Keynesianismus

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Keynesianische Ökonomie (/ˈknziən/ KAYN-zee-ən; manchmal auch Keynesianismus, benannt nach dem britischen Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes) sind die verschiedenen makroökonomischen Theorien und Modelle darüber, wie die Gesamtnachfrage (Gesamtausgaben in der Wirtschaft) die Wirtschaftsleistung und die Inflation stark beeinflusst. Nach der keynesianischen Auffassung entspricht die Gesamtnachfrage nicht unbedingt der Produktionskapazität der Wirtschaft. Stattdessen wird sie von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die sich manchmal unberechenbar verhalten und die Produktion, Beschäftigung und Inflation beeinflussen.

Keynesianische Ökonomen argumentieren im Allgemeinen, dass die Gesamtnachfrage volatil und instabil ist und dass eine Marktwirtschaft daher oft ineffiziente makroökonomische Ergebnisse aufweist - eine Rezession, wenn die Nachfrage niedrig ist, oder Inflation, wenn die Nachfrage hoch ist. Sie argumentieren ferner, dass diese Konjunkturschwankungen durch zwischen Regierung und Zentralbank koordinierte wirtschaftspolitische Maßnahmen abgemildert werden können. Insbesondere können fiskalpolitische Maßnahmen (der Regierung) und geldpolitische Maßnahmen (der Zentralbank) dazu beitragen, die Wirtschaftsleistung, die Inflation und die Arbeitslosigkeit über den Konjunkturzyklus hinweg zu stabilisieren. Keynesianische Ökonomen plädieren im Allgemeinen für eine regulierte Marktwirtschaft, in der der private Sektor vorherrscht, in der aber die Regierung bei Rezessionen und Depressionen eine aktive Rolle spielt.

Die keynesianische Wirtschaftslehre entwickelte sich während und nach der Weltwirtschaftskrise aus den Ideen, die Keynes 1936 in seinem Buch The General Theory of Employment, Interest and Money (Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes) darlegte. Keynes' Ansatz stand in krassem Gegensatz zu der auf das Gesamtangebot ausgerichteten klassischen Wirtschaftslehre, die seinem Buch vorausging. Die Interpretation von Keynes' Werk ist ein umstrittenes Thema, und mehrere Schulen des wirtschaftlichen Denkens beanspruchen sein Erbe.

Die keynesianische Ökonomie als Teil der neoklassischen Synthese diente in den Industrieländern während des späteren Teils der Großen Depression, des Zweiten Weltkriegs und des Wirtschaftswachstums der Nachkriegszeit (1945-1973) als makroökonomisches Standardmodell. Es wurde unter anderem entwickelt, um die Große Depression zu erklären und den Wirtschaftswissenschaftlern zu helfen, zukünftige Krisen zu verstehen. Nach dem Ölschock und der daraus resultierenden Stagflation in den 1970er Jahren verlor sie etwas an Einfluss. Die keynesianische Ökonomie wurde später als Neu-Keynesianische Ökonomie weiterentwickelt und wurde Teil der zeitgenössischen neuen neoklassischen Synthese, die die heutige Mainstream-Makroökonomie bildet. Die Finanzkrise von 2007-2008 hat das Interesse der Regierungen in aller Welt an der keynesianischen Politik erneut geweckt.

John Maynard Keynes (1883–1946)

Historischer Kontext

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die keynesianische Theorie zur herrschenden makroökonomischen Theorie, allerdings nur bis zur Stagflation der 1970er Jahre, wo sie dann von der „Monetaristischen Gegenrevolution“ in die Defensive gedrängt wurde. Zu ihren bedeutendsten Vertretern zählen Alvin Hansen, Paul Samuelson, James Tobin und Robert Solow. Zur Ausbreitung des Keynesianismus in den USA siehe im Einzelnen Colander/ Landreth 1996.

  • Alvin Hansen (1887–1975) wurde 1937 an die Harvard University als Professor für politische Ökonomie berufen und lehrte dort bis 1957. Er trug erheblich zur Ausbreitung der Theorie von Keynes in den USA bei, vor allem durch seinen „Guide to Keynes“ (New York, 1953).
Paul A. Samuelson
  • Paul A. Samuelson (1915–2009) gehört zu den einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Sein Lehrbuch Economics: An Introductory Analysis (1. Aufl. 1948, 19. Aufl. 2009) ist das meistverkaufte ökonomische Lehrbuch überhaupt. Auf Samuelson geht auch die Wortschöpfung neoklassische Synthese zurück (s. dort, 6. Aufl., 1964, S. 590). Er meinte damit allerdings etwas anderes: Wie Keynes war er der Ansicht, dass nach Erreichen der Vollbeschäftigung durch keynesianische Wirtschaftspolitik wieder die alten (Neo-)klassischen Gesetze gelten würden, weil dann nicht mehr gesamtwirtschaftliche Nachfrage die Produktion begrenzt, sondern – wie in der Klassik – die vorhandenen Ressourcen an Arbeit und Sachkapital. Dabei hätte er inhaltlich Keynes zitieren können, der in seiner „Allgemeinen Theorie“ geschrieben hatte (S. 378, in der deutschen Übersetzung, 11. Aufl., Berlin, 2009, S. 319):

„Unsere Kritik der akzeptierten klassischen Wirtschaftstheorie bestand nicht so sehr darin, logische Fehler in ihrer Analyse zu finden, als hervorzuheben, daß ihre stillschweigenden Voraussetzungen selten oder nicht erfüllt sind, mit der Folge, daß sie die wirtschaftlichen Probleme der wirklichen Welt nicht lösen kann. Wenn es aber unserer zentralen Steuerung gelingt, eine Gesamtmenge der Erzeugung durchzusetzen, die mit Vollbeschäftigung so nah als durchführbar übereinstimmt, wird die klassische Theorie von diesem Punkt an wieder zu ihrem Recht kommen.“

Samuelson studierte zunächst an der Universität Chicago, bevor er an die Harvard University wechselte, um bei Alvin Hansen zu studieren. Nachdem ihm dort keine Stelle angeboten wurde, wechselte er an das Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, das bislang in den Wirtschaftswissenschaften kaum auffällig geworden war. 1947 analysierte er als Erster das Zusammenwirken von Multiplikator und Akzelerator, aus dem sich Konjunkturverläufe mit abnehmenden oder zunehmenden Amplituden ergeben können. Das diente dann Hicks als Grundlage für seine Contribution to the Theory of the Trade Cycle (Oxford 1950). Der Schwerpunkt seiner Forschung lag in der mathematischen Darstellung ökonomischer Theorien; empirische Forschung interessierte ihn weniger. Zu seinen bekanntesten Beiträgen zählen die komparative Statik und die Theorie der offenbarten Präferenzen. Als erster amerikanischer Ökonom erhielt er 1970 den Nobelpreis.
  • James Tobin (1918–2002) studierte und promovierte an der Harvard University. 1950 wechselte er an die Yale-Universität, wo er bis zu seinem Tode blieb. 1981 erhielt er den Nobelpreis für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Portfoliotheorie. Tobin war 1961/62 Mitglied von Kennedys „Council of Economic Advisors“. Tobin attackierte die monetaristische Gegenrevolution und bekannte sich als „Old Keynesian“, nachdem die „New Keynesians“ Economics ab 1991 (siehe unten Abschnitt 3.10) zwar das Keynes’sche Instrumentarium verwendete, aber seine theoretische Grundlage neoklassisch uminterpretierten.
  • Robert Solow (1924) wurde zunächst durch seine neoklassische Wachstumstheorie (Solow, 1956) bekannt, mit der er die in Harrods dynamischer Theorie vorhandene kurzfristige und langfristige Instabilität („Wachstum auf des Messers Schneide“) widerlegen wollte. Die kurzfristige (konjunkturelle) Instabilität schloss er durch die neoklassische Annahme aus, die gesamtwirtschaftliche Ersparnis bestimme das Investitionsvolumen. Die langfristige Stabilität wurde durch die Entwicklung seiner Produktionsfunktion mit substituierbaren Produktionsfaktoren erreicht. Für seine Beiträge zur Wachstumstheorie erhielt Solow 1987 den Nobelpreis. Mit Samuelson entwarf er die modifizierte fallende Philippskurve (negativer Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote und Inflationsrate). Damit näherte er sich keynesianischen Positionen an; er setzt sich heute vehement für eine Wirtschaftspolitik ein, die auch die Nachfrageseite berücksichtigt (s. z. B. seinen Beitrag zu Schettkat/ Langkan (2007) mit dem Titel: Die Beschränktheit der makroökonomischen Diskussion überwinden).
King’s College (Cambridge)

Während des Entstehens der Allgemeinen Theorie hatte sich – wie schon in Abschnitt 3.2.3 beschrieben – ab 1930 um Keynes ein Kreis von Schülern in Cambridge gebildet, der als Cambridge Circus bekannt wurde und wöchentlich über Keynes diskutierte, zu Beginn vor allem über seinen Treatise on Money. Zu ihm gehörten Richard Kahn, Joan Robinson, Austin Robinson, Piero Sraffa und James Meade. Diese Diskussionen trugen erheblich zum Entstehen der Allgemeinen Theorie bei. Bedingt durch einen Herzinfarkt Keynes’ 1937, den aufkommenden Zweiten Weltkrieg und die Beratungsaufgaben Keynes’ für die britische Regierung kam der regelmäßige intellektuelle Austausch zwischen ihnen zum Erliegen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und Keynes’ Tod 1946 formierte sich unter starker Beteiligung einiger dieser ehemaligen Schüler eine neue Gruppe, die sich als Keynes’ legitime Erben mit der Fortführung seines Werkes beauftragt sah. Sie sah sich vor allem in starkem Gegensatz zum neoklassischen Modell: Das IS-LM-Modell lehnten sie strikt ab und betonten den Bruch im ökonomischen Denken seit Keynes. Deswegen bezeichnete sie Coddington (1956) in seinem Artikel Keynesian Economics. The Search for first Principles (Journal of Economic Literature, S. 1283) als Fundamentalisten. Innerhalb dieser Gruppe, die sich als Postkeynesianer bezeichneten, bestand jedoch keinesfalls Konsens über viele Fragen; ihre schulbildende Außenwirkung verdankte sie eher gemeinsamen Abneigungen als gemeinsamen Konzepten.

Wichtige britische Keynesianer in Cambridge (von ihnen ist nur Joan Robinson als Postkeynesianer im engeren Sinne zu bezeichnen):

  • Richard Ferdinand Kahn (1905–1989). Unter seiner Führung wurde das wirtschaftswissenschaftliche Studium in Cambridge nach dem Zweiten Weltkrieg neu organisiert und der Cambridge Circus als Secret Seminar oder Tuesday Group in seinen Räumen fortgeführt. Er publizierte in dieser Zeit drei bedeutende Schriften: 1954 eine Ausarbeitung der Liquiditätspräferenz-These (Some Notes on Liquidy Preference), in den späten 1950er Jahren grundlegende Artikel zur keynesianischen Kapitaltheorie sowie 1976 mehrere Aufsätze über Zusammenhänge zwischen Inflation und Vollbeschäftigung insbesondere wegen steigender Grenzkosten.

Näheres zu diesen Autoren (und zu Goodwin) ist bei Pasinetti (2007) im 2. Teil (S. 59–248) nachzulesen.

Vorkeynesianische Makroökonomie

Makroökonomie ist die Lehre von den Faktoren, die für eine Volkswirtschaft als Ganzes gelten. Zu den wichtigen makroökonomischen Variablen gehören das allgemeine Preisniveau, der Zinssatz, das Beschäftigungsniveau und das real gemessene Einkommen (oder die entsprechende Produktion).

Die klassische Tradition der Theorie des partiellen Gleichgewichts bestand darin, die Wirtschaft in einzelne Märkte aufzuteilen, deren Gleichgewichtsbedingungen jeweils als eine einzige Gleichung zur Bestimmung einer einzigen Variablen angegeben werden konnten. Der von Fleeming Jenkin und Alfred Marshall entwickelte theoretische Apparat der Angebots- und Nachfragekurven bot eine einheitliche mathematische Grundlage für diesen Ansatz, den die Lausanner Schule zur allgemeinen Gleichgewichtstheorie weiterentwickelte.

Für die Makroökonomie waren die Quantitätstheorie des Geldes, die das Preisniveau bestimmt, und die klassische Theorie des Zinssatzes von Bedeutung. Was die Beschäftigung betrifft, so besagt die von Keynes als "erstes Postulat der klassischen Ökonomie" bezeichnete Bedingung, dass der Lohn gleich dem Grenzprodukt ist, was eine direkte Anwendung der im neunzehnten Jahrhundert entwickelten marginalistischen Prinzipien ist (siehe Allgemeine Theorie). Keynes versuchte, alle drei Aspekte der klassischen Theorie zu verdrängen.

Vorläufer des Keynesianismus

Obwohl Keynes' Arbeit durch das Aufkommen der Weltwirtschaftskrise konkretisiert und vorangetrieben wurde, war sie Teil einer seit langem andauernden Debatte innerhalb der Wirtschaftswissenschaften über die Existenz und das Wesen einer allgemeinen Konjunkturschwäche. Einige der Maßnahmen, die Keynes zur Bewältigung der Großen Depression befürwortete (insbesondere staatliche Defizitausgaben in Zeiten geringer privater Investitionen oder geringen Verbrauchs), und viele der von ihm vorgeschlagenen theoretischen Ideen (effektive Nachfrage, Multiplikator, Paradoxon der Sparsamkeit) waren bereits von Autoren im 19. und frühen 20. (J. M. Robertson z. B. brachte 1892 das Paradoxon der Sparsamkeit zur Sprache.) Keynes' einzigartiger Beitrag bestand darin, eine allgemeine Theorie dieser Ideen aufzustellen, die für das wirtschaftliche Establishment akzeptabel war.

