Hypophyse
Hirnanhangsdrüse ⓘ | |
---|---|
Einzelheiten | |
Vorläufer | Neurales und orales Ektoderm, einschließlich Rathke's Pouch |
Arterie | Arteria hypophysalis superior, Arteria infundibularis, Arteria prechiasmalis, Arteria hypophysalis inferior, Arteria capsularis, Arterie des Sinus cavernosus inferior |
Bezeichnungen | |
Lateinisch | Hypophyse, Glandula pituitaria |
Anatomische Begriffe der Neuroanatomie [Bearbeiten auf Wikidata] |
In der Anatomie der Wirbeltiere ist die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) eine endokrine Drüse, die etwa die Größe einer Erbse hat und beim Menschen durchschnittlich 0,5 Gramm wiegt. Sie ist eine Ausstülpung an der Unterseite des Hypothalamus an der Basis des Gehirns. Die Hypophyse ruht auf der Fossa hypophysialis des Keilbeins in der Mitte der mittleren Schädelgrube und ist von einer kleinen knöchernen Höhle (Sella turcica) umgeben, die von einer Durafalte (Diaphragma sellae) bedeckt ist. Der Hypophysenvorderlappen (oder Adenohypophyse) ist ein Lappen der Drüse, der verschiedene physiologische Prozesse wie Stress, Wachstum, Fortpflanzung und Laktation reguliert. Der Zwischenlappen synthetisiert und sezerniert das Melanozyten-stimulierende Hormon. Der Hypophysenhinterlappen (oder Neurohypophyse) ist ein Lappen der Drüse, der durch die Eminenz mediana über eine kleine Röhre, den Hypophysenstiel (auch Infundibulum oder Infundibulum genannt), funktionell mit dem Hypothalamus verbunden ist. ⓘ
Die von der Hypophyse ausgeschütteten Hormone tragen zur Steuerung des Wachstums, des Blutdrucks, des Energiehaushalts, aller Funktionen der Geschlechtsorgane, der Schilddrüse und des Stoffwechsels sowie einiger Aspekte der Schwangerschaft, der Geburt, des Stillens, der Wasser-/Salzkonzentration in den Nieren, der Temperaturregelung und der Schmerzlinderung bei. ⓘ
Aufbau
Die Hypophyse des Menschen hat eine ovale Form und ist eine erbsengroße Drüse, die in einer schützenden knöchernen Umhüllung, der Sella turcica, sitzt. Sie besteht aus zwei Lappen: dem vorderen und dem hinteren, mit einem Zwischenlappen, der die beiden Regionen verbindet. Bei vielen Tieren sind diese drei Lappen getrennt. Der Zwischenlappen ist avaskulär und beim Menschen fast nicht vorhanden. Der Zwischenlappen ist bei vielen Tierarten vorhanden, insbesondere bei Nagetieren, Mäusen und Ratten, die ausgiebig zur Untersuchung der Entwicklung und Funktion der Hypophyse verwendet wurden. Bei allen Tieren unterscheidet sich der fleischige, drüsige Hypophysenvorderlappen von der neuralen Zusammensetzung des Hypophysenhinterlappens, der eine Erweiterung des Hypothalamus ist. ⓘ
Die Höhe der Hypophyse liegt zwischen 5,3 und 7,0 mm. Das Volumen der Hypophyse liegt zwischen 200 und 440 mm3. ⓘ
Vorderseite
Die Hypophyse ist mit dem Hypothalamus über den Hypophysenstiel (Infundibulum) verbunden und wird in
- Hypophysenvorderlappen (Lobus anterior hypophysis, Adenohypophyse), bestehend aus
- Pars distalis (der vordere, größte Abschnitt des Vorderlappens),
- Pars infundibularis (Pars tuberalis), den Hypophsenstiel bedeckend, und
- Pars intermedia (Hypophysenzwischenlappen, ein schmaler Mittelstreifen), und
- Hypophysenhinterlappen (Lobus posterior hypophysis, Neurohypophyse)
