Glucocorticoide
Glucocorticoid ⓘ | |
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Wirkstoffklasse | |
Identifikatoren der Klasse | |
Synonyme | Kortikosteroid; Glukokortikosteroid |
Verwendung | Nebenniereninsuffizienz; allergische, entzündliche und Autoimmunerkrankungen; Asthma; Organtransplantation |
ATC-Code | H02AB |
Biologisches Ziel | Glucocorticoid-Rezeptor |
Chemische Klasse | Steroide |
Glukokortikoide (oder, seltener, Glukokortikosteroide) sind eine Klasse von Kortikosteroiden, die zu den Steroidhormonen gehören. Glukokortikoide sind Kortikosteroide, die an den Glukokortikoidrezeptor binden, der in fast allen Wirbeltierzellen vorhanden ist. Der Name "Glukokortikoid" ist ein Portmanteau (Glukose + Rinde + Steroid) und setzt sich zusammen aus seiner Rolle bei der Regulierung des Glukosestoffwechsels, der Synthese in der Nebennierenrinde und seiner Steroidstruktur (siehe Struktur unten). ⓘ
Glucocorticoide sind Teil des Rückkopplungsmechanismus im Immunsystem, der bestimmte Aspekte der Immunfunktion, wie z. B. Entzündungen, reduziert. Sie werden daher in der Medizin zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt, die durch ein überaktives Immunsystem verursacht werden, wie z. B. Allergien, Asthma, Autoimmunkrankheiten und Sepsis. Glukokortikoide haben viele verschiedene (pleiotrope) Wirkungen, darunter auch potenziell schädliche Nebenwirkungen, und sind daher nur selten rezeptfrei erhältlich. Sie greifen auch in einige der abnormen Mechanismen in Krebszellen ein, weshalb sie in hohen Dosen zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden. Dazu gehören hemmende Wirkungen auf die Lymphozytenvermehrung, wie bei der Behandlung von Lymphomen und Leukämien, und die Abschwächung der Nebenwirkungen von Krebsmedikamenten. ⓘ
Glukokortikoide wirken auf Zellen durch Bindung an den Glukokortikoidrezeptor. Der aktivierte Glukokortikoidrezeptor-Glukokortikoid-Komplex erhöht die Expression entzündungshemmender Proteine im Zellkern (ein Prozess, der als Transaktivierung bezeichnet wird) und unterdrückt die Expression entzündungsfördernder Proteine im Zytosol, indem er die Translokation anderer Transkriptionsfaktoren aus dem Zytosol in den Zellkern verhindert (Transrepression). ⓘ
Glucocorticoide unterscheiden sich von Mineralocorticoiden und Sexualsteroiden durch ihre spezifischen Rezeptoren, Zielzellen und Wirkungen. In der Fachsprache bezieht sich der Begriff "Kortikosteroid" sowohl auf Glukokortikoide als auch auf Mineralokortikoide (da beide die von der Nebennierenrinde produzierten Hormone nachahmen), wird aber häufig als Synonym für "Glukokortikoid" verwendet. Glukokortikoide werden hauptsächlich in der Zona fasciculata der Nebennierenrinde gebildet, während Mineralokortikoide in der Zona glomerulosa synthetisiert werden. ⓘ
Cortisol (oder Hydrocortison) ist das wichtigste menschliche Glucocorticoid. Es ist lebensnotwendig und reguliert oder unterstützt eine Vielzahl wichtiger kardiovaskulärer, metabolischer, immunologischer und homöostatischer Funktionen. Es stehen verschiedene synthetische Glukokortikoide zur Verfügung, die in der Allgemeinmedizin und in zahlreichen Fachgebieten in großem Umfang eingesetzt werden, entweder als Ersatztherapie bei Glukokortikoidmangel oder zur Unterdrückung des körpereigenen Immunsystems. ⓘ
Glucocorticoide (Synonyme: Glukokortikoide, abgekürzt GK, Glukokortikosteroide) zählen zu den Corticosteroiden, einer Klasse von Steroidhormonen aus der Nebennierenrinde. Der Name bezieht sich auf ihre Funktion im Glucose-Stoffwechsel, wo sie die Umwandlung von Eiweiß (Protein) in Glucose und Glykogen fördern. ⓘ
Die natürlich vorkommenden Glucocorticoide sind Abkömmlinge des Gelbkörperhormons (Progesteron); zu ihnen zählen Cortisol und Corticosteron sowie Cortison. ⓘ
Daneben gibt es von den Glucocorticoiden abgeleitete künstliche Corticoide mit glucocorticoider Wirkung, wie sie in der Medizin verwendet werden, etwa Prednisolon oder Dexamethason. Diese werden ebenfalls Glucocorticoide genannt und meistens gespritzt (Kortisonspritze), in Tablettenform verabreicht oder durch eine Kortisoncreme lokal appliziert (topische Anwendung). ⓘ
Die Glucocorticoide haben vielfältige physiologische und therapeutische Wirkungen. Sie beeinflussen den Stoffwechsel, den Wasser- und Elektrolythaushalt, das Herz-Kreislaufsystem und das Nervensystem. Ferner wirken sie entzündungshemmend und immunsuppressiv (Immunreaktionen des Körpers abmildernd). ⓘ
Wirkungen
Die Wirkungen von Glukokortikoiden lassen sich grob in zwei Hauptkategorien einteilen: immunologisch und metabolisch. Darüber hinaus spielen Glukokortikoide eine wichtige Rolle bei der fötalen Entwicklung und der Homöostase der Körperflüssigkeiten. ⓘ
Immunsystem
Glukokortikoide wirken über eine Interaktion mit dem Glukokortikoidrezeptor (Einzelheiten siehe unten):
- die Expression von entzündungshemmenden Proteinen hochregulieren
- die Expression proinflammatorischer Proteine herunterregulieren. ⓘ
Glukokortikoide spielen nachweislich auch eine Rolle bei der Entwicklung und Homöostase von T-Lymphozyten. Dies wurde bei transgenen Mäusen mit entweder erhöhter oder verringerter Empfindlichkeit der T-Zell-Linie gegenüber Glukokortikoiden nachgewiesen. ⓘ
Stoffwechsel
Der Name "Glukokortikoid" geht auf frühe Beobachtungen zurück, dass diese Hormone am Glukosestoffwechsel beteiligt sind. Im nüchternen Zustand stimuliert Cortisol mehrere Prozesse, die zusammengenommen dazu dienen, die normale Glukosekonzentration im Blut zu erhöhen und aufrechtzuerhalten. ⓘ
Metabolische Wirkungen:
- Stimulation der Gluconeogenese, insbesondere in der Leber: Dieser Stoffwechselweg führt zur Synthese von Glukose aus Nicht-Hexose-Substraten wie Aminosäuren und Glycerin aus dem Abbau von Triglyceriden und ist bei Fleischfressern und bestimmten Pflanzenfressern besonders wichtig. Die Steigerung der Expression von Enzymen, die an der Gluconeogenese beteiligt sind, ist wahrscheinlich die bekannteste metabolische Funktion der Glucocorticoide.
