Libyen

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Staat Libyen
  • دولة ليبيا (Arabisch)
    Dawlat Lībiyā
  • Stato della Libia (Italienisch)
Flagge von Libyen
Flagge
Wappen von Libyen
Wappen
Hymne: ليبيا ليبيا ليبيا
"Libyen, Libyen, Libyen"
Lage von Libyen (dunkelgrün) in Nordafrika
Lage von Libyen (dunkelgrün) in Nordafrika
Hauptstadt
und größte Stadt
Tripolis
32°52′N 13°11′E / 32.867°N 13.183°E
Offizielle SprachenArabisch
Gesprochene Sprachen
  • Libysches Arabisch
  • Berberisch
  • Englisch
  • Tamasheq
  • Teda
  • Italienisch
Ethnische Gruppen Araber-Berber 97%
Andere 3%
Religion 97% Islam (offiziell)
2,7% Christentum
0,3% Andere
Demonym(e)Libyen
RegierungEinheitliche provisorische Einheitsregierung
- Vorsitzender des Präsidialrats
Mohamed al-Menfi
- Stellvertretender Vorsitzender des Präsidialrats
Musa Al-Koni
- Premierminister
Abdul Hamid Dbeibeh (umstritten)
- Sprecher des Repräsentantenhauses
Aguila Saleh Issa
LegislativeRepräsentantenhaus
Unabhängigkeit 
von Italien, dem Vereinigten Königreich und Frankreich
- Erklärung der Unabhängigkeit
10. Februar 1947
- Gründung des Königreichs
24. Dezember 1951
- Staatsstreich von Muammar Gaddafi
1. September 1969
- Sozialistische Libysch-Arabische Volks-Dschamahirija
2. März 1977
- Revolution
17. Februar 2011
Gebiet
- Gesamt
1.759.541 km2 (679.363 sq mi) (16.)
Einwohnerzahl
- Schätzung 2022
7.054.493 (104.)
- Volkszählung 2006
5,670,688
- Siedlungsdichte
3,74/km2 (9,7/qm) (218.)
BIP (PPP)2022 Schätzung
- Gesamt
Increase 128,281 Milliarden Dollar (92.)
- Pro-Kopf
Increase 18.345 $ (121.)
BIP (nominal)2022 Schätzung
- Gesamt
Increase 50,326 Mrd. $ (90.)
- Pro-Kopf
Increase 7.197 $ (146.)
HDI (2019)Increase 0.724
hoch - 105.
WährungLibyscher Dinar (LYD)
ZeitzoneUTC+2 (EET)
Fahrende Seiterechts
Telefonischer Code+218
ISO-3166-CodeLY
Internet TLD.ly
ليبيا.
  1. ^ Anmerkung der Vereinten Nationen zum offiziellen Namen: "Im Anschluss an die Verabschiedung der Resolution 66/1 durch die Generalversammlung hat die Ständige Vertretung Libyens bei den Vereinten Nationen die Vereinten Nationen förmlich über eine Erklärung des Nationalen Übergangsrates vom 3. August unterrichtet, in der der offizielle Name der Libysch-Arabischen Dschamahirija in "Libyen" geändert und die libysche Nationalflagge geändert wurde."
  2. ^ Die offizielle Sprache wird einfach als "Arabisch" bezeichnet (Verfassungserklärung, Artikel 1).
  3. ^ Das Vereinigte Königreich und Frankreich hatten über den Treuhandrat der Vereinten Nationen ein gemeinsames Kondominium über Libyen.

Libyen (/ˈlɪbiə/ (hören); Arabisch: ليبيا, romanisiert: Lībiyā), offiziell der Staat Libyen (arabisch: دولة ليبيا, romanisiert: Dawlat Lībiyā, italienisch: Stato della Libia), ist ein Land in der Maghreb-Region in Nordafrika. Es grenzt im Norden an das Mittelmeer, im Osten an Ägypten, im Südosten an den Sudan, im Süden an den Tschad, im Südwesten an Niger, im Westen an Algerien und im Nordwesten an Tunesien. Libyen besteht aus drei historischen Regionen: Tripolitanien, Fezzan und Cyrenaica. Mit einer Fläche von fast 700.000 Quadratmeilen (1,8 Millionen km2) ist es das viertgrößte Land in Afrika und der arabischen Welt und das 16. größte der Welt. Libyen verfügt über die zehntgrößten nachgewiesenen Ölreserven der Welt. Die größte Stadt und Hauptstadt Tripolis liegt im Westen Libyens und beherbergt mehr als drei Millionen der sieben Millionen Einwohner Libyens.

Libyen wird seit der späten Bronzezeit von Berbern bewohnt, die aus der iberomaurischen und der kapsischen Kultur hervorgegangen sind. In der Antike gründeten die Phönizier Stadtstaaten und Handelsposten in Westlibyen, während in jüngerer Zeit das Osmanische Reich die nördliche Küstenlinie Libyens kontrollierte. Teile Libyens wurden abwechselnd von Karthagern, Persern, Ägyptern und Mazedoniern beherrscht, bevor die gesamte Region Teil des Römischen Reiches wurde. Libyen war ein frühes Zentrum des Christentums. Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches war das Gebiet Libyens bis zum 7. Jahrhundert hauptsächlich von den Vandalen besetzt, als Invasionen den Islam in die Region brachten. Im 16. Jahrhundert besetzten das spanische Reich und die Johanniterritter Tripolis, bis 1551 die osmanische Herrschaft begann. Libyen war in die Berberkriege des 18. und 19. Jahrhunderts verwickelt. Die osmanische Herrschaft dauerte bis zum Italo-Türkischen Krieg an, der zur italienischen Besetzung Libyens und zur Gründung zweier Kolonien führte, der italienischen Tripolitania und der italienischen Cyrenaica (1911-1934), die später von 1934 bis 1943 zur italienischen Kolonie Libyen vereinigt wurden.

Während des Zweiten Weltkriegs war Libyen im Rahmen des Nordafrika-Feldzugs ein Kriegsgebiet. Die italienische Bevölkerung ging daraufhin zurück. Im Jahr 1951 wurde Libyen als Königreich unabhängig. Durch einen unblutigen Militärputsch im Jahr 1969, der von einer Koalition unter Führung von Oberst Muammar Gaddafi initiiert wurde, wurde König Idris I. gestürzt und eine Republik gegründet. Gaddafi wurde von Kritikern oft als Diktator bezeichnet und war mit 42 Jahren Regierungszeit einer der am längsten amtierenden nichtköniglichen Führer der Welt. Er regierte bis zu seinem Sturz und seiner Ermordung im libyschen Bürgerkrieg 2011 im Zuge des Arabischen Frühlings, wobei die Macht an den Nationalen Übergangsrat und anschließend an den gewählten Allgemeinen Nationalkongress übertragen wurde. Bis 2014 beanspruchten zwei rivalisierende Behörden, Libyen zu regieren, was zu einem zweiten Bürgerkrieg führte, bei dem Teile Libyens zwischen den Regierungen in Tobruk und Tripolis sowie verschiedenen Stammes- und islamistischen Milizen aufgeteilt wurden. Die beiden Hauptkriegsparteien unterzeichneten 2020 einen dauerhaften Waffenstillstand, und eine Einheitsregierung übernahm die Verantwortung für die Planung demokratischer Wahlen, was sich jedoch aufgrund politischer Rivalitäten weiterhin verzögert.

Libyen ist Mitglied der Vereinten Nationen, der Bewegung der Blockfreien Staaten, der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga, der OIC und der OPEC. Die offizielle Religion des Landes ist der Islam, wobei 96,6 % der libyschen Bevölkerung sunnitische Muslime sind.

دولة ليبيا

Dawlat Lībiyā
Staat Libyen
Flag of Libya.svg
Seal of the Government of National Unity (Libya).svg
Flagge Wappen
Amtssprache Arabisch
Hauptstadt Tripolis
Regierungssitz Tobruk
Staats- und Regierungsform Übergangsregierung
Staatsoberhaupt Präsidentenratsvorsitzender
Mohamed al-Menfi
Regierungschef Ministerpräsident umstritten zwischen Fathi Baschagha und Abdul Hamid Dbeiba
Fläche 1.759.541 km²
Einwohnerzahl 6,9 Millionen (107.) (2020; Schätzung)
Bevölkerungsdichte 4 Einwohner pro km²
Bevölkerungs­entwicklung + 1,4 % (Schätzung für das Jahr 2020)
Bruttoinlandsprodukt
  • Total (nominal)
  • Total (KKP)
  • BIP/Einw. (nom.)
  • BIP/Einw. (KKP)
2019 (Schätzung)
  • 40 Milliarden USD (94.)
  • 93 Milliarden USD (95.)
  • 6.055 USD (96.)
  • 14.174 USD (94.)
Index der menschlichen Entwicklung 0,724 (105.) (2019)
Währung Libyscher Dinar (LYD)
Unabhängigkeit 24. Dezember 1951 (von Italien),
zuvor Verwaltung eines Hohen Kommissars der UN
National­hymne Libya, Libya, Libya
Zeitzone UTC+2
Kfz-Kennzeichen LAR
ISO 3166 LY, LBY, 434
Internet-TLD .ly
Telefonvorwahl +218
ÄgyptenLibyenGuinea-BissauGuineaBeninÄquatorialguineaNamibiaEswatiniMosambikKeniaSomaliaDschibutiEritreaSudanRuandaUgandaBurundiSambiaMalawiSimbabweBotswanaÄthiopienSüdsudanNigerJemenOmanSaudi-ArabienIrakKuwaitKatarBahrainIsraelSyrienLibanonJordanienAfghanistanPakistanItalienFrankreichPortugalSpanienMauritiusRéunionMayotteKomorenSeychellenMadagaskarIndonesienBangladeschNepalBhutanMyanmarFrankreich (Französisch-Guayana)SurinameGuyanaSchwedenIrlandNiederlandeBarbadosBelgienSlowenienLitauenLettlandEstlandAlbanienMontenegroRumänienGeorgienAserbaidschanKasachstanTadschikistanHaitiBermudaBahamasMaledivenVietnamLagosMalaysiaFrankreich (St.-Pierre und Miquelon)Libya on the globe (North Africa centered).svg
Über dieses Bild
Libyen (Libyen)
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Bengasi
Adschdabiya
al-Dschauf
Sirte
Murzuk
Sabha
Misrata
al-Chums
az-
Zawiya
Ghat
Bikku Bitti
TUNESIEN
ALGERIEN
TSCHAD
LIBYSCHES MEER
Große Syrte

Geographie

Eine Karte von Libyen
Libyen Karte der Köppen-Klimaklassifikation

Libyen erstreckt sich über eine Fläche von 1.759.540 Quadratkilometern und ist damit der 16. größte Staat der Welt. Libyen grenzt im Norden an das Mittelmeer, im Westen an Tunesien und Algerien, im Südwesten an Niger, im Süden an den Tschad, im Südosten an den Sudan und im Osten an Ägypten. Libyen liegt zwischen den Breitengraden 19° und 34°N und den Längengraden 9° und 26°E.

Mit 1.770 Kilometern ist die libysche Küste die längste aller afrikanischen Mittelmeeranrainerstaaten. Der Teil des Mittelmeers, der nördlich von Libyen liegt, wird oft als Libysches Meer bezeichnet. Das Klima ist meist extrem trocken und wüstenähnlich. In den nördlichen Regionen herrscht jedoch ein milderes Mittelmeerklima.

Sechs Ökoregionen liegen innerhalb der Grenzen Libyens: Halophyten der Sahara, mediterrane Trockenwälder und Steppen, mediterrane Wälder und Wälder, Steppen und Wälder der Nordsahara, Tibesti-Jebel Uweinat, montane xerische Wälder und montane xerische Wälder der Westsahara.

Natürliche Gefahren treten in Form von heißem, trockenem, staubigem Schirokko (in Libyen als Gibli bekannt) auf. Dabei handelt es sich um einen Südwind, der im Frühjahr und Herbst ein bis vier Tage lang weht. Außerdem gibt es Staubstürme und Sandstürme. In ganz Libyen gibt es Oasen, von denen Ghadames und Kufra die wichtigsten sind. Libyen ist eines der sonnenreichsten und trockensten Länder der Welt, was auf die vorherrschende Wüstenumgebung zurückzuführen ist.

Libyen war ein Pionierstaat in Nordafrika, was den Artenschutz angeht, denn 1975 wurde das Schutzgebiet El Kouf eingerichtet. Der Sturz des Regimes von Muammar Gaddafi begünstigte die intensive Wilderei: "Vor dem Sturz von Gaddafi waren sogar Jagdgewehre verboten. Doch seit 2011 wird mit Kriegswaffen und hochmodernen Fahrzeugen gewildert, in denen man bis zu 200 Gazellenköpfe findet, die von Milizionären zum Zeitvertreib erlegt wurden. Wir erleben auch das Aufkommen von Jägern, die keine Verbindung zu den Stämmen haben, die traditionell die Jagd ausüben. Sie schießen alles, was sie finden, sogar während der Brutzeit. Mehr als 500.000 Vögel werden jedes Jahr auf diese Weise getötet, wenn geschützte Gebiete von Stammeshäuptlingen in Beschlag genommen werden, die sie sich angeeignet haben. Die Tiere, die früher dort lebten, sind alle verschwunden, gejagt, wenn sie essbar sind, oder freigelassen, wenn sie es nicht sind", erklärt der Zoologe Khaled Ettaieb.

Den Nordwesten Libyens, das sogenannte Tripolitanien, nehmen die Küstenebene al-Dschifara, das gebirgige Schichtstufenland Dschabal Nafusa (bis 968 m) und die anschließende Steinwüste Hammada al-Hamra ein. Eine Steilstufe nach Süden leitet zu den Sand-, Kies- und Geröllwüsten des Fessan über.

Der mittlere Abschnitt umfasst das küstennahe, an Erdöl- und Erdgasvorkommen reiche Syrtebecken. In seinem Hinterland erhebt sich das vulkanische Gebirgsmassiv al-Charudsch al-aswad (1200 m).

Im Nordosten liegt die Kyrenaika mit dem steil zum Meer abfallenden Karstgebirge des al-Dschabal al-Achdar (878 m). Über das Mittelmeer im Norden ist Libyen Nachbar von Italien (Sizilien und Pantelleria), Malta und Griechenland (Kreta). Die Bucht der Großen Syrte wird von Libyen als Hoheitsgewässer beansprucht. Das Karstgebirge geht nach Osten in die Steppe der Marmarika über, nach Süden in das Sanddünenmeer der Libyschen Wüste. Im Grenzgebiet zum Tschad greifen die nördlichen Ausläufer des Tibesti mit dem höchsten Berg des Landes (Bikku Bitti 2.267 m) auf Libyen über.

Libyen ist nach Algerien, der Demokratischen Republik Kongo und dem Sudan das flächenmäßig viertgrößte Land des afrikanischen Kontinents.

