Aggression

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Zwei Warzenschweine bereiten sich auf den Kampf vor

Aggression ist eine offene oder verdeckte, oft schädliche soziale Interaktion, die darauf abzielt, einer anderen Person Schaden zuzufügen oder sie zu verletzen. Sie kann entweder reaktiv oder ohne Provokation auftreten. Beim Menschen kann Aggression durch verschiedene Auslöser hervorgerufen werden, von Frustration aufgrund blockierter Ziele bis hin zum Gefühl, nicht respektiert zu werden. Menschliche Aggression kann in direkte und indirekte Aggression unterteilt werden; während erstere durch physisches oder verbales Verhalten gekennzeichnet ist, das darauf abzielt, jemandem Schaden zuzufügen, ist letztere durch Verhalten gekennzeichnet, das darauf abzielt, die sozialen Beziehungen eines Einzelnen oder einer Gruppe zu schädigen.

Nach den in den Sozial- und Verhaltenswissenschaften gebräuchlichen Definitionen ist Aggression eine Handlung oder Reaktion einer Person, die einer anderen Person etwas Unangenehmes zufügt. Einige Definitionen beinhalten, dass die Person die Absicht haben muss, eine andere Person zu schädigen.

In einer interdisziplinären Perspektive wird Aggression als "eine Gesamtheit von Mechanismen betrachtet, die sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben, um sich selbst, Verwandte oder Freunde gegen andere durchzusetzen, Ressourcen zu gewinnen oder zu verteidigen (ultimative Ursachen), und zwar mit schädlichen Mitteln ... Diese Mechanismen werden oft durch Emotionen wie Angst, Frustration, Wut, Stress-, Dominanz- oder Lustgefühle (proximale Ursachen) motiviert ... Manchmal dient aggressives Verhalten dem Stressabbau oder dem subjektiven Gefühl der Macht." Räuberisches oder defensives Verhalten zwischen Mitgliedern verschiedener Arten wird nicht unbedingt als Aggression im gleichen Sinne betrachtet.

Aggression kann eine Vielzahl von Formen annehmen, die körperlich ausgedrückt oder verbal oder nonverbal kommuniziert werden können: Dazu gehören Anti-Raubtier-Aggression, defensive Aggression (angstinduziert), räuberische Aggression, Dominanz-Aggression, Aggression zwischen Männchen, Aggression zwischen Bewohnern und Eindringlingen, mütterliche Aggression, artspezifische Aggression, geschlechtsspezifische Aggression, territoriale Aggression, isolationsinduzierte Aggression, reizbare Aggression und hirnstimulationsinduzierte Aggression (Hypothalamus). Es gibt zwei Subtypen menschlicher Aggression: (1) den kontrolliert-instrumentellen Subtyp (zielgerichtet oder zielorientiert) und (2) den reaktiv-impulsiven Subtyp (löst oft unkontrollierbare Handlungen aus, die unangemessen oder unerwünscht sind). Aggression unterscheidet sich von dem, was gemeinhin als Durchsetzungsvermögen bezeichnet wird, obwohl die Begriffe unter Laien oft austauschbar verwendet werden (z. B. in Formulierungen wie "ein aggressiver Verkäufer").

Illustration aus Le Petit Parisien (1909)

Aggression (lateinisch aggressiō vom Deponens aggredī sich zubewegen auf [etw./jdn.]; heranschreiten; sich nähern; angreifen) ist eine feindselig angreifende Verhaltensweise eines Organismus. Sie ist ein biologisch in Tieren (und so auch Menschen) verankertes Verhaltensmuster zur Verteidigung oder Gewinnung von Ressourcen und zur Bewältigung potenziell gefährlicher Situationen. Diese ultimaten Ursachen werden beim Menschen durch proximate Ursachen in der Persönlichkeit oder der Umwelt ausgelöst, aktiviert oder gehemmt und durch verschiedene Emotionen motiviert.

Der amerikanische Physiologe Walter Cannon prägte 1915 den Begriff Fight-or-flight; der Mediziner Hans Selye schuf 1936 als Modell der menschlichen Reaktion auf chronische Belastungen das „Allgemeine Anpassungssyndrom“ (Näheres siehe Stressreaktion).

Überblick

Dollard et al. (1939) schlugen vor, dass Aggression auf Frustration zurückzuführen ist, die als eine unangenehme Emotion beschrieben wurde, die aus der Störung beim Erreichen eines lohnenden Ziels resultiert. Berkowitz erweiterte diese Frustrations-Aggressions-Hypothese und schlug vor, dass nicht so sehr die Frustration als vielmehr die unangenehme Emotion aggressive Tendenzen hervorruft und dass alle aversiven Ereignisse einen negativen Affekt und damit aggressive Tendenzen sowie Angsttendenzen erzeugen. Neben konditionierten Reizen kategorisierte Archer aggressionsauslösende (und angstauslösende) Reize in drei Gruppen, nämlich Schmerz, Neuheit und Frustration, wobei er auch das "Looming" beschrieb, das sich auf ein Objekt bezieht, das sich schnell auf die visuellen Sensoren einer Person zubewegt und als "Intensität" kategorisiert werden kann.

Aggression kann adaptive Vorteile oder negative Auswirkungen haben. Aggressives Verhalten ist eine individuelle oder kollektive soziale Interaktion, die ein feindseliges Verhalten mit der Absicht darstellt, Schaden zuzufügen. Im Allgemeinen werden zwei große Kategorien von Aggression unterschieden. Die eine umfasst affektive (emotionale) und feindselige, reaktive oder vergeltende Aggression, die eine Reaktion auf Provokation ist, und die andere umfasst instrumentelle, zielgerichtete oder räuberische Aggression, bei der Aggression als Mittel zur Erreichung eines Ziels eingesetzt wird. Ein Beispiel für feindselige Aggression wäre eine Person, die jemanden verprügelt, der sie beleidigt hat. Eine instrumentelle Form der Aggression wäre ein bewaffneter Raubüberfall. Die Gewaltforschung in verschiedenen Disziplinen stützt die Unterscheidung zwischen affektiver und räuberischer Aggression in gewissem Maße. Einige Forscher stellen jedoch die Nützlichkeit einer Unterscheidung zwischen feindseliger und instrumenteller Aggression beim Menschen in Frage, obwohl sie in der Forschung allgegenwärtig ist, da in den meisten Fällen im wirklichen Leben verschiedene Motive und interagierende Ursachen vorliegen.

Es wurde eine Reihe von Klassifizierungen und Dimensionen der Aggression vorgeschlagen. Diese hängen u. a. davon ab, ob die Aggression verbal oder körperlich ist, ob es sich um Beziehungsaggression wie verdecktes Mobbing und soziale Manipulation handelt oder nicht, ob die Schädigung anderer beabsichtigt ist oder nicht, ob sie aktiv ausgeführt oder passiv geäußert wird und ob die Aggression direkt oder indirekt gerichtet ist. Die Klassifizierung kann auch aggressionsbezogene Emotionen (z. B. Wut) und mentale Zustände (z. B. Impulsivität, Feindseligkeit) umfassen. Aggression kann sowohl als Reaktion auf nicht-soziale als auch auf soziale Faktoren auftreten und kann in engem Zusammenhang mit dem Stressbewältigungsstil stehen. Aggression kann mit dem Ziel der Einschüchterung gezeigt werden.

Die operative Definition von Aggression kann durch moralische oder politische Ansichten beeinflusst werden. Beispiele hierfür sind die axiomatische moralische Auffassung, die als Nichtangriffsprinzip bezeichnet wird, und die politischen Regeln für das Verhalten eines Landes gegenüber einem anderen. Auch im Leistungssport oder am Arbeitsplatz können einige Formen der Aggression sanktioniert werden, andere nicht (siehe Aggression am Arbeitsplatz). Aggressive Verhaltensweisen werden mit Anpassungsproblemen und verschiedenen psychopathologischen Symptomen wie der antisozialen Persönlichkeitsstörung, der Borderline-Persönlichkeitsstörung und der intermittierenden explosiven Störung in Verbindung gebracht.

Biologische Ansätze betrachten Aggression als eine innere Energie, die durch äußere Reize freigesetzt wird, als Produkt der Evolution durch natürliche Selektion, als Teil der Genetik, als Produkt hormoneller Schwankungen. Psychologische Ansätze betrachten Aggression als destruktiven Instinkt, als Reaktion auf Frustration, als Affekt, der durch einen negativen Reiz ausgelöst wird, als Ergebnis beobachteten Lernens in der Gesellschaft und vielfältiger Verstärkung, als Ergebnis von Variablen, die das persönliche und situative Umfeld beeinflussen.

Etymologie

Der Begriff Aggression stammt von dem lateinischen Wort aggressio, das Angriff bedeutet. Das lateinische Wort setzt sich aus ad- und gradi- zusammen, was so viel bedeutet wie angreifen. Die erste bekannte Verwendung geht auf das Jahr 1611 zurück, im Sinne eines unprovozierten Angriffs. Die psychologische Bedeutung von "feindseligem oder destruktivem Verhalten" geht auf eine englische Übersetzung von Sigmund Freud aus dem Jahr 1912 zurück. Alfred Adler theoretisierte 1908 über einen "aggressiven Trieb". Ab den 1930er Jahren sprachen Erziehungsexperten von Aggression und nicht mehr von Wut.

Ethologie

Männliche Seeelefanten im Kampf

Ethologen untersuchen Aggression im Zusammenhang mit der Interaktion und Evolution von Tieren in der Natur. In einer solchen Umgebung kann Aggression Körperkontakt wie Beißen, Schlagen oder Stoßen beinhalten, aber die meisten Konflikte werden durch Drohgebärden und einschüchternde Stöße gelöst, die keinen körperlichen Schaden verursachen. Diese Form der Aggression kann die Zurschaustellung von Körpergröße, Geweih, Krallen oder Zähnen, stereotype Signale wie Gesichtsausdrücke, Lautäußerungen wie Vogelgesang, die Freisetzung von Chemikalien und Veränderungen der Färbung umfassen. Diese Verhaltensweisen werden manchmal auch als agonistisches Verhalten bezeichnet.

Die meisten Ethologen glauben, dass Aggression biologische Vorteile mit sich bringt. Aggression kann einem Tier helfen, sein Territorium zu sichern, einschließlich Ressourcen wie Nahrung und Wasser. Aggressionen zwischen Männchen dienen oft dazu, sich Paarungsmöglichkeiten zu sichern, und führen dazu, dass das gesündere/kräftigere Tier ausgewählt wird. Aggressionen können auch zum Selbstschutz oder zum Schutz des Nachwuchses auftreten. Aggression zwischen Tiergruppen kann auch Vorteile bringen; so kann feindliches Verhalten eine Tierpopulation in ein neues Gebiet zwingen, wo die Notwendigkeit, sich an eine neue Umgebung anzupassen, zu einer Erhöhung der genetischen Flexibilität führen kann.

Zwischen Arten und Gruppen

Die offensichtlichste Form der interspezifischen Aggression ist die, die bei der Interaktion zwischen einem Raubtier und seiner Beute beobachtet wird. Viele Forscher sind jedoch der Meinung, dass Raubtiere keine Aggressoren sind. Eine Katze faucht nicht und krümmt ihren Rücken nicht, wenn sie eine Ratte verfolgt, und die aktiven Bereiche in ihrem Hypothalamus ähneln eher denen, die Hunger widerspiegeln, als denen, die Aggression widerspiegeln. Andere bezeichnen dieses Verhalten jedoch als räuberische Aggression und verweisen auf Fälle, die feindlichem Verhalten ähneln, wie das Töten von Mäusen durch Ratten. Bei der aggressiven Mimikry hat ein Raubtier das Aussehen eines harmlosen Organismus oder Objekts, das für die Beute attraktiv ist; wenn sich die Beute nähert, greift das Raubtier an.

Ein Tier, das sich gegen ein Raubtier verteidigt, kann als Reaktion auf einen Angriff oder eine Angriffsdrohung des Raubtiers entweder "kämpfen oder flüchten" oder "pflegen und sich anfreunden", je nachdem, wie es die Stärke des Raubtiers im Vergleich zu seiner eigenen einschätzt. Zu den alternativen Verteidigungsmöglichkeiten gehören eine Reihe von Anpassungen zur Abwehr von Raubtieren, einschließlich Alarmsignalen. Ein Beispiel für ein Alarmsignal ist Nerol, ein chemischer Stoff, der in den Unterkieferdrüsen von Trigona fulviventris-Individuen vorkommt. Es hat sich gezeigt, dass die Freisetzung von Nerol durch T. fulviventris-Individuen im Nest die Zahl der Individuen, die das Nest verlassen, um fünfzig Prozent verringert und aggressive Verhaltensweisen wie das Beißen verstärkt. Alarmsignale wie Nerol können auch als Locksignale wirken; bei T. fulviventris können Individuen, die von einem Räuber gefangen wurden, Nerol freisetzen, um Nestgenossen anzulocken, die dann den Räuber angreifen oder beißen.

Die Aggression zwischen Gruppen wird zum Teil durch die Bereitschaft zum Kampf bestimmt, die von einer Reihe von Faktoren abhängt, wie z. B. dem zahlenmäßigen Vorsprung, der Entfernung zu den Heimatgebieten, der Häufigkeit des Aufeinandertreffens der Gruppen, den Wettbewerbsfähigkeiten, den Unterschieden in der Körpergröße und der Frage, in wessen Gebiet eingedrungen wird. Außerdem wird ein Individuum mit größerer Wahrscheinlichkeit aggressiv, wenn andere aggressive Gruppenmitglieder in der Nähe sind. Ein besonderes Phänomen - die Bildung koordinierter Koalitionen, die in benachbarte Territorien eindringen, um Artgenossen zu töten - wurde bisher nur bei zwei Arten im Tierreich dokumentiert: bei "gewöhnlichen" Schimpansen und beim Menschen.

