Bolivien

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Koordinaten: 16°42′43″S 64°39′58″W / 16.712°S 64.666°W

Plurinationaler Staat Bolivien
  • Estado Plurinacional de Bolivia (Spanisch)
  • Tetã Hetãvoregua Mborivia (Guarani)
  • Wuliwya Walja Suyunakana Marka (Aymara)
  • Puliwya Achka Aylluska Mamallaqta (Quechua)
Staatsflagge von Bolivien
Wiphala von Qullasuyu
Flaggen
Wappen von Bolivien
Wappen
Hymne: Himno Nacional de Bolivia (Spanisch)
"Nationalhymne von Bolivien"
Lage von Bolivien (dunkelgrün) in Südamerika (grau)
Lage von Bolivien (dunkelgrün)

in Südamerika (grau)

HauptstadtLa Paz (Exekutive und Legislative)
Sucre (Verfassung und Justiz)
Größte StadtSanta Cruz de la Sierra
17°48′S 63°10′W / 17.800°S 63.167°W
Offizielle Sprachen
  • Spanisch
  • Quechua
  • Aymara
  • Guarani
  • und 33 weitere (alles indigene Sprachen)
Ethnische Gruppen
(2009)
  • 68% Mestizen (Weiße und Indigene gemischt)
  • 20% Indigene
  • 5% Weiße
  • 2% Cholo
  • 1% Schwarz
  • 1% Andere
  • 3% Nicht spezifiziert
Religion
(2018)
  • 89,3% Christentum
  • 70,1% römisch-katholisch
  • -17,3% Protestantisch
  • -1,9% Sonstige Christen
  • 10,1% Keine Religion
  • 0,6% Andere
Demonym(e)Bolivianisch
RegierungEinheitliche Präsidialrepublik
- Präsident
Luis Arce
- Vizepräsident
David Choquehuanca
LegislativePlurinationale Legislative Versammlung
- Oberhaus
Kammer der Senatoren
- Unterhaus
Abgeordnetenkammer
Unabhängigkeit 
von Spanien
- Erklärt
6. August 1825
- Anerkannt
21. Juli 1847
- Beitritt zu den Vereinten Nationen
14. November 1945
- Aktuelle Verfassung
7. Februar 2009
Gebiet
- Gesamt
1.098.581 km2 (424.164 sq mi) (27.)
- Wasser (%)
1.29
Einwohnerzahl
- Schätzung 2019
11.428.245 (83.)
- Dichte
10,4/km2 (26,9/qm) (224.)
BIP (PPP)Schätzung für 2019
- Gesamt
89,018 Milliarden Dollar (88.)
- Pro-Kopf
7.790 $ (123.)
BIP (nominal)Schätzung für 2019
- Gesamt
40,687 Mrd. $ (90.)
- Pro-Kopf
3.823 $ (117.)
Gini (2019)Positive decrease 41.6
mittel
HDI (2019)Increase 0.718
hoch - 107.
WährungBoliviano (BOB)
ZeitzoneUTC-4 (BOT)
Format des Datumstt/mm/jjjj
Fahrseiterechts
Aufrufender Code+591
ISO-3166-CodeBO
Internet TLD.bo
  1. ^ Während Sucre die verfassungsmäßige Hauptstadt ist, ist La Paz der Regierungssitz und die Hauptstadt der Exekutive. Siehe unten.

Bolivien, offiziell der Plurinationale Staat Bolivien, ist ein Land im westlichen und zentralen Südamerika. Der Regierungssitz und die Hauptstadt der Exekutive ist La Paz, während die verfassungsmäßige Hauptstadt Sucre ist. Die größte Stadt und das wichtigste Industriezentrum ist Santa Cruz de la Sierra, das in den Llanos Orientales (tropisches Tiefland) liegt, einer überwiegend flachen Region im Osten des Landes.

Der souveräne Staat Bolivien ist ein verfassungsmäßig einheitlicher Staat, der in neun Departements unterteilt ist. Seine Geographie reicht von den Gipfeln der Anden im Westen bis zum östlichen Tiefland, das im Amazonasbecken liegt. Es grenzt im Norden und Osten an Brasilien, im Südosten an Paraguay, im Süden an Argentinien, im Südwesten an Chile und im Nordwesten an Peru. Ein Drittel des Landes liegt innerhalb des Andengebirges. Mit einer Fläche von 1.098.581 km2 ist Bolivien das fünftgrößte Land Südamerikas nach Brasilien, Argentinien, Peru und Kolumbien (und neben Paraguay eines der beiden einzigen Binnenländer Amerikas), das 27. größte Land der Welt, das größte Binnenland der südlichen Hemisphäre und das siebtgrößte Binnenland der Welt nach Kasachstan, der Mongolei, dem Tschad, Niger, Mali und Äthiopien.

Die Bevölkerung des Landes, die auf 11 Millionen geschätzt wird, ist multiethnisch und besteht aus Amerikanern, Mestizen, Europäern, Asiaten und Afrikanern. Spanisch ist die offizielle und vorherrschende Sprache, obwohl auch 36 indigene Sprachen offiziellen Status haben, von denen Guarani, Aymara und Quechua die am häufigsten gesprochenen Sprachen sind.

Vor der spanischen Kolonisierung war die Andenregion Boliviens Teil des Inkareichs, während das nördliche und östliche Tiefland von unabhängigen Stämmen bewohnt wurde. Im 16. Jahrhundert übernahmen spanische Konquistadoren aus Cusco und Asunción die Kontrolle über die Region. Während der spanischen Kolonialzeit wurde Bolivien von der Real Audiencia de Charcas verwaltet. Spanien baute sein Imperium zu einem großen Teil auf dem Silber auf, das in den bolivianischen Minen abgebaut wurde. Nach dem ersten Aufruf zur Unabhängigkeit im Jahr 1809 folgten 16 Jahre Krieg, bevor die nach Simón Bolívar benannte Republik gegründet wurde. Im Laufe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts verlor Bolivien die Kontrolle über mehrere Gebiete in Randlage an Nachbarländer, darunter die Beschlagnahmung seiner Küstenlinie durch Chile im Jahr 1879. Bolivien blieb politisch relativ stabil bis 1971, als Hugo Banzer einen von der CIA unterstützten Staatsstreich anführte, der die sozialistische Regierung von Juan José Torres durch eine Militärdiktatur unter Banzers Führung ersetzte. Banzers Regime ging hart gegen linke und sozialistische Opposition und andere Formen des Dissenses vor, was zur Folterung und zum Tod einer Reihe bolivianischer Bürger führte. Banzer wurde 1978 gestürzt und kehrte später als demokratisch gewählter Präsident Boliviens von 1997 bis 2001 zurück. Unter der Präsidentschaft von Evo Morales (2006-2019) erlebte das Land ein bedeutendes Wirtschaftswachstum und politische Stabilität.

Das heutige Bolivien ist Gründungsmitglied der UN, des IWF, der NAM, der OAS, der ACTO, der Bank des Südens, der ALBA und der USAN. Bolivien ist nach wie vor das zweitärmste Land Südamerikas, obwohl es die Armutsrate gesenkt hat und die am schnellsten wachsende Wirtschaft Südamerikas (gemessen am BIP) aufweist. Es ist ein Entwicklungsland, das im Index für menschliche Entwicklung einen hohen Rang einnimmt. Zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen gehören die Land- und Forstwirtschaft, die Fischerei, der Bergbau und die Herstellung von Gütern wie Textilien, Kleidung, veredelte Metalle und raffiniertes Erdöl. Bolivien ist sehr reich an Mineralien, darunter Zinn, Silber, Lithium und Kupfer.

Estado Plurinacional de Bolivia
Plurinationaler Staat Bolivien
Flag of Bolivia.svg
Coat of arms of Bolivia.svg
Flagge Wappen
Wahlspruch: La unión es la fuerza
(spanisch für Die Einheit ist die Stärke)
Amtssprache Spanisch, Quechua, Aimara, Guaraní
Hauptstadt Sucre
Regierungssitz La Paz
Staats- und Regierungsform präsidentielle Republik
Staatsoberhaupt, zugleich Regierungschef Präsident Luis Arce
Fläche 1.098.581 km²
Einwohnerzahl 11,7 Millionen (80.) (2020; Schätzung)
Bevölkerungsdichte 10 Einwohner pro km²
Bevölkerungs­entwicklung + 1,4 % (Schätzung für das Jahr 2021)
Bruttoinlandsprodukt
  • Total (nominal)
  • Total (KKP)
  • BIP/Einw. (nom.)
  • BIP/Einw. (KKP)
2020
  • 37 Milliarden USD (93.)
  • 97 Milliarden USD (88.)
  • 3.168 USD (126.)
  • 8.305 USD (123.)
Index der menschlichen Entwicklung 0,718 (107.) (2019)
Währung Boliviano (BOB)
Unabhängigkeit 6. August 1825 (von Spanien)
National­hymne Bolivianos, el hado propicio
Nationalfeiertag 6. August
Zeitzone UTC−4
Kfz-Kennzeichen BOL
ISO 3166 BO, BOL, 068
Internet-TLD .bo
Telefonvorwahl +591
AntarktikaBolivienEcuadorPanamaGuyanaSurinameKolumbienGuatemalaBelizeMexikoJamaikaHaitiBahamasNicaraguaVereinigtes Königreich (Bermuda)IrlandFrankreichSpanienPortugalLibyenGuineaGuinea-BissauNigerBeninÄquatorialguineaNamibiaBotswanaSambiaFrankreich (Französisch-Guayana)Vereinigtes Königreich (Falklandinseln)Bolivia on the globe (South America centered).svg
Über dieses Bild
Bolivien (Bolivien)
La Paz
Sucre
Santa Cruz
El Alto
Cochabamba
Oruro
Tarija
Potosí
Trinidad
 Sacaba
Quillacollo
Montero
Riberalta
Cobija
Sajama
ARGENTINIEN
PARAGUAY
BRASILIEN
PERU
CHILE
PAZIFIK
Poopó-See
Wüste am Salar de Uyuni mit Lamas

Das Land zeichnet sich besonders durch seine kulturelle und ethnische Vielfalt aus, welche im Namen Plurinationaler Staat zum Ausdruck kommt. Die Verfassung erkennt offiziell 36 verschiedene Ethnien und deren eigene Sprachen an.

Trotz hoher wirtschaftlicher Wachstumsraten von durchschnittlich 4,5 % zwischen 2006 und 2019 gilt Bolivien noch immer als eins der ärmsten Länder Lateinamerikas.

Etymologie

Bolivien ist nach Simón Bolívar benannt, einem venezolanischen Anführer in den spanisch-amerikanischen Unabhängigkeitskriegen. Der venezolanische Staatschef Antonio José de Sucre wurde von Bolívar vor die Wahl gestellt, entweder Charcas (das heutige Bolivien) mit der neu gegründeten Republik Peru zu vereinen, sich mit den Vereinigten Provinzen des Río de la Plata zu vereinigen oder offiziell seine Unabhängigkeit von Spanien als völlig eigenständiger Staat zu erklären. Sucre entschied sich für die Gründung eines ganz neuen Staates und benannte ihn am 6. August 1825 mit Unterstützung der Bevölkerung zu Ehren von Simón Bolívar.

Der ursprüngliche Name lautete Republik Bolívar. Einige Tage später schlug der Kongressabgeordnete Manuel Martín Cruz vor: "Wenn von Romulus, Rom, dann von Bolívar, Bolivien" (spanisch: Si de Rómulo, Roma; de Bolívar, Bolivia). Der Name wurde am 3. Oktober 1825 von der Republik angenommen. Im Jahr 2009 wurde der offizielle Name des Landes durch eine neue Verfassung in Plurinationaler Staat Bolivien" geändert, um dem multiethnischen Charakter des Landes und den gestärkten Rechten der indigenen Völker Boliviens in der neuen Verfassung Rechnung zu tragen.

Geschichte

Vorkoloniale Geschichte

Puerta del Sol, Archäologische Zone von Tiwanaku, Bolivien
Fuerte Chané de Samaipata
Tiwanaku in seiner größten territorialen Ausdehnung, 950 n. Chr. (die heutigen Grenzen sind eingezeichnet).

Die Region, die heute als Bolivien bekannt ist, war bereits seit über 2 500 Jahren besiedelt, als die Aymara ankamen. Die heutigen Aymara verbinden sich jedoch mit der alten Zivilisation des Tiwanaku-Reiches, das seine Hauptstadt in Tiwanaku im Westen Boliviens hatte. Die Hauptstadt Tiwanaku geht auf das Jahr 1500 v. Chr. zurück, als sie noch ein kleines, landwirtschaftlich geprägtes Dorf war.

Die Aymara-Gemeinschaft wuchs zwischen 600 und 800 n. Chr. zu einer Stadt heran und wurde zu einer wichtigen regionalen Macht in den südlichen Anden. Frühen Schätzungen zufolge umfasste die Stadt in ihrer größten Ausdehnung etwa 6,5 Quadratkilometer und hatte zwischen 15.000 und 30.000 Einwohner. Im Jahr 1996 wurde mit Hilfe von Satellitenbildern das Ausmaß der versteinerten suka kollus (überschwemmte Hügelfelder) in den drei Haupttälern von Tiwanaku kartiert, und man kam zu einer geschätzten Bevölkerungszahl zwischen 285.000 und 1.482.000 Menschen.

Um 400 n. Chr. wandelte sich Tiwanaku von einer lokal dominierenden Kraft zu einem Raubtierstaat. Tiwanaku dehnte sein Gebiet auf die Yungas aus und brachte seine Kultur und Lebensweise in viele andere Kulturen in Peru, Bolivien und Chile ein. Tiwanaku war in vielerlei Hinsicht keine gewalttätige Kultur. Um seinen Einflussbereich zu erweitern, bewies Tiwanaku großes politisches Geschick, gründete Kolonien, förderte Handelsabkommen (was die anderen Kulturen ziemlich abhängig machte) und führte Staatskulte ein.

Das Reich wuchs weiter und ein Ende war nicht in Sicht. William H. Isbell stellt fest, dass Tiahuanaco zwischen 600 und 700 n. Chr. eine dramatische Umgestaltung erfuhr, die neue monumentale Maßstäbe für die Stadtarchitektur setzte und die Einwohnerzahl stark ansteigen ließ. Tiwanaku absorbierte weiterhin Kulturen, anstatt sie auszulöschen. Archäologen stellen eine dramatische Übernahme von Tiwanaku-Keramik durch die Kulturen fest, die Teil des Tiwanaku-Reiches wurden. Die Macht Tiwanakus wurde durch den Handel zwischen den Städten des Reiches weiter gefestigt.

Die Eliten von Tiwanaku erlangten ihren Status durch die überschüssigen Nahrungsmittel, die sie kontrollierten, in den abgelegenen Regionen sammelten und dann an die Bevölkerung verteilten. Darüber hinaus wurde die Kontrolle der Lama-Herden durch die Elite zu einem mächtigen Kontrollmechanismus, da Lamas für den Transport von Waren zwischen dem Stadtzentrum und der Peripherie unerlässlich waren. Diese Herden wurden auch zum Symbol für die Klassenunterschiede zwischen den einfachen Leuten und den Eliten. Durch diese Kontrolle und Manipulation der überschüssigen Ressourcen wuchs die Macht der Elite bis etwa 950 n. Chr. weiter an. Zu dieser Zeit kam es zu einer dramatischen Veränderung des Klimas, die zu einem erheblichen Rückgang der Niederschläge im Titicaca-Becken führte, der nach Ansicht von Archäologen das Ausmaß einer großen Dürre hatte.

Als die Niederschläge zurückgingen, begannen viele der weiter vom Titicacasee entfernten Städte, den Eliten weniger Lebensmittel zu liefern. In dem Maße, wie der Überschuss an Nahrungsmitteln und damit die Menge, die zur Untermauerung ihrer Macht zur Verfügung stand, abnahm, geriet die Kontrolle der Eliten ins Wanken. Die Hauptstadt wurde zum letzten Ort, der für die Nahrungsmittelproduktion in Frage kam, da die Methode des Ackerbaus sehr widerstandsfähig war. Tiwanaku verschwand um 1000 n. Chr., weil die Nahrungsmittelproduktion, die Hauptquelle der Macht der Eliten, versiegte. Danach blieb das Gebiet für Jahrhunderte unbewohnt.

Die Expansion der Inka (1438-1533)

Zwischen 1438 und 1527 expandierte das Inka-Reich von seiner Hauptstadt Cusco in Peru aus. Es erlangte die Kontrolle über einen großen Teil des heutigen Bolivien und dehnte sein Herrschaftsgebiet auf die Randgebiete des Amazonasbeckens aus.

Kolonialzeit

Casa de La Moneda, Potosí

Die spanische Eroberung des Inkareichs begann 1524 und war bis 1533 weitgehend abgeschlossen. Das Gebiet, das heute Bolivien heißt, war als Charcas bekannt und unterstand dem Vizekönig von Lima. Die lokale Regierung wurde von der Audiencia de Charcas in Chuquisaca (La Plata - das heutige Sucre) gestellt. Die 1545 als Bergbaustadt gegründete Stadt Potosí erlangte bald sagenhaften Reichtum und wurde mit über 150.000 Einwohnern die größte Stadt der Neuen Welt.

Im späten 16. Jahrhundert war das bolivianische Silber eine wichtige Einnahmequelle für das spanische Reich. Ein ständiger Strom von Eingeborenen diente als Arbeitskräfte unter den brutalen, sklavenähnlichen Bedingungen der spanischen Version des präkolumbianischen Wehrdienstsystems, der Mita. Charcas wurde 1776 dem Vizekönigreich Río de la Plata unterstellt, und die Einwohner von Buenos Aires, der Hauptstadt des Vizekönigreichs, prägten den Begriff "Oberperu" (spanisch: Alto Perú) als volkstümliche Bezeichnung für die königliche Audiencia von Charcas. Túpac Katari führte den Aufstand der Eingeborenen an, der im März 1781 zur Belagerung von La Paz führte und bei dem 20.000 Menschen starben. Als die königliche Autorität Spaniens während der napoleonischen Kriege geschwächt wurde, wuchs die Stimmung gegen die Kolonialherrschaft.

Unabhängigkeit und nachfolgende Kriege

Casa de La Libertad, Sucre
Banco Central de Bolivia, Sucre

Der Kampf um die Unabhängigkeit begann am 25. Mai 1809 in der Stadt Sucre, und die Chuquisaca-Revolution (Chuquisaca war damals der Name der Stadt) gilt als der erste Schrei nach Freiheit in Lateinamerika. Auf diese Revolution folgte die Revolution von La Paz am 16. Juli 1809. Die La-Paz-Revolution bedeutete eine vollständige Abspaltung von der spanischen Regierung, während die Chuquisaca-Revolution eine lokale unabhängige Junta im Namen des von Napoleon Bonaparte abgesetzten spanischen Königs einsetzte. Beide Revolutionen waren nur von kurzer Dauer und wurden von den spanischen Behörden im Vizekönigreich Río de la Plata niedergeschlagen, doch im folgenden Jahr wüteten die spanisch-amerikanischen Unabhängigkeitskriege auf dem gesamten Kontinent.

Bolivien wurde im Laufe des Krieges mehrmals von Royalisten und Patrioten erobert und zurückerobert. Buenos Aires entsandte drei Militärkampagnen, die allesamt besiegt wurden, und beschränkte sich schließlich auf den Schutz der Landesgrenzen bei Salta. Bolivien wurde schließlich von Marschall Antonio José de Sucre von der Herrschaft der Royalisten befreit, und zwar mit einer Militärkampagne aus dem Norden zur Unterstützung der Kampagne von Simón Bolívar. Nach 16 Jahren Krieg wurde am 6. August 1825 die Republik proklamiert.