- Mobilisierung von Aminosäuren aus extrahepatischen Geweben: Diese dienen als Substrate für die Gluconeogenese.
- Hemmung der Glukoseaufnahme in Muskel- und Fettgewebe: Ein Mechanismus zur Konservierung von Glukose
- Stimulierung des Fettabbaus im Fettgewebe: Die durch die Lipolyse freigesetzten Fettsäuren werden zur Energiegewinnung in Geweben wie dem Muskel verwendet, und das freigesetzte Glycerin stellt ein weiteres Substrat für die Gluconeogenese dar.
- Zunahme der Natriumretention und Kaliumausscheidung führt zu Hypernatriämie und Hypokaliämie
- Anstieg der Hämoglobinkonzentration, wahrscheinlich aufgrund der Behinderung der Aufnahme von roten Blutkörperchen durch Makrophagen oder andere Phagozyten.
- Erhöhte Harnsäure im Urin
- Erhöhter Kalziumgehalt im Urin und Hypokalzämie
- Alkalose
- Leukozytose ⓘ
Überhöhte Glukokortikoidspiegel, die durch die Verabreichung von Medikamenten oder durch Hyperadrenokortizismus entstehen, haben Auswirkungen auf viele Systeme. Einige Beispiele sind die Hemmung der Knochenbildung, die Unterdrückung der Kalziumabsorption (beides kann zu Osteoporose führen), verzögerte Wundheilung, Muskelschwäche und ein erhöhtes Infektionsrisiko. Diese Beobachtungen lassen auf eine Vielzahl weniger dramatischer physiologischer Funktionen von Glukokortikoiden schließen. ⓘ
Entwicklung
Glukokortikoide haben vielfältige Auswirkungen auf die fötale Entwicklung. Ein wichtiges Beispiel ist ihre Rolle bei der Förderung der Lungenreifung und der Produktion des für die extrauterine Lungenfunktion erforderlichen Surfactants. Mäuse mit homozygoten Störungen im Corticotropin-Releasing-Hormon-Gen (siehe unten) sterben bei der Geburt aufgrund pulmonaler Unreife. Darüber hinaus sind Glukokortikoide für die normale Entwicklung des Gehirns notwendig, indem sie die terminale Reifung einleiten, Axone und Dendriten umgestalten und das Überleben der Zellen beeinflussen, und spielen möglicherweise auch eine Rolle bei der Entwicklung des Hippocampus. Glukokortikoide stimulieren die Reifung der Na+/K+/ATPase, von Nährstofftransportern und Verdauungsenzymen und fördern so die Entwicklung eines funktionierenden Magen-Darm-Systems. Glukokortikoide unterstützen auch die Entwicklung des Nierensystems des Neugeborenen, indem sie die glomeruläre Filtration erhöhen. ⓘ
Erregung und Kognition
Glukokortikoide wirken auf den Hippocampus, die Amygdala und die Frontallappen. Zusammen mit Adrenalin verstärken sie die Bildung von Flashbulb-Erinnerungen an Ereignisse, die mit starken Emotionen verbunden sind, sowohl positiven als auch negativen. Dies wurde in Studien bestätigt, in denen die Blockade der Glukokortikoide oder der Noradrenalinaktivität die Erinnerung an emotional relevante Informationen beeinträchtigte. Weitere Quellen haben gezeigt, dass Probanden, deren Angstlernen mit hohen Cortisolspiegeln einherging, eine bessere Konsolidierung dieses Gedächtnisses aufwiesen (dieser Effekt war bei Männern stärker ausgeprägt). Die Wirkung von Glukokortikoiden auf das Gedächtnis könnte auf eine Schädigung speziell des CA1-Bereichs der Hippocampus-Formation zurückzuführen sein. ⓘ
In mehreren Tierstudien wurde bei anhaltendem Stress (der zu einem anhaltenden Anstieg des Glukokortikoidspiegels führt) eine Zerstörung der Neuronen in diesem Bereich des Gehirns festgestellt, die mit einer geringeren Gedächtnisleistung in Verbindung gebracht wurde. ⓘ
Es hat sich auch gezeigt, dass Glukokortikoide einen erheblichen Einfluss auf die Vigilanz (Aufmerksamkeitsdefizitstörung) und die Kognition (Gedächtnis) haben. Dies scheint der Yerkes-Dodson-Kurve zu folgen, da Studien gezeigt haben, dass die zirkulierenden Glukokortikoidspiegel im Vergleich zur Gedächtnisleistung einem auf dem Kopf stehenden U-Muster folgen, ähnlich wie die Yerkes-Dodson-Kurve. So ist beispielsweise die Langzeitpotenzierung (LTP; der Prozess der Bildung von Langzeitgedächtnissen) optimal, wenn die Glukokortikoidspiegel leicht erhöht sind, während nach einer Adrenalektomie (Zustand mit niedrigen Glukokortikoidspiegeln) oder nach der Verabreichung exogener Glukokortikoide (Zustand mit hohen Glukokortikoidspiegeln) ein deutlicher Rückgang der LTP beobachtet wird. Erhöhte Glukokortikoidspiegel verbessern das Gedächtnis für emotional erregende Ereignisse, führen aber in den meisten Fällen zu einem schlechten Gedächtnis für Material, das nichts mit der Quelle des Stresses/der emotionalen Erregung zu tun hat. Im Gegensatz zu den dosisabhängigen verstärkenden Wirkungen von Glukokortikoiden auf die Gedächtniskonsolidierung hemmen diese Stresshormone nachweislich den Abruf bereits gespeicherter Informationen. Die langfristige Einnahme von Glukokortikoid-Medikamenten, z. B. bei Asthma und entzündungshemmenden Medikamenten, führt nachweislich zu Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsdefiziten sowohl während als auch in geringerem Maße nach der Behandlung, was als "Steroid-Demenz" bezeichnet wird. ⓘ
Homöostase der Körperflüssigkeiten