Innerhalb einer Gruppe

Bei Aggressionen zwischen Artgenossen innerhalb einer Gruppe geht es in der Regel um den Zugang zu Ressourcen und Fortpflanzungsmöglichkeiten. Eine ihrer häufigsten Funktionen besteht darin, eine Dominanzhierarchie zu etablieren. Dies geschieht bei vielen Arten durch aggressive Begegnungen zwischen rivalisierenden Männchen, wenn sie sich zum ersten Mal in einer gemeinsamen Umgebung befinden. In der Regel werden die aggressiveren Tiere zu den dominanteren. In Testsituationen hört die meiste Aggression unter Artgenossen etwa 24 Stunden nach dem Zusammenführen der Tiergruppe auf. Aggression wurde unter diesem Gesichtspunkt definiert als "Verhalten, das darauf abzielt, die soziale Dominanz des Organismus im Verhältnis zur Dominanzposition anderer Organismen zu erhöhen". Verlorene Konfrontationen können als soziale Niederlage bezeichnet werden, und Sieg oder Niederlage sind mit einer Reihe praktischer und psychologischer Konsequenzen verbunden.

Konflikte zwischen Tieren treten in vielen Zusammenhängen auf, z. B. zwischen potenziellen Paarungspartnern, zwischen Eltern und Nachkommen, zwischen Geschwistern und zwischen Konkurrenten um Ressourcen. In Gruppen lebende Tiere können sich über die Richtung der Fortbewegung oder die Aufteilung der Zeit für gemeinsame Aktivitäten streiten. Verschiedene Faktoren begrenzen die Eskalation von Aggressionen, darunter kommunikative Zeichen, Konventionen und Routinen. Darüber hinaus wurden bei Säugetierarten, insbesondere bei geselligen Primaten, nach aggressiven Vorfällen verschiedene Formen der Konfliktlösung beobachtet. Diese können mögliche negative Folgen abmildern oder beheben, insbesondere für den Empfänger der Aggression, der für Angriffe anderer Gruppenmitglieder anfällig werden kann. Schlichtungshandlungen sind je nach Art unterschiedlich und können spezifische Gesten oder einfach mehr Nähe und Interaktion zwischen den beteiligten Individuen beinhalten. Bei Konflikten um Nahrung kommt es jedoch nur selten zu einer Wiedervereinigung nach dem Konflikt, obwohl dies die häufigste Form von Konflikten bei Futtersuchenden Primaten ist.

Weitere Fragen, die bei der Untersuchung der Aggression von Primaten, auch beim Menschen, berücksichtigt wurden, sind, wie sich Aggression auf die Organisation einer Gruppe auswirkt, welche Kosten durch Aggression entstehen und warum manche Primaten aggressives Verhalten vermeiden. So sind beispielsweise Bonobo-Schimpansengruppen für ihr geringes Aggressionsniveau innerhalb einer teilweise matriarchalischen Gesellschaft bekannt. In Gefangenschaft gehaltene Tiere, einschließlich Primaten, können ein abnormes Maß an sozialer Aggression und Selbstverletzung zeigen, das mit Aspekten der physischen oder sozialen Umgebung zusammenhängt; dies hängt von der jeweiligen Art und individuellen Faktoren wie Geschlecht, Alter und Hintergrund (z. B. Aufzucht in freier Wildbahn oder in Gefangenschaft) ab.

Aggression, Angst und Neugierde

In der Ethologie ist seit langem bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen Aggression, Angst und Neugier gibt. Ein kognitiver Ansatz zu dieser Beziehung stellt Aggression in den breiteren Kontext der Inkonsistenzreduzierung und schlägt vor, dass aggressives Verhalten durch eine Inkonsistenz zwischen einer gewünschten oder erwarteten Situation und der tatsächlich wahrgenommenen Situation (z. B. "Frustration") verursacht wird und dazu dient, die Wahrnehmung so zu manipulieren, dass sie der erwarteten Situation entspricht. Wenn die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung und der Erwartung gering ist, wird die Diskrepanz durch Lernen aufgrund von Neugier verringert, indem die Erwartung aktualisiert wird, damit sie der Wahrnehmung entspricht. Ist die Diskrepanz größer, kann Angst oder aggressives Verhalten eingesetzt werden, um die Wahrnehmung so zu verändern, dass sie mit der Erwartung übereinstimmt, je nach Größe der Diskrepanz und dem spezifischen Kontext. Ungehemmte Angst führt zur Flucht, wodurch der inkonsistente Stimulus aus dem Wahrnehmungsfeld entfernt und die Inkonsistenz aufgelöst wird. In einigen Fällen kann eine vereitelte Flucht aggressives Verhalten auslösen, um den vereitelnden Reiz zu entfernen.

Evolutionäre Erklärungen

Wie viele andere Verhaltensweisen kann auch die Aggression daraufhin untersucht werden, ob sie dem Tier selbst hilft, zu überleben und sich fortzupflanzen, oder ob sie sein Überleben und seine Fortpflanzung gefährdet. Diese Kosten-Nutzen-Analyse kann unter dem Gesichtspunkt der Evolution betrachtet werden. Es gibt jedoch große Unterschiede in Bezug auf die Akzeptanz einer biologischen oder evolutionären Grundlage für menschliche Aggression.

Nach der Hypothese des männlichen Kriegers stellt die Aggression zwischen Gruppen für Männer eine Gelegenheit dar, Zugang zu Partnerinnen, Territorium, Ressourcen und höherem Status zu erlangen. So könnten Konflikte bei Männern einen evolutionären Selektionsdruck für psychologische Mechanismen zur Auslösung von Aggressionen zwischen Gruppen erzeugt haben.

Gewalt und Konflikte

Aggression kann mit Gewalt einhergehen, die unter bestimmten Umständen im Sinne der natürlichen Selektion adaptiv sein kann. Am offensichtlichsten ist dies beim Angriff auf Beutetiere zur Nahrungsbeschaffung oder bei der Verteidigung gegen Raubtiere der Fall. Dies kann auch beim Wettbewerb zwischen Mitgliedern derselben Art oder Untergruppe der Fall sein, wenn die durchschnittliche Belohnung (z. B. Status, Zugang zu Ressourcen, Schutz der eigenen Person oder der Sippe) die durchschnittlichen Kosten (z. B. Verletzung, Ausschluss aus der Gruppe, Tod) überwiegt. Es gibt einige Hypothesen über spezifische Anpassungen an Gewalt beim Menschen unter bestimmten Umständen, einschließlich Mord, aber es ist oft unklar, welche Verhaltensweisen selektiert wurden und welche, wie im Fall der kollektiven Gewalt, ein Nebenprodukt waren.

Obwohl aggressive Begegnungen im Tierreich allgegenwärtig sind und oft viel auf dem Spiel steht, können die meisten Begegnungen, bei denen es um Aggression geht, durch Imponiergehabe oder das Zeigen und Ausprobieren von Stärke gelöst werden. Mit Hilfe der Spieltheorie wird untersucht, wie sich solche Verhaltensweisen durch natürliche Selektion innerhalb einer Population verbreiten und möglicherweise zu "evolutionär stabilen Strategien" werden können. Ein erstes Modell für die Lösung von Konflikten ist das Falke-Taube-Spiel. Andere Modelle sind das Modell der sequenziellen Bewertung und der energetische Zermürbungskrieg. Diese Modelle versuchen, nicht nur einmalige Begegnungen, sondern langwierige Auseinandersetzungen zu verstehen, und unterscheiden sich vor allem durch die Kriterien, nach denen ein Individuum entscheidet, lieber aufzugeben, als in einem physischen Konflikt Verlust und Schaden zu riskieren (z. B. durch die Einschätzung des Ressourcenpotenzials).

Geschlecht

Allgemein

Das Geschlecht spielt bei der menschlichen Aggression eine wichtige Rolle. Es gibt mehrere Theorien, die zu erklären versuchen, dass Männchen und Weibchen derselben Spezies unterschiedliche aggressive Verhaltensweisen zeigen können. Eine Übersichtsarbeit kam zu dem Schluss, dass männliche Aggression eher Schmerzen oder körperliche Verletzungen verursacht, während weibliche Aggression eher psychologischen oder sozialen Schaden anrichtet.

Im Allgemeinen lässt sich der Geschlechtsdimorphismus auf einen stärkeren innerartlichen Wettbewerb zwischen den Geschlechtern zurückführen, entweder zwischen Rivalen um den Zugang zu Partnern und/oder um die Auswahl von Partnern. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass das andere Geschlecht gezwungen ist, größere elterliche Investitionen in Bezug auf Faktoren wie Gametenproduktion, Trächtigkeit, Laktation oder Aufzucht der Jungen zu tätigen. Obwohl es große Unterschiede zwischen den Arten gibt, ist im Allgemeinen das Männchen das körperlich aggressivere Geschlecht, insbesondere bei Säugetieren. Bei Arten, bei denen die elterliche Fürsorge von beiden Geschlechtern erbracht werden muss, gibt es in der Regel weniger Unterschiede. Wenn das Weibchen dem Männchen die Betreuung des Nachwuchses überlassen kann, ist das Weibchen möglicherweise das größere und körperlich aggressivere Tier. Auch Konkurrenzdenken trotz elterlicher Investitionen ist bei einigen Arten beobachtet worden. Ein damit zusammenhängender Faktor ist die Geschwindigkeit, mit der sich Männchen und Weibchen nach der Zeugung von Nachkommen wieder paaren können, und die Grundprinzipien der sexuellen Selektion werden auch durch ökologische Faktoren beeinflusst, die die Art und Weise oder das Ausmaß beeinflussen, in dem ein Geschlecht um das andere konkurrieren kann. Die Rolle solcher Faktoren in der menschlichen Evolution ist umstritten.

Es wird argumentiert, dass das Muster der männlichen und weiblichen Aggression mit evolvierten, sexuell selektierten Verhaltensunterschieden übereinstimmt, während alternative oder ergänzende Ansichten die konventionellen sozialen Rollen betonen, die auf evolvierte physische Unterschiede zurückzuführen sind. Die Aggression bei Frauen könnte sich so entwickelt haben, dass sie im Durchschnitt weniger körperlich gefährlich und eher verdeckt oder indirekt ist. Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, die tierisches Verhalten zur Erklärung menschlichen Verhaltens heranziehen. Dies gilt insbesondere für die Anwendung evolutionärer Erklärungen auf das heutige menschliche Verhalten, einschließlich der Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Laut der International Encyclopedia of the Social & Behavioral Sciences von 2015 gehören die Geschlechtsunterschiede in der Aggression zu den robustesten und ältesten Erkenntnissen der Psychologie. Frühere Meta-Analysen in der Enzyklopädie ergaben, dass Männer unabhängig von ihrem Alter mehr körperliche und verbale Aggression ausüben, während der Effekt bei Frauen, die mehr indirekte Aggression wie Gerüchteverbreitung oder Klatsch und Tratsch ausüben, gering ist. Außerdem wurde festgestellt, dass Männer häufiger zu unprovozierten Aggressionen neigen als Frauen. Diese Analyse stimmt auch mit dem Oxford Handbook of Evolutionary Psychology überein, in dem frühere Analysen ausgewertet wurden, wonach Männer mehr verbale und körperliche Aggression anwenden, wobei der Unterschied bei der körperlichen Aggression größer ist. Es gibt neuere Erkenntnisse, die zeigen, dass Unterschiede in der männlichen und weiblichen Aggression bereits im Alter von etwa zwei Jahren auftreten, wobei die Unterschiede in der Aggression bei Kindern im mittleren Alter und in der Adoleszenz beständiger sind. Tremblay, Japel und Pérusse (1999) stellten fest, dass körperlich aggressive Verhaltensweisen wie Treten, Beißen und Schlagen alterstypische Ausdrucksformen angeborener und spontaner Reaktionen auf biologische Triebe wie Wut, Hunger und Zugehörigkeit sind. Die relationale Aggression von Mädchen, d. h. die nicht-physische oder indirekte Aggression, nimmt nach dem zweiten Lebensjahr tendenziell zu, während die physische Aggression abnimmt. Vor dem Alter von zwei Jahren gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Aggressionen. Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, dass Mädchen ihre Sprachkenntnisse schneller entwickeln als Jungen und daher ihre Wünsche und Bedürfnisse besser verbalisieren können. Sie kommunizieren eher, wenn sie versuchen, ein Spielzeug mit den Worten "Bitte schön" oder "Sag bitte" zu bekommen.

Laut dem Journal of Aggressive Behaviour ergab eine Analyse in 9 Ländern, dass Jungen häufiger körperliche Aggression anwenden. Gleichzeitig wurden bei der relationalen Aggression keine einheitlichen Geschlechtsunterschiede festgestellt. Es wurde festgestellt, dass Mädchen eher als Jungen reaktive Aggression anwenden und sich dann zurückziehen, während Jungen ihre Aggression nach ihrer ersten Reaktion eher steigern als zurückziehen. Studien zeigen, dass zu den aggressiven Taktiken von Mädchen Klatsch, Ausgrenzung, Vertrauensbruch und Kritik an der Kleidung, dem Aussehen oder der Persönlichkeit des Opfers gehören, während Jungen zu Aggressionen neigen, die direkte körperliche und/oder verbale Angriffe beinhalten. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich die Frontallappen von Mädchen früher entwickeln als die von Jungen, was ihnen ermöglicht, sich selbst zu beherrschen.