Das erste Wappen Boliviens, das früher zu Ehren von Simón Bolívar Republik Bolívar genannt wurde

1836 marschierte Bolivien unter der Führung von Marschall Andrés de Santa Cruz in Peru ein, um den abgesetzten Präsidenten General Luis José de Orbegoso wieder einzusetzen. Peru und Bolivien bildeten die peruanisch-bolivianische Konföderation, mit de Santa Cruz als oberstem Protektor. Nach Spannungen zwischen der Konföderation und Chile erklärte Chile am 28. Dezember 1836 den Krieg. Argentinien erklärte der Konföderation am 9. Mai 1837 ebenfalls den Krieg. Die peruanisch-bolivianischen Streitkräfte errangen während des Konföderationskriegs mehrere wichtige Siege: die Niederlage der argentinischen Expedition und die Niederlage der ersten chilenischen Expedition auf den Feldern von Paucarpata nahe der Stadt Arequipa. Die chilenische Armee und die mit ihr verbündeten peruanischen Rebellen kapitulierten bedingungslos und unterzeichneten den Vertrag von Paucarpata. Der Vertrag sah den Rückzug Chiles aus Peru-Bolivien, die Rückgabe der von der Konföderation erbeuteten Schiffe, die Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen und die Begleichung der peruanischen Schulden durch die Konföderation an Chile vor. Die chilenische Regierung und die Öffentlichkeit lehnten den Friedensvertrag jedoch ab. Chile organisierte einen zweiten Angriff auf die Konföderation und besiegte sie in der Schlacht von Yungay. Nach dieser Niederlage trat Santa Cruz zurück und ging erst nach Ecuador und dann nach Paris ins Exil, und die peruanisch-bolivianische Konföderation wurde aufgelöst.

Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Perus marschierte der peruanische Präsident, General Agustín Gamarra, in Bolivien ein. Am 18. November 1841 fand die Schlacht von Ingavi statt, in der die bolivianische Armee die peruanischen Truppen von Gamarra (der in der Schlacht fiel) besiegte. Nach diesem Sieg griff Bolivien Perú an mehreren Fronten an. Die Vertreibung der bolivianischen Truppen aus dem Süden Perus sollte durch die größere Verfügbarkeit materieller und personeller Ressourcen Perus erreicht werden; die bolivianische Armee verfügte nicht über genügend Truppen, um eine Besetzung aufrechtzuerhalten. Im Bezirk Locumba - Tacna besiegte eine Kolonne von peruanischen Soldaten und Bauern ein bolivianisches Regiment in der so genannten Schlacht von Los Altos de Chipe (Locumba). Im Bezirk Sama und in Arica organisierte der peruanische Oberst José María Lavayén eine Truppe, der es gelang, die bolivianischen Truppen von Oberst Rodríguez Magariños zu besiegen und den Hafen von Arica zu bedrohen. In der Schlacht von Tarapacá am 7. Januar 1842 besiegten peruanische Milizen unter dem Kommandeur Juan Buendía ein Kommando unter der Führung des bolivianischen Oberst José María García, der bei der Konfrontation starb. Die bolivianischen Truppen verließen Tacna, Arica und Tarapacá im Februar 1842 und zogen sich nach Moquegua und Puno zurück. Die Schlachten von Motoni und Orurillo erzwangen den Rückzug der bolivianischen Truppen, die peruanisches Gebiet besetzten, und setzten Bolivien der Gefahr einer Gegeninvasion aus. Der Vertrag von Puno wurde am 7. Juni 1842 unterzeichnet und beendete den Krieg. Die Spannungen zwischen Lima und La Paz hielten jedoch bis 1847 an, als ein Friedens- und Handelsvertrag unterzeichnet wurde.

Die Einwohnerzahl der drei wichtigsten Städte wurde 1843 auf 300.000 in La Paz, 250.000 in Cochabamba und 200.000 in Potosi geschätzt.

Eine Zeit der politischen und wirtschaftlichen Instabilität Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts schwächte Bolivien. Darüber hinaus besetzte Chile während des Pazifikkriegs (1879-83) große Gebiete im Südwesten Boliviens, die reich an Bodenschätzen waren, darunter auch die bolivianische Küste. Chile übernahm die Kontrolle über das heutige Chuquicamata-Gebiet, die angrenzenden reichen Salitre-Felder (Salpeter) und den Hafen von Antofagasta sowie andere bolivianische Gebiete.

Seit der Unabhängigkeit hat Bolivien mehr als die Hälfte seines Territoriums an die Nachbarländer verloren. Auf diplomatischem Wege verlor Bolivien 1909 das Becken des Flusses Madre de Dios und das Gebiet des Purus im Amazonasgebiet mit einer Fläche von 250.000 km2 an Peru. Es verlor auch den Staat Acre im Acre-Krieg, der wichtig war, weil diese Region für ihre Kautschukproduktion bekannt war. Bauern und die bolivianische Armee kämpften kurz, aber nach einigen Siegen und angesichts der Aussicht auf einen totalen Krieg gegen Brasilien war Bolivien gezwungen, 1903 den Vertrag von Petrópolis zu unterzeichnen, in dem es dieses reiche Gebiet verlor. Der volkstümliche Mythos besagt, dass der bolivianische Präsident Mariano Melgarejo (1864-71) das Land gegen ein, wie er es nannte, "prächtiges weißes Pferd" eintauschte, woraufhin Acre von Brasilianern überschwemmt wurde, was schließlich zur Konfrontation und zur Angst vor einem Krieg mit Brasilien führte.

Im späten 19. Jahrhundert brachte ein Anstieg des Weltmarktpreises für Silber Bolivien relativen Wohlstand und politische Stabilität.

Anfang des 20. Jahrhunderts

Boliviens territoriale Verluste (1867-1938)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts löste das Zinn das Silber als wichtigste Reichtumsquelle des Landes ab. In den ersten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts verfolgte eine Reihe von Regierungen, die von der wirtschaftlichen und sozialen Elite kontrolliert wurden, eine kapitalistische Laissez-faire-Politik.

Die Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung, die den größten Teil der Bevölkerung ausmacht, blieben beklagenswert. Ihre Arbeitsmöglichkeiten beschränkten sich auf primitive Bedingungen in den Minen und auf Großgrundbesitz mit fast feudalem Status, und sie hatten keinen Zugang zu Bildung, wirtschaftlichen Möglichkeiten und politischer Beteiligung. Die Niederlage Boliviens gegen Paraguay im Chaco-Krieg (1932-35), bei dem Bolivien einen großen Teil der umstrittenen Region Gran Chaco verlor, markierte einen Wendepunkt.

Am 7. April 1943 trat Bolivien auf der Seite der Alliierten in den Zweiten Weltkrieg ein, was Präsident Enrique Peñaranda dazu veranlasste, den Achsenmächten Deutschland, Italien und Japan den Krieg zu erklären.

Die Revolutionäre Nationalistische Bewegung (MNR), die geschichtsträchtigste politische Partei, entwickelte sich zu einer Partei mit breiter Basis. Nachdem ihr der Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 1951 verwehrt wurde, führte die MNR 1952 eine erfolgreiche Revolution an. Unter Präsident Víctor Paz Estenssoro führte die MNR unter starkem Druck der Bevölkerung das allgemeine Wahlrecht in ihr politisches Programm ein und führte eine umfassende Landreform durch, die die ländliche Bildung und die Verstaatlichung der größten Zinnminen des Landes förderte.

Ende des 20. Jahrhunderts

1971 wurde Präsident Torres von Hugo Banzer Suárez mit Unterstützung der CIA durch einen Staatsstreich gewaltsam abgesetzt.

Zwölf Jahre stürmischer Herrschaft ließen die MNR gespalten zurück. Im Jahr 1964 stürzte eine Militärjunta Präsident Estenssoro zu Beginn seiner dritten Amtszeit. Der Tod von Präsident René Barrientos Ortuño 1969, einem ehemaligen Mitglied der Junta, der 1966 zum Präsidenten gewählt worden war, führte zu einer Reihe von schwachen Regierungen. Beunruhigt durch den Aufstieg der Volksversammlung und die wachsende Popularität von Präsident Juan José Torres setzten das Militär, die MNR und andere 1971 Oberst (später General) Hugo Banzer Suárez als Präsidenten ein. Er kehrte von 1997 bis 2001 ins Präsidentenamt zurück. Juan José Torres, der aus Bolivien geflohen war, wurde 1976 im Rahmen der Operation Condor, einer von den USA unterstützten Kampagne zur politischen Unterdrückung durch rechtsgerichtete Diktatoren in Südamerika, entführt und ermordet.

Die Central Intelligence Agency (CIA) der Vereinigten Staaten finanzierte und trainierte die bolivianische Militärdiktatur in den 1960er Jahren. Der Revolutionsführer Che Guevara wurde am 9. Oktober 1967 in Bolivien von einem Team aus CIA-Offizieren und Mitgliedern der bolivianischen Armee getötet. Félix Rodríguez gehörte als CIA-Offizier zu dem Team der bolivianischen Armee, das Guevara gefangen nahm und erschoss. Rodriguez sagte, dass er, nachdem er einen Hinrichtungsbefehl des bolivianischen Präsidenten erhalten hatte, dem Soldaten, der den Abzug drückte, sagte, er solle vorsichtig zielen, um mit der Geschichte der bolivianischen Regierung übereinzustimmen, dass Che während eines Zusammenstoßes mit der bolivianischen Armee im Kampf getötet worden sei. Rodriguez sagte, die US-Regierung habe Che in Panama haben wollen, und "ich hätte versuchen können, den Befehl an die Truppen zu fälschen und Che nach Panama zu bringen, wie es die US-Regierung wollte", aber er habe sich dafür entschieden, "der Geschichte ihren Lauf zu lassen", wie von Bolivien gewünscht.

Die Wahlen von 1979 und 1981 verliefen ergebnislos und waren von Betrug geprägt. Es kam zu Staatsstreichen, Gegenputschen und geschäftsführenden Regierungen. Im Jahr 1980 führte General Luis García Meza Tejada einen rücksichtslosen und gewaltsamen Staatsstreich durch, der nicht von der Bevölkerung unterstützt wurde. Er beschwichtigte die Bevölkerung, indem er versprach, nur ein Jahr an der Macht zu bleiben. Am Ende des Jahres veranstaltete er eine im Fernsehen übertragene Kundgebung, um sich der Unterstützung des Volkes zu versichern, und verkündete: "Bueno, me quedo" oder "In Ordnung, ich bleibe [im Amt]". Nachdem Meza 1981 durch eine Militärrebellion abgesetzt worden war, kämpften drei weitere Militärregierungen innerhalb von 14 Monaten mit den wachsenden Problemen Boliviens. Die Unruhen zwangen das Militär, den 1980 gewählten Kongress einzuberufen und ihm die Wahl eines neuen Regierungschefs zu überlassen. Im Oktober 1982 wurde Hernán Siles Zuazo erneut Präsident, 22 Jahre nach dem Ende seiner ersten Amtszeit (1956-60).

Demokratischer Übergang

1993 wurde Gonzalo Sánchez de Lozada zum Präsidenten gewählt, der sich mit der Revolutionären Befreiungsbewegung Tupac Katari verbündete, die eine indigene und multikulturelle Politik verfolgte. Sánchez de Lozada verfolgte eine aggressive wirtschaftliche und soziale Reformagenda. Die einschneidendste Reform war die Privatisierung im Rahmen des "Kapitalisierungs"-Programms, bei dem Investoren, in der Regel ausländische, im Gegenzug für vereinbarte Kapitalinvestitionen 50 % des Eigentums und die Kontrolle über das Management öffentlicher Unternehmen übernahmen. 1993 stellte Sanchez de Lozada den Plan de Todos vor, der zur Dezentralisierung der Verwaltung, zur Einführung eines interkulturellen zweisprachigen Unterrichts, zur Umsetzung der Agrargesetzgebung und zur Privatisierung staatlicher Unternehmen führte. Der Plan sah ausdrücklich vor, dass mindestens 51 % der Unternehmen im Besitz der bolivianischen Bürger sein sollten; im Rahmen des Plans wurden die meisten staatlichen Unternehmen (SOEs), jedoch nicht die Bergwerke, verkauft. Diese Privatisierung der staatlichen Unternehmen führte zu einer neoliberalen Strukturierung.

Die Reformen und die wirtschaftliche Umstrukturierung stießen bei bestimmten Teilen der Gesellschaft auf heftigen Widerstand, der von 1994 bis 1996 insbesondere in La Paz und in der Koka-Anbauregion Chapare zu häufigen und teilweise gewalttätigen Protesten führte. Die indigene Bevölkerung der Andenregion konnte von den Reformen der Regierung nicht profitieren. Während dieser Zeit war die bolivianische Gewerkschaftsdachorganisation Central Obrera Boliviana (COB) zunehmend unfähig, die Regierungspolitik wirksam in Frage zu stellen. Ein Lehrerstreik im Jahr 1995 wurde niedergeschlagen, weil die COB die Unterstützung vieler ihrer Mitglieder, einschließlich der Bau- und Fabrikarbeiter, nicht mobilisieren konnte.

1997-2002 Präsidentschaft von General Banzer

Bei den Wahlen 1997 erhielt General Hugo Banzer, Führer der Partei der Nationalistischen Demokratischen Aktion (ADN) und ehemaliger Diktator (1971-78), 22 % der Stimmen, während der Kandidat der MNR 18 % der Stimmen erhielt. Zu Beginn seiner Regierungszeit setzte Präsident Banzer spezielle Polizeieinheiten ein, um den illegalen Kokaanbau in der Region Chapare physisch auszurotten. Die MIR von Jaime Paz Zamora blieb während der gesamten Regierungszeit Banzers Koalitionspartner und unterstützte diese Politik (den so genannten Plan Dignidad). Die Regierung Banzer setzte im Wesentlichen die Politik der freien Marktwirtschaft und der Privatisierung ihrer Vorgängerin fort. Das relativ robuste Wirtschaftswachstum von Mitte der 1990er Jahre hielt bis etwa zum dritten Jahr ihrer Amtszeit an. Danach trugen regionale, globale und nationale Faktoren zu einem Rückgang des Wirtschaftswachstums bei. Finanzkrisen in Argentinien und Brasilien, niedrigere Weltmarktpreise für Exportgüter und ein Rückgang der Beschäftigung im Koka-Sektor drückten die bolivianische Wirtschaft. Außerdem nahm die Öffentlichkeit ein erhebliches Ausmaß an Korruption im öffentlichen Sektor wahr. Diese Faktoren trugen in der zweiten Hälfte von Banzers Amtszeit zu zunehmenden sozialen Protesten bei.

Zwischen Januar 1999 und April 2000 brachen in Cochabamba, der drittgrößten Stadt Boliviens, große Proteste aus, die sich gegen die Privatisierung der Wasserressourcen durch ausländische Unternehmen und die anschließende Verdoppelung der Wasserpreise richteten. Am 6. August 2001 trat Banzer von seinem Amt zurück, nachdem bei ihm Krebs diagnostiziert worden war. Er starb weniger als ein Jahr später. Vizepräsident Jorge Fernando Quiroga Ramírez beendete das letzte Jahr seiner Amtszeit.

2002-2005 Präsidentschaft Sánchez de Lozada / Mesa

Bei den nationalen Wahlen im Juni 2002 erreichte der ehemalige Präsident Gonzalo Sánchez de Lozada (MNR) mit 22,5 % der Stimmen den ersten Platz, gefolgt vom Koka-Befürworter und einheimischen Bauernführer Evo Morales (Bewegung zum Sozialismus, MAS) mit 20,9 %. Ein Abkommen zwischen dem MNR und der viertplatzierten MIR, die bei der Wahl erneut vom ehemaligen Präsidenten Jaime Paz Zamora angeführt worden war, sicherte Sánchez de Lozada in der Stichwahl des Kongresses praktisch die Wahl, und am 6. August wurde er zum zweiten Mal vereidigt. Das Programm der MNR enthielt drei übergreifende Ziele: wirtschaftliche Reaktivierung (und Schaffung von Arbeitsplätzen), Korruptionsbekämpfung und soziale Eingliederung.

Im Jahr 2003 brach der bolivianische Gaskonflikt aus. Am 12. Oktober 2003 verhängte die Regierung in El Alto das Kriegsrecht, nachdem bei gewaltsamen Zusammenstößen 16 Menschen von der Polizei erschossen und mehrere Dutzend verwundet worden waren. Vor die Wahl gestellt, entweder zurückzutreten oder noch mehr Blutvergießen anzurichten, bot Sánchez de Lozada in einem Schreiben an eine Dringlichkeitssitzung des Kongresses seinen Rücktritt an. Nachdem sein Rücktritt angenommen und sein Vizepräsident Carlos Mesa eingesetzt worden war, reiste er mit einem Linienflug in die Vereinigten Staaten ab.

Die innenpolitische Situation des Landes war für eine solche politische Aktion auf der internationalen Bühne ungünstig. Nach einem Wiederaufflammen der Gasproteste im Jahr 2005 versuchte Carlos Mesa im Januar 2005 zurückzutreten, doch sein Angebot wurde vom Kongress abgelehnt. Am 22. März 2005, nach wochenlangen neuen Straßenprotesten von Organisationen, die Mesa beschuldigten, sich den Interessen der US-Konzerne zu beugen, bot Mesa dem Kongress erneut seinen Rücktritt an, der am 10. Juni angenommen wurde. Der Oberste Richter des Obersten Gerichtshofs, Eduardo Rodríguez, wurde als Interimspräsident vereidigt und trat die Nachfolge des scheidenden Carlos Mesa an.

2005-2019 Präsidentschaft Morales

Ehemaliger Präsident, Evo Morales

Evo Morales gewann die Präsidentschaftswahlen 2005 in Bolivien mit 53,7 % der Stimmen. Am 1. Mai 2006 kündigte Morales seine Absicht an, die bolivianischen Kohlenwasserstoffvorkommen wieder zu verstaatlichen, nachdem Proteste dies gefordert hatten. In Erfüllung eines Wahlkampfversprechens eröffnete Morales am 6. August 2006 die verfassungsgebende Versammlung Boliviens, um mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu beginnen, die der indigenen Mehrheit mehr Macht geben soll.

Im August 2007 kam es in Sucre zu einem Konflikt, der als "Fall Calancha" bekannt wurde. Die Bürger der Stadt forderten, dass eine offizielle Diskussion über den Regierungssitz auf die Tagesordnung des Plenums der verfassungsgebenden Versammlung Boliviens gesetzt wird. Die Bürger von Sucre wollten Sucre zur vollständigen Hauptstadt des Landes machen und auch die Exekutive und Legislative in die Stadt zurückverlegen, doch die Regierung lehnte diese Forderung als unpraktisch ab. Bei den Auseinandersetzungen starben drei Menschen und bis zu 500 wurden verletzt. Das Ergebnis des Konflikts war die Aufnahme eines Textes in die Verfassung, der besagt, dass die Hauptstadt Boliviens offiziell Sucre ist, während die Exekutive und Legislative in La Paz verbleiben. Im Mai 2008 gehörte Evo Morales zu den Unterzeichnern des UNASUR-Verfassungsvertrags der Union Südamerikanischer Nationen.

2009 wurde eine neue Verfassung geschaffen und das Land in Plurinationaler Staat Bolivien umbenannt. Die vorherige Verfassung erlaubte keine aufeinanderfolgende Wiederwahl eines Präsidenten, die neue Verfassung hingegen erlaubte nur eine Wiederwahl, was den Streit darüber auslöste, ob Evo Morales für eine zweite Amtszeit kandidieren durfte, da er nach der letzten Verfassung gewählt worden war. Dies löste auch eine Neuwahl aus, bei der Evo Morales mit 61,36 % der Stimmen wiedergewählt wurde. Seine Partei, die Bewegung für den Sozialismus, erhielt zudem eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern des Nationalkongresses. Nachdem Evo Morales 2013 nach der neuen Verfassung wiedergewählt worden war, versuchten seine Partei und er, eine dritte Amtszeit als Präsident Boliviens zu erreichen. Die Opposition argumentierte, dass eine dritte Amtszeit verfassungswidrig sei, doch das bolivianische Verfassungsgericht entschied, dass die erste Amtszeit von Morales unter der vorherigen Verfassung nicht auf seine Amtszeit angerechnet wurde. Damit konnte Evo Morales 2014 für eine dritte Amtszeit kandidieren, und er wurde mit 64,22 % der Stimmen wiedergewählt. Am 17. Oktober 2015 übertraf Morales die Amtszeit von Andrés de Santa Cruz um neun Jahre, acht Monate und vierundzwanzig Tage und wurde damit der am längsten amtierende Präsident Boliviens. Während seiner dritten Amtszeit begann Evo Morales, eine vierte Amtszeit zu planen, und das bolivianische Verfassungsreferendum von 2016 forderte die Wähler auf, die Verfassung außer Kraft zu setzen und Evo Morales zu erlauben, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. Morales verlor das Referendum knapp, doch 2017 beantragte seine Partei beim bolivianischen Verfassungsgericht die Aufhebung der Verfassung mit der Begründung, dass die Amerikanische Menschenrechtskonvention Amtszeitbeschränkungen als Menschenrechtsverletzung einstuft. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte stellte 2018 fest, dass Amtszeitbeschränkungen keine Menschenrechtsverletzung darstellen, doch das bolivianische Verfassungsgericht entschied erneut, dass Morales die Erlaubnis hat, bei den Wahlen 2019 für eine vierte Amtszeit zu kandidieren, und diese Erlaubnis wurde nicht zurückgenommen. "[...] das höchste Gericht des Landes setzte die Verfassung außer Kraft und hob die Amtszeitbeschränkungen für alle Ämter auf. Morales kann nun für eine vierte Amtszeit im Jahr 2019 kandidieren - und für jede weitere Wahl", heißt es in einem Artikel in The Guardian von 2017.