Ein intellektueller Vorläufer der keynesianischen Ökonomie waren die Unterkonsumtionstheorien von John Law, Thomas Malthus, der Birmingham School von Thomas Attwood und den amerikanischen Ökonomen William Trufant Foster und Waddill Catchings, die in den 1920er und 1930er Jahren einflussreich waren. Die Unterkonsumtionisten befassten sich, wie Keynes nach ihnen, mit dem Versagen der Gesamtnachfrage, das Produktionspotenzial zu erreichen, und nannten dies "Unterkonsumtion" (mit Schwerpunkt auf der Nachfrageseite) und nicht "Überproduktion" (mit Schwerpunkt auf der Angebotsseite) und befürworteten wirtschaftlichen Interventionismus. Keynes erörterte die Unterkonsumtion (die er als "Unterkonsumtion" bezeichnete) speziell in der Allgemeinen Theorie in Kapitel 22, Abschnitt IV und Kapitel 23, Abschnitt VII.

Zahlreiche Konzepte wurden bereits früher und unabhängig von Keynes von der Stockholmer Schule in den 1930er Jahren entwickelt; diese Errungenschaften wurden in einem Artikel von 1937 beschrieben, der als Reaktion auf die Allgemeine Theorie von 1936 veröffentlicht wurde und die schwedischen Entdeckungen mitteilte.

Die frühen Schriften von Keynes

1923 veröffentlichte Keynes seinen ersten Beitrag zur Wirtschaftstheorie, A Tract on Monetary Reform (Traktat über die Währungsreform), dessen Standpunkt klassisch ist, aber Ideen enthält, die später in der General Theory eine Rolle spielten. Insbesondere mit Blick auf die Hyperinflation in den europäischen Volkswirtschaften lenkte er die Aufmerksamkeit auf die Opportunitätskosten der Geldhaltung (die mit der Inflation und nicht mit den Zinsen identifiziert werden) und deren Einfluss auf die Umlaufgeschwindigkeit.

1930 veröffentlichte er A Treatise on Money, das als umfassende Abhandlung seines Themas gedacht war, "die seine Stellung als ernsthafter akademischer Gelehrter und nicht nur als Autor scharfer Polemik bestätigen würde", und einen großen Schritt in Richtung seiner späteren Ansichten markiert. Darin führt er die Arbeitslosigkeit auf Lohnstarrheit zurück und behandelt Sparen und Investitionen als von unabhängigen Entscheidungen geleitet: Erstere variieren positiv mit dem Zinssatz, letztere negativ. Die Umlaufgeschwindigkeit wird als eine Funktion des Zinssatzes ausgedrückt. Er interpretierte seine Behandlung der Liquidität so, dass sie eine rein monetäre Zinstheorie impliziert.

Keynes' jüngere Kollegen vom Cambridge Circus und Ralph Hawtrey glaubten, dass seine Argumente implizit Vollbeschäftigung voraussetzten, und dies beeinflusste die Richtung seiner späteren Arbeit. Im Laufe des Jahres 1933 schrieb er Aufsätze zu verschiedenen Wirtschaftsthemen, die sich alle auf die Bewegung der Gesamtproduktion beziehen".

Entwicklung der Allgemeinen Theorie

Zu der Zeit, als Keynes die Allgemeine Theorie verfasste, war es ein Grundsatz des ökonomischen Mainstreams, dass die Wirtschaft automatisch in einen Zustand des allgemeinen Gleichgewichts zurückkehren würde: Man ging davon aus, dass alles, was produziert wird, schließlich konsumiert werden würde, sobald ein angemessener Preis dafür gefunden wurde, da die Bedürfnisse der Verbraucher immer größer sind als die Kapazität der Produzenten, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Auffassung spiegelt sich im Say'schen Gesetz und in den Schriften von David Ricardo wider, die besagen, dass Individuen produzieren, um entweder zu konsumieren, was sie hergestellt haben, oder um ihre Produktion zu verkaufen, damit sie die Produktion eines anderen kaufen können. Dieses Argument beruht auf der Annahme, dass bei einem Überschuss an Waren oder Dienstleistungen deren Preis auf natürliche Weise so weit sinken würde, dass sie konsumiert würden.

Vor dem Hintergrund der hohen und anhaltenden Arbeitslosigkeit während der Großen Depression argumentierte Keynes, dass es keine Garantie dafür gebe, dass die von den Einzelnen produzierten Güter auf eine angemessene effektive Nachfrage stoßen würden, und dass Zeiten hoher Arbeitslosigkeit zu erwarten seien, insbesondere wenn die Wirtschaft schrumpfe. Er war der Ansicht, dass die Wirtschaft nicht in der Lage sei, automatisch Vollbeschäftigung aufrechtzuerhalten, und hielt es für notwendig, dass der Staat eingreift und der arbeitenden Bevölkerung durch Staatsausgaben Kaufkraft zuführt. Nach der keynesianischen Theorie können also einige individuell rationale mikroökonomische Handlungen, wie z. B. die Nichtinvestition von Ersparnissen in die von der Wirtschaft produzierten Waren und Dienstleistungen, zu Ergebnissen führen, bei denen die Wirtschaft unterhalb ihres Produktionspotenzials und ihrer Wachstumsrate arbeitet, wenn sie von einem großen Teil der Einzelpersonen und Unternehmen gemeinsam durchgeführt werden.

Vor Keynes wurde eine Situation, in der die Gesamtnachfrage nach Gütern und Dienstleistungen nicht mit dem Angebot übereinstimmte, von den klassischen Ökonomen als allgemeine Überschwemmung bezeichnet, obwohl sie sich nicht einig waren, ob eine allgemeine Überschwemmung möglich war. Keynes vertrat die Auffassung, dass im Falle einer Schwemme die Überreaktion der Produzenten und die Entlassung von Arbeitnehmern zu einem Nachfragerückgang führten und das Problem aufrechterhielten. Keynesianer plädieren daher für eine aktive Stabilisierungspolitik zur Verringerung der Amplitude des Konjunkturzyklus, den sie zu den schwerwiegendsten wirtschaftlichen Problemen zählen. Die Theorie besagt, dass die Staatsausgaben die Gesamtnachfrage erhöhen können, wodurch die Wirtschaftstätigkeit zunimmt und Arbeitslosigkeit und Deflation verringert werden.

Die Ursprünge des Multiplikators

Die Liberale Partei kämpfte bei den Parlamentswahlen 1929 mit dem Versprechen, "die Arbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres auf ein normales Niveau zu senken, indem die stagnierenden Arbeitskräfte für umfangreiche Programme zur nationalen Entwicklung genutzt werden". David Lloyd George eröffnete seine Kampagne im März mit einem Strategiepapier, We can cure unemployment, in dem er vorläufig behauptete, dass "öffentliche Arbeiten zu einer zweiten Runde von Ausgaben führen würden, wenn die Arbeiter ihre Löhne ausgeben". Zwei Monate später arbeiteten Keynes, der kurz vor der Fertigstellung seiner Abhandlung über das Geld stand, und Hubert Henderson an einem politischen Pamphlet, in dem sie versuchten, "wissenschaftlich respektable wirtschaftliche Argumente" für Lloyd Georges Politik zu liefern. Es trug den Titel Can Lloyd George do it? (Kann Lloyd George es schaffen?) und unterstützte die Behauptung, dass "eine größere Handelsaktivität zu einer größeren Handelsaktivität führen würde ... mit einem kumulativen Effekt". Dies wurde zum Mechanismus des "Verhältnisses", das Richard Kahn 1931 in seinem Aufsatz "The relation of home investment to unemployment" veröffentlichte und das von Alvin Hansen als "einer der großen Meilensteine der Wirtschaftsanalyse" bezeichnet wurde. Die "Ratio" wurde auf Vorschlag von Keynes bald in "Multiplikator" umgetauft.

Der Multiplikator von Kahns Arbeit basiert auf einem Reaktionsmechanismus, der heute aus Lehrbüchern bekannt ist. Samuelson formuliert ihn wie folgt:

Nehmen wir an, ich stelle arbeitslose Arbeitskräfte ein, um einen Holzschuppen für 1000 Dollar zu bauen. Meine Zimmerleute und Holzproduzenten erhalten ein zusätzliches Einkommen von 1000 Dollar... Wenn sie alle eine marginale Konsumneigung von 2/3 haben, werden sie nun 666,67 $ für neue Konsumgüter ausgeben. Die Produzenten dieser Güter werden nun ein zusätzliches Einkommen haben... sie werden ihrerseits 444,44 $ ausgeben... Auf diese Weise wird durch meine Primärinvestition von 1000 Dollar eine endlose Kette von Sekundärkonsumreaktionen in Gang gesetzt.

Samuelsons Behandlung lehnt sich eng an Joan Robinsons Darstellung von 1937 an und ist der Hauptkanal, durch den der Multiplikator die keynesianische Theorie beeinflusst hat. Sie unterscheidet sich erheblich von Kahns Arbeit und noch mehr von Keynes' Buch.

Die Bezeichnung der anfänglichen Ausgaben als "Investitionen" und der beschäftigungswirksamen Folgeinvestitionen als "Konsum" ist ein getreues Echo auf Kahn, obwohl er keinen Grund angibt, warum der anfängliche Konsum oder die Folgeinvestitionen nicht genau dieselben Auswirkungen haben sollten. Henry Hazlitt, der Keynes ebenso für einen Schuldigen hielt wie Kahn und Samuelson, schrieb, dass ...

... im Zusammenhang mit dem Multiplikator (und in der Tat die meiste Zeit) bedeutet das, was Keynes als "Investition" bezeichnet, in Wirklichkeit jeden Zusatz zu den Ausgaben für irgendeinen Zweck... Das Wort "Investition" wird in einem Pickwick'schen oder keynesianischen Sinn verwendet.

Kahn stellte sich vor, dass das Geld von Hand zu Hand weitergereicht wird, wobei bei jedem Schritt Arbeitsplätze geschaffen werden, bis es in einer Sackgasse landet (Hansens Begriff war "Leckage"); die einzigen Sackgassen, die er anerkannte, waren Importe und Horten, obwohl er auch sagte, dass ein Anstieg der Preise den Multiplikatoreffekt verwässern könnte. Jens Warming erkannte an, dass die persönliche Ersparnis berücksichtigt werden muss, wobei er sie als "Leckage" (S. 214) bezeichnete, während er auf S. 217 einräumte, dass sie tatsächlich investiert werden könnte.

Der Multiplikator aus dem Lehrbuch erweckt den Eindruck, dass es das Einfachste auf der Welt ist, die Gesellschaft reicher zu machen: Der Staat muss nur mehr ausgeben. In Kahns Papier ist es schwieriger. Für ihn darf es sich bei den anfänglichen Ausgaben nicht um eine Umleitung von Mitteln aus anderen Verwendungszwecken handeln, sondern um eine Erhöhung der Gesamtausgaben: etwas, das nach der klassischen Theorie, wonach die Höhe der Ausgaben durch das Einkommen/den Output der Wirtschaft begrenzt ist, unmöglich ist, wenn man es realistisch betrachtet. Auf Seite 174 weist Kahn die Behauptung zurück, dass öffentliche Bauvorhaben zu Lasten anderer Ausgaben gehen, und räumt ein, dass dies der Fall sein könnte, wenn die Einnahmen durch Steuern aufgebracht werden, sagt aber, dass andere verfügbare Mittel keine derartigen Folgen haben. Als Beispiel schlägt er vor, dass das Geld durch Anleihen bei Banken aufgebracht werden kann, da ...

... es immer in der Macht des Bankensystems liegt, dem Staat die Kosten für die Straßen vorzustrecken, ohne dass der Investitionsfluss auf dem normalen Weg beeinträchtigt wird.

Dies setzt voraus, dass es den Banken freisteht, Mittel zu schaffen, um jede Nachfrage zu befriedigen. Aber Kahn fügt hinzu, dass ...

... eine solche Hypothese nicht wirklich notwendig ist. Denn es wird später gezeigt werden, dass parallel zum Bau von Straßen Mittel aus verschiedenen Quellen in genau dem Umfang freigesetzt werden, der erforderlich ist, um die Kosten für die Straßen zu bezahlen.

Die Demonstration stützt sich auf die "Mr. Meade's Relation" (die auf James Meade zurückgeht), die besagt, dass der Gesamtbetrag der Gelder, die in Sackgassen verschwinden, den ursprünglichen Ausgaben entspricht, was nach Kahns Worten "all jenen Erleichterung und Trost bringen sollte, die sich Sorgen um die Geldquellen machen" (S. 189).

Ein reagierender Multiplikator war zuvor von Hawtrey in einem Memorandum des Finanzministeriums von 1928 vorgeschlagen worden ("mit Importen als einzigem Leck"), aber die Idee wurde in seinen eigenen späteren Schriften verworfen. Bald darauf veröffentlichte der australische Wirtschaftswissenschaftler Lyndhurst Giblin in einem Vortrag von 1930 eine Multiplikatoranalyse (wiederum mit Importen als einzigem Leck). Die Idee selbst war viel älter. Einige holländische Merkantilisten hatten an einen unendlichen Multiplikator für Militärausgaben geglaubt (unter der Annahme, dass keine Importe "entweichen"), da ...

... ein Krieg sich unbegrenzt lange selbst tragen könnte, wenn nur das Geld im Lande bliebe ... Denn wenn das Geld selbst "verbraucht" wird, bedeutet dies lediglich, dass es in den Besitz eines anderen übergeht, und dieser Prozess kann unbegrenzt weitergehen.