eingeteilt. Entwicklungsgeschichtlich und funktionell unterscheiden sich die Hypophysenlappen voneinander. Während die Adenohypophyse aus einer Ausstülpung des Rachendaches, der sogenannten Rathke-Tasche, hervorgeht und sich der Neurohypophyse anlagert, ist die Neurohypophyse eine Ausstülpung des Zwischenhirns. Dieser Unterschied ist histologisch zu erkennen, denn während in der Adenohypophyse verschiedene in Ballen angeordnete endokrine Drüsenzellen vorkommen, dominieren in der Neurohypophyse vor allem Nervenzellfortsätze, sogenannte Axone, deren Zellkörper im Hypothalamus liegen. Somit vermag die Adenohypophyse Hormone unter Kontrolle des Hypothalamus selbst zu bilden und die Neurohypophyse ist hingegen als Speicher- und Sekretionsorgan für die im Hypothalamus gebildeten Hormone zuständig. ⓘ
- Blutversorgung
Die Hypophyse wird über vier Arterien mit Blut gespeist. Aus der Pars cavernosa der Arteria carotis interna entspringen zwei Arteriae hypophysiales inferiores, die vor allem im Bereich der Neurohypophyse ein Kapillarnetz bilden, in welches die entsprechenden Hormone abgegeben werden. Aus der Pars cerebralis der Arteria carotis interna entspringen zwei Arteriae hypophysiales superiores, die im Bereich der Eminentia mediana und des Hypophysenstiels Primärplexus bilden, in welchem einige Areale des Hypothalamus ihre Hormone, Liberine und Statine, sezernieren. Über die Venae portales hypophysiales gelangen sie in den Sekundärplexus, der an der Adenohypophyse liegt. In diesem Sekundärplexus gelangen die Hormone des Hypothalamus direkt an ihren Wirkort und es werden die Hormone der Adenohypophyse dort abgegeben, von wo aus sie in den Sinus cavernosus und damit in den Körperkreislauf abfließen, um ihre Wirkungen zu entfalten. ⓘ
Der Hypophysenvorderlappen entsteht aus einer Einstülpung des oralen Ektoderms (Rathke's Pouch). Dies steht im Gegensatz zur Hypophysenhinterwand, die aus dem Neuroektoderm entsteht. ⓘ
Die endokrinen Zellen des Hypophysenvorderlappens werden durch regulatorische Hormone gesteuert, die von parvozellulären neurosekretorischen Zellen in den hypothalamischen Kapillaren freigesetzt werden, die zu infundibulären Blutgefäßen führen, die wiederum zu einem zweiten Kapillarbett im Hypophysenvorderlappen führen. Diese Gefäßverbindung bildet das hypothalamisch-hypophysäre Portalsystem. Die aus dem zweiten Kapillarbett diffundierenden hypothalamischen Releasing-Hormone binden dann an die endokrinen Zellen des Hypophysenvorderlappens, wodurch deren Hormonausschüttung hoch- oder herunterreguliert wird. ⓘ
Der Hypophysenvorderlappen enthält mehrere verschiedene Zelltypen, die Hormone synthetisieren und absondern. Normalerweise gibt es für jedes wichtige Hormon, das im Hypophysenvorderlappen gebildet wird, einen Zelltyp. Mit speziellen Färbemitteln, die mit hochaffinen Antikörpern verbunden sind, die an das jeweilige Hormon binden, können mindestens 5 Zelltypen unterschieden werden. ⓘ
S.Nr. | Typ der Zelle | Ausgeschüttetes Hormon | Prozentualer Anteil des Zelltyps ⓘ |
---|---|---|---|
1. | Somatotrope Zellen | menschliches Wachstumshormon (hGH) | 30-50% |
2. | Kortikotrope | Adrenocorticotropin (ACTH) | 20% |
3. | Schilddrüsenhormone | schilddrüsenstimulierendes Hormon (TSH) | 3–5% |
4. | Gonadotrope | gonadotrope Hormone, d. h. sowohl das luteinisierende Hormon (LH) als auch das follikelstimulierende Hormon (FSH) | 3–5% |