Glukokortikoide können sowohl zentral als auch peripher wirken und zur Normalisierung des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens beitragen, indem sie die Reaktion des Körpers auf das atriale natriuretische Peptid (ANP) regulieren. Zentral könnten Glukokortikoide die Dehydratation durch Wasseraufnahme hemmen; peripher könnten Glukokortikoide eine starke Diurese bewirken. ⓘ
Physiologie
Biosynthese
Die Biosynthese der Corticoide startet wie bei allen Steroiden beim Cholesterin, das entweder mit der Nahrung aufgenommen wird oder (in weitaus größerer Menge) aus Mevalonat gebildet wird. Zwischenprodukt ist Pregnenolon, das auf mehreren möglichen Wegen zu Cortisol, und dieses in der Folge zu Cortison, umgesetzt wird. Es gibt einen ausgeprägten Tagesrhythmus mit einem Minimum um Mitternacht und einem Maximum zwischen 6 und 8 Uhr morgens. ⓘ
Abbau
Wie andere Corticoide werden die Glucocorticoide in der Leber inaktiviert und vorwiegend über die Gallenflüssigkeit, zu 10 % auch über den Urin, in Form von inaktiven Konjugaten ausgeschieden. ⓘ
Wirkungen
Glucocorticoide fördern in natürlicher Konzentration die Gluconeogenese (Neubildung von Kohlenhydraten aus Aminosäuren und Kohlenhydratvorläufern). Protein- und Lipiddepots werden abgebaut und zur Energiegewinnung eingesetzt. Dies bewirkt erhöhte Konzentrationen von Glucose, Aminosäuren und Fettsäuren im Blut sowie deren Abbauprodukten. Chronische Überproduktion der Hormone erzeugt eine als Cushing-Syndrom bekannte Erkrankung. ⓘ
Glucocorticoide haben eine verstärkende Wirkung auf die Glucagon-induzierte Expression der Gluconeogenese-Enzyme. Die komplizierten Mechanismen können hier nur exemplarisch an einem der Enzyme, der Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (PEPCK), erläutert werden: PEPCK katalysiert die Bildung von Phosphoenolpyruvat aus Oxalacetat, unter Verbrauch von einmal GTP. PEPCK ist dabei ein Schlüsselenzym der Gluconeogenese, die im Hungerzustand bei niedrigem Blutzucker abläuft. Mehr PEPCK entsteht mittels verstärkter Transkription vom PCK1-Gen, das für dieses Enzym PEPCK kodiert. Der Ablauf dieser Signaltransduktion:
- Das Hormon Glucagon bindet an seinen Glucagon-Rezeptor auf der Zellmembran. Hierdurch löst sich die GDP-bindende α-Untereinheit von den β- und γ-Untereinheiten des heterotrimeren membrangebundenen Gs-Proteins und dissoziiert zum Rezeptor, wo ein Austausch von GDP gegen GTP stattfindet. Die so aktivierte α-Untereinheit aktiviert ihrerseits die Adenylatcyclase, mehrere Moleküle ATP zu cAMP umzusetzen. Ein hoher cAMP-Spiegel aktiviert die Proteinkinase A, die wiederum das cAMP-responsive element binding protein (CREB) phosphoryliert. CREB ist an CRE, einem regulatorischen Bereich des PCK1-Promotors, gebunden. Als Ergebnis wird das PCK1-Gen exprimiert. ⓘ
- Das Glucocorticoid bindet an seinen nukleären Rezeptor, der gebunden am Hitzeschockprotein 90 (Hsp90) inaktiv im Cytosol lokalisiert ist. Durch Bindung des Liganden dissoziiert Hsp90 ab. Der Glucocorticoidrezeptor homodimerisiert zu seinem aktiven Zustand und transloziert als Rezeptor-Ligand-Komplex in den Zellkern, wo der Komplex als Transkriptionsfaktor an eine palindromische Sequenz bindet. Dieses Glucocorticoid-responsive-Element stellt einen weiteren regulatorischen Bereich im PCK1-Promotor dar. Die Wirkung von CRE/CREB-P wird somit potenziert. ⓘ
In vielfach höherer Dosis, wie sie nur nach Anwendung von Medikamenten erzielt wird, treten weitere Wirkungen auf: Die Protein-Synthese wird gehemmt, die Antikörperproduktion des Immunsystems vermindert und Entzündungsvorgänge werden unterdrückt. Noch höhere Dosen, die nur bei Gabe hochwirksamer künstlicher Glucocorticoide wie Dexamethason erreicht werden, wirken dem Kreislaufschock bei lebensgefährlichen Erkrankungen und Verletzungen entgegen. ⓘ
Pathologien
Das Enzym 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 1 katalysiert die Inaktivierung von Cortisol durch Dehydrierung zum Cortison. Mutationen im dafür codierenden HSD11B1-Gen sind verantwortlich für das sogenannte AME-Syndrom, eine Form des Hyperandrogenismus und seltene Erbkrankheit. ⓘ
Transaktivierung
Glukokortikoide binden an den zytosolischen Glukokortikoidrezeptor, eine Art Kernrezeptor, der durch Ligandenbindung aktiviert wird. Nach der Bindung eines Hormons an den entsprechenden Rezeptor verlagert sich der neu gebildete Komplex in den Zellkern, wo er an Glukokortikoid-Reaktionselemente in der Promotorregion der Zielgene bindet, was zur Regulierung der Genexpression führt. Dieser Vorgang wird gemeinhin als Transkriptionsaktivierung oder Transaktivierung bezeichnet. ⓘ
Die Proteine, die von diesen hochregulierten Genen kodiert werden, haben ein breites Spektrum an Wirkungen, wie z. B:
- entzündungshemmend - Lipocortin I, p11/Calpactin-bindendes Protein, sekretorischer Leukozytenprotease-Inhibitor 1 (SLPI) und Mitogen-aktivierte Proteinkinase-Phosphatase (MAPK-Phosphatase)
- erhöhte Glukoneogenese - Glukose-6-Phosphatase und Tyrosin-Aminotransferase ⓘ
Transrepression
