Flüchtling

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Flüchtlinge im Jahr 2017
Gesamtbevölkerung
c. 25,4 Millionen
(19,9 Millionen unter dem Mandat des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) und 5,4 Millionen unter dem Mandat des UNRWA
Regionen mit großer Bevölkerungszahl
Afrika südlich der Sahara6,236 Millionen
Europa und Nordasien6,088 Millionen
Asien und Pazifik4,153 Millionen
Naher Osten und Nordafrika2,653 Millionen
Amerika484,261

Ein Flüchtling ist im Allgemeinen eine vertriebene Person, die nationale Grenzen überschritten hat und aus begründeter Furcht vor Verfolgung nicht in ihre Heimat zurückkehren kann oder will. Eine solche Person kann als Asylbewerber bezeichnet werden, bis ihr vom Vertragsstaat oder vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, wenn sie formell einen Asylantrag stellt. Die federführende internationale Organisation, die den Flüchtlingsschutz koordiniert, ist das Büro des UNHCR der Vereinten Nationen. Die Vereinten Nationen haben ein zweites Büro für Flüchtlinge, das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), das ausschließlich für die Unterstützung der großen Mehrheit der palästinensischen Flüchtlinge zuständig ist.

Konrad Schumann, ein ostdeutscher Grenzsoldat, flieht 1962 aus Ostdeutschland nach Westdeutschland
Flüchtlinge bei Stalingrad (1942)
Kriegsflüchtlinge aus Nordkorea (1952)

Der Begriff Flüchtling wird international rechtlich durch die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 definiert. Regionale Übereinkommen verwenden teilweise abweichende Definitionen. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet er eine Person, die ihre Heimat oder ihren vorherigen Aufenthaltsort wegen politischer Zwangsmaßnahmen, Kriegen oder lebensbedrohlicher Notlagen vorübergehend oder dauerhaft verlassen hat. Häufig tritt der Sammelbegriff Flüchtlinge auf.

Die Genfer Flüchtlingskonvention, die Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts ist, benutzt einen enger gefassten Flüchtlingsbegriff: Danach gilt als Flüchtling eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt“. Personen, die unter diese Definition fallen, werden auch als „Konventionsflüchtlinge“ bezeichnet.

Etymologie und Sprachgebrauch

Ähnliche Begriffe haben in anderen Sprachen ein Ereignis beschrieben, das die Abwanderung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe von einem Herkunftsort markiert, wie z. B. der biblische Bericht über die Israeliten, die vor der Eroberung durch die Assyrer flohen (ca. 740 v. Chr.), oder das Asyl, das der Prophet Mohammed und seine auswandernden Gefährten mit Helfern in Yathrib (später Medina) fanden, nachdem sie vor der Verfolgung in Mekka geflohen waren. Im Englischen leitet sich der Begriff "refugee" vom Wortstamm "refuge" ab, der aus dem Altfranzösischen "refuge" stammt und "Unterschlupf" bedeutet. Es bedeutet "Zuflucht oder Schutz vor Gefahr oder Not", von lateinisch fugere, "fliehen", und refugium, "Zuflucht nehmen, ein Ort, an den man sich zurückzieht". In der westlichen Geschichte wurde der Begriff erstmals auf französische protestantische Hugenotten angewandt, die nach dem ersten Edikt von Fontainebleau im Jahr 1540 einen sicheren Ort vor der katholischen Verfolgung suchten. Das Wort tauchte in der englischen Sprache auf, als französische Hugenotten nach dem Edikt von Fontainebleau (der Aufhebung des Edikts von Nantes von 1598) 1685 in Frankreich und der Ablasserklärung von 1687 in England und Schottland in großer Zahl nach Großbritannien flohen. Das Wort bedeutete "jemand, der Asyl sucht", bis es sich um 1916 zu "jemand, der nach Hause flieht" weiterentwickelte, in diesem Fall für Zivilisten in Flandern, die nach Westen gingen, um den Kämpfen im Ersten Weltkrieg zu entkommen.

Rechtsstatus

Parteien des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge: Parteien des Abkommens von 1951 Parteien des Protokolls von 1967 Parteien beider Verträge Parteien keines der beiden Verträge

Der Rechtsstatus eines Flüchtlings richtet sich nach internationalen und nationalen Bestimmungen:

  • nach der Genfer Flüchtlingskonvention, soweit der schutzgewährende Staat ihr beigetreten ist,
  • innerhalb der Europäischen Union zusätzlich nach europäischen Rechtsvorschriften, insbesondere der Qualifikationsrichtlinie,
  • nach nationalen Rechtsvorschriften (denen gemäß er in einigen Ländern Asyl und gegebenenfalls nachrangigen Schutz beantragen kann).

Das internationale Flüchtlingsrecht legt fest, welche Gründe vorliegen müssen, damit eine Person als Flüchtling internationalen Schutz erhalten kann. Wer Flüchtling ist, wird im internationalen Flüchtlingsrecht hauptsächlich durch die Genfer Flüchtlingskonvention (1951) definiert, aber auch durch kleinere Abkommen, wie das von Addis Abeba (1969) oder das von Cartagena (1984).

Nach der Genfer Flüchtlingskonvention wird als Konventionsflüchtling anerkannt, wer

„[…] aus der begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder der sich als staatenlos infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.“

Artikel 1 Genfer Flüchtlingskonvention

Die 1969 in Addis Abeba verabschiedete Flüchtlingskonvention der Organisation für Afrikanische Einheit erkennt auch Personen als Flüchtlinge an, die „wegen Aggression von außen, Besetzung, Fremdherrschaft oder aufgrund von Ereignissen, die die öffentliche Ordnung in einem Teil des Landes oder im gesamten Land ernsthaft stören, gezwungen ist, den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts zu verlassen, um an einem anderen Ort außerhalb ihres Landes ihrer Herkunft oder ihrer Staatszugehörigkeit Zuflucht zu suchen.“ Dieser erweiterte Flüchtlingsbegriff, der auch Personen einschließt, die von Kriegsereignissen und Katastrophen entwurzelt wurden, wurde auch in mehreren UNO-Resolutionen begründet. Wer als Flüchtling anerkannt wird, liegt allerdings fast ausschließlich im Ermessen des Aufenthaltslandes, das den Antrag bearbeitet.

Flüchtende christliche Assyrer welche 1919 aus Nordpersien vertrieben wurden.

Diese beiden Definitionen treffen nur auf internationale Flüchtlinge zu, die sich außerhalb ihres Heimatstaates befinden und in einem anderen Staat politisches Asyl suchen. Von ihnen sind daher nationale Flüchtlinge wie die deutschen „Heimatvertriebenen“ oder „Zonenflüchtlinge“ aus der SBZ zu unterscheiden. Binnenflüchtlinge, die sich in einer „flüchtlingsähnlichen Situation“ befinden, werden von der Genfer Flüchtlingskonvention ausgeklammert, weil sie keine Staatsgrenze überschritten haben. Für diese gibt es die Verträge von Kampala aus dem Jahr 2009. Auch Umwelt- bzw. Klimaflüchtlinge, die wegen Umweltzerstörungen zum Verlassen ihrer Heimatgebiete veranlasst wurden, fallen nicht unter die Konvention von 1951. Ebenso wenig werden Kriegsflüchtlinge berücksichtigt. Ebenso fallen aus ökonomischen Motiven Ausgewanderte nicht unter diese Definition, selbst wenn sie aus Gebieten stammen, in denen Massenelend herrscht.

Die UNO beschloss 1947 den Teilungsplan für Palästina, welcher eine weitere Teilung des Gebiets des Völkerbundsmandats für Palästina von 1922 zur Folge hatte. Israel wurde infolgedessen am 14. Mai 1948 als repräsentative Demokratie mit einem parlamentarischen Regierungssystem proklamiert. Darauf folgte der Palästinakrieg von 1948, in dessen Gefolge etwa 800.000 Palästinaflüchtlinge in die Nachbarstaaten flohen. Wenige durften nach dem Waffenstillstand zurückkehren. Diese Palästinaflüchtlinge und ihre Nachkommen fallen nicht unter die oben genannten Definitionen und Verträge. Sie stehen unter dem Mandat des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), einer der Institutionen der UNO, die sich ausschließlich um „Palästina-Flüchtlinge“ kümmern (siehe Palästinensisches Flüchtlingsproblem). Hier tritt die Besonderheit auf, dass nicht nur Menschen, die unmittelbar von Flucht oder Vertreibung betroffen waren, ein Recht auf Registrierung und die Dienste haben, sondern er auch die Nachkommen männlicher Flüchtlinge. Dadurch ist die Zahl der Berechtigten mittlerweile auf rund sieben Millionen gestiegen.

Flüchtlingslager in Darfur im Tschad, 2005

Die regionale, nicht bindende lateinamerikanische Erklärung von Cartagena über Flüchtlinge aus dem Jahr 1984 schließt ein:

Personen, die aus ihrem Land geflohen sind, weil ihr Leben, ihre Sicherheit oder ihre Freiheit durch allgemeine Gewalt, ausländische Aggression, interne Konflikte, massive Menschenrechtsverletzungen oder andere Umstände, die die öffentliche Ordnung ernsthaft gestört haben, bedroht sind.

Die Definition des Begriffs "Flüchtling" in den Mindestnormen der Europäischen Union, unterstrichen durch Art. 2 (c) der Richtlinie 2004/83/EG unterstrichen wird, entspricht im Wesentlichen der engen Definition des Flüchtlingsbegriffs der UN-Konvention von 1951. Gemäß Artikel 2 (e) und 15 derselben Richtlinie haben jedoch Personen, die vor kriegsbedingter allgemeiner Gewalt geflohen sind, unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine ergänzende Form des Schutzes, den sogenannten subsidiären Schutz. Die gleiche Form des Schutzes ist für Vertriebene vorgesehen, die zwar keine Flüchtlinge sind, denen aber bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland die Todesstrafe, Folter oder andere unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen drohen.

Westdeutsche Briefmarke (1960) zum Weltflüchtlingsjahr

In der Zeit des Kalten Krieges wurden Flüchtlinge aus dem Ostblock in Deutschland kollektiv als politische Flüchtlinge anerkannt.

Die deutsche Rechtsordnung unterscheidet zwischen der Anerkennung der Asylberechtigung (Art. 16a Grundgesetz), der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (als Konventionsflüchtling gemäß der Genfer Konvention) nach § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes, und der Gewährung subsidiären Schutzes (gemäß der Qualifikationsrichtlinie). Das Asylrecht nach Art. 16a des Grundgesetzes hat heute wegen zahlreicher Einschränkungen nur noch geringe Bedeutung, daher beruhen die meisten Asylverfahren in Deutschland auf der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Folgen, etwa für Schutzrechte und staatliche Unterstützung, sind für beide Gruppen aber dieselben. Bei subsidiär Schutzberechtigten ist hingegen z. B. die Befristung der Aufenthaltsdauer deutlich kürzer.

Daneben gibt es in Deutschland Kontingentflüchtlinge, die aufgrund einer politischen Entscheidung der Bundesregierung aufgenommen werden können. Sie durchlaufen kein Asyl- und auch kein sonstiges Anerkennungsverfahren, sondern erhalten mit ihrer Ankunft sofort eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 23 und § 24 AufenthG). Sie besitzen allerdings nicht (mehr) den Status eines anerkannten Flüchtlings gemäß Genfer Flüchtlingskonvention, so dass ihre Rechtsstellung stärker eingeschränkt werden kann. So sind zum Beispiel Wohnsitzauflagen gegenüber Kontingentflüchtlingen unter Umständen zulässig.

Verwandte Begriffe

Die Neuansiedlung von Flüchtlingen wird definiert als "ein organisierter Prozess der Auswahl, des Transfers und der Ankunft von Personen in einem anderen Land". Diese Definition ist restriktiv, da sie die zunehmende Verbreitung von ungesteuerten Migrationsprozessen nicht berücksichtigt".

Der Begriff Flüchtlingsverlagerung bezieht sich auf "einen nicht organisierten Prozess des Transfers von Personen in ein anderes Land".

Die Ansiedlung von Flüchtlingen bezieht sich auf "den Prozess der grundlegenden Anpassung an das Leben - oft in den frühen Phasen des Übergangs in das neue Land - einschließlich der Sicherung des Zugangs zu Wohnraum, Bildung, Gesundheitsfürsorge, Dokumenten und gesetzlichen Rechten [und] Beschäftigung ist manchmal Teil dieses Prozesses, aber der Schwerpunkt liegt im Allgemeinen auf kurzfristigen Überlebensbedürfnissen und nicht auf einer langfristigen Karriereplanung."

Die Integration von Flüchtlingen ist "ein dynamischer, langfristiger Prozess, in dem ein Neuankömmling ein vollwertiger und gleichberechtigter Teilnehmer der Aufnahmegesellschaft wird... Im Vergleich zum allgemeinen Konstrukt der Ansiedlung konzentriert sich die Flüchtlingsintegration stärker auf soziale, kulturelle und strukturelle Dimensionen. Dieser Prozess umfasst den Erwerb von Rechtsansprüchen, die Beherrschung der Sprache und der Kultur, das Erreichen von Sicherheit und Stabilität, die Entwicklung sozialer Beziehungen und die Schaffung von Integrationsmöglichkeiten und -merkmalen wie Beschäftigung, Wohnraum und Gesundheit."

Unter der beruflichen Integration von Flüchtlingen versteht man "einen Prozess, in dem Flüchtlinge eine wirtschaftliche Tätigkeit (Anstellung oder Selbstständigkeit) ausüben, die ihren beruflichen Zielen und ihren bisherigen Qualifikationen und Erfahrungen entspricht und eine angemessene wirtschaftliche Sicherheit und Aufstiegschancen bietet."