Gewässer

Gut 85 % der libyschen Landesfläche nimmt die Sahara ein; landwirtschaftlich nutzbar sind lediglich 2 %. Libyen ist eines der wenigen Länder der Welt, in denen es keine ständigen Flüsse gibt, nur sogenannte Wadis, die vorübergehend nach starken Regenfällen Wasser führen. Unter dem Staatsgebiet Libyens allerdings befinden sich Süßwasservorräte von 35.000 Milliarden Kubikmetern, was weit über den Wassermengen des Baikalsees oder der Großen Seen Nordamerikas liegt. Siehe dazu auch: Great-Man-Made-River-Projekt.

Klima und Vegetation

Im mediterran geprägten winterfeuchten Küstengebiet liegen die mittleren Temperaturen im Januar bei 12 °C, im August bei 26 °C; der mittlere Jahresniederschlag beträgt hier 300 mm. Im Frühjahr und Herbst weht häufig ein trockenheißer staubiger Wüstenwind, der Gibli. Das Landesinnere hat Wüstenklima mit beträchtlichen Temperaturschwankungen (im Winter unter 0 °C, im Sommer über 50 °C) bei fast völliger Regenlosigkeit.

Trotz der Größe des Landes gibt es in Libyens Klima nur zwei wesentliche Ausprägungen: eine subtropisch warme Klimazone entlang der Küste und eine heiße, trockene Wüstenklimazone im Landesinneren (dem bei weitem überwiegenden Teil).

Hauptstadt Tripolis am Mittelmeer

Am schmalen Küstenstreifen am Mittelmeer herrschen milde Winter vor mit etwas Regen; durchschnittlich erhält man hier 250 bis 400 mm Niederschlag im Jahr, was in etwa 30–50 Regentagen entspricht, die sich fast ausschließlich von November bis Februar einstellen. Die Temperaturen betragen in dieser Zeit 8–12 °C in der Nacht und 16–20 °C am Tag. Das Frühjahr ist warm, mit Werten zwischen 12 und 16 °C bzw. 20–28 °C, fast ohne Niederschlag. Dann ist auch die Zeit heißer Sandstürme (Gibli) aus dem Süden, die selbst im April Spitzentemperaturen von bis zu 43 °C mit sich bringen können. Die Sommer sind lang, sehr trocken und heiß bei durchschnittlichen Tageswerten von 30–33 °C. In den Nächten sinken die Temperaturen gewöhnlich auf etwa 20–22 °C ab. Der Herbst zeigt sich warm und gegen Ende hin wieder etwas feuchter mit Tages- und Nachtwerten von 22–27 bzw. 13–16 °C. Zu dieser Zeit können abermals Gibli auftreten, die dann wiederum Hitzewellen von 40 °C verursachen. Die Luftfeuchtigkeit ist mit 60–75 % ganzjährig hoch. Das soeben beschriebene Klima trifft auch auf Städte wie Tripolis (die Hauptstadt), Misrata, Surt, al-Baida und Bengasi zu.

Die Steppen- und Wüstengebiete, die schon kurz hinter der Küste beginnen, sind geprägt von milden Wintern und sehr heißen Sommern. Niederschlag gibt es das ganze Jahr über so gut wie nicht (0–5 Niederschlagstage bzw. 1–35 mm Regen). Im Winter bewegen sich die Temperaturen bei warmen 18–24 °C am Tag, während sie in der Nacht auf kühle Werte von 3–8 °C fallen. In manchen Gegenden ist leichter Frost durchaus möglich. Die Luftfeuchte ist bei 35–55 % mittel. Frühjahr und Herbst sind tagsüber sehr warm (24–35 °C, wobei auch heißer werden kann), in den Nächten wird es kühler (10–18 °C). Des Öfteren gibt es Sandstürme, manchmal bis zur Küste. Die Luftfeuchte nimmt im Frühjahr ab, im Herbst wieder zu. Die Sommer sind sehr heiß mit trockener Luft (nur 20–30 % Luftfeuchte). Die Tagesdurchschnittstemperaturen betragen 38–42 °C, in den Nächten zwischen 20 und 26 °C. Die libyschen Wüstengebiete gelten mit bis zu 58 °C als der Ort mit den weltweit höchsten je gemessenen Temperaturen. In der Stadt Ghadames an der tunesischen Grenze betragen die Höchstwerte ganzer fünf Monate (Mai bis September) 50 °C und darüber. Das Wüstenklima betrifft Städte wie Ghat, Ghadames, Kufra und Sabha, die trotz ihrer Entfernungen zueinander sehr ähnliche klimatische Verhältnisse aufweisen.

Flora und Fauna

Die küstennahen Gebirge haben Mittelmeerflora, in den Küstentiefländern gibt es Steppenvegetation. Die Tierwelt umfasst die typischen Arten der Trockengebiete: Dünengazellen, Hyänen, Schakale, Wüstenspringmäuse und Wüstenfüchse (Fenneks), außerdem leben hier Anubispaviane, Wildesel, Hasen und Falbkatzen sowie verschiedene Greifvögel, Schlangen und Skorpione. Zwischen 1990 und 2000 hat der Bestand an Wild um 1,4 % zugenommen. 2009 zählte man 141 Heuschreckenarten.

Libysche Wüste

Libyen ist überwiegend ein Wüstenland. Bis zu 90 % der Landfläche sind von Wüste bedeckt.

Die Libysche Wüste, die einen Großteil Libyens bedeckt, ist einer der trockensten und sonnenverbranntesten Orte der Erde. An manchen Orten kann es Jahrzehnte lang überhaupt nicht regnen, und selbst im Hochland regnet es nur selten, nämlich einmal alle 5-10 Jahre. In Uweinat wurde der letzte Niederschlag im September 1998 registriert (Stand 2006).

Auch die Temperaturen in der Libyschen Wüste können extrem sein; am 13. September 1922 wurde in der südwestlich von Tripolis gelegenen Stadt 'Aziziya eine Lufttemperatur von 58 °C gemessen, was als Weltrekord gilt. Im September 2012 wurde der Weltrekordwert von 58 °C jedoch von der Weltorganisation für Meteorologie für ungültig erklärt.

Es gibt einige verstreute unbewohnte kleine Oasen, die in der Regel mit den großen Senken verbunden sind und in denen man Wasser finden kann, wenn man ein paar Meter tief gräbt. Im Westen gibt es eine weit verstreute Gruppe von Oasen in unverbundenen flachen Senken, die Kufra-Gruppe, bestehend aus Tazerbo, Rebianae und Kufra. Abgesehen von den Steilhängen wird die allgemeine Ebenheit nur durch eine Reihe von Plateaus und Massiven in der Nähe des Zentrums der Libyschen Wüste unterbrochen, wo die ägyptisch-sudanesisch-libysche Grenze zusammenläuft.

Etwas weiter südlich befinden sich die Gebirgsmassive von Arkenu, Uweinat und Kissu. Diese Granitberge sind uralt und haben sich lange vor den sie umgebenden Sandsteinen gebildet. Der Arkenu und der westliche Uweinat sind Ringkomplexe, die denen des Aïr-Gebirges sehr ähnlich sind. Der östliche Uweinat (der höchste Punkt der Libyschen Wüste) ist ein erhöhtes Sandsteinplateau, das an den Granitteil weiter westlich angrenzt.

Die Ebene nördlich von Uweinat ist mit erodierten vulkanischen Strukturen übersät. Mit der Entdeckung des Erdöls in den 1950er Jahren wurde auch ein riesiger Grundwasserspeicher unter einem Großteil Libyens entdeckt. Das Wasser im Aquifersystem des Nubischen Sandsteins ist älter als die letzten Eiszeiten und die Wüste Sahara selbst. In diesem Gebiet befinden sich auch die Arkenu-Strukturen, die einst für zwei Einschlagskrater gehalten wurden.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung in Millionen Einwohnern
Bevölkerungspyramide (2020)

1960 hatte Libyen weniger als 1,5 Millionen Einwohner. Seit 1975 stieg die Bevölkerung von 2,5 Millionen auf 6,2 Millionen Menschen (2012, Schätzung). Im Jahr 2005 waren 30 % der Bevölkerung unter 15 Jahre alt. Rund 90 % der Bevölkerung leben in den Küstengegenden von Tripolitanien und der Kyrenaika, davon 85 % in Städten. Etwa ein bis zwei Millionen Gastarbeiter waren bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges im Land beschäftigt. Die Lebenserwartung betrug 2010 bis 2015 im Durchschnitt 71,6 Jahre (68,8 Jahre für Männer und 74,4 Jahre für Frauen).

Ethnisch-kulturelle Gruppen

Ethnische Karte Libyens

Die Bevölkerung bestand 2011 zu 97 % aus kulturell und sprachlich arabisierten Berbern und Arabern sowie aus sprachlich nicht assimilierten Berbern. Mit der islamischen Eroberung des Landes wurde nach und nach ein Großteil der Gesellschaft arabisiert; die in ihren traditionellen Stammesgesellschaften lebenden Berber machen nur noch etwa 25 % der Bevölkerung aus.

Die arabische Bevölkerung ist wiederum in mehrere sich voneinander abgrenzende Gruppen gegliedert, die üblicherweise als „Stämme“ bezeichnet werden. Nur noch 5 % der Bevölkerung sind Nomaden.

Im Westen Libyens leben Teile des berberischen Nomadenvolks der Tuareg und im Süden zahlreiche Tubu. Letztere wurden unter Gaddafi teilweise aus ihren Wohngebieten vertrieben und ihnen wurde die Staatsbürgerschaft entzogen. Als Grund wurde ihre vermeintliche Herkunft aus dem Tschad genannt. Daneben gibt es Italiener, die allerdings nach 1969 größtenteils das Land verlassen mussten. Weitere Minderheiten sind Griechen, Türken, Kurden und Levantiner sowie Malteser, Ägypter, Tunesier, Inder und Pakistaner. Die Juden, die bereits seit Jahrtausenden an der Küste ansässig waren, wurden nach dem Pogrom von Tripolis 1945 aus dem Lande vertrieben.

Heute ist die große Mehrheit der Einwohner Libyens arabischsprachige Muslime gemischter Abstammung, wobei viele von ihnen neben türkischen und berberischen Ethnien auch beduinische arabische Stämme wie Banu Sulaym und Banu Hilal als ihre Vorfahren angeben. Die türkische Minderheit wird oft als "Kouloughlis" bezeichnet und lebt vor allem in Dörfern und Städten. Außerdem gibt es einige libysche ethnische Minderheiten wie die berberischen Tuareg und die schwarzafrikanischen Tebou.

Die meisten italienischen Siedler, die in ihrer Blütezeit mehr als eine halbe Million zählten, verließen das Land nach der Unabhängigkeit Libyens im Jahr 1947. Die meisten kehrten 1970 nach der Machtübernahme durch Muammar Gaddafi zurück, aber in den 2000er Jahren kehrten einige Hundert von ihnen zurück.

Sprachen

Die Bevölkerung hat zum größten Teil den libysch-arabischen Dialekt als Muttersprache, daneben werden als Minderheitensprachen die Berbersprachen Nafusi (220.000 Sprecher), Ghadamsi (42.000 Sprecher) und Tamascheq (40.000 Sprecher) sowie die nilosaharanische Tubu-Sprache Tedaga (2.000 Sprecher) gesprochen.

Amtssprache ist bislang allein Hocharabisch, ab 1969 wurde unter Gaddafi eine nationalistische Kampagne zur Arabisierung gestartet, welche Italienisch als Fremdsprache und die Berbersprachen aus dem öffentlichen Leben verdrängen sollte. Eine neue Verordnung schrieb vor, dass alle Straßenschilder, Schaufensterbezeichnungen, Firmenschilder und Verkehrsausweise auf Arabisch beschriftet werden müssen. Seit den 1980er Jahren wird fast nur Arabisch verstanden. Unter Gaddafi war Fremdsprachenunterricht an Schulen verboten, an Hochschulen durfte nur Theorie und Geschichte von Fremdsprachen gelehrt werden.

Die Übergangsregierung ließ neben Hocharabisch als Amtssprache auch die jeweiligen Berbersprachen zu.

Nach Angaben der CIA ist die offizielle Sprache Libyens Arabisch. Neben dem modernen Standardarabisch wird die lokale Variante des libyschen Arabisch gesprochen. Es werden auch verschiedene Berbersprachen gesprochen, darunter Tamasheq, Ghadamis, Nafusi, Suknah und Awjilah. Der Hohe Rat der libyschen Amazigh (LAHC) hat die Amazigh-Sprache (Berber- oder Tamazight-Sprache) zur Amtssprache in den von den Berbern bewohnten Städten und Bezirken in Libyen erklärt. Darüber hinaus wird Englisch in den größeren Städten weitgehend verstanden, während die ehemalige Kolonialsprache Italienisch auch im Handel und von der verbliebenen italienischen Bevölkerung verwendet wird.

Religion

Moschee in Ghadames, nahe der tunesischen und algerischen Grenze.

Etwa 97 % der libyschen Bevölkerung sind Muslime, von denen die meisten dem sunnitischen Zweig angehören. Eine kleine Anzahl von Ibadi-Muslimen lebt im Lande.

Vor den 1930er Jahren war die sunnitische Sufi-Bewegung der Senussi die wichtigste islamische Bewegung in Libyen. Es handelte sich um eine religiöse Erweckung, die an das Leben in der Wüste angepasst war. Ihre Zawaaya (Logen) gab es in Tripolitanien und Fezzan, aber der Einfluss der Senussi war in der Cyrenaica am stärksten. Die Senussi-Bewegung rettete die Region vor Unruhen und Anarchie und vermittelte den kyrenäischen Stammesangehörigen eine religiöse Bindung und ein Gefühl der Einheit und Zielstrebigkeit. Diese islamische Bewegung wurde schließlich durch die italienische Invasion zerstört. Gaddafi erklärte, er sei ein gläubiger Muslim, und seine Regierung unterstützte islamische Einrichtungen und missionierte weltweit im Namen des Islam.

Seit dem Sturz Gaddafis haben sich die ultrakonservativen Strömungen des Islams an einigen Orten wieder durchgesetzt. Derna im Osten Libyens, eine historische Brutstätte dschihadistischen Gedankenguts, geriet 2014 unter die Kontrolle von Kämpfern, die dem Islamischen Staat im Irak und in der Levante nahestehen. Dschihadistische Elemente haben sich im Zuge des Zweiten Libyschen Bürgerkriegs unter anderem auch in Sirte und Benghazi ausgebreitet.

Es gibt kleine ausländische Gemeinschaften von Christen. Das koptisch-orthodoxe Christentum, die christliche Kirche Ägyptens, ist die größte und traditionsreichste christliche Konfession in Libyen. Es gibt etwa 60 000 ägyptische Kopten in Libyen. Es gibt drei koptische Kirchen in Libyen, eine in Tripolis, eine in Benghazi und eine in Misurata.