Der entgegengesetzte Mechanismus wird als Transkriptionsrepression oder Transrepression bezeichnet. Das klassische Verständnis dieses Mechanismus ist, dass ein aktivierter Glukokortikoidrezeptor an die DNA an der gleichen Stelle bindet, an der ein anderer Transkriptionsfaktor binden würde, was die Transkription von Genen verhindert, die durch die Aktivität dieses Faktors transkribiert werden. Dies geschieht zwar, aber die Ergebnisse sind nicht für alle Zelltypen und Bedingungen einheitlich; es gibt keinen allgemein akzeptierten, allgemeinen Mechanismus für die Transrepression. ⓘ
Es werden neue Mechanismen entdeckt, bei denen die Transkription zwar unterdrückt wird, der aktivierte Glukokortikoidrezeptor aber nicht mit der DNA interagiert, sondern direkt mit einem anderen Transkriptionsfaktor, der dadurch beeinträchtigt wird, oder mit anderen Proteinen, die die Funktion anderer Transkriptionsfaktoren beeinträchtigen. Der letztgenannte Mechanismus scheint der wahrscheinlichste Weg zu sein, wie der aktivierte Glukokortikoidrezeptor NF-κB beeinträchtigt - nämlich durch die Rekrutierung von Histondeacetylase, die die DNA in der Promotorregion deacetyliert, was zur Schließung der Chromatinstruktur führt, an die NF-κB binden muss. ⓘ
Nicht-genomische Wirkungen
Der aktivierte Glukokortikoidrezeptor hat Wirkungen, die experimentell nachgewiesenermaßen unabhängig von den Auswirkungen auf die Transkription sind und nur auf die direkte Bindung des aktivierten Glukokortikoidrezeptors an andere Proteine oder an mRNA zurückzuführen sein können. ⓘ
So wird beispielsweise die Src-Kinase, die an den inaktiven Glukokortikoidrezeptor bindet, freigesetzt, wenn ein Glukokortikoid an den Glukokortikoidrezeptor bindet, und phosphoryliert ein Protein, das wiederum ein Adaptorprotein von einem bei Entzündungen wichtigen Rezeptor, dem epidermalen Wachstumsfaktor, verdrängt, wodurch dessen Aktivität verringert wird, was wiederum zu einer verminderten Bildung von Arachidonsäure - einem wichtigen entzündungsfördernden Molekül - führt. Dies ist ein Mechanismus, durch den Glukokortikoide eine entzündungshemmende Wirkung haben. ⓘ
Pharmakologie
Für den therapeutischen Einsatz wurde eine Vielzahl synthetischer Glukokortikoide entwickelt, von denen einige weitaus wirksamer sind als Cortisol. Sie unterscheiden sich sowohl in der Pharmakokinetik (Absorptionsfaktor, Halbwertszeit, Verteilungsvolumen, Clearance) als auch in der Pharmakodynamik (z. B. Fähigkeit zur Mineralokortikoid-Aktivität: Retention von Natrium (Na+) und Wasser; Nierenphysiologie). Da sie den Darm leicht durchdringen, werden sie hauptsächlich per os (durch den Mund), aber auch auf andere Weise, z. B. topisch auf die Haut, verabreicht. Mehr als 90 % von ihnen binden verschiedene Plasmaproteine, wenn auch mit unterschiedlicher Bindungsspezifität. Endogene Glukokortikoide und einige synthetische Kortikoide haben eine hohe Affinität zu dem Protein Transcortin (auch Kortikosteroid-bindendes Globulin genannt), während alle anderen Albumin binden. In der Leber werden sie durch Konjugation mit einem Sulfat oder einer Glucuronsäure rasch metabolisiert und mit dem Urin ausgeschieden. ⓘ
Die Wirksamkeit der Glukokortikoide, die Dauer der Wirkung und die überlappende Wirksamkeit der Mineralokortikoide sind unterschiedlich. Cortisol ist der Vergleichsstandard für die Glukokortikoid-Wirkung. Hydrocortison ist die Bezeichnung für pharmazeutische Zubereitungen von Cortisol. ⓘ
Die folgenden Angaben beziehen sich auf die orale Verabreichung. Die orale Potenz kann geringer sein als die parenterale Potenz, da erhebliche Mengen (in manchen Fällen bis zu 50 %) nicht in den Blutkreislauf gelangen. Fludrocortisonacetat und Deoxycorticosteronacetat sind definitionsgemäß Mineralocorticoide und keine Glucocorticoide, haben aber eine geringfügige Glucocorticoid-Wirkung und sind in dieser Tabelle aufgeführt, um die Mineralocorticoid-Wirkung zu verdeutlichen. ⓘ
Name | Glucocorticoid-Wirkung | Mineralokortikoid-Wirkung | Terminale Halbwertszeit (Stunden) ⓘ |
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Kortisol (Hydrokortison) | 1 | 1 | 8 |
Kortison | 0.8 | 0.8 | 8 |
Prednison | 3.5–5 | 0.8 | 16–36 |
Prednisolon | 4 | 0.8 | 16–36 |
Methylprednisolon | 5–7.5 | 0.5 | 18–40 |
Dexamethason | 25–80 | 0 | 36–54 |
Betamethason | 25–30 | 0 | 36–54 |
Triamcinolon | 5 | 0 | 12–36 |
Deflazacort | 6.5 | - | 1.3 |
Fludrocortison-Acetat | 15 | 200 | 24 |
Deoxycorticosteron-Acetat | 0 | 20 | - |
Aldosteron | 0.3 | 200-1000 | - |
Beclometason | 8 Sprühstöße 4-mal täglich entsprechend 14 mg Prednison einmal täglich in Tablettenform | - | - |
Therapeutische Anwendung
Glucocorticoide können in niedrigen Dosen bei Nebenniereninsuffizienz eingesetzt werden. In wesentlich höheren Dosen werden orale oder inhalative Glukokortikoide zur Unterdrückung verschiedener allergischer, entzündlicher und Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Inhalative Glukokortikoide sind die Zweitlinientherapie bei Asthma. Sie werden auch als Immunsuppressiva nach Transplantationen verabreicht, um die akute Transplantatabstoßung und die Graft-versus-Host-Krankheit zu verhindern. Sie verhindern jedoch keine Infektion und hemmen auch spätere Reparationsprozesse. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass Glukokortikoide bei der Behandlung von Herzinsuffizienz eingesetzt werden könnten, um die Reaktionsfähigkeit der Nieren auf Diuretika und natriuretische Peptide zu erhöhen. Glukokortikoide werden traditionell zur Schmerzlinderung bei entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Die Wirksamkeit von Kortikosteroiden bei der Schmerzlinderung ist jedoch begrenzt, und ihre Verwendung bei Tendinopathien kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. ⓘ
