Naturheilkunde

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Naturheilkunde
Alternative Medizin
Old homeopathic remedy, Hepar sulph.
Ein homöopathisches Präparat von Hepar sulph - Homöopathie kann im Rahmen einer naturheilkundlichen Behandlung angeboten werden.
Behauptet "Naturheilverfahren"
Verwandte Bereiche Alternative Medizin
Ursprüngliche Befürworter Benedikt Lust; Sebastian Kneipp
MeSH D009324
Siehe auch Humorismus, heroische Medizin, Vitalismus

Die Naturheilkunde oder naturheilkundliche Medizin ist eine Form der Alternativmedizin. Eine breite Palette pseudowissenschaftlicher Praktiken, die als "natürlich", "nicht-invasiv" oder zur Förderung der "Selbstheilung" bezeichnet werden, werden von ihren Anwendern, den so genannten Naturheilkundlern, angewandt. Es ist schwierig, diese Behandlungen zu verallgemeinern, denn sie reichen von reiner Quacksalberei wie der Homöopathie bis hin zu allgemein anerkannten Praktiken wie der Psychotherapie. Die Ideologie und die Methoden der Naturheilkunde beruhen eher auf dem Vitalismus und der Volksmedizin als auf einer evidenzbasierten Medizin, auch wenn einige Praktizierende Techniken anwenden, die sich auf Beweise stützen. Naturheilkundler raten in der Regel davon ab, moderne medizinische Verfahren anzuwenden, einschließlich, aber nicht beschränkt auf medizinische Tests, Medikamente, Impfungen und Operationen. Stattdessen stützt sich die naturheilkundliche Praxis auf unwissenschaftliche Vorstellungen, die Naturheilkundler oft zu Diagnosen und Behandlungen verleiten, die keinen sachlichen Wert haben.

Die Naturheilkunde wird von der Ärzteschaft als unwirksam und schädlich angesehen, was ethische Fragen zu ihrer Ausübung aufwirft. Zusätzlich zu den Verurteilungen und der Kritik seitens der medizinischen Gemeinschaft, wie z. B. der American Cancer Society, wurden Naturheilkundler wiederholt als Scharlatane und Quacksalber bezeichnet und beschuldigt.

Naturheilkundler sind dafür bekannt, dass sie sich häufig für die rechtliche Anerkennung in den Vereinigten Staaten einsetzen. In zwei US-Bundesstaaten ist sie illegal und in vielen anderen streng geregelt. Einige Staaten haben jedoch laxe Vorschriften und erlauben Naturheilkundigen, kleinere chirurgische Eingriffe vorzunehmen oder sogar Medikamente zu verschreiben. Es gibt zwar einige Schulen für Naturheilkundige, und in einigen Staaten dürfen sich diese Ärzte nennen, doch aufgrund der fehlenden Zulassung und wissenschaftlichen medizinischen Ausbildung verfügen sie nicht über die Kompetenz eines echten Arztes.

Kneipp-Kur

Die Naturheilkunde, früher auch Physiatrie genannt, ist eine Heilkunde, die vor allem auf diätetischen und physikalischen Heilmitteln beruht, auf eine naturgemäße Lebensweise besonderen Wert legt und (abgesehen von Heilpflanzen) weitgehend auf Arzneimittel verzichtet. Der Begriff Naturheilkunde bezeichnet somit ein Spektrum verschiedener Naturheilverfahren, die sich keiner technologischen Hilfsmittel bedienen und körpereigene Fähigkeiten zur Selbstheilung (Spontanheilung) aktivieren sollen. Dazu bedienen sich diese Verfahren bevorzugt der in der Natur vorkommenden Mittel oder Reize.

Als Naturheilkunde werden auch oft Bereiche der Alternativmedizin und im engeren Sinne Teile der Komplementärmedizin (d. h. zu den wissenschaftlich nicht anerkannten, die Medizin ergänzenden Verfahren) bezeichnet. Als ein wichtiger Pionier gilt der Arzt Christoph Wilhelm Hufeland. 1888 erschien von Friedrich Eduard Bilz mit seinem Bilz-Buch das Standardwerk der Naturheilkunde.