Geschichte

Flüchtlinge aus der Herzegowina, Gemälde von Uroš Predić aus dem Jahr 1889, entstanden nach dem Aufstand in der Herzegowina (1875-77)

Die Vorstellung, dass eine Person, die an einem heiligen Ort Zuflucht sucht, nicht verletzt werden kann, ohne göttliche Vergeltung zu riskieren, war den alten Griechen und Ägyptern vertraut. Das Recht, in einer Kirche oder an einem anderen heiligen Ort Zuflucht zu suchen, wurde jedoch erstmals um 600 n. Chr. von König Æthelberht von Kent gesetzlich festgeschrieben. Ähnliche Gesetze wurden im Mittelalter in ganz Europa eingeführt. Das damit verbundene Konzept des politischen Exils hat ebenfalls eine lange Geschichte: Ovid wurde nach Tomis geschickt; Voltaire wurde nach England verbannt. Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 erkannten die Nationen die Souveränität der jeweils anderen an. Doch erst mit dem Aufkommen des romantischen Nationalismus im Europa des späten 18. Jahrhunderts setzte sich der Nationalismus so weit durch, dass der Begriff "Land der Staatsangehörigkeit" praktisch bedeutsam wurde und man sich beim Grenzübertritt ausweisen musste.

Türkische Flüchtlinge aus Edirne, 1913
Eine Million Armenier wurden 1915 gezwungen, ihre Heimat in Anatolien zu verlassen, und viele starben oder wurden auf dem Weg nach Syrien ermordet.

Der Begriff "Flüchtling" wird manchmal auf Menschen angewandt, die die Definition der Konvention von 1951 erfüllen könnten, wenn diese rückwirkend angewandt würde. Es gibt viele Kandidaten. Nachdem beispielsweise das Edikt von Fontainebleau 1685 den Protestantismus in Frankreich verboten hatte, flohen Hunderttausende von Hugenotten nach England, in die Niederlande, die Schweiz, nach Südafrika, Deutschland und Preußen. Die wiederholten Pogromwellen, die Osteuropa im 19. und frühen 20. Jahrhundert heimsuchten, führten zu einer massiven jüdischen Emigration (mehr als 2 Millionen russische Juden wanderten zwischen 1881 und 1920 aus). Seit dem 19. Jahrhundert wanderten auch Muslime aus Europa in die Türkei aus. Die Balkankriege von 1912-1913 veranlassten 800.000 Menschen, ihre Heimat zu verlassen. Ab dem Ersten Weltkrieg wurden verschiedene Personengruppen offiziell als Flüchtlinge bezeichnet. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs gab es jedoch keine völkerrechtlichen Vorschriften, die sich speziell mit der Situation von Flüchtlingen befassten.

Anlässlich des Weltflüchtlingstags 2021 haben Historiker daran erinnert, dass der „Konflikt zwischen denen, die vermeintlich sesshaft sind, und denen, die erzwungenermaßen ihre Heimat verlassen müssen“ ein Grundkonflikt in der Menschheit ist und dass Migrationsbewegungen und Völkerwanderungen ein wesentlicher Teil der Menschheitsgeschichte sind.

Völkerbund

Kinder bereiten sich während des Spanischen Bürgerkriegs zwischen 1936 und 1939 auf die Evakuierung aus Spanien vor.

Die erste internationale Koordinierung von Flüchtlingsangelegenheiten erfolgte 1921 mit der Gründung der Hohen Kommission für Flüchtlinge durch den Völkerbund und der Ernennung von Fridtjof Nansen zu ihrem Leiter. Nansen und die Kommission hatten die Aufgabe, den rund 1 500 000 Menschen zu helfen, die vor der Russischen Revolution von 1917 und dem anschließenden Bürgerkrieg (1917-1921) geflohen waren, die meisten von ihnen Aristokraten auf der Flucht vor der kommunistischen Regierung. Man schätzt, dass etwa 800 000 russische Flüchtlinge staatenlos wurden, als Lenin 1921 allen russischen Exilanten die Staatsbürgerschaft entzog.

Im Jahr 1923 wurde das Mandat der Kommission auf die mehr als eine Million Armenier ausgeweitet, die zwischen 1915 und 1923 das türkische Kleinasien aufgrund einer Reihe von Ereignissen verlassen hatten, die heute als Völkermord an den Armeniern bekannt sind. In den folgenden Jahren wurde das Mandat auf Assyrer und türkische Flüchtlinge ausgedehnt. In all diesen Fällen wurde ein Flüchtling als eine Person definiert, die einer Gruppe angehörte, für die der Völkerbund ein Mandat genehmigt hatte, und nicht als eine Person, für die eine allgemeine Definition galt.

Der Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei im Jahr 1923 betraf etwa zwei Millionen Menschen (etwa 1,5 Millionen anatolische Griechen und 500 000 Muslime in Griechenland), von denen die meisten durch einen von der internationalen Gemeinschaft geförderten und überwachten Vertrag im Rahmen des Vertrags von Lausanne (1923) zwangsweise aus ihren jahrhunderte- oder jahrtausendealten Heimatländern repatriiert und ausgebürgert wurden (und die Staatsangehörigkeit des Ziellandes erhielten).

Der US-Kongress verabschiedete 1921 den Emergency Quota Act, gefolgt vom Immigration Act of 1924. Das Einwanderungsgesetz von 1924 zielte darauf ab, die Zuwanderung von Süd- und Osteuropäern, insbesondere von Juden, Italienern und Slawen, die seit den 1890er Jahren in großer Zahl ins Land gekommen waren, weiter einzuschränken. Die meisten europäischen Flüchtlinge (vor allem Juden und Slawen), die vor den Nazis und der Sowjetunion flohen, durften bis nach dem Zweiten Weltkrieg nicht in die Vereinigten Staaten einreisen.

1930 wurde das Nansen International Office for Refugees (Nansen Office) als Nachfolgeorganisation der Kommission gegründet. Seine bedeutendste Errungenschaft war der Nansen-Pass, ein Reisedokument für Flüchtlinge, für das es 1938 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Das Nansen-Büro wurde von Finanzierungsproblemen, einem Anstieg der Flüchtlingszahlen und mangelnder Kooperation einiger Mitgliedstaaten geplagt, was insgesamt zu einem gemischten Erfolg führte.

Dennoch gelang es dem Nansen-Büro, vierzehn Staaten zur Ratifizierung der Flüchtlingskonvention von 1933 zu bewegen, einem frühen und relativ bescheidenen Versuch einer Menschenrechtscharta, und insgesamt etwa einer Million Flüchtlingen weltweit zu helfen.

1933 (Aufstieg des Nationalsozialismus) bis 1944

Tschechische Flüchtlinge aus dem Sudetenland, Oktober 1938

Der Aufstieg des Nationalsozialismus führte zu einem so starken Anstieg der Zahl der Flüchtlinge aus Deutschland, dass der Völkerbund 1933 eine Hochkommission für Flüchtlinge aus Deutschland einrichtete. Neben anderen Maßnahmen der Nazis, die Angst und Flucht auslösten, wurde den Juden durch das Reichsbürgergesetz von 1935 die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Am 4. Juli 1936 wurde unter der Schirmherrschaft des Völkerbundes ein Abkommen unterzeichnet, das einen aus Deutschland stammenden Flüchtling als "jede Person, die sich in diesem Land niedergelassen hat, die keine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und bei der festgestellt wird, dass sie rechtlich oder tatsächlich nicht den Schutz der Reichsregierung genießt" (Artikel 1), definierte.

Das Mandat des Hochkommissariats wurde später auf Personen aus Österreich und dem Sudetenland erweitert, das Deutschland nach dem 1. Oktober 1938 gemäß dem Münchner Abkommen annektiert hatte. Nach Angaben des Instituts für Flüchtlingshilfe belief sich die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei am 1. März 1939 auf fast 150.000. Zwischen 1933 und 1939 konnten etwa 200.000 Juden, die vor dem Nationalsozialismus flohen, in Frankreich Zuflucht finden, während mindestens 55.000 Juden in Palästina Zuflucht fanden, bevor die britischen Behörden dieses Ziel 1939 schlossen.

Polnische Flüchtlingskinder und Kriegswaisen in Balachadi, Britisch-Indien, 1941
Russische Flüchtlinge in der Nähe von Stalingrad, 1942

Am 31. Dezember 1938 wurden sowohl das Nansen-Büro als auch das Hochkommissariat aufgelöst und durch das Amt des Hochkommissars für Flüchtlinge unter dem Schutz des Völkerbundes ersetzt. Dies fiel mit der Flucht mehrerer Hunderttausend spanischer Republikaner nach Frankreich zusammen, nachdem sie 1939 im Spanischen Bürgerkrieg von den Nationalisten besiegt worden waren.

Polnische Flüchtlinge in Teheran, Iran, in einem Evakuierungslager des Amerikanischen Roten Kreuzes, 1943

Der Konflikt und die politische Instabilität während des Zweiten Weltkriegs führten zu einer großen Zahl von Flüchtlingen (siehe Evakuierung und Vertreibung im Zweiten Weltkrieg). Im Jahr 1943 gründeten die Alliierten die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA), um den von den Achsenmächten befreiten Gebieten, einschließlich Teilen Europas und Chinas, Hilfe zu leisten. Am Ende des Krieges gab es in Europa mehr als 40 Millionen Flüchtlinge. Die UNRRA war an der Rückführung von mehr als sieben Millionen Flüchtlingen, die damals gemeinhin als Displaced Persons (DPs) bezeichnet wurden, in ihre Herkunftsländer beteiligt und richtete für eine Million Flüchtlinge, die sich weigerten, repatriiert zu werden, Lager für Displaced Persons ein. Selbst zwei Jahre nach Kriegsende lebten noch etwa 850.000 Menschen in DP-Lagern in Westeuropa. Nach der Gründung Israels im Jahr 1948 nahm Israel bis 1950 mehr als 650 000 Flüchtlinge auf. Im Jahr 1953 befanden sich noch über 250 000 Flüchtlinge in Europa, die meisten von ihnen alt, gebrechlich, verkrüppelt oder anderweitig behindert.

Bevölkerungstransfers nach dem Zweiten Weltkrieg

Nachdem die sowjetischen Streitkräfte 1944 Ostpolen von den Deutschen erobert hatten, erklärten die Sowjets einseitig eine neue Grenze zwischen der Sowjetunion und Polen ungefähr an der Curzon-Linie, trotz der Proteste der polnischen Exilregierung in London und der westlichen Alliierten auf der Konferenz von Teheran und der Konferenz von Jalta im Februar 1945. Nach der deutschen Kapitulation am 7. Mai 1945 besetzten die Alliierten das restliche Deutschland, und die Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 bestätigte die unglückliche Aufteilung des von den Alliierten besetzten Deutschlands gemäß der Konferenz von Jalta, die den Fortbestand des Deutschen Reiches als Ganzes, einschließlich seiner Ostgebiete ab dem 31. Dezember 1937, vorsah. Die Ostgrenze Polens blieb davon unberührt, und Stalin lehnte es ab, aus diesen ostpolnischen Gebieten abgezogen zu werden.

In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs flohen etwa fünf Millionen deutsche Zivilisten aus den deutschen Provinzen Ostpreußen, Pommern und Schlesien vor dem Vormarsch der Roten Armee aus dem Osten und wurden zu Flüchtlingen in Mecklenburg, Brandenburg und Sachsen. Seit dem Frühjahr 1945 hatten die Polen die verbliebene deutsche Bevölkerung in diesen Provinzen gewaltsam vertrieben. Als die Alliierten am 17. Juli 1945 in Potsdam zur Potsdamer Konferenz zusammenkamen, standen die Besatzungsmächte vor einer chaotischen Flüchtlingssituation. Das am 2. August 1945 unterzeichnete Potsdamer Abkommen legte die polnische Westgrenze auf dem Stand von 1937 fest (Artikel VIII) und unterstellte ein Viertel des deutschen Territoriums der vorläufigen polnischen Verwaltung. Artikel XII ordnete an, dass die verbleibende deutsche Bevölkerung in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn auf "geordnete und humane" Weise nach Westen umgesiedelt werden sollte. Vereinbarungen der Berliner (Potsdamer) Konferenz (siehe Flucht und Vertreibung der Deutschen (1944-50)).

Ein niederländischer Lehrer führt eine Gruppe von Flüchtlingskindern an, die gerade von einem Schiff im Hafen von Tilbury in Essex, England, Vereinigtes Königreich, im Jahr 1945 ausgeschifft wurden.
Deutsche Flüchtlinge aus Ostpreußen, 1945

Obwohl von den Alliierten in Potsdam nicht genehmigt, wurden Hunderttausende von in Jugoslawien und Rumänien lebenden Deutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion, in das von den Alliierten besetzte Deutschland und anschließend in die Deutsche Demokratische Republik (Ostdeutschland), Österreich und die Bundesrepublik Deutschland (Westdeutschland) deportiert. Es handelte sich um den größten Bevölkerungstransfer der Geschichte. Insgesamt waren 15 Millionen Deutsche betroffen, und mehr als zwei Millionen kamen bei den Vertreibungen der deutschen Bevölkerung ums Leben. (Siehe Flucht und Vertreibung der Deutschen (1944-1950)). Zwischen Kriegsende und dem Bau der Berliner Mauer 1961 kamen mehr als 563.700 Flüchtlinge aus Ostdeutschland nach Westdeutschland, um dort Asyl vor der sowjetischen Besatzung zu suchen.

Im gleichen Zeitraum wurden Millionen ehemaliger russischer Bürger gegen ihren Willen in die UdSSR zwangsrepatriiert. Am 11. Februar 1945, zum Abschluss der Konferenz von Jalta, unterzeichneten die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich ein Repatriierungsabkommen mit der UdSSR. Die Auslegung dieses Abkommens führte dazu, dass alle Sowjets ohne Rücksicht auf ihren Willen zwangsweise repatriiert wurden. Als der Krieg im Mai 1945 endete, wiesen die britischen und amerikanischen Zivilbehörden ihre Streitkräfte in Europa an, Millionen von ehemaligen Bewohnern der UdSSR in die Sowjetunion zu deportieren, darunter auch viele Personen, die Russland bereits vor Jahrzehnten verlassen und eine andere Staatsangehörigkeit angenommen hatten. Die Zwangsrepatriierungen fanden von 1945 bis 1947 statt.