Übergangsregierung 2019-2020

Während der Wahlen 2019 wurde die Übertragung der inoffiziellen Schnellauszählung unterbrochen; zu diesem Zeitpunkt hatte Morales einen Vorsprung von 46,86 Prozent zu Mesas 36,72, nachdem 95,63 Prozent der Stimmzettel ausgezählt worden waren. Die Transmisión de Resultados Electorales Preliminares (TREP) ist ein schnelles Auszählungsverfahren, das in Lateinamerika als Transparenzmaßnahme bei Wahlprozessen eingesetzt wird und dazu dient, am Wahltag ein vorläufiges Ergebnis zu liefern, und dessen Unterbrechung ohne weitere Erklärung bei Oppositionspolitikern und einigen Wahlbeobachtern Bestürzung hervorrief. Zwei Tage nach der Unterbrechung zeigte die offizielle Auszählung, dass Morales die 10 Punkte Vorsprung, die er brauchte, um eine Stichwahl zu vermeiden, nur knapp verfehlt hatte. Das endgültige offizielle Ergebnis lag bei 47,08 Prozent gegenüber 36,51 Prozent von Mesa und löste eine Welle von Protesten und Spannungen im Land aus.

Unter dem Vorwurf des Wahlbetrugs durch die Regierung Morales wurden breite Proteste organisiert, um die Wahl anzufechten. Am 10. November veröffentlichte die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) einen vorläufigen Bericht, in dem mehrere Unregelmäßigkeiten bei der Wahl festgestellt wurden, die jedoch heftig angefochten wurden. Das Center for Economic and Policy Research (CEPR) kam zu dem Schluss, dass "es sehr wahrscheinlich ist, dass Morales die erforderliche Marge von 10 Prozentpunkten erreicht hat, um die erste Runde der Wahl am 20. Oktober 2019 zu gewinnen." David Rosnick, ein Wirtschaftswissenschaftler des CEPR, wies darauf hin, dass in den Daten der OAS "ein grundlegender Kodierungsfehler" entdeckt worden sei, der erkläre, dass die OAS ihre eigenen Daten missbraucht habe, als sie die Zeitstempel auf den Auszählungsbögen alphabetisch und nicht chronologisch geordnet habe. Die OAS hielt jedoch an ihren Ergebnissen fest und argumentierte, dass die "Arbeit der Forscher viele der im OAS-Bericht erwähnten Vorwürfe nicht berücksichtigte, einschließlich des Vorwurfs, dass bolivianische Beamte versteckte Server unterhalten, die eine Änderung der Ergebnisse ermöglicht haben könnten". Auch die Beobachter der Europäischen Union veröffentlichten einen Bericht mit ähnlichen Ergebnissen und Schlussfolgerungen wie die OAS. Das technische Sicherheitsunternehmen, das von der TSE (unter der Regierung Morales) mit der Prüfung der Wahlen beauftragt wurde, erklärte ebenfalls, dass es zahlreiche Unregelmäßigkeiten und Verstöße gegen das Wahlverfahren gegeben habe und dass "unsere Aufgabe als Sicherheitsunternehmen darin besteht, alles zu melden, was gefunden wurde, und vieles von dem, was gefunden wurde, unterstützt die Schlussfolgerung, dass der Wahlprozess für null und nichtig erklärt werden sollte". Die New York Times berichtete am 7. Juni 2020, dass die OAS-Analyse unmittelbar nach den Wahlen vom 20. Oktober fehlerhaft war und dennoch "eine Kette von Ereignissen ausgelöst hat, die die Geschichte des südamerikanischen Landes verändert hat".

Allgemeine Wahlen 2020 in Bolivien, Ergebnisse nach Departementen
Amtseinführung von Luis Arce und David Choquehuanca am 8. November 2020

Nach wochenlangen Protesten trat Morales im nationalen Fernsehen zurück, kurz nachdem der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Williams Kaliman, ihn dazu aufgefordert hatte, um "Frieden und Stabilität" wiederherzustellen. Morales flüchtete nach Mexiko und erhielt dort Asyl, ebenso wie sein Vizepräsident und mehrere andere Mitglieder seiner Regierung. Die oppositionelle Senatorin Jeanine Áñez erklärte sich zur Interimspräsidentin und beanspruchte die verfassungsmäßige Nachfolge des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der beiden Vorsitzenden der Legislativkammern. Sie wurde vom Verfassungsgericht als Interimspräsidentin bestätigt, das ihre Nachfolge für verfassungsgemäß und automatisch erklärte. Morales, seine Anhänger, die Regierungen Mexikos und Nicaraguas und andere Persönlichkeiten behaupteten, es habe sich um einen Staatsstreich gehandelt. Lokale Ermittler und Analysten wiesen jedoch darauf hin, dass selbst nach Morales' Rücktritt und während der gesamten Amtszeit von Añez die Senatoren- und Abgeordnetenkammern von Morales' politischer Partei MAS beherrscht wurden, so dass es sich nicht um einen Staatsstreich handeln kann, da ein solcher Vorfall der ursprünglichen Regierung nicht erlauben würde, die gesetzgebende Macht zu behalten. Internationale Politiker, Wissenschaftler und Journalisten sind sich uneins, ob sie das Ereignis als Staatsstreich oder als spontanen sozialen Aufstand gegen eine verfassungswidrige vierte Amtszeit bezeichnen sollen. Die Proteste gegen die Wiedereinsetzung von Morales als Präsident wurden immer gewalttätiger: öffentliche Busse und Privathäuser wurden in Brand gesteckt, die öffentliche Infrastruktur zerstört und Fußgänger verletzt. Die Proteste wurden von den Sicherheitskräften mit mehr Gewalt gegen Morales-Anhänger beantwortet, nachdem Áñez Polizei und Militär bei Einsätzen zur "Wiederherstellung der Ordnung und der öffentlichen Stabilität" von der strafrechtlichen Verantwortung befreit hatte.

Im April 2020 nahm die Übergangsregierung beim Internationalen Währungsfonds einen Kredit über 327 Millionen Dollar auf, um den Bedarf des Landes während der COVID-19-Pandemie zu decken.

Für den 3. Mai 2020 wurden Neuwahlen angesetzt. Als Reaktion auf die Coronavirus-Pandemie gab die bolivianische Wahlbehörde TSE eine Verschiebung der Wahlen bekannt. Die MAS stimmte nur widerstrebend der ersten Verschiebung zu. Angesichts massiver Proteste und Gewalt wurde der Termin für die Neuwahlen noch zweimal verschoben. Als letzter Termin für die Wahlen wurde der 18. Oktober 2020 vorgeschlagen. Beobachter der OAS, UNIORE und der UN berichteten, dass sie bei den Wahlen 2020 keine betrügerischen Handlungen feststellen konnten.

Die Parlamentswahlen erreichten eine Rekordbeteiligung von 88,4 % und endeten mit einem erdrutschartigen Sieg der MAS, die 55,1 % der Stimmen erhielt, gegenüber 28,8 % für den zentristischen ehemaligen Präsidenten Carlos Mesa. Sowohl Mesa als auch Áñez räumten ihre Niederlage ein. "Ich gratuliere den Gewinnern und bitte sie, im Sinne Boliviens und der Demokratie zu regieren." teilte Áñez auf Twitter mit.

Regierung von Luis Arce: 2020-

Im Februar 2021 zahlte die Regierung Arce einen Betrag von rund 351 Millionen Dollar an den IWF zurück. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus einem Darlehen in Höhe von 327 Millionen Dollar, das die Übergangsregierung im April 2020 aufgenommen hatte, und Zinsen in Höhe von rund 24 Millionen Dollar. Die Regierung erklärte, sie habe den Kredit zurückgegeben, um die wirtschaftliche Souveränität Boliviens zu schützen und weil die mit dem Kredit verbundenen Bedingungen nicht akzeptabel seien.

Bolivien hatte im Jahr 2021 die niedrigste kumulierte Inflation aller lateinamerikanischen Länder.

Vorläufer

Simón Bolívar (Statue in Berlin)
Zwischen 1867 und 1938 an Nachbarstaaten verlorene Gebiete (heutiges Staatsgebiet ist weiß)

Auf dem Gebiet des heutigen Bolivien bestanden verschiedene Kulturen, die wichtigste war die Tiwanaku-Zivilisation. Als die Spanier im 16. Jahrhundert das Land eroberten, wurde es, reich an Silbervorkommen, Teil des Vizekönigreiches Peru und später Teil des Vizekönigreiches Río de la Plata. Ab dem 16. Jahrhundert beuteten die Spanier die Silberminen von Potosí aus.

Zuwanderungswellen

In der Zeit des Nationalsozialismus war Bolivien eine Zuflucht für viele Juden aus Deutschland und Österreich, nach dem Ende des Dritten Reiches und Beginn der Nürnberger Prozesse auch für deutsche und österreichische Nazi-Kriegsverbrecher.

Mitte der 1950er Jahre begannen deutschsprachige Russlandmennoniten aus Paraguay nach Bolivien auszuwandern. Später kamen vor allem konservative Russlandmennoniten aus Mexiko, Kanada und Belize dazu. Im Jahre 2016 lebten etwa 70.000 Russlandmennoniten in Bolivien.

Geografie

Mururata von den tropischen Tälern der Yungas aus gesehen
Laguna Colorada in der Puna de Lipez in Potosí
Topografische Karte von Bolivien
Satellitenbild von Bolivien
Bolivianisches Altiplano.
Sol de Mañana (Morgensonne auf Spanisch), ein geothermisches Feld im Nationalen Reservat der Andenfauna Eduardo Avaroa im Departement Potosi im Südwesten Boliviens. Das Gebiet, das durch intensive vulkanische Aktivität mit Schwefelquellen und Schlammseen gekennzeichnet ist, hat zwar keine Geysire, dafür aber Löcher, aus denen unter Druck stehender Dampf bis zu 50 Meter hoch aufsteigt.

Bolivien befindet sich in der zentralen Zone Südamerikas, zwischen 57°26'-69°38'W und 9°38'-22°53'S. Mit einer Fläche von 1.098.581 Quadratkilometern ist Bolivien das 28. größte Land der Welt und das fünftgrößte Land Südamerikas, das sich von den zentralen Anden über einen Teil des Gran Chaco, das Pantanal und bis zum Amazonas erstreckt. Das geografische Zentrum des Landes ist der sogenannte Puerto Estrella ("Sternenhafen") am Río Grande in der Provinz Ñuflo de Chávez im Departement Santa Cruz.

Die Geografie des Landes weist eine große Vielfalt an Geländeformen und Klimazonen auf. Bolivien verfügt über eine große biologische Vielfalt, die als eine der größten der Welt gilt, sowie über mehrere Ökoregionen mit ökologischen Untereinheiten wie das Altiplano, tropische Regenwälder (einschließlich des Amazonas-Regenwaldes), Trockentäler und die Chiquitania, eine tropische Savanne. Diese Gebiete weisen enorme Höhenunterschiede auf, von einer Höhe von 6.542 Metern über dem Meeresspiegel im Nevado Sajama bis zu fast 70 Metern entlang des Paraguay-Flusses. Obwohl das Land eine große geografische Vielfalt aufweist, ist Bolivien seit dem Pazifikkrieg ein Binnenstaat geblieben. Puerto Suárez, San Matías und Puerto Quijarro befinden sich im bolivianischen Pantanal.

Bolivien lässt sich in drei physiografische Regionen einteilen:

  • Die Andenregion im Südwesten nimmt 28 % der Landesfläche ein und erstreckt sich über 307.603 Quadratkilometer (118.766 qkm). Dieses Gebiet liegt oberhalb von 3.000 Metern Höhe und befindet sich zwischen zwei großen Andenketten, der Cordillera Occidental ("Westliche Gebirgskette") und der Cordillera Central ("Zentrale Gebirgskette"), mit einigen der höchsten Punkte Amerikas wie dem Nevado Sajama mit einer Höhe von 6.542 Metern und dem Illimani auf 6.462 Metern. Ebenfalls in der Cordillera Central liegt der Titicacasee, der höchstgelegene kommerziell schiffbare See der Welt und der größte See Südamerikas, der mit Peru geteilt wird. Ebenfalls in dieser Region liegen das Altiplano und der Salar de Uyuni, der größte Salzsee der Welt und eine wichtige Lithiumquelle.
  • Die subandine Region in der Mitte und im Süden des Landes ist eine Zwischenregion zwischen dem Altiplano und den östlichen llanos (Ebenen); diese Region macht 13 % des bolivianischen Territoriums aus, erstreckt sich über 142.815 km2 und umfasst die bolivianischen Täler und die Yungas-Region. Sie zeichnet sich durch ihre landwirtschaftlichen Aktivitäten und ihr gemäßigtes Klima aus.
  • Die Region Llanos im Nordosten umfasst 59 % des Territoriums mit 648.163 km2 (250.257 sq mi). Sie befindet sich nördlich der Cordillera Central und erstreckt sich von den Ausläufern der Anden bis zum Fluss Paraguay. Es handelt sich um eine Region mit flachem Land und kleinen Hochebenen, die alle von ausgedehnten Regenwäldern mit einer enormen Artenvielfalt bedeckt sind. Die Region liegt weniger als 400 Meter über dem Meeresspiegel.

Bolivien hat drei Einzugsgebiete:

  • Das erste ist das Amazonasbecken, das auch als nördliches Becken bezeichnet wird (724.000 km2 (280.000 sq mi)/66% des Territoriums). Die Flüsse dieses Beckens haben im Allgemeinen große Mäander, die Seen wie den Murillo-See im Departement Pando bilden. Der wichtigste bolivianische Nebenfluss des Amazonasbeckens ist der Mamoré mit einer Länge von 2.000 km, der nördlich bis zum Zusammenfluss mit dem Beni fließt, der mit einer Länge von 1.113 km der zweitwichtigste Fluss des Landes ist. Der Beni bildet zusammen mit dem Madeira-Fluss den Hauptzufluss des Amazonas. Von Osten nach Westen wird das Einzugsgebiet von anderen wichtigen Flüssen wie dem Madre de Dios, dem Orthon, dem Abuna, dem Yata und dem Guaporé gebildet. Die wichtigsten Seen sind der Rogaguado-See, der Rogagua-See und der Jara-See.
  • Das zweite Becken ist das Becken des Río de la Plata, das auch als Südbecken bezeichnet wird (229.500 km2 (88.600 sq mi)/21% des Territoriums). Die Zuflüsse in diesem Becken sind im Allgemeinen weniger zahlreich als die des Amazonasbeckens. Das Einzugsgebiet des Rio de la Plata wird hauptsächlich durch den Río Paraguay, den Río Pilcomayo und den Río Bermejo gebildet. Die wichtigsten Seen sind der Uberaba-See und der Mandioré-See, die beide im bolivianischen Sumpfgebiet liegen.
  • Das dritte Becken ist das Zentralbecken, ein endorheisches Becken (145.081 Quadratkilometer (56.016 sq mi)/13% des Territoriums). Im Altiplano gibt es zahlreiche Seen und Flüsse, die nicht in einen Ozean münden, weil sie von den Anden eingeschlossen sind. Der wichtigste Fluss ist der Desaguadero, mit einer Länge von 436 km der längste Fluss des Altiplano; er beginnt im Titicacasee und fließt dann in südöstlicher Richtung zum Poopó-See. Das Becken wird dann vom Titicacasee, dem Poopó-See, dem Desaguadero-Fluss und den großen Salzseen gebildet, darunter der Salar de Uyuni und der Coipasa-See.

Östlich schließt sich das sogenannte ostbolivianische Bergland an, das sich geologisch deutlich vom Hochgebirge unterscheidet. Zwischen dem Ostabhang der Anden und dem ostbolivianischen Bergland erstrecken sich in den Tälern mit Unterbrechungen Feuchtwälder in einer Höhe zwischen etwa 1200 und 1800 m ü. NN. Hervorzuheben sind diesbezüglich die fruchtbaren Yungas auf dem Gebiet des Departamentos La Paz. Eine ähnliche Landschaft findet sich auch zum Beispiel in der Provinz Chapare im Departamento Cochabamba und im Naturschutzgebiet Tariquía ganz im Süden im Departamento Tarija, auch Yunga Tarijeña genannt.

Der flächenmäßig größte Teil Boliviens sind die Llanos, die sich vom ostbolivianischen Bergland bis an die östliche und südöstliche Grenze zu Brasilien und Paraguay erstrecken. Dieses außerhalb der Großstadt Santa Cruz nur äußerst dünn besiedelte tropisch-heiße Tiefland untergliedert sich in die trockenen Savannen des Gran Chaco im Süden und die tropischen Regenwaldgebiete Amazoniens im Norden.

Eine Besonderheit sind auch die fruchtbaren Täler in den Ostabhängen der Anden im Süden des Landes auf einer Höhe von 1500 bis 2500 m ü. NN. Im Valle Central de Tarija und bei Camargo wird intensiv Weinanbau betrieben.

Geologie

Bolivienkarte der Köppen-Klimaklassifikation.
Einzugsgebiet des Amazonas im Departement Pando, Nordbolivien
Mittlerer Jahresniederschlag in Bolivien

Die Geologie Boliviens umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Lithologien sowie tektonischer und sedimentärer Umgebungen. Auf einer synoptischen Skala stimmen die geologischen Einheiten mit den topografischen Einheiten überein. Im Wesentlichen gliedert sich das Land in ein gebirgiges Westgebiet, das von den Subduktionsprozessen im Pazifik beeinflusst wird, und ein östliches Tiefland mit stabilen Plattformen und Schilden.

Klima

Skigebiet Chacaltaya, Departement La Paz

Das Klima in Bolivien variiert drastisch von einer Ökoregion zur anderen, von den Tropen in den östlichen Lanos bis zu einem polaren Klima in den westlichen Anden. Die Sommer sind warm und feucht im Osten und trocken im Westen, mit Regenfällen, die oft die Temperaturen, die Luftfeuchtigkeit, die Winde, den Luftdruck und die Verdunstung verändern, was zu einem sehr unterschiedlichen Klima in den verschiedenen Gebieten führt. Das klimatologische Phänomen El Niño führt zu starken Wetterveränderungen. Die Winter sind im Westen sehr kalt und in den Gebirgsregionen schneit es, während in den westlichen Regionen windige Tage häufiger vorkommen. Der Herbst ist in den nicht-tropischen Regionen trocken.

  • Llanos. Ein feuchtes tropisches Klima mit einer Durchschnittstemperatur von 25 °C (77 °F). Der vom Amazonas-Regenwald kommende Wind verursacht erhebliche Niederschläge. Im Mai ist die Niederschlagsmenge aufgrund der trockenen Winde gering, und die meisten Tage sind klar. Dennoch können Winde aus dem Süden, so genannte Surazos, mehrere Tage lang kühlere Temperaturen bringen.
  • Altiplano. Wüsten-Polar-Klima, mit starken und kalten Winden. Die Durchschnittstemperatur liegt zwischen 15 und 20 °C. Nachts sinken die Temperaturen drastisch auf knapp über 0 °C, tagsüber ist es trocken und die Sonneneinstrahlung ist hoch. Jeden Monat gibt es Bodenfrost, und es schneit häufig.
  • Täler und Yungas. Gemäßigtes Klima. Die feuchten Nordostwinde werden in die Berge getrieben und machen diese Region sehr feucht und regnerisch. Die Temperaturen sind in den höheren Lagen kühler. Schnee fällt in Höhenlagen von 2.000 Metern (6.600 ft).
  • Chaco. Subtropisches, halbtrockenes Klima. Regnerisch und feucht im Januar und den Rest des Jahres, mit warmen Tagen und kalten Nächten.