Die koptische Kirche ist in den letzten Jahren in Libyen gewachsen, was auf die zunehmende Einwanderung ägyptischer Kopten nach Libyen zurückzuführen ist. Es gibt schätzungsweise 40.000 römische Katholiken in Libyen, die von zwei Bischöfen betreut werden, einem in Tripolis (für die italienische Gemeinde) und einem in Benghazi (für die maltesische Gemeinde). Es gibt auch eine kleine anglikanische Gemeinde, die hauptsächlich aus afrikanischen Gastarbeitern in Tripolis besteht; sie gehört zur anglikanischen Diözese Ägypten. Menschen wurden unter dem Verdacht verhaftet, christliche Missionare zu sein, da Proselytenmacherei illegal ist. In einigen Teilen des Landes werden Christen auch von radikalen Islamisten bedroht. Im Februar 2015 veröffentlichte der Islamische Staat im Irak und in der Levante ein Video, das die Massenenthauptung von christlichen Kopten zeigt. Libyen steht auf Platz vier der Weltbeobachtungsliste 2022 von Open Doors, einer jährlichen Rangliste der 50 Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden.

Libyen war einst die Heimat einer der ältesten jüdischen Gemeinden der Welt, die bis mindestens 300 v. Chr. zurückreicht. Im Jahr 1942 richteten die italienischen faschistischen Behörden südlich von Tripolis Zwangsarbeitslager für die Juden ein, darunter Giado (etwa 3 000 Juden), Gharyan, Jeren und Tigrinna. In Giado starben etwa 500 Juden an Schwäche, Hunger und Krankheiten. 1942 wurden Juden, die sich nicht in den Konzentrationslagern befanden, in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit stark eingeschränkt, und alle Männer zwischen 18 und 45 Jahren wurden zur Zwangsarbeit eingezogen. Im August 1942 wurden Juden aus Tripolitanien in einem Konzentrationslager in Sidi Azaz interniert. In den drei Jahren nach November 1945 wurden bei einer Reihe von Pogromen mehr als 140 Juden ermordet und Hunderte weitere verwundet. Bis 1948 verblieben etwa 38 000 Juden im Land. Nach der Unabhängigkeit Libyens im Jahr 1951 wanderte der größte Teil der jüdischen Gemeinde aus.

Der Islam ist Staatsreligion. Die freie Religionsausübung war unter Gaddafi garantiert, soweit sie nicht im Widerspruch zu den Traditionen stand. Staat und Religion waren bislang getrennt, Geistliche auf das Religionswesen beschränkt. Die volksrepublikanische Regierung gab sich in ihren programmatischen Äußerungen als frauenfreundlich: Unter ihr wurde die Koedukation betrieben, allerdings schockte die Einführung der Wehrpflicht für Frauen und die Aufnahme von weiblichen Personen in Militärakademien die islamische Männergesellschaft. Gaddafi legte sich entsprechend mit strenggläubigen Imamen an, verfolgte radikale Prediger und versuchte, die Traditionen in seinem Sinne zu modernisieren. Sufi-Gemeinschaften, die in einigen anderen islamischen Staaten verfolgt werden, konnten offen praktizieren.

Die Senussi sind eine religiöse Bruderschaft mit weltlichem Herrschaftsanspruch in der Kyrenaika. Sie kämpfte ab 1911 gegen die Italiener, ab 1943 gegen die Briten. Von 1951 bis zur Revolution von 1969 stellte sie den König. In den letzten Jahren ist landesweit eine verstärkte Hinwendung zum orthodoxen Islam zu verzeichnen; die Verschleierung der Frau nimmt zu. Seit den 1980er Jahren werden im Untergrund operierende Gruppen wie Muslimbrüder, at-Takfir wa-l-Higra, Hisbollah, al-Dschihad und ihre religiöse Tendenz zur Vereinnahmung der Politik als islamistische Gefahr für Libyen bezeichnet. Seit der Mitte der neunziger Jahre ist auch die Libysche Islamische Kampfgruppe vor allem in der Kyrenaika aktiv.

Flüchtlinge

Libyen gilt als Transitland vieler afrikanischer Flüchtlinge und Migranten nach Europa. So sollen sich im Land mehrere Hunderttausend Menschen aus anderen afrikanischen Staaten aufhalten, die Verbrechen wie Mord, Körperverletzungen und Vergewaltigungen und Sklaverei ausgesetzt sind und oftmals in Konzentrationslagern ähnlichen Unterkünften gefangen gehalten werden. Die Situation in libyschen Flüchtlingslagern wird in den Medien als katastrophal dargestellt. Es gibt in Libyen zwölf Ausschiffungsorte für auf See Aufgegriffene, an denen die Menschen vom UNHCR versorgt werden.

Die Europäische Union setzt sich mittels des European Union Emergency Trust Fund for Africa gemeinsam mit IOM und UNHCR für eine Reintegration von Flüchtlingen ein, und dies in Libyen, entlang der zentralen Mittelmeerroute und in Äthiopien. Nach UNHCR-Angaben waren in Libyen im Oktober 2017 insgesamt 43.113 Flüchtlinge und Asylsuchende vom UNHCR registriert.

Sozialsystem/Bildung

Libyen hatte eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen des afrikanischen Kontinents. Die Sozialversicherung der Einwohner umfasste die kostenlose medizinische Versorgung sowie Witwen-, Waisen- und Altersrenten. Allgemeine Schulpflicht besteht für Sechs- bis Fünfzehnjährige. Dennoch liegt die Analphabetenquote der Frauen noch bei 14,4 % und die der Männer bei 3,3 %; diese Rate ist aber mit insgesamt 9 % im afrikanischen Vergleich sehr niedrig.

Universitäten gibt es in Tripolis, Bengasi und an anderen größeren Orten.

Obwohl Gaddafi in markantem Gegensatz zu anderen arabischen Sozialisten konservativ-islamische Ansichten zur Rolle der Frau hatte, hatten Frauen unter seiner Herrschaft in Libyen, verglichen mit anderen arabischen Ländern, eine hohe Bildung. Bei einer Scheidung durften sie das gemeinsame Haus oder die Wohnung behalten. Es gab Kindertagesstätten für berufstätige Frauen sowie Frauen in klassischen „Männerberufen“ wie Polizistinnen oder Pilotinnen. 1979 richtete Gaddafi eine Militärakademie für Frauen ein. Die meisten gebildeten Frauen waren aber im Gesundheitswesen und als Lehrerinnen tätig, und die Frauenerwerbsquote lag Mitte der 1990er Jahre unter 10 %. Polygamie blieb in Libyen, anders als im benachbarten Tunesien, erlaubt, der Mann musste für die Heirat einer Zweitfrau lediglich die Genehmigung der anderen Ehefrau einholen. Auch wurde der Ehepartner in den meisten Fällen von der Familie ausgewählt.

Für die medizinische Behandlung von Libyern, die im Zuge des Bürgerkrieges verletzt wurden, hat die libysche Regierung 140 Mio. US-Dollar an Jordanien gezahlt; Anfang Februar 2012 befanden sich dort rund 15.000 verletzte Libyer in Behandlung.

Geschichte

Historischer Marktplatz in Leptis Magna
Ksar der Garamanten in der Oase Adiri, um 1850 (illustriert nach einer Skizze von Heinrich Barth)

Überblick

Bereits in ägyptischen Hieroglyphentexten taucht eine Benennung für die westlich benachbarten Stämme auf. Die Griechen nannten das Land Libyē (altgriechisch Λιβύη), das lateinische Pendant ist Libya. Damit war in der Antike das Land beiderseits der Großen Syrte gemeint. Vom 7. Jahrhundert v. Chr. an gründeten sie an der Küste Kolonien, darunter die Stadt Kyrene. Dieser Teil des Landes, die Kyrenaika, stand in den folgenden Jahrhunderten unter der Herrschaft Ägyptens. In dem sich westlich daran anschließenden Gebiet hatten die Phönizier etwa um 700 v. Chr. die drei Städte Sabratha, Oea und Leptis Magna gegründet – der Name Tripolitanien („Drei-Städte-Land“) hat hier seinen Ursprung. Sie kamen bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. unter die Vorherrschaft Karthagos.

Nach dessen Zerstörung 146 v. Chr. geriet Tripolitanien unter römische Herrschaft, 96 v. Chr. wurde auch die Kyrenaika Teil des Römischen Reiches. Bei der römischen Reichsteilung 395 n. Chr. verblieb Tripolitanien bei Westrom, während die Kyrenaika Ostrom zugeschlagen wurde. Mitte des 5. Jahrhunderts fielen die Vandalen in Libyen ein; die Rückeroberung gelang Byzanz ab 533 unter Führung des Generals Belisar. Zwischen 641 und 644 besetzten die Araber das Gebiet; die dort ansässigen Berber wurden islamisiert.

Seit 1835 war das Territorium Libyens als Provinz „Tripolitanien“ Teil des Osmanischen Reiches, vorher kontrollierten verschiedene Eroberer nur die Küstengebiete Tripolitaniens und der Cyrenaika, nicht aber deren Hinterland und den Fessan. Von 1911 bis 1932 führte Italien zwei Kolonialkriege um das Gebiet, wobei das faschistische Regime Benito Mussolinis von 1929 bis 1934 den Völkermord in der Cyrenaika verübte. Anschließend wurde 1934 die Kolonie Italienisch-Libyen gegründet, die bis 1943 unter italienischer Kontrolle blieb.

1951 wurde Libyen schließlich ein souveräner Staat und war bis 1969 ein Königreich. Im Jahr 1969 kam Muammar al-Gaddafi durch einen Militärputsch an die Macht. Im Februar 2011 begann seine diktatorische Herrschaft zu bröckeln; ein libyscher Bürgerkrieg begann. Von März bis Oktober 2011 fand eine internationale Militärintervention auf der Seite der Gegner Gaddafis statt. Machthaber Gaddafi wurde am 20. Oktober 2011 von seinen Gegnern getötet.

Im Mai 2014 entstand aus dem Machtvakuum ein zweiter Bürgerkrieg, in dem rivalisierende Milizen gegeneinander kämpften, was zum politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch sowie zur Spaltung des Landes in einen westlichen und in einen östlichen Machtbereich führte. Am 17. Dezember 2015 wurde zwischen den rivalisierenden Lagern aus Tobruk und Tripolis ein Friedensvertrag vereinbart, der bis 2018 den Neuaufbau des Staates und seiner Institutionen sowie eine Einheitsregierung unter Fayiz as-Sarradsch vorsah. Allerdings blieb Libyen auch nach dem Friedensvertrag weiterhin in einen westlichen as-Sarradsch unterstützenden und einen östlichen Landesteil mit der Hauptstadt Tobruk gespalten, in dem Chalifa Haftar großen Einfluss besitzt. Neben dem Machtkampf der beiden Landeshälften agieren durch das hervorgerufene Machtvakuum die Terrororganisationen Islamischer Staat und Al-Qaida.

Leptis Magna

Nach dem Fall Karthagos besetzten die Römer Tripolitanien (die Region um Tripolis) nicht sofort, sondern überließen es stattdessen den Königen von Numidien, bis die Küstenstädte um Schutz baten und ihn auch erhielten. Ptolemäus Apion, der letzte griechische Herrscher, vermachte die Kyrenaika Rom, das die Region 74 v. Chr. formell annektierte und sie als römische Provinz mit Kreta verband. Als Teil der Provinz Africa Nova erlebte Tripolitanien eine Blütezeit im 2. und 3. Jahrhundert, als die Stadt Leptis Magna, Sitz der Severer-Dynastie, ihre Blütezeit erlebte.

Im Osten wurden die ersten christlichen Gemeinden in der Kyrenaika zur Zeit des Kaisers Claudius gegründet. Während des Kitos-Krieges wurde sie stark verwüstet und sowohl von Griechen als auch von Juden nahezu entvölkert. Obwohl es von Trajan mit Militärkolonien wieder besiedelt wurde, begann von da an sein Niedergang. Libyen bekehrte sich schon früh zum nizänischen Christentum und war die Heimat von Papst Viktor I. Allerdings gab es in Libyen auch viele nicht-nizänische Varianten des frühen Christentums, wie den Arianismus und den Donatismus.

Türkische und italienische Herrschaft

Essensausgabe im KZ Sidi Ahmed el-Magrun

Anfang des 16. Jahrhunderts wurde Tripolitanien zunächst von den Spaniern erobert, die das Gebiet dann aber an den Johanniterorden abtraten. Im Jahre 1551 eroberten die Osmanen ganz Libyen. Tripolis war dann lange Zeit Stützpunkt der Korsaren und wurde mehrmals Ziel von Angriffen europäischer und 1803 sogar amerikanischer Kriegsflotten. Im 19. Jahrhundert suchte die Senussi-Bruderschaft, ein in der Kyrenaika ansässiger islamischer Orden, die Macht zu erlangen. Er bildete auch den Kern des Widerstandes, nachdem Italien nach dem italienisch-türkischen Krieg (1911–1912) Libyen annektiert hatte. Die italienische Eroberung Libyens erfolgte in drei Phasen. Während der ersten Phase 1911 bis 1914 konnten Tripolitanien und Fessan von den Italienern erobert werden, allerdings wurden sie anschließend durch Rebellionen wieder bis an die Küsten zurückgedrängt. Während der zweiten Phase 1915 bis 1922 erhielten die Libyer von den Italienern Selbstverwaltungsrechte zugesprochen. Nach dem Machtantritt der Faschisten unter Benito Mussolini in Rom folgte von 1923 bis 1932 die dritte Phase, während der Italien einen fast zehnjährigen Kolonialkrieg führte, in dessen Verlauf – unter Einsatz von Flächenbombardements, Giftgas und Konzentrationslagern – rund 100.000 Libyer ums Leben kamen, was ca. 15 % der Gesamtbevölkerung entsprach.

1934 erklärte Italien seine libyschen Besitzungen zur Kolonie Italienisch-Libyen. Es kam bereits hier zu Grenzstreitigkeiten um den Aouzou-Streifen im Süden mit Frankreich und seiner Kolonie Französisch-Äquatorialafrika. Im Zweiten Weltkrieg griffen italienische Truppen Ägypten an, wurden aber von britischen Truppen zurückgeschlagen. Von 1941 bis 1943 unterstützten deutsche Truppen („Afrikakorps“ unter Generalfeldmarschall Erwin Rommel) die italienischen Einheiten in Libyen gegen alliierte Verbände, bis sowohl die italienischen als auch die deutschen Einheiten im Mai 1943 bei Tunis kapitulieren mussten. Von 1943 bis 1949 war Libyen von Großbritannien und Frankreich besetzt. 1949 beschlossen die Vereinten Nationen, Libyen in die Unabhängigkeit zu entlassen und setzten als Hochkommissar Adrian Pelt ein.

Unabhängigkeit als Königreich Libyen 1951

König Idris um 1965

1951 wurde Libyen in die Unabhängigkeit entlassen. König der konstitutionellen Monarchie wurde das Oberhaupt der Senussi, Idris I. Die Entdeckung reicher Erdölvorkommen seit 1959 machte Libyen zu einem der bedeutendsten Erdöl exportierenden Länder der Welt.

Das aktive und passive Frauenwahlrecht wurden 1964 eingeführt.