Jüdische Flüchtlinge aus Europa protestieren in einem Flüchtlingslager auf Zypern, 1947

Am Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich mehr als 5 Millionen "Displaced Persons" aus der Sowjetunion in Westeuropa. Etwa 3 Millionen waren in Deutschland und den besetzten Gebieten als Zwangsarbeiter eingesetzt worden. Die sowjetischen Kriegsgefangenen und die Wlassow-Männer wurden der Zuständigkeit von SMERSH (Tod den Spionen) unterstellt. Von den 5,7 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen, die von den Deutschen gefangen genommen wurden, starben bis Kriegsende 3,5 Millionen in deutscher Gefangenschaft. Die Überlebenden wurden nach ihrer Rückkehr in die UdSSR als Verräter behandelt (siehe Befehl Nr. 270). Über 1,5 Millionen überlebende Soldaten der Roten Armee, die von den Nazis gefangen genommen worden waren, wurden in den Gulag geschickt.

Polen und die Sowjetukraine führten nach der Errichtung der neuen polnisch-sowjetischen Grenze an der Curzon-Linie im Jahr 1944 einen Bevölkerungsaustausch durch. Etwa 2.100.000 Polen wurden westlich der neuen Grenze vertrieben (siehe Repatriierung von Polen), während etwa 450.000 Ukrainer in den Osten der neuen Grenze umgesiedelt wurden. Der Bevölkerungstransfer in die Sowjetukraine erfolgte von September 1944 bis Mai 1946 (siehe Repatriierung von Ukrainern). Weitere 200.000 Ukrainer verließen Südostpolen zwischen 1944 und 1945 mehr oder weniger freiwillig.

Nach dem Bericht des U.S. Committee for Refugees (1995) waren 10 bis 15 Prozent der 7,5 Millionen Einwohner Aserbaidschans Flüchtlinge oder Vertriebene. Die meisten von ihnen waren 228.840 aserbaidschanische Flüchtlinge, die 1988 als Folge der armenischen Deportationspolitik gegen ethnische Aserbaidschaner aus Armenien flohen.

Die Internationale Flüchtlingsorganisation (IRO) wurde am 20. April 1946 gegründet und übernahm die Aufgaben der United Nations Relief and Rehabilitation Administration, die 1947 aufgelöst wurde. Ursprünglich war die Übergabe für Anfang 1947 geplant, sie fand jedoch erst im Juli 1947 statt. Die Internationale Flüchtlingsorganisation war eine zeitweilige Organisation der Vereinten Nationen (UN), die ihrerseits 1945 gegründet worden war und den Auftrag hatte, die Arbeit der UNRRA im Hinblick auf die Rückführung oder Wiederansiedlung europäischer Flüchtlinge weitgehend zu Ende zu führen. Sie wurde 1952 aufgelöst, nachdem sie etwa eine Million Flüchtlinge umgesiedelt hatte. Als Flüchtling galt zu dieser Zeit eine Person, die entweder einen Nansen-Pass oder eine von der Internationalen Flüchtlingsorganisation ausgestellte "Identitätsbescheinigung" besaß.

Die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 15. Dezember 1946 angenommene Verfassung der Internationalen Flüchtlingsorganisation legte den Tätigkeitsbereich der Organisation fest. Umstritten war die Definition von "Personen deutscher Volkszugehörigkeit", die aus ihren Geburtsländern in das Nachkriegsdeutschland vertrieben worden waren oder vertrieben werden sollten, als Personen, die "nicht in die Zuständigkeit der Organisation fallen". Damit wurde eine Gruppe aus dem Geltungsbereich der Organisation ausgeschlossen, die zahlenmäßig alle anderen europäischen Vertriebenen zusammengenommen übertraf. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion arbeitete die IRO nur in Gebieten, die von westlichen Besatzungsarmeen kontrolliert wurden.

Das deutsche Flüchtlingshilfegesetz von 1965 war ein Bundesgesetz, nach dem denjenigen Personen, die nicht zum Lastenausgleich berechtigt waren, trotzdem gleichwertige staatliche Leistungen gewährt wurden. Der berechtigte Personenkreis umfasste deutsche Staatsangehörige und Personen deutscher Volkszugehörigkeit, die ihren Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Ost-Berlin hatten.

Studien zu Flüchtlingen

Mit dem Auftreten größerer Fälle von Diaspora und erzwungener Migration wurde die Untersuchung ihrer Ursachen und Auswirkungen zu einem legitimen interdisziplinären Forschungsbereich, der nach dem Zweiten Weltkrieg Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts an Bedeutung gewann. Obwohl bereits zuvor bedeutende Beiträge geleistet wurden, kam es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Gründung von Institutionen, die sich der Untersuchung von Flüchtlingen widmeten, wie z. B. der Association for the Study of the World Refugee Problem (Vereinigung zur Untersuchung des Weltflüchtlingsproblems), der die Gründung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge folgte. Der 1981 erschienene Band der International Migration Review definierte Flüchtlingsstudien als "eine umfassende, historische, interdisziplinäre und vergleichende Perspektive, die sich auf die Konsistenzen und Muster in der Flüchtlingserfahrung konzentriert". Nach der Veröffentlichung dieser Publikation nahm das akademische Interesse und die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich rapide zu, was bis heute anhält. Vor allem 1988 wurde das Journal of Refugee Studies als erste große interdisziplinäre Zeitschrift des Fachs gegründet.

Die Entstehung der Flüchtlingsstudien als eigenständiges Studienfach wurde von Wissenschaftlern aufgrund terminologischer Schwierigkeiten kritisiert. Da es keine allgemein anerkannte Definition des Begriffs "Flüchtling" gibt, ist die akademische Seriosität der politisch motivierten Definition, wie sie in der Flüchtlingskonvention von 1951 festgelegt ist, umstritten. Darüber hinaus haben Wissenschaftler das Fehlen einer theoretischen Grundlage für Flüchtlingsstudien und die Dominanz der politikorientierten Forschung kritisiert. Als Reaktion darauf haben Wissenschaftler versucht, das Feld in Richtung einer theoretischen Grundlage der Flüchtlingsstudien zu lenken, indem sie "Studien über bestimmte Flüchtlingsgruppen (und andere erzwungene Migranten) in die Theorien verwandter Bereiche (und Hauptdisziplinen) einordnen, [und] eine Gelegenheit bieten, die besonderen Umstände von Flüchtlingssituationen zu nutzen, um diese allgemeineren Theorien zu beleuchten und so an der Entwicklung der Sozialwissenschaft teilzuhaben, anstatt die Flüchtlingsstudien in eine intellektuelle Sackgasse zu führen". So kann der Begriff Flüchtling im Kontext der Flüchtlingsstudien als "rechtliche oder beschreibende Rubrik" bezeichnet werden, die sozioökonomische Hintergründe, persönliche Geschichten, psychologische Analysen und Spiritualitäten umfasst.

UN-Flüchtlingsagenturen

UNHCR-Zelte in einem Flüchtlingslager nach fremdenfeindlichen Gewalttaten und Ausschreitungen in Südafrika, 2008

UNHCR

Das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) mit Sitz in Genf, Schweiz, wurde am 14. Dezember 1950 gegründet. Es schützt und unterstützt Flüchtlinge auf Ersuchen einer Regierung oder der Vereinten Nationen und hilft bei der Suche nach dauerhaften Lösungen, z. B. Rückkehr oder Neuansiedlung. Alle Flüchtlinge in der Welt stehen unter dem Mandat des UNHCR, mit Ausnahme der palästinensischen Flüchtlinge, die zwischen 1947 und 1949 als Folge des Palästinakriegs von 1948 aus dem heutigen Staat Israel geflohen sind. Diese Flüchtlinge werden vom Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (United Nations Relief and Works Agency, UNRWA) unterstützt. Das UNHCR bietet auch anderen Kategorien von Vertriebenen Schutz und Hilfe: Asylbewerbern, Flüchtlingen, die freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind, aber noch Hilfe beim Wiederaufbau ihres Lebens benötigen, lokalen Zivilgemeinschaften, die direkt von großen Flüchtlingsbewegungen betroffen sind, Staatenlosen und so genannten Binnenvertriebenen sowie Menschen in flüchtlingsähnlichen und vertriebenenähnlichen Situationen. Die Agentur hat den Auftrag, internationale Maßnahmen zum Schutz von Flüchtlingen und zur Lösung von Flüchtlingsproblemen weltweit zu leiten und zu koordinieren. Ihr Hauptziel ist es, die Rechte und das Wohlergehen von Flüchtlingen zu schützen. Sie setzt sich dafür ein, dass jeder das Recht auf Asyl und sichere Zuflucht in einem anderen Staat oder Gebiet wahrnehmen kann, und bietet Flüchtlingen und Aufnahmeländern "dauerhafte Lösungen" an.

UNRWA

Im Gegensatz zu anderen Flüchtlingsgruppen schufen die Vereinten Nationen nach der Al-Nakba im Jahr 1948, die zu einer schweren Flüchtlingskrise in der arabischen Region führte und 700 000 palästinensische Flüchtlinge vertrieb, eine eigene Einrichtung, das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (UNRWA). Diese Zahl hat sich in den letzten 70 Jahren auf mindestens 5 Millionen Flüchtlinge erhöht. Die Vereinten Nationen definieren palästinensische Flüchtlinge als "Personen, die während des Zeitraums vom 1. Juni 1946 bis zum 15. Mai 1948 ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Palästina hatten und die infolge des Konflikts von 1948 sowohl ihre Heimat als auch ihre Lebensgrundlage verloren haben". Die Nachkommen dieser Generation fallen ebenfalls unter den Status des palästinensischen Flüchtlings. Eine weitere Flüchtlingswelle setzte 1967 nach dem Sechs-Tage-Krieg ein, als vor allem die im Gazastreifen und im Westjordanland lebenden Palästinenser Opfer der Vertreibung wurden. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben die palästinensischen Flüchtlinge Probleme mit dem Zugang zu medizinischer Versorgung, Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen, umweltfreundlicher Gesundheit und Infrastruktur, Bildung und Technologie. Dem Bericht zufolge gehören Nahrung, Unterkunft und Umweltgesundheit zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) konzentriert sich auf diese Bereiche, um die Palästinenser von jeglichem Schaden zu befreien. UNWRA wurde als zeitlich befristetes Hilfswerk gegründet, das ein humanitäres Mandat für palästinensische Flüchtlinge im Gazastreifen, im Westjordanland, in Syrien, Jordanien und im Libanon wahrnehmen sollte. Die Zuständigkeit für die Hilfe zum Schutz der palästinensischen Flüchtlinge und für die menschliche Entwicklung wurde ursprünglich der Schlichtungskommission der Vereinten Nationen für Palästina (UNCCP) überlassen. Diese Agentur funktionierte nicht, so dass sie ihre Arbeit einstellen musste. Das UNRWA übernahm diese Aufgaben und erweiterte sein Mandat von der reinen humanitären Nothilfe auf die menschliche Entwicklung und den Schutz der palästinensischen Gesellschaft. Die Kommunikation mit den Gastländern, in denen das UNRWA tätig ist (Syrien, Jordanien und Libanon), ist sehr wichtig, da sich das Mandat des Hilfswerks je nach Region ändert. Die mittelfristige Strategie des UNRWA ist ein Bericht, in dem alle Probleme der Palästinenser und der Plan des UNRWA zur Abschwächung der Schwere der Probleme aufgeführt sind. Aus dem Bericht geht hervor, dass sich das UNRWA vor allem auf Nahrungsmittelhilfe, Gesundheitsfürsorge, Bildung und Unterkünfte für palästinensische Flüchtlinge konzentriert. Dem UNRWA ist es gelungen, über 700 Schulen mit mehr als 500.000 Schülern, 140 Gesundheitszentren und 113 Frauenzentren einzurichten und über 475.000 Darlehen zu vergeben. Die Finanzierung des UNRWA beruht hauptsächlich auf freiwilligen Spenden. Schwankungen bei diesen Spenden führen zu Einschränkungen bei der Ausführung des Mandats.

Akuter und vorübergehender Schutz

Flüchtlingslager

Flüchtlingslager in Zaire infolge des Völkermords in Ruanda, 1994

Beim akuten Eintreten einer großen Flüchtlingsbewegung bzw. -krise ist das UNHCR dafür zuständig, Flüchtlingslager einzurichten oder zumindest deren Einrichtung zu überwachen. In Ländern, die keine Lager haben wollen oder in denen die Errichtung von Lagern nicht möglich ist, sorgt das UNHCR dafür, dass Flüchtlinge in urbanen Zentren Unterstützung erhalten. Die Lebensbedingungen sowohl in den Lagern als auch in urbanen Zentren sind häufig nicht optimal, sondern an Mindeststandards ausgerichtet – die häufig noch unterschritten werden. Insbesondere Frauen und Mädchen in Flüchtlingslagern sind verstärkt Opfer von Vergewaltigungen oder Prostitution und von Geschlechtskrankheiten betroffen. In Flüchtlingslagern kann es zu Gewalt und Missbrauch sowohl durch andere Flüchtlinge als auch durch lokale Milizen und sogar durch Behörden, Polizei und andere „Beschützer“ kommen.

Neben der materiellen oder finanziellen Unterstützung für Flüchtlinge ist die rechtliche Unterstützung eine weitere Hauptaufgabe des UNHCR.

In manchen Ländern, so im Libanon, in Jordanien und in der Türkei, sehen sich geflüchtete Kinder dazu gezwungen manuelle Arbeiten zu verrichten, um Geld für den Lebensunterhalt für ihre Familien zu verdienen.