Probleme mit dem Klimawandel

Bolivien ist besonders anfällig für die negativen Folgen des Klimawandels. Zwanzig Prozent der tropischen Gletscher der Welt befinden sich im Land und reagieren aufgrund des tropischen Klimas, in dem sie sich befinden, besonders empfindlich auf Temperaturveränderungen. Die Temperaturen in den Anden sind von 1939 bis 1998 um 0,1 °C pro Jahrzehnt gestiegen, und in jüngster Zeit hat sich die Anstiegsrate verdreifacht (auf 0,33 °C pro Jahrzehnt von 1980 bis 2005), was zu einem beschleunigten Rückgang der Gletscher und zu unvorhergesehenem Wassermangel in den landwirtschaftlich genutzten Städten der Anden geführt hat. Die Landwirte arbeiten vorübergehend in den Städten, wenn die Ernteerträge gering sind, während andere die Landwirtschaft endgültig verlassen und in die nahegelegenen Städte abwandern, um dort eine andere Arbeit zu finden; manche betrachten diese Migranten als die erste Generation von Klimaflüchtlingen. Städte, die an landwirtschaftliche Flächen angrenzen, wie El Alto, stehen vor der Herausforderung, den Zustrom neuer Migranten zu versorgen; da es keine alternative Wasserquelle gibt, wird die Wasserquelle der Stadt nun eingeengt.

Die bolivianische Regierung und andere Organisationen haben die Notwendigkeit erkannt, neue Strategien zur Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels einzuführen. Die Weltbank hat über den Klima-Investitionsfonds (CIF) Mittel zur Verfügung gestellt und nutzt das Pilotprogramm für Klimaresilienz (PPCR II), um neue Bewässerungssysteme zu bauen, Flussufer und -becken zu schützen und mit Hilfe indigener Gemeinschaften am Aufbau von Wasserressourcen zu arbeiten. Bolivien hat auch die bolivianische Strategie zum Klimawandel umgesetzt, die auf Maßnahmen in diesen vier Bereichen beruht:

  1. Förderung einer sauberen Entwicklung in Bolivien durch die Einführung technologischer Veränderungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Industrie, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, was sich positiv auf die Entwicklung auswirkt.
  2. Beitrag zum Kohlenstoffmanagement in Wäldern, Feuchtgebieten und anderen bewirtschafteten natürlichen Ökosystemen.
  3. Steigerung der Effektivität bei der Energieversorgung und -nutzung, um die Auswirkungen von Treibhausgasemissionen und das Risiko von Unvorhergesehenem zu mindern.
  4. Schwerpunkt auf verstärkten und effizienten Beobachtungen und dem Verständnis von Umweltveränderungen in Bolivien, um wirksame und rechtzeitige Reaktionen zu entwickeln.

Biologische Vielfalt

Bolivien gehört mit seiner enormen Vielfalt an Organismen und Ökosystemen zu den "gleichgesinnten Ländern mit großer Artenvielfalt" (Like-Minded Megadiverse Countries).

Die unterschiedlichen Höhenlagen Boliviens, die von 90 bis 6.542 Metern über dem Meeresspiegel reichen, ermöglichen eine große biologische Vielfalt. Das bolivianische Territorium umfasst vier Arten von Biomen, 32 ökologische Regionen und 199 Ökosysteme. Innerhalb dieses geografischen Gebiets gibt es mehrere Naturparks und Reservate wie den Nationalpark Noel Kempff Mercado, den Madidi-Nationalpark, den Tunari-Nationalpark, das Nationale Reservat der Andenfauna Eduardo Avaroa und den Nationalpark Kaa-Iya del Gran Chaco und das Naturgebiet für integriertes Management, um nur einige zu nennen.

In Bolivien gibt es mehr als 17.000 Arten von Samenpflanzen, darunter mehr als 1.200 Farnarten, 1.500 Arten von Marchantiophyta und Moosen und mindestens 800 Pilzarten. Darüber hinaus gibt es mehr als 3.000 Arten von Heilpflanzen. Bolivien gilt als Ursprungsland für Arten wie Paprika und Chilischoten, Erdnüsse, Bohnen, Yucca und mehrere Palmenarten. Außerdem werden in Bolivien über 4.000 Kartoffelsorten angebaut. Das Land erreichte 2018 im Forest Landscape Integrity Index einen Durchschnittswert von 8,47/10 und liegt damit weltweit auf Platz 21 von 172 Ländern.

Bolivien beherbergt mehr als 2.900 Tierarten, darunter 398 Säugetiere, über 1.400 Vögel (etwa 14 % der weltweit bekannten Vögel, womit es das Land mit der sechstgrößten Artenvielfalt ist), 204 Amphibien, 277 Reptilien und 635 Fische, allesamt Süßwasserfische, da Bolivien ein Binnenstaat ist. Darüber hinaus gibt es mehr als 3.000 Schmetterlingsarten und mehr als 60 Haustiere.

Im Jahr 2020 wurde in Bolivien eine neue Schlangenart, die Berg-Fer-De-Lance-Viper, entdeckt.

Weltweite Aufmerksamkeit erlangte Bolivien durch sein "Gesetz über die Rechte der Mutter Erde", das der Natur die gleichen Rechte wie dem Menschen zugesteht.

Regierung und Politik

Neues Exekutivgebäude der bolivianischen Regierung
Gebäude der Plurinationalen Legislativversammlung im Zentrum von La Paz

Bolivien wird seit 1982 von demokratisch gewählten Regierungen regiert; davor wurde das Land von verschiedenen Diktaturen regiert. Die Präsidenten Hernán Siles Zuazo (1982-85) und Víctor Paz Estenssoro (1985-89) leiteten eine Tradition der friedlichen Machtübergabe ein, die bis heute anhält, auch wenn drei Präsidenten angesichts außergewöhnlicher Umstände zurückgetreten sind: Gonzalo Sánchez de Lozada im Jahr 2003, Carlos Mesa im Jahr 2005 und Evo Morales im Jahr 2019.

Die bolivianische Mehrparteiendemokratie hat eine Vielzahl von Parteien im Präsidentenamt und im Parlament hervorgebracht, auch wenn die Revolutionäre Nationalistische Bewegung, die Nationalistische Demokratische Aktion und die Revolutionäre Linke Bewegung von 1985 bis 2005 dominierten. Am 11. November 2019 wurden nach dem Rücktritt von Evo Morales und seiner Regierung alle Führungspositionen in der Regierung neu besetzt. Am 13. November 2019 erklärte sich Jeanine Áñez, eine ehemalige Senatorin aus Beni, zur amtierenden Präsidentin von Bolivien. Luis Arce wurde am 23. Oktober 2020 gewählt; er trat sein Amt als Präsident am 8. November 2020 an.

Die 2006-07 ausgearbeitete und 2009 angenommene Verfassung sieht ein Gleichgewicht zwischen Exekutive, Legislative, Judikative und Wahlen sowie mehrere Autonomiestufen vor. Die traditionell starke Exekutive neigt dazu, den Kongress zu überschatten, dessen Rolle sich im Allgemeinen darauf beschränkt, von der Exekutive initiierte Gesetze zu debattieren und zu billigen. Die Judikative, bestehend aus dem Obersten Gerichtshof, den Abteilungsgerichten und den unteren Gerichten, ist seit langem von Korruption und Ineffizienz geprägt. Durch eine Verfassungsänderung im Jahr 1994 und nachfolgende Gesetze hat die Regierung potenziell weitreichende Reformen des Justizsystems sowie eine zunehmende Dezentralisierung der Befugnisse auf Departements, Gemeinden und indigene Gebiete eingeleitet.

Die Exekutive wird von einem Präsidenten und einem Vizepräsidenten geleitet und besteht aus einer variablen Anzahl (derzeit 20) von Ministerien. Der Präsident wird vom Volk für fünf Jahre gewählt und regiert vom Präsidentenpalast (im Volksmund "Verbrannter Palast", Palacio Quemado) in La Paz aus. Erhält kein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen oder mehr als 40 % der Stimmen mit einem Vorsprung von mehr als 10 % gegenüber dem zweitplatzierten Kandidaten, findet eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen statt.

Die Asamblea Legislativa Plurinacional (Plurinationale gesetzgebende Versammlung oder Nationalkongress) hat zwei Kammern. Die Cámara de Diputados (Abgeordnetenkammer) besteht aus 130 Mitgliedern, die für fünf Jahre gewählt werden, 63 aus Einpersonenwahlkreisen (circunscripciones), 60 nach dem Verhältniswahlrecht und sieben von den indigenen Minderheiten in sieben Departements. Die Cámara de Senadores (Senatorenkammer) hat 36 Mitglieder (vier pro Departement). Die Mitglieder der Versammlung werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Das Gremium hat seinen Sitz auf der Plaza Murillo in La Paz, hält aber auch an anderen Orten in Bolivien Ehrensitzungen ab. Der Vizepräsident ist der nominelle Vorsitzende der kombinierten Versammlung.

Das Gebäude des Obersten Gerichtshofs in der bolivianischen Hauptstadt Sucre

Die Justiz besteht aus dem Obersten Gerichtshof, dem Plurinationalen Verfassungsgericht, dem Justizrat, dem Landwirtschafts- und Umweltgericht sowie den Bezirks- und Untergerichten. Im Oktober 2011 fanden in Bolivien zum ersten Mal Richterwahlen statt, bei denen die Mitglieder der nationalen Gerichte durch das Volk gewählt wurden, eine von Evo Morales eingeführte Reform.

Das Plurinationale Wahlorgan ist ein unabhängiger Regierungszweig, der 2010 das Nationale Wahlgericht ersetzt hat. Es besteht aus dem Obersten Wahlgericht, den neun Wahlgerichten der Departements, den Wahlrichtern, den anonym gewählten Geschworenen an den Wahltischen und den Wahlnotaren. Wilfredo Ovando führt den Vorsitz des siebenköpfigen Obersten Wahlgerichts. Seine Tätigkeit ist in der Verfassung verankert und wird durch das Gesetz über das Wahlsystem (Gesetz 026, verabschiedet 2010) geregelt. Die ersten Wahlen des Organs waren die ersten Richterwahlen des Landes im Oktober 2011 und fünf kommunale Sonderwahlen im Jahr 2011.

Hauptstadt

Regierungsgebäude in Boliviens exekutiver und legislativer Hauptstadt La Paz
Regierungsgebäude in Boliviens Justizhauptstadt Sucre

Die verfassungsmäßig anerkannte Hauptstadt Boliviens ist Sucre, während La Paz der Sitz der Regierung ist. La Plata (heute Sucre) wurde am 1. Juli 1826 zur provisorischen Hauptstadt des neuen unabhängigen Alto Perú (später Bolivien) erklärt. Am 12. Juli 1839 verkündete Präsident José Miguel de Velasco ein Gesetz, das die Stadt zur Hauptstadt Boliviens machte und sie zu Ehren des Revolutionsführers Antonio José de Sucre umbenannte. Jahrhunderts wurde der Regierungssitz nach La Paz verlegt, da Sucre nach dem Niedergang von Potosí und seiner Silberindustrie sowie dem Niedergang der Liberalen Partei im Krieg von 1899 relativ weit von den wirtschaftlichen Aktivitäten entfernt war.

In der Verfassung von 2009 wird Sucre die Rolle der nationalen Hauptstadt zugewiesen, La Paz wird in dem Text nicht erwähnt. Sucre ist nicht nur die verfassungsmäßige Hauptstadt, sondern hat auch den Sitz des Obersten Gerichtshofs von Bolivien und ist damit die Hauptstadt der Justiz. Der Palacio Quemado (der Präsidentenpalast und Sitz der bolivianischen Exekutive) befindet sich jedoch in La Paz, ebenso wie der Nationalkongress und das Plurinationale Wahlorgan. La Paz ist somit weiterhin der Sitz der Regierung.

Ausländische Beziehungen

Die Präsidenten von Bolivien, Kuba und El Salvador begrüßen Nicolás Maduro bei dessen zweiter Amtseinführung in Caracas am 10. Januar 2019

Obwohl Bolivien nach dem Pazifikkrieg seine Seeküste, das so genannte Departamento Litoral, verloren hat, erhebt es seit jeher als Staatspolitik einen maritimen Anspruch auf diesen Teil Chiles, der den souveränen Zugang zum Pazifischen Ozean und seinem maritimen Raum fordert. Die Frage wurde auch vor der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vorgetragen; 1979 verabschiedete die OAS die Resolution 426, in der das bolivianische Problem zu einem hemisphärischen Problem erklärt wurde. Am 4. April 1884 wurde ein Waffenstillstand mit Chile unterzeichnet, durch den Chile den Zugang zu bolivianischen Produkten über Antofagasta ermöglichte und die Zahlung von Ausfuhrrechten im Hafen von Arica freigab. Im Oktober 1904 wurde der Vertrag über Frieden und Freundschaft unterzeichnet, und Chile erklärte sich bereit, eine Eisenbahnlinie zwischen Arica und La Paz zu bauen, um den Zugang der bolivianischen Produkte zu den Häfen zu verbessern.

Die Sonderwirtschaftszone für Bolivien in Ilo (ZEEBI) ist ein 5 km langes Sonderwirtschaftsgebiet mit einer Gesamtfläche von 358 Hektar, das Mar Bolivia ("Meer Bolivien") genannt wird und in dem Bolivien einen Freihafen in der Nähe von Ilo, Peru, für einen Zeitraum von 99 Jahren ab 1992 unter seiner Verwaltung und seinem Betrieb unterhalten darf; nach Ablauf dieser Zeit fallen alle Bauten und das Gebiet an die peruanische Regierung zurück. Bolivien verfügt seit 1964 über eigene Hafenanlagen im bolivianischen Freihafen in Rosario, Argentinien. Dieser Hafen liegt am Fluss Paraná, der direkt mit dem Atlantischen Ozean verbunden ist.

Im Jahr 2018 unterzeichnete Bolivien den UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen.

Der Streit mit Chile wurde vor den Internationalen Gerichtshof gebracht. Das Gericht entschied zugunsten der chilenischen Position und erklärte, dass Chile zwar Gespräche über einen bolivianischen Korridor zum Meer geführt haben mag, das Land aber nicht verpflichtet war, über einen solchen zu verhandeln oder sein Territorium abzutreten.

Bolivien hat fünf Nachbarstaaten. Diese sind im Uhrzeigersinn: im Norden und Osten Brasilien (3400 km Grenzlänge), im Süden Paraguay (750 km) sowie Argentinien (742 km), im Westen Chile (861 km) und Peru (900 km). Die Gesamtlänge der Staatsgrenzen beträgt 6653 Kilometer.

Über vier Binnenhäfen Puerto Aguirre, Puerto Gravetal, Puerto Suárez und Puerto Busch hat Bolivien, über die internationalen Flüsse Paraguay und Paraná Zugang zum Atlantik.

Militär

Das bolivianische Militär besteht aus drei Teilstreitkräften: Ejército (Heer), Naval (Marine) und Fuerza Aérea (Luftwaffe).

Die bolivianische Armee hat rund 31 500 Mann. Die Armee ist in sechs Militärregionen (regiones militares-RMs) unterteilt. Die Armee ist in zehn Divisionen gegliedert. Obwohl Bolivien ein Binnenstaat ist, verfügt es über eine Marine. Die bolivianische Seestreitkraft (Fuerza Naval Boliviana auf Spanisch) ist eine Seestreitkraft, die 2008 etwa 5.000 Mann stark war. Die bolivianische Luftwaffe ('Fuerza Aérea Boliviana' oder 'FAB') verfügt über neun Luftwaffenstützpunkte, die sich in La Paz, Cochabamba, Santa Cruz, Puerto Suárez, Tarija, Villamontes, Cobija, Riberalta und Roboré befinden.

Recht und Kriminalität

In Bolivien gibt es 54 Gefängnisse, in denen im Jahr 2010 rund 8.700 Personen inhaftiert waren. Die Gefängnisse werden von der Dirección de Régimen Penintenciario (spanisch: Dirección de Régimen Penintenciario) verwaltet. Es gibt 17 Gefängnisse in den Hauptstädten der Departements und 36 Gefängnisse in den Provinzen.

Administrative Abteilungen

Serranía de Los Volcanes in Cuevas, Provinz Florida
Blick auf die Hauptstadt von La Paz, Chuqiyapumarka, von der Zona Sur aus

Bolivien hat neun Departements - Pando, La Paz, Beni, Oruro, Cochabamba, Santa Cruz, Potosí, Chuquisaca und Tarija.

Gemäß der bolivianischen politischen Verfassung regelt das Gesetz über Autonomien und Dezentralisierung das Verfahren zur Ausarbeitung von Autonomiestatuten, die Übertragung und Verteilung direkter Zuständigkeiten zwischen der Zentralregierung und den autonomen Einheiten.

Es gibt vier Ebenen der Dezentralisierung: Die Departementsregierung, die von der Departementsversammlung gebildet wird und über die Gesetzgebung des Departements verfügt. Der Gouverneur wird durch allgemeine Wahlen bestimmt. Die Gemeindeverwaltung wird durch einen Gemeinderat gebildet, der für die Gesetzgebung der Gemeinde zuständig ist. Der Bürgermeister wird in allgemeiner Wahl gewählt. Regionalregierung, die aus mehreren Provinzen oder Gemeinden besteht, die innerhalb eines Departements geografische Kontinuität aufweisen. Sie wird durch eine Regionalversammlung gebildet. Ursprüngliche indigene Regierung, Selbstverwaltung der ursprünglichen indigenen Völker in den alten Territorien, in denen sie leben.

Nein. Departement Hauptstadt
1 Pando Cobija
Territoriale Aufteilung Boliviens
2 La Paz La Paz
3 Beni Trinidad
4 Oruro Oruro
5 Cochabamba Cochabamba
6 Santa Cruz Santa Cruz de la Sierra
7 Potosí Potosí
8 Chuquisaca Sucre
9 Tarija Tarija
Provinz Nor Yungas, in der Nähe von Coroico
Naturreservat El Palmar, im Norden von Chuquisaca

Auch wenn die Verwaltungseinheiten Boliviens nach der Rechtsprechung der Regierung einen ähnlichen Status haben, unterscheiden sich die einzelnen Departements in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Im Allgemeinen können die Departements entweder nach geografischen Gesichtspunkten oder nach ihrer politisch-kulturellen Ausrichtung eingeteilt werden. So bilden beispielsweise Santa Cruz, Beni und Pando das tief liegende "Camba"-Herzland des Amazonas, Moxos und Chiquitanía. Was die politische Ausrichtung betrifft, so werden Beni, Pando, Santa Cruz und Tarija im Allgemeinen den regionalistischen Autonomiebewegungen zugerechnet; diese Region wird als "Media Luna" bezeichnet. La Paz, Oruro, Potosí und Cochabamba hingegen werden traditionell mit der andinen Politik und Kultur in Verbindung gebracht. Heute schwankt Chuquisaca zwischen dem andinen Kulturblock und dem Camba-Block.

Da Bolivien weiterhin Anspruch auf die chilenische Región de Antofagasta erhebt, wird diese als zehntes Departamento Litoral bezeichnet.

Die laut neuer Verfassung von 2009 autonomen Departamentos werden von einem Gouverneur (Gobernador) regiert. Zuvor standen den Departamentos Präfekten vor, die bis 2005 vom Präsidenten ernannt wurden, bevor sie am 18. Dezember 2005 zum ersten und einzigen Mal vom Volk gewählt wurden, als Zugeständnis an Autonomiebestrebungen. Fünf Jahre später fanden die ersten sub-nationalen Wahlen statt, bei denen gleichzeitig die Gouverneure, die Sub-Gouverneure (Subgobernador oder Ejecutivo Seccional), die Bürgermeister und die Parlamente (Asamblea Legislativa Departamental) gewählt wurden.

Die Departamentos gliedern sich ihrerseits in insgesamt 112 Provinzen (Provincias), die vom jeweils gewählten Sub-Gouverneur verwaltet und gestaltet werden. Die Provinzen sind wiederum in 339 autonome Municipios untergliedert. Municipios umfassen eine Reihe von Ortschaften und gliedern sich weiterhin in Distrikte (zuvor Kantone).

Municipios und Provinzen, die eine in gewisser Weise homogene Struktur aufweisen, können sich optional zu einer Autonomen Region zusammenschließen. Daneben können indigene Gemeinschaften im ländlichen Raum Autonome Indigenengebiete (Territorios indígena originario campesinos) bilden. Das erste autonome Gebiet entstand 2017 im Municipio Charagua.