Ein Faktor, der unbedeutende Unterschiede zwischen männlicher und weiblicher Aggression aufweist, ist der Sport. Im Sport ist die Aggressionsrate sowohl bei Kontakt- als auch bei Nicht-Kontakt-Sportarten relativ gleich hoch. Seit der Einführung des Titels IX haben der Wettbewerb und die Bedeutung des Frauensports zugenommen, was dazu beitragen könnte, dass die Aggression und das "Siegesbedürfnis" bei beiden Geschlechtern abnimmt. Zu den im Erwachsenensport festgestellten Geschlechtsunterschieden gehört, dass Frauen eine höhere Skala indirekter Feindseligkeit aufweisen, während Männer eine höhere Skala von Übergriffen haben. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Männer einen bis zu 20 Mal höheren Testosteronspiegel haben als Frauen.

In intimen Beziehungen

Einige Studien deuten darauf hin, dass romantische Beziehungen in der Jugend die Aggression bei Männern und Frauen verringern, bei Frauen jedoch in höherem Maße. Frauen erscheinen ihrem Partner begehrenswerter, wenn sie sich in die Gesellschaft einfügen, und Frauen, die aggressiv sind, passen in der Regel nicht gut in die Gesellschaft, sie können oft als asozial angesehen werden. Weibliche Aggression wird in der Gesellschaft nicht als Norm angesehen, und wenn man gegen die Norm verstößt, kann das manchmal dazu führen, dass man keinen Partner bekommt. Studien haben jedoch gezeigt, dass immer mehr Frauen wegen häuslicher Gewalt verhaftet werden. In vielen Staaten machen Frauen inzwischen ein Viertel bis ein Drittel aller Festnahmen wegen häuslicher Gewalt aus, während es vor zehn Jahren noch weniger als 10 Prozent waren. Die neuen Statistiken spiegeln eine in der Forschung dokumentierte Realität wider: Frauen sind sowohl Täterinnen als auch Opfer von Gewalt in der Familie. Eine andere, ebenso mögliche Erklärung ist jedoch eine verbesserte Diagnostik: Es ist für Männer akzeptabler geworden, häusliche Gewalt gegen Frauen bei den Behörden anzuzeigen, während die tatsächliche häusliche Gewalt gegen Frauen überhaupt nicht zugenommen hat. Dies kann der Fall sein, wenn Männer sich weniger schämen, weibliche Gewalt gegen sie anzuzeigen, weshalb immer mehr Frauen verhaftet werden, obwohl die tatsächliche Zahl der gewalttätigen Frauen gleich bleibt.

Darüber hinaus wird männlichen Leistungssportlern von ihren Trainern häufig geraten, keine intimen Beziehungen einzugehen, weil sie dann während eines Wettkampfs gefügiger und weniger aggressiv werden. Auch die Umstände, unter denen Männer und Frauen Aggressionen erleben, sind unterschiedlich. Eine Studie hat gezeigt, dass soziale Ängste und Stress bei Männern positiv mit Aggression korreliert sind, d. h. mit zunehmendem Stress und sozialen Ängsten nimmt auch die Aggression zu. Darüber hinaus ist die Aggressionsrate bei Männern mit höheren sozialen Fähigkeiten geringer als bei Männern mit niedrigeren sozialen Fähigkeiten. Bei Frauen war eine höhere Aggressionsrate nur mit einer höheren Stressrate korreliert. Neben biologischen Faktoren, die zur Aggression beitragen, gibt es auch physische Faktoren.

Physiologische Faktoren

Was den Geschlechtsdimorphismus betrifft, so fällt der Mensch in eine Zwischengruppe mit mäßigen Geschlechtsunterschieden in der Körpergröße, aber relativ großen Hoden. Dies ist ein typisches Muster für Primaten, bei denen mehrere Männchen und Weibchen in einer Gruppe zusammenleben und das Männchen im Vergleich zu ausschließlicher Polygynie und Monogamie, aber häufigem Spermienwettbewerb, einer mittleren Anzahl von Herausforderungen durch andere Männchen ausgesetzt ist.

Auch die Evolutionspsychologie und die Soziobiologie haben Theorien für einige spezifische Formen der männlichen Aggression erörtert und entwickelt, wie z. B. soziobiologische Theorien über Vergewaltigung und Theorien über den Cinderella-Effekt. Eine weitere evolutionäre Theorie, die die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Aggression erklärt, ist die Männchen-Krieger-Hypothese, die besagt, dass sich Männer psychologisch zu Aggressionen zwischen Gruppen entwickelt haben, um Zugang zu Partnern, Ressourcen, Territorium und Status zu erlangen.

Physiologie

Gehirnbahnen

Viele Forscher konzentrieren sich auf das Gehirn, um Aggression zu erklären. Zahlreiche Schaltkreise in neokortikalen und subkortikalen Strukturen spielen je nach Tierart eine zentrale Rolle bei der Steuerung aggressiven Verhaltens, und die genaue Rolle der Bahnen kann je nach Art des Auslösers oder der Absicht variieren.

Bei Säugetieren sind der Hypothalamus und das periaquäduktale Grau des Mittelhirns entscheidende Bereiche, wie Studien an Katzen, Ratten und Affen gezeigt haben. Diese Hirnareale steuern bei diesen Tierarten die Ausprägung der verhaltensmäßigen und autonomen Komponenten der Aggression, einschließlich der Vokalisierung. Elektrische Stimulation des Hypothalamus führt zu aggressivem Verhalten, und der Hypothalamus verfügt über Rezeptoren, die aufgrund ihrer Wechselwirkungen mit Serotonin und Vasopressin das Aggressionsniveau mitbestimmen. Bei Nagetieren wurde festgestellt, dass die Aktivierung von Neuronen, die Östrogenrezeptoren exprimieren, im ventrolateralen Teil des ventromedialen Hypothalamus (VMHvl) ausreicht, um sowohl bei Männchen als auch bei Weibchen Aggressionen auszulösen. Die an der Aggression beteiligten Mittelhirnareale stehen in direkter Verbindung sowohl mit den Hirnstammkernen, die diese Funktionen kontrollieren, als auch mit Strukturen wie der Amygdala und dem präfrontalen Kortex.

Die Stimulierung der Amygdala führt bei Hamstern zu verstärktem aggressiven Verhalten, während Läsionen eines evolutionär homologen Areals bei der Eidechse den Wettbewerbstrieb und die Aggression stark reduzieren (Bauman et al. 2006). Bei Rhesusaffen führen neonatale Läsionen der Amygdala oder des Hippocampus zu einer verminderten Ausprägung von sozialer Dominanz, die mit der Regulierung von Aggression und Angst zusammenhängt. Mehrere Experimente an angriffslustigen syrischen Goldhamstern beispielsweise stützen die Behauptung, dass Schaltkreise innerhalb der Amygdala an der Aggressionskontrolle beteiligt sind. Bei Primaten ist die Rolle der Amygdala weniger klar und scheint eher vom situativen Kontext abzuhängen, wobei Läsionen entweder zu einer Zunahme der sozialen Zugehörigkeit oder zu aggressiven Reaktionen führen. Die Amygdalotomie, bei der Teile der Amygdala entfernt oder zerstört werden, ist bei Menschen durchgeführt worden, um ihr gewalttätiges Verhalten zu verringern.

Der breite Bereich des Kortex, der als präfrontaler Kortex (PFC) bekannt ist, ist entscheidend für die Selbstkontrolle und die Hemmung von Impulsen, einschließlich der Hemmung von Aggression und Emotionen. Eine verminderte Aktivität des präfrontalen Kortex, insbesondere seiner medialen und orbitofrontalen Anteile, wurde mit gewalttätiger/antisozialer Aggression in Verbindung gebracht. Außerdem wurde bei Gewalttätern im Vergleich zu nicht gewalttätigen Tätern eine verminderte Reaktionshemmung festgestellt.

Die Rolle der Chemikalien im Gehirn, insbesondere der Neurotransmitter, bei der Aggression wurde ebenfalls untersucht. Die Rolle der Neurotransmitter bei der Aggression variiert je nach Weg, Kontext und anderen Faktoren wie dem Geschlecht. Es wird angenommen, dass ein Serotoninmangel eine Hauptrolle bei der Entstehung von Impulsivität und Aggression spielt. Mindestens eine epigenetische Studie stützt diese Vermutung. Dennoch kann ein niedriger Serotoninspiegel eine Anfälligkeit für Impulsivität und potenzielle Aggression erklären und durch Wechselwirkungen mit anderen neurochemischen Systemen eine Wirkung haben. Dazu gehören Dopaminsysteme, die im Allgemeinen mit Aufmerksamkeit und Belohnungsmotivation in Verbindung gebracht werden und auf verschiedenen Ebenen wirken. Noradrenalin, auch bekannt als Noradrenalin, kann sowohl direkt als auch indirekt über das Hormonsystem, das sympathische Nervensystem oder das zentrale Nervensystem (einschließlich des Gehirns) Aggressionsreaktionen beeinflussen. Es scheint je nach Art des auslösenden Reizes unterschiedliche Wirkungen zu haben, z. B. soziale Isolation/Rang im Vergleich zu Schock/chemischer Erregung, die offenbar nicht in einem linearen Verhältnis zur Aggression steht. Ähnlich verhält es sich mit GABA, das zwar mit hemmenden Funktionen an vielen ZNS-Synapsen in Verbindung gebracht wird, aber manchmal eine positive Korrelation mit Aggression aufweist, auch wenn es durch Alkohol potenziert wird.

Die hormonellen Neuropeptide Vasopressin und Oxytocin spielen bei vielen Säugetieren eine Schlüsselrolle bei komplexen sozialen Verhaltensweisen wie der Regulierung von Bindung, sozialer Anerkennung und Aggression. Vasopressin wird mit dem typisch männlichen Sozialverhalten, einschließlich Aggression, in Verbindung gebracht. Oxytocin spielt möglicherweise eine besondere Rolle bei der Regulierung weiblicher Bindungen zu Nachkommen und Partnern, einschließlich der Anwendung von Schutzaggression. Erste Studien am Menschen deuten auf ähnliche Wirkungen hin.

Beim Menschen wurde aggressives Verhalten mit Anomalien in drei Hauptregulationssystemen des Körpers in Verbindung gebracht: dem Serotoninsystem, dem Katecholaminsystem und der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse. Es ist bekannt, dass Anomalien in diesen Systemen auch durch Stress ausgelöst werden, und zwar entweder durch schweren, akuten Stress oder durch chronischen, geringgradigen Stress.

Testosteron

Die frühe Androgenisierung wirkt sich organisatorisch auf die sich entwickelnden Gehirne sowohl von Männern als auch von Frauen aus, so dass mehr neuronale Schaltkreise, die das Sexualverhalten sowie die Aggression zwischen Männern und Frauen steuern, empfindlicher auf Testosteron reagieren. Es gibt deutliche Geschlechtsunterschiede bei der Aggression. Bei Frauen ist Testosteron in geringerem Maße vorhanden, und sie reagieren möglicherweise empfindlicher auf seine Wirkung. Tierversuche haben auch einen Zusammenhang zwischen Aggressionen und der individuellen Höhe des zirkulierenden Testosterons gezeigt. Die Ergebnisse bei Primaten, insbesondere beim Menschen, sind jedoch weniger eindeutig und deuten bestenfalls auf einen positiven Zusammenhang in einigen Zusammenhängen hin.

Beim Menschen gibt es saisonale Schwankungen der Aggression, die mit Veränderungen des Testosteronspiegels einhergehen. Bei einigen Primatenarten, wie Rhesusaffen und Pavianen, sind die Weibchen beispielsweise um die Zeit des Eisprungs und kurz vor der Menstruation eher in Kämpfe verwickelt. Wenn die Ergebnisse beim Menschen die gleichen sind wie bei Rhesusaffen und Pavianen, dann lässt sich die Zunahme aggressiver Verhaltensweisen während des Eisprungs durch den Rückgang des Östrogenspiegels erklären. Dadurch wird der normale Testosteronspiegel effektiver. Kastrierte Mäuse und Ratten zeigen ein geringeres Maß an Aggression. Männchen, die als Neugeborene kastriert wurden, zeigen auch dann ein geringes Maß an Aggression, wenn sie während ihrer gesamten Entwicklung Testosteron erhalten.

Hypothese der Herausforderung

Die Herausforderungshypothese beschreibt die dynamische Beziehung zwischen dem Plasmatestosteronspiegel und der Aggression bei der Paarung bei vielen Arten. Sie besagt, dass Testosteron dann mit Aggression in Verbindung gebracht wird, wenn es für die Fortpflanzung von Vorteil ist, wie z. B. bei der Bewachung von Partnern und der Verhinderung des Eindringens von intrasexuellen Rivalen. Die Challenge-Hypothese sagt voraus, dass die saisonalen Muster im Testosteronspiegel einer Art eine Funktion des Paarungssystems (Monogamie versus Polygynie), der väterlichen Fürsorge und der Aggression zwischen Männchen und Männchen bei saisonalen Brütern sind. Dieses Muster zwischen Testosteron und Aggression wurde erstmals bei saisonal brütenden Vögeln wie dem Singspatz beobachtet, wo der Testosteronspiegel mit Beginn der Brutsaison leicht ansteigt, um die grundlegenden Fortpflanzungsfunktionen zu unterstützen. Die Hypothese wurde in der Folge erweitert und modifiziert, um Beziehungen zwischen Testosteron und Aggression bei anderen Tierarten vorherzusagen. Schimpansen zum Beispiel, die sich ständig fortpflanzen, zeigen einen deutlich erhöhten Testosteronspiegel und aggressive Interaktionen zwischen Männchen und Weibchen, wenn empfängliche und fruchtbare Weibchen vorhanden sind. Derzeit gibt es keine Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen der modifizierten Challenge-Hypothese und dem menschlichen Verhalten oder der menschlichen Natur des verdeckten Eisprungs herstellen, obwohl einige dies vermuten.