Ein Lager in Guinea für Flüchtlinge aus Sierra Leone
Flüchtlingslager im Kongo

Ein Flüchtlingslager ist ein Ort, der von Regierungen oder NRO (wie dem Roten Kreuz) zur Aufnahme von Flüchtlingen, Binnenvertriebenen oder manchmal auch anderen Migranten errichtet wird. Sie sind in der Regel so konzipiert, dass sie akute und vorübergehende Unterkünfte und Dienstleistungen bieten; dauerhaftere Einrichtungen und Strukturen sind oft verboten. Die Menschen können viele Jahre in diesen Lagern bleiben und erhalten dort Notnahrung, Bildung und medizinische Hilfe, bis es sicher genug ist, um in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Dort sind die Flüchtlinge dem Risiko von Krankheiten, der Rekrutierung von Kindersoldaten und Terroristen sowie körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt. Weltweit gibt es schätzungsweise 700 Flüchtlingslager.

Stadtflüchtling

Nicht alle Flüchtlinge, die vom UNHCR unterstützt werden, leben in Flüchtlingslagern. Eine beträchtliche Anzahl, nämlich mehr als die Hälfte, lebt in städtischen Gebieten, wie z. B. die ca. 60.000 irakischen Flüchtlinge in Damaskus (Syrien) und die ca. 30.000 sudanesischen Flüchtlinge in Kairo (Ägypten).

Dauerhafte Lösungen

Der Aufenthaltsstatus im Aufnahmeland während des vorübergehenden UNHCR-Schutzes ist sehr unsicher, da die Flüchtlinge nur befristete Visa erhalten, die regelmäßig verlängert werden müssen. Anstatt nur vorübergehend die Rechte und das grundlegende Wohlergehen der Flüchtlinge in den Lagern oder in den Städten zu sichern, ist das Ziel des UNHCR, eine der drei dauerhaften Lösungen für Flüchtlinge zu finden: Integration, Repatriierung oder Neuansiedlung.

Integration und Einbürgerung

Die Integration vor Ort zielt darauf ab, dem Flüchtling ein dauerhaftes Bleiberecht im Asylland zu gewähren, in einigen Fällen sogar die Einbürgerung. Sie folgt auf die formelle Zuerkennung des Flüchtlingsstatus durch das Asylland. Es ist schwierig, die Zahl der Flüchtlinge zu beziffern, die sich in ihrem ersten Asylland niedergelassen und integriert haben, und nur die Zahl der Einbürgerungen kann einen Hinweis darauf geben. Im Jahr 2014 gewährte Tansania 162.000 Flüchtlingen aus Burundi und 1982 32.000 ruandischen Flüchtlingen die Staatsbürgerschaft. Mexiko hat im Jahr 2001 6.200 guatemaltekische Flüchtlinge eingebürgert.

Freiwillige Rückkehr

Die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen in ihr Herkunftsland, in Sicherheit und Würde, beruht auf ihrem freien Willen und ihrer informierten Entscheidung. In den letzten Jahren konnten Teile oder sogar ganze Flüchtlingsgruppen in ihre Heimatländer zurückkehren: z. B. kehrten 120 000 kongolesische Flüchtlinge aus der Republik Kongo in die Demokratische Republik Kongo zurück, 30 000 Angolaner kehrten aus der Demokratischen Republik Kongo und Botsuana zurück, ivorische Flüchtlinge kehrten aus Liberia zurück, Afghanen aus Pakistan und Iraker aus Syrien. Im Jahr 2013 unterzeichneten auch die Regierungen Kenias und Somalias ein dreiseitiges Abkommen, das die Rückführung von Flüchtlingen aus Somalia erleichtert. Der UNHCR und die IOM bieten Flüchtlingen, die freiwillig in ihre Heimatländer zurückkehren wollen, Unterstützung an. In vielen Industrieländern gibt es außerdem Programme zur unterstützten freiwilligen Rückkehr für Asylbewerber, die zurückkehren wollen oder deren Asylantrag abgelehnt wurde.

Neuansiedlung in einem Drittland

Die Neuansiedlung in einem Drittland beinhaltet die unterstützte Überstellung von Flüchtlingen aus dem Land, in dem sie Asyl beantragt haben, in ein sicheres Drittland, das sich bereit erklärt hat, sie als Flüchtlinge aufzunehmen. Dabei kann es sich um eine dauerhafte Niederlassung handeln oder um eine auf eine bestimmte Anzahl von Jahren begrenzte. Es handelt sich um die dritte dauerhafte Lösung, die erst in Betracht gezogen werden kann, wenn sich die beiden anderen Lösungen als unmöglich erwiesen haben. Das UNHCR hat die Neuansiedlung traditionell als die am wenigsten vorzuziehende der "dauerhaften Lösungen" für Flüchtlingssituationen angesehen. Im April 2000 erklärte die damalige UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, jedoch: "Die Neuansiedlung kann nicht mehr als die am wenigsten bevorzugte dauerhafte Lösung angesehen werden; in vielen Fällen ist sie die einzige Lösung für Flüchtlinge."

Binnenflüchtlinge

Das Mandat des UNHCR wurde schrittweise auf den Schutz und die Bereitstellung humanitärer Hilfe für Binnenvertriebene und Menschen in einer solchen Situation ausgeweitet. Dabei handelt es sich um Zivilpersonen, die gezwungen waren, aus ihrer Heimat zu fliehen, die aber kein Nachbarland erreicht haben. Binnenvertriebene entsprechen nicht der rechtlichen Definition eines Flüchtlings gemäß der Flüchtlingskonvention von 1951, dem Protokoll von 1967 und dem Übereinkommen der Organisation für Afrikanische Einheit von 1969, da sie ihr Land nicht verlassen haben. Da sich die Art des Krieges in den letzten Jahrzehnten verändert hat und immer mehr interne Konflikte an die Stelle zwischenstaatlicher Kriege getreten sind, ist die Zahl der Binnenvertriebenen erheblich gestiegen.

Vergleich zwischen der Zahl der Flüchtlinge und der Binnenvertriebenen, die vom UNHCR unterstützt werden, zwischen 1998 und 2014.
Ende des Jahres 1996 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014
Flüchtlinge 11,480,900 12,129,600 10,594,100 9,574,800 9,877,700 10,489,800 10,549,700 10,498,000 14,385,300
Binnenvertriebene 5,063,900 5,998,500 4,646,600 5,426,500 12,794,300 14,442,200 14,697,900 17,670,400 32,274,600

Status von Flüchtlingen

In den Vereinigten Staaten ist der Begriff Flüchtling im Immigration of Nationality Act (INA) definiert. In anderen Ländern wird der Begriff oft in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet: Im alltäglichen Sprachgebrauch bezieht er sich auf eine gewaltsam vertriebene Person, die aus ihrem Herkunftsland geflohen ist; in einem spezifischeren Zusammenhang bezieht er sich auf eine solche Person, der darüber hinaus in dem Land, in das sie geflohen ist, der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Noch exklusiver ist der Konventionsflüchtlingsstatus, der nur Personen zuerkannt wird, die unter die Flüchtlingsdefinition des Abkommens von 1951 und des Protokolls von 1967 fallen.

Um die Flüchtlingseigenschaft zu erhalten, muss eine Person einen Asylantrag gestellt haben, so dass sie - während sie auf eine Entscheidung wartet - ein Asylbewerber ist. Eine vertriebene Person, die ansonsten rechtlich Anspruch auf den Flüchtlingsstatus hat, kann jedoch nie einen Asylantrag stellen oder darf in dem Land, in das sie geflohen ist, keinen Antrag stellen und hat somit keinen offiziellen Asylbewerberstatus.

Sobald einer vertriebenen Person der Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, genießt sie bestimmte Rechte, die in der Flüchtlingskonvention von 1951 vereinbart wurden. Nicht alle Länder haben diese Konvention unterzeichnet und ratifiziert, und in einigen Ländern gibt es kein rechtliches Verfahren für den Umgang mit Asylbewerbern.

Asyl beantragen

Erstaufnahmelager Jenfelder Moorpark
Flüchtlinge aus Vietnam landen in Hamburg auf der Cap Anamur II im Jahr 1986

Ein Asylbewerber ist ein Vertriebener oder Einwanderer, der formell den Schutz des Staates, in den er geflohen ist, sowie das Recht, in diesem Land zu bleiben, beantragt hat und auf eine Entscheidung über diesen formellen Antrag wartet. Ein Asylbewerber kann den Status eines Konventionsflüchtlings oder ergänzende Formen des Schutzes beantragt haben. Asyl ist also eine Kategorie, die verschiedene Formen des Schutzes umfasst. Welche Form des Schutzes angeboten wird, hängt von der rechtlichen Definition ab, die die Fluchtgründe des Asylbewerbers am besten beschreibt. Nach der Entscheidung erhält der Asylbewerber entweder den Status eines Konventionsflüchtlings oder eine ergänzende Form des Schutzes und kann im Land bleiben - oder er erhält kein Asyl und muss das Land verlassen. Erst wenn der Staat, das Gebiet oder der UNHCR - wo auch immer der Antrag gestellt wurde - den Schutzbedarf anerkennt, erhält der Asylbewerber offiziell den Flüchtlingsstatus. Damit sind bestimmte Rechte und Pflichten verbunden, die sich nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmelandes richten.

Quotenflüchtlinge brauchen bei ihrer Ankunft in den Drittländern keinen Asylantrag zu stellen, da sie bereits im ersten Asylland das UNHCR-Verfahren zur Feststellung des Flüchtlingsstatus durchlaufen haben und dieser von den Drittländern in der Regel anerkannt wird.

Feststellung der Flüchtlingseigenschaft

Seit über 30 Jahren leben mehrere zehntausend saharauische Flüchtlinge in der Region Tindouf in Algerien, mitten in der Wüste.

Um den Flüchtlingsstatus zu erhalten, muss eine vertriebene Person ein Verfahren zur Bestimmung des Flüchtlingsstatus (Refugee Status Determination - RSD) durchlaufen, das von der Regierung des Asyllandes oder dem UNHCR durchgeführt wird und auf internationalem, regionalem oder nationalem Recht beruht. RSD kann im Einzelfall oder für ganze Gruppen von Menschen durchgeführt werden. Welches der beiden Verfahren angewandt wird, hängt oft vom Umfang des Zustroms von Vertriebenen ab.

Nachdem er die Königin Isebel herausgefordert hat, sucht Elia in diesem Holzschnitt von Julius Schnorr von Karolsfeld aus dem Jahr 1860 Zuflucht in einer Höhle, bis die Stimme Gottes ihn ruft.

Es gibt keine spezifische Methode, die für RSD vorgeschrieben ist (abgesehen von der Verpflichtung auf die Flüchtlingskonvention von 1951), und sie hängt von der allgemeinen Effizienz des internen Verwaltungs- und Justizsystems des Landes sowie von den Merkmalen des Flüchtlingsstroms ab, auf den das Land reagiert. Das Fehlen einer Verfahrensvorgabe könnte dazu führen, dass politische und strategische Interessen im RSD-Prozess Vorrang vor humanitären Erwägungen haben. Es gibt auch keine festen Auslegungen der Elemente der Flüchtlingskonvention von 1951, und die Länder können sie unterschiedlich interpretieren (siehe auch Flüchtlingsroulette).

Im Jahr 2013 führte das UNHCR jedoch in mehr als 50 Ländern RSD-Verfahren durch und führte sie in 20 weiteren Ländern parallel oder gemeinsam mit den Regierungen durch, was es zum zweitgrößten RSD-Gremium der Welt machte.

Rechte von Flüchtlingen

Die Flüchtlingsrechte umfassen sowohl das Gewohnheitsrecht, zwingende Normen als auch internationale Rechtsinstrumente. Wenn die Einrichtung, die den Flüchtlingsstatus gewährt, ein Staat ist, der die Flüchtlingskonvention von 1951 unterzeichnet hat, hat der Flüchtling das Recht auf Beschäftigung. Zu den weiteren Rechten gehören die folgenden Rechte und Pflichten für Flüchtlinge:

Recht auf Rückkehr

Selbst in einem vermeintlich "konfliktfreien" Umfeld ist es für Flüchtlinge nicht einfach, in ihre Heimat zurückzukehren. Die Pinheiro-Prinzipien der Vereinten Nationen gehen davon aus, dass die Menschen nicht nur das Recht haben, nach Hause zurückzukehren, sondern auch das Recht auf dasselbe Eigentum. Sie zielen darauf ab, zum Status quo vor dem Konflikt zurückzukehren und sicherzustellen, dass niemand von der Gewalt profitiert. Es handelt sich jedoch um ein sehr komplexes Thema, und jede Situation ist anders; ein Konflikt ist eine stark verändernde Kraft, und der Vorkriegszustand kann nie vollständig wiederhergestellt werden, selbst wenn dies wünschenswert wäre (er könnte den Konflikt überhaupt erst verursacht haben). Daher sind die folgenden Punkte von besonderer Bedeutung für das Recht auf Rückkehr:

  • Sie dürfen nie Eigentum gehabt haben (z. B. in Afghanistan)
  • Sie haben keinen Zugang zu dem, was sie besitzen (Kolumbien, Guatemala, Südafrika und Sudan).
  • Die Eigentumsverhältnisse sind unklar, da sich die Familien vergrößert oder getrennt haben und die Aufteilung des Landes zu einem Problem wird
  • Der Tod des Eigentümers kann dazu führen, dass die Angehörigen keinen klaren Anspruch auf das Land haben.
  • Die Menschen, die sich auf dem Land niedergelassen haben, wissen, dass es ihnen nicht gehört, aber sie können nirgendwo anders hin (wie in Kolumbien, Ruanda und Timor-Leste)
  • Sie haben konkurrierende Ansprüche mit anderen, einschließlich des Staates und seiner ausländischen oder lokalen Geschäftspartner (wie in Aceh, Angola, Kolumbien, Liberia und Sudan).

Flüchtlinge, die in ein Drittland umgesiedelt wurden, verlieren wahrscheinlich die unbefristete Aufenthaltsgenehmigung in diesem Land, wenn sie in ihr Herkunftsland oder das Land des ersten Asyls zurückkehren.