Die Multiplikatorenlehre wurde in der Folgezeit von dem Dänen Julius Wulff (1896), dem Australier Alfred de Lissa (Ende der 1890er Jahre), dem Deutsch-Amerikaner Nicholas Johannsen (im gleichen Zeitraum) und dem Dänen P. Johannsen (1925/1927) in theoretischerer Form formuliert. Kahn selbst sagte, dass er die Idee als Kind von seinem Vater erhalten habe.

Politische Debatten

Als die Wahlen von 1929 näher rückten, wurde Keynes zu einem starken öffentlichen Befürworter der Kapitalentwicklung" als öffentliche Maßnahme zur Linderung der Arbeitslosigkeit. Winston Churchill, der konservative Kanzler, vertrat die gegenteilige Ansicht:

Es ist das orthodoxe Dogma des Finanzministeriums, das unerschütterlich vertreten wird ... [dass] sehr wenig zusätzliche Beschäftigung und keine dauerhafte zusätzliche Beschäftigung durch staatliche Kreditaufnahme und staatliche Ausgaben geschaffen werden kann.

Keynes stürzte sich auf einen Fehler in der Auffassung des Finanzministeriums. Im Kreuzverhör mit Sir Richard Hopkins, einem Zweiten Sekretär im Finanzministerium, vor dem Macmillan-Ausschuss für Finanzen und Industrie im Jahr 1930 bezog er sich auf die "erste These", dass "Kapitalentwicklungsprogramme nicht zur Verringerung der Arbeitslosigkeit beitragen", und fragte, ob es "ein Missverständnis der Auffassung des Finanzministeriums wäre zu sagen, dass sie an der ersten These festhalten". Hopkins antwortete, dass "die erste These viel zu weit geht. Die erste These würde uns ein absolutes und starres Dogma aufzwingen, nicht wahr?"

Später im selben Jahr versuchte Keynes in einer Rede vor einem neu gegründeten Ökonomenausschuss, Kahns aufkommende Multiplikatortheorie zu nutzen, um für öffentliche Arbeiten zu plädieren, "aber die Einwände von Pigou und Henderson sorgten dafür, dass dies im Endprodukt nicht zu erkennen war". Im Jahr 1933 machte er seine Unterstützung für Kahns Multiplikator in einer Reihe von Artikeln mit dem Titel "The road to prosperity" in der Zeitung The Times bekannt.

A. C. Pigou war zu dieser Zeit der einzige Wirtschaftsprofessor in Cambridge. Er interessierte sich weiterhin für das Thema Arbeitslosigkeit und vertrat in seinem populären Werk "Unemployment" (1913) die Ansicht, dass diese durch ein "Missverhältnis zwischen den Lohnsätzen und der Nachfrage" verursacht wird - eine Ansicht, die Keynes vor den Jahren der "General Theory" geteilt haben mag. Auch seine praktischen Empfehlungen waren nicht sehr unterschiedlich: "bei vielen Gelegenheiten in den dreißiger Jahren" unterstützte Pigou "öffentlich ... staatliche Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung". Der Unterschied zwischen den beiden Männern liegt in der Verbindung zwischen Theorie und Praxis. Keynes versuchte, seine Empfehlungen für öffentliche Arbeiten auf eine theoretische Grundlage zu stellen, während Pigou keine Bereitschaft zeigte, sich von der klassischen Lehre zu entfernen. In Bezug auf ihn und Dennis Robertson fragte Keynes rhetorisch: "Warum bestehen sie darauf, Theorien aufrechtzuerhalten, aus denen ihre eigenen praktischen Schlussfolgerungen unmöglich folgen können?"

Die Allgemeine Theorie

Keynes legte die Ideen, die zur Grundlage der keynesianischen Wirtschaftslehre wurden, in seinem Hauptwerk The General Theory of Employment, Interest and Money (1936) dar. Es wurde während der Großen Depression geschrieben, als die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten auf 25 % und in einigen Ländern sogar auf 33 % anstieg. Es ist fast ausschließlich theoretisch und wird durch gelegentliche satirische Passagen und soziale Kommentare aufgelockert. Das Buch hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf das wirtschaftliche Denken, und seit seiner Veröffentlichung wird über seine Bedeutung diskutiert.

Keynes und die klassische Ökonomie

Keynes beginnt die Allgemeine Theorie mit einer Zusammenfassung der klassischen Beschäftigungstheorie, die er in seiner Formulierung des Sayschen Gesetzes als Diktum "Das Angebot schafft sich seine eigene Nachfrage" zusammenfasst. Er schrieb auch, dass seine Theorie, obwohl er sie anhand einer angelsächsischen Laissez-faire-Wirtschaft erläuterte, in dem Sinne allgemeiner sei, dass sie sich leichter an "totalitäre Staaten" anpassen ließe als eine Politik der freien Marktwirtschaft.

Nach der klassischen Theorie wird der Lohnsatz durch die Grenzproduktivität der Arbeit bestimmt, und es werden so viele Menschen beschäftigt, wie bereit sind, zu diesem Satz zu arbeiten. Arbeitslosigkeit kann durch Reibung entstehen oder "freiwillig" sein, in dem Sinne, dass sie aus der Weigerung resultiert, eine Beschäftigung anzunehmen, aufgrund von "Gesetzgebung oder sozialen Praktiken ... oder bloßem menschlichen Eigensinn", aber "... die klassischen Postulate lassen die Möglichkeit der dritten Kategorie nicht zu", die Keynes als unfreiwillige Arbeitslosigkeit definiert.

Keynes erhebt zwei Einwände gegen die Annahme der klassischen Theorie, dass "Lohnabschlüsse ... den Reallohn bestimmen". Der erste liegt in der Tatsache, dass "die Arbeit (in Grenzen) einen Geldlohn und nicht einen Reallohn festlegt". Der zweite besteht darin, dass die klassische Theorie davon ausgeht, dass "die Reallöhne der Arbeit von den Lohnverhandlungen abhängen, die die Arbeit mit den Unternehmern führt", während "man von der klassischen Schule erwartet hätte, dass sich bei einer Änderung der Geldlöhne die Preise in fast gleichem Maße ändern, so dass der Reallohn und das Niveau der Arbeitslosigkeit praktisch unverändert bleiben." Keynes hält seinen zweiten Einwand für den grundlegenderen, aber die meisten Kommentatoren konzentrieren sich auf den ersten: Es wurde argumentiert, dass die Quantitätstheorie des Geldes die klassische Schule vor der von Keynes erwarteten Schlussfolgerung schützt.

Keynesianische Arbeitslosigkeit

Sparen und Investitionen

Sparen ist der Teil des Einkommens, der nicht für den Konsum verwendet wird, und Konsum ist der Teil der Ausgaben, der nicht für Investitionen, d. h. für langlebige Güter, verwendet wird. Das Sparen umfasst also das Horten (die Anhäufung von Einkommen in Form von Bargeld) und den Kauf von langlebigen Gütern. Das Vorhandensein einer Netto-Hortung oder einer Nachfrage nach Horten wird vom vereinfachten Liquiditätspräferenzmodell der Allgemeinen Theorie nicht anerkannt.

Nachdem er die klassische Theorie, wonach Arbeitslosigkeit auf überhöhte Löhne zurückzuführen ist, verworfen hat, schlägt Keynes eine Alternative vor, die auf dem Verhältnis zwischen Sparen und Investitionen beruht. Seiner Ansicht nach entsteht Arbeitslosigkeit immer dann, wenn der Anreiz der Unternehmer zu investieren nicht mit der Sparneigung der Gesellschaft Schritt hält (Neigung ist eines von Keynes' Synonymen für "Nachfrage"). Das Niveau des Sparens und der Investitionen ist notwendigerweise gleich, und das Einkommen wird daher auf einem Niveau gehalten, auf dem der Wunsch zu sparen nicht größer ist als der Anreiz zu investieren.

Der Investitionsanreiz ergibt sich aus dem Zusammenspiel zwischen den physischen Gegebenheiten der Produktion und den psychologischen Antizipationen künftiger Rentabilität; sind diese gegeben, so ist der Anreiz unabhängig vom Einkommen und hängt allein vom Zinssatz r ab. Keynes bezeichnet seinen Wert als Funktion von r als "Schema der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals".

Ganz anders verhält es sich mit der Sparneigung. Sparen ist einfach der Teil des Einkommens, der nicht für den Konsum verwendet wird, und:

... das vorherrschende psychologische Gesetz scheint zu sein, dass bei einem Anstieg des Gesamteinkommens auch die Konsumausgaben steigen, wenn auch in einem etwas geringeren Ausmaß.

Keynes fügt hinzu, dass "dieses psychologische Gesetz für die Entwicklung meines eigenen Denkens von größter Bedeutung war".

Liquiditätspräferenz

Die Bestimmung des Einkommens nach der Allgemeinen Theorie

Keynes betrachtete die Geldmenge als eine der wichtigsten Determinanten für den Zustand der Realwirtschaft. Die Bedeutung, die er ihr beimaß, ist eines der innovativen Merkmale seiner Arbeit und hatte Einfluss auf die politisch feindliche monetaristische Schule.

Die Geldmenge kommt durch die Liquiditätspräferenzfunktion ins Spiel, die die Nachfragefunktion ist, die der Geldmenge entspricht. Sie gibt an, wie viel Geld die Menschen je nach dem Zustand der Wirtschaft zu halten versuchen. In Keynes' erster (und einfachster) Darstellung - der von Kapitel 13 - wird die Liquiditätspräferenz allein durch den Zinssatz r bestimmt, der als der Gewinn angesehen wird, auf den man verzichtet, wenn man Vermögen in flüssiger Form hält: Die Liquiditätspräferenz kann daher mit L(r ) geschrieben werden und muss im Gleichgewicht der extern festgelegten Geldmenge entsprechen.

Das Wirtschaftsmodell von Keynes

Geldmenge, Ersparnis und Investitionen bestimmen zusammen das Einkommensniveau, wie im Diagramm dargestellt, in dem die Geldmenge (auf der vertikalen Achse) gegen den Zinssatz aufgetragen ist. bestimmt den herrschenden Zinssatz durch die Liquiditätspräferenzfunktion. Der Zinssatz bestimmt die Höhe der Investitionen Î durch das Schema der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, das im unteren Diagramm als blaue Kurve dargestellt ist. Die roten Kurven in demselben Diagramm zeigen die Sparneigung für verschiedene Einkommen Y ; und das Einkommen Ŷ, das dem Gleichgewichtszustand der Wirtschaft entspricht, muss dasjenige sein, für das das implizite Sparniveau bei dem festgelegten Zinssatz gleich Î ist.

In der komplizierteren Liquiditätspräferenztheorie von Keynes (die in Kapitel 15 vorgestellt wird) hängt die Nachfrage nach Geld sowohl vom Einkommen als auch vom Zinssatz ab, und die Analyse wird noch komplizierter. Keynes hat seine zweite Liquiditätspräferenztheorie nie vollständig in den Rest seiner Theorie integriert und dies John Hicks überlassen: siehe das IS-LM-Modell weiter unten.

Starrheit der Löhne

Keynes lehnt die klassische Erklärung der Arbeitslosigkeit auf der Grundlage der Lohnstarrheit ab, aber es ist nicht klar, welche Auswirkungen der Lohnsatz in seinem System auf die Arbeitslosigkeit hat. Er behandelt die Löhne aller Arbeitnehmer als proportional zu einem einzigen Satz, der durch Tarifverhandlungen festgelegt wird, und wählt seine Einheiten so, dass dieser Satz in seiner Diskussion nie gesondert erscheint. Er ist in den Mengen, die er in Lohneinheiten ausdrückt, implizit vorhanden, während er in den Mengen, die er in Geldeinheiten ausdrückt, nicht vorhanden ist. Es ist daher schwer zu erkennen, ob und in welcher Weise seine Ergebnisse bei einem anderen Lohnsatz anders ausfallen, und es ist auch nicht klar, was er darüber dachte.

Abhilfemaßnahmen bei Arbeitslosigkeit

Monetäre Abhilfemaßnahmen

Eine Erhöhung der Geldmenge führt nach Keynes' Theorie zu einer Senkung des Zinssatzes und zu einem Anstieg der Investitionen, die gewinnbringend getätigt werden können, was wiederum zu einem Anstieg des Gesamteinkommens führt.

Steuerliche Abhilfemaßnahmen

Keynes' Name wird eher mit fiskalischen als mit monetären Maßnahmen in Verbindung gebracht, doch werden diese in der Allgemeinen Theorie nur am Rande (und oft satirisch) erwähnt. Er erwähnt "verstärkte öffentliche Arbeiten" als Beispiel für etwas, das über den Multiplikator Beschäftigung schafft, aber das ist, bevor er die entsprechende Theorie entwickelt, und er geht nicht weiter darauf ein, wenn er zur Theorie kommt.

Später im selben Kapitel sagt er uns, dass:

Das alte Ägypten hatte doppeltes Glück und verdankte seinen sagenhaften Reichtum zweifellos dem Umstand, dass es zwei Tätigkeiten ausübte, nämlich den Bau von Pyramiden und die Suche nach Edelmetallen, deren Früchte, da sie den Bedürfnissen der Menschen nicht durch Verbrauch dienen konnten, nicht im Überfluss versiegten. Das Mittelalter baute Kathedralen und sang Klagelieder. Zwei Pyramiden, zwei Totenmessen, sind doppelt so gut wie eine; aber nicht so zwei Eisenbahnen von London nach York.