5. | Laktotrope Hormone | Prolaktin (PRL) | 3–5% |
Hinterlappen
Der Hypophysenhinterlappen entwickelt sich als Verlängerung des Hypothalamus aus dem Boden des dritten Ventrikels. Die Hormone des Hypophysenhinterlappens werden von Zellkörpern im Hypothalamus synthetisiert. Die magnozellulären neurosekretorischen Zellen der supraoptischen und paraventrikulären Kerne im Hypothalamus projizieren Axone das Infundibulum hinunter zu Endigungen im Hypophysenhinterlappen. Diese einfache Anordnung unterscheidet sich deutlich von der des benachbarten Hypophysenvorderlappens, der sich nicht aus dem Hypothalamus entwickelt. ⓘ
Die Freisetzung von Hypophysenhormonen sowohl durch den Hypophysenvorder- als auch durch den Hypophysenhinterlappen unterliegt der Kontrolle des Hypothalamus, wenn auch auf unterschiedliche Weise. ⓘ
Funktionen
Vorderseite
Der Hypophysenvorderlappen synthetisiert und sezerniert Hormone. Alle erwähnten Releasing-Hormone (-RH) können auch als Releasing-Faktoren (-RF) bezeichnet werden. ⓘ
Somatotrope Hormone:
- Das menschliche Wachstumshormon (HGH), auch als "Wachstumshormon" (GH) oder Somatotropin bezeichnet, wird unter dem Einfluss des hypothalamischen Wachstumshormon-Releasing-Hormons (GHRH) freigesetzt und durch das hypothalamische Somatostatin gehemmt. ⓘ
Corticotrope:
- Sie werden aus dem Vorläuferprotein Proopiomelanocortin gespalten und umfassen das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) sowie das beta-Endorphin und das Melanozyten-stimulierende Hormon, die unter dem Einfluss des hypothalamischen Corticotropin-Releasing-Hormons (CRH) freigesetzt werden. ⓘ
Schilddrüsenhormone:
- Das schilddrüsenstimulierende Hormon (TSH) wird unter dem Einfluss des hypothalamischen Thyreotropin-Releasing-Hormons (TRH) freigesetzt und durch Somatostatin gehemmt. ⓘ
Gonadotrope Hormone:
- Luteinisierendes Hormon (LH).
- Follikelstimulierendes Hormon (FSH), beide werden unter dem Einfluss des Gonadotropin-freisetzenden Hormons (GnRH) freigesetzt ⓘ
Laktotrope Hormone:
- Prolaktin (PRL), dessen Freisetzung durch hypothalamisches TRH, Oxytocin, Vasopressin, vasoaktives intestinales Peptid, Angiotensin II, Neuropeptid Y, Galanin, Substanz P, bombesinähnliche Peptide (gastrinfreisetzendes Peptid, Neuromedin B und C) und Neurotensin in unterschiedlicher Weise stimuliert und durch hypothalamisches Dopamin gehemmt wird. ⓘ
Diese Hormone werden vom Hypophysenvorderlappen unter dem Einfluss des Hypothalamus freigesetzt. Die Hormone des Hypothalamus werden über ein spezielles Kapillarsystem, das so genannte hypothalamisch-hypophysäre Portalsystem, an den Vorderlappen abgegeben. ⓘ
Außerdem gibt es eine nicht endokrine Zellpopulation, die folliculostellaten Zellen. ⓘ
Zwischenlappen
Der Intermediärlappen synthetisiert und sezerniert die folgenden wichtigen endokrinen Hormone:
- Melanozyten-stimulierendes Hormon (MSH). Dieses wird auch im Vorderlappen gebildet. MSH, das im Zwischenlappen produziert wird, wird manchmal als "Intermedin" bezeichnet. ⓘ
Hinterlappen
Der Hypophysenhinterlappen speichert und sezerniert (synthetisiert aber nicht) die folgenden wichtigen endokrinen Hormone: Magnozelluläre Neurone:
- Antidiuretisches Hormon (ADH, auch bekannt als Vasopressin und Arginin-Vasopressin AVP), das größtenteils vom Nucleus supraopticus im Hypothalamus ausgeschüttet wird.