Recht auf Nichtzurückweisung

Das Recht auf Nichtzurückweisung ist das Recht, nicht an einen Ort der Verfolgung zurückgeschickt zu werden, und bildet die Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts, wie es in der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 niedergelegt ist. Das Recht auf Nichtzurückweisung ist vom Recht auf Asyl zu unterscheiden. Um das Recht auf Asyl zu wahren, dürfen Staaten echte Flüchtlinge nicht abschieben. Im Gegensatz dazu erlaubt das Recht auf Nicht-Zurückweisung den Staaten, echte Flüchtlinge in Drittländer mit einer respektablen Menschenrechtsbilanz zu überstellen. Das vom politischen Philosophen Andy Lamey vorgeschlagene tragbare Verfahrensmodell unterstreicht das Recht auf Nichtzurückweisung, indem es Flüchtlingen drei Verfahrensrechte garantiert (auf eine mündliche Anhörung, auf einen Rechtsbeistand und auf eine gerichtliche Überprüfung von Haftentscheidungen) und diese Rechte in der Verfassung verankert. Mit diesem Vorschlag wird versucht, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der nationalen Regierungen und den Interessen der Flüchtlinge herzustellen.

Recht auf Familienzusammenführung

Protestaktion von Flüchtlingsbefürwortern in Melbourne, Australien, mit einem Transparent mit der Aufschrift "Niemand ist illegal" und einem Kreis A

Die Familienzusammenführung (die auch eine Form der Neuansiedlung sein kann) ist in vielen Ländern ein anerkannter Grund für die Einwanderung. Getrennte Familien haben das Recht auf Zusammenführung, wenn ein Familienmitglied mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht die Zusammenführung beantragt und nachweisen kann, dass die Personen auf dem Antrag vor der Ankunft eine Familieneinheit waren und seit der Trennung als Familieneinheit leben möchten. Wenn der Antrag erfolgreich ist, kann auch der Rest der Familie in dieses Land einwandern.

Recht auf Reisen

Die Staaten, die das Übereinkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge unterzeichnet haben, sind verpflichtet, Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, einen Reiseausweis (d. h. einen "Konventionsreiseausweis") auszustellen. Es ist ein gültiges Reisedokument anstelle eines Reisepasses, kann jedoch nicht für Reisen in das Herkunftsland verwendet werden, d. h. in das Land, aus dem der Flüchtling geflohen ist.

Beschränkung der Weiterreise

Sobald Flüchtlinge oder Asylbewerber einen sicheren Ort und den Schutz eines Staates oder Gebiets außerhalb ihres Herkunftsgebiets gefunden haben, werden sie davon abgehalten, dieses wieder zu verlassen und in einem anderen Land Schutz zu suchen. Wenn sie dennoch in ein zweites Asylland weiterreisen, wird diese Bewegung vom UNHCR als "irreguläre Bewegung" bezeichnet (siehe auch Asyl-Shopping). Die Unterstützung des UNHCR im zweiten Land kann geringer sein als im ersten Land und sie können sogar in das erste Land zurückgeschickt werden.

Weltflüchtlingstag

Ein syrisches Flüchtlingsmädchen in Istanbul, Türkei

Der Weltflüchtlingstag wird seit dem Jahr 2000 jährlich am 20. Juni begangen, und zwar durch eine Sonderresolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Zuvor wurde der 20. Juni in einer Reihe afrikanischer Länder als "African Refugee Day" begangen.

Im Vereinigten Königreich wird der Weltflüchtlingstag im Rahmen der Refugee Week begangen. Die Refugee Week ist ein landesweites Festival, das das Verständnis fördern und den kulturellen Beitrag von Flüchtlingen feiern soll.

In der römisch-katholischen Kirche wird der Welttag der Migranten und Flüchtlinge jedes Jahr im Januar gefeiert, seit er 1914 von Papst Pius X. eingeführt wurde.

Kurt Schwerdtfeger: Flüchtlingsfamilie (Gedenkstätte des Deutschen Ostens, Schloss Burg)

Themen

Vertragsstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention haben Flüchtlingen, die sich rechtmäßig im Inland aufhalten, die gleiche Fürsorge und öffentliche Unterstützung zu gewähren wie Einheimischen (Art. 23 GFK). In einigen Staaten wird dabei gegebenenfalls auch auf eigenes Vermögen und Einkommen von Flüchtlingen zurückgegriffen.

Asylbewerber erhalten in den meisten Staaten während ihres Asylverfahrens zunächst keine Arbeitserlaubnis. Dies geschieht, um zu versuchen, tatsächlich Schutzsuchende von Personen zu trennen, die Asylansprüche zur Einreise nutzen, aber eigentlich Arbeitsmigranten sind. Auch sind Firmen ohnehin oft zurückhaltend bei der Einstellung von Personen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Die rechtliche Unsicherheit und die erzwungene Arbeitslosigkeit während langer Verfahren können für die Antragsteller eine psychische Belastung bedeuten. Zudem gehen durch fehlende Berufspraxis berufliche Qualifikationen und Expertise verloren, was die Beschäftigungsfähigkeit der Flüchtlinge auch nach dem Arbeitsverbot verringert und eine spätere Integration in den Arbeitsmarkt erschwert.

In einer Untersuchung der Lebenswelt und Alltagsbewältigung von Asylbewerbern in Deutschland beschreibt die Erziehungswissenschaftlerin Vicki Täubig die kasernierte Unterbringung in Flüchtlingsunterkünften anhand des Konzepts der „totalen Institution“, welches von Erving Goffman eingeführt wurde. Viele Flüchtlinge leben monate- oder jahrelang mit der Unsicherheit über die Zukunft in räumlicher Enge und fast ohne Privatsphäre, warten auf Entscheidungen der Behörden und müssen gegebenenfalls mit sozialen Schwierigkeiten unter den Bewohnergruppen oder „Security-Gewalt“ fertig werden.

Ein Gegengewicht kann der Zugang zu Unterricht oder Schule bilden. Teils sind kulturelle oder sportliche Aktivitäten möglich – sei es auf institutioneller Basis oder durch private Initiativen. Teils entfalten Flüchtlinge über die Erstaufnahmeeinrichtung hinaus eigene Aktivitäten, sei es mittels sozialer Kontakte, auf Basis eines eigenen Bildungshintergrundes oder durch die Initiative von Flüchtlingshilfevereinen. Beispiele sind etwa Studiengänge bei Kiron Open Higher Education. In Deutschland sind zudem zu nennen: eine vorübergehenden Ausübung von Heilkunde bei der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen in den Jahren 2015 bis 2017, der Bundesfreiwilligendienst von 2015 bis 2018, und Akademiker-Studenten-Tandems bei academic experience Worldwide.

Im Jahr 2017 stellten der Europarat und UNHCR einen Europäischen Qualifikationspass für Flüchtlinge (European Qualifications Passport for Refugees, EQPR) vor. Hierbei werden anhand von Dokumenten, soweit vorhanden, und einem 45-minütigen strukturierten Interview die Qualifikationen eines Flüchtlings sowie seine Berufserfahrung und Sprachkenntnisse soweit möglich erfasst und dokumentiert. Staaten so es mit dem EQPR leichter fallen, die Fähigkeiten von Flüchtlingen zu erfassen und sie schneller zu integrieren. Diese Initiative des Europarats beruht auf der Lissabon-Konvention und wird in Zusammenarbeit mit ENIC und nationalen Partnern durchgeführt.

Medien berichten über sexuellen Missbrauch, Machtmissbrauch und Gewalt in Flüchtlingsunterkünften, mit einer besonderen Gefährdung von Frauen und Kindern. Da es aufgrund traumatisierender Erfahrungen zu Bindungsstörungen zwischen Eltern und Kindern komme, suchten sich Kinder andere Bezugspersonen, etwa Wachleute oder andere Erwachsene, und seien dabei besonders gefährdet.

Langwierige Vertreibung

Vertreibung ist für die meisten Flüchtlinge eine lang anhaltende Realität. Zwei Drittel aller Flüchtlinge in der Welt sind seit mehr als drei Jahren vertrieben, was als "langwierige Vertreibung" bezeichnet wird. 50 % der Flüchtlinge - etwa 10 Millionen Menschen - sind seit mehr als zehn Jahren vertrieben.

Langwierige Vertreibung kann sich nachteilig auf die Beschäftigung und die Integration von Flüchtlingen in die Arbeitswelt auswirken und den Effekt der "Canvas Ceiling" noch verschärfen. Langwierige Vertreibung führt dazu, dass Fähigkeiten verkümmern, was dazu führt, dass Qualifikationen und Erfahrungen veraltet und mit den sich verändernden Arbeitsumgebungen der Aufnahmeländer nicht mehr kompatibel sind, wenn die Flüchtlinge wieder angesiedelt werden.

Das Overseas Development Institute hat festgestellt, dass die Hilfsprogramme von kurzfristigen Hilfsmodellen (wie Lebensmittel- oder Bargeldspenden) zu nachhaltigeren langfristigen Programmen übergehen müssen, die den Flüchtlingen helfen, selbständiger zu werden. Dazu kann es gehören, schwierige rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen anzugehen, indem soziale Dienste, Arbeitsmöglichkeiten und Gesetze verbessert werden.

Medizinische Probleme

Flüchtlingskinder aus Syrien in einer Klinik in Ramtha, Jordanien, August 2013

Flüchtlinge berichten in der Regel über einen schlechteren Gesundheitszustand als andere Einwanderer und die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund.

PTSD

Abgesehen von körperlichen Verletzungen oder Hungersnöten entwickelt ein großer Prozentsatz der Flüchtlinge Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und leidet an posttraumatischen Belastungssymptomen (PTSS) oder Depressionen. Diese langfristigen psychischen Probleme können die Funktionsfähigkeit der Person in Alltagssituationen stark einschränken; für Vertriebene, die mit einer neuen Umgebung und herausfordernden Situationen konfrontiert sind, ist dies noch schlimmer. Für sie besteht außerdem ein hohes Risiko für Selbstmord.

Zu den Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung gehören unter anderem Angstzustände, Übererregbarkeit, Schlaflosigkeit, chronisches Müdigkeitssyndrom, motorische Schwierigkeiten, Ausfälle des Kurzzeitgedächtnisses, Amnesie, Albträume und Schlaflähmung. Charakteristisch für die Störung sind Flashbacks: Der Patient erlebt das traumatische Ereignis oder Teile davon immer wieder. Depressionen sind ebenfalls charakteristisch für PTBS-Patienten und können auch ohne begleitende PTBS auftreten.

PTBS wurde bei 34,1 % der palästinensischen Kinder diagnostiziert, die meisten von ihnen waren Flüchtlinge, männlich und berufstätig. An der Studie nahmen 1 000 Kinder im Alter von 12 bis 16 Jahren aus staatlichen und privaten Schulen sowie aus Schulen des Hilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) in Ost-Jerusalem und verschiedenen Gouvernements im Westjordanland teil.

Eine andere Studie zeigte, dass 28,3 % der bosnischen Flüchtlingsfrauen drei oder vier Jahre nach ihrer Ankunft in Schweden Symptome einer PTBS aufwiesen. Diese Frauen hatten auch ein deutlich höheres Risiko für Depressionen, Angstzustände und psychische Probleme als in Schweden geborene Frauen. Für Depressionen lag das Odds Ratio bei den bosnischen Frauen bei 9,50.

Eine Studie der Abteilung für Kinderheilkunde und Notfallmedizin an der Boston University School of Medicine zeigte, dass bei zwanzig Prozent der minderjährigen sudanesischen Flüchtlinge, die in den Vereinigten Staaten leben, eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde. Außerdem wiesen sie mit größerer Wahrscheinlichkeit schlechtere Werte in allen Unterskalen des Child Health Questionnaire auf.

In einer Studie für das Vereinigte Königreich wurde festgestellt, dass Flüchtlinge im Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationshintergrund mit 4 Prozentpunkten höherer Wahrscheinlichkeit über ein psychisches Problem berichten. Dies steht im Gegensatz zu den Ergebnissen für andere Einwanderergruppen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie über ein psychisches Problem berichten, geringer ist als bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund.

Viele weitere Studien veranschaulichen das Problem. Eine Metastudie wurde von der psychiatrischen Abteilung der Universität Oxford am Warneford Hospital im Vereinigten Königreich durchgeführt. Es wurden zwanzig Erhebungen ausgewertet, die Ergebnisse für 6.743 erwachsene Flüchtlinge aus sieben Ländern lieferten. In den größeren Studien wurde bei 9 % eine posttraumatische Belastungsstörung und bei 5 % eine schwere Depression diagnostiziert, wobei es viele Hinweise auf eine psychiatrische Komorbidität gibt. Fünf Erhebungen bei 260 Flüchtlingskindern aus drei Ländern ergaben eine Prävalenz von 11 % für eine posttraumatische Belastungsstörung. Dieser Studie zufolge könnte die Wahrscheinlichkeit, dass Flüchtlinge, die in westliche Länder umgesiedelt werden, an einer PTBS leiden, etwa zehnmal höher sein als bei der gleichaltrigen Allgemeinbevölkerung in diesen Ländern. Weltweit leiden wahrscheinlich Zehntausende von Flüchtlingen und ehemaligen Flüchtlingen, die in westliche Länder umgesiedelt wurden, an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Malaria

Flüchtlinge sind oft aus verschiedenen Gründen anfälliger für Krankheiten, u. a. weil ihnen die Immunität gegen lokale Malariastämme und andere Krankheiten fehlt. Die Vertreibung eines Volkes kann günstige Bedingungen für die Übertragung von Krankheiten schaffen. Flüchtlingslager sind in der Regel stark bevölkert und weisen schlechte sanitäre Bedingungen auf. Durch die Beseitigung der Vegetation zur Gewinnung von Platz, Baumaterial oder Brennholz wird den Mücken auch ihr natürlicher Lebensraum entzogen, was sie dazu veranlasst, enger mit den Menschen zusammenzuarbeiten. In den 1970er Jahren wurden afghanische Flüchtlinge, die nach Pakistan umgesiedelt wurden, von einem Land mit einer wirksamen Malariabekämpfungsstrategie in ein Land mit einem weniger wirksamen System umgesiedelt.