Militärputsch 1969 und Folgen

Auf der anderen Seite verstärkten sich jedoch die sozialen Spannungen im Innern, was neben anwachsenden nationalistischen Stimmungen schließlich am 1. September 1969 (neuer Nationalfeiertag) zum Sturz der Monarchie durch das Militär und zur Ausrufung der Arabischen Republik Libyen führte. König Idris und Königin Fatima gingen nach Kairo ins Exil.

Der Vorsitzende des Revolutionären Kommandorates, Oberst Muammar al-Gaddafi, versuchte die radikale Arabisierung und Islamisierung des Landes. Unter anderem wurde Englisch- und Italienischunterricht an Grundschulen, der Import von Schweinefleisch sowie der Verkauf von alkoholischen Getränken verboten. Des Weiteren wurde die frühere katholische Kathedrale von Tripolis in eine Moschee umgebaut. Seine Pläne zur Schaffung einer panarabischen Union mit einigen Nachbarländern zwischen 1969 und 1974 scheiterten aber unter anderem an seinem Führungsanspruch. Er benannte Libyen auch in Dschamahirija um.

In den folgenden Jahren wurden alle Erdölgesellschaften verstaatlicht.

Am 2. März 1977 wurde Libyen mit der Deklaration von Sabha, die den Charakter eines Staatsorganisationsgesetzes hat, zur sozialistischen arabischen Volksrepublik (Dschamahiriyya) mit 1200 „Volkskomitees“ erklärt. Eine formelle Staatsverfassung hatte Libyen danach nicht mehr, als solche angesehen wurden die Konstitutionelle Proklamation von 1969 bzw. 1992 und die Deklaration über die Autorität des Volkes von 1977. Eine neue Nationalflagge und ein neues Staatswappen wurden eingeführt.

Dschamahirija (Volksrepublik) 1977

Muammar al-Gaddafi beim Gipfeltreffen der Afrikanischen Union 2009

1977 führte Libyen einen kurzen Grenzkrieg gegen Ägypten und von 1978 bis 1987 einen Grenzkrieg mit dem Tschad um den Aouzou-Streifen.

Gesetzgeber wurde in Libyen der Allgemeine Volkskongress. Dem Generalsekretär des Allgemeinen Volkskongresses, Muhammad Abu l-Qasim az-Zuwai, stand als Staatsoberhaupt ein siebenköpfiges Generalsekretariat zur Seite. Die faktische Macht lag jedoch beim Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Oberst Muammar al-Gaddafi. Der Allgemeine Volkskongress, dessen ca. 2.700 Delegierte von lokalen Volkskongressen (rund 6 für je durchschnittlich 100 Einwohner), Gewerkschaften, Streitkräften und anderen Massenorganisationen entsandt wurden, war die höchste politische Institution und besaß sowohl legislative als auch exekutive Funktionen. Einige seiner Resolutionen hatten den Charakter von Grundrechten.

Alle Libyer ab 18 Jahren waren zur politischen Partizipation verpflichtet. Parteien waren nicht zugelassen. Die wichtigsten Gewerkschaften wurden staatlich gelenkt; diese waren die Nationale Föderation der Gewerkschaften und die Union der Erdöl- und Petrochemiearbeiter.

1979 trat Muammar al-Gaddafi von den Staatsämtern zurück, blieb aber als „Revolutionsführer“ Machthaber im Lande.

1988 wurde ein Volksgericht geschaffen, dessen Zuständigkeit politische und wirtschaftliche Korruption war. 2005 wurden diese umstrittenen Volksgerichte wieder abgeschafft.

Im Jahr 2000 löste das Parlament auf Vorschlag Gaddafis die Zentralverwaltung des Landes weitgehend auf und übergab sowohl Gesetzgebung als auch Regierungsgewalt an regionale Parlamente und Ausschüsse.

Aufstand und Bürgerkrieg 2011

Nachdem im Februar 2011 Libyer öffentlich protestiert und staatliche Sicherheitskräfte gewaltsam versucht hatten, die Proteste zu verhindern, spaltete sich die politische Führung des Landes. In Bengasi übernahmen bewaffnete Oppositionelle die Kontrolle. Nach einem koordinierten militärischen Eingreifen der NATO und einer Reihe arabischer Staaten zur Durchsetzung der mit der UN-Resolution 1973 eingerichteten Flugverbotszone gelang es den in der Libyschen Nationalen Befreiungsarmee zusammengeschlossenen Milizen, die Einheiten der regulären Streitkräfte Libyens zu besiegen. Die Zahl der Kriegstoten liegt nach Schätzungen zwischen 10.000 und 50.000. 2011 gab es in Libyen umfangreiche Missionen des Internationalen Komitee vom Blauen Schild (Association of the National Committees of the Blue Shield, ANCBS) mit Sitz in Den Haag zum Schutz und Sicherung der vom Bürgerkrieg, den Unruhen und von Diebstahl bedrohten Kulturgüter (Museen, Archive, Ausgrabungsstätten, Denkmäler, Bauten etc.), denn in vielen Fällen versuchen die verfeindeten Konfliktparteien bewusst, das kulturelle Erbe und Gedächtnis des Gegners (begünstigt durch den Zusammenbruch staatlicher Strukturen) zu zerstören bzw. wirtschaftlich zu verwerten. Dabei wurden auch „No Strike“-Listen mit solchen Kulturgütern erstellt, die vor Luftschlägen schützen sollen.

2014 formierten sich die verschiedenen Milizen um zwei konkurrierende politische Allianzen unter dem Kürzel „Würde“ und „Morgendämmerung“, die seit Mai 2014 einen neuen Bürgerkrieg austragen. Seit März 2015 sollen beide Allianzen nach Wunsch der United Nations Support Mission in Libya eine neue gemeinsame Regierung bilden.

Entwicklung seit 2011 und neuer Bürgerkrieg

Krieg in Libyen

Nach dem Krieg und der internationalen Militärintervention wurde das Land von Kämpfen rivalisierender Milizen erschüttert. Zunächst schien der demokratische Prozess in Libyen voranzukommen, denn 2012 wurden die ersten fairen und freien Wahlen der Geschichte Libyens abgehalten. Bei dieser Wahl zum libyschen Nationalkongress 2012 wurde die weltliche und säkulare Allianz der Nationalen Kräfte (ANK) mit Abstand stärkste Partei. Der konkurrierenden islamistischen Partei für Gerechtigkeit und Aufbau gelang es jedoch, eine parlamentarische Mehrheit gegen die ANK zu bilden. In der Folgezeit waren die islamistisch geprägten Regierungen weder in der Lage noch anscheinend willens, die unabhängigen Milizen in Libyen aufzulösen oder in den Staat zu integrieren. Terroristische Gruppierungen und Milizen wie Ansar al-Scharia (Libyen) (welche für den Mord an US-Botschafter J. Christopher Stevens verantwortlich gemacht wird) konnten sich frei im neuen Libyen bewegen. Unter der Präsidentschaft Nuri Busahmeins eskalierte die Lage endgültig, als der neue Staatschef Libyens die Regierung bei der Bekämpfung von unabhängigen Milizen nicht unterstützte, sondern mit dem „Operationsraum Libyscher Revolutionäre“ seine eigene islamistische Privatarmee gründete und förderte.

Als sowohl freie Milizen als auch radikal-islamistische Milizen in Libyen freie Hand hatten und die islamistisch geprägten Regierungen diesen Zustand nicht beenden wollten oder konnten, rief dies das weltliche Lager auf den Plan, das von diesen Zuständen genug hatte. Unter General Chalifa Haftar bildete sich eine weltlich geprägte Allianz „Würde“, welche im Mai 2014 durch einen Militärputsch versuchte, die Macht im Land an sich zu reißen. Im Gegensatz zum Militärputsch in Ägypten 2013 scheiterte dieser, da die Muslimbrüder ein solches Vorgehen erwartet und ihrerseits ihre eigenen Milizen gegründet hatten. Die in den beginnenden Kriegswirren im Juni 2014 durchgeführte Parlamentswahl in Libyen 2014 sollte den beginnenden Bürgerkrieg abwenden und weiter den demokratischen Prozess fördern. Nachdem die Kräfte um Haftar die Wahlen bei einer Wahlbeteiligung von 18 % gewonnen hatten, putschte sich in Tripolis das islamistische Lager unter dem Namen „Morgenröte“ zurück an die Macht und vertrieb die neue offizielle Regierung in den Osten des Landes.

In diesem Bürgerkrieg kämpfen die beiden Allianzen „Würde“ (welche die offizielle Regierung stellt) und „Morgenröte“ sowie die Terrororganisation „IS“ um die Macht im Land. Er geht einher mit einem dramatischen Anstieg der Flüchtlingszahlen und mit schweren Menschenrechtsverletzungen. Die Vereinten Nationen sahen Libyen 2015 kurz vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch. US-Präsident Barack Obama nannte in einem Interview am 11. April 2016 die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten es versäumt hätten, für stabile Verhältnisse und eine geordnete Regierung in Libyen nach dem Sturz des Gaddafi-Regimes zu sorgen, den insgesamt „größten Fehler“ seiner achtjährigen Amtszeit 2009–2017.

Nach der Eroberung der Hauptstadt Tripolis setzte die Gegenregierung den Allgemeinen Nationalkongress wieder als Parlament ein. Der international anerkannte Abgeordnetenrat floh daraufhin nach Tobruk. Da die Armeen und Milizen beider Regierungen durch den fortlaufenden Bürgerkrieg geschwächt sind, gelang es Ablegern der Terrororganisation IS, Teile des Landes wie Sirte oder Darna unter ihre Kontrolle zu bringen. Der „IS“ rief ein Emirat aus, das dem selbsternannten „Kalifen“ Abu Bakr al-Baghdadi die Treue schwor. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen strebt an, dass beide Regierungen eine Einheitsregierung bilden, die den Bürgerkrieg beendet, das Land stabilisiert und die Terrororganisation IS bekämpft.

Seit Juni 2015 finden Friedensverhandlungen im marokkanischen Skhirat und Berlin zwischen den Vertretern der beiden libyschen Blöcke unter Vermittlung der „5+5“-Gruppe statt. Die „5+5“-Gruppe setzt sich aus Vertretern der fünf UN-Vetomächte, sowie Deutschland, Spanien, Italien, der EU und den Vereinten Nationen zusammen. Auf Seiten der libyschen Delegationen nehmen Vertreter der beiden Regierungen sowie der beiden Parlamente, unabhängige Gruppen und Milizen sowie Vertreter der Stadt Misrata teil. In Berlin begannen am 10. Juni 2015 Verhandlungen über die Zukunft Libyens im Auswärtigen Amt nach Einladung des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier. Am 6. Dezember 2015 wurde überraschend ein Abkommen geschlossen, das zur Bildung einer Einheitsregierung führen soll.

2016 wurde eine Offensive zur Rückeroberung der vom Islamischen Staat besetzten Gebiete um die Stadt Sirte gestartet. Noch im selben Jahr stürmten militärischen Kräfte, die dem Kommando von Chalifa al-Ghweil unterstanden, das Gebäude des Hohen Staatsrats, woraufhin es zu Kämpfen zwischen Anhängern von al-Ghweil und as-Sarradsch kam.

Am 23. Oktober 2020 wurde ein Waffenstillstand geschlossen, der den Krieg in Libyen beendete. Am 10. März 2021 wurde eine Übergangsregierung gebildet, die bis zu den Wahlen im Dezember 2021 bestehen sollte.

Am 23. Dezember 2021 beschloss Libyens Nationale Wahlkommission, den für den 24. Dezember angesetzten ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen nach Rücksprache mit dem Parlament zu verschieben.

Am 10. Februar 2022 wurde Fathi Baschagha vom in Tobruk ansässigen Abgeordnetenrat zum Interimspremier ernannt. Der in Tripolis ansässige Abdul Hamid Dbeiba, Chef der am 10. März 2021 als Nachfolger der Regierung der Nationalen Übereinkunft ernannten Regierung der Nationalen Einheit, erkennt Baschagha aber als Regierungschef nicht an und weigert sich, zurückzutreten.

Islamisches Libyen

Die Atiq-Moschee in Awjila ist die älteste Moschee in der Sahara.

Unter dem Kommando von 'Amr ibn al-'As eroberte die Armee der Raschidun die Cyrenaika. Im Jahr 647 nahm ein Heer unter der Führung von Abdullah ibn Saad Tripolis endgültig von den Byzantinern ein. Der Fezzan wurde 663 von Uqba ibn Nafi erobert. Die Berberstämme im Hinterland nahmen den Islam an, widersetzten sich jedoch der arabischen politischen Herrschaft.

In den nächsten Jahrzehnten stand Libyen unter der Herrschaft des Umayyaden-Kalifen von Damaskus, bis die Abbasiden die Umayyaden 750 stürzten und Libyen unter die Herrschaft von Bagdad kam. Als der Kalif Harun al-Raschid im Jahr 800 Ibrahim ibn al-Aghlab zum Gouverneur von Ifriqiya ernannte, genoss Libyen unter der Aghlabiden-Dynastie erhebliche lokale Autonomie. Im 10. Jahrhundert kontrollierten die schiitischen Fatimiden Westlibyen, beherrschten 972 die gesamte Region und ernannten Bologhine ibn Ziri zum Statthalter.

Ibn Ziris Berberdynastie der Ziriden löste sich schließlich von den schiitischen Fatimiden und erkannte die sunnitischen Abbasiden von Bagdad als rechtmäßige Kalifen an. Als Vergeltung veranlassten die Fatimiden die Auswanderung von Tausenden vor allem zweier arabischer Qaisi-Stämme, der Banu Sulaym und Banu Hilal, nach Nordafrika. Dieser Akt veränderte die Struktur der libyschen Landschaft drastisch und zementierte die kulturelle und sprachliche Arabisierung der Region.

Die Herrschaft der Ziriden in Tripolitanien war jedoch nur von kurzer Dauer, und bereits 1001 brachen die Berber der Banu Khazrun aus. Tripolitanien blieb bis 1146 unter ihrer Kontrolle, als die Region von den Normannen aus Sizilien übernommen wurde. Erst 1159 eroberte das Almohaden-Reich Tripolis von der europäischen Herrschaft zurück. In den folgenden 50 Jahren war Tripolitanien Schauplatz zahlreicher Kämpfe zwischen den Ayyubiden, den Almohaden-Herrschern und den Aufständischen der Banu Ghaniya. Später regierte ein General der Almohaden, Muhammad ibn Abu Hafs, Libyen von 1207 bis 1221, bevor später eine von den Almohaden unabhängige tunesische Hafsiden-Dynastie gegründet wurde. Die Hafsiden herrschten fast 300 Jahre lang über Tripolitanien. Im 16. Jahrhundert wurden die Hafsiden zunehmend in den Machtkampf zwischen Spanien und dem Osmanischen Reich hineingezogen.