Aber auch hier kommt er nicht auf seine implizite Empfehlung zurück, sich an öffentlichen Bauvorhaben zu beteiligen, auch wenn sie nicht durch ihren direkten Nutzen gerechtfertigt sind, wenn er die Theorie aufstellt. Im Gegenteil, er rät uns später, dass ...

... unsere letzte Aufgabe darin bestehen könnte, diejenigen Variablen auszuwählen, die in der Art von System, in dem wir tatsächlich leben, bewusst von einer zentralen Behörde kontrolliert oder gesteuert werden können ...

und dies scheint eher auf eine zukünftige Veröffentlichung als auf ein späteres Kapitel der Allgemeinen Theorie hinzudeuten.

Keynesianische Modelle und Konzepte

Aggregierte Nachfrage

Kreuzung Keynes-Samuelson

Keynes' Auffassung von Sparen und Investitionen war seine wichtigste Abweichung von der klassischen Sichtweise. Sie lässt sich anhand des von Paul Samuelson entwickelten "keynesianischen Kreuzes" veranschaulichen. Die horizontale Achse stellt das Gesamteinkommen dar und die violette Kurve zeigt C (Y ), die Konsumneigung, deren Komplement S (Y ) die Sparneigung ist: Die Summe dieser beiden Funktionen ist gleich dem Gesamteinkommen, das durch die gestrichelte Linie bei 45° dargestellt wird.

Die horizontale blaue Linie I (r ) ist das Schema der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, dessen Wert unabhängig von Y ist. Das Schema der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals hängt vom Zinssatz ab, genauer gesagt von den Zinskosten einer neuen Investition. Liegt der Zinssatz, den der Finanzsektor dem produktiven Sektor in Rechnung stellt, unter der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals auf dem jeweiligen Niveau der Technologie und der Kapitalintensität, dann sind die Investitionen positiv und wachsen, je niedriger der Zinssatz ist, da die Kapitalrendite abnimmt. Liegt der Zinssatz über der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, so sind die Investitionen gleich Null. Keynes interpretiert dies als die Nachfrage nach Investitionen und bezeichnet die Summe der Nachfrage nach Konsum und Investitionen als "Gesamtnachfrage", die als separate Kurve dargestellt wird. Die Gesamtnachfrage muss dem Gesamteinkommen entsprechen, so dass das Gleichgewichtseinkommen durch den Punkt bestimmt wird, an dem die Gesamtnachfragekurve die 45°-Linie kreuzt. Dies ist die gleiche horizontale Position wie der Schnittpunkt von I (r ) mit S (Y ).

Die Gleichung I (r ) = S (Y ) war von den Klassikern akzeptiert worden, die darin die Gleichgewichtsbedingung zwischen Angebot und Nachfrage nach Investitionsmitteln und die Bestimmung des Zinssatzes sahen (siehe die klassische Zinstheorie). Soweit sie jedoch ein Konzept der Gesamtnachfrage hatten, sahen sie die Investitionsnachfrage als durch S (Y ) gegeben an, da für sie Sparen einfach der indirekte Kauf von Investitionsgütern war, mit dem Ergebnis, dass die Gesamtnachfrage als Identität und nicht als Gleichgewichtsbedingung gleich dem Gesamteinkommen war. Keynes nimmt diese Ansicht in Kapitel 2 zur Kenntnis, wo er sie in den frühen Schriften von Alfred Marshall wiederfindet, fügt aber hinzu, dass "die Doktrin heute nie in dieser groben Form dargelegt wird".

Die Gleichung I (r ) = S (Y ) wird von Keynes aus einigen oder allen der folgenden Gründe akzeptiert:

  • Als Folge des Prinzips der effektiven Nachfrage, das besagt, dass die Gesamtnachfrage dem Gesamteinkommen entsprechen muss (Kapitel 3).
  • Als Folge der Identität von Ersparnis und Investition (Kapitel 6) sowie der Gleichgewichtsannahme, dass diese Größen gleich ihrer Nachfrage sind.
  • In Übereinstimmung mit dem Inhalt der klassischen Theorie des Investmentfondsmarktes, deren Schlussfolgerung die Klassiker seiner Meinung nach durch einen Zirkelschluss fehlinterpretiert haben (Kapitel 14).

Der keynesianische Multiplikator

Keynes leitet seine Diskussion über den Multiplikator in Kapitel 10 mit einem Verweis auf Kahns frühere Arbeit ein (siehe unten). Er bezeichnet Kahns Multiplikator als "Beschäftigungsmultiplikator" in Abgrenzung zu seinem eigenen "Investitionsmultiplikator" und sagt, die beiden seien nur "ein wenig unterschiedlich". In der keynesianischen Literatur wird Kahns Multiplikator daher zumeist so verstanden, als spiele er eine wichtige Rolle in Keynes' eigener Theorie, eine Interpretation, die durch die Schwierigkeit, Keynes' Darstellung zu verstehen, gefördert wird. Kahns Multiplikator gibt der Darstellung der keynesianischen Theorie in Samuelson's Economics den Titel ("The multiplier model") und ist in Alvin Hansen's Guide to Keynes und in Joan Robinson's Introduction to the Theory of Employment fast ebenso prominent vertreten.

Keynes stellt fest, dass es ...

... eine Verwechslung zwischen der logischen Theorie des Multiplikators, die kontinuierlich und ohne Zeitverzögerung gilt ... und der Konsequenz einer Expansion in den Investitionsgüterindustrien, die sich allmählich, mit einer Zeitverzögerung und erst nach einem Intervall auswirkt ...

und impliziert, dass er die erstere Theorie annimmt. Und wenn der Multiplikator schließlich als Bestandteil von Keynes' Theorie auftaucht (in Kapitel 18), stellt sich heraus, dass er einfach ein Maß für die Veränderung einer Variablen als Reaktion auf eine Veränderung einer anderen ist. Der Zeitplan für die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals wird als eine der unabhängigen Variablen des Wirtschaftssystems identifiziert: "Was [sie] uns sagt, ist ... der Punkt, bis zu dem der Output neuer Investitionen getrieben wird ..." Der Multiplikator gibt dann "das Verhältnis ... zwischen einem Zuwachs an Investitionen und dem entsprechenden Zuwachs des Gesamteinkommens" an.

G. L. S. Shackle betrachtete Keynes' Abkehr von Kahns Multiplikator als ...

... einen Rückschritt ... Denn wenn wir den Multiplikator als eine momentane funktionale Beziehung betrachten, ... verwenden wir das Wort Multiplikator nur, um eine alternative Betrachtungsweise der marginalen Konsumneigung zu bezeichnen ...,

den G. M. Ambrosi als Beispiel für "einen keynesianischen Kommentator, der sich gewünscht hätte, dass Keynes etwas weniger 'Rückschrittliches' geschrieben hätte" anführt.

Der Wert, den Keynes seinem Multiplikator zuweist, ist der Kehrwert der marginalen Sparneigung: k = 1 / S '(Y ). Dies entspricht der Formel für den Kahn'schen Multiplikator in einer geschlossenen Volkswirtschaft unter der Annahme, dass alles Sparen (einschließlich des Kaufs langlebiger Güter) und nicht nur das Horten ein Leck darstellt. Keynes gab seiner Formel fast den Status einer Definition (sie wird vor jeder Erklärung aufgestellt). Sein Multiplikator ist in der Tat der Wert "des Verhältnisses ... zwischen einem Investitionszuwachs und dem entsprechenden Zuwachs des Gesamteinkommens", wie Keynes ihn aus seinem Modell der Liquiditätspräferenz in Kapitel 13 ableitete, das impliziert, dass das Einkommen die gesamte Wirkung einer Investitionsänderung tragen muss. Im Rahmen seines Modells aus Kapitel 15 hat eine Änderung der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals jedoch einen Effekt, der zwischen dem Zinssatz und dem Einkommen in einem Verhältnis geteilt wird, das von den partiellen Ableitungen der Liquiditätspräferenzfunktion abhängt. Keynes untersuchte nicht die Frage, ob seine Formel für den Multiplikator einer Überarbeitung bedarf.

Die Liquiditätsfalle

Die Liquiditätsfalle.

Die Liquiditätsfalle ist ein Phänomen, das die Wirksamkeit der Geldpolitik beim Abbau der Arbeitslosigkeit beeinträchtigen kann.

Wirtschaftswissenschaftler gehen im Allgemeinen davon aus, dass der Zinssatz nicht unter eine bestimmte Grenze fallen wird, die oft als Null oder eine leicht negative Zahl angesehen wird. Keynes vermutete, dass diese Grenze deutlich über Null liegen könnte, maß ihr aber keine große praktische Bedeutung bei. Der Begriff "Liquiditätsfalle" wurde von Dennis Robertson in seinen Kommentaren zur Allgemeinen Theorie geprägt, aber es war John Hicks in "Mr. Keynes and the Classics", der die Bedeutung eines etwas anderen Konzepts erkannte.

Wenn sich die Wirtschaft in einer Lage befindet, in der die Liquiditätspräferenzkurve nahezu senkrecht verläuft, was der Fall sein muss, wenn man sich der unteren Grenze von r nähert, dann macht eine Änderung der Geldmenge fast keinen Unterschied für den Gleichgewichtszins oder, sofern es keine kompensierende Steilheit in den anderen Kurven gibt, für das resultierende Einkommen Ŷ. Wie Hicks es ausdrückte: "Monetäre Mittel werden den Zinssatz nicht weiter nach unten drücken."

Paul Krugman hat sich ausführlich mit der Liquiditätsfalle beschäftigt und behauptet, dass dies das Problem war, mit dem die japanische Wirtschaft um die Jahrtausendwende konfrontiert war. In seinen späteren Worten:

Die kurzfristigen Zinssätze lagen nahe bei Null, die langfristigen Zinssätze waren auf einem historischen Tiefstand, und dennoch reichten die privaten Investitionsausgaben nicht aus, um die Wirtschaft aus der Deflation herauszuführen. In diesem Umfeld war die Geldpolitik genauso ineffektiv wie von Keynes beschrieben. Die Versuche der Bank of Japan, die Geldmenge zu erhöhen, trugen lediglich dazu bei, die bereits reichlich vorhandenen Bankreserven und öffentlichen Bargeldbestände zu erhöhen...

Das IS-LM-Modell

IS-LM-Diagramm

Hicks zeigte, wie das System von Keynes analysiert werden kann, wenn die Liquiditätspräferenz eine Funktion des Einkommens und des Zinssatzes ist. Keynes' Zulassung des Einkommens als Einfluss auf die Geldnachfrage ist ein Schritt zurück in Richtung der klassischen Theorie, und Hicks unternimmt einen weiteren Schritt in dieselbe Richtung, indem er die Sparneigung verallgemeinert, um sowohl Y als auch r als Argumente zu nehmen. Weniger klassisch weitet er diese Verallgemeinerung auf den Plan der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals aus.

Das IS-LM-Modell verwendet zwei Gleichungen, um Keynes' Modell auszudrücken. Die erste, jetzt I (Y, r ) = S (Y,r ) geschrieben, drückt das Prinzip der effektiven Nachfrage aus. Wir können ein Diagramm auf den Koordinaten (Y, r ) konstruieren und eine Linie zeichnen, die die Punkte verbindet, die die Gleichung erfüllen: dies ist die IS-Kurve. Auf die gleiche Weise können wir die Gleichung des Gleichgewichts zwischen der Liquiditätspräferenz und der Geldmenge als L(Y ,r ) = schreiben und eine zweite Kurve - die LM-Kurve - zeichnen, die die Punkte verbindet, die diese Gleichung erfüllen. Die Gleichgewichtswerte Ŷ des Gesamteinkommens und des Zinssatzes sind dann durch den Schnittpunkt der beiden Kurven gegeben.

Folgt man Keynes' ursprünglicher Rechnung, wonach die Liquiditätspräferenz nur vom Zinssatz r abhängt, dann ist die LM-Kurve horizontal.

Joan Robinson kommentierte, dass:

... die moderne Lehre wurde durch J. R. Hicks' Versuch verwirrt, die Allgemeine Theorie auf eine Version des statischen Gleichgewichts mit der Formel IS-LM zu reduzieren. Hicks hat inzwischen Buße getan und seinen Namen von J. R. in John geändert, aber es wird lange dauern, bis die Wirkung seiner Lehre nachlässt.

Hicks wurde später rückfällig.

Keynesianische Wirtschaftspolitik

Aktive Finanzpolitik

Typische Interventionsstrategien unter verschiedenen Bedingungen

Keynes vertrat die Ansicht, dass die Lösung für die Große Depression darin bestand, das Land durch eine Kombination aus zwei Ansätzen zu stimulieren ("Anreiz zum Investieren"):

  1. Eine Senkung der Zinssätze (Geldpolitik), und
  2. staatliche Investitionen in die Infrastruktur (Steuerpolitik).

Wenn der Zinssatz, zu dem Unternehmen und Verbraucher Kredite aufnehmen können, sinkt, werden Investitionen, die zuvor unwirtschaftlich waren, rentabel, und große Konsumgüter, die normalerweise durch Schulden finanziert werden (wie Häuser, Autos und, in der Vergangenheit, sogar Geräte wie Kühlschränke), werden erschwinglicher. Eine der Hauptaufgaben der Zentralbanken in den Ländern, in denen es sie gibt, ist die Beeinflussung dieses Zinssatzes durch eine Reihe von Mechanismen, die zusammen als Geldpolitik bezeichnet werden. So wird angenommen, dass eine Geldpolitik, die die Zinssätze senkt, die Wirtschaftstätigkeit anregt, d. h. "die Wirtschaft wachsen lässt" - und deshalb wird sie auch als expansive Geldpolitik bezeichnet.

