Zentralnervensystem

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Zentrales Nervensystem
1201 Overview of Nervous System.jpg
Schematische Darstellung des zentralen Nervensystems in gelb, peripheres Nervensystem in orange
Einzelheiten
Lymphe224
Bezeichnungen
LateinischSystema nervosum centrale
pars centralis systematis nervosi
Akronym(e)ZNS
Anatomische Terminologie
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Das zentrale Nervensystem (ZNS) ist der Teil des Nervensystems, der hauptsächlich aus dem Gehirn und dem Rückenmark besteht. Das ZNS wird so genannt, weil das Gehirn die empfangenen Informationen integriert und die Aktivität aller Körperteile von bilateralsymmetrischen und triploblastischen Tieren - d.h. allen vielzelligen Tieren außer Schwämmen und Diploblasten - koordiniert und beeinflusst. Es handelt sich um eine Struktur, die aus Nervengewebe besteht, das entlang der Achse von rostral (Nasenende) nach caudal (Schwanzende) des Körpers angeordnet ist und am rostralen Ende einen vergrößerten Abschnitt haben kann, der ein Gehirn darstellt. Nur Gliederfüßer, Kopffüßer und Wirbeltiere haben ein echtes Gehirn (Vorläuferstrukturen gibt es bei Onychophoren, Gastropoden und Lanzettfischchen).

Der Rest dieses Artikels befasst sich ausschließlich mit dem Zentralnervensystem der Wirbeltiere, das sich grundlegend von dem aller anderen Tiere unterscheidet.

Das zentrale Nervensystem oder Zentralnervensystem (kurz ZNS) ist ein Teilsystem des Nervensystems aller „Zweiseitentiere“ (Bilateria). Seine Strukturen und Steuerungen werden auch als zentralnervös bezeichnet.

Überblick

Bei Wirbeltieren sind sowohl das Gehirn als auch das Rückenmark von den Hirnhäuten umgeben. Die Hirnhäute bilden eine Barriere für im Blut gelöste Chemikalien und schützen das Gehirn vor den meisten in der Nahrung vorkommenden Neurotoxinen. Innerhalb der Hirnhäute sind Gehirn und Rückenmark in Rückenmarksflüssigkeit gebadet, die die Körperflüssigkeit ersetzt, die sich außerhalb der Zellen aller beidseitigen Tiere befindet.

Bei Wirbeltieren befindet sich das ZNS in der dorsalen Körperhöhle, wobei das Gehirn in der Schädelhöhle im Schädel untergebracht ist. Das Rückenmark ist im Wirbelkanal innerhalb der Wirbel untergebracht. Innerhalb des ZNS ist der Interneuronenraum mit einer großen Anzahl unterstützender nichtnervöser Zellen gefüllt, die als Neuroglia oder Glia (griechisch für "Klebstoff") bezeichnet werden.

Bei Wirbeltieren umfasst das ZNS auch die Netzhaut und den Sehnerv (Hirnnerv II) sowie die Riechnerven und das Riechepithel. Als Teile des ZNS sind sie ohne Zwischenganglien direkt mit den Neuronen des Gehirns verbunden. Das Riechepithel ist das einzige Gewebe des Zentralnervensystems außerhalb der Hirnhaut, das in direktem Kontakt mit der Umwelt steht, was einen Weg für therapeutische Wirkstoffe eröffnet, die sonst die Hirnhautbarriere nicht überwinden können.

Aufbau

Das ZNS besteht aus zwei Hauptstrukturen: dem Gehirn und dem Rückenmark. Das Gehirn ist von der Schädeldecke umschlossen und durch den Schädel geschützt. Das Rückenmark schließt sich an das Gehirn an und liegt kaudal des Gehirns. Es ist durch die Wirbelsäule geschützt. Das Rückenmark reicht von der Schädelbasis aus, verläuft durch oder beginnt unterhalb des Foramen magnum und endet etwa in Höhe des ersten oder zweiten Lendenwirbels, wobei es die oberen Abschnitte des Wirbelkanals einnimmt.

Weiße und graue Substanz

Übersicht über das menschliche ZNS (2), das aus Gehirn (1) und Rückenmark (3) besteht

Beim Menschen und den übrigen Wirbeltieren fasst man Gehirn und Rückenmark zusammen unter dem Begriff Zentralnervensystem und grenzt es so gegen das periphere Nervensystem ab, das zum Teil aus den Zellfortsätzen von Nervenzellen besteht, deren Zellkörper im ZNS liegt. Als Grenzen des ZNS können die Hirnhäute angesehen werden. Nach einer anderen Definition liegt die Grenze des ZNS dort, wo die Nervenfaserumhüllung von der für das ZNS typischen, von Oligodendrozyten gebildeten Form in eine für das periphere Nervensystem typische Umhüllung durch Schwann-Zellen übergeht. Hinsichtlich der Richtung des Informationsflusses im Nervensystem wird zwischen den (zentripetal) zuleitenden Nervenfasern als Afferenzen (Signaleingang) und den (zentrifugal) wegleitenden Nervenfasern als Efferenzen (Signalausgang) unterschieden. Dabei unterscheidet man nach funktionellen Gesichtspunkten zwischen den sensiblen und den motorischen Anteilen einerseits des somatischen Nervensystems und andererseits des vegetativen Nervensystems.

Im ZNS werden graue Substanz (Substantia grisea) und weiße Substanz (Substantia alba) unterschieden. Die graue Substanz liegt im Rückenmark innen, umgeben von der weißen Substanz außen. Im Gehirn sind die Verhältnisse dagegen komplexer, in der Hirnrinde (Cortex) findet sich graue Substanz auch außen, sowohl im Großhirn (Cortex cerebri) wie auch im Kleinhirn (Cortex cerebelli). Beide Anteile lassen sich an einem Schnitt bereits mit bloßem Auge anhand der namensgebenden Farbe erkennen. Die graue Substanz besteht vorwiegend aus Nervenzellkörpern, die weiße aus deren Fortsätzen (Axone), also den Leitungsbahnen. Allerdings sind in die weiße Substanz ebenfalls Ansammlungen von Nervenzellkörpern eingestreut, die Nuclei („Kerne“ oder „Kerngebiete“).

Rückenmark

Schematische Darstellung der Säulen und des Verlaufs der Fasern im Rückenmark. Sensorische Synapsen treten im dorsalen Rückenmark auf (oben in diesem Bild), und motorische Nerven treten durch die ventralen (sowie lateralen) Hörner des Rückenmarks aus, wie unten im Bild zu sehen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das ZNS zu aktivieren, ohne den Kortex einzuschalten, und uns die Aktionen bewusst zu machen. Das obige Beispiel zeigt den Vorgang, bei dem sich die Pupille bei schwachem Licht weitet und dadurch Neuronen im Rückenmark aktiviert werden. Das zweite Beispiel zeigt die Verengung der Pupille als Folge der Aktivierung des Eddinger-Westphal-Kerns (ein zerebrales Ganglion).

Vom und zum Rückenmark gehen Projektionen des peripheren Nervensystems in Form von Spinalnerven (manchmal Segmentalnerven) aus. Die Nerven verbinden das Rückenmark mit Haut, Gelenken, Muskeln usw. und ermöglichen die Übertragung von efferenten motorischen sowie afferenten sensorischen Signalen und Reizen. Dadurch werden willkürliche und unwillkürliche Muskelbewegungen sowie die Wahrnehmung von Sinneseindrücken ermöglicht. Insgesamt entspringen 31 Spinalnerven aus dem Hirnstamm, von denen einige Plexa bilden, wenn sie sich verzweigen, wie z. B. die Plexa brachialis, die Plexa sacralis usw. Jeder Spinalnerv leitet sowohl sensorische als auch motorische Signale weiter, aber die Nerven synaptieren in verschiedenen Regionen des Rückenmarks, entweder von der Peripherie zu sensorischen Relaisneuronen, die die Informationen an das ZNS weiterleiten, oder vom ZNS zu motorischen Neuronen, die die Informationen nach außen weiterleiten.

Das Rückenmark leitet die Informationen über Spinalbahnen an das Gehirn weiter, über den letzten gemeinsamen Weg zum Thalamus und schließlich zum Kortex.

Hirnnerven

Neben dem Rückenmark gibt es auch periphere Nerven des PNS, die über Vermittlungsstellen oder Ganglien direkt mit dem ZNS synapsen. Diese 12 Nerven befinden sich in der Kopf- und Halsregion und werden als Hirnnerven bezeichnet. Die Hirnnerven leiten Informationen an das ZNS zum und vom Gesicht sowie zu bestimmten Muskeln (z. B. dem Trapezmuskel, der von akzessorischen Nerven sowie bestimmten zervikalen Spinalnerven innerviert wird).

Zwei Hirnnervenpaare, die Geruchsnerven und die Sehnerven, werden oft als Strukturen des ZNS betrachtet. Dies liegt daran, dass sie nicht zuerst an peripheren Ganglien, sondern direkt an ZNS-Neuronen synaptieren. Das Riechepithel ist insofern von Bedeutung, als es aus ZNS-Gewebe besteht, das in direktem Kontakt mit der Umwelt steht und die Verabreichung bestimmter Arzneimittel und Drogen ermöglicht.

Image showing the way Schwann cells myelinate periferal nerves.
A neuron of the CNS, myelinated by an oligodendrocyte
Ein von Schwann-Zellen myelinisierter peripherer Nerv (links) und ein von einem Oligodendrozyten myelinisiertes ZNS-Neuron (rechts)

Gehirn

Am vorderen Ende des Rückenmarks befindet sich das Gehirn. Das Gehirn macht den größten Teil des ZNS aus. Es ist häufig die Hauptstruktur, auf die Bezug genommen wird, wenn vom Nervensystem im Allgemeinen die Rede ist. Das Gehirn ist die wichtigste Funktionseinheit des ZNS. Während das Rückenmark über bestimmte Verarbeitungsfunktionen verfügt, z. B. für die Fortbewegung der Wirbelsäule, und Reflexe verarbeiten kann, ist das Gehirn die wichtigste Verarbeitungseinheit des Nervensystems.

Hirnstamm

Der Hirnstamm besteht aus dem Mark, der Pons und dem Mittelhirn. Das Mark kann als eine Verlängerung des Rückenmarks bezeichnet werden, da beide ähnliche Organisations- und Funktionseigenschaften aufweisen. Die Bahnen, die vom Rückenmark zum Gehirn verlaufen, durchqueren es.

Zu den regulierenden Funktionen der Medulla-Kerne gehören die Kontrolle des Blutdrucks und der Atmung. Andere Kerne sind für das Gleichgewicht, den Geschmackssinn, das Gehör und die Steuerung der Gesichts- und Nackenmuskulatur zuständig.

Die nächste Struktur rostral der Medulla ist die Pons, die auf der ventralen, vorderen Seite des Hirnstamms liegt. Zu den Kernen in der Pons gehören die pontinen Kerne, die mit dem Kleinhirn zusammenarbeiten und Informationen zwischen dem Kleinhirn und der Großhirnrinde übermitteln. In der dorsalen hinteren Pons liegen Kerne, die an den Funktionen Atmung, Schlaf und Geschmack beteiligt sind.

Das Mittelhirn oder Mesencephalon befindet sich oberhalb und rostral der Pons. Es umfasst Kerne, die verschiedene Teile des motorischen Systems miteinander verbinden, unter anderem das Kleinhirn, die Basalganglien und beide Gehirnhälften. Darüber hinaus befinden sich im Mittelhirn Teile des visuellen und auditiven Systems, einschließlich der Kontrolle der automatischen Augenbewegungen.

Der Hirnstamm als Ganzes bildet den Ein- und Ausgang einer Reihe von Bahnen für die motorische und autonome Steuerung von Gesicht und Hals durch Hirnnerven. Die autonome Steuerung der Organe wird durch den zehnten Hirnnerv vermittelt. Ein großer Teil des Hirnstamms ist an dieser autonomen Steuerung des Körpers beteiligt. Solche Funktionen können unter anderem das Herz, die Blutgefäße und die Pupillen betreffen.

Im Hirnstamm befindet sich auch die retikuläre Formation, eine Gruppe von Kernen, die an Erregung und Wachsamkeit beteiligt sind.

Kleinhirn

Das Kleinhirn liegt hinter dem Pons. Das Kleinhirn besteht aus mehreren Teilungsspalten und Lappen. Zu seinen Aufgaben gehören die Kontrolle der Körperhaltung und die Koordination der Bewegungen von Körperteilen, einschließlich der Augen und des Kopfes sowie der Gliedmaßen. Außerdem ist es an Bewegungen beteiligt, die durch Übung erlernt und perfektioniert wurden, und es passt sich an neu erlernte Bewegungen an. Trotz seiner früheren Klassifizierung als motorische Struktur weist das Kleinhirn auch Verbindungen zu Bereichen der Großhirnrinde auf, die mit Sprache und Kognition zu tun haben. Diese Verbindungen wurden mit Hilfe medizinischer Bildgebungsverfahren wie der funktionellen MRT und der Positronenemissionstomographie nachgewiesen.

Der Körper des Kleinhirns enthält mehr Neuronen als jede andere Struktur des Gehirns, einschließlich der des größeren Großhirns, ist aber auch besser erforscht als andere Strukturen des Gehirns, da er weniger verschiedene Arten von Neuronen enthält. Es verarbeitet sensorische Reize, motorische Informationen sowie Gleichgewichtsinformationen aus dem Gleichgewichtsorgan.

Zwischenhirn

Die beiden erwähnenswerten Strukturen des Zwischenhirns sind der Thalamus und der Hypothalamus. Der Thalamus fungiert als Bindeglied zwischen den vom peripheren Nervensystem und dem Sehnerv (obwohl er keinen Input vom Geruchsnerv erhält) eingehenden Bahnen zu den Großhirnhemisphären. Früher wurde es nur als "Relaisstation" betrachtet, aber es ist an der Sortierung der Informationen beteiligt, die die Großhirnhemisphären (Neokortex) erreichen sollen.

Neben seiner Funktion, Informationen aus der Peripherie zu sortieren, verbindet der Thalamus auch das Kleinhirn und die Basalganglien mit dem Großhirn. Gemeinsam mit dem bereits erwähnten retikulären System ist der Thalamus an Wachheit und Bewusstsein beteiligt, wie z. B. durch den SCN.

Der Hypothalamus ist an den Funktionen einer Reihe von primitiven Emotionen oder Gefühlen wie Hunger, Durst und mütterlicher Bindung beteiligt. Dies wird teilweise durch die Kontrolle der Hormonausschüttung der Hypophyse reguliert. Außerdem spielt der Hypothalamus eine Rolle bei der Motivation und vielen anderen Verhaltensweisen des Individuums.

Großhirn

Das Großhirn der Großhirnhemisphären bildet den größten sichtbaren Teil des menschlichen Gehirns. In den Großhirnhemisphären sind verschiedene Strukturen zusammengefasst, unter anderem: die Hirnrinde, die Basalganglien, die Amygdala und der Hippocampus. Die Hemisphären steuern gemeinsam einen großen Teil der Funktionen des menschlichen Gehirns wie Emotionen, Gedächtnis, Wahrnehmung und Motorik. Außerdem stehen die Großhirnhemisphären für die kognitiven Fähigkeiten des Gehirns.

Verbunden werden die beiden Hemisphären durch das Corpus callosum sowie mehrere weitere Kommissuren. Einer der wichtigsten Teile der Großhirnhemisphären ist die Großhirnrinde, die aus grauer Substanz besteht und die Oberfläche des Gehirns bedeckt. Funktionell ist die Großhirnrinde an der Planung und Ausführung von Alltagsaufgaben beteiligt.

Der Hippocampus ist an der Speicherung von Erinnerungen beteiligt, die Amygdala spielt eine Rolle bei der Wahrnehmung und Kommunikation von Emotionen, während die Basalganglien eine wichtige Rolle bei der Koordinierung von Willkürbewegungen spielen.

Unterschied zum peripheren Nervensystem

Eine Karte über die verschiedenen Strukturen der Nervensysteme im Körper, die das ZNS, das PNS, das autonome Nervensystem und das enterische Nervensystem zeigt.

Hier wird das ZNS vom PNS unterschieden, das aus Neuronen, Axonen und Schwann-Zellen besteht. Oligodendrozyten und Schwann-Zellen haben im ZNS bzw. PNS ähnliche Funktionen. Beide sorgen dafür, dass die Axone mit Myelinscheiden versehen werden, die als eine Art Isolierung dienen und eine bessere und schnellere Weiterleitung der elektrischen Signale entlang der Nerven ermöglichen. Die Axone im ZNS sind oft sehr kurz, kaum ein paar Millimeter, und benötigen nicht den gleichen Grad an Isolierung wie periphere Nerven. Einige periphere Nerven können über 1 Meter lang sein, wie z. B. die Nerven des großen Zehs. Um sicherzustellen, dass sich die Signale mit ausreichender Geschwindigkeit bewegen, ist eine Myelinisierung erforderlich.

Die Art und Weise, wie die Schwann-Zellen und die Oligodendrozyten die Nerven myelinisieren, ist unterschiedlich. Eine Schwann-Zelle myelinisiert in der Regel ein einzelnes Axon und umgibt es vollständig. Manchmal können sie auch viele Axone myelinisieren, insbesondere in Bereichen mit kurzen Axonen. Oligodendrozyten myelinisieren in der Regel mehrere Axone. Sie tun dies, indem sie dünne Fortsätze ihrer Zellmembran aussenden, die das Axon umhüllen und einschließen.

Entwicklung

CNS seen in a median section of a 5-week-old embryo.
CNS seen in a median section of a 3-month-old embryo.
Bild oben: ZNS in einem Medianschnitt eines 5 Wochen alten Embryos. Unteres Bild: ZNS in einem Medianschnitt eines 3 Monate alten Embryos.

Während der frühen Entwicklung des Wirbeltierembryos vertieft sich eine Längsfurche in der Neuralplatte allmählich, und die Grate auf beiden Seiten der Furche (die Neuralfalten) werden erhöht und treffen schließlich aufeinander, wodurch sich die Furche in ein geschlossenes Rohr, das Neuralrohr, verwandelt. Die Bildung des Neuralrohrs wird als Neurulation bezeichnet. In diesem Stadium enthalten die Wände des Neuralrohrs proliferierende neurale Stammzellen in einer Region, die als ventrikuläre Zone bezeichnet wird. Die neuralen Stammzellen, hauptsächlich radiale Gliazellen, vermehren sich und bilden durch den Prozess der Neurogenese Neuronen, die das Rudiment des ZNS bilden.

Aus dem Neuralrohr entwickeln sich sowohl das Gehirn als auch das Rückenmark. Der vordere (oder "rostrale") Teil des Neuralrohrs differenziert sich zunächst in drei Hirnbläschen (Taschen): das Prosencephalon an der Vorderseite, das Mesencephalon und, zwischen dem Mesencephalon und dem Rückenmark, das Rhombencephalon. (Bis zur sechsten Woche beim menschlichen Embryo) teilt sich das Prosencephalon dann weiter in das Telencephalon und das Diencephalon; und das Rhombencephalon teilt sich in das Metencephalon und das Myelencephalon. Das Rückenmark entsteht aus dem hinteren oder "kaudalen" Teil des Neuralrohrs.

Wenn ein Wirbeltier wächst, differenzieren sich diese Bläschen weiter. Das Telenzephalon differenziert sich u. a. in das Striatum, den Hippocampus und den Neocortex, und sein Hohlraum wird zum ersten und zweiten Ventrikel. Das Zwischenhirn differenziert sich in den Subthalamus, den Hypothalamus, den Thalamus und den Epithalamus, und sein Hohlraum bildet den dritten Ventrikel. Aus dem Mesencephalon entwickeln sich das Tectum, das Pretectum, der Pedunculus cerebri und andere Strukturen, und seine Höhle wächst zum Ductus mesencephalicus (Hirnwasserleitung). Aus dem Mittelhirn entstehen u. a. die Pons und das Kleinhirn, aus dem Mittelhirn die Medulla oblongata, und aus ihren Hohlräumen der vierte Ventrikel.

ZNS Gehirn Prosencephalon Telenzephalon

Rhinencephalon, Amygdala, Hippocampus, Neokortex, Basalganglien, Seitenventrikel

Zwischenhirn

Epithalamus, Thalamus, Hypothalamus, Subthalamus, Hirnanhangsdrüse, Zirbeldrüse, dritter Ventrikel

Hirnstamm Mesencephalon

Tektum, Zerebralstiel, Prätektum, Gang des Mittelhirns

Rhombencephalon Mittelhirn

Pons, Kleinhirn

Myelencephalon Längliche Medulla
Rückenmark

Entwicklung

Lancelets or amphioxus are regarded as similar to the archetypal vertebrate form, and possess to true brain.
A neuron of the CNS, myelinated by an oligodendrocyte
Traditional spindle diagram of the evolution of the vertebrates at class level.
Oben: der Lanzettfisch, der als Ur-Wirbeltier gilt, dem ein echtes Gehirn fehlt. Mitte: ein frühes Wirbeltier. Unten: Spindeldiagramm der Evolution der Wirbeltiere.

Planarien

Die zum Stamm der Plattwürmer (Platyhelminthes) gehörenden Planarien weisen die einfachste, klar definierte Unterteilung eines Nervensystems in ein ZNS und ein PNS auf. Ihre primitiven Gehirne, die aus zwei verschmolzenen vorderen Ganglien bestehen, und die Längsnervenstränge bilden das ZNS. Wie Wirbeltiere haben sie ein getrenntes ZNS und PNS. Die seitlich vom ZNS abgehenden Nerven bilden ihr PNS.

Eine molekulare Studie ergab, dass mehr als 95 % der 116 Gene, die am Nervensystem der Planarien beteiligt sind, darunter auch Gene, die mit dem ZNS zusammenhängen, auch beim Menschen vorhanden sind.

Gliederfüßer

Bei den Gliederfüßern bilden der ventrale Nervenstrang, die subösophagealen Ganglien und die supösophagealen Ganglien in der Regel das ZNS. Im Gegensatz zu den Wirbeltieren haben Gliederfüßer aufgrund ihrer geringen Größe hemmende Motoneuronen.

Chordata

Das ZNS der Chordatiere unterscheidet sich von dem anderer Tiere dadurch, dass es dorsal im Körper, oberhalb des Darms und des Notochords/der Wirbelsäule angeordnet ist. Das Grundmuster des ZNS ist bei den verschiedenen Wirbeltierarten und im Laufe der Evolution weitgehend erhalten geblieben. Der Haupttrend, der zu beobachten ist, ist die fortschreitende Telenzephalisierung: Bei Reptilien ist das Telenzephalon nur ein Anhängsel des großen Riechkolbens, während es bei Säugetieren den größten Teil des ZNS ausmacht. Im menschlichen Gehirn bedeckt das Telenzephalon den größten Teil des Zwischenhirns und des Mittelhirns. Die allometrische Untersuchung der Gehirngröße bei den verschiedenen Arten zeigt eine bemerkenswerte Kontinuität von der Ratte bis zum Wal und ermöglicht es uns, das Wissen über die Entwicklung des ZNS zu vervollständigen, das wir anhand von Schädelendoklasten gewonnen haben.

Säugetiere

Säugetiere - die in den Fossilien nach den ersten Fischen, Amphibien und Reptilien auftauchen - sind die einzigen Wirbeltiere, die den evolutionär jüngsten, äußersten Teil der Großhirnrinde (Hauptteil des Telenzephalons ohne Riechkolben) besitzen, der als Neokortex bezeichnet wird. Dieser Teil des Gehirns ist bei Säugetieren am höheren Denken und an der weiteren Verarbeitung aller Sinneseindrücke in den sensorischen Rinden beteiligt (die Verarbeitung für den Geruchssinn erfolgte früher nur durch den Riechkolben, während die Verarbeitung für die Nicht-Geruchssinne nur durch das Tectum erfolgte). Dem Neokortex der Monotremen (Schnabeltier und mehrere Arten von Ameisenbären) und der Beuteltiere (wie Kängurus, Koalas, Opossums, Wombats und Tasmanische Teufel) fehlen die Falten - Gyri und Sulci -, die im Neokortex der meisten plazentalen Säugetiere (Eutherier) zu finden sind. Bei den plazentalen Säugetieren nahmen Größe und Komplexität des Neokortex im Laufe der Zeit zu. Die Fläche des Neocortex von Mäusen beträgt nur etwa 1/100 derjenigen von Affen, und die von Affen ist nur etwa 1/10 derjenigen des Menschen. Außerdem haben Ratten keine Falten im Neokortex (möglicherweise auch deshalb, weil Ratten kleine Säugetiere sind), während Katzen einen mäßigen Grad an Falten aufweisen und Menschen recht umfangreiche Falten haben. Eine extreme Faltung des Neokortex findet sich bei Delfinen, was möglicherweise mit ihrer komplexen Echoortung zusammenhängt.

Klinische Bedeutung

Krankheiten

Es gibt viele ZNS-Krankheiten und -Zustände, darunter Infektionen wie Enzephalitis und Poliomyelitis, früh auftretende neurologische Störungen wie ADHS und Autismus, spät auftretende neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson und essentieller Tremor, Autoimmun- und Entzündungskrankheiten wie Multiple Sklerose und akute disseminierte Enzephalomyelitis, genetische Erkrankungen wie die Krabbe-Krankheit und die Huntington-Krankheit sowie amyotrophe Lateralsklerose und Adrenoleukodystrophie. Schließlich können Krebserkrankungen des Zentralnervensystems schwere Krankheiten verursachen und, wenn sie bösartig sind, eine sehr hohe Sterblichkeitsrate haben. Die Symptome hängen von der Größe, der Wachstumsrate, der Lokalisation und der Bösartigkeit des Tumors ab und können Veränderungen der motorischen Kontrolle, Hörverlust, Kopfschmerzen sowie Veränderungen der kognitiven Fähigkeiten und der autonomen Funktionen umfassen.

Fachverbände empfehlen, neurologische Bildgebung des Gehirns nur zur Beantwortung einer spezifischen klinischen Frage und nicht als Routineuntersuchung durchzuführen.

Funktionen

Das ZNS erfüllt in einem komplexeren Lebewesen verschiedene Aufgaben:

  • Integration aller Reize, die ihm von innerhalb oder außerhalb des Organismus zugeleitet werden,
  • Koordination sämtlicher motorischer Eigenleistungen des Gesamtorganismus,
  • Regulation dabei ablaufender Abstimmungsvorgänge zwischen den organismischen Subsystemen oder Organen, einschließlich solcher humoraler und insbesondere hormoneller Art.

Alle komplexeren, sich als Ganzes bewegenden Lebewesen benötigen ein System mit diesen Funktionen. Es als Steuerungssystem anzusehen, liegt nahe, ist aber nicht korrekt. Im eigentlichen Sinn steuert das ZNS nicht. Es trägt infolge seiner zentralen Stellung neben der innerorganismischen Selbstregulation automatisch auch zur Aufrechterhaltung der Funktionalität des Gesamtorganismus in Relation zu organismisch relevanten Bedingungen in seiner Umgebung oder Umwelt bei.

Das ZNS „vermittelt“ dabei stets nach zwei Seiten: Als zentrales Integrations-, Koordinations- und Regulationsorgan dient es nicht nur zur Verarbeitung von Reizen, die über die vom jeweiligen Organismus ausgebildeten Sinnesorgane von außerhalb des Organismus ins ZNS gelangen, sondern auch von jenen, die im Organismus selbst produziert werden. Tiere werden daher nicht nur von Umweltbedingungen zu Reaktionen angeregt. Sie werden auch von sich aus aktiv. Dies kann sogar während des Ruhens oder Schlafens vorkommen und zwar dann, wenn eigenproduzierte Reize größere Intensität erreichen; beim Menschen ist dies etwa bei intensiveren Träumen der Fall. Diese gehen teilweise mit starker Beeinflussung der auch im Schlaf unablässig regulierten autonom-vegetativen Bereiche des Organismus einher wie etwa Herzschlag oder Schweißbildung, Harndrang oder Darmaktivität, so dass stärkere (Mit)Reaktionen dieser Art ihrerseits als Weckreize wirken und einen Schläfer „aufgeregt“ erwachen lassen können.

ZNS anderer Tiere

Die dorsalen, zentralnervösen Strukturen der Wirbeltiere könnten den ventralen Strukturen der Strickleiternervensysteme von Insekten homolog sein. Eine derartige Hypothese wurde schon 1875 von Felix Anton Dohrn formuliert, der vermutete, dass beide sich auf das Nervengeflecht eines ringelwurmartigen Vorfahren zurückführen lassen.

Erkrankungen

Erkrankungen des Zentralnervensystems wie etwa Infektionen (z. B. Meningitis, Empyem, Abszess, Enzephalitis, Poliomyelitis, Tollwut, Botulismus, Tetanus und Listeriose) zählen zu den neurologischen Erkrankungen. Zudem existieren im Zusammenhang mit dem Blutkreislauf stehende Erkrankungen wie Schädigungen durch Arteriosklerose, Schlaganfall, Blutungen (Gehirnblutung, Epiduralblutung, Subduralblutung, Subarachnoidalblutung), Aneurysmen der Gehirnarterien, Sinusthrombosen und Venenthrombosen. Traumatisch bedingte ZNS-Verletzungen sind neben Blutungen die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) bzw. Gehirnprellung (Contusio cerebri) sowie im Bereich des Rückenmarks die Commotio und Contusio spinalis. Weitere Schädigungen des Zentralnervensystems sind Missbildungen des Gehirns (wie Anenzephalie, Arrhinenzephalie, Mikrozephalie und Enzephalozele) und des Rückenmarks (wie Meningozele und Myelozele).