Ersatz
Jedes Glukokortikoid kann in einer Dosis verabreicht werden, die annähernd die gleiche Glukokortikoidwirkung wie die normale Kortisolproduktion hat; dies wird als physiologische, Ersatz- oder Erhaltungsdosis bezeichnet. Diese beträgt etwa 6-12 mg/m2/Tag Hydrocortison (m2 bezieht sich auf die Körperoberfläche (BSA) und ist ein Maß für die Körpergröße; die BSA eines durchschnittlichen Mannes beträgt 1,9 m2). ⓘ
Therapeutische Immunsuppression
Glukokortikoide bewirken eine Immunsuppression, und die therapeutische Komponente dieser Wirkung besteht hauptsächlich in der Verringerung der Funktion und der Anzahl der Lymphozyten, einschließlich der B- und T-Zellen. ⓘ
Der wichtigste Mechanismus für diese Immunsuppression ist die Hemmung des Nuklearfaktors kappa-light-chain-enhancer of activated B cells (NF-κB). NF-κB ist ein wichtiger Transkriptionsfaktor, der an der Synthese zahlreicher Mediatoren (z. B. Zytokine) und Proteine (z. B. Adhäsionsproteine) beteiligt ist, die die Immunantwort fördern. Die Hemmung dieses Transkriptionsfaktors schwächt daher die Fähigkeit des Immunsystems, eine Antwort zu geben. ⓘ
Glukokortikoide unterdrücken die zellvermittelte Immunität, indem sie die Gene hemmen, die für die Zytokine IL-1, IL-2, IL-3, IL-4, IL-5, IL-6, IL-8 und IFN-γ kodieren, von denen IL-2 das wichtigste ist. Eine geringere Zytokinproduktion reduziert die T-Zell-Proliferation. ⓘ
Glukokortikoide verringern jedoch nicht nur die T-Zell-Proliferation, sondern führen auch zu einem anderen bekannten Effekt - der glukokortikoid-induzierten Apoptose. Die Wirkung ist bei unreifen T-Zellen, die sich noch im Thymus befinden, ausgeprägter, aber auch periphere T-Zellen sind betroffen. Der genaue Mechanismus, der diese Glucocorticoid-Empfindlichkeit steuert, liegt im Bcl-2-Gen. ⓘ
Glukokortikoide unterdrücken auch die humorale Immunität und verursachen dadurch einen humoralen Immundefekt. Glukokortikoide bewirken, dass B-Zellen geringere Mengen von IL-2 und IL-2-Rezeptoren exprimieren. Dadurch werden sowohl die Expansion der B-Zellklone als auch die Antikörpersynthese vermindert. Die verminderten IL-2-Mengen führen auch dazu, dass weniger T-Lymphozyten aktiviert werden. ⓘ
Die Wirkung von Glukokortikoiden auf die Expression von Fc-Rezeptoren in Immunzellen ist kompliziert. Dexamethason vermindert die durch IFN-gamma stimulierte Fc-gamma-RI-Expression in Neutrophilen, während es umgekehrt zu einem Anstieg in Monozyten führt. Glukokortikoide können auch die Expression von Fc-Rezeptoren in Makrophagen verringern, aber die Beweise für diese Regulierung in früheren Studien wurden in Frage gestellt. Die Wirkung der Fc-Rezeptorexpression in Makrophagen ist wichtig, da sie für die Phagozytose opsonisierter Zellen erforderlich ist. Dies liegt daran, dass Fc-Rezeptoren Antikörper binden, die an Zellen gebunden sind, die von Makrophagen zerstört werden sollen. ⓘ
Entzündungshemmend
Glukokortikoide sind starke Entzündungshemmer, unabhängig von der Ursache der Entzündung; ihr primärer entzündungshemmender Mechanismus ist die Lipocortin-1 (Annexin-1)-Synthese. Lipocortin-1 unterdrückt sowohl die Phospholipase A2, wodurch die Produktion von Eicosanoiden blockiert wird, als auch verschiedene entzündliche Vorgänge bei Leukozyten (epitheliale Adhäsion, Auswanderung, Chemotaxis, Phagozytose, Atmungsstoß usw.). Mit anderen Worten: Glukokortikoide unterdrücken nicht nur die Immunreaktion, sondern hemmen auch die beiden Hauptprodukte der Entzündung, die Prostaglandine und Leukotriene. Sie hemmen die Prostaglandinsynthese auf der Ebene der Phospholipase A2 sowie auf der Ebene der Cyclooxygenase/PGE-Isomerase (COX-1 und COX-2), wobei die letztgenannte Wirkung der von NSAIDs sehr ähnlich ist und somit die entzündungshemmende Wirkung verstärkt. ⓘ
Darüber hinaus unterdrücken Glukokortikoide auch die Expression von Cyclooxygenase. ⓘ
Bei den als Entzündungshemmer vermarkteten Glukokortikoiden handelt es sich häufig um topische Formulierungen, wie Nasensprays für Rhinitis oder Inhalatoren für Asthma. Diese Präparate haben den Vorteil, dass sie nur auf das Zielgebiet einwirken und somit weniger Nebenwirkungen oder potenzielle Wechselwirkungen auftreten. In diesem Fall werden hauptsächlich die Wirkstoffe Beclometason, Budesonid, Fluticason, Mometason und Ciclesonid verwendet. Bei Schnupfen werden Sprays verwendet. Bei Asthma werden Glukokortikoide als Inhalationsmittel mit einem Dosier- oder Trockenpulverinhalator verabreicht. In seltenen Fällen wurden die Symptome einer strahleninduzierten Thyreoiditis mit oralen Glukokortikoiden behandelt. ⓘ
Hyperaldosteronismus
Glukokortikoide können bei der Behandlung des familiären Hyperaldosteronismus Typ 1 eingesetzt werden. Sie sind jedoch für die Behandlung des Typs 2 nicht geeignet. ⓘ