- Oxytocin, das zum größten Teil vom paraventrikulären Kern im Hypothalamus freigesetzt wird. Oxytocin ist eines der wenigen Hormone, die eine positive Rückkopplungsschleife erzeugen. So stimulieren beispielsweise Uteruskontraktionen die Freisetzung von Oxytocin aus der Hypophyse, was wiederum die Uteruskontraktionen verstärkt. Diese positive Rückkopplungsschleife setzt sich während der gesamten Geburt fort. ⓘ
Hormone
Die von der Hypophyse ausgeschütteten Hormone tragen zur Steuerung der folgenden Körperprozesse bei:
- Wachstum (GH)
- Blutdruck
- Einige Aspekte von Schwangerschaft und Geburt, einschließlich der Stimulierung der Gebärmutterkontraktionen
- Produktion von Muttermilch
- Funktionen der Geschlechtsorgane bei beiden Geschlechtern
- Funktion der Schilddrüse
- Metabolische Umwandlung von Nahrung in Energie
- Wasser- und Osmolaritätsregulation im Körper
- Wasserhaushalt über die Kontrolle der Wasserrückresorption durch die Nieren
- Regulierung der Temperatur
- Schmerzlinderung ⓘ
Klinische Bedeutung
Einige der Krankheiten, an denen die Hypophyse beteiligt ist, sind:
- Zentraler Diabetes insipidus, verursacht durch einen Mangel an Vasopressin
- Gigantismus und Akromegalie, verursacht durch einen Überschuss an Wachstumshormonen in der Kindheit bzw. im Erwachsenenalter
- Hypothyreose, verursacht durch einen Mangel an schilddrüsenstimulierendem Hormon
- Hyperpituitarismus, d. h. die erhöhte (Hyper-)Sekretion eines oder mehrerer Hormone, die normalerweise von der Hypophyse produziert werden
- Hypopituitarismus, die verminderte (hypo) Sekretion eines oder mehrerer Hormone, die normalerweise von der Hypophyse produziert werden
- Panhypopituitarismus, eine verminderte Sekretion der meisten Hypophysenhormone
- Hypophysentumore
- Hypophysenadenome, nicht krebsartige Tumore, die in der Hypophyse auftreten ⓘ
Alle Funktionen der Hypophyse können durch eine Über- oder Unterproduktion der entsprechenden Hormone beeinträchtigt werden. ⓘ
Die Hypophyse ist über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse) wichtig für die Vermittlung der Stressreaktion. Das Wachstum der Hypophyse in der Adoleszenz kann durch frühen Stress in der Kindheit wie Misshandlung oder dysphorisches Verhalten der Mutter beeinflusst werden. ⓘ
Es wurde nachgewiesen, dass nach Kontrolle von Alter, Geschlecht und BMI größere Mengen an DHEA und DHEA-S tendenziell mit einem größeren Hypophysenvolumen verbunden sind. Darüber hinaus wurde eine Korrelation zwischen dem Hypophysenvolumen und den Werten der Subskala für soziale Angst festgestellt, die eine Grundlage für die Untersuchung der Mediation darstellt. Wiederum unter Kontrolle von Alter, Geschlecht und BMI wurde festgestellt, dass DHEA und DHEA-S ein größeres Hypophysenvolumen vorhersagen, das auch mit einer erhöhten Bewertung der sozialen Ängstlichkeit verbunden war. Diese Forschung liefert den Beweis, dass das Hypophysenvolumen den Zusammenhang zwischen höheren DHEA(S)-Spiegeln (die mit einer relativ frühen Adrenarche einhergehen) und Merkmalen, die mit sozialer Angst verbunden sind, vermittelt. Kinder, die eine frühe Adrenarche erleben, haben tendenziell ein größeres Hypophysenvolumen im Vergleich zu Kindern mit einer späteren Adrenarche. ⓘ
Geschichte
Etymologie
Hirnanhangsdrüse