Auswirkungen auf das Nervensystem

Umwandlung von Testosteron in Estradiol

Eine andere Forschungsrichtung konzentriert sich auf die unmittelbaren Auswirkungen des zirkulierenden Testosterons auf das Nervensystem, die durch den lokalen Stoffwechsel im Gehirn vermittelt werden. Testosteron kann durch das Enzym Aromatase zu Estradiol oder durch 5α-Reduktase zu Dihydrotestosteron (DHT) umgewandelt werden.

Aromatase ist in Regionen, die an der Regulierung von aggressivem Verhalten beteiligt sind, wie der Amygdala und dem Hypothalamus, stark ausgeprägt. In Studien, bei denen genetische Knockout-Techniken bei Inzuchtmäusen angewandt wurden, zeigten männliche Mäuse, denen ein funktionsfähiges Aromatase-Enzym fehlte, einen deutlichen Rückgang der Aggression. Eine Langzeitbehandlung mit Östradiol stellte das aggressive Verhalten teilweise wieder her, was darauf hindeutet, dass die neuronale Umwandlung von zirkulierendem Testosteron in Östradiol und dessen Wirkung auf Östrogenrezeptoren die Aggression zwischen Männern beeinflusst. Darüber hinaus wurden zwei verschiedene Östrogenrezeptoren, ERα und ERβ, identifiziert, die unterschiedliche Auswirkungen auf die Aggression bei Mäusen haben können. Die Wirkung von Östradiol scheint jedoch je nach Mäusestamm zu variieren, und bei einigen Stämmen reduziert es die Aggression während langer Tage (16 Stunden Licht), während Östradiol während kurzer Tage (8 Stunden Licht) die Aggression rasch erhöht.

Eine weitere Hypothese besagt, dass Testosteron Gehirnbereiche beeinflusst, die Verhaltensreaktionen steuern. Studien an Tiermodellen deuten darauf hin, dass die Aggression durch mehrere miteinander verbundene kortikale und subkortikale Strukturen innerhalb des so genannten Netzwerks für soziales Verhalten beeinflusst wird. Eine Studie mit Läsionen und elektrisch-chemischer Stimulation bei Nagetieren und Katzen ergab, dass ein solches neuronales Netzwerk aus der medialen Amygdala, dem medialen Hypothalamus und dem periaqueduktalen Grau (PAG) besteht und die reaktive Aggression positiv moduliert. Darüber hinaus zeigte eine Studie an menschlichen Probanden, dass die Konnektivität zwischen Präfrontalamygdala und Amygdala während des sozial-emotionalen Verhaltens durch endogenes Testosteron moduliert wird.

In Studien am Menschen hat sich die Testosteron-Aggressionsforschung auch auf die Rolle des orbitofrontalen Kortex (OFC) konzentriert. Dieser Hirnbereich steht in engem Zusammenhang mit Impulskontroll- und Selbstregulierungssystemen, die Emotionen, Motivation und Kognition integrieren, um kontextangemessenes Verhalten zu steuern. Bei Patienten mit lokalen Läsionen des OFC kommt es zu verstärkter reaktiver Aggression. Aggressives Verhalten kann durch Testosteron reguliert werden, indem das mediale OFC nach sozialer Provokation weniger aktiv wird. Bei der Messung des Speicheltestosterons der Teilnehmer kann ein höherer Testosteronspiegel spätere aggressive Verhaltensreaktionen auf Unfairness während einer Aufgabe vorhersagen. Darüber hinaus zeigen Gehirnscans mit fMRI eine verringerte Aktivität im medialen OFC während solcher Reaktionen. Diese Ergebnisse könnten darauf hindeuten, dass eine bestimmte Gehirnregion, der OFC, ein Schlüsselfaktor für das Verständnis reaktiver Aggression ist.

Allgemeine Assoziationen mit Verhalten

Wissenschaftler interessieren sich schon seit langem für die Beziehung zwischen Testosteron und aggressivem Verhalten. Bei den meisten Tierarten sind die Männchen aggressiver als die Weibchen. Die Kastration von Männchen hat in der Regel einen beruhigenden Effekt auf das aggressive Verhalten von Männchen. Beim Menschen sind Männchen häufiger kriminell und insbesondere gewalttätig als Weibchen. Die Beteiligung an Straftaten steigt in der Regel in den frühen bis mittleren Teenagerjahren an, was gleichzeitig mit dem Anstieg des Testosteronspiegels geschieht. Die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Testosteron und Aggression ist schwierig, da die einzige zuverlässige Messung des Testosteronspiegels im Gehirn durch eine Lumbalpunktion erfolgt, die zu Forschungszwecken nicht durchgeführt wird. In Studien wurden daher oft unzuverlässigere Messungen aus Blut oder Speichel verwendet.

Im Handbook of Crime Correlates, einer Übersicht über Kriminalitätsstudien, heißt es, dass die meisten Studien einen Zusammenhang zwischen der Kriminalität Erwachsener und Testosteron belegen, auch wenn die Beziehung bescheiden ist, wenn sie für jedes Geschlecht getrennt untersucht wird. Fast alle Studien über Jugendkriminalität und Testosteron sind jedoch nicht signifikant. Die meisten Studien haben auch festgestellt, dass Testosteron mit Verhaltensweisen oder Persönlichkeitsmerkmalen in Verbindung steht, die mit Kriminalität in Verbindung gebracht werden, wie etwa antisoziales Verhalten und Alkoholismus. Viele Studien wurden auch über den Zusammenhang zwischen allgemeinem aggressiven Verhalten/Gefühlen und Testosteron durchgeführt. In etwa der Hälfte der Studien wurde ein Zusammenhang festgestellt, in der anderen Hälfte nicht.

Untersuchungen des Testosteronspiegels von männlichen Sportlern vor und nach einem Wettkampf ergaben, dass der Testosteronspiegel kurz vor dem Wettkampf ansteigt, sozusagen in Erwartung des Wettkampfs, und dass er vom Ausgang des Wettkampfs abhängt: Der Testosteronspiegel von Gewinnern ist höher als der von Verlierern. Bei weiblichen Sportlern wurde keine spezifische Reaktion des Testosteronspiegels auf den Wettkampf beobachtet, obwohl ein Unterschied in der Stimmung festgestellt wurde. Außerdem konnte in einigen Experimenten kein Zusammenhang zwischen dem Testosteronspiegel und der Aggression beim Menschen festgestellt werden.

Der mögliche Zusammenhang zwischen Testosteron und Aggression könnte die "Rid-Wut" erklären, die bei der Einnahme anaboler Steroide auftreten kann, obwohl die Wirkung abnorm hoher Steroidspiegel keine Wirkung auf physiologischer Ebene beweist.

Dehydroepiandrosteron

Dehydroepiandrosteron (DHEA) ist das am häufigsten zirkulierende Androgenhormon und kann in den Zielgeweben schnell in potente Androgene und Östrogene umgewandelt werden. Gonadale Steroide regulieren im Allgemeinen die Aggression während der Brutzeit, aber nicht-gonadale Steroide können die Aggression während der Nichtbrutzeit regulieren. Die Kastration verschiedener Arten in der Nichtbrutsaison hat keine Auswirkungen auf die territoriale Aggression. In mehreren Studien an Vögeln wurde festgestellt, dass das zirkulierende DHEA bei Vögeln in der Nichtbrutsaison erhöht ist. Diese Daten unterstützen die Idee, dass Vögel, die nicht brüten, die adrenale und/oder gonadale DHEA-Synthese mit dem neuralen DHEA-Stoffwechsel kombinieren, um das Territorialverhalten aufrechtzuerhalten, wenn die gonadale Testosteronausschüttung niedrig ist. Ähnliche Ergebnisse wurden in Studien mit verschiedenen Ratten-, Mäuse- und Hamsterstämmen gefunden. Der DHEA-Spiegel wurde auch beim Menschen untersucht und könnte eine Rolle bei der menschlichen Aggression spielen. Der zirkulierende DHEAS-Spiegel (sein sulfatierter Ester) steigt während der Adrenarche (≈7 Lebensjahre) an, während der Plasmatestosteronspiegel relativ niedrig ist. Dies bedeutet, dass die Aggression bei präpubertären Kindern mit aggressiven Verhaltensstörungen eher mit dem DHEAS-Spiegel als mit dem Testosteron-Spiegel im Plasma korreliert sein könnte, was auf einen wichtigen Zusammenhang zwischen DHEAS und aggressivem Verhalten beim Menschen hindeutet.

Glukokortikoide

Glukokortikoidhormone spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung aggressiven Verhaltens. Bei erwachsenen Ratten fördern akute Kortikosteroninjektionen aggressives Verhalten, und eine akute Senkung des Kortikosteronspiegels verringert die Aggression; eine chronische Senkung des Kortikosteronspiegels kann jedoch zu abnorm aggressivem Verhalten führen. Darüber hinaus beeinflussen Glukokortikoide die Entwicklung von Aggression und die Bildung sozialer Hierarchien. Ausgewachsene Mäuse mit niedrigen Ausgangswerten an Corticosteron werden mit größerer Wahrscheinlichkeit dominant als Mäuse mit hohen Ausgangswerten an Corticosteron.

Glukokortikoide werden von der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA) als Reaktion auf Stress freigesetzt, wobei Cortisol beim Menschen am stärksten ausgeprägt ist. Die Ergebnisse bei Erwachsenen deuten darauf hin, dass ein geringerer Cortisolspiegel, der mit geringerer Angst oder einer verminderten Stressreaktion einhergeht, mit mehr Aggression verbunden sein kann. Es könnte jedoch sein, dass proaktive Aggression mit niedrigen Cortisolwerten einhergeht, während reaktive Aggression mit erhöhten Werten einhergeht. Unterschiede in der Bewertung des Cortisolspiegels können ebenfalls eine Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse sein, insbesondere bei Kindern.

Die HPA-Achse steht im Zusammenhang mit der allgemeinen Kampf-oder-Flucht-Reaktion oder der akuten Stressreaktion und der Rolle von Katecholaminen wie Epinephrin, im Volksmund als Adrenalin bekannt.

Pheromone

Bei vielen Tieren kann Aggression mit der Freisetzung von Pheromonen zwischen Artgenossen in Verbindung gebracht werden. Bei Mäusen wurde nachgewiesen, dass Haupturinproteine (Mups) angeborenes aggressives Verhalten bei Männchen fördern und durch neuromodulatorische Systeme vermittelt werden können. Mups aktivieren olfaktorische sensorische Neuronen im Vomeronasalorgan (VNO) von Mäusen und Ratten, einem Untersystem der Nase, von dem bekannt ist, dass es Pheromone über spezifische sensorische Rezeptoren erkennt. Auch bei Fruchtfliegen wurden Pheremone identifiziert, die von Neuronen in der Antenne wahrgenommen werden und eine Botschaft an das Gehirn senden, die Aggressionen auslöst; es wurde festgestellt, dass beim Menschen keine Aggressionspheremone identifiziert wurden.

Genetik

Im Allgemeinen sind Unterschiede in einem kontinuierlichen Phänotyp wie der Aggression wahrscheinlich das Ergebnis der Wirkung einer großen Anzahl von Genen mit jeweils geringer Wirkung, die während der Entwicklung und des Lebens miteinander und mit der Umwelt interagieren.

Ein Beispiel für Gene, die mit Aggression zu tun haben, ist das Fruitless-Gen bei Fruchtfliegen, das für bestimmte geschlechtsdimorphe Verhaltensweisen ausschlaggebend ist und dessen künstliche Veränderung zu einer Umkehrung stereotyper männlicher und weiblicher Aggressionsmuster im Kampf führen kann. In einem vermeintlich relativ eindeutigen Fall wurde jedoch über inhärente Komplexität bei der Entschlüsselung der Zusammenhänge zwischen interagierenden Genen in einem Umweltkontext und einem sozialen Phänotyp berichtet, der mehrere Verhaltens- und sensorische Interaktionen mit einem anderen Organismus umfasst.

Bei Mäusen sind das Sry-Gen (geschlechtsbestimmende Region Y), das sich auf dem Y-Chromosom befindet, und das Sts-Gen (Steroidsulfatase) Kandidaten für die Unterscheidung der Aggression zwischen den Geschlechtern. Das Sts-Gen kodiert für das Enzym Steroidsulfatase, das bei der Regulierung der Biosynthese von Neurosteroiden eine zentrale Rolle spielt. Es wird bei beiden Geschlechtern exprimiert, korreliert mit dem Aggressionsniveau der männlichen Mäuse und steigt bei den Weibchen nach der Geburt und während der Laktation dramatisch an, was dem Beginn der mütterlichen Aggression entspricht. In mindestens einer Studie wurde eine mögliche epigenetische Signatur (d. h. eine verringerte Methylierung an einer bestimmten CpG-Stelle im Promotorbereich) des Serotoninrezeptors 5-HT3a gefunden, die mit mütterlicher Aggression bei Menschen in Verbindung gebracht wird.

Mäuse mit experimentell erhöhter Empfindlichkeit gegenüber oxidativem Stress (durch Hemmung der Kupfer-Zink-Superoxiddismutase, SOD1-Aktivität) wurden auf aggressives Verhalten getestet. Es zeigte sich, dass Männchen, denen SOD1 vollständig fehlte, aggressiver waren als Wildtyp-Männchen und Männchen, die 50 % dieses antioxidativen Enzyms exprimieren. Sie griffen auch schneller ein anderes Männchen an. Der kausale Zusammenhang zwischen SOD1-Mangel und erhöhter Aggression ist noch nicht geklärt.