Resistenz
Die Resistenz gegen den therapeutischen Einsatz von Glukokortikoiden kann ein Problem darstellen; so sprechen beispielsweise 25 % der Fälle von schwerem Asthma nicht auf Steroide an. Dies kann auf eine genetische Veranlagung, eine anhaltende Exposition gegenüber der Entzündungsursache (wie Allergene), immunologische Phänomene, die Glukokortikoide umgehen, und pharmakokinetische Störungen (unvollständige Absorption oder beschleunigte Ausscheidung oder Metabolisierung) zurückzuführen sein. ⓘ
Herzinsuffizienz
Glukokortikoide können bei der Behandlung der dekompensierten Herzinsuffizienz eingesetzt werden, um das Ansprechen der Nieren auf Diuretika zu verstärken, insbesondere bei Patienten mit Herzinsuffizienz, die auf hohe Dosen von Schleifendiuretika nicht ansprechen. ⓘ
Nebeneffekte
Die derzeit verwendeten Glukokortikoid-Medikamente wirken nicht selektiv, so dass sie auf lange Sicht viele gesunde anabole Prozesse beeinträchtigen können. Um dies zu verhindern, wurde in letzter Zeit viel an der Entwicklung selektiv wirkender Glukokortikoid-Medikamente geforscht. Zu den Nebenwirkungen gehören:
- Immunschwäche (siehe Abschnitt unten)
- Hyperglykämie aufgrund von erhöhter Glukoneogenese, Insulinresistenz und gestörter Glukosetoleranz ("Steroiddiabetes"); Vorsicht bei Diabetes mellitus
- Erhöhte Hautbrüchigkeit, leichte Blutergüsse
- Negative Kalziumbilanz aufgrund verminderter intestinaler Kalziumresorption
- Steroid-induzierte Osteoporose: verringerte Knochendichte (Osteoporose, Osteonekrose, höheres Frakturrisiko, langsamere Frakturheilung)
- Gewichtszunahme durch vermehrte viszerale und trunkale Fettablagerung (zentrale Adipositas) und Appetitanregung; siehe Kortikosteroid-induzierte Lipodystrophie
- Hyperkortisolämie bei längerem oder übermäßigem Gebrauch (auch bekannt als exogenes Cushing-Syndrom)
- Beeinträchtigung des Gedächtnisses und Aufmerksamkeitsdefizite
- Nebenniereninsuffizienz (bei längerer Einnahme und plötzlichem Absetzen ohne Auslaufen)
- Abbau von Muskeln und Sehnen (Proteolyse), Schwäche, verminderte Muskelmasse und -reparatur
- Vergrößerung der Fettpolster auf der Ohrmuschel und Erweiterung der kleinen Blutgefäße in der Haut
- Lipomatose im Epiduralraum
- Erregende Wirkung auf das zentrale Nervensystem (Euphorie, Psychose)
- Anovulation, Unregelmäßigkeit der Regelblutung
- Wachstumsstörungen, verzögerte Pubertät
- Erhöhte Plasmaaminosäuren, erhöhte Harnstoffbildung, negative Stickstoffbilanz
- Glaukom (Grüner Star) durch erhöhten Augendruck
- Grauer Star
- Topische Steroidabhängigkeit ⓘ
In hohen Dosen können Hydrocortison (Cortisol) und die Glucocorticoide mit nennenswerter mineralocorticoider Potenz auch eine mineralocorticoide Wirkung ausüben, obwohl dies in physiologischen Dosen durch den schnellen Abbau von Cortisol durch das 11β-Hydroxysteroiddehydrogenase-Isoenzym 2 (11β-HSD2) in den mineralocorticoiden Zielgeweben verhindert wird. Zu den Wirkungen von Mineralokortikoiden können Salz- und Wasserretention, Volumenvergrößerung der extrazellulären Flüssigkeit, Bluthochdruck, Kaliumverarmung und metabolische Alkalose gehören. ⓘ
Immundefizienz
Glukokortikoide bewirken eine Immunsuppression, die die Funktion und/oder Anzahl von Neutrophilen, Lymphozyten (einschließlich B- und T-Zellen), Monozyten, Makrophagen und die anatomische Barrierefunktion der Haut verringert. Diese Unterdrückung kann, wenn sie groß genug ist, Manifestationen von Immunschwäche verursachen, einschließlich T-Zell-Mangel, humoraler Immunschwäche und Neutropenie. ⓘ
Bakterien |
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Pilze |
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Viren |
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Andere |
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Entzug
Zusätzlich zu den oben genannten Wirkungen führt die Einnahme von hochdosierten Glukokortikoiden bereits nach wenigen Tagen zu einer Unterdrückung der Nebennieren des Patienten, indem das hypothalamische kortikotropinfreisetzende Hormon (CRH) unterdrückt wird, was zu einer unterdrückten Produktion von adrenokortikotropem Hormon (ACTH) durch den Hypophysenvorderlappen führt. Bei längerer Unterdrückung atrophieren die Nebennieren (schrumpfen physisch), und es kann Monate dauern, bis sie nach Absetzen des exogenen Glukokortikoids wieder voll funktionsfähig sind. ⓘ
Während dieser Erholungszeit ist der Patient anfällig für eine Nebenniereninsuffizienz in Stresssituationen, z. B. bei Krankheit. Während die Suppressionsdosis und die Zeit für die Erholung der Nebennieren stark variieren, wurden klinische Leitlinien entwickelt, um die potenzielle Suppression und Erholung der Nebennieren abzuschätzen und das Risiko für den Patienten zu verringern. Ein Beispiel ist das folgende:
- Wenn Patienten seit fünf Tagen oder weniger täglich hohe Dosen erhalten haben, können diese abrupt abgesetzt werden (oder auf physiologischen Ersatz reduziert werden, wenn die Patienten einen Nebennierenmangel haben). Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Nebennieren bis zu einer Woche danach vollständig erholen.