Die Interessen der Municipios gegenüber den Ebenen Departamento und Staat werden über Verbände verteidigt, die im Dachverband Federación de Asociaciones Municipales de Bolivia (FAM – Bolivia) organisiert und institutionalisiert sind. Hierfür können Municipios auch so genannte Mancomunidades bilden, eine Art kommunaler Zweckverband.

Auf kommunaler Ebene gibt es gewählte Bürgermeister (Alcaldes), in größeren Städten und Gemeinden auch einen gewählten Stadtrat (Consejo municipal).

Wirtschaft

Verbraucherpreisindex in Bolivien und vier weiteren Staaten im Nordwesten Südamerikas, 1994–2004
Ein großer Teil der Bevölkerung arbeitet in der informellen Wirtschaft: Boliviens Präsident Evo Morales beim symbolischen Schuheputzen
Langfristige Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts pro Kopf

Trotz seines Reichtums an Bodenschätzen (früher vor allem Silber und Zinn) war Bolivien für lange Zeit das ärmste und exportschwächste Land Südamerikas, sein nominales Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner betrug im Jahre 2016 lediglich 3197 US-Dollar pro Kopf. Zwei Drittel der Bevölkerung lebten 2006 in Armut, 40 Prozent gar in extremer Armut, obwohl Bolivien über die größten freien, d. h. ohne gleichzeitige Ölförderung ausbeutbaren Erdgasvorkommen Südamerikas verfügt. Der Gini-Koeffizient, der die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums misst, lag bei 0,6, was eine starke Ungleichverteilung des gesellschaftlichen Einkommens bedeutet. 10 % der Bevölkerung verfügen über 40 % des Gesamteinkommens.

Seit die Erdgasindustrie nach der Regierungsübernahme von Evo Morales erfolgreich verstaatlicht wurde, konnten die Staatseinnahmen erheblich gesteigert werden. Zeitgleich wurden auch die Zoll- und Steuerbehörden gestärkt, sodass auch von dieser Seite her ein Vielfaches an Einnahmen dem Staat zugehen. Die Exporte wurden im Zeitraum 2000–2013 etwa verzehnfacht, die extreme Armut konnte stark reduziert werden und damit auch die Ungleichheit. Durch das im Vergleich mit den meisten Ländern der Region höhere Wachstum und die stabile Geldpolitik erreicht die Bevölkerung Boliviens heute (Stand 2015) einen Lebensstandard, der mit vielen anderen Ländern der Region vergleichbar ist.

Ein zwischenzeitlich bedeutender Faktor war auch der Handelsvertrag der Völker (span.: Tratado de Comercio de los Pueblos (TCP)), der am 29. April 2006 von den Präsidenten der Länder Bolivien, Venezuela und Kuba unterzeichnet wurde. In diesem Vertrag verpflichten sich Venezuela und Kuba, bolivianische Sojabohnen zu kaufen und Bolivien in seinen Programmen zur Alphabetisierung und Gesundheitsversorgung und bei der Errichtung einer nationalen bolivianischen Fluggesellschaft zu unterstützen. Während der Präsidentschaft von Evo Morales pflegten diese drei Länder enge wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen.

Die 2009 angenommene neue Verfassung (s. o.) sieht ein neues, „pluralistisches“ Wirtschaftsmodell für Bolivien vor. Laut Verfassungstext strebt das Land ein gemischtes Modell aus staatlicher, gemein- und privatwirtschaftlicher Ökonomie mit sozialer Kontrolle an. Neben starken keynesianistischen Elementen enthält das Modell Nachhaltigkeits-Elemente aus dem indigenen Denken.

Aus regionaler Sicht kann man in Bolivien eine multipolare Struktur erkennen. Santa Cruz bildet traditionell das industriell am weitesten fortgeschrittene Zentrum – lediglich die aufstrebende Doppelmetropole La Paz/El Alto weist eine ähnlich hohe Aktivität auf. Im Süden liegt der Fokus der für das Land so wichtigen Erdgasförderung. Das Karnevalszentrum Oruro ist ein bedeutender Umschlagplatz für Importwaren, in seiner Umgebung befinden sich die größten Bergbaustandorte. Ein gern gewählter Ort für internationale Großveranstaltungen ist schließlich das zentral und auch klimatisch günstig gelegene Cochabamba.

Im Global Competitiveness Index, der die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes misst, belegte Bolivien Platz 121 von 138 Ländern (Stand 2016–2017). Im Index für wirtschaftliche Freiheit belegte Bolivien 2017 Platz 168 von 180 Ländern. Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft sind unter der Regierung von Evo Morales stark gestiegen.

Die drei FCAB-Einheiten GL26C-2 2005, 2010 und GT22CU-3 2402 erklimmen den Ascotan-Pass. Der Zug transportiert Bleierz von der Mine San Cristobal in Bolivien nach Antofagasta, Chile.
Eine proportionale Darstellung der bolivianischen Exporte, 2019
La Paz (oben) und Santa Cruz (Mitte) sind die wichtigsten Finanzzentren Boliviens. Junge Bergleute bei der Arbeit in Potosí (unten).

In der jüngeren Geschichte war Bolivien in Lateinamerika stets führend in Bezug auf Wirtschaftswachstum, Haushaltsstabilität und Währungsreserven. Das geschätzte Bruttoinlandsprodukt (BIP) Boliviens belief sich 2012 auf 27,43 Mrd. USD zum offiziellen Wechselkurs und 56,14 Mrd. USD zur Kaufkraftparität. Trotz einer Reihe von meist politischen Rückschlägen hat die Regierung Morales zwischen 2006 und 2009 ein Wachstum angekurbelt, das höher war als in den 30 Jahren zuvor. Das Wachstum wurde von einem moderaten Rückgang der Ungleichheit begleitet. Unter Morales verdoppelte sich das Pro-Kopf-BIP von 1.182 US-Dollar im Jahr 2006 auf 2.238 US-Dollar im Jahr 2012. Das BIP-Wachstum lag unter Morales bei durchschnittlich 5 Prozent pro Jahr, und 2014 schnitten in ganz Lateinamerika nur Panama und die Dominikanische Republik besser ab. Das nominale BIP Boliviens stieg von 11,5 Milliarden im Jahr 2006 auf 41 Milliarden im Jahr 2019.

Bolivien wies 2016 den höchsten Anteil an Finanzreserven aller Länder der Welt auf: Der bolivianische Fonds für Regentage belief sich auf rund 15 Milliarden US-Dollar oder fast zwei Drittel des gesamten jährlichen BIP, während es 2005 noch ein Fünftel des BIP war. Selbst der IWF war von Morales' finanzieller Umsicht beeindruckt.

Alle BIP-Werte sind in US-Dollar (Kaufkraftparität) angeben.

Historische Herausforderungen

Ein schwerer Schlag für die bolivianische Wirtschaft war der drastische Verfall des Zinnpreises Anfang der 1980er Jahre, der sich auf eine der Haupteinnahmequellen Boliviens und einen seiner wichtigsten Bergbauzweige auswirkte. Seit 1985 hat die bolivianische Regierung ein weitreichendes Programm zur makroökonomischen Stabilisierung und Strukturreform durchgeführt, das darauf abzielt, die Preisstabilität aufrechtzuerhalten, die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wachstum zu schaffen und die Knappheit zu verringern. Eine umfassende Reform des Zollwesens hat die Transparenz in diesem Bereich erheblich verbessert. Durch parallele Gesetzesreformen wurde eine marktliberale Politik eingeführt, insbesondere im Kohlenwasserstoff- und Telekommunikationssektor, die private Investitionen gefördert hat. Ausländischen Investoren wird die Inländerbehandlung gewährt.

Im April 2000 unterzeichnete Hugo Banzer, der ehemalige Präsident Boliviens, einen Vertrag mit Aguas del Tunari, einem privaten Konsortium, das die Wasserversorgung in Boliviens drittgrößter Stadt Cochabamba betreiben und verbessern sollte. Kurz darauf verdreifachte das Unternehmen die Wassertarife in dieser Stadt, was zu Protesten und Ausschreitungen unter denjenigen führte, die sich sauberes Wasser nicht mehr leisten konnten. Inmitten des landesweiten wirtschaftlichen Zusammenbruchs Boliviens und wachsender nationaler Unruhen über den Zustand der Wirtschaft war die bolivianische Regierung gezwungen, den Wasservertrag zurückzuziehen.

Einst war die bolivianische Regierung stark von ausländischer Hilfe abhängig, um Entwicklungsprojekte zu finanzieren und das öffentliche Personal zu bezahlen. Ende 2002 schuldete die Regierung ihren ausländischen Gläubigern 4,5 Mrd. $, davon 1,6 Mrd. $ an andere Regierungen und den Großteil des Restbetrags an multilaterale Entwicklungsbanken. Die meisten Zahlungen an andere Regierungen wurden seit 1987 mehrmals im Rahmen des Pariser Clubs umgeschuldet. Die externen Gläubiger waren dazu bereit, weil die bolivianische Regierung im Allgemeinen die in den IWF-Programmen seit 1987 festgelegten geld- und finanzpolitischen Ziele erreicht hat, obwohl Wirtschaftskrisen die normalerweise gute Bilanz Boliviens untergraben haben. Im Jahr 2013 macht die Auslandshilfe jedoch nur noch einen Bruchteil des Staatshaushalts aus, da die Steuereinnahmen hauptsächlich aus den profitablen Erdgasexporten nach Brasilien und Argentinien stammen.

Landwirtschaft

Bolivianischer Alpakahirte

Ein relativ großer Teil der Bevölkerung ist nach wie vor in der Landwirtschaft beschäftigt. Nur im tropischen Tiefland im Osten gibt es einigermaßen moderne Betriebe, im Altiplano mit seinen klimatisch ungünstigen Anbaubedingungen und bei den indigenen Gemeinschaften des Landes hingegen wird traditionell auf Subsistenz-Basis angebaut. Zudem existiert in der trockenen Punaregion eine extensive Fernweidewirtschaft mit Alpakas, die der Transhumanz der alten Welt sehr ähnlich ist. Die Nachfrage nach Alpakawolle führt zu einer stärkeren Marktorientierung der Weidewirtschaft und in der Folge zu Veränderungen der Viehzucht-Technologien und der Wanderzyklen. Eine verstärkte Nutzung kann allerdings das fragile Ökosystem gefährden. Dies trifft auch auf die großen Anstrengungen des bolivianischen Staates zu, der versucht, die Subsistenzbauern in die Marktwirtschaft zu integrieren, da damit immer eine Intensivierung des Anbaus verbunden ist. Mit staatlicher Unterstützung wird die Exportfähigkeit von Erzeugnissen wie Quinoa, Paranuss und Kakao vorangetrieben. Auf der anderen Seite wird mit der Förderung des Weizenanbaus der Importbedarf von Weizenmehl gesenkt.

Der kontrovers diskutierte Koka-Anbau bleibt nach wie vor einer der Hauptwirtschaftszweige des Landes, vor allem in den Regionen Yungas und Chapare. Von Seiten der USA wird er zu unterbinden versucht, doch ist dabei zu bedenken, dass Coca nicht nur ein Rohstoff für Kokain ist, sondern von der Bevölkerung der gesamten Andenregion als Heilungs- und Genussmittel genutzt wird, ob als Tee (mate de coca) oder zum Kauen. Um den Koka-Anbau ist ein heftiger Streit zwischen der Regierung und den Kokabauern entbrannt, der mit zu der chaotischen politischen Situation 2002–2003 führte. Der langjährige Präsident Evo Morales ist ein Anführer der Cocalero-(Kokabauern-)Bewegung.

Die Landwirtschaft ist für das BIP des Landes im Vergleich zum übrigen Lateinamerika weniger wichtig. Das Land produziert fast 10 Millionen Tonnen Zuckerrohr pro Jahr und ist der zehntgrößte Sojaproduzent der Welt. Auch die Erträge von Mais, Kartoffeln, Sorghum, Bananen, Reis und Weizen sind beträchtlich. Die wichtigsten Exportgüter des Landes sind Soja (Sojamehl und Sojabohnenöl). Die Sojakultur wurde von Brasilianern in das Land gebracht: 2006 waren fast 50 % der Sojaproduzenten in Bolivien Brasilianer oder Nachkommen von Brasilianern. Die ersten brasilianischen Erzeuger kamen in den 1990er Jahren ins Land. Davor gab es in Bolivien viel Land, das nicht genutzt wurde oder auf dem nur Subsistenzlandwirtschaft betrieben wurde.

Bodenschätze

Bolivien ist zwar seit jeher für seinen enormen Mineralienreichtum bekannt, ist aber geologisch und mineralogisch relativ wenig erforscht. Das Land, das im Herzen Südamerikas in den zentralen Anden liegt, ist reich an verschiedenen Mineralien und natürlichen Ressourcen. Bolivien verfügt über die größten Lithiumreserven der Welt, die zweitgrößten Antimonreserven, die drittgrößten Eisenerzreserven, die sechstgrößten Zinnreserven, die neuntgrößten Blei-, Silber- und Kupferreserven, die zehntgrößten Zinkreserven sowie nicht genannte, aber ergiebige Gold- und Wolframreserven. Darüber hinaus werden in den weitgehend unerforschten östlichen Regionen des Landes beträchtliche Uran- und Nickelreserven vermutet. Auch Diamantenvorkommen könnten in einigen Formationen der Serranías Chiquitanas im Departement Santa Cruz vorhanden sein.

Bolivien verfügt über die zweitgrößten Erdgasreserven in Südamerika. Seine Erdgasexporte bringen täglich Millionen von Dollar in Form von Lizenzgebühren, Pachten und Steuern ein. Von 2007 bis 2017 beliefen sich die so genannten "staatlichen Einnahmen" aus dem Erdgasexport auf rund 22 Milliarden Dollar.

Der größte Teil des bolivianischen Gases stammt aus den Megafeldern in San Alberto, San Antonio, Margarita und Incahuasi. Diese Gebiete liegen auf dem Territorium des indigenen Volkes der Guarani, und die Region wird von Nicht-Einwohnern häufig als abgelegenes Hinterland betrachtet.

Im Jahr 2005 führte die Regierung ein verbindliches Referendum über das Kohlenwasserstoffgesetz durch. Das Gesetz schreibt unter anderem vor, dass die Unternehmen ihre Produktion an die staatliche Kohlenwasserstoffgesellschaft Yacimientos Petroliferos Fiscales Bolivianos (YPFB) verkaufen müssen und dass die Inlandsnachfrage gedeckt sein muss, bevor Kohlenwasserstoffe exportiert werden können. Die Verabschiedung des Kohlenwasserstoffgesetzes gegen den damaligen Präsidenten Carlos Mesa kann als Teil des bolivianischen Gaskonflikts verstanden werden, der schließlich zur Wahl von Evo Morales, dem ersten indigenen Präsidenten Boliviens, führte.

Der US-amerikanische geologische Dienst schätzt, dass Bolivien über 21 Millionen Tonnen Lithium verfügt, was mindestens 25 % der weltweiten Reserven entspricht - die größten der Welt. Der Abbau von Lithium würde jedoch eine Störung der Salzebenen des Landes (Salar de Uyuni) bedeuten, einer wichtigen natürlichen Gegebenheit, die den Tourismus in der Region ankurbelt. Die Regierung möchte diese einzigartige Naturlandschaft nicht zerstören, um die weltweit steigende Nachfrage nach Lithium zu befriedigen. Andererseits bemüht sich die Regierung um eine nachhaltige Gewinnung von Lithium. Dieses Projekt wird von der staatlichen Gesellschaft "Recursos Evaporíticos", einer Tochtergesellschaft von COMIBOL, durchgeführt.

Es wird vermutet, dass Bolivien aufgrund der Bedeutung von Lithium für Batterien für Elektrofahrzeuge und die Stabilisierung von Stromnetzen mit großen Anteilen an intermittierenden erneuerbaren Energien im Strommix geopolitisch gestärkt werden könnte. Diese Perspektive wurde jedoch auch kritisiert, weil sie die Macht der wirtschaftlichen Anreize für eine Ausweitung der Produktion in anderen Teilen der Welt unterschätzt.

YPFB-Hauptsitz in El Prado, Nuestra Señora de La Paz
Satellitenbild von Bolivien
Salzsee Salar de Uyuni

Von der Kolonialzeit bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war die bolivianische Wirtschaft vor allem durch den Bergbau (Abbauprodukte Silber und Zinn) gekennzeichnet. Durch den Verfall der Rohstoffpreise in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und durch die zunehmende Erschöpfung der Rohstoffquellen sind die Erlöse aus dem Bergbau drastisch zurückgegangen und viele Bergleute entlassen worden. Möglicherweise könnte der Bergbau seine Bedeutung jedoch mit der Erschließung der Region „El Mutún“ (Eisenerz) wiedererlangen und noch viel mehr durch Lithiumvorkommen. Mit der Wiederbelebung des Bergbaus befasst sich die geowissenschaftliche Behörde des Landes, der Servicio Geológico Minero.

Bis etwa 2008 war Bolivien ein Netto-Exporteur von kleinen Mengen Erdöl und Ölprodukten. Das Land muss jedoch seither steigende Mengen an raffinierten Ölprodukten (Benzin, Diesel, Kerosin etc.) importieren, da die eigenen Raffineriekapazitäten noch zu gering sind und der Verbrauch stark steigt. Allerdings hat YPFB ein Investitionsprogramm gestartet, dass zu einer Deckung des Benzinbedarfs ab 2016 führen soll und auch die Importabhängigkeit bezüglich Diesel wieder reduzieren wird. Zudem wird weiter in die Kapazitäten für Flüssiggas investiert, die vor allem für den inländischen Konsum benötigt werden.

Devisenreserven

Die von der bolivianischen Zentralbank gehaltenen Devisen- und Goldreserven stiegen von 1,085 Milliarden US-Dollar im Jahr 2000 unter der Regierung von Hugo Banzer Suarez auf 15,282 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 unter der Regierung von Evo Morales.

Devisenreserven 2000-2014 (MM US$)
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Quelle: Banco Central de Bolivia, Gráfica elaborada por: Wikipedia.

Tourismus

Straßenszene in La Paz
Quechua in Tuichi

Der Tourismus hat in den letzten Jahren zwar einen hohen Zuwachs erfahren, ist aber trotzdem nur von untergeordneter Bedeutung – im Jahr 2004 kamen gerade einmal 367.000 ausländische Besucher ins Land. Die meisten Touristen reisen in die Hauptstadt, an den Titicacasee und zum Salar de Uyuni – nur etwa 10 % der Touristen entfallen auf die weite Ebene des Amazonasbeckens mit ihren 21 bolivianischen Nationalparks. Dazu zählt der Nationalpark Noel Kempff Mercado, seit dem Jahr 2000 zum Weltnaturerbe der UNESCO erklärt. Um diese und viele andere Schönheiten des Landes zu erhalten, haben sich eine Vielzahl von internationalen und nationalen Organisationen zum Erhalt von Lebensraum und Artenvielfalt gebildet, darunter zum Beispiel PRODENA (Prodefensa Association of Nature), FOBOMADE (Foro Boliviano sobre Medio Ambiente y Desarrollo), LIDEMA (Liga de Defensa del Medio Ambiente), Eco Bolivia Foundation und TROPICO (Bolivian Conservation Association).

Die landschaftliche Schönheit des Altiplano, aber auch der Amazonasregion, werden von immer mehr Ausländern geschätzt. Die Einheimischen sind in der Regel sehr heimatverbunden und reisen, wenn überhaupt, eher aus familiären, gesundheitlichen oder behördlichen Motiven. Massentourismus gibt es also kaum.

Hauptziele des Tourismus sind:

  • die Stadt La Paz als Regierungssitz und die Hauptstadt Sucre wegen ihrer kolonialen Bauten
  • Potosí mit den Minen und prachtvollen Bauten aus der goldenen Zeit der Stadt
  • der Titicacasee mit den „heiligen Inseln“ (Sonnen- und Mondinsel)
  • die Amazonasregion um Rurrenabaque
  • der Salar de Uyuni, der größte Salzsee der Welt
  • Tiwanaku, das religiöse und administrative Zentrum einer präkolumbischen Kultur

Ein jährliches Ereignis mit internationaler Beachtung ist der bolivianische Karneval, mit dem Karneval von Oruro als bedeutendster Veranstaltung. Für Fotografen und Naturliebhaber gibt es eine Reihe weiterer hochwertiger Ziele, darunter Tupiza (eine in einer vielfarbigen Gebirgslandschaft gelegene Kleinstadt im Süden), die Yungas und das Naturreservat Cordillera de Sama. Bei Touristen aus dem Inland und dem Norden Argentiniens ist das Valle Central de Tarija aufgrund der zahlreichen Weinkellereien beliebt.