Beim Menschen gibt es gute Anhaltspunkte dafür, dass die grundlegende menschliche neuronale Architektur, die das Potenzial für flexible aggressive Reaktionen untermauert, sowohl von den Genen als auch von der Umwelt beeinflusst wird. Was die Unterschiede zwischen einzelnen Menschen betrifft, so wurden in den letzten Jahrzehnten mehr als 100 Zwillings- und Adoptionsstudien durchgeführt, um die genetischen Grundlagen von aggressivem Verhalten und verwandten Konstrukten wie Verhaltensstörungen zu untersuchen. Einer 2002 veröffentlichten Meta-Analyse zufolge werden etwa 40 % der Unterschiede zwischen Individuen durch Unterschiede in den Genen und 60 % durch Unterschiede in der Umwelt erklärt (hauptsächlich durch nicht gemeinsame Umwelteinflüsse und nicht durch solche, die durch gemeinsames Aufwachsen entstehen). Diese Studien beruhen jedoch auf Selbstauskünften oder Beobachtungen durch andere, einschließlich der Eltern, was die Interpretation der Ergebnisse erschwert. Die wenigen laborgestützten Analysen haben keine signifikanten individuellen Unterschiede in der Aggression ergeben, die durch genetische Variationen in der menschlichen Bevölkerung erklärbar wären. Darüber hinaus haben Kopplungs- und Assoziationsstudien, die darauf abzielen, spezifische Gene zu identifizieren, die beispielsweise den Neurotransmitter- oder Hormonspiegel beeinflussen, im Allgemeinen zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt, die durch gescheiterte Replikationsversuche gekennzeichnet sind. Ein möglicher Faktor ist ein Allel (eine Variante) des MAO-A-Gens, das in Wechselwirkung mit bestimmten Lebensereignissen wie Misshandlung in der Kindheit (die für sich genommen einen Haupteffekt haben kann) die Entwicklung von Hirnregionen wie der Amygdala beeinflussen kann, so dass bestimmte Verhaltensweisen wahrscheinlicher werden. Das allgemein unklare Bild wurde mit ebenso schwierigen Ergebnissen verglichen, die in Bezug auf andere komplexe Verhaltensphänotypen erzielt wurden. So stehen beispielsweise sowohl die 7R- als auch die 5R-VNTR-Allele des Dopaminrezeptor-D4-Gens, die mit ADHS in Verbindung stehen, in direktem Zusammenhang mit dem Auftreten von proaktiver Aggression bei Männern ohne ADHS-Anamnese.

Gesellschaft und Kultur

Einige Gegebenheiten führen in Situationen, in denen aggressives Potential vorhanden ist, zu einer Verstärkung der aggressiven Tendenz:

Neuropsychiatrische Krankheiten
Aggression kann ohne ersichtlichen Grund aufgrund der frontalen Enthemmung bei Demenz-Kranken auftreten. Die Prävalenz ist bei den Demenzarten verschieden ausgeprägt: Morbus Alzheimer 34 %, Vaskuläre Demenz 72 %, Lewy-Body-Demenz 71 % und Frontotemporale Demenz 69 %.
Aversive Reize
Aversive – also unangenehme – Reize führen zu einer verstärkten Gereiztheit und können Ärgerempfindungen hervorrufen. In einer Untersuchung tauchten Versuchspersonen ihre Hände bei einem Scheinexperiment in Wasserbecken. War das Wasser sehr kalt oder heiß, gaben die Probanden verstärkte Ärgergefühle an und zeigten aggressive Verhaltenstendenzen (reagieren gereizt auf Versuchsleiter etc.). In einer anderen Untersuchung sollten Personen einen Fragebogen ausfüllen, der ihre Aggressivität erfasste. Füllten sie diesen in einem stark überheizten Raum aus, wiesen sie eine erhöhte Aggressivität auf.
Erregung
Physiologische Erregung (arousal) verstärkt bestehende Verhaltenstendenzen. Bei einem Experiment wurde Versuchspersonen Adrenalin injiziert, was zu einer erhöhten Erregung führte. Danach wurden sie in einen Raum mit einer entweder sehr euphorischen oder sehr feindseligen Person gebracht. Wenn die Probanden nichts über die Adrenalininjektion wussten, verhielten sie sich in starkem Ausmaß entsprechend der zweiten Person (feindselig bzw. aggressiv oder euphorisch). Die durch das Adrenalin hervorgerufene physiologische Erregung hatte die Gefühlstendenz verstärkt. Es wird angenommen, dass die Probanden die Erregung auf die Reizung durch die andere Person attribuierten.
Wussten die Probanden, dass ihnen Adrenalin injiziert wurde, verstärkten sich ihre feindseligen bzw. euphorischen Gefühle nicht. Sie nahmen zwar die körperliche Erregung wahr, attribuierten sie jedoch auf die Injektion.
In einer anderen Untersuchung zeigte sich, dass Menschen bei sportlicher Betätigung leichter gereizt werden können. Sie scheinen ihre körperliche Erregtheit in gewissen Teilen auf die äußerliche Reizung anstatt den Sport zu attribuieren.
Aggressive Hinweisreize
Sind in einer Situation Reize, die mit Aggression oder Gewalt assoziiert werden, vorhanden, führen diese zu einem schnelleren Ausbruch der aggressiven Tendenzen. So zeigten Kindergartenkinder in einer Studie mehr aggressives Verhalten, wenn sie mit Spielzeugwaffen im Gegensatz zu Puppen, Autos etc. spielten.
Versuchspersonen, die in einer Scheinstudie einem angeblichen Lernenden Stromstöße bei falschen Antworten verabreichen sollten, gaben mehr Schocks, wenn im Experimentalraum Waffen an den Wänden hingen, als wenn Tennisschläger anwesend waren.
Fernsehen
Das Lernexperiment von Bandura, in dem Kinder einen Erwachsenen bei gewalttätigem Umgang mit einer Puppe beobachteten und dies später nachahmten, wurde auch mit Videoaufnahmen, in denen der Erwachsene zu sehen war, repliziert. Selbst wenn die Kinder die Gewalt nur auf dem Bildschirm sahen, verhielten sie sich später in ähnlicher Weise gegenüber der Puppe.
Computerspiele
Auch Computerspiele können eine ähnliche Wirkung wie Fernsehen ausüben.
Selbstschutz
Aggressive Reaktionen können auch durch (vermeintliche) Gefahrensituationen ausgelöst werden. Fühlt man sich bedroht, versucht man, sich zu verteidigen und dies oftmals mit vom Aggressionspotenzial gesteuerter, psychischer oder physischer Gewalt.
Einnahme von Steroiden und Anabolika
Anabole Steroide führen möglicherweise ebenfalls zu erhöhter Aggression.

Der Mensch hat Aspekte der Aggression mit nicht-menschlichen Tieren gemeinsam und weist spezifische Aspekte und Komplexität auf, die mit Faktoren wie Genetik, Frühentwicklung, sozialem Lernen und Flexibilität, Kultur und Moral zusammenhängen. Konrad Lorenz stellte in seinem 1963 erschienenen Klassiker "Über Aggression" fest, dass das menschliche Verhalten von vier überlebenswichtigen tierischen Trieben geprägt ist. Zusammengenommen bewirken diese Triebe - Hunger, Angst, Fortpflanzung und Aggression - eine natürliche Selektion. E. O. Wilson führte in On Human Nature aus, dass Aggression in der Regel ein Mittel ist, um die Kontrolle über Ressourcen zu erlangen. Aggression wird daher in Zeiten verstärkt, in denen hohe Bevölkerungsdichten zu Ressourcenknappheit führen. Richard Leakey und seinen Kollegen zufolge hat die Aggression beim Menschen auch dadurch zugenommen, dass er sich mehr für Besitz interessiert und seinen Besitz verteidigt. Die UNESCO verabschiedete jedoch 1989 die Erklärung von Sevilla über Gewalt, die die Behauptungen von Evolutionswissenschaftlern widerlegt, dass die Genetik allein die Ursache für Aggression sei.

Soziale und kulturelle Aspekte können die deutliche Ausprägung von Aggressivität erheblich beeinträchtigen. So kann beispielsweise eine hohe Bevölkerungsdichte, wenn sie mit einer Verringerung der verfügbaren Ressourcen einhergeht, eine wichtige intervenierende Variable für das Auftreten von Gewalttaten sein.

Kultur

Die Kultur ist ein Faktor, der bei der Aggression eine Rolle spielt. Stammes- oder Bandengesellschaften, die vor oder außerhalb der modernen Staaten existierten, wurden manchmal als friedliche "edle Wilde" dargestellt. Das Volk der ǃKung wurde 1958 in einem populären Werk von Elizabeth Marshall Thomas als "The Harmless People" beschrieben, während Lawrence Keeley in seinem 1996 erschienenen Buch War Before Civilization (Krieg vor der Zivilisation) die Ansicht vertrat, dass die meisten Gruppen im Laufe der Menschheitsgeschichte regelmäßige Kriege ohne moderne Technologie geführt haben, darunter auch die meisten Stämme der amerikanischen Ureinwohner. Studien zu Jägern und Sammlern zeigen eine Reihe unterschiedlicher Gesellschaften. Im Allgemeinen treten Aggressionen, Konflikte und Gewalt gelegentlich auf, aber eine direkte Konfrontation wird im Allgemeinen vermieden, und Konflikte werden durch eine Vielzahl von verbalen und nicht-verbalen Methoden sozial bewältigt. Unterschiedliche Raten von Aggression oder Gewalt, gegenwärtig oder in der Vergangenheit, innerhalb von oder zwischen Gruppen, wurden mit der Strukturierung von Gesellschaften und Umweltbedingungen in Verbindung gebracht, die Faktoren wie Ressourcen- oder Eigentumserwerb, Land- und Subsistenzwirtschaft und Bevölkerungsentwicklung beeinflussen.

Der amerikanische Psychologe Peter Gray stellt die Hypothese auf, dass Jäger- und Sammlergesellschaften in der Lage sind, Aggressionen abzubauen und gleichzeitig relativ friedliche, egalitäre Beziehungen zwischen den Mitgliedern aufrechtzuerhalten, und zwar durch verschiedene Methoden, wie z. B. die Förderung eines spielerischen Geistes in allen Lebensbereichen, den Einsatz von Humor, um der Tendenz einer einzelnen Person, die Gruppe zu dominieren, entgegenzuwirken, und nicht zwingende oder "nachsichtige" Erziehungspraktiken. Gray vergleicht Jäger- und Sammlergruppen mit sozialen Spielgruppen, wobei er betont, dass ein solches Spiel nicht immer frivol oder gar einfach ist. Gray zufolge ist "soziales Spiel - d. h. Spiel, an dem mehr als ein Spieler beteiligt ist - notwendigerweise egalitär. Es erfordert immer eine Aussetzung von Aggression und Dominanz sowie eine erhöhte Sensibilität für die Bedürfnisse und Wünsche der anderen Spieler".

Joan Durrant von der University of Manitoba schreibt, dass in einer Reihe von Studien festgestellt wurde, dass körperliche Bestrafung mit einem "höheren Maß an Aggression gegen Eltern, Geschwister, Gleichaltrige und Ehepartner" einhergeht, selbst wenn andere Faktoren berücksichtigt werden. Laut Elizabeth Gershoff von der University of Texas in Austin ist es umso wahrscheinlicher, dass Kinder, die körperlich bestraft werden, als Erwachsene gewalttätig gegenüber Familienmitgliedern, einschließlich Intimpartnern, werden. In Ländern, in denen die körperliche Bestrafung von Kindern als kulturell akzeptierter gilt, wird sie weniger stark mit erhöhter Aggression in Verbindung gebracht; es wurde jedoch festgestellt, dass körperliche Bestrafung unabhängig von der Kultur einen gewissen Anstieg der kindlichen Aggression vorhersagt. Auch wenn diese Assoziationen keinen Kausalitätsnachweis erbringen, deuten mehrere Längsschnittstudien darauf hin, dass die Erfahrung mit körperlicher Bestrafung eine direkte kausale Wirkung auf spätere aggressive Verhaltensweisen hat. Bei der Untersuchung mehrerer Längsschnittstudien, die den Weg vom disziplinarischen Prügeln zur Aggression bei Kindern vom Vorschulalter bis zur Adoleszenz untersuchten, kam Gershoff zu dem Schluss: "Die Prügelstrafe sagte durchweg eine Zunahme der kindlichen Aggression im Laufe der Zeit voraus, unabhängig davon, wie aggressiv die Kinder zum Zeitpunkt der Prügelstrafe waren". Ähnliche Ergebnisse fand Catherine Taylor von der Tulane University im Jahr 2010. Murray A. Straus, Forscher auf dem Gebiet der familiären Gewalt, argumentiert: "Es gibt viele Gründe, warum diese Erkenntnisse ignoriert wurden. Einer der wichtigsten ist der Glaube, dass Prügel effektiver sind als gewaltfreie Disziplin und daher manchmal notwendig sind, trotz des Risikos schädlicher Nebenwirkungen".

Die Analyse von Aggression aus kultureller oder politischer Sicht wird dadurch erschwert, dass das Etikett "aggressiv" selbst als Mittel zur Durchsetzung eines Urteils aus einem bestimmten Blickwinkel verwendet werden kann. Ob eine zwangsweise oder gewaltsame Methode der sozialen Kontrolle als Aggression - oder als legitime oder illegitime Aggression - wahrgenommen wird, hängt von der Position der betreffenden Parteien in Bezug auf die soziale Ordnung ihrer Kultur ab. Dies wiederum kann mit Faktoren wie folgenden zusammenhängen: Normen für die Koordinierung von Handlungen und die Aufteilung von Ressourcen; was als Selbstverteidigung oder Provokation angesehen wird; Einstellungen gegenüber "Außenseitern", Einstellungen gegenüber bestimmten Gruppen wie Frauen, Behinderten oder Personen mit niedrigerem Status; die Verfügbarkeit alternativer Konfliktlösungsstrategien; Handelsverflechtungen und kollektive Sicherheitspakte; Ängste und Impulse; und letztendliche Ziele in Bezug auf materielle und soziale Ergebnisse.

