Die Hymne erfuhr 1977, als Folge der Entstalinisierung, ihre einzige Änderung, bei der unter anderem Stalins Name aus dem Text entfernt wurde. Zwischen 1955 (zwei Jahre nach Stalins Tod) und 1977 wurde die Hymne stets ohne Text interpretiert.

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR warf das neue Russland das Sowjeterbe ab und gab sich eine neue Hymne. Da sich diese nie großer Beliebtheit erfreute, wurde im Jahr 2000 die alte Sowjethymne mit neuem Text wieder zur Nationalhymne Russlands.