Die expansive Fiskalpolitik besteht in einer Erhöhung der öffentlichen Nettoausgaben, die die Regierung durch a) geringere Steuern, b) höhere Ausgaben oder c) beides erreichen kann. Die Investitionen und der Konsum des Staates erhöhen die Nachfrage nach den Produkten der Unternehmen und die Beschäftigung, wodurch die Auswirkungen des oben erwähnten Ungleichgewichts umgekehrt werden. Wenn die gewünschten Ausgaben die Einnahmen übersteigen, finanziert der Staat die Differenz, indem er auf den Kapitalmärkten Kredite aufnimmt und Staatsanleihen ausgibt. Dies wird als Defizitfinanzierung bezeichnet. An dieser Stelle sind zwei Punkte wichtig zu beachten. Erstens sind Defizite für eine expansive Finanzpolitik nicht erforderlich, und zweitens kann nur eine Veränderung der Nettoausgaben die Wirtschaft anregen oder bremsen. Wenn beispielsweise eine Regierung sowohl im letzten als auch im laufenden Jahr ein Defizit von 10 % aufweist, wäre dies eine neutrale Finanzpolitik. Wenn sie im letzten Jahr ein Defizit von 10 % und in diesem Jahr von 5 % verzeichnete, wäre dies sogar kontraktiv. Hingegen wäre ein Überschuss von 10 % des BIP im letzten Jahr und 5 % in diesem Jahr eine expansive Finanzpolitik, obwohl nie ein Defizit bestand.

Im Gegensatz zu einigen kritischen Darstellungen besteht der Keynesianismus jedoch nicht nur aus Defizitausgaben, da er eine Anpassung der Finanzpolitik an die konjunkturellen Umstände empfiehlt. Ein Beispiel für eine antizyklische Politik ist die Anhebung der Steuern, um die Wirtschaft abzukühlen und Inflation zu verhindern, wenn es ein reichliches Wachstum auf der Nachfrageseite gibt, und Defizitausgaben für arbeitsintensive Infrastrukturprojekte, um die Beschäftigung anzukurbeln und die Löhne während eines Konjunkturabschwungs zu stabilisieren.

Die Ideen von Keynes beeinflussten Franklin D. Roosevelt in seiner Auffassung, dass die Depression durch unzureichende Kaufkraft verursacht wurde. Während seiner Präsidentschaft übernahm Roosevelt einige Aspekte der keynesianischen Wirtschaftslehre, insbesondere nach 1937, als die Vereinigten Staaten in der Tiefe der Depression erneut unter einer Rezession litten, die auf eine Haushaltskürzung zurückzuführen war. Viele sehen den wahren Erfolg der keynesianischen Politik jedoch im Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, der die Weltwirtschaft ankurbelte, die Unsicherheit beseitigte und den Wiederaufbau des zerstörten Kapitals erzwang. Keynesianische Ideen wurden im sozialdemokratischen Europa nach dem Krieg und in den USA in den 1960er Jahren fast offiziell.

Die keynesianische Befürwortung von Defizitausgaben stand im Gegensatz zur klassischen und neoklassischen Wirtschaftsanalyse der Finanzpolitik. Sie räumten ein, dass steuerliche Anreize die Produktion ankurbeln könnten. Für diese Schulen gab es jedoch keinen Grund zu der Annahme, dass diese Stimulierung den Nebeneffekten, die private Investitionen "verdrängen", zuvorkommen würde: Erstens würde sie die Nachfrage nach Arbeitskräften erhöhen und die Löhne ansteigen lassen, was der Rentabilität schaden würde; zweitens erhöht ein Staatsdefizit den Bestand an Staatsanleihen, was deren Marktpreis senkt und hohe Zinssätze begünstigt, was die Finanzierung von Anlageinvestitionen für Unternehmen verteuert. Die Bemühungen zur Ankurbelung der Wirtschaft würden sich somit selbst zerstören.

Die keynesianische Antwort lautet, dass eine solche Fiskalpolitik nur dann angemessen ist, wenn die Arbeitslosigkeit dauerhaft hoch ist, d. h. über der inflationsfreien Arbeitslosenquote (NAIRU) liegt. In diesem Fall ist der Verdrängungseffekt minimal. Außerdem können private Investitionen "hineingedrängt" werden: Fiskalische Anreize erhöhen den Markt für Unternehmensleistungen, steigern den Cashflow und die Rentabilität und fördern den Optimismus der Unternehmen. Für Keynes bedeutete dieser Beschleunigungseffekt, dass sich Staat und Wirtschaft in dieser Situation eher ergänzen als substituieren können.

Zweitens steigt das Bruttoinlandsprodukt im Zuge der Konjunkturbelebung, wodurch sich die Ersparnis erhöht, was wiederum dazu beiträgt, den Anstieg der Anlageinvestitionen zu finanzieren. Schließlich müssen staatliche Ausgaben nicht immer verschwenderisch sein: Staatliche Investitionen in öffentliche Güter, die nicht von Gewinnstrebenden getätigt werden, fördern das Wachstum des Privatsektors. Das heißt, staatliche Ausgaben für Dinge wie Grundlagenforschung, öffentliche Gesundheit, Bildung und Infrastruktur können das langfristige Wachstum des Produktionspotenzials fördern.

Nach Keynes' Theorie muss auf dem Arbeitsmarkt eine erhebliche Flaute herrschen, bevor eine fiskalische Expansion gerechtfertigt ist.

Keynesianische Ökonomen sind der Ansicht, dass die Erhöhung von Gewinnen und Einkommen während der Hochkonjunktur durch Steuersenkungen und der Entzug von Einkommen und Gewinnen aus der Wirtschaft durch Ausgabenkürzungen während des Abschwungs die negativen Auswirkungen des Konjunkturzyklus tendenziell noch verstärken. Dieser Effekt ist besonders ausgeprägt, wenn die Regierung einen großen Teil der Wirtschaft kontrolliert, da höhere Steuereinnahmen in Abschwungphasen Investitionen in staatliche Unternehmen fördern können, während geringere staatliche Einnahmen und Investitionen diesen Unternehmen schaden.

Ansichten zu Handelsungleichgewichten

In den letzten Jahren seines Lebens beschäftigte sich John Maynard Keynes intensiv mit der Frage des Gleichgewichts im internationalen Handel. Er leitete die britische Delegation auf der Währungs- und Finanzkonferenz der Vereinten Nationen im Jahr 1944, auf der das Bretton-Woods-System für die internationale Währungsverwaltung eingeführt wurde. Er war der Hauptautor eines Vorschlags - des so genannten Keynes-Plans - für eine internationale Verrechnungsunion. Die beiden wichtigsten Grundsätze dieses Plans waren, dass das Problem der Begleichung ausstehender Salden durch die "Schaffung" zusätzlichen "internationalen Geldes" gelöst werden sollte und dass Schuldner und Gläubiger als Gleichgewichtsstörer fast gleich behandelt werden sollten. Die Pläne wurden jedoch abgelehnt, u.a. weil "die amerikanische Meinung natürlich nicht bereit war, den in den Schuldner-Gläubiger-Beziehungen so neuartigen Grundsatz der Gleichbehandlung zu akzeptieren".

Das neue System beruht nicht auf dem Freihandel (Liberalisierung des Außenhandels), sondern auf der Regulierung des internationalen Handels, um Handelsungleichgewichte zu beseitigen. Länder mit einem Überschuss hätten einen starken Anreiz, diesen loszuwerden, wodurch die Defizite anderer Länder automatisch ausgeglichen würden. Keynes schlug eine Weltbank vor, die eine eigene Währung - den Bancor - ausgeben würde, die mit den nationalen Währungen zu festen Wechselkursen umgetauscht werden könnte und zur Rechnungseinheit zwischen den Nationen würde, was bedeutet, dass sie zur Messung des Handelsdefizits oder -überschusses eines Landes verwendet würde. Jedes Land würde über eine Überziehungsmöglichkeit auf seinem Bancor-Konto bei der Internationalen Verrechnungsunion verfügen. Er wies darauf hin, dass Überschüsse zu einer schwachen globalen Gesamtnachfrage führen - Länder, die Überschüsse erzielen, üben eine "negative Externalität" auf ihre Handelspartner aus und stellen weitaus mehr als Länder mit einem Defizit eine Bedrohung für den weltweiten Wohlstand dar. Keynes war der Ansicht, dass Überschussländer besteuert werden sollten, um Handelsungleichgewichte zu vermeiden. In "National Self-Sufficiency" The Yale Review, Vol. 22, no. 4 (Juni 1933), wies er bereits auf die Probleme hin, die durch den Freihandel entstehen.

Er vertrat die Ansicht, die damals von vielen Ökonomen und Kommentatoren geteilt wurde, dass die Gläubigernationen ebenso wie die Schuldnernationen für das Ungleichgewicht im Handel verantwortlich sein könnten und dass beide verpflichtet sein sollten, den Handel wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Tun sie dies nicht, könnte dies schwerwiegende Folgen haben. In den Worten von Geoffrey Crowther, dem damaligen Herausgeber von The Economist: "Wenn die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Nationen nicht auf die eine oder andere Weise einigermaßen ins Gleichgewicht gebracht werden, dann gibt es keine Finanzvereinbarungen, die die Welt vor den verarmenden Folgen des Chaos retten können."

Diese Ideen wurden von den Ereignissen vor der Großen Depression beeinflusst, als - nach Ansicht von Keynes und anderen - die internationale Kreditvergabe, vor allem durch die USA, die Kapazität gesunder Investitionen überstieg und daher in unproduktive und spekulative Zwecke umgeleitet wurde, was wiederum zu Zahlungsausfällen und einem plötzlichen Ende der Kreditvergabe führte.

Beeinflusst von Keynes wurde in den Wirtschaftstexten der unmittelbaren Nachkriegszeit der Schwerpunkt auf das Handelsgleichgewicht gelegt. So widmete beispielsweise die zweite Auflage des populären Einführungslehrbuchs An Outline of Money die letzten drei seiner zehn Kapitel Fragen des Devisenmanagements und insbesondere dem "Problem des Gleichgewichts". In den letzten Jahren jedoch, seit dem Ende des Bretton-Woods-Systems 1971, mit dem zunehmenden Einfluss monetaristischer Denkschulen in den 1980er Jahren und insbesondere angesichts großer anhaltender Handelsungleichgewichte, sind diese Bedenken - und insbesondere die Bedenken über die destabilisierenden Auswirkungen großer Handelsüberschüsse - weitgehend aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream-Diskurs verschwunden, und die Erkenntnisse von Keynes sind aus dem Blickfeld geraten. Im Zuge der Finanzkrise von 2007-08 erhalten sie wieder etwas mehr Aufmerksamkeit.

Ansichten zu Freihandel und Protektionismus

Der Wendepunkt der Großen Depression

Zu Beginn seiner Karriere war Keynes ein Alfred Marshall nahestehender Wirtschaftswissenschaftler, der von den Vorteilen des Freihandels zutiefst überzeugt war. Ab der Krise von 1929, als er die Verpflichtung der britischen Behörden zur Verteidigung der Goldparität des Pfund Sterling und die Starrheit der Nominallöhne feststellte, wandte er sich nach und nach protektionistischen Maßnahmen zu.

Am 5. November 1929, als er vom Macmillan-Ausschuss angehört wurde, um die britische Wirtschaft aus der Krise zu führen, erklärte Keynes, dass die Einführung von Einfuhrzöllen dazu beitragen würde, die Handelsbilanz wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Im Bericht des Ausschusses heißt es in einem Abschnitt mit der Überschrift "Importkontrolle und Exportbeihilfen", dass in einer Wirtschaft, in der nicht Vollbeschäftigung herrscht, die Einführung von Zöllen die Produktion und die Beschäftigung verbessern kann. Die Verringerung des Handelsdefizits begünstigt somit das Wachstum des Landes.

Im Januar 1930 schlug Keynes im Wirtschaftsbeirat die Einführung eines Schutzsystems zur Verringerung der Einfuhren vor. Im Herbst 1930 schlug er einen einheitlichen Zollsatz von 10 % für alle Einfuhren und Subventionen in gleicher Höhe für alle Ausfuhren vor. In der Abhandlung über das Geld, die im Herbst 1930 veröffentlicht wurde, griff er die Idee von Zöllen oder anderen Handelsbeschränkungen auf, um das Importvolumen zu verringern und die Handelsbilanz wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Am 7. März 1931 schrieb er im New Statesman and Nation einen Artikel mit dem Titel Proposal for a Tariff Revenue. Er wies darauf hin, dass die Senkung der Löhne zu einer Verringerung der nationalen Nachfrage führte, die die Märkte einschränkte. Stattdessen schlug er eine expansive Politik in Verbindung mit einem Zollsystem vor, um die Auswirkungen auf die Handelsbilanz zu neutralisieren. Die Anwendung von Zöllen erschien ihm "unvermeidlich, wer auch immer der Schatzkanzler sein mag". Für Keynes ist eine Konjunkturpolitik also nur dann voll wirksam, wenn das Handelsdefizit beseitigt wird. Er schlug eine Steuer von 15 % auf Industrie- und Halbfabrikate und von 5 % auf bestimmte Lebensmittel und Rohstoffe vor, wobei andere für den Export benötigte Waren (Wolle, Baumwolle) ausgenommen werden sollten.

In einem 1932 in der Zeitschrift The Listener veröffentlichten Artikel mit dem Titel The Pro- and Anti-Tariffs (Pro- und Anti-Tarife) plädierte er für den Schutz der Landwirte und bestimmter Sektoren wie der Automobil- und der Eisen- und Stahlindustrie, die er als unverzichtbar für Großbritannien ansah.