- Wurden sechs bis 10 Tage lang hohe Dosen eingenommen, ist die Dosis sofort auf die Ersatzdosis zu reduzieren und über vier weitere Tage auszuschleichen. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Nebennieren innerhalb von zwei bis vier Wochen nach Beendigung der Steroide erholen.
- Wurden 11-30 Tage lang hohe Dosen eingenommen, ist die Dosis sofort auf die doppelte Ersatzdosis zu reduzieren und dann alle vier Tage um 25 % zu verringern. Ganz absetzen, wenn die Dosis weniger als die Hälfte des Ersatzbedarfs beträgt. Die vollständige Erholung der Nebennieren sollte innerhalb von ein bis drei Monaten nach Abschluss des Entzugs eintreten.
- Wurden hohe Dosen mehr als 30 Tage lang eingenommen, ist die Dosis sofort auf das Doppelte der Ersatzmenge zu reduzieren und jede Woche um 25 % zu verringern, bis die Ersatzmenge erreicht ist. Dann wird auf orales Hydrocortison oder Cortison als einmalige Morgendosis umgestellt und schrittweise jede Woche um 2,5 mg reduziert. Wenn die morgendliche Dosis unter dem Ersatzwert liegt, kann die Rückkehr zur normalen Nebennierenfunktion durch eine Überprüfung des Cortisolspiegels um 8 Uhr vor der morgendlichen Dosis dokumentiert werden; die Medikamente sollten abgesetzt werden, wenn das Cortisol um 8 Uhr 10 μg/dl beträgt. Es ist schwierig, die Zeit bis zur vollständigen Erholung der Nebennieren nach längerer Suppression mit exogenen Steroiden vorherzusagen; bei manchen Patienten kann es fast ein Jahr dauern.
- Das Aufflackern der Grunderkrankung, gegen die die Steroide verabreicht werden, kann ein langsameres Absetzen als oben beschrieben erfordern. ⓘ
Therapeutischer Einsatz
Glucocorticoid-Präparate haben entzündungshemmende Wirkungen und sind dadurch schmerzlindernd, häufig schmerzstillend. ⓘ
Sie werden zur Therapie beispielsweise bei allergischem Schnupfen oder bei Asthma bronchiale verwendet. Hochwirksame Varianten werden bei akuten Notfällen (Anaphylaxie, Sepsis, Schock) oder akuten starken Schmerzen (Bandscheibenvorfall, Bandscheibenprotrusion, Rotatorenmanschettenruptur) eingesetzt. Andere Präparate können topisch (örtlich) eingesetzt werden, zum Beispiel auf der Haut oder in der Nase. Heute sind zahlreiche topische Glucocorticoide wie Budesonid oder Fluticasonpropionat verfügbar. ⓘ
Wirkungen: An der Bronchialschleimhaut Entzündungshemmung und Abschwellung – die Hyperreaktivität der Bronchialschleimhaut wird vermindert – sowie an der Bronchialmuskulatur Krampflösung. Beide Wirkungen treten frühestens 30 Minuten nach der Zufuhr des Arzneimittels auf. ⓘ
Bei drohender Frühgeburt werden Glucocorticoide zur Förderung der Lungenreifung eingesetzt. ⓘ
Bei einer Gabe von Glucocorticoiden über einen Zeitraum länger als (ein bis) drei Wochen ist für das Absetzen der Medikamente ein „Ausschleichen“, d. h. eine schrittweise Reduzierung der Dosis, notwendig. Dies vermeidet einen Glucocorticoid-Entzug, da die körpereigene Synthese des Hormons durch die externe Zugabe vermindert wird. Ein zu plötzliches Absetzen der Medikamentengabe kann in bestimmten Fällen zu einer Addinson-Krise oder zu einem Wiederaufflammen der behandelten Grunderkrankung führen. ⓘ
Nebenwirkungen
In Abhängigkeit von der Stärkeklasse und Lokalisation können bei auf der Haut angewandten (topischen) Corticosteroiden bei langfristiger Applikation (Wochen bis Monate) oder bei systemischer (das heißt nicht-örtlicher) Anwendung Nebenwirkungen auftreten: Wasserspeicherung im Gewebe (Ödem) und damit Gewichtszunahme, Schwächung der Immunabwehr, Förderung der Entstehung und Verstärkung eines bestehenden Diabetes mellitus, Förderung und Verstärkung eines bestehenden Knochenschwundes (Osteoporose), bei inhalativer Gabe Heiserkeit. Auch erhöhen sie den intraokularen Druck und können Glaukome induzieren. ⓘ
Glucocorticoide vermindern die Umwandlung des Vitamin D3 von der inaktiven Speicherform (25OH-Cholecalciferol) in die aktive (1,25OH-Cholecalciferol). Dennoch ist bei Einnahme von systemischen Corticoiden die Einnahme von inaktivem Vitamin D dem aktiven vorzuziehen, da es bei jenem nicht zu Überdosierungen kommen kann. Nur bei Niereninsuffizienz ist aufgrund einer dadurch weitgehend fehlenden Umwandlung von der inaktiven (25OH-Cholecalciferol) in die aktive (1,25OH Cholecalciferol) Form die Gabe von „aktivem“ Vitamin D (Calcitriol) unter Kontrolle der Serum-Calcium-Spiegel indiziert. Die kurzdauernde Stoßtherapie bei akuten Erkrankungen ist nebenwirkungsarm. Es wurden auch Hinweise darauf gefunden, dass Glucocorticoide das Thromboserisiko erhöhen. ⓘ
Kritik der Anwendung
Andreas Imhoff, Ärztlicher Direktor der Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie des Klinikums rechts der Isar der TU München, spricht sich zwar ausdrücklich für die Gabe von Glucocorticoiden in Form von Kortisonspritzen aus, doch sollten diese nur bei bestimmten Erkrankungen wie Rheumatoider Arthritis oder als einmaliges Notfallmedikament zum Einsatz kommen. ⓘ