Der griechische Arzt Galen nannte die Hypophyse nur mit dem (altgriechischen) Namen ἀδήν, Drüse. Er beschrieb die Hypophyse als Teil einer Reihe von Sekretionsorganen für die Ausscheidung von Nasenschleim. Der Anatom Andreas Vesalius übersetzte ἀδήν mit glans, in quam pituita destillat, "Drüse, in die Schleim (pituita) tropft". Neben dieser "beschreibenden" Bezeichnung verwendete Vesalius den Ausdruck glandula pituitaria, von dem sich schließlich der englische Name pituitary gland ableitet. ⓘ
Der Ausdruck glandula pituitaria wird auch heute noch als offizielles Synonym neben hypophysis in der offiziellen lateinischen Nomenklatur Terminologia Anatomica verwendet. Im siebzehnten Jahrhundert wurde die angebliche Funktion der Hypophyse zur Produktion von Nasenschleim entlarvt. Der Ausdruck glandula pituitaria und sein englisches Äquivalent pituitary gland lassen sich nur aus historischer Sicht rechtfertigen. Die Aufnahme dieses Synonyms ist lediglich durch die Tatsache gerechtfertigt, dass der Hauptbegriff Hypophyse ein weit weniger populärer Begriff ist. ⓘ
Hypophyse
Der Anatom Samuel Thomas von Sömmerring prägte den Namen Hypophyse. Dieser Name setzt sich aus ὑπό ("unter") und φύειν ("wachsen") zusammen. Im späteren Griechisch wird ὑπόφυσις von griechischen Ärzten als Auswuchs anders verwendet. Sömmering verwendete auch den äquivalenten Ausdruck appendix cerebri, mit appendix als Anhängsel. In verschiedenen Sprachen, Hirnanhang im Deutschen und hersenaanhangsel im Niederländischen, werden die Begriffe von appendix cerebri abgeleitet. ⓘ
Andere Tiere
Die Hypophyse ist bei allen Wirbeltieren zu finden, ihr Aufbau variiert jedoch zwischen den verschiedenen Gruppen. ⓘ
Die oben beschriebene Aufteilung der Hypophyse ist typisch für Säugetiere und trifft in unterschiedlichem Maße auch auf alle Tetrapoden zu. Allerdings hat die Hypophysenhinterwand nur bei Säugetieren eine kompakte Form. Bei Lungenfischen ist sie eine relativ flache Gewebelage, die über dem Hypophysenvorderlappen liegt, aber bei Amphibien, Reptilien und Vögeln ist sie zunehmend gut entwickelt. Der Zwischenlappen ist im Allgemeinen bei keiner Art gut entwickelt und fehlt bei Vögeln völlig. ⓘ
Der Aufbau der Hypophyse bei Fischen, mit Ausnahme des Lungenfisches, unterscheidet sich im Allgemeinen von dem anderer Tiere. Im Allgemeinen ist der Zwischenlappen gut entwickelt und kann die gleiche Größe wie der Rest des Hypophysenvorderlappens haben. Der Hypophysenhinterlappen bildet typischerweise eine Gewebsschicht an der Basis des Hypophysenstiels und ragt in den meisten Fällen unregelmäßig fingerförmig in das Gewebe des Hypophysenvorderlappens hinein, der direkt unter ihm liegt. Der Hypophysenvorderlappen wird in der Regel in zwei Regionen unterteilt, einen mehr anterioren, rostralen Teil und einen posterioren, proximalen Teil, wobei die Grenze zwischen den beiden Regionen oft nicht klar markiert ist. Bei Elasmobranchen befindet sich ein zusätzlicher, ventraler Lappen unterhalb des eigentlichen Hypophysenvorderlappens. ⓘ
Die Anordnung bei Neunaugen, die zu den primitivsten Fischen gehören, könnte darauf hinweisen, wie sich die Hypophyse ursprünglich bei den Vorfahren der Wirbeltiere entwickelt hat. Hier ist die Hypophysenhinterwand eine einfache flache Gewebeplatte an der Basis des Gehirns, und es gibt keinen Hypophysenstiel. Die Rathke-Tasche bleibt nach außen hin offen und liegt in der Nähe der Nasenöffnungen. In enger Verbindung mit dem Beutel befinden sich drei verschiedene Gruppen von Drüsengewebe, die dem Zwischenlappen sowie dem proximalen und rostralen Teil des Hypophysenvorderlappens entsprechen. Diese verschiedenen Teile sind durch Meningialmembranen voneinander getrennt, was darauf hindeutet, dass die Hypophyse anderer Wirbeltiere möglicherweise aus der Verschmelzung eines Paares separater, aber miteinander verbundener Drüsen entstanden ist. ⓘ
Die meisten Gürteltiere besitzen auch eine neurale Sekretionsdrüse, die der Hypophysenhinterwand sehr ähnlich ist, aber im Schwanz sitzt und mit dem Rückenmark verbunden ist. Diese könnte eine Funktion bei der Osmoregulation haben. ⓘ
Eine der Hypophyse analoge Struktur befindet sich im Gehirn des Tintenfisches. ⓘ
Zwischenlappen
Obwohl er beim Menschen nur rudimentär vorhanden ist (und oft als Teil des Hypophysenvorderlappens angesehen wird), ist der Zwischenlappen, der zwischen dem Hypophysenvorder- und -hinterlappen liegt, für viele Tiere von Bedeutung. Bei Fischen zum Beispiel wird angenommen, dass er die physiologische Farbveränderung steuert. Beim erwachsenen Menschen besteht er nur aus einer dünnen Zellschicht zwischen Hypophysenvorder- und -hinterlappen. Der Zwischenlappen produziert das Melanozyten-stimulierende Hormon (MSH), obwohl diese Funktion oft (ungenau) dem Hypophysenvorderlappen zugeschrieben wird. ⓘ
Bei den Tetrapoden ist der Zwischenlappen im Allgemeinen nicht gut entwickelt, bei den Vögeln fehlt er ganz. ⓘ
Großhirn.Untere Ansicht.Tiefe Dissektion. ⓘ
Krankheiten und Diagnostik
Der italienische Pathologe Gaetano Fichera (1880–1935) entdeckte 1905 bei Hühnern, denen die Hypophyse entfernt worden war, eine starke Wachstumshemmung, wie sie später auch für Säugetiere nachgewiesen werden konnte. Herbert M. Evans erreichte in Kalifornien dann 1920 durch Verabreichung von Hypophysenextrakt eine Art Riesenwuchs. ⓘ
Eine Unterfunktion der Hypophyse (Hypophyseninsuffizienz, Panhypopituitarismus) kann vielfältige Ursachen haben. ⓘ
Tumoren der Adenohypophyse nennt man Hypophysenadenome. Sie verursachen häufig eine übermäßige Hormonbildung. Große Tumoren können auf die Sehnerven drücken, was zu erheblichen Sehstörungen führt. Unbehandelt ist eine Erblindung die Folge. Solche Tumoren werden operativ häufig durch die Nase entfernt, in der Regel kann der Patient direkt nach der Operation wieder normal sehen. ⓘ
An die körperliche Untersuchung schließen sich Hormonmessungen und Funktionstests an. Bei klinischem Verdacht sollten Hormonuntersuchungen bei einem Endokrinologen vor bildgebenden Verfahren durchgeführt werden, da die bildgebenden Verfahren häufig falsch positive Befunde ergeben („Incidentalome“). Als bildgebende Verfahren finden die Röntgenaufnahme der Sella turcica im Seitbild des knöchernen Schädels, die Computertomografie, die Magnetresonanztomografie und die Somatostatin-Rezeptor-Szintigrafie Anwendung. ⓘ
Weitere Tumoren, die (neben eosinophilen, basophilen und chromophoben Geschwülsten des Hypophysenvorderlappens) im Bereich des Hypophysen-Zwischenhirnsystems vorkommen können, sind unter anderem Kraniopharyngeome, Hypophysengangszysten, Gliome, Teratome und Schüller-Christian-Granulome. ⓘ