Die Kritik an der Theorie der komparativen Vorteile

In der Situation nach der Krise von 1929 beurteilte Keynes die Annahmen des Freihandelsmodells als unrealistisch. Er kritisierte zum Beispiel die neoklassische Annahme der Lohnanpassung.

Bereits 1930 bezweifelte er in einem Vermerk an den Wirtschaftsbeirat die Intensität des Spezialisierungsgewinns bei Industriegütern. Während seiner Teilnahme am MacMillan-Ausschuss räumte er ein, dass er "nicht mehr an einen sehr hohen Grad nationaler Spezialisierung" glaube und sich weigere, "irgendeine Industrie aufzugeben, die im Moment nicht überlebensfähig ist". Er kritisiert auch die statische Dimension der Theorie des komparativen Vorteils, die seiner Meinung nach durch die endgültige Festlegung der komparativen Vorteile in der Praxis zu einer Verschwendung nationaler Ressourcen führt.

In der Daily Mail vom 13. März 1931 bezeichnete er die Annahme einer vollkommenen sektoralen Mobilität der Arbeitskräfte als "Unsinn", da sie besagt, dass eine arbeitslos gewordene Person zu einer Senkung des Lohnsatzes beiträgt, bis sie einen Arbeitsplatz findet. Für Keynes kann dieser Arbeitsplatzwechsel jedoch mit Kosten verbunden sein (Arbeitssuche, Ausbildung) und ist nicht immer möglich. Generell ist für Keynes die Theorie des komparativen Vorteils durch die Annahmen der Vollbeschäftigung und der automatischen Rückkehr zum Gleichgewicht diskreditiert.

Im Juli 1933 veröffentlichte er im New Statesman and Nation einen Artikel mit dem Titel National Self-Sufficiency (Nationale Selbstversorgung), in dem er das Argument der Spezialisierung der Volkswirtschaften, das die Grundlage des Freihandels bildet, kritisierte. Er schlug darin vor, ein gewisses Maß an Autarkie anzustreben. Anstelle der von der ricardianischen Theorie des komparativen Vorteils befürworteten Spezialisierung der Volkswirtschaften zieht er die Aufrechterhaltung einer Vielfalt von Tätigkeiten für die Nationen vor. Darin widerlegt er das Prinzip des friedensstiftenden Handels. Seine Vision des Handels wurde zu der eines Systems, in dem ausländische Kapitalisten um neue Märkte konkurrieren. Er verteidigt die Idee, auf nationalem Boden zu produzieren, wenn dies möglich und sinnvoll ist, und äußert Sympathie für die Befürworter des Protektionismus. In Nationale Autarkie stellt er fest:

Ein beträchtliches Maß an internationaler Spezialisierung ist in einer rationalen Welt in allen Fällen notwendig, in denen sie durch große Unterschiede im Klima, bei den natürlichen Ressourcen, den einheimischen Fähigkeiten, dem Kulturniveau und der Bevölkerungsdichte bedingt ist. Aber bei einem immer breiteren Spektrum von Industrieprodukten und vielleicht auch von landwirtschaftlichen Erzeugnissen habe ich Zweifel, ob der wirtschaftliche Verlust an nationaler Autarkie groß genug ist, um die anderen Vorteile aufzuwiegen, die sich aus der allmählichen Annäherung von Produkt und Verbraucher an dieselbe nationale, wirtschaftliche und finanzielle Organisation ergeben. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten modernen Verfahren der Massenproduktion in den meisten Ländern und Klimazonen mit fast gleicher Effizienz durchgeführt werden können.

Er schreibt auch in National Self-Sufficiency:

Ich sympathisiere daher eher mit denjenigen, die die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Nationen minimieren wollen, als mit denen, die sie maximieren wollen. Ideen, Wissen, Wissenschaft, Gastfreundschaft, Reisen - das sind die Dinge, die ihrer Natur nach international sein sollten. Aber lassen Sie die Waren im eigenen Land hergestellt werden, wann immer dies vernünftig und bequem möglich ist, und lassen Sie vor allem die Finanzen in erster Linie national sein.

Später führte Keynes einen Briefwechsel mit James Meade, in dem es um die Frage der Einfuhrbeschränkungen ging. Keynes und Meade diskutierten über die beste Wahl zwischen Quoten und Zöllen. Im März 1944 begann Keynes eine Diskussion mit Marcus Fleming, nachdem dieser einen Artikel mit dem Titel Quoten versus Abschreibungen geschrieben hatte. Bei dieser Gelegenheit zeigt sich, dass er nach der Großen Depression eindeutig eine protektionistische Haltung eingenommen hat. Er vertrat die Auffassung, dass Quoten bei der Bewältigung außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte wirksamer sein könnten als eine Währungsabwertung. Für Keynes reichte also eine Währungsabwertung nicht mehr aus, und protektionistische Maßnahmen wurden notwendig, um Handelsdefizite zu vermeiden. Um die Wiederkehr von Krisen aufgrund eines sich selbst regulierenden Wirtschaftssystems zu vermeiden, erschien es ihm unerlässlich, den Handel zu regulieren und den Freihandel zu beenden (Deregulierung des Außenhandels).

Er weist darauf hin, dass Länder, die mehr importieren als sie exportieren, ihre Wirtschaft schwächen. Wenn das Handelsdefizit steigt, nimmt die Arbeitslosigkeit zu und das BIP sinkt. Und Überschussländer üben eine "negative Außenwirkung" auf ihre Handelspartner aus. Sie werden auf Kosten der anderen reicher und zerstören die Produktion ihrer Handelspartner. John Maynard Keynes war der Ansicht, dass die Produkte der Überschussländer besteuert werden sollten, um Handelsungleichgewichte zu vermeiden. Damit glaubte er nicht mehr an die Theorie des komparativen Vorteils (auf der der Freihandel basiert), die besagt, dass das Handelsdefizit keine Rolle spielt, da der Handel für beide Seiten von Vorteil ist. Dies erklärt auch seinen Wunsch, die Liberalisierung des internationalen Handels (Freihandel) durch ein Regulierungssystem zu ersetzen, das darauf abzielt, Handelsungleichgewichte in seinen Vorschlägen für das Abkommen von Bretton Woods zu beseitigen.

Keynesianismus der Nachkriegszeit

Die Ideen von Keynes wurden nach dem Zweiten Weltkrieg weithin akzeptiert, und bis Anfang der 1970er Jahre war die keynesianische Wirtschaftslehre die wichtigste Inspiration für die Wirtschaftspolitiker in den westlichen Industrieländern. Die Regierungen erstellten laufend hochwertige Wirtschaftsstatistiken und versuchten, ihre Politik auf die zur Norm gewordene keynesianische Theorie zu stützen. In der frühen Ära des Sozialliberalismus und der Sozialdemokratie erfreuten sich die meisten westlichen kapitalistischen Länder einer niedrigen, stabilen Arbeitslosigkeit und einer bescheidenen Inflation - eine Ära, die als das Goldene Zeitalter des Kapitalismus bezeichnet wird.

Was die Politik betrifft, so waren die beiden Instrumente der keynesianischen Nachkriegsökonomie die Steuer- und Geldpolitik. Während diese beiden Instrumente Keynes zugeschrieben werden, argumentieren andere, wie der Wirtschaftshistoriker David Colander, dass sie vielmehr auf die Interpretation von Keynes durch Abba Lerner in seiner Theorie der funktionalen Finanzwirtschaft zurückzuführen sind und daher eher als "Lernerianisch" und nicht als "Keynesianisch" bezeichnet werden sollten.

In den 1950er Jahren wurde die industrielle Entwicklung in moderatem Maße durch die staatliche Nachfrage und den Einsatz antizyklischer fiskalischer und monetärer Maßnahmen angekurbelt und erreichte ihren Höhepunkt in den 60er Jahren, als es vielen Keynesianern so vorkam, als sei der Wohlstand nun dauerhaft. 1971 verkündete der republikanische US-Präsident Richard Nixon sogar: "Ich bin jetzt ein Keynesianer in Sachen Wirtschaft".

Ab Ende der 1960er Jahre entstand eine neue Bewegung der klassischen Makroökonomie, die den keynesianischen Annahmen kritisch gegenüberstand (siehe klebrige Preise) und insbesondere in den 1970er Jahren bestimmte Phänomene besser zu erklären schien. Sie zeichnete sich durch ein ausdrückliches und striktes Festhalten an den Mikrofundamenten sowie durch den Einsatz immer ausgefeilterer mathematischer Modelle aus.

Mit dem Ölschock von 1973 und den wirtschaftlichen Problemen der 1970er Jahre begann die keynesianische Wirtschaftslehre in Ungnade zu fallen. In dieser Zeit kam es in vielen Volkswirtschaften zu einer hohen und steigenden Arbeitslosigkeit, die mit einer hohen und steigenden Inflation einherging, was den Vorhersagen der Phillipskurve widersprach. Diese Stagflation führte dazu, dass die gleichzeitige Anwendung expansiver (gegen die Rezession) und kontraktiver (gegen die Inflation) Maßnahmen notwendig erschien. Dieses Dilemma führte zum Ende des keynesianischen Beinahe-Konsenses der 1960er Jahre und in den 1970er Jahren zum Aufkommen von Ideen, die auf einer klassischeren Analyse basierten, einschließlich des Monetarismus, der angebotsseitigen Ökonomie und der neuen klassischen Ökonomie.

In den späten 1980er Jahren jedoch beschleunigten bestimmte Fehlschläge der neuen klassischen Modelle, sowohl theoretisch (siehe die Theorie des realen Konjunkturzyklus) als auch empirisch (siehe die "Volcker-Rezession"), die Entstehung der neukeynesianischen Wirtschaftslehre, einer Schule, die versuchte, die realistischsten Aspekte der keynesianischen und neoklassischen Annahmen zu vereinen und sie auf eine strengere theoretische Grundlage zu stellen als je zuvor.

Eine Denkrichtung, die auch als Kritik an der bemerkenswert hohen Arbeitslosigkeit und den potenziell enttäuschenden BSP-Wachstumsraten, die mit den neuen klassischen Modellen Mitte der 1980er Jahre einhergingen, verwendet wurde, bestand darin, eine niedrige Arbeitslosigkeit und ein maximales Wirtschaftswachstum um den Preis einer etwas höheren Inflation zu betonen (deren Folgen durch Indexierung und andere Methoden in Schach gehalten wurden, und deren Gesamtrate durch potenzielle Maßnahmen wie Martin Weitzmans Share Economy niedriger und stabiler gehalten wurde).

Schulen

Gegenwärtig gibt es mehrere ökonomische Denkschulen, die auf Keynes zurückgehen, insbesondere die neokeynesianische Ökonomie, die neukeynesianische Ökonomie, die postkeynesianische Ökonomie und die neue neoklassische Synthese. Keynes' Biograph Robert Skidelsky schreibt, dass die postkeynesianische Schule dem Geist von Keynes' Werk am nächsten steht, indem sie seiner Geldtheorie folgt und die Neutralität des Geldes ablehnt. Heute werden diese Ideen, unabhängig von ihrer Herkunft, in der akademischen Welt unter dem Begriff "keynesianische Ökonomie" zusammengefasst, was auf Keynes' Rolle bei der Konsolidierung, Ausarbeitung und Popularisierung dieser Ideen zurückzuführen ist.

In der Nachkriegszeit wurde die keynesianische Analyse mit der neoklassischen Ökonomie kombiniert, um das zu schaffen, was allgemein als "neoklassische Synthese" bezeichnet wird und die neokeynesianische Ökonomie hervorbrachte, die den Mainstream des makroökonomischen Denkens dominiert. Obwohl weithin die Ansicht vertreten wurde, dass es keine starke automatische Tendenz zur Vollbeschäftigung gibt, glaubten viele, dass sich die Wirtschaft so verhalten würde, wie es die neoklassische Theorie vorhersagte, wenn die staatliche Politik dafür sorgen würde. Die Vorherrschaft der neokeynesianischen Wirtschaftslehre in der Nachkriegszeit wurde während der Stagflation der 1970er Jahre gebrochen. In den 1980er Jahren herrschte unter den Makroökonomen kein Konsens, und in dieser Zeit wurde die neukeynesianische Ökonomie entwickelt, die schließlich - zusammen mit der neuen klassischen Makroökonomie - Teil des aktuellen Konsenses wurde, der als neue neoklassische Synthese bekannt ist.

Postkeynesianische Ökonomen hingegen lehnen die neoklassische Synthese und generell die Anwendung der neoklassischen Wirtschaftslehre auf die Makroökonomie ab. Die postkeynesianische Ökonomie ist eine heterodoxe Schule, die sowohl die neokeynesianische als auch die neukeynesianische Ökonomie für falsch und für eine Fehlinterpretation der Ideen von Keynes hält. Die postkeynesianische Schule umfasst eine Vielzahl von Sichtweisen, war aber weit weniger einflussreich als die anderen, eher mainstreamigen keynesianischen Schulen.

Die Interpretationen von Keynes betonen seine Betonung der internationalen Koordinierung der keynesianischen Politik, die Notwendigkeit internationaler Wirtschaftsinstitutionen und die Art und Weise, in der wirtschaftliche Kräfte zu Krieg führen oder den Frieden fördern können.