Die kulturübergreifende Forschung hat Unterschiede in der Einstellung zur Aggression in verschiedenen Kulturen festgestellt. In einer Fragebogenstudie unter Universitätsstudenten rechtfertigten nicht nur Männer insgesamt einige Arten von Aggression eher als Frauen, sondern auch die Befragten aus den Vereinigten Staaten rechtfertigten defensive körperliche Aggression eher als die japanischen oder spanischen Befragten, während japanische Studenten direkte verbale Aggression (aber nicht indirekte) eher bevorzugten als ihre amerikanischen und spanischen Kommilitonen. Innerhalb der amerikanischen Kultur zeigten sich Männer aus den Südstaaten in einer Studie über Universitätsstudenten stärker betroffen und reagierten aggressiver als Männer aus dem Norden, wenn sie zufällig beleidigt wurden, nachdem sie angerempelt worden waren, was theoretisch mit der traditionellen Ehrenkultur in den Südstaaten der Vereinigten Staaten oder dem "Gesichtswahren" zusammenhing. Andere kulturelle Themen, die manchmal auf die Untersuchung von Aggression angewandt werden, umfassen individualistische und kollektivistische Stile, die sich beispielsweise darauf beziehen, ob auf Streitigkeiten mit offenem Wettbewerb oder mit Anpassung und Konfliktvermeidung reagiert wird. In einer Studie, an der 62 Länder teilnahmen, berichteten Schulleiter, dass aggressives Schülerverhalten umso häufiger auftritt, je individualistischer und damit weniger kollektivistisch die Kultur ihres Landes ist. Andere Vergleiche, die in Bezug auf Aggression oder Krieg angestellt wurden, beziehen sich auf demokratische versus autoritäre politische Systeme und egalitäre versus stratifizierte Gesellschaften. Das Wirtschaftssystem, das als Kapitalismus bekannt ist, wurde von einigen als abhängig von der Ausnutzung menschlicher Wettbewerbsfähigkeit und Aggression im Streben nach Ressourcen und Handel angesehen, was sowohl positiv als auch negativ betrachtet wurde. Die Einstellung zur sozialen Akzeptanz bestimmter Handlungen oder Ziele der Aggression ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. Dies kann sehr kontrovers sein, wie z. B. bei Streitigkeiten zwischen Religionen oder Nationalstaaten, z. B. im Hinblick auf den arabisch-israelischen Konflikt.

Medien

Einige Wissenschaftler sind der Ansicht, dass Verhaltensweisen wie Aggression teilweise durch Beobachtung und Nachahmung des Verhaltens anderer Menschen erlernt werden können, während andere Forscher zu dem Schluss kommen, dass die Medien einen geringen Einfluss auf die Aggression haben können. Es gibt auch Untersuchungen, die diese Ansicht in Frage stellen. So wurde beispielsweise in einer Langzeitstudie mit Jugendlichen kein langfristiger Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltvideospielen und Gewalt oder Mobbing unter Jugendlichen festgestellt. Eine Studie deutet darauf hin, dass die Auswirkungen gewalttätiger Videospiele auf die Aggression geringer sind als die der Fernsehgewalt auf die Aggression. Dieser Effekt steht in positivem Zusammenhang mit der Art der Gewalt in den Spielen und in negativem Zusammenhang mit der mit den Spielen verbrachten Zeit. Der Autor kam zu dem Schluss, dass es keine ausreichenden Beweise für einen Zusammenhang zwischen Gewalt in Videospielen und Aggression gibt. Eine andere Studie legt jedoch einen Zusammenhang mit aggressivem Verhalten nahe.

Furcht-induzierte Aggression

Laut dem Philosophen und Neurowissenschaftler Nayef Al-Rodhan ist "angst(überlebens)-induzierte präventive Aggression" eine menschliche Reaktion auf Ungerechtigkeiten, die als überlebensbedrohend empfunden werden. Sie ist oft die Ursache für die unvorstellbare Brutalität und Ungerechtigkeit, die von Menschen begangen wird. Sie kann jederzeit auftreten, selbst in Situationen, die ruhig und unter Kontrolle zu sein scheinen. Wenn Ungerechtigkeit als Bedrohung für das Überleben wahrgenommen wird, führt die "angst(überlebens)-induzierte präventive Aggression" dazu, dass der Einzelne alles Notwendige unternimmt, um sich von dieser Bedrohung zu befreien.

Nayef Al-Rodhan argumentiert, dass die starke Tendenz des Menschen zu "angst(überlebens)-induzierter präemptiver Aggression" bedeutet, dass Situationen der Anarchie oder Beinahe-Anarchie um jeden Preis verhindert werden sollten. Das liegt daran, dass Anarchie Angst auslöst, die wiederum zu Aggression, Brutalität und Ungerechtigkeit führt. Selbst in nicht-anarchischen Situationen können Überlebensinstinkte und Angst sehr mächtige Kräfte sein, und sie können sofort ausgelöst werden. "Angst(überlebens)-induzierte präventive Aggression" ist einer der Schlüsselfaktoren, die Menschen, die von Natur aus amoralisch sind, dazu bringen können, sich unmoralisch zu verhalten. In Anbetracht dessen vertritt Al-Rodhan die Auffassung, dass wir uns auf die Umstände vorbereiten müssen, die sich aus dem aggressiven Verhalten der Menschen ergeben können. Al-Rodhan zufolge sollte das Risiko einer solchen Aggression und der daraus resultierenden Brutalität durch vertrauensbildende Maßnahmen und eine Politik, die die Integration fördert und Anarchie verhindert, minimiert werden.

Kinder

Die Häufigkeit körperlicher Aggression beim Menschen erreicht im Alter von etwa 2 bis 3 Jahren ihren Höhepunkt. Danach nimmt sie im Durchschnitt allmählich ab. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass körperliche Aggression nicht nur ein erlerntes Verhalten ist, sondern dass die Entwicklung Möglichkeiten für das Erlernen und die biologische Entwicklung der Selbstregulierung bietet. Bei einer kleinen Gruppe von Kindern gelingt es jedoch nicht, alle erforderlichen Fähigkeiten zur Selbstregulierung zu erwerben, und sie neigen dazu, im Laufe ihrer Entwicklung ein atypisches Maß an körperlicher Aggression zu zeigen. Bei diesen Kindern besteht möglicherweise ein Risiko für späteres gewalttätiges Verhalten oder umgekehrt für einen Mangel an Aggression, der in der Gesellschaft als notwendig erachtet werden könnte. Einige Ergebnisse deuten darauf hin, dass frühe Aggression nicht zwangsläufig zu späterer Aggression führt, obwohl der Verlauf in der frühen Kindheit ein wichtiger Prädiktor für die Ergebnisse in der mittleren Kindheit ist. Darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass fortgesetzte körperliche Aggression im Kontext von familiären Widrigkeiten, einschließlich sozioökonomischer Faktoren, auftritt. Darüber hinaus scheinen "Opposition" und "Statusverletzungen" in der Kindheit stärker mit sozialen Problemen im Erwachsenenalter verbunden zu sein als einfach nur aggressives antisoziales Verhalten. Soziales Lernen durch Interaktionen in der frühen Kindheit wurde als ein Baustein für das Aggressionsniveau angesehen, das eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Peer-Beziehungen in der mittleren Kindheit spielt. Insgesamt kann ein Zusammenspiel von biologischen, sozialen und Umweltfaktoren in Betracht gezogen werden. Einige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Wetterveränderungen die Wahrscheinlichkeit erhöhen können, dass Kinder abweichendes Verhalten zeigen.

Typische Erwartungen

  • Kleine Kinder, die sich auf den Eintritt in den Kindergarten vorbereiten, müssen die sozial wichtige Fähigkeit des Durchsetzungsvermögens entwickeln. Beispiele für Durchsetzungsvermögen sind das Erfragen von Informationen, das Anbahnen von Gesprächen oder die Fähigkeit, auf Druck von Gleichaltrigen zu reagieren.
  • Im Gegensatz dazu nutzen manche Kleinkinder aggressives Verhalten wie Schlagen oder Beißen als Form der Kommunikation.
  • Aggressives Verhalten kann das Lernen behindern, während selbstbewusstes Verhalten das Lernen erleichtern kann. Bei kleinen Kindern ist aggressives Verhalten jedoch entwicklungsgemäß und kann zum Aufbau von Konfliktlösungs- und Kommunikationsfähigkeiten führen.
  • Bis zum Schulalter sollten Kinder sozial angemessenere Kommunikationsformen erlernen, wie z. B. sich mündlich oder schriftlich auszudrücken; ist dies nicht der Fall, kann dieses Verhalten auf eine Behinderung oder Entwicklungsverzögerung hindeuten.

Auslöser für Aggression

  • Körperliche Angst vor anderen
  • Familiäre Schwierigkeiten
  • Lern-, neurologische oder Verhaltens-/Verhaltensstörungen
  • Psychologisches Trauma

Das Bobo-Puppen-Experiment wurde 1961 von Albert Bandura durchgeführt. Dabei stellte Bandura fest, dass Kinder, die einem aggressiven Erwachsenenmodell ausgesetzt waren, sich aggressiver verhielten als Kinder, die einem nicht-aggressiven Erwachsenenmodell ausgesetzt waren. Dieses Experiment legt nahe, dass jeder, der mit Kindern in Kontakt kommt und mit ihnen interagiert, die Art und Weise beeinflussen kann, wie sie reagieren und mit Situationen umgehen.

Zusammenfassende Punkte aus den Empfehlungen der nationalen Verbände
  • American Academy of Pediatrics (2011): "Der beste Weg, aggressivem Verhalten vorzubeugen, besteht darin, Ihrem Kind ein stabiles, sicheres Leben zu Hause zu bieten, mit strenger, liebevoller Disziplin und Vollzeitbetreuung während der Kleinkind- und Vorschulzeit. Jeder, der sich um Ihr Kind kümmert, sollte ein gutes Vorbild sein und sich auf die Regeln einigen, deren Einhaltung von ihm erwartet wird, sowie auf die Reaktion, die es anwenden soll, wenn es nicht gehorcht."
  • Nationale Vereinigung der Schulpsychologen (2008): "Proaktive Aggression ist in der Regel begründet, emotionslos und auf die Erreichung eines Ziels ausgerichtet. Ein Tyrann will zum Beispiel die Anerkennung durch Gleichaltrige und die Unterwerfung des Opfers, und Bandenmitglieder wollen Status und Kontrolle. Im Gegensatz dazu ist reaktive Aggression häufig sehr emotional und oft das Ergebnis einer voreingenommenen oder mangelhaften kognitiven Verarbeitung seitens des Schülers."

Geschlecht

Das Geschlecht ist ein Faktor, der sowohl bei menschlicher als auch bei tierischer Aggression eine Rolle spielt. Es wird angenommen, dass Männer von klein auf körperlich aggressiver sind als Frauen, und Männer begehen die überwiegende Mehrheit der Morde (Buss 2005). Dies ist einer der solidesten und zuverlässigsten Verhaltensunterschiede zwischen den Geschlechtern, und er wurde in vielen verschiedenen Altersgruppen und Kulturen festgestellt. In einigen empirischen Studien wurde jedoch festgestellt, dass die Diskrepanz zwischen männlicher und weiblicher Aggression in der Kindheit ausgeprägter ist und der Geschlechtsunterschied bei Erwachsenen in einem experimentellen Kontext eher gering ausfällt. Dennoch gibt es Belege dafür, dass Männer schneller zu Aggressionen neigen (Frey et al. 2003) und ihre Aggressionen eher körperlich ausdrücken als Frauen. Bei der Betrachtung indirekter Formen der gewaltlosen Aggression, wie Aggression in Beziehungen und soziale Ablehnung, argumentieren einige Wissenschaftler, dass Frauen durchaus aggressiv sein können, obwohl weibliche Aggression nur selten körperlich zum Ausdruck kommt. Eine Ausnahme bildet die Gewalt in Paarbeziehungen, die zwischen verlobten, verheirateten oder in einer anderen Form von intimer Beziehung lebenden Paaren stattfindet.

Obwohl Frauen seltener als Männer körperliche Gewalt ausüben, können sie ihre Aggression mit einer Vielzahl von nicht-körperlichen Mitteln zum Ausdruck bringen. Welche Methode genau Frauen anwenden, um ihre Aggression auszudrücken, ist von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Auf der Insel Bellona, einer auf männlicher Dominanz und körperlicher Gewalt basierenden Kultur, geraten Frauen häufiger in Konflikte mit anderen Frauen als mit Männern. Bei Konflikten mit Männern greifen sie nicht zu körperlichen Mitteln, sondern erfinden Lieder, die den Mann verhöhnen, die sich auf der ganzen Insel verbreiten und ihn demütigen. Wenn eine Frau einen Mann töten wollte, überredete sie entweder ihre männlichen Verwandten, ihn zu töten, oder sie heuerte einen Mörder an. Obwohl diese beiden Methoden körperliche Gewalt beinhalten, handelt es sich in beiden Fällen um indirekte Aggression, da die Aggressorin es vermeidet, sich direkt einzumischen oder sich selbst in unmittelbare körperliche Gefahr zu bringen.

Siehe auch die Abschnitte über Testosteron und evolutionäre Erklärungen für Geschlechtsunterschiede weiter oben.

Situative Faktoren

Es wurden einige Zusammenhänge zwischen Gewaltbereitschaft und Alkoholkonsum festgestellt. Personen, die zu Gewalt neigen und Alkohol konsumieren, führen mit größerer Wahrscheinlichkeit Gewalttaten aus. Alkohol beeinträchtigt das Urteilsvermögen, so dass Menschen weniger vorsichtig sind als sonst (MacDonald et al. 1996). Er stört auch die Art und Weise, wie Informationen verarbeitet werden (Bushman 1993, 1997; Bushman & Cooper 1990).