Imhoff kritisiert jedoch, dass bei Gelenkschmerzen Kortison von niedergelassenen Ärzten häufig zu früh und auch zu oft gespritzt werde. Der Patient wisse oft gar nicht, welche Nebenwirkungen Kortison haben kann – nach dem Motto: Hauptsache, es hilft erst mal. Aus Imhoffs Sicht würden Kortisonspritzen durch die Kostenpolitik der Krankenkassen attraktiv. Zeitaufwendige Beratungsgespräche oder Überweisungen in die Physiotherapie würden hingegen schlecht vergütet. Aus wirtschaftlichen Gründen würden die Ärzte praktisch zu Zusatzleistungen gezwungen, was zu einer „gefährlichen Vielspritzerei“ führe. ⓘ
Die Nebenwirkungen seien beträchtlich, so könnte sich etwa Haut- und Fettgewebe auflösen und Knorpel zerstört werden. ⓘ
Wirkungsstärke
25 mg Cortisol entsprechen in etwa der täglichen Produktion der Nebennierenrinde beim Menschen. Darauf bezogen ergeben sich die Wirkungsstärke und die Äquivalenzdosis verschiedener Glucocorticoide aus der klinischen Praxis wie in der folgenden Tabelle dargestellt. Die erwartbare, mittlere Plasma-Halbwertzeit (in Minuten) für die jeweiligen Substanzen variiert von 30 (sehr kurz) bis >400 Minuten (lang). ⓘ
Generischer Name | Biologische Halbwertzeit (Minuten) |
Wirkungsstärke | Äquivalenzdosis (mg) ⓘ |
---|---|---|---|
Cortisol/Hydrocortison | 90 | 1 | 25–30 |
Cortisonacetat | 90 | 0,8 | 35–37,5 |
Cloprednol | 120 | 2 | 2,5–5 |
Prednison | >200 | 4 | 5–7,5 |
Prednisolon | >200 | 4 | 5–7,5 |
Deflazacort | 90 | 4 | 6–9 |
Methylprednisolon | >200 | 5 | 4–6 |
Fluocortolon | >200 | 5 | 5 |
Triamcinolon | >200 | 5 | 4–6 |
Betamethason | >300 | 25 | 1,2 |
Dexamethason | >300 | 30 | 0,75–1 |
Budesonid | 150 | >30.000 | ? |
Fluticason | >400 | >90.000 | ? |
Aldosteron | <30 | 0 | ? |
Fludrocortison | 240 | 10 | ? |
Mometason | langAnm.1 | ? | ? |
Clobetasol | langAnm.2 | 10 | ? |
Topische Anwendung
Werden Glucocorticoide nicht systemisch, sondern nur an bestimmten Stellen, meist auf der Haut (also topisch), angewandt, so zeigen die einzelnen Wirkstoffe durchaus andere relative Wirksamkeiten als bei parenteraler Applikation. Erwünscht ist hier eine stark entzündungshemmende/antiproliferative Wirkung, um verschiedene Hauterscheinungen, wie Ekzeme, verschwinden zu lassen, ohne dabei die Haut an sich zu weit zu atrophieren (abzubauen). Außerdem kann es bei starken Wirkstoffen, längerer Anwendung und großer Applikationsfläche oder stark reduzierter Barrierefunktion der Haut zu spürbaren systemischen (meist unerwünschten) Wirkungen der Corticoide kommen. ⓘ
Um das dermale Wirkprofil zu verbessern, werden „intelligente“ Steroide entwickelt, welche schneller metabolisiert werden. Ihre Hauptwirkung soll nur oberflächlich zur Geltung kommen, indem sie in tieferen Schichten oder in der Zirkulation rasch abgebaut werden. Diese schnellere Metabolisierung wird durch spezielle Derivatisierungen am Corticoidmolekül erreicht: Beispiele sind Prednicarbat, Mometasonfuroat, Hydrocortisonbutyrat, -aceponat, Methylprednisolonaceponat. Solche Derivate können auch die biologische Wirksamkeit, sowohl topisch als auch systemisch, modifizieren. ⓘ
Topisch angewandte Wirkstoffe werden nach der Wirkstärke (nach Niedner) der Substanzen unterteilt:
- Klasse 1 – schwach wirksam
- Hydrocortison(-acetat), Prednisolon, Fluocortinbutylester, Triamcinolonacetonid, Dexamethason, Clocortolonpivalat(-hexanoat)
- Klasse 2 – mittelstark wirksam
- Clobetasonbutyrat, Hydocortisonaceponat, Dexamethason(-sulfobenzoat), Alclomethasondipropionat, Flumetasonpivalat, Triamcinolonacetonid, Fluoprednidenacetat, Fluorandrenolon, Hydrocortisonbutyrat, Hydrocortisonbuteprat, Betamethasonbenzoat, Fluorcortolon, Prednicarbat
- Klasse 3 – stark wirksam
- Methylprednisolonaceponat, Mometasonfuroat, Betamethasonvalerat, Fluticasonpropionat, Halomethason, Betamethasondipropionat, Fluocortolon(-hexanoat), Fluocinolonacetonid, Diflorasondiacetat, Desoximethason, Fluocinonid, Amcinonid, Halcinonid, Diflucortolonvalerat
- Klasse 4 – sehr stark wirksam
- Diflucortolonvalerat, Clobetasolpropionat ⓘ
Anwendungen
Bei der topisch-dermalen Anwendung werden die Wirkstoffe je nach Ausgangszustand der Haut in Lösungen, Salben, Cremes oder Fettsalben eingebracht. Zur Behandlung infizierter Effloreszenzen stehen Kombinationspräparate mit antibakteriellen oder antimykotischen Wirkstoffen zur Verfügung. Ist die Hautstelle stark schuppend, so kann zur Auflösung der Schuppen Harnstoff oder Salicylsäure (3-prozentig) beigemengt werden. Dies begünstigt auch die Resorption der Glucocorticoide. Zur Wirkverstärkung kann durch einen Okklusionsverband ein Aufweichen der oberen Hautschichten erreicht werden. ⓘ
Lokale Entzündungsreaktionen, die einer äußerlichen Corticoidapplikation nicht zugänglich sind, können mittels Depotspritze örtlich behandelt werden. Hierfür stehen entsprechende Kristallsuspensionen mit den Corticoiden Betamethason, Dexamethason, Triamcinolon und Prednisolon zur Verfügung. ⓘ