Keynesianismus und Liberalismus

In einem Aufsatz aus dem Jahr 2014 argumentiert der Wirtschaftswissenschaftler Alan Blinder, dass die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten den Keynesianismus "aus nicht sehr guten Gründen" mit dem Liberalismus in Verbindung gebracht hat, und er stellt fest, dass dies falsch ist. So haben beispielsweise sowohl die Präsidenten Ronald Reagan (1981-89) als auch George W. Bush (2001-09) eine keynesianische Politik unterstützt, obwohl beide Männer konservative Politiker waren. Und Steuersenkungen können während einer Rezession einen äußerst hilfreichen fiskalischen Anreiz bieten, ebenso wie Infrastrukturausgaben. Blinder schlussfolgert: "Wenn Sie Ihren Studenten nicht beibringen, dass der Keynesianismus weder konservativ noch liberal ist, sollten Sie es tun."

Andere Schulen des makroökonomischen Denkens

Die keynesianischen Wirtschaftsschulen stehen neben einer Reihe anderer Schulen, die die gleichen Ansichten über die wirtschaftlichen Probleme haben, sich aber in Bezug auf die Ursachen und die besten Lösungsansätze unterscheiden. Heute sind die meisten dieser Denkschulen in der modernen makroökonomischen Theorie aufgegangen.

Stockholmer Schule

Die Stockholmer Schule wurde etwa zur gleichen Zeit bekannt, als Keynes seine Allgemeine Theorie veröffentlichte, und hatte ein gemeinsames Interesse an Wirtschaftszyklen und Arbeitslosigkeit. Die zweite Generation schwedischer Ökonomen befürwortete ebenfalls staatliche Interventionen in Form von Ausgaben in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs, obwohl die Meinungen darüber auseinandergehen, ob sie die Essenz der Theorie von Keynes vor ihm begriffen haben.

Monetarismus

In den 1960er Jahren gab es eine Debatte zwischen Monetaristen und Keynesianern über die Rolle des Staates bei der Stabilisierung der Wirtschaft. Sowohl Monetaristen als auch Keynesianer sind sich einig, dass Probleme wie Konjunkturzyklen, Arbeitslosigkeit und Deflation durch unzureichende Nachfrage verursacht werden. Sie hatten jedoch grundlegend unterschiedliche Ansichten über die Fähigkeit der Wirtschaft, ihr eigenes Gleichgewicht zu finden, und über das Ausmaß staatlicher Eingriffe, das angemessen wäre. Keynesianer betonten den Einsatz einer diskretionären Fiskal- und Geldpolitik, während Monetaristen für den Vorrang der Geldpolitik plädierten und dafür, dass diese auf Regeln beruhen sollte.

Die Debatte wurde in den 1980er Jahren weitgehend beigelegt. Seitdem sind sich die Ökonomen weitgehend einig, dass die Zentralbanken die Hauptverantwortung für die Stabilisierung der Wirtschaft tragen sollten und dass die Geldpolitik weitgehend der Taylor-Regel folgen sollte - die viele Ökonomen für die Große Moderation verantwortlich machen. Die Finanzkrise von 2007-08 hat jedoch viele Ökonomen und Regierungen von der Notwendigkeit fiskalischer Interventionen überzeugt und deutlich gemacht, wie schwierig es ist, Volkswirtschaften während einer Liquiditätsfalle allein durch die Geldpolitik zu stimulieren.

Marxsche Wirtschaftslehre

Einige marxistische Ökonomen kritisierten die keynesianische Wirtschaftslehre. So bezeichnete Paul Sweezy in seiner Würdigung von 1946 Keynes als Gefangenen seiner neoklassischen Erziehung, obwohl er zugab, dass die Analyse der effektiven Nachfrage in der Allgemeinen Theorie viel enthielt, worauf Marxisten zurückgreifen konnten. Sweezy argumentierte, Keynes sei nie in der Lage gewesen, das kapitalistische System als Ganzes zu betrachten. Er argumentierte, Keynes habe den Klassenkampf nachlässig betrachtet und die Klassenrolle des kapitalistischen Staates übersehen, den er als deus ex machina behandelte, und einige andere Punkte. Michał Kalecki war zwar generell von der keynesianischen Revolution begeistert, sagte aber in seinem Artikel "Politische Aspekte der Vollbeschäftigung" voraus, dass diese nicht von Dauer sein würde. In diesem Artikel sagte Kalecki voraus, dass die durch die keynesianische Politik erreichte Vollbeschäftigung schließlich zu einer selbstbewussteren Arbeiterklasse und einer Schwächung der sozialen Stellung der Wirtschaftsführer führen würde, was die Elite dazu veranlassen würde, ihre politische Macht zu nutzen, um die Ablösung der keynesianischen Politik zu erzwingen, obwohl die Gewinne höher wären als in einem Laissez-faire-System: Die Erosion des sozialen Ansehens und der politischen Macht wäre für die Eliten trotz höherer Gewinne nicht hinnehmbar.

Öffentliche Entscheidung

James M. Buchanan kritisierte die keynesianische Ökonomie mit der Begründung, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Regierungen in der Praxis die theoretisch optimale Politik umsetzen würden. Die implizite Annahme, die der keynesianischen Finanzrevolution zugrunde lag, so Buchanan, war, dass die Wirtschaftspolitik von weisen Männern gemacht würde, die ohne Rücksicht auf politische Zwänge oder Möglichkeiten handelten und von desinteressierten Wirtschaftstechnokraten geleitet würden. Er argumentierte, dass dies eine unrealistische Annahme über das Verhalten von Politikern, Bürokraten und Wählern sei. Buchanan machte die keynesianische Wirtschaftslehre für den seiner Meinung nach eingetretenen Niedergang der amerikanischen Haushaltsdisziplin verantwortlich. Buchanan vertrat die Ansicht, dass sich die Defizitausgaben zu einer dauerhaften Diskrepanz zwischen Ausgaben und Einnahmen entwickeln würden, gerade weil sie kurzfristige Gewinne bringen, und so letztendlich die Verantwortungslosigkeit in der Bundesregierung, der größten und zentralsten Institution unserer Gesellschaft, institutionalisieren würden. Martin Feldstein argumentiert, dass das Erbe der keynesianischen Wirtschaftslehre - die Fehldiagnose der Arbeitslosigkeit, die Angst vor dem Sparen und die ungerechtfertigte staatliche Intervention - die grundlegenden Ideen der politischen Entscheidungsträger beeinflusst hat. Milton Friedman hielt das politische Vermächtnis von Keynes aus zwei Gründen für schädlich. Erstens war er der Ansicht, dass unabhängig von der wirtschaftlichen Analyse eine wohlwollende Diktatur früher oder später wahrscheinlich zu einer totalitären Gesellschaft führen würde. Zweitens war er der Ansicht, dass Keynes' Wirtschaftstheorien vor allem wegen ihrer Verbindung zu seinem politischen Ansatz eine weitaus breitere Gruppe als die der Ökonomen ansprachen. Alex Tabarrok argumentiert, dass die keynesianische Politik - im Unterschied zur keynesianischen Politik - so ziemlich immer gescheitert ist, wenn sie ausprobiert wurde, zumindest in liberalen Demokratien.

Als Antwort auf dieses Argument schrieb John Quiggin über die Auswirkungen dieser Theorien auf eine liberale demokratische Ordnung. Er meinte, wenn allgemein akzeptiert wird, dass demokratische Politik nichts anderes ist als ein Schlachtfeld für konkurrierende Interessengruppen, dann wird die Realität dem Modell ähneln. Paul Krugman schrieb: "Ich glaube nicht, dass wir das als unveränderliche Tatsache des Lebens hinnehmen müssen; aber was sind die Alternativen?" Daniel Kuehn, kritisierte James M. Buchanan. Er argumentierte: "Wenn Sie ein Problem mit Politikern haben, kritisieren Sie Politiker", nicht Keynes. Er argumentierte auch, dass empirische Beweise ziemlich deutlich machen, dass Buchanan falsch lag. James Tobin argumentierte, wenn man Regierungsbeamte, Politiker und Wähler berät, sei es nicht Sache der Ökonomen, mit ihnen Spielchen zu spielen. Keynes wies dieses Argument implizit zurück, indem er sagte: "Früher oder später sind es die Ideen und nicht die Interessen, die für Gut oder Böse gefährlich sind."

Brad DeLong hat argumentiert, dass die Politik der Hauptgrund für die Einwände gegen die Ansicht ist, dass die Regierung versuchen sollte, eine stabilisierende makroökonomische Rolle zu spielen. Paul Krugman argumentierte, dass ein System, das die Märkte im Großen und Ganzen funktionieren lässt, in dem die Regierung aber bereit ist, sowohl Exzesse zu zügeln als auch Einbrüche zu bekämpfen, aufgrund intellektueller Instabilität, politischer Instabilität und finanzieller Instabilität von Natur aus instabil ist.

Neue Klassik

Eine weitere einflussreiche Denkschule stützte sich auf die Lucas-Kritik an der keynesianischen Wirtschaftslehre. Sie forderte eine größere Übereinstimmung mit der mikroökonomischen Theorie, die auf der Rational-Choice-Theorie basiert, und betonte insbesondere die Idee der rationalen Erwartungen. Lucas und andere argumentierten, dass die keynesianische Ökonomie von den Menschen ein bemerkenswert törichtes und kurzsichtiges Verhalten verlangte, das dem wirtschaftlichen Verständnis ihres Verhaltens auf der Mikroebene völlig widersprach. Die neue klassische Ökonomie führte eine Reihe von makroökonomischen Theorien ein, die auf der Optimierung des mikroökonomischen Verhaltens beruhten. Diese Modelle wurden zur realen Konjunkturtheorie weiterentwickelt, die davon ausgeht, dass Konjunkturschwankungen zu einem großen Teil auf reale (im Gegensatz zu nominalen) Schocks zurückgeführt werden können.

Seit den späten 1950er Jahren begannen neue klassische Makroökonomen, der Methodik von Keynes und seinen Nachfolgern zu widersprechen. Keynesianer betonten die Abhängigkeit des Konsums vom verfügbaren Einkommen und auch der Investitionen von den laufenden Gewinnen und dem laufenden Cashflow. Darüber hinaus postulierten Keynesianer eine Phillips-Kurve, die die Nominallohninflation an die Arbeitslosenquote bindet. Um diese Theorien zu untermauern, zeichneten die Keynesianer in der Regel die logischen Grundlagen ihres Modells nach (unter Verwendung von Introspektion) und untermauerten ihre Annahmen mit statistischen Beweisen. Die Theoretiker der Neuen Klassik verlangten, dass die Makroökonomie auf denselben Grundlagen beruht wie die mikroökonomische Theorie, nämlich auf gewinnmaximierenden Unternehmen und rationalen, nutzenmaximierenden Verbrauchern.

Das Ergebnis dieses Methodenwechsels waren mehrere wichtige Abweichungen von der keynesianischen Makroökonomie:

  1. Unabhängigkeit von Konsum und laufendem Einkommen (Hypothese des permanenten Einkommens im Lebenszyklus)
  2. Irrelevanz der laufenden Gewinne für Investitionen (Modigliani-Miller-Theorem)
  3. Langfristige Unabhängigkeit von Inflation und Arbeitslosigkeit (natürliche Arbeitslosenquote)
  4. Die Unfähigkeit der Geldpolitik, die Produktion zu stabilisieren (rationale Erwartungen)
  5. Irrelevanz von Steuern und Haushaltsdefiziten für den Konsum (Ricardianische Äquivalenz)

Allgemeines

Zum Keynesianismus gehören wirtschaftspolitische Ansätze, die darauf ausgerichtet sind, die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu steuern und bei Bedarf die Wirtschaft durch vermehrte Staatsausgaben und durch expansive Geldpolitik zu beleben. Als Hochphase des Keynesianismus weltweit gilt die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg (in Deutschland ab 1967) bis in die 1970er Jahre.

Nach der monetaristischen Gegenrevolution (siehe Abschnitt 4.9) und dem Auftreten der Stagflation verlor die Theorie von Keynes ihre Dominanz. Heute herrscht in der Makroökonomie die im von N. Gregory Mankiw 1991 herausgegebenen Werk präsentierte Richtung vor, worin aber nur die wirtschaftspolitischen Empfehlungen mit Keynes vereinbar sind, nicht die theoretische Grundlage (s. Abschnitt 3.10).

In Deutschland wies das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz aus dem Jahr 1967 der Bundesregierung, damals mit Karl Schiller (SPD) als Wirtschaftsminister, die Aufgabe zu, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu steuern. Die konkreten Ziele waren eine reale Zuwachsrate des Sozialprodukts von 4 %, eine Arbeitslosenquote von unter 0,8 % und eine Inflationsrate von unter 1 %. Grundlage war das Konzept der Globalsteuerung, mit Hilfe keynesianischer Wirtschaftspolitik die volkswirtschaftliche Entwicklung von Konjunkturschwankungen unabhängiger zu machen und einen hohen Beschäftigungsstand zu sichern.

Lehren (Überblick)

Merkmale der keynesianischen Schule, die von allen selbst bezeichneten Keynesianern akzeptiert werden, lassen sich nicht ganz einfach ausmachen. Besonders für die postkeynesianischen Schulen sind gemeinsame schulbildende Merkmale ihrer Wirtschaftstheorie nur schwer in klar abgrenzbarer Form zu ermitteln. Zum Teil wird ihre Abgrenzung nach soziologischen (im Sinne Joseph Schumpeters), philosophischen (im Sinne Thomas S. Kuhns oder Imre Lakatos’) oder rein geographischen (so Terence Hutchinson) Gesichtspunkten vorgenommen. A.P. Thirlwall machte „sechs Kernbotschaften der Keynesschen Vision“ („six central messages of Keynes’ vision“) aus, die in wirtschaftstheoretischer Hinsicht gut die Kernlehren der keynesianischen Schulen beschreiben:

  1. Produktion und Beschäftigung werden über den Gütermarkt, nicht über den Arbeitsmarkt gesteuert,
  2. unfreiwillige Arbeitslosigkeit ist möglich,
  3. eine Erhöhung der Ersparnisse führt nicht zu einer gleich großen Erhöhung der Investitionen; vielmehr bestimmen die Investitionen das mögliche Sparvolumen in der Volkswirtschaft, Investitionen sind also nicht davon abhängig, dass vorher gespart wird. Vielmehr können die Banken Kredite durch Kredit- und Geldschöpfung vergeben.
  4. eine Geldwirtschaft unterscheidet sich von einer Tauschwirtschaft,
  5. die Quantitätstheorie des Geldes gilt nur bei Vollbeschäftigung,
  6. in Marktwirtschaften werden Investitionsentscheidungen auch von den animal spirits (etwa ‚Instinktverhalten‘) der Unternehmer bestimmt.