In den Flüchtlingslagern, die in der Nähe von Flüssen oder Bewässerungsanlagen errichtet wurden, war die Malaria-Prävalenz höher als in Flüchtlingslagern, die auf trockenem Land errichtet wurden. Die Lage der Lager bot einen besseren Nährboden für Moskitos und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit der Malariaübertragung. Kinder im Alter von 1-15 Jahren waren am anfälligsten für eine Malariainfektion, die bei Kindern unter 5 Jahren eine wichtige Todesursache darstellt. Malaria war die Ursache für 16 % der Todesfälle bei Flüchtlingskindern, die jünger als 5 Jahre alt waren. Malaria ist eine der am häufigsten gemeldeten Todesursachen bei Flüchtlingen und Vertriebenen. Seit 2014 hat sich die Zahl der gemeldeten Malariafälle in Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren verdoppelt, wobei die meisten Fälle bei Flüchtlingen aus Eritrea festgestellt wurden.

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass alle Menschen in endemischen Malariagebieten langlebige Insektizidnetze verwenden. In einer Kohortenstudie wurde festgestellt, dass insektizidbehandelte Moskitonetze in Flüchtlingslagern in Pakistan die Zahl der Malariafälle deutlich senken konnten. Eine einmalige Behandlung der Netze mit dem Insektizid Permethrin schützte während der gesamten sechsmonatigen Übertragungszeit.

Zugang zu Gesundheitsdiensten

Der Zugang zu Gesundheitsdiensten hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem davon, ob ein Flüchtling einen offiziellen Status erhalten hat, sich in einem Flüchtlingslager befindet oder in ein Drittland umgesiedelt wird. Der UNHCR empfiehlt, den Zugang zu medizinischer Grundversorgung und Notdiensten mit dem Aufnahmeland so gleichberechtigt wie möglich zu gestalten. Zu den vorrangigen Leistungen gehören die Gesundheit von Müttern und Kindern, Impfungen, Tuberkuloseuntersuchungen und -behandlungen sowie HIV/AIDS-bezogene Leistungen. Trotz einer umfassenden Politik für den Zugang von Flüchtlingen zur Gesundheitsversorgung auf internationaler Ebene gibt es potenzielle Hindernisse wie Sprache, kulturelle Präferenzen, hohe finanzielle Kosten, administrative Hürden und räumliche Entfernung, die diesen Zugang erschweren. Spezifische Hindernisse und Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Gesundheitsdiensten hängen auch vom Kontext des Gastlandes ab. So ist beispielsweise Primaquin, ein häufig empfohlenes Malariamittel, in Deutschland derzeit nicht zugelassen und muss aus dem Ausland bestellt werden.

In Kanada wird der Zugang zur Gesundheitsversorgung unter anderem durch den Mangel an entsprechend ausgebildeten Ärzten, die komplexe medizinische Situation einiger Flüchtlinge und die Bürokratie der medizinischen Versorgung behindert. Darüber hinaus gibt es individuelle Hindernisse wie Sprach- und Transportbarrieren, institutionelle Hindernisse wie bürokratischer Aufwand und fehlende Kenntnisse über die Anspruchsberechtigung sowie Hindernisse auf Systemebene wie widersprüchliche Politik, Rassismus und Ärztemangel.

In den USA hatten alle offiziell ausgewiesenen irakischen Flüchtlinge einen Krankenversicherungsschutz, verglichen mit etwas mehr als der Hälfte der nicht-irakischen Einwanderer in einer Studie aus Dearborn, Michigan. Allerdings gab es für Flüchtlinge größere Hindernisse in Bezug auf Transport, Sprache und erfolgreiche Stressbewältigungsmechanismen als für andere Einwanderer; außerdem wiesen Flüchtlinge mehr medizinische Probleme auf. Die Studie ergab auch, dass Flüchtlinge eine höhere Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung (92,1 %) aufwiesen als die US-Gesamtbevölkerung (84,8 %) und die Einwanderer (58,6 %) in der Studienpopulation.

In Australien haben offiziell anerkannte Flüchtlinge, die Anspruch auf vorübergehenden Schutz haben, sowie Offshore-Flüchtlinge aus humanitären Gründen Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen, Interventionen und Zugang zu Krankenversicherungen und traumabezogenen Beratungsdiensten. Trotz der Berechtigung zum Zugang zu den Diensten gibt es Hindernisse wie wirtschaftliche Zwänge im Zusammenhang mit den von den Flüchtlingen wahrgenommenen und tatsächlich getragenen Kosten. Darüber hinaus müssen Flüchtlinge mit Gesundheitspersonal zurechtkommen, das sich der besonderen gesundheitlichen Bedürfnisse von Flüchtlingen nicht bewusst ist. Wahrgenommene rechtliche Hindernisse wie die Angst, dass die Offenlegung von Krankheiten die Zusammenführung von Familienmitgliedern verbietet, und die aktuelle Politik, die Hilfsprogramme einschränkt, können den Zugang zu Gesundheitsdiensten ebenfalls einschränken.

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge durch Integration in die bestehenden Gesundheitssysteme der Aufnahmeländer kann sich in einem ressourcenbeschränkten Umfeld ebenfalls schwierig gestalten. Zu den Hindernissen für den Zugang zur Gesundheitsversorgung können in diesem Zusammenhang die politische Abneigung im Aufnahmeland und die bereits überlasteten Kapazitäten des bestehenden Gesundheitssystems gehören. Die politische Abneigung gegen den Zugang von Flüchtlingen zum bestehenden Gesundheitssystem kann auf die allgemeine Frage der Neuansiedlung von Flüchtlingen zurückzuführen sein. Ein Ansatz zur Begrenzung solcher Hindernisse besteht darin, von einem parallelen Verwaltungssystem, in dem UNHCR-Flüchtlinge zwar eine bessere Gesundheitsversorgung erhalten als die Staatsangehörigen des Aufnahmelandes, das aber finanziell und politisch nicht tragbar ist, zu einem integrierten Versorgungssystem überzugehen, in dem Flüchtlinge und Staatsangehörige des Aufnahmelandes die gleiche und rundum bessere Versorgung erhalten. In den 1980er Jahren versuchte Pakistan, den Zugang afghanischer Flüchtlinge zur Gesundheitsversorgung durch die Einrichtung von Basisgesundheitsstationen in den Lagern zu verbessern. Aufgrund von Mittelkürzungen wurden viele dieser Programme eingestellt, so dass die Flüchtlinge gezwungen waren, die Gesundheitsversorgung durch die lokale Regierung in Anspruch zu nehmen. Als Reaktion auf die langwierige Flüchtlingssituation im West-Nil-Distrikt entwickelten ugandische Beamte zusammen mit dem UNHCR ein integratives Gesundheitsversorgungsmodell für die überwiegend sudanesische Flüchtlingsbevölkerung und ugandische Staatsbürger. Einheimische Bürger haben nun Zugang zur Gesundheitsversorgung in Einrichtungen, die ursprünglich für Flüchtlinge geschaffen wurden.

Ein mögliches Argument für die Einschränkung des Zugangs von Flüchtlingen zur Gesundheitsversorgung sind die Kosten, da die Staaten die Belastung durch Gesundheitsausgaben verringern wollen. Deutschland hat jedoch festgestellt, dass die Beschränkung des Zugangs für Flüchtlinge zu einem Anstieg der tatsächlichen Ausgaben im Vergleich zu Flüchtlingen geführt hat, die uneingeschränkten Zugang zu Gesundheitsdiensten hatten. Die gesetzlichen Zugangsbeschränkungen zur Gesundheitsversorgung und die administrativen Hürden in Deutschland werden seit den 1990er Jahren dafür kritisiert, dass sie zu einer verzögerten Versorgung führen, die direkten Kosten und die Verwaltungskosten der Gesundheitsversorgung erhöhen und die Verantwortung für die Versorgung vom kostengünstigeren Primärversorgungssektor auf kostspielige Behandlungen für akute Erkrankungen im Sekundär- und Tertiärsektor verlagern.

Ausbeutung

Bei den Flüchtlingen handelt es sich um verängstigte Menschen, die sich außerhalb ihrer gewohnten Umgebung befinden. Es kann zu Ausbeutung durch Vollstreckungsbeamte, Bürger des Aufnahmelandes und sogar durch Friedenstruppen der Vereinten Nationen kommen. Es wurden Fälle von Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit, psychischen und physischen Traumata/Folter, gewaltbedingten Traumata und sexueller Ausbeutung, insbesondere von Kindern, dokumentiert. In vielen Flüchtlingslagern in den drei vom Krieg zerrütteten westafrikanischen Ländern Sierra Leone, Guinea und Liberia wurde festgestellt, dass junge Mädchen Sex gegen Geld, eine Handvoll Obst oder sogar ein Stück Seife tauschten. Die meisten dieser Mädchen waren zwischen 13 und 18 Jahre alt. Wären die Mädchen gezwungen worden zu bleiben, hätte man sie in den meisten Fällen zwangsverheiratet. Sie wurden im Durchschnitt im Alter von 15 Jahren schwanger. Dies geschah erst im Jahr 2001. Die Eltern neigten dazu, ein Auge zuzudrücken, weil die sexuelle Ausbeutung in diesen Lagern zu einem "Überlebensmechanismus" geworden war.

Große Gruppen von Vertriebenen konnten als "Waffen" missbraucht werden, um politische Gegner oder Nachbarländer zu bedrohen. Unter anderem aus diesem Grund zielt das Ziel 10 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung darauf ab, die geordnete, sichere, regelmäßige und verantwortungsvolle Mobilität von Menschen durch eine geplante und gut gesteuerte Migrationspolitik zu erleichtern.

Kriminalität

Es gibt kaum empirische Belege für die Befürchtung, dass Flüchtlinge in höherem Maße Straftaten begehen als Einheimische, und einige Belege deuten darauf hin, dass sie sogar in geringerem Maße Straftaten begehen als Einheimische. Nur sehr selten wurden Flüchtlinge als militante oder terroristische Kämpfer eingesetzt und rekrutiert, und nur sehr selten wurde die humanitäre Hilfe für die Flüchtlingshilfe zur Finanzierung des Erwerbs von Waffen verwendet. Obwohl die Schlussfolgerungen aus den Fallstudien über die Mobilisierung von Flüchtlingen die Befürchtung aufkommen ließen, dass humanitäre Hilfe Rebellengruppen unterstützen könnte, belegen neuere empirische Erkenntnisse nicht die Verallgemeinerbarkeit dieser Bedenken. Die Unterstützung durch einen Staat, der Flüchtlinge aufnimmt, wurde nur selten dazu genutzt, um Flüchtlinge in die Lage zu versetzen, sich militärisch zu mobilisieren und so eine grenzüberschreitende Konfliktausbreitung zu ermöglichen.

In der Vergangenheit wurden Flüchtlingsgruppen oft als Sicherheitsbedrohung dargestellt. In den USA und in Europa hat man sich stark auf das Narrativ konzentriert, dass Terroristen Netzwerke unter transnationalen, Flüchtlings- und Migrantengruppen unterhalten. Diese Befürchtung wurde zu einem modernen Trojanischen Pferd des islamistischen Terrorismus hochstilisiert, bei dem sich Terroristen unter den Flüchtlingen verstecken und in die Aufnahmeländer eindringen. Die Rhetorik vom "muslimischen Flüchtling als innerem Feind" ist relativ neu, aber die zugrundeliegende Sündenbockfunktion für gesellschaftliche Probleme, Ängste und ethnisch-nationalistische Stimmungen im Inland ist nicht neu. In den 1890er Jahren führte der Zustrom osteuropäischer jüdischer Flüchtlinge nach London in Verbindung mit dem Aufkommen des Anarchismus in der Stadt zu einem Zusammentreffen von Bedrohungswahrnehmung und Angst vor der Flüchtlingsgruppe. Populistische Rhetorik trieb dann auch die Debatte über Migrationskontrolle und den Schutz der nationalen Sicherheit an.

Länderübergreifende empirische Belege für das populistische Misstrauen und die Angst vor einer Bedrohung der nationalen Sicherheit durch Flüchtlinge und terroristische Aktivitäten sind relativ rar. Fallstudien legen nahe, dass die Bedrohung durch einen islamistischen Flüchtlingstrojaner stark übertrieben ist. Von den 800.000 Flüchtlingen, die zwischen 2001 und 2016 im Rahmen des Neuansiedlungsprogramms in den Vereinigten Staaten überprüft wurden, wurden nur fünf anschließend wegen Terrorismus festgenommen; und gegen 17 der 600.000 Iraker und Syrer, die 2015 nach Deutschland kamen, wurde wegen Terrorismus ermittelt. Eine Studie ergab, dass die europäischen Dschihadisten in der Regel "einheimisch" sind: Über 90 % hatten ihren Wohnsitz in einem europäischen Land und 60 % besaßen die europäische Staatsbürgerschaft. Während die Statistiken die Rhetorik nicht stützen, zeigt eine am 11. Juli 2016 veröffentlichte Umfrage des PEW Research Center in zehn europäischen Ländern (Ungarn, Polen, Niederlande, Deutschland, Italien, Schweden, Griechenland, Vereinigtes Königreich, Frankreich und Spanien), dass die Mehrheit (zwischen 52 % und 76 %) der Befragten in acht Ländern (Ungarn, Polen, Niederlande, Deutschland, Italien, Schweden, Griechenland und Vereinigtes Königreich) der Meinung ist, dass Flüchtlinge die Wahrscheinlichkeit von Terrorismus in ihrem Land erhöhen. Seit 1975 liegt in den USA das Risiko, bei einem Terroranschlag durch einen Flüchtling zu sterben, bei 1 zu 3,6 Milliarden pro Jahr, während die Wahrscheinlichkeit, bei einem Autounfall zu sterben, bei 1 zu 113, bei einer staatlich sanktionierten Hinrichtung bei 1 zu 111.439 und bei einem Hundeangriff bei 1 zu 114.622 liegt.