Nachdem die Kontrolle der Abbasiden geschwächt war, wurde die Cyrenaika von ägyptischen Staaten wie den Tuluniden, Ikhshididen, Ayyubiden und Mamluken beherrscht, bevor sie 1517 von den Osmanen erobert wurde. Schließlich erlangte Fezzan unter der Awlad Muhammad-Dynastie nach der Herrschaft der Kanem seine Unabhängigkeit. Die Osmanen eroberten Fezzan schließlich zwischen 1556 und 1577.

Osmanisches Tripolitanien (1551-1911)

Die Belagerung von Tripolis im Jahr 1551 ermöglichte es den Osmanen, die Stadt von den Johanniterrittern zu erobern.

Nach einer erfolgreichen Invasion von Tripolis durch das habsburgische Spanien im Jahr 1510 und der Übergabe der Stadt an die Johanniterritter übernahm der osmanische Admiral Sinan Pascha 1551 die Kontrolle über Libyen. Sein Nachfolger Turgut Reis wurde 1556 zum Bey von Tripolis und später zum Pascha von Tripolis ernannt. Ab 1565 lag die Verwaltungsbefugnis als Regent in Tripolis bei einem Pascha, der direkt vom Sultan in Konstantinopel/Istanbul ernannt wurde. In den 1580er Jahren unterstellten sich die Herrscher von Fezzan dem Sultan, und obwohl es in der Cyrenaika keine osmanische Autorität gab, wurde Ende des nächsten Jahrhunderts ein Bey in Benghazi stationiert, der als Vertreter der Regierung in Tripolis fungierte. Europäische Sklaven und eine große Zahl versklavter Schwarzer, die aus dem Sudan transportiert wurden, gehörten ebenfalls zum Alltag in Tripolis. Im Jahr 1551 versklavte Turgut Reis fast die gesamte Bevölkerung der maltesischen Insel Gozo, etwa 5 000 Menschen, und schickte sie nach Libyen.

Die eigentliche Macht ging mit der Zeit auf das Janitscharenkorps des Paschas über. Im Jahr 1611 putschten die Deys gegen den Pascha, und Dey Sulayman Safar wurde zum Regierungschef ernannt. In den nächsten hundert Jahren wurde Tripolitanien von einer Reihe von Deys regiert. Die beiden wichtigsten Deys waren Mehmed Saqizli (reg. 1631-49) und Osman Saqizli (reg. 1649-72), beide ebenfalls Paschas, die die Region effektiv beherrschten. Letzterer eroberte auch die Cyrenaika.

Die USS Enterprise des Mittelmeergeschwaders bei der Gefangennahme eines tripolitanischen Korsaren während des Ersten Barbary-Krieges, 1801

Da die osmanische Regierung keine Weisungen erteilte, verfiel Tripolis in eine Zeit der militärischen Anarchie, in der ein Putsch auf den anderen folgte und nur wenige Deys länger als ein Jahr im Amt blieben. Einer dieser Putsche wurde von dem türkischen Offizier Ahmed Karamanli angeführt. Die Karamanlis regierten von 1711 bis 1835 vor allem in Tripolitanien und hatten Mitte des 18. Jahrhunderts auch Einfluss in der Cyrenaika und im Fezzan. Ahmeds Nachfolger erwiesen sich als weniger fähig als er selbst, doch das empfindliche Gleichgewicht der Macht in der Region erlaubte es den Karamanli. In diese Jahre fiel der Tripolitanische Bürgerkrieg von 1793-95. Im Jahr 1793 setzte der türkische Offizier Ali Pascha Hamet Karamanli ab und gab Tripolitanien kurzzeitig wieder unter osmanische Herrschaft. Hamets Bruder Yusuf (reg. 1795-1832) stellte die Unabhängigkeit Tripolitaniens wieder her.

Eine Expedition der US-Marine unter Commodore Edward Preble beim Angriff auf Kanonenboote und Befestigungen in Tripolis, 1804

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts brach zwischen den Vereinigten Staaten und Tripolitanien ein Krieg aus, und es kam zu einer Reihe von Gefechten, die als Erster und Zweiter Barbary War bekannt wurden. Bis 1819 hatten die verschiedenen Verträge der Napoleonischen Kriege die Barbary-Staaten gezwungen, die Piraterie fast vollständig aufzugeben, und die Wirtschaft Tripolitaniens begann zu bröckeln. Als Yusuf schwächer wurde, bildeten sich Fraktionen um seine drei Söhne. Bald kam es zum Bürgerkrieg.

Der osmanische Sultan Mahmud II. entsandte Truppen, die angeblich die Ordnung wiederherstellen sollten, was das Ende der Karamanli-Dynastie und eines unabhängigen Tripolitaniens bedeutete. Die Ordnung wurde nicht so schnell wiederhergestellt, und der Aufstand der Libyer unter Abd-El-Gelil und Gûma ben Khalifa dauerte bis zum Tod des letzteren im Jahr 1858. In der zweiten Periode der direkten osmanischen Herrschaft kam es zu administrativen Veränderungen und einer größeren Ordnung in der Verwaltung der drei libyschen Provinzen. Die osmanische Herrschaft wurde schließlich zwischen 1850 und 1875 in Fezzan wiederhergestellt, um Einkünfte aus dem Saharahandel zu erzielen.

Die Jahre nach dem Bürgerkrieg

Für Dezember 2021 waren die ersten Präsidentschaftswahlen angesetzt, die jedoch auf Juni 2022 verschoben und später weiter verschoben wurden.

Fathi Bashagha wurde im Februar 2022 vom Parlament zum Premierminister ernannt, um eine Übergangsregierung zu leiten, aber der amtierende Premierminister Abdul Hamid Dbeibah weigerte sich, die Macht ab April 2022 abzugeben. Aus Protest gegen die Regierung Dbeibah legten Stammesführer aus der Wüstenstadt Ubari am 18. April 2022 das Ölfeld El Sharara, das größte Ölfeld Libyens, still. Die Abschaltung drohte zu einer Ölknappheit in Libyen zu führen und die staatliche National Oil Corp. daran zu hindern, die hohen Ölpreise auf dem internationalen Markt infolge der russischen Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 zu nutzen. Am 2. Juli wurde das Repräsentantenhaus von Demonstranten niedergebrannt.

Politik

Politisches System

Als oberstes Organ des Staates hat der Allgemeine Nationalkongress im August 2012 den am 27. Februar 2011 von Aufständischen gegründeten Nationalen Übergangsrat (arabisch المجلس الوطني الانتقالي, DMG al-maǧlis al-waṭanī al-intiqālī) abgelöst. Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi stehen weite Teile des Landes unter Kontrolle von Milizen, die sich nicht dem Nationalen Übergangsrat unterstellten.

Noch im August 2011 wurden Wahlen zum Allgemeinen Nationalkongress angekündigt, die vom 18. Juni bis 5. Juli 2012 stattfanden. Für die 200 Sitze haben sich 2.501 Kandidaten beworben. Im Anschluss daran wurde Mohammed Yusef el-Megarief zum Präsidenten gewählt. Am 13. September 2012 wurde Mustafa Abu Schagur zum Ministerpräsidenten gewählt.

Laut dem am 29. Januar 2012 in Tripolis beschlossenen Wahlgesetz zur verfassungsgebenden Versammlung sollten 136 der Sitze an Kandidaten politischer Parteien und 64 Sitze an unabhängige Kandidaten vergeben werden. Bei der Wahl zum libyschen Nationalkongress 2012 sind ca. 60 % der Stimmen mit 120 von 200 an unabhängige Kandidaten vergeben worden und nicht an Parteilisten.

Dabei wurden mehrere politische Parteien gegründet. Allerdings durften diese kein Geld aus dem Ausland annehmen. Ebenfalls war es ehemaligen Gaddafi-Anhängern verboten, an der Kandidatur teilzunehmen. Ein am 3. Mai in Kraft getretenes Gesetz verbot die Gründung religiöser Parteien.

Bei der Wahl Ende Juni 2014 waren nur unabhängige Kandidaten und keine Parteilisten mehr erlaubt, um politische Machtkämpfe in Zukunft zu verhindern. Dadurch erhoffen sich viele Libyer, dass dies ein weiterer Schritt zur Demokratisierung des Landes ist. Das neue 200-köpfige Parlament, der Abgeordnetenrat, übernahm am 4. August 2014 die Legislativrechte.

Die in Libyen unter Gaddafi existierende Wehrpflicht für Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 35 Jahren ist faktisch abgeschafft. Die neue Übergangs-Regierung hat noch keine Regelung zur Wehrpflicht erlassen.

Rechtssystem

Seit dem Ende des Bürgerkrieges befindet sich Libyens Rechtssystem in einem unklaren Zustand; seit 1978 hatte Libyen keine Verfassung mehr, eine neue muss erst noch beschlossen werden. Beim Aufbau eines Rechtssystems und einer rechtsstaatlichen Verwaltung soll die UNO-Mission UNSMIL Hilfe leisten. Der Aufbau eines neuen, allgemein anerkannten Justizwesens zieht sich hin. In Gefängnissen, überwiegend jenen, die sich nicht unter der Kontrolle des Übergangsrats befinden, wird wieder gefoltert. Das bis zum Bürgerkrieg geltende Zivilgesetzbuch folgte dem ägyptischen und war daher wie dieses von der französischen Rechtsordnung geprägt.

Die Rechtsgrundlage der libyschen Verfassung war der Koran (Artikel 2). Im Personen-, Familien- und Erbrecht (Gesetz von 1984) sowie seit 1994 auch im Strafrecht galt das islamische Recht (Scharia). Seit 1973 war Homosexualität strafbar (Gesetz Nr. 70/1973). Zinā (Ehebruch und Unzucht) wurde nach Gesetz Nr. 70/1973 mit 100 Stockhieben bestraft; Verleumdung wegen Unzucht/Ehebruch (qadhf) war ebenfalls strafbar. Als Grund wurde die Eindämmung von Prostitution genannt.

Nach Aussage eines Verteidigers in Bengasi im Februar 2012 hatten die Milizen zu viel Macht. Von 50 Angeklagten wegen „Hochverrats gegen die Revolution“ konnten nur drei bei der Anhörung persönlich Stellung nehmen. Bei den restlichen 47 weigerte sich die Miliz, sie in den Gerichtssaal zu bringen; als Grund wurden „Sicherheitsprobleme“ genannt. Auch Folterungen von Angeklagten sind bekannt geworden.

Im Dezember 2013 stimmte die Nationalversammlung Libyens für die Einführung der Scharia.

Politische Indizes

Von Nichtregierungsorganisationen herausgegebene politische Indizes
Name des Index Indexwert Weltweiter Rang Interpretationshilfe Jahr
Fragile States Index 95,2 von 120 20 von 178 Stabilität des Landes: Alarm
0 = sehr nachhaltig / 120 = sehr alarmierend
2020
Demokratieindex  1,95 von 10  158 von 167 Autoritäres Regime
0 = autoritäres Regime / 10 = vollständige Demokratie
2020
Freedom in the World 9 von 100 --- Freiheitsstatus: nicht frei
0 = unfrei / 100 = frei
2020
Rangliste der Pressefreiheit  55,73 von 100  165 von 180 Sehr ernste Lage für die Pressefreiheit
0 = gute Lage / 100 = sehr ernste Lage
2021
Korruptionswahrnehmungsindex (CPI)  17 von 100  173 von 180 0 = sehr korrupt / 100 = sehr sauber 2020

Menschenrechte

Viele Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International berichten, dass auch unter den neuen Behörden, die nach dem Bürgerkrieg in Libyen an die Macht gelangten, die Menschenrechte in Libyen stark eingeschränkt sind. Durch Folter sollen mindestens zwölf Gaddafi-Anhänger getötet worden sein. Menschen mit schwarzer Hautfarbe werden diskriminiert, da diese oft pauschal als Söldner Gaddafis denunziert werden. In der Stadt Sabha kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen gegenüber den Tubu. Es sollen bereits Dutzende Menschen gestorben sein. Auch die Organisation Open Doors erklärte, dass inzwischen in Libyen Christen verfolgt werden. Andere als islamische religiöse Versammlungen sind verboten. 2011 wurden mehrere Christen aufgrund ihres Glaubens inhaftiert. Es kam zu Übergriffen von Salafisten auf christliche Kopten. So wurden Anfang 2013 in Bengasi 100 Christen verschleppt und misshandelt.

Schätzungen zufolge wurden landesweit mehr als 6.000 Menschen verhaftet, (Stand 2012) ohne offizielle Anklage oder Aussicht auf einen Prozess. In den Internierungszentren der Stadt Misrata, die nicht dem Nationalen Übergangsrat, sondern der dortigen Revolutionsbrigade unterstanden, wurden Gefangene gefoltert. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen stellte bei insgesamt 115 Gefangenen Verletzungen durch Folter fest. Die Folterverhöre, von denen einige tödlich verliefen, wurden vom militärischen Geheimdienst NASS geführt. Die Behörden vor Ort ignorierten die Forderungen der Hilfsorganisation nach einem Ende der Folter. Nach Bekanntwerden des Foltertods des ehemaligen libyschen Botschafters in Frankreich in Sintan erklärte Justizminister Ali Hamida Aschur, die Verantwortlichen würden vor Gericht gestellt; die von Folter-Vorwürfen betroffenen Gefängnisse befänden sich überwiegend nicht unter der Kontrolle des Übergangsrates.

Im Jahr 2017 war die Gefangenschaft ohne Rechtsgrundlagen Thema eines Workshops der UNSMIL. Ein offizieller Sprecher aus Bani Walid bezifferte die Zahl der ohne Verfahren inhaftierten auf 7.000 – 8.000 Personen im ganzen Land. Dazu sollen etwa 900 Frauen im Ruhaimi-Gefängnis in Ain Zara gehören, die meisten von ihnen frühere Angehörige der Revolutionsgarde. Hinzu kämen Gefangene bewaffneter Banden in privaten Gefängnissen.

Im Jahr 2021 werden nach Angaben der Stiftung Wissenschaft und Politik, die Kontakte nach Libyen unterhält, offiziell 4000 Flüchtlinge in libyschen Migrationsgefängnissen, wo gefoltert, vergewaltigt und hingerichtet wurde, festgehalten. Daneben würden Menschenhändler noch zahlreiche illegale Gefängnisse betreiben.

Laut dem Jahresbericht 2016 von Human Rights Watch werden Journalisten in Libyen immer noch von bewaffneten Gruppen verfolgt. Die Organisation fügte hinzu, dass Libyen im Pressefreiheitsindex 2015 mit Platz 154 von 180 Ländern einen sehr niedrigen Rang einnimmt. Für den Pressefreiheitsindex 2021 fiel das Land auf Platz 165 von 180 Ländern. Homosexualität ist in Libyen illegal.

Außenpolitik

Libyen ist Mitglied der Vereinten Nationen (UN), der Afrikanischen Union (AU), der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), der Organisation arabischer Erdöl exportierender Länder (OAPEC), der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) und der Arabischen Liga, der Bewegung der Blockfreien Staaten sowie der Gemeinschaft der Sahel-Saharanischen Staaten SAD-CEN.