Die touristische Infrastruktur ist in den meisten Fällen gut, die Preise vor allem für Europäer sehr niedrig. In den größeren Städten besteht eine gute Auswahl an günstigen und gehobenen Hotels, in Kleinstädten muss hingegen häufig auf einfachere Unterkünfte zurückgegriffen werden. Darüber hinaus gibt es Bestrebungen, den Gemeinschaftstourismus (turismo comunitario) zu fördern, wo Besucher die regionale Kultur und Natur besonders hautnah erleben können, etwa in der Chiquitania bei Santa Cruz oder in San Pedro de Sola bei Tarija.

Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung in Bolivien kein Englisch spricht, hat sich Bolivien zu einem Reiseland für Rucksacktouristen entwickelt, nachdem ein Netz von Jugendherbergen in Bolivien aufgebaut wurde. Die steigende Kriminalitätsrate im Land hat jedoch auch zu einem Anstieg der Überfälle auf allein reisende Touristen geführt. So kommt es zum Beispiel vereinzelt vor, dass Touristen von falschen Taxifahrern und angeblichen Polizisten ausgeraubt werden.

Der Salar de Uyuni, einer der meistbesuchten Orte Boliviens.

Die Einnahmen aus dem Tourismus haben zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die bolivianische Tourismusindustrie hat einen Schwerpunkt auf die Anziehung der ethnischen Vielfalt gelegt. Zu den meistbesuchten Orten gehören der Nevado Sajama, der Torotoro-Nationalpark, der Madidi-Nationalpark, Tiwanaku und die Stadt La Paz.

Das bekannteste der verschiedenen Feste des Landes ist der "Carnaval de Oruro", der im Mai 2001 von der UNESCO zu einem der ersten 19 "Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit" erklärt wurde.

Straßen

85 % des gesamten Waren- und Personenverkehrs des Landes spielen sich auf dem zu zwei Dritteln unbefestigten Straßennetz Boliviens ab. Auf dem südamerikanischen Kontinent, der im Vergleich zu anderen Weltregionen einen gravierenden Mangel an Infrastruktur aufweist, nimmt Bolivien damit einen der letzten Plätze bezüglich des Verhältnisses Fläche/Straßenkilometer ein. Bis 2001 waren nur fünf Prozent der Straßen asphaltiert oder betoniert und die restlichen Straßen geschottert. Mittlerweile wird jedoch der Straßenausbau deutlich vorangetrieben und fast alle Straßen zwischen den großen Städten sind vollständig asphaltiert. Das gesamte Straßennetz umfasste 2010 etwa 80.488 km, wovon 9.792 km asphaltiert sind. Zwischen La Paz und Oruro wurde im Februar 2015 die erste vierspurige Überlandstraße eröffnet. Durch die geographischen Gegebenheiten kommt es jedoch häufig zu Steinabgängen, da viele Strecken, vor allem in den bergigen Regionen, an großen Bergen oder Felsen entlanglaufen. Da das Klima vor allem im Tiefland durch ausgedehnte Regenzeiten gekennzeichnet ist, kann es zu Schlammlawinen kommen oder können Straßen vollständig überflutet werden. Regelmäßig kommt es wegen mangelhafter Straßenqualität zu schweren Verkehrsunfällen. Darüber hinaus ist die Versorgung mit Kraftstoff in vielen Teilen des Landes recht schwierig. So gibt es abseits der großen Städte oftmals nur an wenigen Tagen in der Woche Benzin oder Diesel, wobei oft auch die Abgabemenge limitiert wird. Der nationale Einheitspreis für die beiden verfügbaren Kraftstoffsorten lag im August 2012 für einheimische Fahrzeuge bei 3,73 BOB/Liter bzw. umgerechnet bei ca. 0,43 €/Liter. Da der Kraftstoff staatlich subventioniert ist, wird bei Fahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen deutlich mehr verlangt.

Die bolivianische Yungas-Straße wurde von der Interamerikanischen Entwicklungsbank als "gefährlichste Straße der Welt" bezeichnet, auf Spanisch "El Camino de la Muerte". Der nördliche Teil der Straße, der größtenteils unbefestigt und ohne Leitplanken ist, wurde in den 1930er Jahren in die Cordillera Oriental geschnitten. Das Gefälle des schmalen 3,7 m (12 Fuß) langen Weges beträgt an manchen Stellen bis zu 610 m (2.000 Fuß), und aufgrund des feuchten Wetters aus dem Amazonasgebiet kommt es häufig zu schlechten Bedingungen wie Schlammlawinen und Steinschlag. Jedes Jahr fahren über 25.000 Radfahrer auf der 64 km langen Strecke. Im Jahr 2018 wurde eine israelische Frau durch einen Steinschlag getötet, als sie auf der Straße radelte.

Die Apolo-Straße führt tief nach La Paz hinein. Die Straßen in diesem Gebiet wurden ursprünglich gebaut, um den Zugang zu den Minen in der Nähe von Charazani zu ermöglichen. Weitere nennenswerte Straßen führen nach Coroico, Sorata, in das Zongo-Tal (Illimani-Berg) und entlang der Cochabamba-Autobahn (carretera). Nach Angaben von Forschern des Center for International Forestry Research (CIFOR) war das bolivianische Straßennetz 2014 noch immer unterentwickelt. In den Tieflandgebieten Boliviens gibt es weniger als 2.000 Kilometer (2.000.000 m) asphaltierte Straße. In jüngster Zeit wurden einige Investitionen getätigt; in Guayaramerín wurde die Viehzucht ausgeweitet, was auf eine neue Straße zurückzuführen sein könnte, die Guayaramerín mit Trinidad verbindet. Erst 2015 wurde die erste doppelte Autobahn des Landes eröffnet: eine 203 km lange Strecke zwischen der Hauptstadt La Paz und Oruro.

Luftverkehr

Boliviana de Aviación (BoA) ist ein staatliches Unternehmen und die größte Fluggesellschaft des Landes. Zwei Boeing 737-300 der BoA, geparkt auf dem internationalen Flughafen Jorge Wilstermann.

Die Generaldirektion für Zivilluftfahrt (Dirección General de Aeronáutica Civil-DGAC), die früher zur FAB gehörte, verwaltet eine Zivilluftfahrtschule, das Nationale Institut für Zivilluftfahrt (Instituto Nacional de Aeronáutica Civil-INAC), sowie die beiden kommerziellen Luftverkehrsdienste TAM und TAB.

TAM - Transporte Aéreo Militar (die bolivianische Militärfluggesellschaft) war eine Fluggesellschaft mit Sitz in La Paz, Bolivien. Sie war der zivile Flügel der 'Fuerza Aérea Boliviana' (der bolivianischen Luftwaffe) und führte Passagierflüge zu abgelegenen Städten und Gemeinden im Norden und Nordosten Boliviens durch. TAM (auch bekannt als TAM Group 71) ist seit 1945 Teil der FAB. Die Fluggesellschaft hat ihren Betrieb seit dem 23. September 2019 eingestellt.

Boliviana de Aviación, oft einfach als BoA bezeichnet, ist die Flaggenfluggesellschaft Boliviens und befindet sich zu 100 % im Besitz der Regierung des Landes.

Eine private Fluggesellschaft, die regionale Ziele bedient, ist Línea Aérea Amaszonas, die auch einige internationale Ziele anfliegt.

TAB - Transportes Aéreos Bolivianos - ist zwar ein ziviles Luftfahrtunternehmen, wurde aber 1977 als Tochtergesellschaft der FAB gegründet. Sie ist der Luftverkehrsverwaltung (Gerencia de Transportes Aéreos) unterstellt und wird von einem FAB-General geleitet. TAB ist eine Charter-Schwergutfluggesellschaft, die Bolivien mit den meisten Ländern der westlichen Hemisphäre verbindet; zu ihrem Inventar gehört eine Flotte von Hercules C130-Flugzeugen. Der Hauptsitz von TAB befindet sich in der Nähe des internationalen Flughafens El Alto. TAB fliegt nach Miami und Houston, mit einer Zwischenlandung in Panama.

Die drei größten und wichtigsten internationalen Flughäfen in Bolivien sind der internationale Flughafen El Alto in La Paz, der internationale Flughafen Viru Viru in Santa Cruz und der internationale Flughafen Jorge Wilstermann in Cochabamba. Es gibt regionale Flughäfen in anderen Städten, die mit diesen drei Drehkreuzen verbunden sind.

Nicht mehr aktiv sind die folgenden Fluggesellschaften:

  • LAB – Boliviens frühere wichtigste Fluggesellschaft mit Zielen in Süd-, Mittel- und Nordamerika. Nach verschiedenen finanziellen Problemen seit 2006 nicht mehr tätig.
  • AeroSur – eine 1992 gegründete Fluggesellschaft, Flüge zu verschiedenen Zielen in Nord-, Mittel- und Südamerika, später auch nach Europa. Im Jahr 2012 wurde der Betrieb eingestellt.

Technologie

Bolivien besitzt einen Kommunikationssatelliten mit dem Namen Túpac Katari 1, der von China ausgelagert und gestartet wurde. 2015 wurde bekannt gegeben, dass ein geplanter 300-Millionen-Dollar-Kernreaktor, der von der russischen Atomgesellschaft Rosatom entwickelt wurde, zu den Fortschritten im Bereich der elektrischen Energie gehört. Bolivien liegt im Jahr 2021 auf Platz 104 des globalen Innovationsindex, gegenüber Platz 110 im Jahr 2019.

Wasserversorgung und Abwasserentsorgung

Die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung in Bolivien hat sich seit 1990 dank einer beträchtlichen Steigerung der sektoralen Investitionen stark verbessert. Dennoch hat das Land den niedrigsten Versorgungsgrad des Kontinents und die Qualität der Dienstleistungen ist gering. Die politische und institutionelle Instabilität hat zur Schwächung der Institutionen des Sektors auf nationaler und lokaler Ebene beigetragen.

Zwei Konzessionen an ausländische Privatunternehmen in zwei der drei größten Städte - Cochabamba und La Paz/El Alto - wurden im Jahr 2000 bzw. 2006 vorzeitig beendet. Die zweitgrößte Stadt des Landes, Santa Cruz de la Sierra, verwaltet ihr eigenes Wasser- und Abwassersystem relativ erfolgreich mit Hilfe von Genossenschaften. Die Regierung von Evo Morales beabsichtigt, die Bürgerbeteiligung in diesem Sektor zu stärken. Um die Versorgung zu verbessern, ist eine erhebliche Aufstockung der Investitionsmittel erforderlich.

Nach Angaben der Regierung sind die Hauptprobleme des Sektors der geringe Zugang zu sanitären Einrichtungen im ganzen Land, der geringe Zugang zu Wasser in ländlichen Gebieten, unzureichende und ineffektive Investitionen, die geringe Sichtbarkeit kommunaler Dienstleister, die mangelnde Achtung indigener Bräuche, "technische und institutionelle Schwierigkeiten bei der Planung und Durchführung von Projekten", fehlende Kapazitäten für den Betrieb und die Instandhaltung der Infrastruktur, ein institutioneller Rahmen, der "nicht mit dem politischen Wandel im Land übereinstimmt", "Unklarheiten in den sozialen Beteiligungssystemen", eine Verringerung der Wassermenge und -qualität aufgrund des Klimawandels sowie die Wasserqualität aufgrund des Klimawandels, Verschmutzung und fehlendes integriertes Management der Wasserressourcen sowie das Fehlen von Strategien und Programmen für die Wiederverwendung von Abwässern.

Nur 27 % der Bevölkerung haben Zugang zu verbesserten sanitären Einrichtungen, 80 bis 88 % haben Zugang zu verbesserten Wasserquellen. Der Versorgungsgrad in städtischen Gebieten ist größer als in ländlichen Gebieten.

Einige Regionen Boliviens stehen weitgehend unter der Herrschaft der Ganaderos, der großen Vieh- und Schweinebesitzer, und viele Kleinbauern sind immer noch zu Leibeigenen degradiert. Dennoch ist die Präsenz des Staates unter der Regierung von Evo Morales deutlich gestärkt worden. Die Regierung neigt dazu, den Interessen der Großgrundbesitzer entgegenzukommen, während sie versucht, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kleinbauern zu verbessern.

Landwirtschaft

Die von Evo Morales versprochene Agrarreform, der in einem Referendum fast 80 Prozent der Bevölkerung zugestimmt haben, ist nie umgesetzt worden. Sie sollte den Latifundismus abschaffen, indem sie die maximale Größe von Grundstücken, die keine "wirtschaftliche und soziale Funktion" haben, auf 5.000 Hektar reduzierte, während der Rest unter kleinen Landarbeitern und landlosen Indigenen verteilt werden sollte, und wurde von der bolivianischen Oligarchie heftig bekämpft. Im Jahr 2009 gab die Regierung der Agrarindustrie nach, die sich im Gegenzug verpflichtete, den von ihr ausgeübten und gefährdeten Druck zu beenden, bis die neue Verfassung in Kraft ist.

Eine Reihe von Wirtschaftsreformen und Projekten hat jedoch die Lage der bescheidenen Bauernfamilien verbessert. Sie erhielten Landmaschinen, Traktoren, Dünger, Saatgut und Zuchttiere, während der Staat Bewässerungssysteme, Straßen und Brücken baute, um ihnen den Verkauf ihrer Erzeugnisse auf den Märkten zu erleichtern. Die Situation vieler indigener Völker und Kleinbauern wurde durch die Vergabe von Landtiteln für das von ihnen genutzte Land geregelt.

Im Jahr 2007 gründete die Regierung eine "Bank für produktive Entwicklung", über die Kleinarbeiter und landwirtschaftliche Erzeuger problemlos Kredite zu niedrigen Zinssätzen und mit an die landwirtschaftlichen Zyklen angepassten Rückzahlungsbedingungen aufnehmen können. Infolge einer verbesserten Bankenaufsicht wurden die Kreditzinsen für kleine und mittlere landwirtschaftliche Erzeuger zwischen 2014 und 2019 bei allen Bankinstituten um das Dreifache gesenkt. Außerdem schreibt das Gesetz nun vor, dass die Banken mindestens 60 % ihrer Mittel für produktive Kredite oder den Bau von Sozialwohnungen einsetzen müssen.

Mit der Gründung des Unternehmens zur Unterstützung der Nahrungsmittelproduktion (Emapa) versuchte die Regierung, den Binnenmarkt für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu stabilisieren, indem sie die besten Preise für die Produktion kleiner und mittlerer Landwirte kaufte und so die Agrarunternehmen zwang, ihnen eine gerechtere Vergütung zu bieten. Laut Vizepräsident Àlvaro García Linera "stellt der Staat durch die Festlegung der Spielregeln ein neues Machtgleichgewicht her, das den Kleinerzeugern mehr Macht verleiht. Der Reichtum wird besser umverteilt, um die Macht der Agrarindustrie auszugleichen. Dies führt zu Stabilität, die die Wirtschaft gedeihen lässt und allen zugute kommt.

Elektrizitätsversorgung

Im Jahre 2012 lag Bolivien bzgl. der jährlichen Erzeugung mit 6,944 Mrd. kWh an Stelle 102 und bzgl. der installierten Leistung mit 1.365 MW an Stelle 119 in der Welt. Die installierte Leistung lag 2011 bei 1.221 MW, davon entfielen auf kalorische Kraftwerke 745 MW und auf Wasserkraftwerke 475 MW. Der Stromverbrauch stieg von 2,7 Mrd. kWh im Jahre 1996 auf 6,2 Mrd. kWh im Jahre 2011. Bis 2022 soll sich der Stromverbrauch auf 13,7 Mrd. kWh erhöhen.

Die Netzfrequenz in Bolivien beträgt 50 Hz. Neben dem staatlichen Stromversorger Empresa Nacional de Electricidad (ENDE) gibt es eine Reihe weiterer Stromerzeuger, mehrere Verteilnetzbetreiber sowie drei Übertragungsnetzbetreiber. In Bolivien existiert ein Verbundnetz, das Sistema Interconectado Nacional (SIN) sowie diverse Inselnetze. Die Erzeugungskapazität der Inselnetze lag 2013 bei 179 MW. Bis 2025 sollen eine Reihe von Inselnetzen an das SIN angeschlossen werden.

Im Jahre 2001 waren 64 % der Bevölkerung an das Stromnetz angeschlossen (89 % der Städter, aber nur 25 % der Landbevölkerung). Bis 2010 stiegen diese Werte auf 77 % (90 % Stadt, 53 % Land). Bis zum Jahre 2025 sollen dann alle Einwohner Boliviens Zugang zum Stromnetz haben.

Es gibt ehrgeizige Pläne, das Wasserkraft-Energieversorgungssystem an diversen Flüssen Boliviens auszubauen, um den überschüssigen Strom zu exportieren. Das Wasserkraftpotenzial wird auf 20.000 MW geschätzt. Am Río Beni ist z. B. das Kraftwerk El Bala mit 1600–4000 MW geplant.

Der Präsident Boliviens, Evo Morales, beabsichtigt auf längere Sicht auch die Nutzung der Kernenergie. 2015 wurde eine Vereinbarung zwischen der russischen ROSATOM und Bolivien unterzeichnet, die eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet vorsieht. Ab 2016 soll zunächst ein Forschungszentrum in El Alto errichtet werden.

Industrie

Die Industrie ist wenig entwickelt, Hauptindustriezweige sind die Lebensmittelindustrie und die Metallverarbeitung. Das Handwerk und die einfache Werkstattfertigung spielt vielerorts noch eine wichtige Rolle. Dank der Vervielfachung des Staatshaushalts seit den Verstaatlichungen ab 2006 konnten jedoch eine Reihe von größeren Industrieprojekten auf den Weg gebracht werden, darunter eine Computer-Montage, eine Petrochemie-Fabrik und ein Hersteller von Kartonagen.

Private Investitionen in industrielle Anlagen bestehen allerdings nur in relativ geringem Umfang. Diese zielen eher auf Kleinbetriebe, Dienstleister und die Beteiligung an der Ausbeutung der natürlichen Rohstoffe.

Daneben wird von staatlicher Seite versucht, aus dem vielfältigen Schatz an Naturheilmitteln und wilden Früchten Kapital zu schlagen. So hofft Bolivien beispielsweise, über die industrielle Herstellung von Koka-Nutzprodukten auch ausländische Märkte zu erobern. Der für die Amazonas-Region wichtigen Paranuss wurde beispielsweise durch gezielte Investitionen erfolgreich wieder zur Exportfähigkeit verholfen und gleichzeitig die Weiterverarbeitung vor Ort gesichert.

Demografische Daten

Einwohnerzahl
Jahr Millionen
1950 3.1
2000 8.3
2021 12.1
Menschen im Stadtzentrum von La Paz

Nach den letzten beiden Volkszählungen des Nationalen Statistikinstituts Boliviens (Instituto Nacional de Estadística, INE) stieg die Bevölkerung von 8.274.325 (davon 4.123.850 Männer und 4.150.475 Frauen) im Jahr 2001 auf 10.059.856 im Jahr 2012.

In den letzten fünfzig Jahren hat sich die bolivianische Bevölkerung verdreifacht und eine Wachstumsrate von 2,25 % erreicht. In den Zeiträumen zwischen den Volkszählungen (1950-1976 und 1976-1992) betrug das Bevölkerungswachstum etwa 2,05 %, während es im letzten Zeitraum (1992-2001) jährlich 2,74 % erreichte.

Etwa 67,49 % der Bolivianer leben in städtischen Gebieten, während die restlichen 32,51 % in ländlichen Gebieten leben. Der größte Teil der Bevölkerung (70 %) konzentriert sich in den Departements La Paz, Santa Cruz und Cochabamba. In der Andenregion Altiplano haben die Departements La Paz und Oruro den größten Bevölkerungsanteil, in der Talregion die Departements Cochabamba und Chuquisaca und in der Region Llanos die Departements Santa Cruz und Beni. Auf nationaler Ebene beträgt die Bevölkerungsdichte 8,49, mit deutlichen Schwankungen zwischen 0,8 (Departement Pando) und 26,2 (Departement Cochabamba).