In Europa hat die Angst vor Einwanderung, Islamisierung und Wettbewerb um Arbeitsplätze und Sozialleistungen zu einem Anstieg der Gewalt geführt. Einwanderer werden als Bedrohung für die ethnisch-nationale Identität wahrgenommen und verstärken die Besorgnis über Kriminalität und mangelnde Sicherheit.

In der bereits erwähnten PEW-Umfrage waren 50 % der Befragten der Ansicht, dass Flüchtlinge aufgrund der Konkurrenz um Arbeitsplätze und Sozialleistungen eine Belastung darstellen. Als Schweden im Jahr 2015 über 160.000 Asylbewerber aufnahm, kam es zu 50 Angriffen auf Asylbewerber, was mehr als viermal so viele Angriffe wie in den vier Jahren zuvor waren. Der Terroranschlag von Breivik auf der norwegischen Insel Utøya im Jahr 2011 zeigt, wie sich diese Bedrohungswahrnehmung auf das Risiko eines Landes durch inländischen Terrorismus, insbesondere durch ethno-nationalistischen Extremismus, auswirkt. Breivik stellte sich selbst als Beschützer der norwegischen ethnischen Identität und der nationalen Sicherheit dar, der gegen die Kriminalität der Einwanderer, den Wettbewerb, den Missbrauch von Sozialleistungen und eine islamische Machtübernahme kämpft.

Im Gegensatz zu den weit verbreiteten Befürchtungen, dass Flüchtlinge Kriminalität verursachen, besteht eine empirisch fundiertere Befürchtung darin, dass Flüchtlinge einem hohen Risiko ausgesetzt sind, Ziel von flüchtlingsfeindlicher Gewalt zu werden. Laut einer 2018 im Journal of Peace Research veröffentlichten Studie greifen Staaten als Reaktion auf Terroranschläge oder Sicherheitskrisen häufig zu flüchtlingsfeindlicher Gewalt. Die Studie stellt fest, dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass "die Unterdrückung von Flüchtlingen eher einem Sündenbock-Mechanismus entspricht als der tatsächlichen Verbindung und Verwicklung von Flüchtlingen in den Terrorismus."

Im Jahr 2018 machte US-Präsident Donald Trump einige Bemerkungen über Flüchtlinge und Einwanderer in Schweden; er erklärte, dass die hohe Zahl der Verbrechen auf Flüchtlinge und Einwanderer zurückzuführen sei.

Repräsentation

Die Kategorie "Flüchtling" hat tendenziell eine universalisierende Wirkung auf diejenigen, die als solche eingestuft werden. Sie beruft sich auf die gemeinsame Menschlichkeit einer Masse von Menschen, um das Mitgefühl der Öffentlichkeit zu wecken. Dies kann jedoch die unbeabsichtigte Folge haben, dass die Geschichten von Flüchtlingen zum Schweigen gebracht und die politischen und historischen Faktoren, die zu ihrer gegenwärtigen Situation geführt haben, ausgelöscht werden. Humanitäre Gruppen und Medien verlassen sich oft auf Bilder von Flüchtlingen, die emotionale Reaktionen hervorrufen und für sich selbst sprechen sollen. Die Flüchtlinge auf diesen Bildern werden jedoch nicht gebeten, ihre Erfahrungen zu schildern, und so werden ihre Erzählungen so gut wie ausgelöscht. Aus der Sicht der internationalen Gemeinschaft ist der "Flüchtling" ein performativer Status, der mit Verletzungen, Krankheit und Armut gleichgesetzt wird. Wenn Menschen diese Merkmale nicht mehr aufweisen, werden sie nicht mehr als ideale Flüchtlinge angesehen, auch wenn sie noch der gesetzlichen Definition entsprechen. Aus diesem Grund müssen die derzeitigen humanitären Bemühungen verbessert werden, indem die "narrative Autorität, die historische Handlungsfähigkeit und das politische Gedächtnis" von Flüchtlingen neben ihrer gemeinsamen Menschlichkeit anerkannt werden. Die Dehistorisierung und Entpolitisierung von Flüchtlingen kann schlimme Folgen haben. So wurden beispielsweise ruandische Flüchtlinge in tansanischen Lagern unter Druck gesetzt, in ihr Heimatland zurückzukehren, bevor sie es für wirklich sicher hielten. Obwohl die Flüchtlinge, gestützt auf ihre politische Geschichte und ihre Erfahrungen, behaupteten, dass die Tutsi-Truppen in Ruanda immer noch eine Bedrohung für sie darstellten, wurde ihre Darstellung von den Sicherheitsgarantien der UNO überschattet. Als die Flüchtlinge nach Hause zurückkehrten, häuften sich die Berichte über Repressalien gegen sie, Landbeschlagnahmungen, Verschwindenlassen und Inhaftierung, wie sie befürchtet hatten.

Beschäftigung

Die Eingliederung von Flüchtlingen in die Arbeitswelt ist einer der wichtigsten Schritte zur allgemeinen Integration dieser besonderen Migrantengruppe. Viele Flüchtlinge sind arbeitslos, unterbeschäftigt, unterbezahlt und arbeiten in der informellen Wirtschaft, wenn sie nicht gerade öffentliche Unterstützung erhalten. Flüchtlinge stoßen in den Aufnahmeländern auf zahlreiche Hindernisse, wenn es darum geht, eine Beschäftigung zu finden und aufrechtzuerhalten, die ihren Erfahrungen und Kenntnissen entspricht. Ein systemisches Hindernis, das sich über mehrere Ebenen erstreckt (d. h. institutionelle, organisatorische und individuelle Ebene), wird als "canvas ceiling" bezeichnet.

Bildung

Flüchtlingskinder haben viele verschiedene Hintergründe, und ihre Gründe für die Neuansiedlung sind noch vielfältiger. Die Zahl der Flüchtlingskinder hat weiter zugenommen, da Konflikte auf der ganzen Welt Gemeinschaften zerstören. Allein im Jahr 2014 gab es rund 32 bewaffnete Konflikte in 26 Ländern auf der ganzen Welt, und in diesem Zeitraum wurde die höchste Zahl von Flüchtlingen aller Zeiten verzeichnet. Pädagogen wie Lehrer, Berater und Schulpersonal sowie das schulische Umfeld spielen eine entscheidende Rolle bei der Erleichterung der Sozialisierung und Akkulturation von neu angekommenen Flüchtlings- und Einwandererkindern in ihren neuen Schulen.

Hindernisse

Die Erfahrungen, die Kinder in Zeiten bewaffneter Konflikte machen, können ihre Fähigkeit, in einem schulischen Umfeld zu lernen, beeinträchtigen. In den Schulen gibt es eine Reihe von Faktoren, die zum Schulabbruch bei Flüchtlings- und Einwandererkindern führen: Ablehnung durch Gleichaltrige, geringes Selbstwertgefühl, unsoziales Verhalten, negative Einschätzung ihrer akademischen Fähigkeiten und mangelnde Unterstützung durch Schulpersonal und Eltern. Da Flüchtlinge aus verschiedenen Regionen der Welt kommen und ihre eigenen kulturellen, religiösen, sprachlichen und häuslichen Gepflogenheiten mitbringen, kann die neue Schulkultur mit der häuslichen Kultur in Konflikt geraten, was zu Spannungen zwischen dem Schüler und seiner Familie führt.

Neben den Schülern sehen sich auch die Lehrer und das Schulpersonal mit ihren eigenen Hindernissen bei der Arbeit mit Flüchtlingsschülern konfrontiert. Sie haben Bedenken, ob sie in der Lage sind, auf die geistigen, körperlichen, emotionalen und pädagogischen Bedürfnisse der Schüler einzugehen. In einer Studie über neu angekommene Bantu-Schüler aus Somalia an einer Schule in Chicago wurde die Frage aufgeworfen, ob die Schulen in der Lage sind, ihnen eine qualitativ hochwertige Bildung zu bieten, die den Bedürfnissen der Schüler gerecht wird. Die Schüler wussten nicht, wie man Bleistifte benutzt, was dazu führte, dass sie die Spitzen abbrachen und häufig nachgespitzt werden mussten. Es kann sogar vorkommen, dass Lehrkräfte Flüchtlingsschüler als anders als andere Einwanderergruppen ansehen, wie es bei den Bantu-Schülern der Fall war. Die Lehrer haben manchmal das Gefühl, dass ihre Arbeit erschwert wird, weil sie unter dem Druck stehen, die staatlichen Anforderungen für Tests zu erfüllen. Wenn Flüchtlingskinder zurückbleiben oder sich abmühen, den Rückstand aufzuholen, kann dies Lehrer und Verwaltungsangestellte überfordern, was wiederum zu Ärger führt.

Nicht alle Schüler gewöhnen sich in gleicher Weise an ihre neue Umgebung. Ein Schüler braucht vielleicht nur drei Monate, während es bei anderen vier Jahre dauern kann. Eine Studie ergab, dass sich laotische und vietnamesische Flüchtlingsschüler in den USA selbst im vierten Schuljahr noch in einer Übergangsphase befanden. Flüchtlingsschüler stoßen während ihrer Schulzeit immer wieder auf Schwierigkeiten, die ihre Lernfähigkeit beeinträchtigen können. Um eine angemessene Unterstützung bieten zu können, müssen die Lehrkräfte die Erfahrungen der Schüler berücksichtigen, bevor sie sich in den USA niederließen.

In den Ländern, in denen sie sich zuerst niedergelassen haben, machen Flüchtlingsschüler möglicherweise negative Erfahrungen mit dem Bildungswesen, die sie auch nach der Ansiedlung mitnehmen können. Zum Beispiel:

  • Häufige Unterbrechungen ihrer Ausbildung, da sie von Ort zu Ort ziehen
  • Begrenzter Zugang zu Schulbildung
  • Sprachbarrieren
  • Geringe Ressourcen zur Unterstützung der Sprachentwicklung und des Lernens und vieles mehr

Statistiken zeigen, dass es in Ländern wie Uganda und Kenia Lücken beim Schulbesuch von Flüchtlingsschülern gibt. So besuchten in Uganda 80 % der Flüchtlinge eine Schule, während es in Kenia nur 46 % der Schüler waren, die eine Schule besuchten. In der Sekundarstufe waren die Zahlen noch viel niedriger. In Malaysia besuchten nur 1,4 % der Flüchtlingsschüler eine Schule. Dieser Trend ist in mehreren Erstaufnahmeländern zu beobachten und wirkt sich negativ auf die Schüler aus, sobald sie an ihrem endgültigen Aufenthaltsort, z. B. in den USA, ankommen und sich in einem neuen Bildungssystem zurechtfinden müssen. Leider haben einige Flüchtlinge nicht die Möglichkeit, Schulen in ihren Erstaufnahmeländern zu besuchen, da sie in Ländern wie Malaysia für Rohingya-Flüchtlinge als Einwanderer ohne Papiere gelten. In anderen Fällen, wie z. B. bei Burundern in Tansania, haben Flüchtlinge im Vertreibungsland einen besseren Zugang zu Bildung als in ihren Heimatländern.

Überwindung von Hindernissen

Alle Schülerinnen und Schüler brauchen irgendeine Form der Unterstützung, um Hindernisse und Herausforderungen in ihrem Leben zu überwinden, insbesondere Flüchtlingskinder, die häufig mit Störungen konfrontiert sind. Es gibt einige Möglichkeiten, wie Schulen Flüchtlingsschülern helfen können, Hindernisse zu überwinden, um in ihrer neuen Heimat Erfolg zu haben:

  • Respektieren Sie die kulturellen Unterschiede zwischen Flüchtlingen und der neuen Heimatkultur.
  • Individuelle Bemühungen, Flüchtlinge willkommen zu heißen, um Gefühle der Isolation zu vermeiden
  • Unterstützung durch Lehrkräfte
  • Schülerzentrierte Pädagogik im Gegensatz zu lehrerzentrierter Pädagogik
  • Aufbau von Beziehungen zu den Schülern
  • Lob und Bestätigungen
  • Umfassende Unterstützung und Erstellung von Lehrplänen, damit die Schüler in ihrer Muttersprache lesen, schreiben und sprechen können.

Eine Schule in New York City hat eine Methode gefunden, mit der sie Flüchtlingsschülern zum Erfolg verhilft. Diese Schule fördert die Sprach- und Lesekompetenz, so dass die Schüler bei der Durchführung von Projekten sowohl Englisch als auch ihre Muttersprache verwenden. Außerdem wird eine lernzentrierte Pädagogik angewandt, die die Idee fördert, dass es mehrere Einstiegspunkte gibt, um die Schüler in das Lernen einzubeziehen. Beide Strategien haben dazu beigetragen, dass Flüchtlingsschüler während ihres Übergangs in die US-Schulen erfolgreich waren.

Verschiedene Websites enthalten Ressourcen, die dem Schulpersonal helfen können, besser mit Flüchtlingsschülern zu arbeiten, wie z. B. Bridging Refugee Youth and Children's Services. Mit der Unterstützung von Pädagogen und der Schulgemeinschaft kann die Bildung dazu beitragen, das akademische, soziale und emotionale Wohlbefinden von Flüchtlingsschülern wiederherzustellen, die in der Vergangenheit und Gegenwart unter Traumata, Ausgrenzung und sozialer Entfremdung gelitten haben.

Kulturelle Unterschiede

Es ist wichtig, die kulturellen Unterschiede zwischen neu angekommenen Flüchtlingen und der Schulkultur, z. B. in den USA, zu verstehen. Dies kann als problematisch angesehen werden, da es zu häufigen Störungen im Unterricht kommen kann.