In den 25 Jahren zwischen 1969 und 1994 gingen von Libyen zahlreiche Vereinigungsversuche mit arabischen und afrikanischen Staaten aus.

Eine Reihe von Staaten, beispielsweise der Großteil der westeuropäischen Staaten, Australien, Kanada, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate erkannten den Übergangsrat als einzige legitime Vertretung des libyschen Volkes an und entsandten diplomatische Vertreter nach Bengasi. Die USA beorderten bisher nur einen ständigen Vertreter nach Bengasi, die Europäische Union eröffnete dort ein Verbindungsbüro und die Arabische Liga nahm Gespräche mit dem Übergangsrat auf.

Am 3. August 2011 gab die US-Regierung bekannt, eine Botschaft des libyschen Übergangsrates in Washington D.C. einzurichten. Ferner gibt es Planungen, dass den Aufständischen 13 Millionen US-Dollar von gesperrten Konten der bisherigen libyschen Führung zur Verfügung gestellt werden. Zuvor war im März 2011 die Botschaft Libyens geschlossen worden. Auch das Vereinigte Königreich hatte die diplomatischen Vertreter Libyens ausgewiesen. Die Afrikanische Union, deren wichtigster Gründer und Spender Gaddafi war, hat eine gemeinsame Anerkennung des Rates zunächst zurückgewiesen, auch wenn die Mehrzahl dessen Mitglieder die Anerkennung bereits offiziell vollzogen hat. Als Nachfolger des geflohenen libyschen Botschafters in Deutschland, Dschamal al-Barag, nominierte der Nationale Übergangsrat Ali Masednah Idris el-Kothany, der bis dahin als Arzt in Hof (Saale) gelebt hatte.

Am 16. September 2011 entschied die UN-Vollversammlung, dass von nun an der Nationale Übergangsrat Libyen bei den Vereinten Nationen vertritt.

Beziehungen zu afrikanischen Staaten

Libyen unterstützte seit der Revolution von 1969 afrikanische Unabhängigkeitsbewegungen, beispielsweise in den damaligen portugiesischen Kolonien Angola und Guinea-Bissau gegen das diktatorische Estado Novo Regime. Auch unterhält Libyen zu fast allen afrikanischen Staaten gute Beziehungen, in so gut wie allen Hauptstädten existieren Botschaften und es unterstützt viele Regierungen sehr armer Länder mit Budgethilfen, aber auch mit sozialen und technologischen Projekten, zum Beispiel einem panafrikanischen Satelliten. Gaddafi propagierte stets eine inter-afrikanische (wie auch inter-arabische) Solidarität, so wurde schon die frühere Organisation für Afrikanische Einheit politisch und finanziell unterstützt. Aufgrund ihrer politischen Erfolglosigkeit regte Gaddafi die Gründung der Afrikanischen Union an, was 2002 umgesetzt wurde. Libyen finanzierte viele Institutionen der AU und Gaddafi wurde 2009 zu deren Präsidenten gewählt. Der Gründungsvertrag orientiert sich an der EU, so enthält dieser auch Erklärungen zur Einhaltung der Menschenrechte und zur Souveränität der Mitgliedsstaaten. Diese beiden Ansprüche konnten jedoch schon lange vorher nicht immer miteinander in Einklang gebracht werden, beispielsweise daran zu sehen, dass Libyen unter Gaddafi notorisch Menschenrechte verletzte. Andererseits unterstützte Libyen Regimegegner im benachbarten Tschad im Jahr 1983, jedoch erfolglos, da französische Fremdenlegionäre dem Diktator Hissène Habré halfen (dessen Regierungszeit von erheblichen Menschenrechtsverletzungen geprägt war) und die libyschen Truppen aus fast allen besetzten Gebieten vertrieben. Auch wurde die Polisario, deren beanspruchtes Gebiet, die Westsahara, völkerrechtswidrig von Marokko besetzt ist, von Libyen politisch unterstützt.

In Libyen erhielten Angehörige anderer afrikanischer Staaten recht problemlos eine Aufenthaltsgenehmigung, so dass der Anteil an Gastarbeitern relativ hoch war. Im September 2000 kam es allerdings zu Pogromen libyscher Arbeitsloser gegen afrikanische Gastarbeiter. Daraufhin wurden im folgenden Januar 331 mutmaßliche Täter angeklagt. Ähnliche Pogrome gab es auch zu Beginn des Bürgerkrieges 2011, da Gaddafi nachweislich fremde Söldner aus vielen afrikanischen Staaten anheuerte, um den Aufstand niederzuschlagen.

Seit dem Sturz Gaddafis 2011 setzte eine leichte Abkühlung der Beziehungen zu den afrikanischen Staaten ein, da die neue Regierung Gaddafis Prestigeprojekt, der AU, nicht länger als bedeutender Geldgeber zur Verfügung steht. Auch wenn die Mehrzahl der afrikanischen Staaten den Nationalen Übergangsrat bereits als legitime Übergangsregierung anerkannt hatte, lehnte die AU es ab, den NTC offiziell anzuerkennen.

Beziehungen zu westlichen Staaten

Das von Libyens Außenpolitik über Jahrzehnte vertretene Streben nach arabischer Einheit stand in Zusammenhang mit einer ausgeprägten und aggressiven Feindschaft zu Israel und zu den USA, denen von den arabischen Staaten Hegemonialansprüche vorgeworfen werden. Gaddafi versuchte, auch andere afrikanische Regierungen zu einer ablehnenden Haltung gegenüber Israel zu bringen, was ihm in den 80er Jahren teilweise auch gelang. Auch wegen der Unterstützung Libyens für antiisraelische und antiamerikanische Terrorgruppen verschlechterte sich das Verhältnis zu den USA.

Nach der Versenkung zweier libyscher Kriegsschiffe durch die US-Marine in der Operation Attain Document im März 1986 und dem im Gegenzug von libyscher Seite organisierten Bombenanschlag auf die Berliner Diskothek La Belle am 5. April 1986 bombardierte die US-amerikanische Luftwaffe in der Nacht vom 14. zum 15. April 1986 in der Operation El Dorado Canyon die beiden größten libyschen Städte Tripolis und Bengasi. Nach umstrittenen Angaben der libyschen Regierung soll dabei Gaddafis Adoptivtochter Hana ums Leben gekommen sein, es wird jedoch vermutet, dass diese noch lebt.

Nach dem als Vergeltung für diese Luftschläge vonseiten Libyens verübten Lockerbie-Anschlag auf eine US-amerikanische Passagiermaschine im Dezember 1988 und der libyschen Weigerung, die beiden tatverdächtigen Geheimdienstagenten an die britische Justiz auszuliefern, verhängte der UN-Sicherheitsrat 1993 eine Reihe von Sanktionen gegen das Land, die erst nach dem Einlenken Gaddafis und der Überstellung der beiden Tatverdächtigen an den Internationalen Strafgerichtshof im Jahre 1999 wieder gelockert wurden.

In allen Fällen, in denen Libyen terroristische Anschläge zur Last gelegt wurden, tauchten erhebliche Zweifel an seiner Täterschaft auf. Im Fall der Diskothek La Belle deuteten Ermittlungsergebnisse auf eine Beteiligung Syriens hin, wie die West-Berliner Polizei und das State Departement 1988 mitteilten. In den Fällen Lockerbie und UTA-Flug 772 gibt es ebenfalls Hinweise auf eine Täterschaft Syriens, Irans oder der palästinensischen PFLP-GC. Libyen wurde danach belastet, weil die USA, das Vereinigte Königreich und Frankreich eine Konfrontation mit diesen beiden Staaten vor dem Zweiten Golfkrieg scheuten.

Im Zweiten Golfkrieg 1990 stellte sich Libyen auf die Seite des Irak.

Im August 2000 vermittelte Libyen bei islamischen Terroristen auf den Philippinen die Freilassung gefangener westlicher Geiseln.

Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 verurteilte Gaddafi die Gewaltakte und akzeptierte ausdrücklich das US-amerikanische Recht auf Selbstverteidigung.

Nach weiteren Eingeständnissen und Entschädigungszahlungen für die Angehörigen der Lockerbie-Opfer sowie der Opfer eines weiteren Bombenanschlags auf ein französisches Verkehrsflugzeug im September 1989 (UTA-Flug 772) wurden die Embargomaßnahmen im September 2003 vollständig aufgehoben. Außerdem erklärte sich die libysche Regierung zu Entschädigungszahlungen für die Opfer des Bombenanschlags auf die Berliner Diskothek La Belle bereit.

Gaddafi versuchte wiederholt, in den Besitz von ABC-Waffen zu gelangen. 1989 deckte die New York Times auf, dass eine westdeutsche Firma in Libyen eine Anlage zur Produktion von Senfgas baute., Unter dem Deckmantel des linksalternativen österreichischen „MOZ“-Verlags, den Gaddafi seit 1984 finanzierte, kauften libysche Geschäftsleute in Österreich große Mengen von Chemikalien, die für die Giftgasproduktion verwendbar waren. Bei Beginn des Bürgerkrieges 2011 befanden sich immer noch erhebliche Mengen Senfgas in libyschen Arsenalen. Seit Mitte der 1990er Jahre versuchte Gaddafi auch, in den Besitz von Atomwaffentechnologie zu gelangen. Unterstützt wurde er dabei von Abdul Kadir Khan, dem „Vater des pakistanischen Atomprogramms“. Im Oktober 2003 wurde ein nach Libyen fahrendes deutsches Schiff, die „BBC China“ aufgebracht. An Bord befand sich nukleare Technologie, unter anderem 1000 Zentrifugen zur Urananreicherung. Im Dezember 2003 erklärte Gaddafi daraufhin den Verzicht Libyens auf Massenvernichtungswaffen und ließ Anfang 2004 zahlreiche Komponenten für chemische Waffen vernichten. Am 10. März 2004 unterzeichnete Libyen außerdem das sogenannte Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag und räumte damit der Internationalen Atomenergie-Organisation umfassende Kontrollmöglichkeiten der Nuklearanlagen des Landes ein, woraufhin Frankreich, Großbritannien und im Mai 2006 auch die Vereinigten Staaten wieder diplomatische Beziehungen mit Libyen aufnahmen und es fortan nicht mehr der Gruppe der sogenannten Schurkenstaaten zuordneten. Stattdessen wurde Libyen in der Folgezeit ein begehrter Partner bei der Bekämpfung illegaler Einwanderung vor allem nach Italien, was auch ein Drängen der europäischen Staaten auf Aufhebung des Waffenembargos gegen Libyen nach sich zog.

Am 17. Juli 2007 endete der international kritisierte, teilweise als politisch angesehene HIV-Prozess in Libyen gegen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt nach sieben Jahren mit der Ausreise der Angeklagten in ihre Heimatländer. 2008 kam es nach der Verhaftung von Gaddafis Sohn Hannibal im Kanton Genf zu einer diplomatischen Verstimmung zwischen Libyen und der Schweiz, in dessen Verlauf Gaddafi der Schweiz den Dschihad erklärte.

Seit dem Sturz Gaddafis beginnt unter der Übergangsregierung eine außenpolitische Öffnung des Landes, insbesondere gegenüber den westlichen Staaten, da diese beim Sturz des Regimes geholfen hatten.

Militär und Polizei

Libysche Su-22M-3K

Die Streitkräfte Libyens bestanden 2010 aus rund 119.000 Mann, wobei das Heer 50.000, die Luftwaffe 18.000 und die Marine 8.000 Mann unterhielt. 25.000 Soldaten waren zu dem Zeitpunkt Wehrpflichtige. Als Reserve dienten 40.000 Mann als Volksmiliz. Über den Einsatz entschied der Volksausschuss für Verteidigung. 3.000 Mann gehörten der paramilitärischen Revolutionsgarde (Libysche Revolutionsgarde) an, die direkt Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi unterstellt waren.

Die Luftschläge der internationalen Koalition im Jahr 2011 zerstörten große Teile der Marine und der Luftwaffe sowie der gepanzerten Bodenfahrzeuge Libyens. Die instabile Sicherheitslage während des Bürgerkrieges führte außerdem dazu, dass der Großteil der Bevölkerung Waffen trug.

Seit dem Ende des Bürgerkrieges stehen weite Teile des Landes unter der Kontrolle von Revolutionsbrigaden, die sich nicht dem Nationalen Übergangsrat unterstellen. Der neue Verteidigungsminister Usama al-Dschuwaili will diese Einheiten in die regulären libyschen Streitkräfte, die Polizei und andere Einrichtungen der neuen Regierung integrieren. Der Vorsitzende des Nationalen Übergangsrats, Mustafa Abdul Dschalil, hofft, dass bis Anfang April 2012 70–80 % der Revolutionäre integriert sein werden. Im November 2011 hatten Vertreter der Brigaden erklärt, sie wollten ihre Waffen so lange behalten, bis es eine neue, aus Wahlen hervorgegangene legitime Regierung gebe. Eine weitere Schwierigkeit bei der Integration der Revolutionsbrigaden stellt die desolate Lage bei den Staatsfinanzen dar. 2013 blockierten einige Milizen das Außen- und Justizministerium, da in diesen ehemalige Anhänger Gaddafis arbeiten. Die Regierung lenkte daraufhin ein und erließ ein Gesetz, welches ehemaligen Anhängern Gaddafis verbietet, für die Regierung zu arbeiten.

Verwaltungsgliederung

Die größten Städte sind (Stand 2007): Tripolis 1.780.000 Einwohner, Bengasi 650.629 Einwohner, Misrata 386.120 Einwohner, al-Aziziyya 287.407 Einwohner, Tarhuna 210.697 Einwohner und al-Chums 201.943 Einwohner.

Dreiteilung Libyens nach dem Zweiten Weltkrieg und während der UN-Treuhandverwaltung (1943/47–1951)
Die drei historischen Gouvernements Libyens (1951–1963)

Die klassischen drei Regionen Libyens sind Tripolitanien, Fezzan und Cyrenaika. In dieser Form war Libyen bis 1963 geteilt. 1928 zählten die italienischen Kolonisatoren in Tripolitanien 596.000 und in der Cyrenaika 195.000 Menschen, der Fessan wurde damals teilweise von Frankreich und Großbritannien verwaltet und nicht gesondert gezählt. Nach Angaben von 2004 lebten in Tripolitanien 63,7 %, in Fezzan 7,8 % und in der Cyrenaika 28,5 % der Einwohner des Landes.

Aktuelle Gliederung

Im Jahre 2007 fand die letzte Gebietsreform statt, in der die 32 Schaʿbiyyat / شعبيات / šaʿbīyāt /‚Munizipien‘ (Einzahl: شعبية, DMG šaʿbīya ‚Munizip‘) durch 22 Schaʿbiyyat ersetzt wurden.

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شعبية Schaʿbiyya 2007 Einwohner 2006 Ziffer Hauptort Vorgänger
البطنان al-Butnan 159.536 1 Tobruk identisch
درنة Darna 163.351 2 Darna Darna und al-Quba
الجبل الاخضر al-Dschabal al-Achdar 203.156 3 al-Baida identisch
المرج al-Mardsch 185.848 4 al-Mardsch identisch
بنغازي Bengasi 670.797 5 Bengasi Bengasi und
al-Hizam al-Achdar
الواحات al-Wahat 177.047 6 Adschdabiya al-Wahat,
Adschdabiya
Norden von al-Kufra
الكفرة al-Kufra 50.104 7 al-Dschauf Nordstreifen abgetreten
an al-Wahat
سرت Surt 141.378 8 Surt Westgebiete abgetreten
an Misrata und al-Dschufra
مصراتة Misrata 550.938 9 Misrata Bani Walid und Misrata
المرقب al-Murgub 432.202 10 al-Chums Tarhuna Wa Msalata
und al-Murgub
طرابلس Tripolis 1.065.405 11 Tripolis Munizip Tadschura’ wa-n-Nawahi al-Arbaʿ
und Tarabulus
الجفارة al-Dschifara 453.198 12 al-’Azīziyah
الزاوية az-Zawiya 290.993 13 az-Zawiya az-Zawiya,
Sabrata wa-Surman
und nördliches Yafran
النقاط الخمس an-Nuqat al-Chams 287.662 14 Zuwara identisch
الجبل الغربي al-Dschabal al-Gharbi 304.159 15 Gharyan Mizda, Gharyan
und südliches Yafran
نالوت Nalut 93.224 16 Nalut Nalut und Ghadames
الجفرة al-Dschufra 52.342 17 Hon Gebietsgewinne von
Surt und Murzuq
وادي الشاطئ Wadi asch-Schati’ 78.532 18 Adiri identisch
سبها Sabha 134.162 19 Sabha identisch
وادي الحياة Wadi al-Haya 76.858 20 Awbari quasi identisch
غات Ghat 23.518 21 Ghat identisch
مرزق Murzuq 78.621 22 Murzuk Nordostgebiet abgetreten
an al-Dschufra

Gliederung 2001–2007

Bis 2007 gab es in Libyen 32 Munizipien. Der arabische Begriff für eine libysche Verwaltungseinheit ist Scha’biya (Plural: Sha’biyat, englisch: Popularate). Bis 1983 wurde Libyen in zehn Gouvernements eingeteilt, seitdem fanden sehr oft Territorialreformen statt, so

  • 1983: Gliederung in 46 Distrikte
  • 1987: Gliederung in 25 Baladiya
  • 1995: Gliederung in 13 Baladiya
  • 1999: Gliederung in 26 Schabiya
  • 2001: Gliederung in 32 Schabiya
  • 2007: Gliederung in 22 Schabiya
Verwaltungsgliederung in Libyen 2001–2007
Nr. شعبية Schabiya Einwohner
2003
Fläche
km²
1 إجدابيا Adschdabiya 165.839 91.620
2 البطنان al-Butnan 144.527 83.860
3 الحزام الاخضر al-Hizam al-Achdar 108.860 12.800
4 الجبل الاخضر al-Dschabal al-Achdar 194.185 7.800
5 الجفارة al-Dschifara 289.340 1.940
6 الجفرة al-Dschufra 45.117 117.410
7 الكفرة al-Kufra 51.433 483.510
8 المرج el Merdj 116.318 10.000
9 المرقب Munizip al-Murgub 328.292 3.000
10 النقاط الخمس an-Nuqat al-Chams 208.954 5.250
11 القبة Gubba 93.895 14.722
12 الواحات al-Wahat 29.257 108.670
13 الزاوية az-Zawiya 197.177 1.520
14 بنغازي Bengasi 636.992 800
15 بنى وليد Bani Walid 77.424 19.710
16 درنة Darnah 81.174 4.908
17 غات Ghat 22.770 72.700
18 غدامس Ghadames 19.000 51.750
19 غريان Gharyan 161.408 4.660
20 مرزق Murzuq 68.718 349.790
21 مزدة Mizda 41.476 72.180
22 مصراتة Misratah 360.521 2.770
23 نالوت Nalut 86.801 13.300
24 تاجوراء والنواحي الأربع Munizip Tadschura’ wa-n-Nawahi al-Arbaʿ 267.031 1.430
25 ترهونة و مسلاته Tarhuna Wa Msalata 296.092 5.840
26 طرابلس Tarabulus 882.926 400
27 سبها Sabha 126.610 15.330
28 سرت Surt 156.389 77.660
29 صبراته و صرمان Sabratha Wa Surman 152.521 1.370
30 وادي الحياة Wadi al-Haya 72.587 31.890
31 وادي الشاطئ Munizip Wadi asch-Schati’ 77.203 97.160
32 يفرن Yafran 117.647 9.310
  ليبيا Libyen 5.678.484 1.775.060

Wirtschaft

Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts pro Kopf ab 1950

Die libysche Wirtschaft war stark geprägt von planwirtschaftlichen Elementen mit Importverboten, Preiskontrollen und staatlich kontrollierter Verteilung. Seit der Revolution 1969 wurden sozialpolitische Maßnahmen ergriffen; Subventionierung der Grundnahrungsmittel, von Strom, Benzin und Gas, Wohnungsbauprogramme, Erhöhung der Mindestlöhne, seit 1973 Beteiligung der Arbeitnehmer an den Unternehmensgewinnen. Seit 1992 wurden allerdings verstaatlichte Immobilien wieder privatisiert. In der Folge dieser sozialpolitischen Maßnahmen war Libyen das Land mit dem geringsten Wohlstandsgefälle Afrikas. Der Bildungssektor wurde aufgebaut, es besteht Schulpflicht vom 6. bis 15. Lebensjahr, Schulbesuch ist kostenlos.

Ab 2002 verfolgte die libysche Regierung unter Muammar al-Gaddafi einen vorsichtigen Kurs der Liberalisierung, der sich in einem deutlich steigenden Wachstum bemerkbar machte. So lag das reale Wirtschaftswachstum seit 2003 regelmäßig über 5 %. 2005 betrug das reale Wachstum 6,3 %, das vorläufige Wachstum 2006 wurde mit 5,6 % angegeben, für 2007 wurden 9,2 % geschätzt und für 2008 wurden 8,8 % erwartet. Nicht zuletzt die deutliche Zunahme des Ölpreises erlaubte es der Regierung, die Reformen zu beschleunigen. Ende März 2007 wurde in Bengasi die erste Börse Libyens eröffnet. Die Regierung privatisierte die staatliche Sahara-Bank und beschloss weitere Privatisierungsmaßnahmen in der Wirtschaft. Libyen war gegen Ende der Gaddafi-Ära das reichste Land Afrikas, seit dem Beginn der Aufstände und des darauf folgenden Bürgerkrieges hat sich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf allerdings halbiert.

Öl- und Gasvorkommen, Pipelines und Raffinerien

Da das Land über reiche Erdölvorkommen verfügt, entstanden 70 % des BIP im Jahr 2005 durch Erdöl und Erdgas. Alle anderen Wirtschaftszweige spielten dementsprechend eine untergeordnete Rolle: Landwirtschaft 2,9 %, Bergbau 0,8 %, verarbeitendes Gewerbe 1,4 %, Elektrizität, Gas, Wasser 0,7 %, Bau 3,3 %, Handel, Hotellerie und Gaststättengewerbe 5,3 %, Transport, Lagerhaltung und Kommunikation 3,7 %, öffentliche Dienstleistungen 8,6 %.

Die Arbeitslosenquote wurde 2004 mit 30 % angegeben. Die Inflationsrate lag 2008 bei 10,4 %, 2009 bei 2,0 %. Mit einem Index der menschlichen Entwicklung von 0,784 gilt Libyen (auch nach Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011) laut den Vereinten Nationen als der höchstentwickelte Staat des afrikanischen Kontinents.

Nach der libyschen Revolution 2011 und dem Sturz des Gaddafiregimes plante die neu gewählte Übergangsregierung die Scharia bis 2015 einzuführen. Zinsen sollten demnach verboten werden. Am 12. Oktober 2013 entführten regierungsnahe Milizen im Streit über die Verteilung der finanziellen Mittel in Libyen den Premier Ali Seidan.

Im Global Competitiveness Index, der die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes misst, belegt Libyen Platz 134 von 137 Ländern (Stand 2017–2018).

Landwirtschaft

In den wenigen landwirtschaftlich nutzbaren Gegenden an der Küste werden vor allem Weizen, Gerste, Gemüse, Oliven, Mandeln, Zitrusfrüchte und Datteln angebaut. Trotz der geringen landwirtschaftlichen Nutzfläche hat Libyens Dattelanbau an der Weltproduktion einen Anteil von 2–5 %. Auch der Olivenanbau hat an der Weltproduktion einen Anteil von 1–3 % (Stand 2006). Die Regierung forcierte zudem bereits in den 2000er-Jahren eine Bewässerung von Feldern in der Wüste, die von vielen Umweltgruppen als umweltschädlich kritisiert wird.

Industrie

Libyen hat die größten Erdölreserven Afrikas. Daher basiert die weitgehend verstaatlichte Wirtschaft Libyens auf den reichen Erdöl- und Erdgasvorkommen.

Die größten Zementfabriken Libyens sind die Werke von LCC und ACC. Nach Beendigung des US-Embargos im Jahre 2004 wurden in Libyen Niederlassungen von ABB, Siemens und von anderen internationalen Firmen wieder geöffnet. Aufgrund der Erdölförderung befinden sich vor allem an den Küstengebieten zahlreiche Raffinerien. Außerdem gibt es Textil- und Nahrungsmittelindustrie.

Im August 2013 ging die Ölförderung in Libyen auf ein geschätztes Tief von 300.000 Barrel Erdöl pro Tag zurück.

Außenhandel

Exporte im Jahre 2010 wurden laut dem CIA Factbook (nach Italien 32 %, Volksrepublik China 9 %, Spanien 9 %, Deutschland 8 %, und USA 5 %) in Höhe von 41,9 Mrd. US-$ erzielt. Unter dem Markennamen Tamoil betreibt Libyen in Deutschland, Italien und der Schweiz eigene Raffinerien und gleichnamige Tankstellennetze. Die weitere Industrie ist auf den Chemie-, Textil-, Möbel- und Baustoffsektor beschränkt.

Eingeführt (aus Italien 16,3 %, China 10,3 %, Türkei 10 %, Frankreich 6,8 %, Deutschland 6 %, Ägypten 6 %, Republik Korea 6 % und Tunesien 4 %) wurden Maschinen, Nahrungsmittel, Eisen und Stahl sowie Kraftfahrzeuge im Gesamtwert von 24,3 Mrd. US-$.

Tourismus

Aufgrund der politischen Isolation in der Vergangenheit ist der Tourismus unbedeutend, hat aber großes Potential. Bisher nur spärlich besuchte Touristenziele wie die antiken Städte Leptis Magna, Sabrata und Kyrene, berühmte Oasenstädte wie Ghadames sowie viele mesolithische Felsmalereien in der südlichen Wüste könnten von der neuerlichen politischen Öffnung des Landes profitieren.

Staatshaushalt

Der Staatshaushalt umfasste 2016 Ausgaben von umgerechnet 13,7 Mrd. US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 5,8 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 23,8 % des BIP. Das Haushaltsdefizit war damit in Relation zur Wirtschaftsleistung gesehen das weltweit höchste. Libyen verfügte im Dezember 2015 noch über Devisenreserven in Höhe von 70 Milliarden Dollar.

Die Staatsverschuldung betrug 2009 4 Mrd. US-Dollar oder 6,5 % des BIP.

2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:

Am 30. Januar 2012 warnte der IWF, die Regierungsfinanzen seien in einem „gefährlichen“ Zustand. Im Budget für das Jahr 2012 gibt es ein Defizit von 10 Mrd. US-Dollar, die Regierung hat Schwierigkeiten, die Gehälter zu zahlen und Energie-Rechnungen zu begleichen. Laut dem Vorsitzenden des Übergangsrates betrugen die Einkünfte aus dem Ölgeschäft in den vorangegangenen fünf Monaten nur 5 Mrd. US-Dollar, die Kosten für Gehälter und Energie betrügen pro Jahr aber 14 Mrd. US-Dollar. Von den durch die Sanktionen eingefrorenen und wieder freigegebenen 100 Mrd. US-Dollar seien erst 6 Mrd. US-Dollar wieder im Land; man arbeite daran, auch den Rest zu erhalten. Gleichzeitig bereite man zusammen mit den lokalen Räten die organisatorischen Strukturen vor, damit öffentliche Angestellte bezahlt werden könnten, sobald das Geld da sei. Man rechne damit, dass dieser Prozess bis zum 17. Februar 2012 abgeschlossen sei.

Am 6. Februar 2012 wurde bekannt, dass mehrere Millionen Dollar aus dem eingefrorenen und mittlerweile wieder freigegebenen Vermögen der Familie Gaddafi von korrupten Offiziellen der neuen Regierung gestohlen und in Koffern über Häfen außer Landes geschmuggelt wurden. Finanzminister Hassan Siglam drohte mit seinem Rücktritt, falls die Regierung nicht entweder die Kontrolle über die Häfen übernimmt oder den Rückfluss der eingefrorenen Gelder suspendiert.

Infrastruktur

Infrastruktur Libyens

Verkehr

Flughafen Tripolis

Libyen verfügt über Häfen in Tobruk (Naturhafen), Tripolis, Bengasi, Misurata, Mersa Brega sowie über mehrere Erdölverschiffungshäfen.

Als internationale Flughäfen gibt es den Tripoli International Airport, den Flughafen Mitiga und den Flughafen Bengasi.

Das Land hat mit etwa 47.600 km asphaltierten Straßen und etwa 35.600 km Pisten eine für die Region vergleichsweise sehr gute Infrastruktur. Die wichtigste Verbindungsstraße ist die 1822 Kilometer lange Küstenstraße (Via Balbia), die von der tunesischen Grenze im Westen zur Grenze nach Ägypten im Osten entlang der gesamten libyschen Mittelmeerküste verläuft. Gut ausgebaute Straßen führen auch ins Landesinnere, unter anderem nach Sabha, dem politischen und wirtschaftlichen Zentrum des Fessans, sowie in abgelegene Oasen wie Adiri, Ghadames, Kufra.

Zwei existierende Schmalspurstrecken in Tripolis und Bengasi wurden 1965 eingestellt. Aktuell wird in Libyen ein völlig neues Schienennetz in Normalspur errichtet, das langfristig küstennah die Lücke im Schienennetz Nordafrikas zwischen Tunesien und Ägypten schließen soll. Zunächst wird der Abschnitt zwischen Sirte und Bengasi zweigleisig gebaut, auf dem zuerst dieselgetriebene Züge verkehren sollen; später soll die Strecke elektrifiziert werden. Die Strecke soll mit ETCS ausgerüstet werden. Neben der Küstenbahn wird eine fast 1.000 km lange Strecke in Richtung Niger gebaut.

Libyen hatte 2013 weltweit die höchste Anzahl an Verkehrstoten in Relation zur Einwohnerzahl.

Bewässerung

Der See Umm al-Maʾ in Libyen

1984 begann Libyen mit der systematischen Förderung der eiszeitlichen Süßwasservorkommen in der Sahara. Mit dem Great-Man-Made-River-Projekt startete das bisher größte Süßwasserprojekt der Welt. Damit möchte sich das Land nicht nur von Lebensmittelimporten unabhängig machen, sondern auch zu einem Agrarexportstaat werden. Laut Gaddafi gibt es zum GMMR-Projekt für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung keine Alternative. Fraglich ist jedoch die mittelfristige Kostenentwicklung angesichts der enormen Bau- und Wartungskosten. Unstrittig ist, dass das GMMR-Projekt eine gewaltige Bildungs- und Infrastrukturmaßnahme darstellt und Libyens ökonomische Stabilität nach Versiegen der Ölquellen gewährleistet, wobei bis heute ungewiss ist, wie groß die unterirdischen Süßwasservorkommen sind und somit die Dauer und das Funktionieren des Projekts. Durch den Sturz Gaddafis und die Machtübernahme der Rebellen 2011 ist die Fortführung dieser Politik nun jedoch fraglich.

Atomprogramm

In den 1970er Jahren wollte Libyen einen Reaktor von der Sowjetunion kaufen und das Kernkraftwerk Sirt bauen lassen. Die Planungen wurden jedoch gestoppt.

In der Folge arbeitete auch Libyen an der Entwicklung eigener Nuklear(waffen)technik. So gestand Abdul Kadir Khan, der „Vater der islamischen Atombombe“ und Chefentwickler des pakistanischen Atomwaffenprogramms, 2004 gegenüber dem pakistanischen Geheimdienst, in der Vergangenheit auch Libyen mit geheimen Atomwaffenplänen versorgt zu haben.

Nachdem der libysche Staatschef Gaddafi im Dezember 2003 den Verzicht des Landes auf Massenvernichtungswaffen erklärt hatte, räumte Libyen mit der Unterzeichnung des sogenannten Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag am 10. März 2004 der Internationalen Atomenergie-Organisation umfassende Kontrollmöglichkeiten der Nuklearanlagen des Landes ein.

Im Juli 2007 unterzeichneten Gaddafi und der damalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy eine Absichtserklärung über den Bau eines Kernkraftwerks.

Telekommunikation

Der Telekommunikationssektor untersteht vor allem der 1984 gegründeten staatlichen Gesellschaft General Posts and Telecommunications Company (GPTC), welche noch bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges von Gaddafis ältestem Sohn Mohammed geführt wurde.

Die Anzahl der Festnetzanschlüsse im Land stieg von 105.000 Anschlüsse im Jahr 1974 auf 1,28 Millionen im Jahr 2009 an. Die beiden größten Städte Tripolis und Bengasi sind seit 1971 durch ein Seekabel miteinander verbunden, 1999 wurde eine Glasfaserkabelverbindung entlang der Küste zwischen Zuwara und Tobruk von Alcatel installiert. Weiterhin bestehen internationale Verbindungen nach Italien, Malta und Frankreich sowie eine direkte Telefonverbindung nach Tunesien. Ein geplantes Seekabel zwischen Libyen und Griechenland war für 2011 geplant, die Vollendung des Projektes verzögerte sich aber aufgrund des Bürgerkrieges, die Fertigstellung erfolgte dann im Januar 2013.

Seit 1997 existiert im Land ein Mobilnetzwerk. 2009 hatte das Land 10,9 Millionen Nutzer, verteilt auf die beiden Gesellschaften al-Madar und Libyana. Als die Regierung zu Beginn der Aufstände im Februar 2011 die Verbindungen zum Osten des Landes abschaltete, übernahmen Aktivisten im April 2011 Teile des Libyana-Netzes und gründeten eine eigene Gesellschaft, welche sie Libyana al Hura (Freies Libyana) nannten.

In Libyen gibt es aktuell zahlreiche Internetprovider. Im Jahr 2017 nutzten 22 Prozent der Einwohner Libyens das Internet.

Demografische Daten

Bildung

Der Königspalast Al Manar im Zentrum von Benghazi - Standort des ersten Campus der Universität von Libyen, die 1955 per königlichem Dekret gegründet wurde

In Libyen gibt es 1,7 Millionen Studenten, von denen mehr als 270.000 im tertiären Bereich studieren. Die Grundschulbildung ist in Libyen für alle Bürger kostenlos und bis zur Sekundarstufe obligatorisch. Die Alphabetisierungsrate für Erwachsene lag 2010 bei 89,2 %.

Nach der Unabhängigkeit Libyens im Jahr 1951 wurde die erste Universität - die Universität von Libyen - per königlichem Dekret in Benghazi gegründet. Im akademischen Jahr 1975-76 wurde die Zahl der Universitätsstudenten auf 13 418 geschätzt. Bis 2004 ist diese Zahl auf mehr als 200.000 gestiegen, wobei weitere 70.000 im höheren technischen und beruflichen Sektor eingeschrieben sind. Der rasche Anstieg der Zahl der Studierenden im Hochschulbereich spiegelt sich in der Zunahme der Zahl der Hochschuleinrichtungen wider.

Seit 1975 ist die Zahl der Universitäten von zwei auf neun gestiegen, und nach ihrer Einführung im Jahr 1980 beläuft sich die Zahl der höheren technischen und beruflichen Bildungseinrichtungen derzeit auf 84 (mit 12 öffentlichen Universitäten). Seit 2007 wurden einige neue private Universitäten wie die Libyan International Medical University gegründet. Obwohl vor 2011 eine kleine Anzahl privater Einrichtungen akkreditiert wurde, wurde der Großteil der libyschen Hochschulbildung stets aus dem öffentlichen Haushalt finanziert. Im Jahr 1998 machten die Haushaltsmittel für Bildung 38,2 % des gesamten libyschen Staatshaushalts aus.

Größte Städte

Größte Städte oder Gemeinden in Libyen
Rang Bezirk Bevölkerung
Tripolis
Tripolis
Benghazi
Benghazi
1 Tripolis Tripolis 1,250,000 Misrata
Misrata
Beida
Beida
2 Benghazi Benghazi 700,000
3 Misrata Misurata 350,000
4 Beida Jebel el-Akhdar 250,000
5 Khoms Murqub 201,000
6 Zawiya Zawiya 200,000
7 Adschdabija Al-Wahat 134,000
8 Sebha Sebha 130,000
9 Sirte Sirte 128,000
10 Tobruk Butnan 120,000

Kultur

Antikes römisches Mosaik in Sabratha

Viele arabischsprachige Libyer betrachten sich als Teil einer größeren arabischen Gemeinschaft. Dies wurde durch die Ausbreitung des Panarabismus in der Mitte des 20. Jahrhunderts und ihre Machtübernahme in Libyen verstärkt, wo sie Arabisch als einzige Amtssprache des Staates einführten. Unter Gaddafis Herrschaft wurden der Unterricht und sogar die Verwendung der einheimischen Berbersprache streng verboten. Außerdem wurden Fremdsprachen verboten, die zuvor in akademischen Einrichtungen gelehrt worden waren, so dass ganze Generationen von Libyern die englische Sprache nur eingeschränkt verstehen konnten. Sowohl in den gesprochenen arabischen Dialekten als auch im Berberischen sind immer noch Wörter aus dem Italienischen enthalten, die vor und während der Libia Italiana erworben wurden.

Die Libyer haben ein Erbe aus den Traditionen der ehemals nomadisch lebenden arabisch sprechenden Beduinen und der sesshaften Berberstämme. Die meisten Libyer assoziieren sich mit einem bestimmten Familiennamen, der auf Stammes- oder Eroberungstraditionen beruht.

Aufgrund des "Wesens des Gebens" (arabisch: الاحسان Ihsan, berberisch: ⴰⵏⴰⴽⴽⴰⴼ Anakkaf ) der libyschen Bevölkerung und ihres Sinns für Gastfreundschaft hat es der Staat Libyen im Jahr 2013 in die Top 20 des weltweiten Spendenindexes geschafft. Laut CAF haben in einem typischen Monat fast drei Viertel (72 %) aller Libyer jemandem geholfen, den sie nicht kannten - der dritthöchste Wert aller 135 untersuchten Länder.

Aufgrund der jahrzehntelangen kulturellen Unterdrückung unter dem Qaddafi-Regime und der mangelnden Entwicklung der Infrastruktur während der Diktatur gibt es nur wenige Theater oder Kunstgalerien. Seit vielen Jahren gibt es keine öffentlichen Theater und nur sehr wenige Kinos, die ausländische Filme zeigen. Die Tradition der Volkskultur ist nach wie vor lebendig, mit Musik- und Tanzgruppen, die auf zahlreichen Festivals in Libyen und im Ausland auftreten.

Eine große Anzahl libyscher Fernsehsender widmet sich der politischen Berichterstattung, islamischen Themen und kulturellen Phänomenen. Eine Reihe von Fernsehsendern strahlt verschiedene Stile der traditionellen libyschen Musik aus. Tuareg-Musik und -Tanz sind in Ghadames und im Süden des Landes sehr beliebt. Das libysche Fernsehen sendet hauptsächlich in arabischer Sprache, hat aber auch Sendeplätze für englische und französische Programme. Eine Analyse des Komitees zum Schutz von Journalisten aus dem Jahr 1996 ergab, dass die libyschen Medien während der Diktatur des Landes die am stärksten kontrollierten in der arabischen Welt waren. Seit 2012 sind Hunderte von Fernsehsendern auf Sendung, da die Zensur des alten Regimes weggefallen ist und "freie Medien" entstanden sind.

Viele Libyer kommen an die Strände des Landes und besuchen auch die archäologischen Stätten Libyens - insbesondere Leptis Magna, das als eine der am besten erhaltenen römischen Ausgrabungsstätten der Welt gilt. Das gebräuchlichste öffentliche Verkehrsmittel zwischen den Städten ist der Bus, obwohl viele Menschen mit dem Auto unterwegs sind. Es gibt in Libyen keinen Eisenbahnverkehr, aber der Bau eines solchen ist für die nahe Zukunft geplant (siehe Eisenbahnverkehr in Libyen).

In der libyschen Hauptstadt Tripolis gibt es zahlreiche Museen und Archive. Dazu gehören die Regierungsbibliothek, das Ethnographische Museum, das Archäologische Museum, das Nationalarchiv, das Epigraphische Museum und das Islamische Museum. Das Museum des Roten Schlosses, das sich in der Hauptstadt in der Nähe der Küste und direkt im Stadtzentrum befindet und in Absprache mit der UNESCO errichtet wurde, ist vielleicht das berühmteste Museum des Landes.

Kulinarisches

Bazeen

Die libysche Küche ist eine Mischung aus verschiedenen italienischen, beduinischen und traditionellen arabischen kulinarischen Einflüssen. Nudeln sind das Grundnahrungsmittel im Westen Libyens, während im Osten des Landes in der Regel Reis das Grundnahrungsmittel ist.

Zu den gängigen libyschen Gerichten gehören verschiedene Variationen von Nudelgerichten mit roter (Tomaten-)Soße (ähnlich dem italienischen Gericht Sugo all'arrabbiata); Reis, der in der Regel mit Lamm- oder Hühnerfleisch serviert wird (in der Regel gedünstet, gebraten, gegrillt oder in Soße gekocht); und Couscous, der in Dampf gekocht wird, während er über kochender roter (Tomaten-)Soße und Fleisch gehalten wird (manchmal auch Zucchini und Kichererbsen enthaltend), das in der Regel zusammen mit Gurkenscheiben, Salat und Oliven serviert wird.

Bazeen, ein Gericht aus Gerstenmehl, das mit roter Tomatensauce serviert wird, wird üblicherweise in der Gemeinschaft gegessen, wobei sich mehrere Personen dasselbe Gericht teilen, meist mit der Hand. Dieses Gericht wird häufig bei traditionellen Hochzeiten oder Festen serviert. Asida ist eine süße Version von Bazeen, die aus Weißmehl hergestellt und mit einer Mischung aus Honig, Ghee oder Butter serviert wird. Eine andere beliebte Art, Asida zu servieren, ist mit Rub (frischem Dattelsirup) und Olivenöl. Usban sind mit Reis und Gemüse gefüllte Kutteln, die in einer Tomatensuppe gekocht oder gedünstet werden. Shurba ist eine Suppe mit roter Tomatensoße, die gewöhnlich mit kleinen Nudelkörnern serviert wird.

Ein sehr verbreiteter Snack der Libyer ist khubs bi' tun, was wörtlich übersetzt "Brot mit Thunfisch" bedeutet. Es handelt sich dabei um ein gebackenes Baguette oder Fladenbrot, das mit Thunfisch gefüllt ist, der mit Harissa (Chilisauce) und Olivenöl vermischt wurde. Diese Sandwiches werden von vielen Imbissverkäufern zubereitet und sind in ganz Libyen zu finden. Libysche Restaurants bieten internationale Küche oder einfachere Gerichte wie Lamm, Huhn, Gemüseeintopf, Kartoffeln und Makkaroni an. Aufgrund der fehlenden Infrastruktur gibt es in vielen unterentwickelten Gebieten und Kleinstädten keine Restaurants; stattdessen sind Lebensmittelgeschäfte die einzige Möglichkeit, Lebensmittel zu erhalten. Der Konsum von Alkohol ist im ganzen Land verboten.

Es gibt vier Hauptbestandteile der traditionellen libyschen Küche: Oliven (und Olivenöl), Datteln, Getreide und Milch. Die Körner werden geröstet, gemahlen, gesiebt und für die Herstellung von Brot, Kuchen, Suppen und Bazeen verwendet. Datteln werden geerntet, getrocknet und können so gegessen werden, wie sie sind, zu Sirup verarbeitet oder leicht gebraten und mit Bsisa und Milch gegessen werden. Nach dem Essen trinken die Libyer oft schwarzen Tee. Dieser wird normalerweise ein zweites Mal getrunken (für das zweite Glas Tee), und bei der dritten Runde Tee werden geröstete Erdnüsse oder geröstete Mandeln, shay bi'l-luz genannt, dazu gereicht (im selben Glas mit dem Tee gemischt).

Sport

Fußball ist die beliebteste Sportart in Libyen. Das Land war 1982 Gastgeber des Afrikanischen Nationen-Pokals und hätte sich beinahe für die FIFA-Weltmeisterschaft 1986 qualifiziert. Die Nationalmannschaft hätte 1982 beinahe den AFCON gewonnen, verlor aber im Elfmeterschießen mit 7:6 gegen Ghana. Im Jahr 2014 gewann Libyen die Afrikanische Nationenmeisterschaft, nachdem es Ghana im Finale besiegt hatte. Obwohl die Nationalmannschaft noch nie einen großen Wettbewerb gewonnen oder sich für eine Weltmeisterschaft qualifiziert hat, ist die Begeisterung für diesen Sport ungebrochen und die Qualität des Fußballs steigt.

Auch Pferderennen sind in Libyen ein beliebter Sport. Es ist eine Tradition bei vielen besonderen Anlässen und Feiertagen.