Das größte Bevölkerungszentrum befindet sich in der so genannten "Zentralachse" und in der Region Llanos. Bolivien hat eine junge Bevölkerung. Laut der Volkszählung 2011 sind 59 % der Bevölkerung zwischen 15 und 59 Jahre alt, 39 % sind jünger als 15 Jahre. Fast 60 % der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre.

Genetik

Laut einer genetischen Studie, die an Bolivianern durchgeführt wurde, liegen die Durchschnittswerte der indianischen, europäischen und afrikanischen Abstammung bei 86 %, 12,5 % und 1,5 % bei Personen aus La Paz bzw. 76,8 %, 21,4 % und 1,8 % bei Personen aus Chuquisaca.

Ethnische und rassische Klassifizierungen

Danza de los macheteros, typischer Tanz aus San Ignacio de Moxos, Bolivien
Aymara-Mann, in der Nähe des Titicacasees, Bolivien

Die überwiegende Mehrheit der Bolivianer sind Mestizen (wobei der Anteil der indigenen Bevölkerung höher ist als der der Europäer), obwohl die Regierung die kulturelle Selbstbezeichnung "Mestize" bei der Volkszählung im November 2012 nicht berücksichtigt hat. Es gibt etwa drei Dutzend indigene Gruppen, die zusammen etwa die Hälfte der bolivianischen Bevölkerung ausmachen - der größte Anteil indigener Menschen in ganz Amerika. Die genauen Zahlen variieren je nach dem Wortlaut der Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit und den verfügbaren Antwortmöglichkeiten. Bei der Volkszählung 2001 wurde beispielsweise die Rassenkategorie "Mestize" nicht als Antwortmöglichkeit angeboten, was dazu führte, dass ein viel höherer Anteil der Befragten sich selbst als zu einer der verfügbaren indigenen Ethnien gehörig bezeichnete. Mestizen sind über das ganze Land verteilt und machen 26 % der bolivianischen Bevölkerung aus, wobei die Mestizen in den Departements Beni, Santa Cruz und Tarija überwiegen. Die meisten Menschen nehmen ihre Mestizo-Identität an und identifizieren sich gleichzeitig mit einer oder mehreren indigenen Kulturen. Nach einer Schätzung aus dem Jahr 2018 sind 68 % Mestizen (eine Mischung aus Weißen und Indianern), 20 % Indigene, 5 % Weiße, 2 % Cholo, 1 % Schwarze, 4 % Sonstige und 2 % ohne nähere Angaben. 44 % der Befragten ordneten sich einer indigenen Gruppe zu, vor allem den sprachlichen Kategorien der Quechuas oder Aymaras. Weiße Bolivianer machten 2006 etwa 14 % der Bevölkerung aus und leben vor allem in den größten Städten: La Paz, Santa Cruz de la Sierra und Cochabamba, aber auch in einigen kleineren Städten wie Tarija und Sucre. Die Vorfahren der Weißen und die weißen Vorfahren der Mestizen stammen aus Europa und dem Nahen Osten, vor allem aus Spanien, Italien, Deutschland, Kroatien, dem Libanon und Syrien. Im Departement Santa Cruz gibt es mehrere Dutzend Kolonien deutschsprachiger Mennoniten aus Russland mit insgesamt rund 40.000 Einwohnern (Stand 2012).

Afro-Bolivianer, Nachkommen afrikanischer Sklaven, die zur Zeit des spanischen Reiches kamen, leben im Departement La Paz, hauptsächlich in den Provinzen Nor Yungas und Sud Yungas. Die Sklaverei wurde in Bolivien im Jahr 1831 abgeschafft. Es gibt auch bedeutende Gemeinschaften von Japanern (14.000) und Libanesen (12.900).

Indigene Völker, auch "originarios" ("Eingeborene" oder "Ursprüngliche") und seltener "Amerindians" genannt, können nach geografischen Gebieten kategorisiert werden, z. B. die Andenvölker, wie die Aymaras und Quechuas (die das alte Inkareich bildeten), die in den westlichen Departements La Paz, Potosí, Oruro, Cochabamba und Chuquisaca konzentriert sind. Im Osten leben ethnische Gruppen wie die Chiquitano, Chané, Guaraní und Moxos, die unter anderem in den Departements Santa Cruz, Beni, Tarija und Pando ansässig sind.

Es gibt eine kleine Anzahl europäischer Bürger aus Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal sowie aus anderen Ländern Amerikas, wie Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Kuba, Ecuador, den Vereinigten Staaten, Paraguay, Peru, Mexiko und Venezuela, um nur einige zu nennen. Wichtige peruanische Kolonien gibt es in La Paz, El Alto und Santa Cruz de la Sierra.

In Bolivien gibt es etwa 140 000 Mennoniten friesischer, flämischer und deutscher Herkunft.

Im Gegensatz zu den kleinen und kleinsten indigenen Gruppen, von denen drei in absehbarer Zeit vermutlich aussterben werden, konnten die großen und mittelgroßen Bevölkerungsgruppen wie Chiquitanos (180.000), Guaraní (130.000), Moxeños (80.000) und Afrobolivianer (20.000) sogar Bevölkerungszuwächse verzeichnen. Gleichzeitig erleben die genannten Gruppen einen Prozess der Rückbesinnung auf ihre Wurzeln und ein Erstarken ihrer kulturellen Identität. In weiten Teilen des Landes bemühen sich Eltern, ihre indigene Sprache nicht an ihre Kinder weiterzugeben, um ihnen dadurch wirkliche oder vermeintliche Nachteile bei der schulischen Bildung zu ersparen. Allerdings gibt es inzwischen Bestrebungen, die Landkinder in ihrer indigenen Muttersprache zu alphabetisieren und diese Sprachen auch für gewisse Studien (beispielsweise Lehramt, Medizin) als Pflicht- oder wenigstens Freifach vorzuschreiben. Ein zumindest symbolischer Meilenstein für die Bemühungen um den Erhalt der indigenen Kulturen war die Verfassungsänderung von 1994, mit der Bolivien nun auch offiziell als multikulturelle, pluriethnische Gesellschaft anerkannt wurde. In der neuen Verfassung von 2009 werden umfangreiche Rechte für die naciones y pueblos indígena originario campesinos festgeschrieben.

Der Willakatuti ist ein staatlicher Feiertag am 21. Juni.

Indigene Völker

Die indigenen Völker Boliviens lassen sich in zwei Kategorien ethnischer Gruppen unterteilen: die Andenbewohner, die auf der Hochebene der Anden und in den Tälern leben, und die Tieflandbewohner, die in den warmen Regionen Zentral- und Ostboliviens leben, darunter in den Tälern des Departements Cochabamba, in den Gebieten des Amazonasbeckens im Norden des Departements La Paz und in den Tieflanddepartements Beni, Pando, Santa Cruz und Tarija (einschließlich der Region Gran Chaco im Südosten des Landes). Zahlreiche Andenvölker sind ebenfalls eingewandert und haben im Tiefland Quechua-, Aymara- und interkulturelle Gemeinschaften gebildet.

  • Ethnien in den Anden
    • Aymara-Völker. Sie leben auf der Hochebene der Departements La Paz, Oruro und Potosí sowie in einigen kleinen Regionen in der Nähe des tropischen Flachlands.
    • Quechua-Volk. Sie leben hauptsächlich in den Tälern von Cochabamba und Chuquisaca. Sie bewohnen auch einige Bergregionen in Potosí und Oruro. Sie unterteilen sich in verschiedene Quechua-Völker, wie die Tarabucos, Ucumaris, Chalchas, Chaquies, Yralipes, Tirinas und andere.
    • Uru-Volk
  • Ethnien des östlichen Tieflandes
    • Guaraníes: bestehend aus Guarayos, Pausernas, Sirionós, Chiriguanos, Wichí, Chulipis, Taipetes, Tobas und Yuquis.
    • Tacanas: besteht aus Lecos, Chimanes, Araonas und Maropas.
    • Panos: bestehend aus Chacobos, Caripunas, Sinabos, Capuibos und Guacanaguas.
    • Aruacos: besteht aus Apolistas, Baures, Moxos, Chané, Movimas, Cayabayas, Carabecas und Paiconecas (Paucanacas).
    • Chapacuras: bestehend aus Itenez (More), Chapacuras, Sansinonianos, Canichanas, Itonamas, Yuracares, Guatoses und Chiquitanos.
    • Botocudos: Besteht aus Bororos und Otuquis.
    • Zamucos: setzt sich aus Ayoreos zusammen.

Sprache

Bolivien hat aufgrund seiner Multikulturalität eine große sprachliche Vielfalt. In der bolivianischen Verfassung sind neben Spanisch 36 Amtssprachen anerkannt: Aymara, Araona, Baure, Bésiro, Canichana, Cavineño, Cayubaba, Chácobo, Chimán, Ese Ejja, Guaraní, Guarasu'we, Guarayu, Itonama, Leco, Machajuyai-Kallawaya, Machineri, Maropa, Mojeño-Ignaciano, Mojeño-Trinitario, Moré, Mosetén, Movima, Pacawara, Puquina, Quechua, Sirionó, Tacana, Tapieté, Toromona, Uru-Chipaya, Weenhayek, Yaminawa, Yuki, Yuracaré, und Zamuco.

Kirche von San Lorenzo de Carangas, Potosí, Mitte des 16. Jahrhunderts-1744.

Laut der Volkszählung von 2001 ist Spanisch die meistgesprochene Amtssprache des Landes, da sie von zwei Dritteln der Bevölkerung gesprochen wird. Alle juristischen und offiziellen Dokumente des Staates, einschließlich der Verfassung, der wichtigsten privaten und öffentlichen Institutionen, der Medien und des Handels, sind in Spanisch verfasst.

Die wichtigsten indigenen Sprachen sind: Quechua (21,2 % der Bevölkerung bei der Volkszählung 2001), Aymara (14,6 %), Guarani (0,6 %) und andere (0,4 %), darunter die Moxos im Departement Beni.

Plautdietsch, ein deutscher Dialekt, wird von etwa 70.000 Mennoniten in Santa Cruz gesprochen. Portugiesisch wird hauptsächlich in den Gebieten in der Nähe von Brasilien gesprochen.

Unter der Führung von Präsident Evo Morales wurde in Bolivien die zweisprachige Erziehung eingeführt. Sein Programm legte den Schwerpunkt auf den Ausbau der indigenen Sprachen in den Bildungssystemen des Landes.

Indigenes Mädchen auf der Isla del Sol am Titicacasee

Religion

Religion in Bolivien (2014)

  Katholisch (77%)
  Protestantisch (16%)
  Andere (3%)
  Keine Religion (4%)

Bolivien ist ein verfassungsmäßig säkularer Staat, der die Religionsfreiheit und die Unabhängigkeit der Regierung von der Religion garantiert.

Laut der vom Nationalen Institut für Statistik Boliviens durchgeführten Volkszählung von 2001 sind 78 % der Bevölkerung römisch-katholisch, gefolgt von 19 % Protestanten, einer kleinen Anzahl orthodoxer Bolivianer und 3 % Nicht-Religiösen.

Die Association of Religion Data Archives (die sich auf die World Christian Database stützt) gibt an, dass sich im Jahr 2010 92,5 % der Bolivianer als Christen (gleich welcher Konfession) bezeichneten, 3,1 % als Indigene, 2,2 % als Baháʼí, 1,9 % als Agnostiker und alle anderen Gruppen 0,1 % oder weniger ausmachten.

Ein Großteil der indigenen Bevölkerung hält sich an verschiedene traditionelle Glaubensrichtungen, die durch Inkulturation oder Synkretismus mit dem Christentum gekennzeichnet sind. Erwähnenswert ist der Kult der Pachamama, der "Mutter Erde". Die Verehrung der Jungfrau von Copacabana, der Jungfrau von Urkupiña und der Jungfrau von Socavón ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des christlichen Pilgerwesens. Außerdem gibt es in der Nähe des Titicacasees bedeutende aymarische Gemeinschaften, die den Apostel Jakobus stark verehren. Zu den in Bolivien verehrten Gottheiten gehören Ekeko, der aymaranische Gott des Überflusses und des Wohlstands, dessen Tag am 24. Januar gefeiert wird, und Tupá, ein Gott des Guaraní-Volkes.

Laut dem Zensus 2001 bezeichnen sich 78 % der Bevölkerung als Katholiken, 19 % gaben an, einer protestantischen oder evangelikalen Richtung anzuhängen. In den urbanen Gebieten ist der katholische Anteil etwas höher als im ländlichen Raum. Bis zum Inkrafttreten der neuen Verfassung war der Katholizismus Staatsreligion. Nur 2,5 % gaben 2001 an, überhaupt nicht religiös zu sein. Weitere Religionen haben insgesamt nur einen sehr geringen Anteil, darunter auch die wenigen noch existenten ethnischen Religionen der Indigenen. Allerdings gibt es regional sehr stark präsente Gemeinden der Zeugen Jehovas, des Islams, des Bahaitums und anderer. Weit verbreitet ist auch der Synkretismus, der den christlichen Glauben mit Elementen der traditionellen Weltanschauung der indigenen Bevölkerung mischt. Seit der Machtübernahme durch die Bewegung von Präsident Morales wurden diese stark aufgewertet und entsprechende Rituale erreichen immer mehr Bevölkerungsschichten.

Größte Städte und Gemeinden

Etwa 67 % der Bolivianer leben in städtischen Gebieten, was einer der niedrigsten Anteile in Südamerika ist. Dennoch wächst die Urbanisierungsrate stetig, und zwar um etwa 2,5 % jährlich. Laut der Volkszählung von 2012 gibt es in Bolivien insgesamt 3.158.691 Haushalte - ein Anstieg um 887.960 gegenüber 2001. Im Jahr 2009 waren 75,4 % der Haushalte als Haus, Hütte oder Pahuichi klassifiziert; 3,3 % waren Wohnungen; 21,1 % waren Mietwohnungen; und 0,1 % waren Wohnmobile. Die meisten der größten Städte des Landes befinden sich im Hochland der westlichen und zentralen Regionen.

Größte Städte oder Gemeinden in Bolivien
Volkszählung 2012, INE
Rang Departement Bevölkerung. Rang Departement Bevölkerung.
Santa Cruz de la Sierra
Santa Cruz de la Sierra
El Alto
El Alto
1 Santa Cruz de la Sierra Santa Cruz 1,453,549 11 Montero Santa Cruz 109,518 La Paz
La Paz
Cochabamba
Cochabamba
2 El Alto La Paz 848,840 12 Trinidad Beni 106,422
3 La Paz La Paz 764,617 13 Warnes Santa Cruz 96,406
4 Cochabamba Cochabamba 630,587 14 Yacuíba Tarija 91,998
5 Oruro Oruro 264,683 15 La Guardia Santa Cruz 89,080
6 Sucre Chuquisaca 259,388 16 Riberalta Beni 89,003
7 Tarija Tarija 205,346 17 Viacha La Paz 80,388
8 Potosí Potosí 189,652 18 Villa Tunari Cochabamba 72,623
9 Sacaba Cochabamba 169,494 19 Cobija Pando 55,692
10 Quillacollo Cochabamba 137,029 20 Tiquipaya Cochabamba 53,062

Kultur

Bolivianische Kinder spielen Tarka

Die bolivianische Kultur wurde stark von den Spaniern, den Aymara und den Quechua sowie von den Volkskulturen Lateinamerikas insgesamt beeinflusst.

Die kulturelle Entwicklung lässt sich in drei verschiedene Perioden einteilen: präkolumbisch, kolonial und republikanisch. Von mehreren bedeutenden präkolumbischen Kulturen sind wichtige archäologische Ruinen, Gold- und Silberschmuck, Steindenkmäler, Keramiken und Webarbeiten erhalten. Zu den wichtigsten Ruinen gehören Tiwanaku, El Fuerte de Samaipata, Inkallaqta und Iskanawaya. Das Land ist reich an anderen Stätten, die schwer zugänglich sind und bisher kaum archäologisch erforscht wurden.

Die Diablada, ein urzeitlicher, typischer Tanz und Hauptbestandteil des Karnevals von Oruro, ist seit 2001 ein Meisterwerk des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit in Bolivien (Datei: Fraternidad Artística y Cultural "La Diablada")

Die Spanier brachten ihre eigene Tradition religiöser Kunst mit, die sich in den Händen der einheimischen und mestizischen Baumeister und Kunsthandwerker zu einem reichen und unverwechselbaren Stil der Architektur, Malerei und Bildhauerei entwickelte, der als "Mestizo-Barock" bekannt ist. Die Kolonialzeit brachte nicht nur die Gemälde von Pérez de Holguín, Flores, Bitti und anderen hervor, sondern auch die Werke geschickter, aber unbekannter Steinmetze, Holzschnitzer, Gold- und Silberschmiede. Ein bedeutender Bestand an religiöser Musik des einheimischen Barocks aus der Kolonialzeit wurde geborgen und wird seit 1994 international mit großem Erfolg aufgeführt.

Zu den bedeutenden bolivianischen Künstlern des 20. Jahrhunderts gehören María Luisa Pacheco, Roberto Mamani Mamani, Alejandro Mario Yllanes, Alfredo Da Silva und Marina Núñez del Prado.

Bolivien verfügt über eine reiche Folklore. Die regionale Volksmusik ist unverwechselbar und vielfältig. Die "Teufelstänze" beim jährlichen Karneval von Oruro sind eines der großen folkloristischen Ereignisse Südamerikas, ebenso wie der weniger bekannte Karneval von Tarabuco.

Tanz den Tinku, bolivianische Folklore

Die bolivianische Kultur reflektiert die Vielfalt der 35 Ethnien des Landes, die unter den unterschiedlichsten klimatischen und wirtschaftlichen Bedingungen leben und entsprechend unterschiedliche Mythen, Riten, Textilien, Rhythmen und Tänze entwickelt haben.

Bildung

Im Jahr 2008 wurde Bolivien nach den Vorgaben der UNESCO zum Land ohne Analphabetismus erklärt und ist damit das vierte Land in Südamerika, das diesen Status erreicht hat.

Bolivien verfügt über öffentliche und private Universitäten. Unter ihnen: Universidad Mayor, Real y Pontificia de San Francisco Xavier de Chuquisaca USFX - Sucre, gegründet im Jahr 1624; Universidad Mayor de San Andrés UMSA - La Paz, gegründet im Jahr 1830; Universidad Mayor de San Simon UMSS - Cochabamba, gegründet im Jahr 1832; Universidad Autónoma Gabriel René Moreno UAGRM - Santa Cruz de la Sierra, gegründet 1880; Universidad Técnica de Oruro UTO - Oruro, gegründet 1892; Universidad Evangélica Boliviana UEB - Santa Cruz de la Sierra, gegründet 1980; und Universidad Autónoma Tomás Frías UATF - Potosi, gegründet 1892.

Im Dezember 2008 erklärte Präsident Morales nach einer dreijährigen Alphabetisierungskampagne, in der etwa 820.000 Menschen lesen und schreiben lernten, das Land für analphabetenfrei, da nunmehr 97 % der Bevölkerung lesen und schreiben könnten. Im Jahr 2001 hatte der Anteil der Analphabeten noch 14 % betragen.

Gesundheit

Laut UNICEF lag die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren im Jahr 2006 bei 52,7 pro 1000 und wurde bis 2019 auf 26 pro 1000 gesenkt. Die Säuglingssterblichkeitsrate lag 2006 bei 40,7 von 1000 und wurde bis 2019 auf 21,2 von 1000 gesenkt. Vor Morales' Amtsantritt war fast die Hälfte aller Säuglinge nicht geimpft; jetzt sind fast alle geimpft. Morales hat auch mehrere zusätzliche Ernährungsprogramme eingeführt, darunter die Bereitstellung von kostenlosen Lebensmitteln in öffentlichen Gesundheits- und Sozialversicherungsämtern, und sein Programm desnutrición cero (Null Unterernährung) bietet kostenlose Schulspeisungen.

Zwischen 2006 und 2016 ging die extreme Armut in Bolivien von 38,2 % auf 16,8 % zurück. Auch die chronische Unterernährung bei Kindern unter fünf Jahren ging laut Weltgesundheitsorganisation um 14 % zurück und die Kindersterblichkeitsrate wurde um mehr als 50 % gesenkt. Im Jahr 2019 schuf die bolivianische Regierung ein universelles Gesundheitssystem, das von der Weltgesundheitsorganisation als Modell für alle angeführt wurde.