Merkmale der gegensätzlichen neoklassischen Synthese dagegen sind:

  1. das IS-LM-Modell, erweitert um einen neo-klassischen Arbeitsmarkt,
  2. neo-klassische Wachstumsmodelle,
  3. die langfristig senkrechte Phillips-Kurve.

Theoriegeschichte und -entwicklung

Vorläufer und Umfeld

John Maynard Keynes verweist in seiner Allgemeinen Theorie selbst auf Einflüsse, die von der Scholastik, dem Merkantilismus und Malthus ausgingen. In der französischen Ausgabe nennt er Montesquieu, der in seiner ökonomischen Bedeutung für Frankreich Adam Smith gleichkäme. Überraschende Übereinstimmungen bestehen zwischen Keynes’ Kritik an der Neoklassik und der Kritik, die Friedrich von Hayek, durch den die Österreichische Schule in Großbritannien rezipiert wurde, an der Walras-Pareto-Gleichgewichtsanalyse und an der fehlenden Berücksichtigung der Zeit übte. Diese Kritik wirkte später über die LSE-Studenten Nicholas Kaldor, Abba Lerner und G. L. S. Shackle auch auf den Postkeynesianismus ein.

Der Ökonom J. A. Hobson entwickelte ab 1889 (und 1928 davon unabhängig auch William Trufant Foster und Waddill Catchings) die Idee, dass ein Mangel an Nachfrage für Wirtschaftskrisen verantwortlich sei, gebrauchte dafür aber den Ausdruck underconsumption (wörtl. etwa: Unternachfrage). Dies befand sich jedoch zu dieser Zeit außerhalb des wirtschaftswissenschaftlichen Mainstreams.

Ein Auseinanderfallen von gesamtwirtschaftlicher Spar- und Investitionsquote hielt bereits Knut Wicksell für möglich. Gunnar Myrdal beschreibt den Einfluss, den Wicksell bereits auf Keynes' Buch von 1930 hatte:

„J.M. Keynes’ new, brilliant, though not always clear, work, A Treatise on Money, is completely permeated by Wicksell’s influence. Nevertheless Keynes’ work, too, suffers somewhat from the attractive Anglo-Saxon kind of unnecessary originality, which has its roots in certain systematic gaps in the knowledge of the German language on the part of the majority of English economists.“

Gunnar Myrdal

Andere Ökonomen der Schwedischen Schule, so besonders Erik Lindahl, Bertil Ohlin und Erik Lundberg, hatten bereits in den 1920er und frühen 1930er Jahren den Einfluss der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage herausgestellt. Gleiches gilt für den Polen Michał Kalecki, der dies unter Rückgriff auf Karl Marx und Rosa Luxemburg ausgearbeitet hatte.

1936: Keynesianische Revolution

John Maynard Keynes (1883–1946): Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes (1936)

Die keynesianische Revolution hat ihren Ursprung in John Maynard Keynes’ Werk Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes (kurz: Allgemeine Theorie oder General Theory) aus dem Jahre 1936. Keynes war zur Zeit seiner Veröffentlichung bereits 53 Jahre alt und ein international hoch angesehener Ökonom. Die ersten Gedanken für seine Allgemeine Theorie gehen wohl auf die frühen 1930er Jahre zurück, kurz nachdem er seinen Treatise on Money 1930 veröffentlicht hatte; mit diesem, damals als sein opus magnum angesehenem Werk, war er schon nach Veröffentlichung unzufrieden, verwarf jedoch den Gedanken, es umzuarbeiten. Ab 1930 beschäftigten er und sein Schülerkreis sich intensiv mit der effektiven Nachfrage. Inwieweit diese in ein Walrasianisches Modell eingearbeitet werden können oder tatsächlich revolutionär sind, ist umstritten. Keynes selbst kam bald zu dem Ergebnis, dass seine neu gewonnenen Erkenntnisse einer intellektuellen Revolution und einem radikalen Bruch mit der neoklassischen Theorie gleichkämen:

“To understand my state of mind, however, you have to know that I believe myself to be writing a book on economics theory which will largely revolutionise—not, I suppose, at once but in the course of the next ten years—the way the world thinks about economic problems”

John Maynard Keynes: Brief an George Bernard Shaw vom 1. Januar 1935

Unmittelbare Rezeption

Keynes’ Allgemeine Theorie wurde sofort sehr kontrovers diskutiert. Besonders junge Ökonomen begeisterten sich für den neuen Ansatz, der endlich eine Erklärung der hohen und andauernden Arbeitslosigkeit bot:

“The General Theory caught most economists under the age of thirty-five with the unexpected virulence of a disease first attacking and decimating an isolated tribe of South Sea Islanders. Economists beyond thirty-five turned out to be quite immune to the ailment.”

Paul Samuelson (1964)

Schroffe Ablehnung erntete Keynes’ Werk in England besonders von Arthur Cecil Pigou, Dennis Holme Robertson, Ralph Hawtrey, Lionel Robbins, Friedrich August von Hayek, in den USA von Frank Knight, Joseph Schumpeter und Jacob Viner.

Im Gegensatz zu Keynes nahm sein Londoner Gegenspieler Friedrich August von Hayek an, staatliche Organisationsformen entwickelten ein starkes Eigenleben, was häufig zu einer aufgeblähten Verwaltung führe, die selbst einen Großteil der Staatsausgaben für ihren Selbsterhalt benötige. Weiterhin nahm Hayek an, dass es in demokratischen Prozessen sehr aufwendig bis nicht durchführbar sei, in der Vergangenheit gewährte Subventionen bzw. Vergünstigungen aller Art wieder rückgängig zu machen. Zuletzt seien wirtschaftliche Prozesse zu komplex, als dass sie zentralisiert gesteuert werden könnten. Auf Grund dieses nur sehr bedingt zur Verfügung stehenden Steuerungswissens sei es nicht möglich, „antizyklische“ Prozesse durch den Staat anzuregen. Dieses Wissensdefizit der öffentlichen Hand gepaart mit der dem staatlichen Handeln unterstellten inhärenten Tendenzen zum Selbsterhalt der Verwaltung sowie der fortschreitenden Bürokratisierung führen nach Hayek zu einem vermehrten Einnahmebedarf des Staates, der die wirtschaftliche Entwicklung erheblich erschwere. Demzufolge seien „antizyklische“ Maßnahmen der öffentlichen Hand mit Sicherheit zum Scheitern verurteilt.

Andere Kritiker stützen sich auf die von Keynes angegriffene Neoklassische Theorie. Diese Theorie geht davon aus, dass ein volkswirtschaftliches System „inhärent“, d. h. von sich aus stabil ist und nach Störungen wieder zum Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung zurückfindet. Staatliche Maßnahmen seien daher überflüssig. Sie können sogar zu unerwünschten Schwankungen der Konjunktur führen. Daher vertreten Anhänger der neoklassischen Theorie die Ansicht, der Staat solle seine Ausgaben möglichst begrenzen. Dem Staat käme nur eine „allokative“ Aufgabe zu, während er sich ansonsten möglichst aus der Wirtschaft heraushalten soll. Diese Kritik wird später von Milton Friedman aufgegriffen und zu einer „monetaristischen Gegenrevolution“ ausgebaut (s. unten Abschnitt 3.8).

Milton Friedman und Anna Schwartz (1963) interpretierten in ihrem Werk A Monetary History of the United States die Weltwirtschaftskrise nicht als Ergebnis der freien Märkte, sondern einer falschen Politik der Notenbank, die in den USA zwischen den Jahren 1929 und 1933 die Geldmenge um 30 % verringerte. Dabei ist unstrittig, dass die Geldmenge in jenen Jahren stark zurückging. Strittig ist, ob die Zentralbank dies bewirkte oder nicht verhindern konnte. Tatsächlich warnte Keynes bereits 1925 vor den Folgen einer Notenbankpolitik, die aufgrund des Goldstandards gezwungen ist, die Geldmenge prozyklisch zu reduzieren, und warnte vor daraus resultierender Arbeitslosigkeit.

Ab 1944: Neoklassische Synthese

Hicks ebnete mit seinem IS/LM-Diagramm auch den Weg zur Neoklassischen Synthese. Franco Modigliani (1944) war der erste, der an dieses Diagramm einen neoklassischen Arbeitsmarkt anhängte und dann unter Heranziehung des Pigou-Effekts und des Zinseffektes ableitete, dass – im krassen Gegensatz zu Keynes’ Theorie – Lohnsenkungen zu mehr Beschäftigung führen. Damit wurde Keynes von der Neoklassik vereinnahmt. Keynes selbst hatte sich während der Diskussionen mit seinem Schülerzirkel immer gegen ein solches Vorgehen ausgesprochen. In einem Brief an Roy Harrod schreibt er 1935 zu solchen Versuchen der Versöhnung:

„the general effect of your reaction … is to make me feel that my assault on the classical school ought to be intensified rather than abated…“

CW, Vol. 13, S. 548 zitiert nach Pasinetti (2007), S. 31.

Er äußerte sich aber nach seinem Herzinfarkt (1937) und später wegen anderer aktueller Probleme und Aufgaben (Kriegsfinanzierung, Bretton-Woods-Verhandlungen) kaum zu Syntheseversuchen.

Ab 1960: US-amerikanischer Post-Keynesianismus

Als Gründervater des US-amerikanischen Postkeynesianismus gilt Sidney Weintraub. Weitere wichtige Vertreter sind Hyman P. Minsky und Paul Davidson.

Keynesianismus in Deutschland

Auch in Deutschland traf die Verbreitung der Theorie von Keynes auf erhebliche Hürden. Widerstand leisteten unter anderem die Ordo-Liberalen, auch als Freiburger Schule bezeichnet. Sie plädierten zwar für einen „starken Staat“, der den Wettbewerb mit Annäherung an das Ideal der vollständigen Konkurrenz zu sichern hatte, lehnten direkte staatliche Eingriffe in den Wirtschaftsprozess aber grundsätzlich ab. Das war wohl einerseits eine Reaktion auf die falsche deutsche Wirtschaftspolitik während der Weltwirtschaftskrise, andererseits aber auch auf die von Keynes inspirierten, kurzzeitig erfolgreichen, aber finanzpolitisch fragwürdigen „Konjunkturprogramme“ in den Anfangsjahren des NS-Staates.

Vorreiter für die Verbreitung der Theorie von Keynes an den Universitäten war das Lehrbuch von Erich Schneider „Einführung in die Volkswirtschaftslehre“, insbesondere Teil III: Geld, Kredit, Volkseinkommen und Beschäftigung. (1. Aufl. Tübingen, 1952). Auch in Deutschland entging die Theorie von Keynes nicht der Vereinnahmung durch die neoklassische Synthese.

Großen Einfluss hatte Keynes' Theorie auf das „Stabilitäts- und Wachstumsgesetz“ (StabG) von 1967, das ein halbes Jahr nach dem Start des Kabinett Kiesinger I vom Bundestag verabschiedet wurde. Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) hatte das Gesetz sehr befürwortet. Das Nullwachstum des Jahres 1967 setzte sich 1968 nicht fort; ob oder in welchem Maße das StabG zur Belebung der Wirtschaft beitrug, ist nicht belegbar.

Ein Marxist kritisierte, Keynes versuche den Kapitalismus zu stabilisieren; damit verhindere er aber (sofern er Erfolg hat), dessen eigentlich erwünschte Abschaffung.

Ab 1980: Neukeynesianismus

In den 1980er Jahren entwickelte sich der Neukeynesianismus zur Abgrenzung von der „Neuen klassischen Makroökonomie“. Neukeynesianer arbeiten mit neoklassischen Modellen, bauen darin aber beschränkte Informationen, (Preis-)Rigiditäten und unvollständige Konkurrenz ein. Einige Vorreiter dieser Theorieschule, nämlich Joseph Stiglitz, George Akerlof und Michael Spence erhielten 2001 den Nobelpreis für ihre Arbeiten über asymmetrische Informationen. Dass der Neukeynesianismus tatsächlich noch als keynesianische Strömung aufzufassen ist, wird von Anhängern der Keynes’schen Theorie (Altkeynesianer) bezweifelt und von Postkeynesianern bestritten. Der Postkeynesianer Paul Davidson wirft den Neukeynesianern vor, dass sie die „General Theory“ als einen Klassiker behandeln, den jeder zitiert, aber niemand liest. Andernfalls könnten sie sich nicht als (Neu-)Keynesianer bezeichnen.

Ende der 1980er: Circuit-Schule in Frankreich und Italien

Ende der 1980er Jahre entwickelte sich besonders in Frankreich und Québec, aber auch in Italien die circuit-Schule, die sich hauptsächlich auf Problemstellungen der Geldwirtschaft konzentriert. Wichtige Vertreter sind Alain Parguez, Frédéric Poulon, Bernard Schmitt und Marc Lavoie.