Schmerz und Unbehagen steigern ebenfalls die Aggression. Selbst der einfache Akt, die Hände in heißes Wasser zu halten, kann eine aggressive Reaktion auslösen. Heiße Temperaturen wurden in einer Reihe von Studien als ein Faktor genannt. Eine Studie, die inmitten der Bürgerrechtsbewegung durchgeführt wurde, ergab, dass Unruhen an heißen Tagen wahrscheinlicher waren als an kühlen Tagen (Carlsmith & Anderson 1979). Es wurde festgestellt, dass Schüler nach einer Prüfung in einem heißen Klassenzimmer aggressiver und reizbarer waren (Anderson et al. 1996, Rule, et al. 1987). Autofahrer in Fahrzeugen ohne Klimaanlage hupen auch häufiger (Kenrick & MacFarlane 1986), was als Maß für Aggression verwendet wird und mit anderen Faktoren wie allgemeinen Aggressionssymbolen oder der Sichtbarkeit anderer Fahrer in Verbindung gebracht wird.

Frustration ist eine weitere wichtige Ursache für Aggression. Die Theorie der Frustrationsaggression besagt, dass die Aggression zunimmt, wenn eine Person das Gefühl hat, dass sie am Erreichen eines Ziels gehindert wird (Aronson et al. 2005). Eine Studie ergab, dass die Nähe zum Ziel einen Unterschied macht. Die Studie untersuchte Personen, die in einer Schlange warteten, und kam zu dem Schluss, dass die zweite Person aggressiver war als die zwölfte, wenn sich jemand in der Schlange anstellte (Harris 1974). Unerwartete Frustration kann ein weiterer Faktor sein. In einer separaten Studie, die zeigen sollte, wie unerwartete Frustration zu erhöhter Aggression führt, wählten Kulik & Brown (1979) eine Gruppe von Studenten als Freiwillige aus, um Spendenaufrufe für wohltätige Zwecke zu tätigen. Einer Gruppe wurde gesagt, dass die Leute, die sie anrufen würden, großzügig wären und die Sammlung sehr erfolgreich sein würde. Der anderen Gruppe wurden keine Erwartungen gemacht. Die Gruppe, die den Erfolg erwartete, war verärgerter, als die Gruppe, die keinen Erfolg erwartete (tatsächlich hatten alle einen schrecklichen Erfolg), als niemand etwas spendete. Diese Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass, wenn eine Erwartung nicht erfüllt wird (erfolgreiche Sammlungen), unerwartete Frustration auftritt, die die Aggression erhöht.

Es gibt Hinweise darauf, dass das Vorhandensein von gewalttätigen Gegenständen wie z. B. einer Waffe Aggressionen auslösen kann. In einer Studie von Leonard Berkowitz und Anthony Le Page (1967) wurden College-Studenten wütend gemacht und dann in der Gegenwart einer Pistole oder eines Badmintonschlägers gelassen. Dann wurde ihnen vorgegaukelt, dass sie einem anderen Studenten wie im Milgram-Experiment Elektroschocks verpassen würden. Diejenigen, die sich in der Nähe des Gewehrs befunden hatten, verabreichten mehr Schocks. Es ist möglich, dass ein gewaltbezogener Stimulus die Wahrscheinlichkeit aggressiver Kognitionen erhöht, indem er das semantische Netzwerk aktiviert.

Ein neuer Vorschlag stellt eine Verbindung zwischen militärischer Erfahrung und Wut und Aggression her, indem er aggressive Reaktionen entwickelt und diese Auswirkungen auf Personen untersucht, die die Merkmale eines Serienmörders aufweisen. Castle und Hensley stellen fest: "Das Militär bietet den sozialen Kontext, in dem Soldaten Aggression, Gewalt und Mord lernen". Posttraumatische Belastungsstörungen (PTSD) sind ebenfalls ein ernstes Thema beim Militär, und man geht davon aus, dass sie bei Soldaten, die unter dem, was sie im Kampf erlebt haben, leiden, manchmal zu Aggressionen führen. Wenn sie in die zivile Welt zurückkehren, können sie immer noch von Rückblenden und Albträumen heimgesucht werden, was schweren Stress verursacht. Darüber hinaus wurde behauptet, dass bei der seltenen Minderheit, die angeblich zu Serienmorden neigt, die Gewaltimpulse im Krieg verstärkt und verfeinert werden können, wodurch möglicherweise effektivere Mörder entstehen.

Als positive Anpassungstheorie

In jüngster Zeit haben einige Wissenschaftler die traditionellen psychologischen Konzeptualisierungen von Aggression als durchweg negativ in Frage gestellt. Die meisten traditionellen psychologischen Definitionen von Aggression konzentrieren sich auf den Schaden, der dem Empfänger der Aggression zugefügt wird, und unterstellen, dass dies die Absicht des Aggressors ist; dies ist jedoch nicht immer der Fall. Aus dieser alternativen Sichtweise heraus, obwohl der Empfänger geschädigt werden kann oder auch nicht, besteht die wahrgenommene Absicht darin, den Status des Aggressors zu erhöhen, und nicht unbedingt darin, den Empfänger zu schädigen. Diese Wissenschaftler sind der Meinung, dass die traditionellen Definitionen von Aggression keine Gültigkeit haben, da sie nur schwer direkt untersucht werden können.

Aus dieser Sicht existieren Konzepte wie Durchsetzungsvermögen, Aggression, Gewalt und kriminelle Gewalt nicht als unterschiedliche Konstrukte, sondern auf einem Kontinuum, wobei ein moderates Aggressionsniveau am anpassungsfähigsten ist. Diese Wissenschaftler halten diesen Unterschied nicht für trivial und weisen darauf hin, dass viele traditionelle Aggressionsmessungen Ergebnisse weiter unten auf dem Kontinuum messen, auf Ebenen, die adaptiv sind, und dass sie ihre Ergebnisse auf nicht-adaptive Aggressionsniveaus verallgemeinern, wodurch sie an Präzision verlieren.

Aggression im Tierreich

Im Tierreich ist aggressives Verhalten weit verbreitet. Es wird von Verhaltensbiologen dahingehend interpretiert, dass es dem direkten Wettbewerb um Ressourcen oder um Nahrung dient (Interspezifische Konkurrenz und Intraspezifische Konkurrenz), der Revierverteidigung, der Herstellung oder Änderung einer Rangordnung und auch der Konkurrenz um einen möglichen Sexualpartner. Das Greifen eines Beutetiers, das der Ernährung dient, ist bei Tieren ebenfalls mit einer Form von Aggression verbunden, wohingegen beim Menschen schon früh Techniken zum Erlegen von Beute eingesetzt wurden (siehe Jäger und Sammler). Aggressives Verhalten im eigentlichen Sinne wird seitens der Ethologie häufig auch als agonistisches Verhalten oder als Angriffs- und Drohverhalten bezeichnet und mit spezifischen Auslösern („Schlüsselreizen“) in Verbindung gebracht. Zur Regulierung aggressiver Impulse gibt es bei Tieren und Menschen die instinktiv veranlagte Aggressionshemmung.

Beim Hund unterscheiden Nora Brede, Ute Heberer und Normen Mrozinski entsprechend der zugrundeliegenden Motivation zwischen ressourcenbedingter, statusbedingter, sozial motivierter, sexuell motivierter, territorialer, umgelenkter/umadressierter, angstbedingter, erlernter und anderweitig motivierter Aggression sowie Mischformen mit gleichzeitigem Auftreten unterschiedlicher Aggressionsformen. Zur ressourcenbedingten Aggression zählen sie u. a. eine offensiv oder defensiv-aggressiv wirkende Verteidigung von Futter, Spielzeug oder Schlafplatz. Außerdem kann ein Überangebot an Ressourcen – etwa, wenn ein aus dem ausländischen Tierschutz vermittelter Hund eine unerwartete Ressourcenfülle erlebt – den Hund zu einer Fehlinterpretation seines Status verleiten. Teils werden auch Statuskonflikte über Ressourcen ausgetragen. Die statusbedingte Aggression (auch Dominanzaggression oder kontrollbedingte Aggression genannt) richtet sich gegen „Konkurrenten“ im eigenen Sozialverband und äußert sich beispielsweise darin, dass der Hund seinen Halter räumlich einschränkt. Sozial motivierte Aggression zeigen Hunde nur in Verbindung mit einem Sozialpartner, beispielsweise in Form von Leinenaggression, einer Zaunaggression gemeinsam mit einem anderen Hund, oder auch einer Verteidigung des Sozialpartners bzw. einer Abwehr anderer Interaktionspartner. Sexuell motivierte Aggression kann mit der Läufigkeit einer Hündin bzw. dem Imponiergehabe eines Rüden in Verbindung stehen. Zu Sonderformen des Aggressionsverhaltens zählen die schmerz- oder krankheitsbedingte Aggression.

Ursachen und Entstehungsmodelle

Aggressives menschliches Verhalten ist von verschiedenen Faktoren abhängig, welche sich gegenseitig beeinflussen:

  • zerebrale Faktoren: frontale Enthemmung,
  • genetische Faktoren: Menschen können genetisch unterschiedlich aggressiv veranlagt sein; bei den meisten Spezies (eine Ausnahme bilden zum Beispiel die Hyänen) sind die Männchen im Durchschnitt aggressiver als die Weibchen,
  • physiologische Faktoren: Hormone und Neurotransmitter sind bei der Steuerung aggressiven Verhaltens beteiligt, so gehen verminderte Serotonin- und erhöhte Testosteron-Spiegel mit aggressivem Verhalten einher
  • gesamtorganische Faktoren: Psychische Zustände, Empfindungen und Motive beeinflussen das Aggressionsverhalten, zum Beispiel erhöhen Schmerzen und andere unangenehme Zustände wie hohe Außentemperaturen die Aggressionsneigung,
  • gruppensoziologische Bedingung: Bei Ausbildung oder Zerfall einer Rangordnung sind alle beteiligten Individuen aggressiver als bei gefestigter Hierarchie. In einer anonymen Gruppe reagieren die Mitglieder anders als unter Vertrauten,
  • sozial-ökologische Faktoren: Hohe Gruppendichte oder Nahrungsknappheit beeinflussen aggressives Verhalten,
  • stammesgeschichtliche Faktoren: Aggressives Verhalten hat sich bei verschiedenen Arten evolutionsbedingt unterschiedlich ausgebildet,
  • kulturgeschichtliche Faktoren: Aggressives Verhalten ist durch Ritualisierungen kulturell überformt,
  • ontogenetische Faktoren: Persönliche Erfahrungen, Erlebnisse, Frustrationen, Ängste und Vorbilder beeinflussen aggressives Verhalten,
  • Alkoholkonsum schwächt den regulierenden normativen sozialen Einfluss,
  • Wettkämpfe erhöhen bei den Aktiven und den Zuschauern die Aggressionsbereitschaft.

Erklärungsansätze für aggressives Verhalten

Einfluss von Genen und Neurobiologie

Es gibt zahlreiche Hinweise dafür, dass Aggression nicht allein auf Lernerfahrungen zurückgehen kann. Ratten, die ohne Kontakt mit anderen Ratten aufwachsen, zeigen bei Bedrohung ihres Territoriums aggressives Verhalten. Die nächsten Verwandten des Menschen, Bonobos und Schimpansen, haben sehr unterschiedliche innerartliche Aggressionsniveaus.

Einige Hormone (z. B. Androgene und speziell das Testosteron) begünstigen eine erhöhte Neigung zu aggressivem Verhalten. Während des Eintretens der Geschlechtsreife kann besonders bei männlichen Individuen beobachtet werden, wie das verbale und physische Aggressionspotential ansteigt („Flegeljahre“). Dies wiederum wird auf die veränderte Aktivität der Gene zurückgeführt. Diese insbesondere von der eigenen Familie als destruktiv empfundenen Verhaltensweisen können auch gegen sich selbst gerichtet sein (Autoaggressivität).

Der Neurotransmitter Serotonin spielt offenbar eine Rolle bei der Hemmung aggressiven und riskanten Verhaltens.

Der zugrundeliegende neuropsychologische Mechanismus beinhaltet nach heutigem Wissensstand hauptsächlich Aktivierungen der Gebiete des Hypothalamus (VMH, AMH) und des PAG-Gebietes (Periaquäduktales Grau), welche moduliert werden durch Aktivierungen oder Innervierungen der Amygdala und präfrontaler Gebiete.

Sigmund Freud und der „Todestrieb“

Freud formulierte ab 1905 die Überzeugung, dass es sich bei der menschlichen Aggressivität um einen Trieb handele. Zunächst wurde dieser Trieb lediglich als Bestandteil der menschlichen Sexualität betrachtet, doch ab 1915 sah man sie auch als Komponente der Ich-Triebe. Unter den Eindrücken des Ersten Weltkrieges begann Freud Aggression schließlich zunehmend als eigenen Trieb und Hauptvertreter des Todes- oder Destruktionstriebes (Zerstörungstrieb) zu formulieren. So besteht das Ziel des so genannten Todestriebs (Thanatos) nach Freud darin, Einheiten zu zerstören, wohingegen der Eros, oder Liebestrieb, Einheiten schaffen möchte. Diese beiden Triebe laufen immer gleichzeitig, so dass wir beispielsweise essend eine Sache zerstören, um andererseits uns aufzubauen. So haben die Triebe die Aufgabe, sich gegenseitig zu bremsen, nicht aber zu beschneiden, um negative Folgen eines einseitigen Prozesses zu vermeiden. Der Todestrieb, die Aggression, stellt sozusagen ein psychisches Energiepotential dar, das eingesetzt werden kann, um zu verändern. Freud sieht eine Möglichkeit zur Entladung des Todestriebes über den Abwehrmechanismus der Sublimierung, wodurch die gesellschaftlich geächteten Triebe in akzeptierte, alternative Verhaltensweisen umgeleitet werden können. Nach seinem inzwischen widerlegten „Hydraulik-Modell“ können sich Aggressionen aufstauen und später entladen (Katharsis-Hypothese). Die Aggressionen können auch auf Ersatzobjekte verschoben werden, d. h. sich in einem akzeptierten Kontext entladen, bzw. in spezifisch geschaffenen therapeutischen Settings: Das Kind kann die Puppe mit dem Kochlöffel prügeln und so seine angestauten Aggressionen gegenüber der Mutter entladen.