Sport .

Fußball ist die beliebteste Sportart Boliviens, wobei die bolivianische Nationalmannschaft traditionell zu den schwächeren Fußballmannschaften Südamerikas gehört. Bolivien hat bisher an drei Fußballweltmeisterschaftsendrunden teilgenommen, schied aber jeweils in der Vorrunde aus – zuletzt 1994. Bei den Weltmeisterschaften 2010 und 2014 schied das Team bereits in den jeweiligen Qualifikationsrunden aus. Die bisher größten Erfolge der Nationalmannschaft waren der Sieg bei der Copa América 1963 im eigenen Land, der zweite Platz 1997 ebenfalls im eigenen Land und ein 6:1 gegen Argentinien am 1. April 2009 in der Qualifikation für die WM 2010.

Der erste Fußballverein wurde 1886 in Oruro mit dem Klub Oruro Royal gegründet. Zu den bekanntesten Vereine zählen:

  • Club San José und Oruro Royal aus Oruro
  • Club Bolívar und The Strongest aus La Paz
  • Club Jorge Wilstermann und Club Aurora aus Cochabamba
  • Club Blooming und Oriente Petrolero aus Santa Cruz

In den USA wurde der bolivianische Spieler Marco Etcheverry zur Jahrhundertmannschaft der Major League Soccer (MLS) einberufen, und der Stürmer Jaime Moreno von D.C. United wurde 2006 Torschützenkönig der MLS.

Für Aufsehen gesorgt hat auch die Fußballakademie von „Tahuichi“. Im Jahr 1978 gegründet, gelang den Spielern der Akademie der Sieg bei der U-16-Südamerikameisterschaft 1986, viele Akteure nahmen dann auch bei der WM 1994 teil. Bolivien zählte damals zu den besten Mannschaften Südamerikas, einige Spieler wie Erwin Sánchez schafften den Sprung nach Europa oder in die USA. Diese Spielergeneration ist aber seit der Qualifikation zur WM 2006 nicht mehr aktiv.

Seit 1995 gibt es auch eine bolivianische Fußballnationalmannschaft der Frauen.

Neben Fußball ist auch Racquetball sehr beliebt. Die bolivianischen Nationalmannschaften der Männer und der Frauen gehören mittlerweile zu den besten der Welt. Bei der Weltmeisterschaft im Jahr 2008 gelang es der männlichen Auswahl, den vierten Platz zu belegen, während die Frauen den zweiten Platz belegten. Seit den 1990er-Jahren sind die Mannschaften unter den besten zehn platziert.

Andere beliebte Sportarten sind Alpinismus, Automobilsport, Basketball, Volleyball, Mountainbiken und Straßenradsport (Bolivienrundfahrt).

Bolivien hat bisher 14-mal an den Olympischen Sommerspielen teilgenommen, zuletzt in Rio de Janeiro mit zwölf Athleten, konnte bisher aber noch keine Medaille gewinnen. An den Winterspielen nahm Bolivien bisher fünfmal teil, zuletzt 1992, aber bisher ohne Erfolg.

Racquetball ist die zweitbeliebteste Sportart in Bolivien, wie die Ergebnisse bei den Odesur-Spielen 2018 in Cochabamba zeigen. Bolivien hat bei den Panamerikanischen Spielen 13 Medaillen gewonnen, 10 davon im Racquetball, darunter die einzige Goldmedaille im Mannschaftswettbewerb der Männer im Jahr 2019.

Basketball ist im Departement Potosí besonders beliebt und einflussreich.

Breitensport

Die Regierung Morales hat die allgemeine Förderung des Sports zu einer Priorität gemacht. So wurden in den letzten Jahren im ganzen Land hunderte Sportplätze gebaut, darunter unter anderem kleine Basketball- und Futsal-Felder, überdachte Plätze, große Kunstrasenplätze und Sporthallen mit Zuschauerrängen. Selbst abgelegene kleinere Orte und Außenbezirke der Städte verfügen daher heute in der Regel über ein solches Angebot. Häufig werden auch Trainingsleiter vom Staat bezahlt, welche die Kinder der Anwohner kostenlos betreuen. Entsprechend spielt auch in der Schule der Sport eine große Rolle. Schulmannschaften in diversen Ballsportarten, der Leichtathletik und anderen Disziplinen treten regelmäßig in regionalen oder auch landesweiten Turnieren gegeneinander an. Daneben wurden für Individualsportler zum Teil auch Trimm-Dich-Pfade und Radwege angelegt, wobei diese Angebote noch relativ selten sind.

Medien

In Bolivien garantiert die Verfassung die Pressefreiheit. Da die meisten Medienunternehmen des Landes eher dem liberal-konservativen Spektrum zugeordnet werden können, stehen sie tendenziell in Opposition zur Regierung Morales. Deshalb kommt es gelegentlich zum verbalen Schlagabtausch zwischen Regierungsvertretern und Medien, sodass kritischer Journalismus in sensiblen Bereichen etwas zurückgedrängt wurde. Insgesamt verfügt Bolivien aber weiterhin über eine lebendige Medienlandschaft. In jeder größeren Stadt gibt es mehrere Tageszeitungen und eine Reihe von Lokalrundfunkstationen. Einige Zeitungen und Fernsehsender haben auch überregionalen Anspruch, darunter die Blätter La Razón, Página Siete, Los Tiempos, Opinión und El Deber sowie die Sender ATB, Unitel und PAT. Charakteristisch ist der rege Einsatz von Reportern, die Vertreter von öffentlichen Institutionen, Parteien, Verbänden usw. zeitnah zu aktuellen Themen befragen. Zeitungen verfügen auch meist über einen mehrseitigen Meinungsteil mit kritischen Stellungnahmen. Der Vertrieb erfolgt überwiegend über Straßenverkäufer, da der Zeitschriftenhandel und das Abonnement nur gering entwickelt sind.

Sehr beliebt bei der Bevölkerung sind informative Journale im Fernsehen, die täglich zur Mittagszeit oder am Abend umfangreich über das Lokalgeschehen berichten. Eine ähnliche Funktion übernehmen auch häufig Radiosender. Staatsmedien spielen eher eine untergeordnete Rolle. Neben dem Internetportal abi.bo sind hier der Fernsehsender Bolivia TV und die Zeitung Cambio zu nennen. Diese Medien berichten vorwiegend über die Regierungsarbeit und informieren über soziale Programme, bemühen sich aber beispielsweise auch, die Integration der Regionen und Volksgruppen zu fördern, indem die Vielfalt des Landes und die Traditionen positiv dargestellt werden. Außerdem werden lokale Radiosender in diversen Landessprachen betrieben.

Der Schwerpunkt der Musikauswahl der meisten bolivianischen Radiosender ist häufig lokal ausgerichtet. US-amerikanische oder gar europäische Musik wird von der breiten Bevölkerung nur in geringem Maße gehört. Auch Salsa spielt nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr sind es zum einen die lateinamerikanischen Klassiker zwischen Mexiko und Argentinien und zum anderen aktuelle Latin-Pop-Musik oder die in den jeweiligen Regionen bevorzugten Rhythmen, die am meisten gespielt und gehört werden. Folklore hat ihren festen Platz bei großen Bevölkerungsschichten.

Auf Partys und in Discos wird hingegen regelmäßig ein vielfältigeres Spektrum gespielt. Eurodance, Modern Talking und Michael Jackson gehören hier beispielsweise immer wieder dazu.

Als bedeutendster Filmregisseur Boliviens gilt Jorge Sanjinés. Bekannte neuere Filme sind u. a. Primavera von Joaquín Tapia Guerra und das Politdrama Forgotten von Carlos Bolado (beide 2014; Primavera wurde 2015 auf der Berlinale gezeigt).

  • Siehe auch: Bolivianischer Film

Küche

Pique Macho, eine typisch bolivianische Mahlzeit, bestehend aus Rindfleisch, Würstchen, Zwiebeln, Paprika, Ei und Pommes frites mit Sauce.

Die Bolivianische Küche weist Ähnlichkeiten auf mit den Küchen der anderen Andenländern – Peru und Ecuador.

Bevölkerung

Gesundheit

Im Zeitraum von 2010 bis 2015 betrug die Lebenserwartung bei der Geburt für Jungen 65,3 Jahre und für Mädchen 70,2 Jahre. Noch 2010 hatte ein großer Teil der Bevölkerung keinen Zugang zum Gesundheitswesen. Allerdings implementiert die Regierung seither umfangreiche Programme, um das verfassungsmäßige Recht auf kostenfreien Zugang zu einem universellen Gesundheitssystem zu garantieren. Hierzu gehören auch mobile Einheiten und ein satellitengestütztes Telemedizin-Programm zugunsten der Bevölkerung in abgelegenen Gebieten. Impfungen sind kostenlos und erreichen nahezu die gesamte Bevölkerung. Außerdem wird versucht, alle Provinzen mit Krankenhäusern auszustatten und in Stadtteilen mehr Gesundheitszentren zu errichten, um das Versorgungsangebot zu dezentralisieren.

Es besteht im Gesundheitsbereich eine gute Kooperation mit Kuba: Bolivianische Medizinstudenten erhalten Stipendien und kubanische Ärzte unterstützen in Bolivien den Aufbau leistungsfähigerer Strukturen. Komplexe Therapien und Operationen können von den Ärzten bolivianischer Krankenhäuser und Kliniken jedoch häufig noch nicht fachgerecht durchgeführt werden, weshalb Patienten bei entsprechender Zahlungskraft bevorzugt in Nachbarländer wie Argentinien und Chile reisen.

Entwicklung der Lebenserwartung
Zeitraum Lebenserwartung
in Jahren (Gesamt)
Zeitraum Lebenserwartung
in Jahren (Gesamt)
1950–1955 40,0 1985–1990 53,8
1955–1960 41,4 1990–1995 56,5
1960–1965 43,0 1995–2000 59,3
1965–1970 44,7 2000–2005 62,1
1970–1975 46,7 2005–2010 65,0
1975–1980 48,9 2010–2015 67,7
1980–1985 51,2

Politik

Politisches System

Exekutive

Die Präsidentschaftswahlen finden immer zusammen mit den Parlamentswahlen statt. Wenn bei der Wahl kein Präsidentschaftskandidat die erforderliche absolute Mehrheit erreicht (Regelfall), wird der Präsident mit einfacher Mehrheit vom neu gewählten Parlament bestimmt. Wenn der Präsident sein Amt niederlegt oder stirbt, rückt der zusammen mit ihm gewählte Vizepräsident nach, der laut Verfassung auch den Vorsitz des Abgeordnetenhauses innehat. Falls dieser verhindert ist, geht das Präsidentenamt laut Artikel 169 der Verfassung auf den Präsidenten des Senats und dann auf den (neuen) Präsidenten der Abgeordnetenkammer über. Im letzten Fall müssen innerhalb von 90 Tagen Neuwahlen angesetzt werden.

Der Präsident hat ähnliche Machtbefugnisse wie seine Amtskollegen in Frankreich oder den USA. Er nimmt repräsentative Aufgaben wahr, bestimmt wesentlich die Außenpolitik und kann über präsidentielle Dekrete auch Rechtsakte erlassen. Ihm unterstehen Staatsminister für diverse Kompetenzbereiche, die zum Teil in Vizeministerien untergliedert sind. Die Streitkräfte hängen ebenfalls vom Präsidenten ab, werden vom Verteidigungsministerium verwaltet und fachlich vom Obersten Kommandeur geleitet.

Judikative

Der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo de Justicia) und das Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional Plurinacional) haben ihren Sitz in Sucre, der formellen Hauptstadt des Landes. Im Bereich Agrarumwelt wurde ein weiteres oberstes Gericht auf nationaler Ebene eingerichtet. Außerdem gibt es die obersten Gerichtshöfe der einzelnen Departamentos. Für indigene Angelegenheiten sind in bestimmten Regionen eigene Jurisdiktionen verantwortlich. Ein weiteres wichtiges Teilorgan ist schließlich der Justizrat (Consejo de la Magistratura).

Wahlorgan

Das Plurinationale Wahlorgan (Órgano Electoral Plurinacional) hat Verfassungsrang als unabhängige Gewalt. Es besteht aus der Obersten Wahlleitung (Tribunal Supremo Electoral), den Wahlleitungen der Departamentos und weiteren untergeordneten Einrichtungen. Eine wichtige Aufgabe besteht in der Führung des biometrischen Wählerverzeichnisses. Außerdem wurde dem Organ die Verantwortung für das Ausweiswesen (SEGIP), das Führerscheinwesen (SEGELIC) und die Funktionen der Standesämter (SERECI) übertragen.

In Bolivien besteht Wahlpflicht, wahlberechtigt (und -verpflichtet) sind alle bolivianischen Staatsbürger, die sich am Wahltag im Land aufhalten und das Wahllokal an ihrem Wohnort erreichen können. Eine Stimmabgabe für Bolivianer mit Wohnsitz im Ausland wurde für die Präsidentschaftswahl 2014 erstmals ermöglicht. Die Teilnahme an den Wahlen wird nicht erzwungen, das unentschuldigte Fernbleiben kann jedoch indirekte Konsequenzen haben, da die öffentliche Hand bestimmte Leistungen (beispielsweise Rentenauszahlung) an die Vorlage einer Bescheinigung knüpft, die die Teilnahme an der Wahl (oder ein entschuldigtes Fernbleiben) bestätigt.

Weitere autonome Organe

Zu den bedeutenden autonomen Institutionen, die durch die neue Verfassung eingerichtet wurden, gehören die folgenden:

  • Das Amt für die Verteidigung des Volkes (Defensoría del Pueblo), das Bürgern Rechtsbeihilfe sichert (insbesondere bei Amtsmissbrauch)
  • Die Staatsanwaltschaft (Ministerio Público)
  • YPFB: der staatliche Öl- und Gaskonzern, EBIH: das Staatsunternehmen für die Industrialisierung von Kohlenwasserstoffen (Empresa Boliviana de Industrialización de Hidrocarburos) und ANH: die nationale Regulierungsagentur für die Kohlenwasserstoffindustrie (Agencia Nacional de Hidrocarburos)
  • COMIBOL: der staatliche Bergbaukonzern, dem die gesamte Bergbauindustrie des Landes untersteht, und AJAM: die Regulierungsbehörde für den Bergbausektor (Autoridad Jurisdiccional Administrativa Minera)

Politische Indizes

Von Nichtregierungsorganisationen herausgegebene politische Indizes
Name des Index Indexwert Weltweiter Rang Interpretationshilfe Jahr
Fragile States Index 74,9 von 120 73 von 179 Stabilität des Landes: erhöhte Warnung
0 = sehr nachhaltig / 120 = sehr alarmierend
2021
Demokratieindex 4.65 von 10 98 von 167 Hybridregime
0 = autoritäres Regime / 10 = vollständige Demokratie
2021
Freedom in the World Index 66 von 100 Freiheitsstatus: teilweise frei
0 = unfrei / 100 = frei
2021
Rangliste der Pressefreiheit 35,47 von 100 110 von 180 Schwierige Lage für die Pressefreiheit
0 = gute Lage / 100 = sehr ernste Lage
2021
Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) 30 von 100 128 von 180 0 = sehr korrupt / 100 = sehr sauber 2021

Parteien

Parteien in Bolivien sind in der Regel eng mit ihrem Gründer verbunden und verlieren im Todesfall oder nach dessen Austritt oft stark an Bedeutung. Eine Ausnahme bildet die linksgerichtete Movimiento al Socialismo (MAS), die nach 13 Jahren Regierung (2006–2019) landesweit dauerhafte Strukturen etabliert hat. Dies ermöglichte ihr, den Wegfall von Evo Morales im Jahr 2019 zu kompensieren und 2020 die Macht zurückzugewinnen.

Daneben besteht in den meisten Fällen keine klare Positionierung im politischen Spektrum. In der Regel bewegen sie sich allerdings innerhalb der Bandbreite von sozialdemokratisch, konservativ und rechtsliberal. Extreme Gruppierungen kommen fast nur als Flügel innerhalb der Parteien vor. Hier sind beispielsweise Teile der MAS zu nennen, die marxistisch-leninistische Positionen vertreten, sowie marktliberale und christlich-fundamentale Kräfte innerhalb der Oppositionsparteien. Seit einigen Jahren entwickeln sich vor allem auf regionaler Ebene auch Umweltschutzparteien, die jedoch noch wenig Rückhalt in der Bevölkerung genießen.

Bedeutende Oppositionsparteien der letzten Jahre sind die folgenden:

  • Creemos, gegründet 2020, führende Kraft in Santa Cruz, angeführt von Luis Fernando Camacho
  • Allianza Comunidad Ciudadana, gebildet für die Wahlen 2019/2020, aus der sie mit Carlos Mesa an der Spitze als stärkste Oppositionspartei hervorgegangen ist
  • Unidad Nacional
  • Movimiento Nacionalista Revolucionario
  • Movimiento sin Miedo
  • Movimiento de Izquierda Revolucionaria

Militär

Bolivien gab 2017 knapp 1,8 Prozent seiner Wirtschaftsleistung oder 657 Mio. US-Dollar für seine Streitkräfte aus.

Regionale Bündnisse

Angesichts seiner gesellschaftlichen und geographischen Heterogenität sowie der zentralen Lage in Südamerika hat Bolivien ein großes Interesse an einer tieferen Integration mit seinen Nachbarstaaten, sowohl in Richtung Anden, als auch in Richtung Amazonasbecken und Paraná-Becken.

Bolivien gehört zur 1969 gegründeten Andengemeinschaft, die seit 1995 eine Freihandelszone zwischen den Mitgliedsstaaten aufgebaut hat. Während der Regierungszeit von Hugo Chávez bestand eine sehr enge Bindung der Regierung Morales mit Venezuela, welche sich auch durch die Mitgliedschaft in der Bolivarianischen Allianz für Amerika ALBA ab 2004 ausdrückte. Die Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) wurde 2008 gegründet, um die politische Integration Südamerikas voranzutreiben. Der Sitz der Mitgliederversammlung (Centro de Convenciones) war in einem 2018 eingeweihten Gebäude bei Cochabamba vorgesehen. In Folge von politischen Umschwüngen in Lateinamerika verlor die UNASUR jedoch an Bedeutung zugunsten der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC), in der Bolivien ebenfalls mitwirkt. Daneben steht die Bestätigung der seit 2015 angestrebten Vollmitgliedschaft im Mercosur zum Stand Oktober 2020 noch aus.

Verkehr

Im Logistics Performance Index, der von der Weltbank erstellt wird und die Qualität der Infrastruktur misst, belegte Bolivien 2018 den 131. Platz unter 160 Ländern. Der große Teil des großen und dünn besiedelten Landes ist nur schlecht erschlossen.

Eisenbahn

Das Eisenbahnnetz des Landes umfasst 3.700 km eingleisige Strecken in Meterspur und entspricht noch weniger als das Straßennetz den Anforderungen an ein modernes Schienennetz. Das Schienennetz ist zweigeteilt und gehört zwei Firmen:

  • der Empresa Ferroviaria Andina (FCA) auf dem Altiplano mit einem Schienennetz von 2276 km
  • der Ferroviaria Oriental S.A. (FOSA) im bolivianischen Tiefland mit 1244 km und Santa Cruz als Drehscheibe.

Mit der geplanten Südamerikanischen Transkontinentalbahn soll über bolivianisches Territorium ein Eisenbahnkorridor von der peruanischen Pazifikküste zur brasilianischen Atlantikküste gebaut werden, der sowohl den Personen- als auch den Warenverkehr auf der wichtigen West-Ost-Achse erleichtern soll. Damit werden die beiden bolivianischen Streckennetze erstmals verbunden.

Raumfahrt

Mit dem Start des ersten bolivianischen Kommunikationssatelliten Tupac Katari am 20. Dezember 2013 vom chinesischen Kosmodrom Xichang ist Bolivien das achte Land in Südamerika mit eigenem Weltraumapparat. Profitieren sollen von der Weltraumtechnik vor allem Bewohner auf dem Land. In entlegenen Gegenden und schwierigem Gelände haben viele Gemeinden weder Telefon, Radio noch Fernsehen. Die Bodenstationen zur Steuerung durch Boliviens Raumfahrtbehörde ABE sind in El Alto bei La Paz und in der Ortschaft La Guardia im Tieflanddepartamento Santa Cruz.