Darüber hinaus werden die Schüler aufgrund der sprachlichen und kulturellen Unterschiede oft in niedrigere Klassen eingeteilt, weil sie die englische Sprache nicht beherrschen. Es kann auch vorkommen, dass Schüler aufgrund ihrer mangelnden Englischkenntnisse Klassen wiederholen müssen, selbst wenn sie den Inhalt der Klasse beherrschen. Wenn die Schulen über die nötigen Mittel verfügen und in der Lage sind, für Flüchtlingsschüler separate Klassen einzurichten, in denen sie ihre Englischkenntnisse ausbauen können, dauert es im Durchschnitt nur drei Monate, bis die Flüchtlingsschüler zu ihren Mitschülern aufgeschlossen haben. Dies war bei somalischen Flüchtlingen an einigen Grundschulen in Nairobi der Fall.

Die Vorgeschichte von Flüchtlingsschülern bleibt den Lehrern oft verborgen, was zu kulturellen Missverständnissen führt. Wenn Lehrer, Schulpersonal und Gleichaltrige jedoch Flüchtlingsschülern helfen, eine positive kulturelle Identität zu entwickeln, kann dies dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der Erfahrungen von Flüchtlingen, wie schlechte schulische Leistungen, Isolation und Diskriminierung, abzufedern.

Flüchtlingskrise

Flüchtlingslager im Südsudan, 2016

Eine Flüchtlingskrise kann sich auf die Bewegung großer Gruppen von Vertriebenen beziehen, bei denen es sich entweder um Binnenvertriebene, Flüchtlinge oder andere Migranten handeln kann. Der Begriff kann sich auch auf Vorfälle im Herkunfts- oder Abreiseland, auf große Probleme während der Reise oder sogar nach der Ankunft in einem sicheren Land beziehen, die große Gruppen von Vertriebenen betreffen. Das UNHCR schätzt die Zahl der gewaltsam vertriebenen Menschen Ende 2020 auf etwa 82,4 Millionen weltweit. Davon sind 26,4 Millionen (fast ein Drittel) Flüchtlinge, während 4,1 Millionen als Asylbewerber und 48 Millionen als Binnenvertriebene eingestuft wurden. 68 % der Flüchtlinge stammen aus nur fünf Ländern (Syrien, Venezuela, Afghanistan, Südsudan und Myanmar). 86 % der Flüchtlinge sind in Entwicklungsländern untergebracht, wobei die Türkei mit 3,7 Millionen Flüchtlingen an der Spitze der Aufnahmeländer liegt.

Im Jahr 2006 gab es weltweit 8,4 Millionen vom UNHCR registrierte Flüchtlinge, die niedrigste Zahl seit 1980. Ende 2015 gab es weltweit 16,1 Millionen Flüchtlinge. Rechnet man die 5,2 Millionen palästinensischen Flüchtlinge hinzu, die unter dem Mandat des UNRWA stehen, waren es 21,3 Millionen Flüchtlinge weltweit. Die Gesamtzahl der Vertriebenen belief sich Ende 2015 weltweit auf 65,3 Millionen, während es 12 Monate zuvor noch 59,5 Millionen waren. Einer von 113 Menschen weltweit ist ein Asylbewerber oder ein Flüchtling. Im Jahr 2015 erreichte die Gesamtzahl der weltweit vertriebenen Menschen, einschließlich Flüchtlingen, Asylbewerbern und Binnenvertriebenen, den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen.

Unter ihnen bildeten die syrischen Flüchtlinge mit 4,9 Millionen die größte Gruppe im Jahr 2015. Im Jahr 2014 hatten die Syrer die afghanischen Flüchtlinge (2,7 Millionen) überholt, die drei Jahrzehnte lang die größte Flüchtlingsgruppe gewesen waren. Somalier waren mit einer Million die drittgrößte Gruppe. Die Länder, die laut UNHCR die meisten Flüchtlinge aufnahmen, waren die Türkei (2,5 Millionen), Pakistan (1,6 Millionen), der Libanon (1,1 Millionen) und der Iran (1 Million). Die Länder mit den meisten Binnenflüchtlingen waren Kolumbien mit 6,9, Syrien mit 6,6 Millionen und der Irak mit 4,4 Millionen.

51 % der Flüchtlinge im Jahr 2015 waren Kinder, und die meisten von ihnen waren von ihren Eltern getrennt oder allein unterwegs. Im Jahr 2015 befanden sich 86 % der Flüchtlinge unter dem Mandat des UNHCR in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die selbst in der Nähe von Konfliktsituationen liegen. In der Vergangenheit neigten die Flüchtlinge dazu, in nahegelegene Länder zu fliehen, in denen es ethnische Verwandtschaft gibt und die in der Vergangenheit andere co-ethnische Flüchtlinge aufgenommen haben. Die religiöse, sektiererische und konfessionelle Zugehörigkeit war ein wichtiges Merkmal der Debatte in den Ländern, die Flüchtlinge aufgenommen haben.

Flüchtlinge und Menschen in flüchtlingsähnlichen Situationen nach Regionen zwischen 2008 und 2018
Region
(UN-Hauptgebiet)
2018 2017 2016 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008
Afrika 6,775,502 6,687,326 5,531,693 4,126,800 3,377,700 3,068,300 2,924,100 2,408,700 2,300,100 2,332,900
Asien 10,111,523 9,945,930 8,608,597 7,942,100 6,317,500 5,060,100 5,104,100 5,715,800 5,620,500 5,706,400
Europa 2,760,771 2,602,942 2,300,833 1,500,500 1,152,800 1,522,100 1,534,400 1,587,400 1,628,100 1,613,400
Lateinamerika und Karibik 215,924 252,288 322,403 352,700 382,000 380,700 377,800 373,900 367,400 350,300
Nordamerika 427,350 391,907 370,291 416,400 424,000 425,800 429,600 430,100 444,900 453,200
Ozeanien 69,492 60,954 53,671 46,800 45,300 41,000 34,800 33,800 35,600 33,600
Insgesamt 20,360,562 19,941,347 17,187,488 14,385,300 11,699,300 10,498,000 10,404,800 10,549,700 10,396,600 10,489,800

Das BAMF führt seit 1953 eine Statistik zu Asylanträgen in Deutschland. Seitdem wurden bis einschließlich 2016 rund 5,3 Mio. Asylanträge gestellt. Davon entfielen auf die ersten 36 Jahre 1953–1989 ca. 18 % mit rund 0,9 Mio. Anträgen und auf die 27 Jahre 1990–2016 ca. 82 % mit rund 4,4 Mio. Anträgen. Frühere Allzeithochs waren 1980 mit 107.818 Anträgen und 1992 mit 438.191 Anträgen. Im Zuge des syrischen Bürgerkriegs erhöhte sich die Zahl der Flüchtlinge 2015 in der Flüchtlingskrise in Europa und damit auch in Deutschland sprunghaft. Allein 2016 wurden 745.545 neue Anträge entgegengenommen.

Entwicklung der UNHCR Flüchtlingszahlen 1998 bis 2019
Status 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Flüchtlinge 11.480.860 12.129.572 10.594.055 9.573.397 9.877.703 10.489.812 10.549.681 10.497.957 14.385.316 16.111.285 17.187.488 19.941.347 20.360.562 26.000.000 26.400.000
Intern Vertriebene 5.063.880 5.998.501 4.646.641 5.426.539 12.794.268 14.442.227 14.697.804 17.670.368 32.274.619 37.494.172 36.627.127 39.118.516 41.425.147 45.700.000 48.000.000

Begriff

Begriffsgeschichte

Schon in der Nachkriegszeit wurde Flüchtling in Deutschland als umgangssprachliche Bezeichnung für Zwangsmigration genutzt, die in der damaligen Zeit unter anderen die folgenden Gruppen umfasste: Evakuierte, Geflohene und Vertriebene aus Mittel- und Osteuropa, Kriegsgefangene, die nicht mehr in ihre Heimat zurückkehrten, Flüchtlinge, die über die grüne Grenze kamen und Displaced Persons. Im flüchtlingspolitischen Diskurs wurde der Ausdruck Flüchtling uneinheitlich als Sammelbegriff oder als Kennzeichnung ausgewählter Personengruppen verwendet. Im rechtlichen und öffentlich-politischen Sprachgebrauch kristallisierten sich die zwei Gruppen „Ausgewiesene und Flüchtlinge aus Ost- und Südosteuropa“ und die „Flüchtlinge und Zuwanderer aus der Sowjetzone“ heraus. „Displaced Persons“ wurden rechtlich als heimatlose Ausländer eingestuft.

In den 80er Jahren wurden Asyl und Asylant die Leitvokabeln. Wie sprachstrategisch versucht wird, mit der Differenzierung zwischen (echtem) Flüchtling und (unechtem) Wirtschaftsflüchtling, den Schutzsuchenden die Triftigkeit der Motive für das Verlassen der Heimat abzusprechen, erinnert dabei an die Differenzierung zwischen politischer Flüchtling und unechter illegaler Flüchtling für die Sowjetzonenflüchtlinge.

Wort des Jahres

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) entschied, dass Flüchtlinge das Wort des Jahres 2015 sei. Es handele sich nicht nur um das das Jahr 2015 beherrschende politische Thema, das Wort sei auch sprachlich interessant, so die Begründung. Die GfdS weist auf negative Konnotationen des Begriffs hin:

„Gebildet aus dem Verb flüchten und dem Ableitungssuffix -ling (›Person, die durch eine Eigenschaft oder ein Merkmal charakterisiert ist‹), klingt Flüchtling für sprachsensible Ohren tendenziell abschätzig: Analoge Bildungen wie Eindringling, Emporkömmling oder Schreiberling sind negativ konnotiert, andere wie Prüfling, Lehrling, Findling, Sträfling oder Schützling haben eine deutlich passive Komponente. Neuerdings ist daher öfters alternativ von Geflüchteten die Rede. Ob sich dieser Ausdruck im allgemeinen Sprachgebrauch durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.“

In Kreisen der politischen Linken wird oftmals der Begriff Flüchtling in deutschsprachigen Äußerungen durch dessen englisches Pendant Refugee ersetzt. Auch der Begriff Schutzsuchende wird manchmal verwendet. Dagegen wird eingewendet, Geflüchtete oder Refugees seien keine Eigenbezeichnungen und daher ebenso problematisch. Es gibt daher auch die Position, den Begriff Flüchtling zu verteidigen, dieser sei positiver besetzt als der negativ konnotierte Begriff Asylant. Auch in Komposita wird in der Regel der Begriff Flüchtling verwendet, etwa Flüchtlingskrise und Flüchtlingshilfe – ebenso gibt es den Weltflüchtlingstag bzw. Tag des Flüchtlings.

Internationale Flüchtlingshilfe

UN-Sonderbotschafter für Flüchtlinge

Die Vereinten Nationen ernennen Sonderbotschafter für das UNHCR:

  • 1987: Barbara Hendricks
  • 2000: Adel Imam
  • 2001: Angelina Jolie
  • 2002: Giorgio Armani
  • 2003: Julien Clerc
  • 2017: Yusra Mardini

Flüchtlingsstatus

Aberkennung

Anerkannte Flüchtlinge, die das Gastland verlassen, um das Land zu besuchen, aus dem sie zuvor vor Verfolgung geflohen waren, können ihren Status als Flüchtling wieder verlieren. So erkannte die Schweiz 2015 189 Flüchtlingen aus Eritrea, dem Irak, Vietnam, Bosnien und Herzegowina, der Türkei und aus Tunesien wegen entsprechender Reisen den Status wieder ab. Nach Zeitungsberichten vom September 2016 verhindern im Gegensatz dazu in Deutschland die Verwaltungsvorschriften, solchen Verdachtsfällen nachzugehen.

Außerdem kann ein Flüchtling ausgewiesen werden, der in die Planung und/oder Durchführung von terroristischen Anschlägen oder sonstigen, die öffentliche Sicherheit gefährdende Akte, verwickelt ist. Eine Ausweisung aus Gründen der Staatssicherheit ist völkerrechtlich in Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention geregelt.

Lebensbedingungen von Flüchtlingen

Vor und während der Flucht

Flüchtlinge haben unter Umständen ihre Heimat verlassen, weil sie dort verfolgt oder misshandelt und gefoltert wurden. Die Flucht verläuft teilweise unter dramatischen und strapaziösen Umständen. Viele von ihnen sind vor sexueller Gewalt in ihrem Heimatland geflohen, andere erfahren auf der Flucht Gewalt durch Schlepper oder Mitreisende. Insgesamt sind Flüchtlinge vor gewaltsamen Übergriffen – insbesondere vor politisch motivierten, rassistischen und sexuellen Übergriffen – oft unzureichend geschützt. Flüchtlinge haben aufgrund ihrer Situation oft Ungewissheit, wo sie in Monaten oder Jahren leben werden und wie es um Familienmitglieder im Heimatland steht.

Unicef bewertet inoffizielle Flüchtlingslager in Libyen als „nichts anderes als Zwangsarbeitslager […] und Behelfs-Gefängnisse“.

Nach Erhalt des Flüchtlingsstatus

Laut einer in Deutschland durchgeführten Studie reagieren Migranten stärker als Einheimische auf Stressignale. Kommt dauerhafter sozialer Stress hinzu, haben sie ein erhöhtes Risiko psychischer Erkrankung. Typischerweise machen sie im Zielland die Erfahrung, als Mitglied einer Gruppe ethnisch diskriminiert zu werden. Bei Flüchtlingen liegen zudem häufig Traumatisierungen vor, etwa durch Kriege, so dass es bei Existenzschwierigkeiten im Zielland zu einer Retraumatisierung kommen kann. Weltweit tragen Flüchtlinge ein zwei- bis dreifach hohes Risiko, an Depressionen oder Psychosen zu erkranken. Unter Migranten der zweiten Generation wurde ein erhöhtes Krankheitsrisiko für Psychosen festgestellt. (Zur medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung von Asylbewerbern in Deutschland siehe Asylbewerberleistungsgesetz#Gesundheitliche Versorgung.)

Zur Unterstützung von Familien mit durch die Flucht traumatisierten Eltern und zur Prävention einer transgenerationalen Weitergabe wurden in Deutschland die Projekte ERSTE SCHRITTE und STEP-BY-STEP eingerichtet.