Zu naturheilkundlichen Heilmitteln gehören (nach einer Definition von Alfred Brauchle) die Sonne, das Licht, die Luft, die Bewegung, die Ruhe, die Nahrung, das Wasser, die Kälte, die Erde, die Atmung, die Gedanken, die Gefühle und Willensvorgänge. In einem weiter gefassten Verständnis werden auch „natürliche“ Arzneimittel, vor allem Heilpflanzen und deren Zubereitungen einbezogen.

Dass diese Definition problembeladen ist, zeigen folgende Beispiele: Die Impfung mit einem gentechnologisch hergestellten Hepatitis-B-Impfstoff wirkt vorbeugend durch Aktivierung des körpereigenen Immunsystems, oder Penicillin ist ein Stoff natürlichen Ursprungs. Zur Naturheilkunde zählt keines der beiden Beispiele trotz Erfüllung der o. g. Definitionskriterien.

Zur klassischen Naturheilkunde zählen im Allgemeinen die folgenden Naturheilverfahren:

  • Phytotherapie – Einsatz von Pflanzenwirkstoffen
  • Hydrotherapie und Balneotherapie – Wasseranwendungen (Wärme- und Kältetherapie, „Wasserkuren“)
  • Bewegungstherapie
  • Ernährungstherapie – Unterstützung der Behandlungen durch eine gesunde Kost und eine dem Krankheitsbild angepasste Diät
  • Ordnungstherapie – Strukturierung der äußeren und inneren Lebensordnung, um die Gesundheit von Körper, Geist und Seele auf eine positive Art zu beeinflussen.

Geschichte

Der Begriff "Naturheilkunde" leitet sich von "natura" (lateinische Wurzel für Geburt) und "pathos" (griechische Wurzel für Leiden) ab und bedeutet "natürliche Heilung". Die Naturheilkundler berufen sich auf den antiken griechischen "Vater der Medizin", Hippokrates, als ersten Verfechter der Naturheilkunde, noch bevor es diesen Begriff gab. Die Naturheilkunde hat ihre Wurzeln in der europäischen Naturheilbewegung des 19. Jahrhunderts. In Schottland begann Thomas Allinson in den 1880er Jahren seine "Hygienische Medizin" zu propagieren, die eine natürliche Ernährung und Bewegung bei gleichzeitigem Verzicht auf Tabak und Überarbeitung vorsah.

Der Begriff Naturheilkunde wurde 1895 von John Scheel geprägt und von Benedict Lust erworben, den die Naturheilkundler als den "Vater der amerikanischen Naturheilkunde" betrachten. Lust war in Deutschland von Pfarrer Sebastian Kneipp in Hydrotherapie und anderen Naturheilverfahren ausgebildet worden; Kneipp schickte Lust in die Vereinigten Staaten, um seine arzneimittelfreien Methoden zu verbreiten. Lust definierte die Naturheilkunde als eine umfassende Disziplin und nicht als eine bestimmte Methode und schloss Techniken wie Hydrotherapie, Kräutermedizin und Homöopathie ebenso ein wie den Verzicht auf übermäßiges Essen, Tee, Kaffee und Alkohol. Er beschrieb den Körper in spirituellen und vitalistischen Begriffen mit "absolutem Vertrauen auf die kosmischen Kräfte der menschlichen Natur". Laut dem Merriam-Webster Dictionary stammt die erste bekannte Verwendung des Begriffs "Naturheilkunde" im Druck aus dem Jahr 1901.

1901 gründete Lust die American School of Naturopathy in New York. Im Jahr 1902 wurden die ursprünglichen nordamerikanischen Kneipp-Gesellschaften aufgelöst und in "Naturopathic Societies" umbenannt. Im September 1919 wurde die Naturopathic Society of America aufgelöst und Benedict Lust gründete die American Naturopathic Association, um sie zu ersetzen. In den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts erhielten Naturheilkundler in 25 Bundesstaaten eine Zulassung nach den Gesetzen für Naturheilkundige oder Heilpraktiker. Die Naturheilkunde wurde von vielen Chiropraktikern übernommen, und mehrere Schulen boten die Abschlüsse Doktor der Naturheilkunde (ND) und Doktor der Chiropraktik (DC) an. Schätzungen über die Anzahl der in dieser Zeit in den Vereinigten Staaten aktiven Naturheilkundeschulen schwanken zwischen einem und zwei Dutzend.

Nach einer Periode schnellen Wachstums ging die Naturheilkunde nach den 1930er Jahren für mehrere Jahrzehnte zurück. Im Jahr 1910 veröffentlichte die Carnegie Foundation for the Advancement of Teaching den Flexner-Bericht, in dem viele Aspekte der medizinischen Ausbildung kritisiert wurden, insbesondere die Qualität und die mangelnde wissenschaftliche Strenge. Das Aufkommen von Penicillin und anderen "Wundermitteln" und die daraus resultierende Popularität der modernen Medizin trugen ebenfalls zum Niedergang der Naturheilkunde bei. In den 1940er und 1950er Jahren veranlasste eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Gesetze viele Chiropraktikschulen, ihre ND-Abschlüsse aufzugeben, obwohl viele Chiropraktiker weiterhin Naturheilkunde praktizierten. Von 1940 bis 1963 führte die American Medical Association eine Kampagne gegen heterodoxe medizinische Systeme. Bis 1958 war die Ausübung der Naturheilkunde nur in fünf Staaten zugelassen. 1968 veröffentlichte das US-Ministerium für Gesundheit, Bildung und Soziales einen Bericht über die Naturheilkunde, in dem es zu dem Schluss kam, dass die Naturheilkunde nicht auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe und dass die naturheilkundliche Ausbildung unzureichend sei, um die Absolventen auf eine angemessene Diagnose und Behandlung vorzubereiten; der Bericht empfahl, die Medicare-Kostenübernahme nicht auf naturheilkundliche Behandlungen auszuweiten. Im Jahr 1977 kam ein australischer Untersuchungsausschuss zu ähnlichen Schlussfolgerungen; er empfahl keine Zulassung von Naturheilkundlern.

Seit den 1970er Jahren ist das Interesse an der Naturheilkunde in den Vereinigten Staaten und Kanada im Zusammenhang mit der Bewegung der "ganzheitlichen Gesundheit" wieder gestiegen. Seit 2009 haben fünfzehn US-Bundesstaaten, Puerto Rico, die US-Jungferninseln und der District of Columbia naturheilkundlich tätige Ärzte zugelassen, und der Bundesstaat Washington verlangt von den Versicherungsgesellschaften die Erstattung von Leistungen, die von naturheilkundlich tätigen Ärzten erbracht werden. Andererseits verbieten einige Staaten wie South Carolina und Tennessee die Ausübung der Naturheilkunde.

Der IHS (Indian Health Service) der Vereinigten Staaten hat 2013 damit begonnen, naturheilkundliche Ärzte in ihren Kliniken und Praxen zu akzeptieren und bietet ihnen auch die Rückzahlung von Darlehen an.

Im Jahr 2015 begann eine ehemalige Ärztin für Naturheilkunde, Britt Marie Hermes, kritisch über ihre Erfahrungen in der naturheilkundlichen Ausbildung und Praxis zu schreiben. Ihr Blog hat eine große Fangemeinde unter Skeptikern gewonnen und einige Befürworter der Alternativmedizin erzürnt.

Im hippokratischen Verständnis, welches in Antike und Mittelalter die Basis der akademischen Medizin war (vgl. Humoralpathologie), wurde die Natur als Lebenskraft und als Heilkraft aufgefasst. Die Genesung des Patienten wurde durch die Natur bewirkt, der Arzt war lediglich Behandler: Medicus curat, natura sanat.

Eine erste (alternativmedizinisch-)naturheilkundliche Bewegung in Schlesien löste der schlesische Predigermönch und Dichterarzt Nikolaus von Polen (genannt auch Niklas von Mumpelier), aus dem Dominikanerkloster Krakau, um 1275 aus, dessen therapeutisches Konzept antigalenische und antischolastische Inhalte aufwies. