Wahrnehmung

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Der Necker-Würfel und die Rubin-Vase können auf mehr als eine Weise wahrgenommen werden.
Der Mensch ist in der Lage, die zugrunde liegende 3D-Formkategorie/Identität/Geometrie anhand einer Silhouette dieser Form sehr gut zu erraten. Computer-Vision-Forscher waren in der Lage, Computermodelle für die Wahrnehmung zu entwickeln, die ein ähnliches Verhalten aufweisen und in der Lage sind, 3D-Formen aus Tiefenkarten oder Silhouetten aus einer oder mehreren Ansichten zu erzeugen und zu rekonstruieren.

Wahrnehmung (von lateinisch perceptio 'sammeln, empfangen') ist die Organisation, Identifizierung und Interpretation von sensorischen Informationen, um die präsentierten Informationen oder die Umgebung darzustellen und zu verstehen. Alle Wahrnehmungen beinhalten Signale, die durch das Nervensystem geleitet werden und die ihrerseits aus einer physikalischen oder chemischen Stimulation des sensorischen Systems resultieren. Beim Sehen trifft das Licht auf die Netzhaut des Auges, der Geruch wird durch Geruchsmoleküle vermittelt, und beim Hören sind es Druckwellen.

Die Wahrnehmung ist nicht nur der passive Empfang dieser Signale, sondern wird auch durch das Lernen, das Gedächtnis, die Erwartung und die Aufmerksamkeit des Empfängers geprägt. Der sensorische Input ist ein Prozess, der diese niederschwelligen Informationen in höherwertige Informationen umwandelt (z. B. Formen für die Objekterkennung extrahiert). Der anschließende Prozess verbindet die Konzepte und Erwartungen (oder das Wissen) einer Person mit den restaurativen und selektiven Mechanismen (wie der Aufmerksamkeit), die die Wahrnehmung beeinflussen.

Die Wahrnehmung hängt von komplexen Funktionen des Nervensystems ab, erscheint aber subjektiv meist mühelos, weil diese Verarbeitung außerhalb des bewussten Bewusstseins stattfindet. Seit dem Aufkommen der experimentellen Psychologie im 19. Jahrhundert hat sich das Verständnis der Psychologie für die Wahrnehmung durch die Kombination einer Vielzahl von Techniken weiterentwickelt. Die Psychophysik beschreibt quantitativ die Beziehungen zwischen den physikalischen Eigenschaften des sensorischen Inputs und der Wahrnehmung. Die sensorische Neurowissenschaft untersucht die der Wahrnehmung zugrunde liegenden neuronalen Mechanismen. Wahrnehmungssysteme können auch rechnerisch untersucht werden, und zwar im Hinblick auf die Informationen, die sie verarbeiten. Zu den Wahrnehmungsfragen in der Philosophie gehört die Frage, inwieweit Sinnesqualitäten wie Klang, Geruch oder Farbe in der objektiven Realität und nicht im Kopf des Wahrnehmenden existieren.

Obwohl die Menschen die Sinne traditionell als passive Rezeptoren betrachtet haben, hat die Untersuchung von Illusionen und mehrdeutigen Bildern gezeigt, dass die Wahrnehmungssysteme des Gehirns aktiv und vorbewusst versuchen, ihren Input sinnvoll zu verarbeiten. Es wird immer noch darüber diskutiert, inwieweit die Wahrnehmung ein aktiver Prozess der Hypothesenprüfung ist, ähnlich wie in der Wissenschaft, oder ob die realistischen sensorischen Informationen reichhaltig genug sind, um diesen Prozess unnötig zu machen.

Die Wahrnehmungssysteme des Gehirns ermöglichen es dem Einzelnen, die Welt um ihn herum als stabil zu betrachten, auch wenn die sensorischen Informationen in der Regel unvollständig sind und sich schnell ändern. Die Gehirne von Menschen und Tieren sind modular aufgebaut, wobei verschiedene Bereiche unterschiedliche Arten von Sinnesinformationen verarbeiten. Einige dieser Module haben die Form von sensorischen Karten, die einen bestimmten Aspekt der Welt auf einem Teil der Gehirnoberfläche abbilden. Diese verschiedenen Module sind miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. So wird beispielsweise der Geschmack stark vom Geruch beeinflusst.

Übergeordnet
Biologischer Prozess im Nervensystem
Untergeordnet
Wahrnehmung von Temperatur, Elektrizität, Licht, Schall, Berührung, Magnetismus, Schmerz, Gravitation, Emotion
Gleichgewichtssinn
Tiefenwahrnehmung
Chemosensorische W. (Geruchssinn
Geschmackssinn)
Gene Ontology
QuickGO

Wahrnehmung (auch Perzeption genannt) ist bei Lebewesen der Prozess und das subjektive Ergebnis der Informationsgewinnung (Rezeption) und -verarbeitung von Reizen aus der Umwelt und aus dem Körperinneren. Das geschieht durch unbewusstes (und beim Menschen manchmal bewusstes) Filtern und Zusammenführen von Teil-Informationen zu subjektiv sinn­vollen Gesamteindrücken. Diese werden auch Perzepte genannt und laufend mit gespeicherten Vorstellungen (Konstrukten und Schemata) abgeglichen.

Inhalte und Qualitäten einer Wahrnehmung können manchmal (aber nicht immer) durch gezielte Steuerung der Aufmerksamkeit und durch Wahrnehmungsstrategien verändert werden.

Die Gesamtheit aller Vorgänge der Sinneswahrnehmung bezeichnet man auch als Sensorik.

Prozess und Terminologie

Die Wahrnehmungskette

Die Wahrnehmungskette als Modell der Wahrnehmung (1956 bei John Raymond Smythies: „causal chain of perception and action“) beruht auf der Gegenüberstellung von einem Wahrnehmungsapparat und einer Außenwelt. Die Kette besteht aus sechs Gliedern, die jeweils auf ihr Folgeglied Einfluss ausüben und an jeder Art von Wahrnehmung in genau dieser Reihenfolge beteiligt sind. Sie ist in sich geschlossen, d. h. das sechste Glied beeinflusst wiederum das erste Glied der Kette:

Reiz
Die Objekte in der Außenwelt erzeugen Signale, z. B. reflektieren sie elektromagnetische Wellen oder sie vibrieren und erzeugen so Schall. Ein solches Signal, das auf Eigenschaften des Objektes beruht und keines Beobachters bedarf, nannte Gustav Theodor Fechner „Distaler Reiz“. Distale Reize sind i. A. physikalisch messbare Größen; Ausnahmen werden von der Parapsychologie unter dem Begriff Außersinnliche Wahrnehmung erforscht.
Transduktion, Transformation
Ein distaler Reiz trifft auf die Sinneszellen (auch Sensoren bzw. Rezeptorzellen), wo er durch Interaktion mit diesen zum proximalen Reiz wird. Sensoren sind spezialisierte Zellen des Körpers, die durch bestimmte Stimuli erregt werden. Sie verwandeln verschiedene Arten von Energie (wie Licht, Schall, Druck) in Spannungsänderungen um, ein Vorgang, der Transduktion genannt wird. Wenn beispielsweise bestimmte elektromagnetische Wellen auf die Photosensoren des Auges treffen, lösen sie dort über eine chemische Verstärkungskaskade ein Rezeptorpotenzial aus. Rezeptorpotenziale werden anschließend entweder in der Zelle selbst (primäre Sinneszelle) oder wie bei der Retina des Auges, deren Sensoren sekundäre Sinneszellen darstellen, nach synaptischer Übertragung auf eine Nervenzelle in Aktionspotenzialfolgen umkodiert: Transformation. Sensoren sind meistens in spezielle biologische Strukturen eingebettet, die ihre Fähigkeiten als Sinnesorgan erweitern, z. B. als Beweglichkeit des Augapfels oder als Trichterwirkung der Ohrmuscheln.
Verarbeitung
Im Sinnesorgan selbst findet oft eine massive Vorverarbeitung der empfangenen Signale statt, besonders aber in allen folgenden Kerngebieten des Gehirns, unter anderem durch Filterung, Hemmung, Konvergenz, Divergenz, Integration, Summation und zahlreiche Top-down-Prozesse. Beispiel: Die Photorezeptoren des Auges sind nur für einen kleinen Ausschnitt des elektromagnetischen Spektrums empfindlich, bedingt durch den Absorptionsmechanismus der Photosensoren. Dadurch ergibt sich eine Filterfunktion für elektromagnetische Wellen auf den Wellenlängenbereich von ca. 400 – 800 nm; die Photosensoren beeinflussen sich über neuronale Netzwerke in der Retina des Auges gegenseitig (z. B. bei der lateralen Hemmung). Daraus ergibt sich eine Kontrastverstärkungsfunktion. 126 Millionen Rezeptorzellen konvergieren auf 1 Million Ganglienzellen, indem sie rezeptive Felder variabler Größe bilden. Bei abnehmender Helligkeit werden die rezeptiven Felder vergrößert. Daraus ergibt sich eine Tiefpassfilterfunktion in Abhängigkeit von der Helligkeit. Die erste zentrale Umschaltstation des Nervus opticus nach Ausleitung (Konduktion) aus der Retina, das Corpus geniculatum laterale, dient unter anderem als Informationsfilter. Das kann man indirekt daraus schließen, dass sie mehr Input vom Cortex als vom Auge (Integration) erhält usf.
Wahrnehmung
Der nächste Schritt ist die Bewusstwerdung des Perzepts (Kognition): Schall wird zum Ton oder Geräusch, elektromagnetische Strahlung zu Licht usw.
Wiedererkennung
Prozesse wie Erinnern, Kombinieren, Erkennen, Assoziieren, Zuordnen und Urteilen führen zum Verständnis des Wahrgenommenen und bilden die Grundlage für Reaktionen auf den distalen Reiz. Dabei müssen diese Prozesse keineswegs zu einem klar umrissenen gedanklichen Bild führen, auch Empfindungen wie Hunger, Schmerz oder Angst sind Ergebnis der Kognition. Worauf selten hingewiesen wird, ist die Tatsache, dass die Neurophysiologie bisher noch keine unumstrittene Antwort auf die zentrale Frage des Bewusstseins geben konnte: Bislang hat „niemand auch nur den Schimmer einer Idee, was die physikalischen Prinzipien sind, auf deren Basis das Gehirn psychische Phänomene hervorbringt“ (Mausfeld, 2005, S. 63). Dietrich Dörner widerspricht dieser These allerdings vehement in „Bauplan für eine Seele“ (2008, 25 ff).
Handeln
Letztendliches Ergebnis der Wahrnehmung ist die Reaktion auf die Umwelt. Die Reaktion mag zunächst nicht als Teil der Wahrnehmung einleuchten, muss aber zumindest teilweise hinzugerechnet werden. Der Grund ist, dass viele Reaktionen darauf abzielen, den nächsten Durchlauf der Wahrnehmungskette zu beeinflussen, indem neue Eigenschaften der Umwelt für die Wahrnehmung zugänglich gemacht werden (z. B. Augenbewegung, Abtasten einer Oberfläche). Die Wahrnehmung arbeitet im Allgemeinen veridikal, d. h. zwischen einem Reiz und seiner Repräsentation im Gehirn besteht ein kausaler, nachvollziehbarer Zusammenhang. Ist ein Glied der Wahrnehmungskette gestört, so kann es zu Widersprüchen zwischen dem Reiz und der durch ihn ausgelösten Wahrnehmung kommen und man spricht von einer gestörten Wahrnehmung. Entspricht das Ergebnis des Wahrnehmungsprozesses nicht der Realität, obwohl die Wahrnehmungskette störungsfrei arbeitet, so spricht man von einer Wahrnehmungstäuschung. Diese Täuschungen werden in der Psychologie ausgiebig erforscht, denn sie liefern direkte Hinweise auf die Funktionsweise des Wahrnehmungsapparates.

Der Zusammenhang der wichtigsten Begriffe soll an folgendem konkreten Beispiel verdeutlicht werden:

Beispiel
Ein Kaminfeuer übermittelt Strahlung, Schall und chemische Stoffe (allesamt Eigenschaften (physikalische Größen), für die wir Sinnesorgane besitzen), das Kaminfeuer ist also ein distaler Reiz. Da die ausgesandten Signale Sensoren, z. B. in der Netzhaut des Auges, zur Reaktion reizen, handelt es sich hierbei um die Reize Licht, Wärme, Geräusche und Gerüche. Die Gesamtheit dessen, was wir vom Kaminfeuer wahrnehmen, bildet den proximalen Reiz, der von unseren Sinnesnerven als Perzept wie „gelb bis rote Farben, flackernde Bewegung, mittlere Temperatur, Knistern, geruchswirksame Aromen x, y und z“ an die sensorischen Zentren weitergeleitet wird. Obwohl die Umrisse des Kamins auf der Netzhaut gekrümmt sind, wird er veridikal als rechteckig wahrgenommen. Zum Abschluss wird das Perzept durch die Kognition mit den Erinnerungen „Feuer“ und „Kamin“ verbunden, zum „Feuer im Kamin“ kombiniert, als „Kaminfeuer“ erkannt, mit „November 1968“ und „Lisa“ assoziiert und als „sehr angenehm“ beurteilt und bildet damit die Grundlage für unsere Reaktion.

Um den Wahrnehmungsprozess zu erklären, könnte man als Beispiel einen gewöhnlichen Schuh nehmen. Der Schuh selbst ist der distale Stimulus. Wenn das Licht des Schuhs in das Auge einer Person fällt und die Netzhaut stimuliert, ist diese Stimulation der proximale Reiz. Das Bild des Schuhs, das vom Gehirn der Person rekonstruiert wird, ist die Wahrnehmung. Ein anderes Beispiel wäre ein klingelndes Telefon. Das Klingeln des Telefons ist der distale Stimulus. Der Klang, der die Hörrezeptoren einer Person stimuliert, ist der proximale Reiz. Die Interpretation des Gehirns als "Klingeln eines Telefons" ist die Wahrnehmung.

Die verschiedenen Arten von Empfindungen (wie Wärme, Klang und Geschmack) werden als sensorische Modalitäten oder Reizmodalitäten bezeichnet.

Bruner's Modell des Wahrnehmungsprozesses

Der Psychologe Jerome Bruner entwickelte ein Wahrnehmungsmodell, in dem Menschen die in einem Ziel und einer Situation enthaltenen Informationen zusammenfügen, um "Wahrnehmungen von uns selbst und anderen auf der Grundlage sozialer Kategorien" zu bilden. Dieses Modell setzt sich aus drei Zuständen zusammen:

  1. Wenn Menschen auf ein unbekanntes Ziel treffen, sind sie sehr offen für die Informationen, die in dem Ziel und der es umgebenden Situation enthalten sind.
  2. In der ersten Phase haben die Menschen noch nicht genügend Informationen, um das Ziel wahrzunehmen, so dass sie aktiv nach Hinweisen suchen, um diese Unklarheit zu beseitigen. Nach und nach sammeln die Menschen einige vertraute Hinweise, die es ihnen ermöglichen, eine grobe Kategorisierung des Ziels vorzunehmen.
  3. Die Anhaltspunkte werden weniger offen und selektiv. Die Menschen versuchen, nach weiteren Hinweisen zu suchen, die die Kategorisierung des Ziels bestätigen. Sie ignorieren und verzerren aktiv Hinweise, die ihren ursprünglichen Wahrnehmungen widersprechen. Ihre Wahrnehmung wird selektiver und sie zeichnen schließlich ein konsistentes Bild der Zielperson.

Die drei Komponenten der Wahrnehmung von Saks und John

Nach Alan Saks und Gary Johns gibt es drei Komponenten der Wahrnehmung:

  1. Die wahrnehmende Person: eine Person, deren Bewusstsein auf den Stimulus gerichtet ist und die daher beginnt, ihn wahrzunehmen. Es gibt viele Faktoren, die die Wahrnehmung der wahrnehmenden Person beeinflussen können, aber die drei wichtigsten sind (1) der Motivationszustand, (2) der emotionale Zustand und (3) die Erfahrung. Alle diese Faktoren, insbesondere die ersten beiden, tragen wesentlich dazu bei, wie eine Person eine Situation wahrnimmt. Oft kann die wahrnehmende Person eine so genannte "Wahrnehmungsabwehr" anwenden, bei der sie nur das sieht, was sie sehen will.
  2. Das Ziel: das Objekt der Wahrnehmung; etwas oder jemand, der wahrgenommen wird. Die Menge an Informationen, die von den Sinnesorganen der wahrnehmenden Person aufgenommen wird, beeinflusst die Interpretation und das Verständnis des Ziels.
  3. Die Situation: die Umweltfaktoren, der Zeitpunkt und das Ausmaß der Stimulation, die den Wahrnehmungsprozess beeinflussen. Diese Faktoren können dazu führen, dass ein einzelner Reiz lediglich als Reiz wahrgenommen wird und nicht als eine Wahrnehmung, die vom Gehirn interpretiert werden kann.

Multistabile Wahrnehmung

Reize werden nicht notwendigerweise in eine Wahrnehmung umgesetzt, und selten wird ein einzelner Reiz in eine Wahrnehmung umgesetzt. Ein mehrdeutiger Reiz kann manchmal in eine oder mehrere Wahrnehmungen umgewandelt werden, die nach dem Zufallsprinzip einzeln erlebt werden, was als multistabile Wahrnehmung bezeichnet wird. Ein und derselbe Reiz oder das Fehlen desselben kann zu unterschiedlichen Wahrnehmungen führen, je nach Kultur und früheren Erfahrungen der Versuchsperson.

Mehrdeutige Figuren zeigen, dass ein einziger Reiz zu mehr als einer Wahrnehmung führen kann. Die Rubin-Vase zum Beispiel kann entweder als Vase oder als zwei Gesichter interpretiert werden. Die Wahrnehmung kann Sinneseindrücke aus mehreren Sinnen zu einem Ganzen verbinden. Das Bild einer sprechenden Person auf dem Fernsehbildschirm wird zum Beispiel mit dem Klang der Sprache aus den Lautsprechern zu einer Wahrnehmung einer sprechenden Person verbunden.

Arten der Wahrnehmung

Großhirn-Lappen

Sehen

In vielerlei Hinsicht ist das Sehen der wichtigste menschliche Sinn. Das Licht wird durch jedes Auge aufgenommen und so fokussiert, dass es auf der Netzhaut nach der Richtung seines Ursprungs sortiert wird. Eine dichte Oberfläche lichtempfindlicher Zellen, darunter Stäbchen, Zapfen und intrinsisch lichtempfindliche retinale Ganglienzellen, nimmt Informationen über die Intensität, Farbe und Position des einfallenden Lichts auf. Ein Teil der Verarbeitung von Textur und Bewegung erfolgt in den Neuronen der Netzhaut, bevor die Informationen an das Gehirn weitergeleitet werden. Insgesamt werden dann etwa 15 verschiedene Arten von Informationen über den Sehnerv an das Gehirn weitergeleitet.

Der Zeitpunkt der Wahrnehmung eines visuellen Ereignisses an Punkten entlang des Sehkreislaufs wurde gemessen. Eine plötzliche Veränderung des Lichts an einem Punkt in der Umgebung verändert zunächst die Photorezeptorzellen in der Netzhaut, die ein Signal an die bipolare Zellschicht der Netzhaut senden, die wiederum eine retinale Ganglienzelle aktivieren kann. Eine retinale Ganglienzelle ist ein Brückenneuron, das den visuellen Input der Netzhaut mit den visuellen Verarbeitungszentren im zentralen Nervensystem verbindet. Die Aktivierung eines durch Licht veränderten Neurons erfolgt bei einem retinalen Ganglion des Kaninchens innerhalb von 5-20 Millisekunden, während bei einer retinalen Ganglienzelle der Maus der erste Spike zwischen 40 und 240 Millisekunden dauert, bevor die erste Aktivierung erfolgt. Die anfängliche Aktivierung kann durch einen Aktionspotentialspike, eine plötzliche Spitze in der elektrischen Spannung der Neuronenmembran, nachgewiesen werden.

Ein visuelles Wahrnehmungsereignis, das bei Menschen gemessen wurde, war die Darbietung eines anomalen Wortes an Personen. Wird diesen Personen auf einem Computerbildschirm ein Satz als Folge von Einzelwörtern gezeigt, in dem ein rätselhaftes Wort nicht an der richtigen Stelle steht, kann die Wahrnehmung des rätselhaften Wortes in einem Elektroenzephalogramm (EEG) registriert werden. In einem Experiment trugen menschliche Leser eine elastische Kappe mit 64 eingebetteten Elektroden, die über ihre Kopfhaut verteilt waren. Innerhalb von 230 Millisekunden, nachdem sie auf das anomale Wort gestoßen waren, erzeugten die menschlichen Leser eine ereigniskorrelierte elektrische Potentialveränderung ihres EEG im linken okzipital-temporalen Kanal, über dem linken Okzipital- und Temporallappen.

Ton

Anatomie des menschlichen Ohrs. (Die Länge des Gehörgangs ist in diesem Bild übertrieben dargestellt).
  Braun ist das äußere Ohr.
  Rot ist das Mittelohr.
  Lila ist das Innenohr.

Das Gehör (oder das Gehör) ist die Fähigkeit, Geräusche durch die Erkennung von Schwingungen wahrzunehmen (d. h. die Schallerkennung). Frequenzen, die vom Menschen wahrgenommen werden können, werden als Tonfrequenzen oder hörbare Frequenzen bezeichnet, deren Bereich üblicherweise zwischen 20 Hz und 20.000 Hz liegt. Frequenzen, die höher als Audio sind, werden als Ultraschall bezeichnet, während Frequenzen, die niedriger als Audio sind, als Infraschall bezeichnet werden.

Das Hörsystem umfasst die äußeren Ohren, die Schallwellen sammeln und filtern, das Mittelohr, das den Schalldruck umwandelt (Impedanzanpassung), und das Innenohr, das als Reaktion auf den Schall neuronale Signale erzeugt. Über die aufsteigende Hörbahn werden diese zur primären Hörrinde im Schläfenlappen des menschlichen Gehirns geleitet, von wo aus die Hörinformationen dann zur weiteren Verarbeitung in die Großhirnrinde gelangen.

Geräusche kommen in der Regel nicht aus einer einzigen Quelle: In realen Situationen überlagern sich Geräusche aus mehreren Quellen und Richtungen, wenn sie an den Ohren ankommen. Das Hören beinhaltet die rechnerisch komplexe Aufgabe, interessante Quellen herauszufiltern, sie zu identifizieren und oft auch ihre Entfernung und Richtung abzuschätzen.

Berührung

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen der Extero- und der Interozeption. Exterozeption bezeichnet dabei allgemein die Wahrnehmung der Außenwelt; der Begriff Interozeption als Oberbegriff die Wahrnehmung des eigenen Körpers. Bei letzterem unterscheidet man Propriozeption (Wahrnehmung von Körperlage und -bewegung im Raum) und Viszerozeption (Wahrnehmung von Organtätigkeiten).

Die Wahrnehmung der Außenwelt bezog sich zunächst vor allem auf die „fünf Sinne“ (Riechen, Sehen, Hören, Schmecken und Fühlen). Das Fühlen (Tastsinn) wiederum kann einerseits nach der Wahrnehmung von Berührung, Schmerz und Temperatur (Oberflächensensibilität), andererseits aber auch in das aktive Erkennen (haptische Wahrnehmung) und das passive „berührt werden“ (Oberflächensensibilität) unterteilt werden. Weitere Sinne sind der Gleichgewichtssinn, der Zeitsinn und der Magnetsinn.

Die Psychologie kennt daneben die Begriffe der Selbst- und Fremdwahrnehmung, wobei erstere die Überzeugungen sind, die wir von uns selbst beziehungsweise unserem Empfinden und Verhalten haben, während Fremdwahrnehmung die Eindrücke bezeichnet, die andere von uns gewinnen. Wenn diese Wahrnehmungen nicht wenigstens ansatzweise deckungsgleich sind, kann es zu Problemen in der zwischenmenschlichen Kommunikation kommen.

Der Prozess des Erkennens von Objekten durch Berührung wird als haptische Wahrnehmung bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Kombination aus der somatosensorischen Wahrnehmung von Mustern auf der Hautoberfläche (z. B. Kanten, Krümmungen und Textur) und der Propriozeption der Handposition und -form. Menschen können dreidimensionale Objekte schnell und genau durch Berührung identifizieren. Dazu gehören Erkundungsvorgänge wie das Bewegen der Finger über die Außenfläche des Objekts oder das Halten des gesamten Objekts in der Hand. Die haptische Wahrnehmung beruht auf den Kräften, die bei der Berührung auftreten.

Gibson definierte das haptische System als "die Sensibilität des Individuums gegenüber der Welt, die seinem Körper benachbart ist, durch den Gebrauch seines Körpers". Gibson und andere betonten die enge Verbindung zwischen Körperbewegung und haptischer Wahrnehmung, wobei letztere eine aktive Erkundung ist.

Das Konzept der haptischen Wahrnehmung ist mit dem Konzept der erweiterten physiologischen Propriozeption verwandt, demzufolge bei der Verwendung eines Werkzeugs, z. B. eines Stocks, die Wahrnehmungserfahrung transparent auf das Ende des Werkzeugs übertragen wird.

Geschmack

Geschmack (formell bekannt als Gustation) ist die Fähigkeit, den Geschmack von Substanzen wahrzunehmen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Lebensmittel. Der Mensch nimmt Geschmäcker über Sinnesorgane wahr, die sich auf der Oberseite der Zunge befinden und als Geschmacksknospen oder gustatorische Calyculi bezeichnet werden. Die menschliche Zunge hat 100 bis 150 Geschmacksrezeptorzellen auf jeder ihrer etwa zehntausend Geschmacksknospen.

Traditionell gibt es vier Hauptgeschmacksrichtungen: süß, bitter, sauer und salzig. Das Erkennen und Wahrnehmen von umami, das als fünfter Hauptgeschmack gilt, ist eine relativ neue Entwicklung in der westlichen Küche. Andere Geschmacksrichtungen können durch die Kombination dieser Grundgeschmacksrichtungen nachgeahmt werden, die alle nur teilweise zur Wahrnehmung und zum Geschmack von Lebensmitteln im Mund beitragen. Weitere Faktoren sind der Geruch, der durch das Riechepithel der Nase wahrgenommen wird, die Textur, die durch eine Vielzahl von Mechanorezeptoren, Muskelnerven usw. wahrgenommen wird, und die Temperatur, die durch Thermorezeptoren wahrgenommen wird. Alle grundlegenden Geschmacksrichtungen werden entweder als appetitiv oder als aversiv eingestuft, je nachdem, ob die wahrgenommenen Dinge schädlich oder nützlich sind.

Geruch

Geruch ist der Prozess der Aufnahme von Molekülen durch die Geruchsorgane, die vom Menschen durch die Nase absorbiert werden. Diese Moleküle diffundieren durch eine dicke Schleimschicht, kommen mit einer von Tausenden von Flimmerhärchen in Berührung, die von den Sinnesneuronen ausgestoßen werden, und werden dann von einem Rezeptor (einem von etwa 347) aufgenommen. Dieser Prozess ist der Grund dafür, dass der Mensch das Konzept des Geruchs von einem physikalischen Standpunkt aus versteht.

Der Geruchssinn ist auch ein sehr interaktiver Sinn, denn Wissenschaftler haben festgestellt, dass der Geruchssinn auf unerwartete Weise mit anderen Sinnen in Kontakt kommt. Der Geruchssinn ist auch der ursprünglichste aller Sinne, denn er ist bekanntlich der erste Indikator für Sicherheit oder Gefahr und damit der Sinn, der die grundlegendsten menschlichen Überlebensfähigkeiten steuert. Als solcher kann er ein Katalysator für menschliches Verhalten auf einer unterbewussten und instinktiven Ebene sein.

Sozial

Die soziale Wahrnehmung ist der Teil der Wahrnehmung, der es den Menschen ermöglicht, die Individuen und Gruppen ihrer sozialen Welt zu verstehen. Sie ist somit ein Element der sozialen Kognition.

Obwohl der Satz "Ich schulde dir" als drei verschiedene Wörter gehört werden kann, zeigt ein Spektrogramm keine klaren Grenzen.

Sprache

Sprachwahrnehmung ist der Prozess, durch den gesprochene Sprache gehört, interpretiert und verstanden wird. Die Forschung auf diesem Gebiet versucht zu verstehen, wie menschliche Hörer den Klang von Sprache (oder Phonetik) erkennen und diese Informationen nutzen, um gesprochene Sprache zu verstehen.

Hörer können Wörter unter einer Vielzahl von Bedingungen wahrnehmen, da der Klang eines Wortes je nach den umgebenden Wörtern und dem Sprechtempo sowie den physischen Eigenschaften, dem Akzent, dem Tonfall und der Stimmung des Sprechers stark variieren kann. Auch der Nachhall, d. h. das Fortbestehen des Klangs nach der Erzeugung des Tons, kann die Wahrnehmung erheblich beeinflussen. Experimente haben gezeigt, dass Menschen diesen Effekt automatisch kompensieren, wenn sie Sprache hören.

Der Prozess der Sprachwahrnehmung beginnt auf der Ebene des Klangs innerhalb des Hörsignals und des Hörvorgangs. Das ursprüngliche Hörsignal wird mit visuellen Informationen - in erster Linie Lippenbewegungen - verglichen, um akustische Hinweise und phonetische Informationen zu extrahieren. Es ist möglich, dass in dieser Phase auch andere Sinnesmodalitäten integriert werden. Diese Sprachinformationen können dann für Sprachprozesse auf höherer Ebene, wie z. B. die Worterkennung, verwendet werden.

Die Sprachwahrnehmung ist nicht unbedingt unidirektional. Sprachprozesse auf höherer Ebene, die mit Morphologie, Syntax und/oder Semantik zusammenhängen, können ebenfalls mit grundlegenden Sprachwahrnehmungsprozessen interagieren, um die Erkennung von Sprachlauten zu unterstützen. Es kann sein, dass es für einen Hörer nicht notwendig (vielleicht nicht einmal möglich) ist, Phoneme zu erkennen, bevor er höhere Einheiten, wie z. B. Wörter, erkennen kann. In einem Experiment ersetzte Richard M. Warren ein Phonem eines Wortes durch einen hustenähnlichen Laut. Seine Versuchspersonen konnten den fehlenden Sprachlaut ohne Schwierigkeiten wahrnehmen. Außerdem waren sie nicht in der Lage, genau zu identifizieren, welches Phonem überhaupt gestört worden war.

Gesichter

Die Gesichtswahrnehmung bezieht sich auf kognitive Prozesse, die auf den Umgang mit menschlichen Gesichtern (einschließlich der Wahrnehmung der Identität einer Person) und Gesichtsausdrücken (wie z. B. emotionalen Hinweisen) spezialisiert sind.

Soziale Berührung

Der somatosensorische Kortex ist ein Teil des Gehirns, der sensorische Informationen von Rezeptoren des gesamten Körpers empfängt und kodiert.

Affektive Berührung ist eine Art von sensorischer Information, die eine emotionale Reaktion hervorruft und in der Regel sozialer Natur ist. Solche Informationen werden anders kodiert als andere sensorische Informationen. Obwohl die Intensität der affektiven Berührung immer noch im primären somatosensorischen Kortex kodiert wird, wird das mit der affektiven Berührung verbundene Gefühl der Annehmlichkeit stärker im anterioren cingulären Kortex aktiviert. Erhöhte BOLD-Kontraste, die bei der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) ermittelt werden, zeigen, dass Signale im anterioren cingulären Kortex sowie im präfrontalen Kortex in hohem Maße mit der Bewertung der Annehmlichkeit affektiver Berührungen korreliert sind. Eine inhibitorische transkranielle Magnetstimulation (TMS) des primären somatosensorischen Kortex hemmt die Wahrnehmung der Intensität affektiver Berührungen, nicht aber die Annehmlichkeit affektiver Berührungen. Daher ist der S1 nicht direkt an der Verarbeitung der Annehmlichkeit sozialer Berührungen beteiligt, spielt aber dennoch eine Rolle bei der Unterscheidung von Ort und Intensität der Berührung.

Multimodale Wahrnehmung

Die multimodale Wahrnehmung bezieht sich auf die gleichzeitige Stimulation in mehr als einer Sinnesmodalität und die Auswirkungen, die dies auf die Wahrnehmung von Ereignissen und Objekten in der Welt hat.

Zeit (Chronowahrnehmung)

Chronozeption bezieht sich darauf, wie der Lauf der Zeit wahrgenommen und erlebt wird. Obwohl das Zeitempfinden nicht mit einem spezifischen sensorischen System in Verbindung gebracht wird, weisen die Arbeiten von Psychologen und Neurowissenschaftlern darauf hin, dass das menschliche Gehirn über ein System verfügt, das die Zeitwahrnehmung steuert und aus einem hochgradig verteilten System besteht, das die Großhirnrinde, das Kleinhirn und die Basalganglien umfasst. Ein bestimmter Teil des Gehirns, der suprachiasmatische Kern, ist für den zirkadianen Rhythmus (gemeinhin als "innere Uhr" bezeichnet) verantwortlich, während andere Zellverbände offenbar in der Lage sind, die Zeit in einem kürzeren Zeitraum, dem so genannten ultradianen Rhythmus, einzuhalten.

Eine oder mehrere dopaminerge Bahnen im zentralen Nervensystem scheinen einen starken modulierenden Einfluss auf die mentale Chronometrie zu haben, insbesondere auf die Intervallzeitmessung.

Handlungsfähigkeit

Das Gefühl der Handlungsfähigkeit bezieht sich auf das subjektive Gefühl, eine bestimmte Handlung gewählt zu haben. Bei einigen Erkrankungen, wie z. B. der Schizophrenie, kann dieser Sinn verloren gehen, was zu Wahnvorstellungen führen kann, z. B. dem Gefühl, eine Maschine zu sein oder von außen gesteuert zu werden. Es kann auch das gegenteilige Extrem auftreten, bei dem die Menschen alles in ihrer Umgebung so erleben, als hätten sie entschieden, dass es geschehen würde.

Selbst in nicht-pathologischen Fällen gibt es einen messbaren Unterschied zwischen dem Treffen einer Entscheidung und dem Gefühl des Handelns. Mit Methoden wie dem Libet-Experiment lässt sich eine Lücke von einer halben Sekunde oder mehr zwischen dem Zeitpunkt, an dem neurologische Anzeichen für eine getroffene Entscheidung erkennbar sind, und dem Zeitpunkt, an dem sich die Versuchsperson ihrer Entscheidung tatsächlich bewusst wird, feststellen.

Es gibt auch Experimente, in denen bei psychologisch normalen Personen eine Handlungsillusion hervorgerufen wird. Im Jahr 1999 gaben die Psychologen Wegner und Wheatley Versuchspersonen die Anweisung, eine Maus in einer Szene zu bewegen und etwa alle dreißig Sekunden auf ein Bild zu zeigen. Eine zweite Person, die als Versuchsperson auftrat, in Wirklichkeit aber ein Mitspieler war, hatte gleichzeitig die Hand auf der Maus und kontrollierte einen Teil der Bewegungen. Die Experimentatoren konnten erreichen, dass die Versuchspersonen bestimmte "erzwungene Stopps" so wahrnahmen, als ob es sich um ihre eigene Entscheidung handelte.

Vertrautheit

Das Wiedererkennungsgedächtnis wird von Neurowissenschaftlern bisweilen in zwei Funktionen unterteilt: Vertrautheit und Wiedererinnerung. Ein starkes Gefühl der Vertrautheit kann auch ohne Erinnerung auftreten, zum Beispiel in Fällen von Déjà-vu.

Der Schläfenlappen (insbesondere der perirhinale Kortex) reagiert auf Reize, die sich neu anfühlen, anders als auf Reize, die sich vertraut anfühlen. Die Erregungsrate im perirhinalen Kortex steht im Zusammenhang mit dem Gefühl der Vertrautheit bei Menschen und anderen Säugetieren. In Tests veranlasste die Stimulierung dieses Bereichs mit 10-15 Hz die Tiere dazu, selbst neue Bilder als vertraut zu betrachten, und die Stimulierung mit 30-40 Hz bewirkte, dass neue Bilder teilweise als vertraut betrachtet wurden. Insbesondere führte die Stimulation mit 30-40 Hz dazu, dass die Tiere ein bekanntes Bild länger betrachteten als ein unbekanntes, obwohl dies nicht zu demselben Explorationsverhalten führte, das normalerweise mit Neuheit verbunden ist.

Kürzlich durchgeführte Studien über Läsionen in diesem Gebiet kamen zu dem Schluss, dass Ratten mit geschädigtem perirhinalen Kortex zwar immer noch mehr Interesse an der Erkundung neuer Objekte zeigten, aber offenbar nicht in der Lage waren, neue von bekannten Objekten zu unterscheiden - sie untersuchten beide gleichermaßen. Somit sind andere Hirnregionen an der Wahrnehmung von Unbekanntem beteiligt, während der perirhinnale Kortex benötigt wird, um das Gefühl mit einer bestimmten Quelle zu verbinden.

Sexuelle Stimulation

Sexuelle Stimulation ist jeder Reiz (einschließlich Körperkontakt), der zu sexueller Erregung führt, diese verstärkt und aufrechterhält, möglicherweise sogar zum Orgasmus führt. Im Unterschied zum allgemeinen Berührungsempfinden ist die sexuelle Stimulation stark an hormonelle Aktivitäten und chemische Auslöser im Körper gebunden. Obwohl sexuelle Erregung auch ohne körperliche Stimulation auftreten kann, erfordert das Erreichen eines Orgasmus in der Regel eine körperliche sexuelle Stimulation (Stimulation der Krause-Finger-Körperchen, die sich in den erogenen Zonen des Körpers befinden).

Andere Sinne

Andere Sinne ermöglichen die Wahrnehmung des Gleichgewichts, der Beschleunigung, der Schwerkraft, der Lage von Körperteilen, der Temperatur und des Schmerzes. Sie können auch die Wahrnehmung interner Sinneseindrücke ermöglichen, wie z. B. Erstickungsgefühl, Würgereflex, Blähungen im Bauchraum, Völlegefühl im Rektum und in der Harnblase sowie Empfindungen im Rachen und in der Lunge.

Wirklichkeit

Im Falle der visuellen Wahrnehmung können manche Menschen die Wahrnehmung vor ihrem geistigen Auge verschieben. Andere, die nicht in Bildern denken, nehmen nicht unbedingt wahr, wie sich ihre Welt verändert. Ein Experiment, das zeigte, dass mehrdeutige Bilder auf der Wahrnehmungsebene mehrfach interpretiert werden können, hat diesen esemplastischen Charakter gezeigt.

Die verwirrende Mehrdeutigkeit der Wahrnehmung wird in menschlichen Technologien wie der Tarnung und der biologischen Mimikry ausgenutzt. Die Flügel des Europäischen Tagpfauenauges tragen beispielsweise Augenflecken, auf die Vögel reagieren, als wären es die Augen eines gefährlichen Raubtiers.

Es gibt auch Hinweise darauf, dass das Gehirn in gewisser Weise mit einer leichten "Verzögerung" arbeitet, damit Nervenimpulse aus weit entfernten Teilen des Körpers zu gleichzeitigen Signalen integriert werden können.

Die Wahrnehmung ist eines der ältesten Gebiete der Psychologie. Die ältesten quantitativen Gesetze in der Psychologie sind das Webersche Gesetz, das besagt, dass der kleinste wahrnehmbare Unterschied in der Reizintensität proportional zur Intensität der Referenz ist, und das Fechnersche Gesetz, das die Beziehung zwischen der Intensität des physikalischen Reizes und seinem wahrgenommenen Gegenstück quantifiziert (z. B. die Prüfung, wie viel dunkler ein Computerbildschirm werden kann, bevor der Betrachter dies tatsächlich bemerkt). Aus der Erforschung der Wahrnehmung ging die Gestaltpsychologie hervor, deren Schwerpunkt auf einem ganzheitlichen Ansatz liegt.

Physiologie

Ein sensorisches System ist ein Teil des Nervensystems, der für die Verarbeitung sensorischer Informationen zuständig ist. Ein sensorisches System besteht aus Sinnesrezeptoren, neuronalen Bahnen und Teilen des Gehirns, die an der Sinneswahrnehmung beteiligt sind. Zu den allgemein anerkannten sensorischen Systemen gehören die oben aufgeführten Systeme für Sehen, Hören, somatische Empfindungen (Berührung), Geschmack und Geruchssinn (Geruch). Es wurde vorgeschlagen, dass das Immunsystem eine übersehene sensorische Modalität ist. Kurz gesagt, die Sinne sind Überträger von der physischen Welt in den Bereich des Geistes.

Das rezeptive Feld ist der spezifische Teil der Welt, auf den ein Rezeptororgan und die Rezeptorzellen reagieren. Zum Beispiel ist der Teil der Welt, den ein Auge sehen kann, sein rezeptives Feld; das Licht, das jedes Stäbchen oder jeder Zapfen sehen kann, ist sein rezeptives Feld. Rezeptionsfelder wurden bisher für das visuelle System, das auditorische System und das somatosensorische System identifiziert. Die Forschung konzentriert sich derzeit nicht nur auf externe Wahrnehmungsprozesse, sondern auch auf die "Interozeption", d. h. den Prozess des Empfangs, des Zugriffs und der Bewertung interner Körpersignale. Die Aufrechterhaltung gewünschter physiologischer Zustände ist für das Wohlbefinden und das Überleben eines Organismus entscheidend. Die Interozeption ist ein iterativer Prozess, der ein Wechselspiel zwischen der Wahrnehmung von Körperzuständen und dem Bewusstsein für diese Zustände erfordert, um eine angemessene Selbstregulierung zu erreichen. Afferente sensorische Signale stehen in ständiger Wechselwirkung mit kognitiven Repräsentationen höherer Ordnung von Zielen, Geschichte und Umwelt, die das emotionale Erleben prägen und zu regulierendem Verhalten motivieren.

Merkmale

Beständigkeit

Unter Wahrnehmungskonstanz versteht man die Fähigkeit von Wahrnehmungssystemen, dasselbe Objekt aus sehr unterschiedlichen Sinneseindrücken zu erkennen. So können beispielsweise einzelne Menschen aus Ansichten wie Frontal- und Profilansicht erkannt werden, die auf der Netzhaut sehr unterschiedliche Formen bilden. Eine Münze, die frontal betrachtet wird, erzeugt ein kreisförmiges Bild auf der Netzhaut, wenn sie jedoch schräg gehalten wird, entsteht ein elliptisches Bild. Bei normaler Wahrnehmung werden diese als ein einziges dreidimensionales Objekt erkannt. Ohne diesen Korrekturprozess würde ein Tier, das sich aus der Ferne nähert, scheinbar an Größe gewinnen. Eine Art der Wahrnehmungskonstanz ist die Farbkonstanz: Ein weißes Blatt Papier kann beispielsweise unter verschiedenen Farben und Lichtstärken als solches erkannt werden. Ein anderes Beispiel ist die Rauhigkeitskonstanz: Wenn man mit der Hand schnell über eine Oberfläche streicht, werden die Berührungsnerven stärker gereizt. Das Gehirn gleicht dies aus, so dass die Geschwindigkeit der Berührung keinen Einfluss auf die wahrgenommene Rauheit hat. Andere Konstanten sind Melodie, Geruch, Helligkeit und Wörter. Diese Konstanten sind nicht immer vollständig, aber die Variation in der Wahrnehmung ist viel geringer als die Variation des physikalischen Reizes. Die Wahrnehmungssysteme des Gehirns erreichen die Wahrnehmungskonstanz auf unterschiedliche Weise, die jeweils auf die Art der verarbeiteten Informationen spezialisiert sind, wobei die phonemische Wiederherstellung ein bemerkenswertes Beispiel aus dem Hörbereich ist.

Gesetz des Abschlusses. Das menschliche Gehirn neigt dazu, vollständige Formen wahrzunehmen, auch wenn diese Formen unvollständig sind.

Gruppierung (Gestalt)

Die Prinzipien der Gruppierung (oder Gestaltgesetze der Gruppierung) sind eine Reihe von Prinzipien in der Psychologie, die zuerst von Gestaltpsychologen vorgeschlagen wurden, um zu erklären, wie Menschen Objekte auf natürliche Weise als organisierte Muster und Objekte wahrnehmen. Die Gestaltpsychologen vertraten die Ansicht, dass diese Prinzipien existieren, weil der Geist eine angeborene Veranlagung hat, Muster in Reizen auf der Grundlage bestimmter Regeln wahrzunehmen. Diese Prinzipien werden in sechs Kategorien eingeteilt:

  1. Nähe: Das Prinzip der Nähe besagt, dass die Wahrnehmung bei sonst gleichen Bedingungen dazu neigt, nahe beieinander liegende Reize als Teil desselben Objekts und weit auseinander liegende Reize als zwei getrennte Objekte zu betrachten.
  2. Ähnlichkeit: Das Ähnlichkeitsprinzip besagt, dass unter sonst gleichen Bedingungen die Wahrnehmung dazu neigt, Reize, die sich physisch ähneln, als Teil desselben Objekts zu sehen und Reize, die sich unterscheiden, als Teil eines separaten Objekts. Auf diese Weise können Menschen zwischen benachbarten und sich überlappenden Objekten auf der Grundlage ihrer visuellen Beschaffenheit und Ähnlichkeit unterscheiden.
  3. Schließung: Das Prinzip der Schließung bezieht sich auf die Tendenz des Verstandes, vollständige Figuren oder Formen zu sehen, auch wenn ein Bild unvollständig ist, teilweise von anderen Objekten verdeckt wird oder wenn ein Teil der Informationen fehlt, die für ein vollständiges Bild in unserem Kopf erforderlich sind. Wenn zum Beispiel ein Teil des Randes einer Form fehlt, neigen die Menschen dazu, die Form als vollständig vom Rand umschlossen zu sehen und die Lücken zu ignorieren.
  4. Gute Fortsetzung: Das Prinzip der guten Fortsetzung macht Sinn bei Reizen, die sich überschneiden: Wenn es eine Überschneidung zwischen zwei oder mehr Objekten gibt, neigen Menschen dazu, jedes als ein einziges ununterbrochenes Objekt wahrzunehmen.
  5. Gemeinsames Schicksal: Das Prinzip des gemeinsamen Schicksals fasst Reize auf der Grundlage ihrer Bewegung zusammen. Wenn sich visuelle Elemente in die gleiche Richtung und mit der gleichen Geschwindigkeit bewegen, assoziiert die Wahrnehmung die Bewegung als Teil desselben Reizes. Auf diese Weise können Menschen sich bewegende Objekte auch dann erkennen, wenn andere Details, wie Farbe oder Umriss, verdeckt sind.
  6. Der Grundsatz der guten Form bezieht sich auf die Tendenz, Formen mit ähnlicher Form, ähnlichem Muster, ähnlicher Farbe usw. zusammenzufassen.

Spätere Forschungen haben weitere Gruppierungsprinzipien ermittelt.

Kontrasteffekte

Ein gemeinsames Ergebnis vieler verschiedener Wahrnehmungsarten ist, dass die wahrgenommenen Eigenschaften eines Objekts durch die Eigenschaften des Kontexts beeinflusst werden können. Wenn ein Objekt auf einer bestimmten Dimension extrem ist, werden benachbarte Objekte als weiter entfernt von diesem Extrem wahrgenommen.

Der Begriff "Simultankontrasteffekt" wird verwendet, wenn die Reize gleichzeitig präsentiert werden, während der Begriff "Sukzessivkontrast" verwendet wird, wenn die Reize nacheinander präsentiert werden.

Der Kontrasteffekt wurde von dem Philosophen John Locke im 17. Jahrhundert festgestellt, der beobachtete, dass lauwarmes Wasser als heiß oder kalt empfunden werden kann, je nachdem, ob die Hand, die es berührt, zuvor in heißem oder kaltem Wasser war. Anfang des 20. Jahrhunderts identifizierte Wilhelm Wundt den Kontrast als grundlegendes Wahrnehmungsprinzip, und seither wurde der Effekt in vielen verschiedenen Bereichen bestätigt. Diese Effekte beeinflussen nicht nur visuelle Qualitäten wie Farbe und Helligkeit, sondern auch andere Arten der Wahrnehmung, z. B. wie schwer sich ein Gegenstand anfühlt. In einem Experiment wurde festgestellt, dass der Gedanke an den Namen "Hitler" dazu führte, dass Probanden eine Person als feindseliger einstuften. Ob ein Musikstück als gut oder schlecht empfunden wird, kann davon abhängen, ob die vorher gehörte Musik angenehm oder unangenehm war. Damit der Effekt funktioniert, müssen die verglichenen Objekte einander ähnlich sein: Ein Fernsehreporter kann kleiner erscheinen, wenn er einen großen Basketballspieler interviewt, aber nicht, wenn er neben einem hohen Gebäude steht. Im Gehirn wirkt sich der Helligkeitskontrast sowohl auf die Feuerungsrate der Neuronen als auch auf die neuronale Synchronität aus.

Theorien

Wahrnehmung als direkte Wahrnehmung (Gibson)

Kognitive Wahrnehmungstheorien gehen von der Armut des Reizes aus. Dies ist die Behauptung, dass Sinneseindrücke allein nicht in der Lage sind, eine eindeutige Beschreibung der Welt zu liefern. Empfindungen müssen "angereichert" werden, was die Aufgabe des mentalen Modells ist.

Der Ansatz der Wahrnehmungsökologie wurde von James J. Gibson eingeführt, der die Annahme einer Reizarmut und die Vorstellung, dass die Wahrnehmung auf Empfindungen beruht, verwarf. Stattdessen untersuchte Gibson, welche Informationen den Wahrnehmungssystemen tatsächlich präsentiert werden. Seine Theorie "geht von der Existenz stabiler, unbegrenzter und permanenter Stimulus-Informationen in der optischen Umgebung aus. Und sie nimmt an, dass das visuelle System diese Informationen erforschen und erkennen kann. Die Theorie ist informationsbasiert, nicht sensationsbasiert. Er und die Psychologen, die im Rahmen dieses Paradigmas arbeiten, haben detailliert beschrieben, wie die Welt für einen mobilen, forschenden Organismus durch die gesetzmäßige Projektion von Informationen über die Welt in Energiefelder spezifiziert werden könnte. Eine "Spezifizierung" wäre eine 1:1-Abbildung eines Aspekts der Welt auf ein Wahrnehmungsfeld. Bei einer solchen Abbildung ist keine Anreicherung erforderlich und die Wahrnehmung erfolgt direkt.

Wahrnehmung in Aktion

Aus Gibsons früher Arbeit leitet sich ein ökologisches Verständnis der Wahrnehmung ab, das als Wahrnehmung im Handeln bekannt ist und besagt, dass die Wahrnehmung eine notwendige Eigenschaft des belebten Handelns ist. Ohne Wahrnehmung wäre die Handlung ungelenkt, und ohne Handlung hätte die Wahrnehmung keinen Zweck. Belebte Handlungen erfordern sowohl Wahrnehmung als auch Bewegung, die man als "zwei Seiten derselben Medaille, der Medaille ist die Handlung" bezeichnen kann. Gibson geht davon aus, dass es in der realen Welt bereits singuläre Entitäten gibt, die er als Invarianten bezeichnet, und dass der Wahrnehmungsprozess sie lediglich aufgreift.

Die konstruktivistische Sichtweise, die von Philosophen wie Ernst von Glasersfeld vertreten wird, sieht in der ständigen Anpassung von Wahrnehmung und Handlung an den äußeren Input genau das, was die "Entität" ausmacht, die also keineswegs invariant ist. Für Glasersfeld ist eine Invariante ein anzusteuerndes Ziel und eine pragmatische Notwendigkeit, um vor der angestrebten Aktualisierung einer Aussage ein erstes Maß an Verstehen zu ermöglichen. Die Invariante stellt keine Realität dar und muss es auch nicht. Glasersfeld beschreibt es als äußerst unwahrscheinlich, dass das, was von einem Organismus gewünscht oder gefürchtet wird, im Laufe der Zeit keine Veränderung erfährt. Diese sozialkonstruktivistische Theorie ermöglicht also eine notwendige evolutionäre Anpassung.

Eine mathematische Theorie der Wahrnehmung in Aktion wurde entwickelt und bei vielen Formen kontrollierter Bewegung untersucht und bei vielen verschiedenen Organismenarten mit Hilfe der Allgemeinen Tau-Theorie beschrieben. Nach dieser Theorie ist die "Tau-Information" oder die Zeit-Ziel-Information das grundlegende Wahrnehmungsmerkmal.

Evolutionäre Psychologie

Viele Philosophen, wie z. B. Jerry Fodor, schreiben, dass der Zweck der Wahrnehmung die Erkenntnis ist. Evolutionspsychologen sind jedoch der Ansicht, dass der Hauptzweck der Wahrnehmung darin besteht, das Handeln zu steuern. Sie führen das Beispiel der Tiefenwahrnehmung an, die sich offenbar nicht entwickelt hat, um die Entfernungen zu anderen Objekten zu erkennen, sondern um die Bewegung zu unterstützen. Evolutionspsychologen argumentieren, dass Tiere von der Winkerkrabbe bis zum Menschen das Sehvermögen zur Kollisionsvermeidung nutzen, was darauf hindeutet, dass das Sehen im Wesentlichen der Steuerung von Handlungen und nicht der Vermittlung von Wissen dient. Neuropsychologen haben gezeigt, dass sich die Wahrnehmungssysteme entlang der spezifischen Aktivitäten der Tiere entwickelt haben. Dies erklärt, warum Fledermäuse und Würmer unterschiedliche Frequenzen von Hör- und Sehsystemen wahrnehmen können als beispielsweise der Mensch.

Der Aufbau und die Erhaltung von Sinnesorganen ist stoffwechselintensiv. Mehr als die Hälfte des Gehirns ist der Verarbeitung von Sinnesinformationen gewidmet, und das Gehirn selbst verbraucht etwa ein Viertel der Stoffwechselressourcen des Menschen. Daher entwickeln sich solche Organe nur dann, wenn sie einen außergewöhnlichen Nutzen für die Fitness eines Organismus haben.

Wissenschaftler, die sich mit Wahrnehmung und Empfindung beschäftigen, haben die menschlichen Sinne schon lange als Anpassungen verstanden. Die Tiefenwahrnehmung besteht aus der Verarbeitung von mehr als einem halben Dutzend visueller Hinweise, von denen jeder auf einer Regelmäßigkeit der physikalischen Welt beruht. Das Sehvermögen hat sich entwickelt, um auf den schmalen Bereich elektromagnetischer Energie zu reagieren, der reichlich vorhanden ist und nicht durch Objekte hindurchgeht. Schallwellen liefern nützliche Informationen über Quellen und Entfernungen zu Objekten, wobei größere Tiere niederfrequente Töne erzeugen und hören und kleinere Tiere höherfrequente Töne erzeugen und hören. Geschmacks- und Geruchssinn reagieren auf chemische Stoffe in der Umwelt, die für die Fitness im Umfeld der evolutionären Anpassung von Bedeutung waren. Der Tastsinn besteht aus mehreren Sinnen, darunter Druck, Hitze, Kälte, Kitzeln und Schmerz. Schmerz ist zwar unangenehm, aber anpassungsfähig. Eine wichtige Anpassung der Sinne ist die Bereichsverschiebung, bei der der Organismus vorübergehend mehr oder weniger empfindlich auf eine Empfindung reagiert. So stellen sich beispielsweise die Augen automatisch auf schwaches oder helles Umgebungslicht ein. Die sensorischen Fähigkeiten verschiedener Organismen entwickeln sich oft gemeinsam, wie im Fall des Gehörs der echolokierenden Fledermäuse und der Motten, die sich entwickelt haben, um auf die Geräusche der Fledermäuse zu reagieren.

Evolutionspsychologen behaupten, dass die Wahrnehmung das Prinzip der Modularität zeigt, wobei spezialisierte Mechanismen für bestimmte Wahrnehmungsaufgaben zuständig sind. So sind beispielsweise Menschen mit einer Schädigung eines bestimmten Teils des Gehirns nicht in der Lage, Gesichter zu erkennen (Prosopagnosie). Die Evolutionspsychologie legt nahe, dass dies auf ein so genanntes Gesichtslesemodul hinweist.

Geschlossene Wahrnehmungsschleife

Die Theorie der Closed-Loop-Wahrnehmung geht von einem dynamischen motorisch-sensorischen Kreislaufprozess aus, bei dem Informationen in kontinuierlichen Schleifen durch die Umwelt und das Gehirn fließen.

Theorie der Merkmalsintegration

Die Theorie der Merkmalsintegration (FIT) von Anne Treisman versucht zu erklären, wie Merkmale eines Reizes, wie z. B. die physische Position im Raum, Bewegung, Farbe und Form, zu einer einzigen Wahrnehmung zusammengeführt werden, obwohl jedes dieser Merkmale separate Bereiche des Kortex aktiviert. FIT erklärt dies durch ein zweiteiliges Wahrnehmungssystem, das die präattentive und die fokussierte Aufmerksamkeitsphase umfasst.

Die präattentive Wahrnehmungsphase ist weitgehend unbewusst und analysiert ein Objekt, indem sie es in seine grundlegenden Merkmale zerlegt, z. B. die spezifische Farbe, die geometrische Form, die Bewegung, die Tiefe, die einzelnen Linien und viele andere. Studien haben gezeigt, dass, wenn kleine Gruppen von Objekten mit unterschiedlichen Merkmalen (z. B. rotes Dreieck, blauer Kreis) kurz vor menschlichen Probanden aufblitzen, viele Personen später berichten, dass sie Formen sehen, die aus den kombinierten Merkmalen von zwei verschiedenen Reizen bestehen, was als illusorische Verbindungen bezeichnet wird.

Die in der präattentiven Phase beschriebenen unverbundenen Merkmale werden in der Phase der fokussierten Aufmerksamkeit zu den Objekten kombiniert, die man normalerweise sieht. Die Phase der fokussierten Aufmerksamkeit basiert stark auf der Idee der Aufmerksamkeit in der Wahrnehmung und "bindet" die Merkmale zu bestimmten Objekten an bestimmten räumlichen Orten zusammen (siehe das Bindungsproblem).

Die Sinnesorgane nehmen nur einen Teil der möglichen Reize auf. Zusätzlich wird jede Wahrnehmung zunächst im sensorischen Speicher auf ihren Nutzen untersucht. Nur wenn sie relevant erscheint, gelangt sie ins Kurzzeitgedächtnis, wo sie weiterverarbeitet wird.

Bei der Weiterverarbeitung werden diese Informationen in kleinere Einheiten zerlegt, getrennt verarbeitet (verstärkt, abgeschwächt, bewertet) und in verschiedenen Gehirnarealen wieder zusammengeführt. Es lassen sich verschiedene kognitive Beurteilungsprogramme unterscheiden:

  • Attributdominanz: Hierbei ist ein wahrgenommenes Merkmal ausschlaggebend für die Meinungsbildung;
  • Irradiation: Hierbei wird von der Eigenschaft eines Merkmals auf die Qualität anderer Merkmale geschlossen. Beispielsweise wird von einer breiten Pkw-Bereifung auf eine starke Motorisierung geschlossen.
  • Halo-Effekt (von Halo = Heiligenschein): Demnach wird die Wahrnehmung einzelner Attribute durch ein bereits gebildetes Urteil bestimmt. So werden z. B. neu erhaltene Informationen so interpretiert, dass sie das Urteil bestätigen. Eigenschaften, die im Widerspruch zu diesem Vor-Urteil stehen, werden dagegen unterbewertet, oder sogar vollständig ignoriert.

Weitere Gründe, einen Reiz verstärkt wahrzunehmen oder nicht wahrzunehmen sind persönliche Interessen, Erwartungen, bewusste Fokussierung sowie Schutzmechanismen wie Verdrängung.

Andere Theorien zur Wahrnehmung

  • Aktivismus
  • Das interaktive Aktivierungs- und Wettbewerbsmodell
  • Theorie des Erkennens nach Bestandteilen (Irving Biederman)

Auswirkungen auf die Wahrnehmung

Auswirkung von Erfahrung

Mit zunehmender Erfahrung können Organismen lernen, feinere Wahrnehmungsunterscheidungen zu treffen und neue Arten der Kategorisierung zu erlernen. Weinverkostung, das Lesen von Röntgenbildern und die Wertschätzung von Musik sind Anwendungen dieses Prozesses im menschlichen Bereich. Die Forschung hat sich auf die Frage konzentriert, in welchem Verhältnis dieser Prozess zu anderen Arten des Lernens steht und ob er in den peripheren sensorischen Systemen oder in der Verarbeitung von Sinnesinformationen durch das Gehirn stattfindet. Empirische Untersuchungen zeigen, dass bestimmte Praktiken (wie Yoga, Achtsamkeit, Tai Chi, Meditation, Daoshi und andere geistig-körperliche Disziplinen) die menschliche Wahrnehmungsmodalität verändern können. Insbesondere ermöglichen diese Praktiken eine Umstellung der Wahrnehmungsfähigkeiten von der Außenwahrnehmung (exterozeptives Feld) hin zu einer höheren Fähigkeit, sich auf interne Signale zu konzentrieren (Propriozeption). Außerdem wurden Yoga-Praktizierende mit hoher Selbsttranszendenz bei der Beurteilung der Vertikalität deutlich weniger durch einen irreführenden visuellen Kontext beeinflusst. Mit zunehmender Selbsttranszendenz können Yogapraktizierende möglicherweise die Aufgaben zur Beurteilung der Vertikalität optimieren, indem sie sich mehr auf interne (vestibuläre und propriozeptive) Signale aus ihrem eigenen Körper als auf visuelle Hinweise aus der Außenwahrnehmung verlassen.

Frühere Handlungen und Ereignisse, die unmittelbar vor einer Begegnung oder irgendeiner Form von Stimulation stattfinden, haben einen starken Einfluss darauf, wie sensorische Reize verarbeitet und wahrgenommen werden. Auf einer grundlegenden Ebene sind die Informationen, die unsere Sinne empfangen, oft mehrdeutig und unvollständig. Sie werden jedoch gebündelt, damit wir die physische Welt um uns herum verstehen können. Aber es sind diese verschiedenen Formen der Stimulation in Verbindung mit unserem Vorwissen und unserer Erfahrung, die es uns ermöglichen, unsere Gesamtwahrnehmung zu gestalten. Wenn wir uns zum Beispiel an einem Gespräch beteiligen, versuchen wir, die Botschaft und die Worte des Gesprächspartners zu verstehen, indem wir nicht nur darauf achten, was wir über unsere Ohren hören, sondern auch auf die Formen, die wir zuvor mit unserem Mund gesehen haben. Ein anderes Beispiel wäre, dass wir, wenn in einem anderen Gespräch ein ähnliches Thema zur Sprache kommt, unser Vorwissen nutzen, um die Richtung zu erraten, in die das Gespräch geht.

Auswirkungen von Motivation und Erwartung

Ein Wahrnehmungsset (auch Wahrnehmungserwartung oder einfach Set genannt) ist eine Veranlagung, Dinge auf eine bestimmte Weise wahrzunehmen. Sie ist ein Beispiel dafür, wie die Wahrnehmung durch "Top-down"-Prozesse wie Antriebe und Erwartungen geformt werden kann. Wahrnehmungsmuster kommen in allen Sinnesbereichen vor. Sie können langfristig sein, wie die besondere Empfindlichkeit, den eigenen Namen in einem überfüllten Raum zu hören, oder kurzfristig, wie die Leichtigkeit, mit der hungrige Menschen den Geruch von Essen wahrnehmen. Bei einer einfachen Demonstration dieses Effekts wurden sehr kurze Präsentationen von Nicht-Wörtern wie "sael" verwendet. Probanden, denen gesagt wurde, dass sie Wörter über Tiere erwarten, lasen es als "Robbe", andere, die Wörter über Boote erwarteten, lasen es als "Segel".

Gruppen können durch Motivation entstehen und so dazu führen, dass Menschen mehrdeutige Zahlen so interpretieren, dass sie das sehen, was sie sehen wollen. Zum Beispiel kann die Wahrnehmung eines Sportspiels verzerrt sein, wenn man eine der beiden Mannschaften stark unterstützt. In einem Experiment wurden Studenten von einem Computer angenehmen oder unangenehmen Aufgaben zugewiesen. Ihnen wurde gesagt, dass entweder eine Zahl oder ein Buchstabe auf dem Bildschirm aufblinken würde, um anzuzeigen, ob sie ein Orangensaftgetränk oder ein unangenehm schmeckendes Gesundheitsgetränk probieren würden. Tatsächlich wurde eine mehrdeutige Zahl auf dem Bildschirm eingeblendet, die entweder als der Buchstabe B oder die Zahl 13 gelesen werden konnte. Wenn die Buchstaben mit der angenehmen Aufgabe assoziiert waren, nahmen die Probanden eher den Buchstaben B wahr, und wenn die Buchstaben mit der unangenehmen Aufgabe assoziiert waren, neigten sie dazu, die Zahl 13 wahrzunehmen.

Der Wahrnehmungssatz hat sich in vielen sozialen Kontexten bewährt. Wenn jemand den Ruf hat, witzig zu sein, ist es wahrscheinlicher, dass das Publikum ihn amüsant findet. Die Wahrnehmungsmuster der Menschen spiegeln ihre eigenen Persönlichkeitsmerkmale wider. So erkennen beispielsweise Menschen mit einer aggressiven Persönlichkeit aggressive Wörter oder Situationen schneller richtig.

Ein klassisches psychologisches Experiment zeigte, dass die Reaktionszeit langsamer und die Antworten ungenauer wurden, wenn bei einem Spielkartensatz die Farbe des Farbsymbols für einige Karten (z. B. Pik rot und Herz schwarz) vertauscht wurde.

Der Philosoph Andy Clark erklärt, dass die Wahrnehmung, auch wenn sie schnell erfolgt, nicht einfach ein Bottom-up-Prozess ist (bei dem winzige Details zu einem größeren Ganzen zusammengesetzt werden). Stattdessen verwendet unser Gehirn etwas, das er prädiktive Kodierung nennt. Es beginnt mit sehr groben Einschränkungen und Erwartungen an den Zustand der Welt, und wenn die Erwartungen erfüllt werden, macht es detailliertere Vorhersagen (Fehler führen zu neuen Vorhersagen oder Lernprozessen). Clark zufolge hat diese Forschung verschiedene Auswirkungen: Es kann nicht nur keine völlig "unvoreingenommene, ungefilterte" Wahrnehmung geben, sondern dies bedeutet auch, dass es ein großes Maß an Rückkopplung zwischen Wahrnehmung und Erwartung gibt (Wahrnehmungserfahrungen prägen oft unsere Überzeugungen, aber diese Wahrnehmungen basierten auf bestehenden Überzeugungen). Die prädiktive Kodierung bietet eine Erklärung dafür, dass diese Art von Rückkopplung dazu beiträgt, unsere Schlussfolgerungen über die physische Welt zu stabilisieren, wie etwa bei den Beispielen für die Wahrnehmungskonstanz.

Die verkörperte Kognition stellt die Vorstellung in Frage, dass es sich bei der Wahrnehmung um interne Repräsentationen handelt, die aus einer passiven Aufnahme von (unvollständigen) sensorischen Eingaben aus der Außenwelt resultieren. Nach O'Regan (1992) besteht das Hauptproblem bei dieser Sichtweise darin, dass sie den subjektiven Charakter der Wahrnehmung unerklärt lässt. So wird die Wahrnehmung als ein aktiver Prozess verstanden, der von wahrnehmenden und handelnden Akteuren (Wahrnehmenden) durchgeführt wird. Darüber hinaus wird die Wahrnehmung von den Motiven und Erwartungen der Akteure, ihren körperlichen Zuständen und der Interaktion zwischen dem Körper des Akteurs und der ihn umgebenden Umwelt beeinflusst.

Grundlegendes

Grundlegende Konzepte

Man unterscheidet die folgenden wissenschaftlichen und weltanschaulichen Definitionen des Prozesses der Wahrnehmung:

  • In der Psychologie und der Physiologie bezeichnet Wahrnehmung die Summe der Schritte Aufnahme, Auswahl, Verarbeitung (z. B. Abgleich mit Vorwissen) und Interpretation von sensorischen Informationen – und zwar nur jener Informationen, die der Anpassung (Adaptation) des Wahrnehmenden an die Umwelt dienen oder die ihm eine Rückmeldung über Auswirkungen seines Verhaltens geben. Gemäß dieser Definition sind also nicht alle Sinnesreize Wahrnehmungen, sondern nur diejenigen, die kognitiv verarbeitet werden und der Orientierung eines Subjekts dienen. Wahrnehmung ermöglicht sinnvolles Handeln und, bei höheren Lebewesen, den Aufbau von mentalen Modellen der Welt und dadurch antizipatorisches und planerisches Denken. Wahrnehmung ist eine Grundlage von Lernprozessen.
  • In der Biologie ist der Begriff Wahrnehmung enger gefasst und bezeichnet die Fähigkeit eines Organismus, mit seinen Sinnesorganen Informationen aufzusuchen, aufzunehmen und zu verarbeiten.
  • In der Philosophie wird die Wahrnehmung von der Kognition (der gedanklichen Verarbeitung des Wahrgenommenen) unterschieden und bezeichnet – je nach Wahrnehmungstheorie – das sinnliche Abbild oder die sinnliche Repräsentation von Teilen oder Aspekten der Außenwelt im Zentralnervensystem von Lebewesen. Sie beinhaltet auch die Beziehungen der erfassten Objekte.

Wahrnehmungstheorie

Die Wahrnehmungstheorie will die Kluft zwischen subjektiv-psychologischem Erleben bei einer Wahrnehmung und objektiv-physiologischer Schilderung der Wahrnehmungsvorgänge im Organismus überbrücken, siehe psychophysisches Niveau. Sie wird hier abgegrenzt von Wahrnehmungstheorien der Philosophiegeschichte und des sogenannten cartesischen Theaters.

Sinn, Sinneswahrnehmung, Sinnesorgan, Sensorik, Sensorium

Ein Sinnesorgan (z. B. Auge) nimmt Reize bestimmter Modalitäten (hier: visuell) als Sinneswahrnehmung (hier: visuelle Wahrnehmung) auf und leitet diese an das zuständige sensorische Gehirnareal oder an einen anderen Komplex des Zentralnervensystems weiter, das den Sinneseindruck produziert. Dieser primäre Sinneseindruck wurde schon lange vor der Entdeckung der neuroanatomischen Grundlagen der Wahrnehmung als „Empfindung“ bezeichnet und damit von Wahrnehmung i. w. S. abgegrenzt. Wahrnehmung kommt damit erst durch einen zweiten Schritt der Abgleichung aller Sinnesempfindungen mit bereits vorhandenen Daten zustande, sozusagen durch eine Art von innerer ›Passkontrolle‹ (gnostische Hirnfunktionen in den sogenannten sekundären Assoziationszentren). Man spricht auch von sensorischer Integration. Erst mit dieser Leistung der Hirnzentren ist ein Sinn (beispielsweise Sehen) umgesetzt, der uns ›sinnvolle‹ Gegenstände erkennen lässt (z. B. Sehen und Erkennen von Schrift), vgl. auch die sprachliche Ableitung von Bewusstsein (lat. conscientia „Mitwissen“ und altgriechisch συνείδησις syneidesis, deutsch ‚Miterscheinung, Mitbild, Mitwissen‘, συναίσθησις Mitwahrnehmung und φρόνησις von φρόνειν bei Sinnen sein, denken). Wahrnehmung stellt somit ein ›Für-wahr-Nehmen‹ dar. Die Summe aller Sinneswahrnehmungen entspricht der Wahrnehmung (Sensorik) als Ganzes. Auch z. B. die englische Sprache unterscheidet zwischen Empfindung und Wahrnehmung (engl. sensation und perception). Der englische Begriff awareness = Bewusstsein hängt sprachlich mit „Wahrnehmung“, „Gewahrwerden“, „wahren“ zusammen (aengl. warian).

In den theoretischen Überlegungen von Charles S. Peirce spricht man in diesem Zusammenhang auch von Qualia. Unter dem Quale oder dem phänomenalen Bewusstsein versteht man den subjektiven Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes.

Die Gesamtheit der Gehirnareale, die für die Sensorik zuständig sind, nennt man Sensorische Projektionszentren. Sie spielen eine wesentliche Rolle für das Bewusstsein, das sog. Sensorium. Im weiteren Sinne ist unter Sensorium auch die Gesamtheit der Sinnesorgane einschließlich der für Reizleitung und Verarbeitung zuständigen Nervenzellen zu verstehen.

Exemplarischer Exkurs zum Sehvermögen: Sinnesphysiologie und Sinnespsychologie

Allgemeine begriffliche Vorbemerkungen

Die Unterscheidung zwischen Empfindung und Wahrnehmung wurde in der Vergangenheit zum Teil kontrovers behandelt. Hubert Rohracher und Wilhelm Wundt haben beide diese Begriffe voneinander unterschieden. Wundt stand allerdings im Gegensatz zur Gestaltpsychologie. Die Marburger Schule hat zum Begriff der Empfindung einen eigenen Standpunkt entwickelt. Eine eigene Lehre der Empfindung hat auch J.G. Herder aufgestellt. Anstatt einer Kritik der Vernunft forderte er zuerst eine Physiologie der menschlichen Erkenntniskräfte.

Heute werden die Sinne als Vermittler von Empfindungen angesehen. Empfindung ist das „primäre unmittelbare psychische Korrelat einer Sinneserregung durch Reize“.

Sehvermögen

Primäres Hirnrindenfeld
Am Beispiel des Sehens sei der heutige Kenntnisstand etwas konkreter dargelegt: Das optische Bild wird in der primär visuellen Rinde des Gehirns (Occipitale Brodmann-Area 17, Sulcus calcarinus) nach Art eines Projektionsvorgangs von der Netzhaut auf die Hirnrindenfelder erzeugt, siehe Abb. 1 und 2. Man spricht hier auch von Sehzentrum. Dies stellt ein primäres Hirnrindenfeld dar. Die Nervenbahnen zwischen Auge und Hirnrinde werden als Sehbahn bezeichnet. Nach der Umschaltung der einzelnen Fasern der Sehbahn im Hirnstamm wird die Sehbahn als Sehstrahlung bezeichnet, siehe → Corpus geniculatum laterale. Sie stellt eine Projektionsbahn dar. Vor dieser Umschaltung spricht man von Nervus opticus und Tractus opticus. Sensorische Zentren sind jeweils durch eine dort endende Neuronenkette bestimmt. Das in der Area 17 erzeugte „primäre Bild“ wird auch als visuelle Empfindung bezeichnet. Einseitige Läsion der Area 17 z. B. bewirkt halbseitigen Gesichtsfeldausfall auf der Gegenseite der Läsion (kontralaterale Hemianopsie). Eine doppelseitige Zerstörung der gesamten primär visuellen Rinde bedingt vollständige Blindheit (Rindenblindheit).
Sekundäres Hirnrindenfeld
Jedem primär sensorischen Areal (primäre Rinde) schließt sich ein sekundäres an, das darum auch Assoziationsgebiet genannt wird. Im Falle des Sehens befindet sich das sekundäre visuelle Assoziationsgebiet in den Feldern 18 und 19 des Occipitallappens, d. h. unmittelbar vor der Area 17. In diesen Assoziationsgebieten bzw. sekundären Sinneszentren werden die in den einzelnen primär sensorischen Rindenfeldern eingehenden Informationen miteinander integriert, mit früher gespeicherten Informationen (Erinnerungen) verglichen und so dem Verständnis zugeführt.

Man spricht bei Schädigungen der für das Sehvermögen zuständigen sekundären Hirnrindenfelder von optischer Agnosie (Seelenblindheit). Das Gesehene kann dann nicht mehr erkannt werden. Im Spezialfall kann durch eine solche Schädigung des sekundären optischen Assoziationsgebietes etwa keine Schrift mehr gelesen werden (Alexie), auch wenn das reine Schriftbild noch gesehen wird. Entsprechend gibt es auch akustische, taktile, somatotopische (z. B. Autotopagnosie, Neglect, Rechts-Links-Desorientierung) und olfaktorische Agnosien. Sie werden verursacht durch Schädigung der jeweils sekundären Assoziationsgebiete für ein primäres spezifisches Sinneszentrum. Für jedes Sinnesgebiet bzw. für jeden Sinnesmodus gibt es im Gehirn ein – sowohl sinnesphysiologisch als auch anatomisch-topographisch unterscheidbares – jeweils spezifisches Sinneszentrum, das im hinteren Gehirnabschnitt gelegen ist und dort sozusagen eine eigene Vertretung (Repräsentanz) innehat. Der Begriff der sinnlichen Repräsentanz ist für die Qualität unseres Bewusstseins (Aufmerksamkeit bzw. Klarheit der Beobachtung) wichtig. Bewusstsein stellt immer etwas vor.

In der anatomischen und physiologischen Fachsprache ist der Begriff der Projektionszentren geläufig. Hiermit ist die Verlegung eines Sinnesreizes an eine bestimmte Stelle gemeint. Dieser Ort (griechisch topos) kann auf einer Hirnrindenkarte – wie oben in Abb. 1–2 gezeigt – anatomisch-topographisch genau festgelegt (bzw. lokalisiert) werden. Durch Fortleitung von Sinnesreizen an eine andere Stelle im zentralen Nervensystem wird jeweils eine neue Wahrnehmungsqualität ermöglicht. Sieht man nur mit einem Auge, so entfällt die Fähigkeit zum räumlichen Sehen. Einseitige Schädigung der primären visuellen Rinde führt wie schon gesagt zur Hemianopsie, Schädigung der sekundären und tertiären Projektionszentren zu sog. gnostischen Ausfällen (Agnosien). Durch die anatomisch-topographische Lokalisierung der primären Projektionszentren in den hinteren (parietalen, temporalen und occipitalen) Gehirnabschnitten, d. h. hinter dem Sulcus centralis wiederholt sich der Bauplan des Rückenmarks auch auf der Ebene des Gehirns, siehe den Begriff des Reflexbogens. Unser Bewusstsein gestattet daher in erster Linie ein kontrolliertes und überlegtes Handeln, d. h. eine Berücksichtigung unterschiedlichster Wahrnehmungen und Erinnerungen.

Die tertiäre Hirnrinde
ist zuständig für die Integration verschiedener Sinnesmodalitäten (Areae 39 und 40 – Gyrus angularis und Gyrus supramarginalis als Übergangsregion zwischen den sekundären visuellen, auditiven, taktilen und kinästhetischen Assoziationsgebieten).

Apraxien können durch mögliche Störungen der sensorischen Projektionszentren hervorgerufen sein. Eine solche Störung hat notwendige Auswirkung auch auf die motorischen Zentren, die ja auf entsprechende Informationen (bzw. sensorische Afferenzen) angewiesen sind. Motorische Zentren wie das Sprachzentrum, können aber auch selbst durch eine Schädigung betroffen sein. Es ist daher zwischen einer sensorischen und motorischen Apraxie zu unterscheiden, siehe z. B. Aphasie und die Abgrenzung von motorischen und sensorischen Aphasieformen, siehe hierzu auch den unten erläuterten Begriff der Wahrnehmungskette.

Aufgrund der komplexen Verknüpfung verschiedener Sinnesfunktionen im Gehirn ist Wahrnehmung als bewusster Vorgang im Gegensatz zu den einfacher strukturierten neurophysiologischen Abläufen auf der Ebene des Rückenmarks und des Hirnstamms möglich, siehe → Funktionskreis. Der Begriff der Wahrnehmungskette ist daher dem Reflexbogen gegenüberzustellen, einem Organisationsprinzip, das eine automatische und unbewusste Verarbeitung von Reizen auf der Ebene des Rückenmarks ermöglicht. Der Reflexbogen stellt sozusagen den ‚kleinen Dienstweg‘ auf einer niedrigeren Organisationsstufe dar. K. Jaspers sprach im Zusammenhang der höheren cerebralen Organisation von „psychischem Reflexbogen“, Viktor von Weizsäcker von Gestaltkreis. In der Technik wird von diesem biologischen Organisationsprinzip Gebrauch gemacht durch das Modell des Regelkreises, vgl. Synergetik.

Sinneswahrnehmungen

Weitere Sinne der Lebewesen

In der Tierwelt existieren weitere Sinneswahrnehmungen:

  • Wahrnehmung von Druck auf Distanz, auch Ferntastsinn: Verbreitet bei Fischen. Eine Verbindung aus auditiver und taktiler Wahrnehmung. Dient der Wahrnehmung von Veränderungen des Druckes unter Wasser und auf Distanz. Zuständiges Sinnesorgan ist das Seitenlinienorgan.
  • Wahrnehmung elektrischer Felder: Vertreten bei manchen Raubfischen (beispielsweise Hammerhaien). Nicht vergleichbar mit einer menschlichen Sinneswahrnehmung. Dient der Wahrnehmung von elektrischen Feldern, wie sie von Lebewesen erzeugt werden.
  • Magnetsinn, das heißt Wahrnehmung von Magnetfeldern. Verbreitet bei Zugvögeln, aber auch bei anderen Tieren und bei Bakterien. Dient der Wahrnehmung des Erdmagnetfeldes zur Navigation. Die zuständigen Sinnesorgane wurden bislang nicht zweifelsfrei identifiziert; bei Zugvögeln wurde der Magnetsinn im Auge und im Oberschnabel lokalisiert. Starke magnetische Wechselfelder verursachen beim Menschen spürbare Vibrationen des Auges und damit eine Verschlechterung der Sehschärfe. Zumindest das Vorhandensein eines solchen Feldes kann damit körperlich wahrgenommen werden.
  • Thermische Wahrnehmung: sehr ausgeprägt z. B. bei Schlangen. Eine vergleichbare Sinneswahrnehmung ist beim Menschen durch Kälte- und Wärmerezeptoren der Haut gegeben. Dient der Wahrnehmung von Unterschieden in der Temperatur und Wärmeleitung. Bei Grubenottern ist das entsprechende Organ das Grubenorgan.
  • Vibratorische Wahrnehmung: auch Wahrnehmung von Erschütterungen, sehr ausgeprägt bei Katzen, Insekten und Spinnen. Eine vergleichbare Sinneswahrnehmung existiert als Teil der taktilen Wahrnehmung in schwachem Ausmaß auch beim Menschen, so können insbesondere Vibrationen im Infraschallbereich spürbares Unbehagen verursachen. Das zuständige Sinnesorgan ist namentlich nicht bekannt, liegt bei Schlangen aber an der Bauchseite, bei Spinnen in den Gliedmaßen. Beim Menschen könnte auch das Gleichgewichtsorgan eine Rolle spielen.

Die Frage nach Sinneswahrnehmungen der Pflanzen und der niederen Lebewesen ist aufgrund des fehlenden Nervensystems durchaus strittig.

Des Weiteren gibt es die folgende Form der Wahrnehmung, die nicht als Sinneswahrnehmung, sondern als kognitive Wahrnehmung aufgefasst wird:

  • Zeitwahrnehmung: Zeitwahrnehmung entsteht erst durch kognitive Vorgänge. Beim Menschen unterscheidet man die beiden Formen Wahrnehmung der zeitlichen Folge (Sequenz) und die Wahrnehmung von Zeitintervallen.

Kognition

Der Begriff Kognition umfasst die Gesamtheit aller psychischen Fähigkeiten, Funktionen und Prozesse, die der Aufnahme, der Verarbeitung und der Speicherung von Informationen dienen. Wer schon vorher weiß, was er gleich sehen wird, erkennt es schneller. Das menschliche Gehirn arbeitet ungeheuer schnell.

Zeitwahrnehmung

Die Zeit ist eine zwar abstrakte aber reale Eigenschaft der Umwelt (siehe oben). Die grundlegenden Informationen über diese Eigenschaft werden über die Sinne gewonnen. Deshalb bildet die Zeitwahrnehmung eine echte Form der Wahrnehmung. Allerdings handelt es sich nicht um eine Sinneswahrnehmung, denn die Zeitwahrnehmung entsteht erst durch kognitive Vorgänge.

Erklärungsmodelle

Es ist schwierig, den Wahrnehmungsprozess allgemeingültig zu beschreiben, da er von Mensch zu Mensch grundlegend verschieden sein kann; so haben auch zum Beispiel viele psychische Krankheiten ihre Ursachen in einer gestörten Wahrnehmung.

Organisationsprinzipien der Wahrnehmung

Unter den Organisationsprinzipien der Wahrnehmung versteht man einige Gesetzmäßigkeiten und Erfahrungswerte, nach denen der Strukturierungsprozess der Wahrnehmung die aufgenommenen Reize klassifiziert.

Die Organisationsprinzipien lassen sich besonders einfach dort nachweisen, wo der physikalische (objektiv gegebene) und der phänomenale (empfundene, wahrgenommene) Sachverhalt nicht übereinstimmen.

Durch diese Prinzipien wird deutlich, dass sowohl die Wahrnehmung als auch ihre stete Adaption an sich ändernde Reizverhältnisse beim Menschen nicht durch Abbildung, sondern durch einen konstruktiven, kognitiven Verarbeitungsprozess stattfindet.

Kontextabhängigkeit

Der rechte orange Kreis scheint größer als der linke, obwohl ihre Größe identisch ist.

Objekte werden immer im Kontext mit ihrer Umgebung wahrgenommen. Der Kontext kann dabei nicht nur die Größenwahrnehmung, sondern auch die Bedeutung oder Funktion des Wahrgenommen verändern. Die Kontextabhängigkeit wird deutlich, wenn ein Objekt aus seinem gewohnten Kontext herausgelöst wird und in einen atypischen Kontext gesetzt wird.

Beispiel: Ein Schiff im Wasser ist etwas Alltägliches, ein Schiff auf einer Wiese hingegen würde sofort unsere Wahrnehmung auf sich ziehen – um Aufmerksamkeit zu erregen; ein Effekt, den die Werbung gerne für sich nutzt.

Dabei gilt die Kontextabhängigkeit nicht nur für die visuelle Wahrnehmung. Studien haben gezeigt, dass auch bei der Wahrnehmung von Konsonanz bzw. Dissonanzen in der Musik eine Abhängigkeit zum Musikstück, dem Ort, dem Interpreten usw. besteht, sodass die Wahrnehmung von Dissonanzen bzw. Konsonanzen je nach eine Neubewertung erfahren können.

Einfluss der Erfahrung

Müssen widersprüchliche Informationen verarbeitet werden, bevorzugt das Gehirn die wahrscheinlichste Interpretation durch Vergleich mit bereits abgespeicherten, (erlernten) Erfahrungen (Transaktionalismus).

Bewertung

Manche Sinneseindrücke werden mit einer Emotion (Angst, Freude, Schreck usw.) verknüpft. Diese Bewertung beeinflusst die Lenkung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Sinnesreize.

Veränderungen der Wahrnehmung

Die Wahrnehmung kann durch die folgenden Faktoren beeinflusst werden:

  • Drogen wie Alkohol oder Halluzinogene (LSD, DMT, Psilocin, Meskalin, Ecstasy, Cannabis usw., „bewusstseinserweiternde Drogen“) beeinflussen den Wahrnehmungsprozess auf physiologischer Ebene. Während Alkohol zu einem starken Nachlassen der Leistungsfähigkeit der Wahrnehmung führt (z. B. „Tunnelblick“), führen Halluzinogene zu subtileren Veränderungen: Es kommt zu Halluzinationen; Reize werden falsch kombiniert oder an die falschen Verarbeitungszentren des Gehirns weitergeleitet (Synästhesien, z. B. „Farben riechen“). Siehe auch: Bewusstsein, Bewusstseinszustände, Bewusstseinsveränderung.
  • Lernprozesse. Wahrnehmung ist zu großen Teilen erlernt und dadurch höchst anpassungsfähig. Einige Beispiele: Blinde können über menschliche Echoortung lernen, Hindernisse wie beim Sonar durch Reflexion von Schallwellen zu orten. Kamerabilder, die als Druck auf die Haut eines Blinden projiziert werden, können mit viel Übung zu räumlichen Wahrnehmungen führen. Amputierte Gliedmaßen können noch lange Zeit später als Phantomglied wahrgenommen werden; allmählich absterbende Gliedmaßen (z. B. durch Lepra) führen jedoch nicht zu solchen Fehlwahrnehmungen.
  • Biofeedback ist eine Behandlungsmethode der Verhaltenstherapie. Mittels technischer Hilfsmittel bekommt der Patient dabei zusätzliche sensorische Informationen (Feedback) über Prozesse seines Körpers, die sich normalerweise unbewusst selbst regulieren (Homöostase, z. B. der Puls) oder aufgrund von Nervenschädigungen nicht mehr bewusst kontrollierbar sind (z. B. Lähmungen). Dieser neue, künstliche Sinn funktioniert ähnlich wie die kinästhetische Wahrnehmung und ermöglicht unter gewissen Umständen eine bewusste Steuerung des dargestellten Prozesses.
  • Technische Geräte können die Wahrnehmung auf viele Arten beeinflussen oder erweitern:
    • Sehhilfen (Brille, Kontaktlinsen) und Hörgeräte oder Cochleaimplantate sollen Behinderungen ausgleichen und die normale Funktionsweise der Sinnesorgane so weit wie möglich wiederherstellen.
    • Lupen, Ferngläser, Nachtsichtgeräte und Kompasse sollen die Fähigkeiten der Wahrnehmung erweitern oder verbessern. Prinzipiell kann jede Vorrichtung der technischen Sensorik (z. B. Radar, Sonar, Geigerzähler usw.) als Erweiterung der Wahrnehmung betrachtet werden.
    • Erweiterte Realität beschreibt die Erweiterung der Wahrnehmung um computergestützte virtuelle Informationen. Ein Beispiel für eine Anwendung ist das EyeTap.
  • Meditation. Meditationstechniken wie Yoga, Zazen oder Naikan zielen mittels einer Schärfung der Wahrnehmung des eigenen Körpers auf spirituelle Entwicklung ab. Durch die Konzentration auf einzelne Körperteile oder Prozesse (z. B. Atmung) können auch Anzeichen von Stress erkannt werden, um diesem mit Entspannungstechniken entgegenzuwirken. Die physiologischen Vorgänge bleiben dabei zwar unverändert, aber durch erhöhte Aufmerksamkeit werden Reize wahrgenommen und in Verhalten umgesetzt, die sonst unbewusst oder unbeachtet bleiben.
  • Sensorische Deprivation. Wird einem Menschen über einen bestimmten Zeitraum die sensorische Wahrnehmung (optische und/oder akustische Reize) entzogen, z. B. durch Einzel-/Dunkelhaft, erleidet er Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen, die von einfachen Halluzinationen bis zur schweren Psychose reichen, aber auch therapeutisch eingesetzt werden können (siehe auch Isolationstank).

Wahrnehmungsentwicklung

Ontogenetische Entwicklung der Sinne

Der Tastsinn
Ab dem 2. Schwangerschaftsmonat entwickelt sich der Tastsinn. Mit der Geburt empfindet das Kind Temperaturunterschiede, trockene Luft, Bewegung durch die Pflegeperson
Der Geschmackssinn, Gustatorische Wahrnehmung
Im 3. Schwangerschaftsmonat beginnt die Entwicklung des Geschmackssinns. Dieser ist bei der Geburt voll ausgebildet.
Der Geruchssinn, olfaktorisches System.
Der Bewegungssinn (kinästhetisches System)
Ab dem 3. Schwangerschaftsmonat entwickelt sich der Stütz- und Bewegungssinn.
Der Gleichgewichtssinn
Im 3. bis 4. Schwangerschaftsmonat wird das Gleichgewichtssystem angelegt und ist ungefähr im 6. Schwangerschaftsmonat ausgereift.
  • Dieser Sinn wird unmittelbar nach der Geburt aktiv
  • Er ist die wichtigste Voraussetzung für die motorische Entwicklung.
  • Im ersten Lebensjahr ermöglicht der Gleichgewichtssinn die Fähigkeit zum aufrechten Gehen und Stehen.
Der Hörsinn
Im 7. Schwangerschaftsmonat und damit schon einige Zeit vor der Geburt funktioniert der Hörsinn. Insgesamt ist das Gehör bereits nach der Geburt äußerst leistungsfähig. Das Kind hört bereits sehr differenziert Töne und verschiedene Tonhöhen.
  • Die Stimme der Mutter wird bereits im Mutterleib wahrgenommen.
  • Den Klang der Stimme seiner Mutter, ihre Lautstärke vernimmt das Kind lange, bevor es den Sinn der Worte versteht.
Der Sehsinn
Im 8. Schwangerschaftsmonat beginnt, sich der Sehsinn zu entwickeln. Nach etwa zwei Monaten ist die Fähigkeit, die Augen auf unterschiedliche Entfernungen einzustellen, entwickelt.
  • Neugeborene unterscheiden bereits hell und dunkel und können im Abstand von 20 bis 40 cm schon relativ scharf sehen.
  • Durch beidäugiges Sehen entwickelt sich sodann das räumliche Sehen und damit verbunden die Tiefenwahrnehmung.
  • Ein Kind kann mit etwa zwei Jahren die Tiefen eines Raums wahrnehmen.
  • Mit etwa 4 Jahren kann das Kind Tiefen und Entfernungen ähnlich gut sehen wie ein Erwachsener.
  • Perspektivisches Zeichnen ist Kindern im Durchschnitt jedoch erst im Alter von etwa 12 Jahren möglich.

Theoretische Ansätze zur Wahrnehmungsentwicklung

Nach Affolter

Félicie Affolter, eine Schülerin Piagets, unterscheidet 1975 bei der Wahrnehmungsentwicklung drei Stufen. Diese drei Stufen geben an, wie Wahrnehmungsreize verarbeitet werden.

Die einfachste Stufe ist die modale Entwicklungsstufe. In dieser werden Reize zunächst unspezifisch verarbeitet, dann aber zunehmend differenziert und voneinander abgegrenzt. So können Säuglinge schon verschiedene Stimmen voneinander unterscheiden und erkennen bestimmte Melodien wieder. Die nächste Stufe nennt Affolter die intermodale Stufe. Hier verbinden sich Reize unterschiedlicher Kanäle zu einer Repräsentation. So kann der Säugling ab einem gewissen Alter die Stimme und das Gesicht der Mutter miteinander verbinden. Die dritte Stufe, die seriale Stufe, integriert unterschiedliche Reize in zeitlichen und räumlichen Repräsentationen und verknüpft sie zu bedeutungsvollen Ganzheiten.

Affolter kann allerdings kaum mehr als ein abstraktes Modell bereitstellen. Ein Säugling reagiert meistens von Anfang an auf ein Geräusch mit Bewegungen, und es lässt sich nicht genügend abgrenzen, ob es sich hier nur um Reflexe handelt oder bereits ein Lernprozess stattgefunden hat.

So merkt Herbert Günter (1998) an: „Es handelt sich hierbei (…) um ineinander verschachtelte Phasen (…). Die einzelne, isolierte Information ohne jegliche Beziehung und Bindung zu anderen Sinneskanälen ist bedeutungslos.“

Wichtiger allerdings sind die Annahmen, die Anna Jean Ayres 1984 dann zur weiteren Entwicklung der sensorischen Integration gemacht hat: Diese führen zum Aufbau komplexer Systeme, sogenannter höherer Hirnfunktionen, die ein koordiniertes Verhalten und schließlich ein zielgeleitetes und systematisches Handeln erst möglich machen.

Nach Ayres

Anna Jean Ayres stellt folgendes Modell auf, die die Entwicklung höherer Hirnfunktionen aus basalen Wahrnehmungsprozessen erklärt: Sensorische Integration (nach AYRES).jpg

  • Ayres Modell allerdings behauptet nur, dass der Aufbau von komplexen Hirnfunktionen so stattfindet. Eine wirkliche Erklärung, wie es stattfindet, hat sie nicht.
  • Ein anderes Modell, sowohl von seiner Struktur als auch mit denselben Problemen des Beweises, stammt von Alexander Romanowitsch Lurija (1970).