Aus Sicht der Evolutionsbiologie sind die Freud’schen Annahmen zum Todestrieb insofern problematisch, als kein natürlicher Selektionsmechanismus denkbar ist, um im Verlauf der Stammesgeschichte einen Trieb hervorzubringen, der die Individuen dem Tode näherbringt, also ihre Vermehrungsfähigkeit reduziert. Dagegen wurde eingewandt, dass der Mensch vielfach kulturell erlernte Verhaltensweisen anstatt artgebundener, erbgenetisch erworbener zeige (Beispiel „extrauterines Frühjahr“), so dass die Hypothese vom Todestrieb trotz seines antibiologischen Potentials zumindest als Denkmöglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden dürfe.

Konrad Lorenz und der „Aggressions-Instinkt“

Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz veröffentlichte 1963 „Das sogenannte Böse“, ein populärwissenschaftliches Buch, das großen Anklang insbesondere in der nicht-wissenschaftlichen Öffentlichkeit fand. Lorenz beschrieb darin einen Aggressions-Instinkt, der bei Tieren wichtige biologische Funktionen für ihr Überleben und für ihre Vermehrung erfülle. Dieser Instinkt sei daher auch für die Fortentwicklung der Arten von Bedeutung. Die positiven Funktionen seien u. a. die Verteidigung des Lebensraumes, die Sicherung der Rangordnung, die Sicherung knapper Ressourcen und der Schutz der eigenen Nachkommen. Lorenz übertrug seine Deutungen des Verhaltens von Tieren auch auf den Menschen: Erst bei diesem werde der angeborene und aus Lorenz’ Sicht prinzipiell sinnvolle Aggressions-Instinkt zu einem Problem, da die Zivilisation der Neuzeit keine angemessene „Entladung“ aufgestauter Aggressionen zulasse. Hinzu komme, dass Täter bei aggressiven Handlungen häufig Waffen gegen ihre Opfer einsetzten, weshalb die von ihm bei Tieren beschriebene, angeborene Tötungshemmung (die sogenannte Beißhemmung) Exzesstaten nicht verhindere.

Lorenz plädiert wie Freud für ein „Umleiten“ des Aggressions-Instinkts hin zu einem gesellschaftlich akzeptierten Handeln: Sport, Wissenschaft und Kunst werden als Ersatzbeschäftigung zum „Ausleben“ der „aufgestauten“ Aggressionen nahegelegt. Im Wettstreit mit anderen Vertretern dieser Lebensbereiche könne man seine Aggressionen in gesellschaftlich akzeptierbarer Form reduzieren.

Während Konrad Lorenz Aggressionen als eine Folge stetig sprudelnder Triebenergien deutete, betonen andere Verhaltensbiologen beim Menschen eher die individuellen Motive für aggressives Verhalten: Furcht, Frustration, Gehorsam, kalte Berechnung, soziale Exploration („Mal sehen, wie weit ich gehen kann“), Spielverhalten u. a. Je nach vorherrschendem Motiv sei dann der zweckmäßige Umgang mit dem Aggressor ein jeweils anderer.

Appetitive Aggression

Thomas Elbert, James K. Moran und Maggie Schauer postulieren als „appetitive Aggression“ eine biologische Anlage, die zu aggressivem Verhalten motiviere und Gewaltausübung unter positiven Affekt zulasse. In einer Übertragung von Jagdlust auch auf Menschenjagd könne es bis hin zum Blutrausch kommen. Die Forscher stellen die appetitive Aggression in einen Gegensatz zur reaktiven Aggression, welche helfe, sich einer Bedrohung zu erwehren und begleitende negative emotionale Erregung und Ärger zu reduzieren. Bei der appetitiven Aggression hingegen entstehe eine verstärkende Rückkopplung. Eine Anlage zur Lust an Gewalt sei, so die Forscher, „keineswegs eine psychopathologische Besonderheit, sondern Teil der menschlichen Natur, Teil des menschlichen Verhaltensrepertoires. Moral, Kultur und das Gewaltmonopol des Staates sind die Wächter, um das Aggressionspotenzial zu regulieren und in wünschenswerte Bereiche zu lenken“.

Gemeinsamer Einfluss von Genen und Umwelt

Erich Fromm versucht in seiner Charaktertheorie eine Kombination der bisherigen Überlegungen. Als Anlage-Faktor geht er von menschlichen Grundbedürfnissen (Sicherheit, Stimulation, Erfolg, Freiheit) aus, die bei der Sozialisation eines Menschen mehr oder minder gut erfüllt werden, wodurch sein individueller Charakter geprägt wird. Dieser individuelle Charakter muss sich mit der ihn umgebenden Gesellschaft (dem sozialen Charakter) auseinandersetzen. Ist der individuelle Charakter genügend stark ausgeprägt, kann er Frustrationen besser verkraften oder in positive Aktionen umsetzen. Aggressive Vorbilder werden nicht als solche akzeptiert und Erfolge anders erreicht.

Ist der individuelle Charakter aber schwach – die Grundbedürfnisse wurden durch Erziehungsfehler nicht oder nur schlecht befriedigt – reagiert der Mensch in einem aggressiven Umfeld ebenfalls aggressiv. So hat auch Kurt Lewin nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen autoritärem Führungsstil und gesteigerter Aggression bei Wegfall der Kontrolle gibt. Das Milgram-Experiment kann als Beleg für diese Theorie bewertet werden: Der Mensch (mit schwachem individuellem Charakter) orientiert sich an den Anordnungen durch eine Autorität. Die vermeintlich verlagerte Verantwortung erlaubt anscheinend selbst extrem aggressive Handlungen.

Der österreichisch-amerikanische Psychiater, Psychoanalytiker und Aggressionsforscher Friedrich Hacker machte sich die Thesen von Konrad Lorenz zur angeborenen, triebhaften Natur der Aggression zu eigen, versuchte aber – mit einer Art Quadratur des Kreises – diese Deutungen von Verhaltensweisen („biologische Programmierung“) zu verbinden mit behavioristischen Thesen („sozial erlerntes Verhalten“).

Ferner geht z. B. die „Berliner Schule“ um den Psychoanalytiker Günter Ammon davon aus, dass die Aggression eine sog. „Ich-Funktion“ oder – ein anderer Terminus – ein „Ich-Potential“ ist. Eine mangelhafte Ausbildung der Aggression könne demnach dazu führen, dass Dinge nicht – oder eben nur unzureichend – aggressiv angegangen werden.

Motive

Tedeschi und Felson nennen in ihrer sozial-interaktionistischen Theorie aggressiven Verhaltens drei Motive, die zentral für die Entscheidung zu aggressivem Verhalten sind:

  • Streben nach sozialer Macht

Ob aggressive Verhaltensweisen oder positive Verhaltensweisen eingesetzt werden, um soziale Kontrolle zu erhalten, hängt z. B. davon ab, wie wichtig der angestrebte Einflussbereich ist, welche früheren Erfahrungen man mit aggressiven und nicht-aggressiven Verhaltensweisen gemacht hat und welche Alternativen zur Verfügung stehen. Alternativen zur Ausübung sozialer Macht durch körperlicher Überlegenheit sind z. B. Intelligenz, Argumente und Redegewandtheit.

  • Gerechtigkeit

Aggressive Verhaltensweisen werden zur Herstellung von Gerechtigkeit vor allem dann eingesetzt, wenn eine Person annimmt, dass eine schwere Provokation und Ungerechtigkeit stattgefunden hat, eine eindeutige Schuld zuweisbar ist und es keine wirksame externe Bestrafungsinstanz gibt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Verhältnis zwischen den am Konflikt beteiligten Personen.

  • Positive Selbstdarstellung

Aggressive Verhaltensweisen werden auch zur Herstellung oder Wahrung einer positiven Identität angewendet. Insbesondere sozialer Druck, der z. B. in bestimmten jugendlichen Subkulturen herrscht, in denen aggressives Handeln als Indikator für Männlichkeit gilt, hat Einfluss auf die Entscheidung zu aggressivem Handeln.

Aggression und Informationsverarbeitung

Dodge beschreibt in einem Modell sechs Stufen der Bewertung sozialer Hinweisreize, die die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens erhöhen:

  1. die Wahrnehmung einer potenziellen Provokation,
  2. die Interpretation der Beobachtung,
  3. die Definition der eigenen Ziele,
  4. die Prüfung der eigenen Reaktionsmöglichkeiten,
  5. die Auswahl einer Verhaltensweise,
  6. die Durchführung des ausgewählten Verhaltens.

Der Prozess könnte z. B. so aussehen: „Er hat mir mein Eigentum widerrechtlich weggenommen und mein Ziel ist es, es zurückzugewinnen. Die einzige Möglichkeit besteht darin, dass ich es mir gewaltsam wiederhole, da ich vor Gericht keine Beweise hätte und der Dieb es mir nicht freiwillig zurückgeben wird. Deshalb werde ich ihn jetzt niederschlagen und mir mein Eigentum wiederholen.“

Empirisch konnte gezeigt werden, dass Kinder, die von Mitschülern und Lehrern als überdurchschnittlich aggressiv bewertet werden, besonders dazu neigen, eine erlebte Frustration als das Ergebnis einer feindseligen Intention zu interpretieren. Dieser so genannte hostile attribution bias führt also zu einer Verzerrung in den ersten beiden Prozessen, wie sie Dodge beschreibt, also einer Verzerrung der Enkodierung und Interpretation der sozialen Situation.

Aggression im Geschäftsleben

Im Geschäftsleben wird etwa seit den 1980er-Jahren der Bezeichnung Aggression eine positive Bedeutung zugeordnet, die sie auch im amerikanischen Sprachgebrauch hat. Besonders im Verkauf und der Werbung wird ein „aggressives Vorgehen“ erwartet. Auch innerhalb von Unternehmen wird ein „aggressives Vorgehen“ häufig für das Erreichen von Zielen unter der Bedingung knapper Ressourcen für notwendig gehalten. Aus Arbeitgebersicht braucht ein Manager „Kampfwillen“ und „Killerinstinkt“.

Gewaltprävention durch Aggressionskontrolle

Aus dem Wissen über die Entstehung von zwischenmenschlicher Aggression wurden einige Ansätze zu deren Vermeidung entwickelt. Zu den erfolgreichen Strategien gehören: Förderung der Empathie­fähigkeit, Förderung sozialer Fähigkeiten, gute Vorbilder, Mediation und gewaltfreie Kommunikation. Zum Umgang mit Aggression im Rahmen der gesundheitlichen Behandlung von Patienten existiert eine Leitlinie.

Aus Sicht der Ökologie

Von Ökologen wird Aggression hingegen als Bestandteil von „Interferenzen“ gedeutet. Als solche Interferenzen gelten Schwankungen der Populationsdichte, die durch sozialen Stress bei zu hohen Populationsdichten (siehe Populationsdynamik) entstehen. Eine hohe Populationsdichte erzeugt einen höheren Druck durch Intraspezifische Konkurrenz. Die Aggression gegen Artgenossen dient häufig der Vertreibung eines Individuums oder von Gruppen in ein anderes Revier, um so die Populationsdichte in einem Habitat auf niedrigem Niveau und damit das Nahrungsangebot für das Individuum hoch halten zu können. Das Verhältnis von Aggression zu sozialem Verhalten ist häufig vom Nahrungsangebot abhängig (z. B. bei Spinnentieren). Bei genügendem Nahrungsangebot oder zum Schutz vor Fressfeinden erhöht sich die soziale Toleranz. Viele Tiere zeigen aggressives Verhalten gegen Artgenossen auch als Mittel zum Schutz der Nachkommen.

Diese Form der innerartlichen Aggression ist zu unterscheiden von der zwischenartlichen Aggression, die zum Beispiel jedem Beutegreifer bei der Nahrungsbeschaffung zu eigen ist.

Aus Sicht der Rechtswissenschaft

Aggressionen werden strafrechtlich erst relevant, wenn sie selbst ein geschütztes Rechtsgut verletzen. In der Regel ist dies vor allem bei Körperverletzungen oder unter Umständen auch dem Tatbestand der Sachbeschädigung der Fall. Aggressionen sind straflos, wenn sie durch Rechtfertigungsgründe wie Notwehr oder Notstand o. Ä. gerechtfertigt werden.

Völkerrechtlich haben aggressive Handlungen auch Einzug in die Charta der Vereinten Nationen erhalten: Aggressionen sind Eingriffe in die Souveränität eines Staates, die nicht gerechtfertigt sind. Dies können der Angriffskrieg sein, aber auch Grenzverletzungen und Drohungen mit Gewalt. Wird völkerrechtliches Unrecht begangen, so kann sich das angegriffene Völkerrechtssubjekt dagegen wehren (jedoch sind Präventivkriege nicht zulässig). Maßnahmen sind Retorsionen (gegen unfreundliche Handlungen) oder Repressalien (gegen völkerrechtswidrige Handlungen). Beide sind völkerrechtlich bei Aggressionen zulässig.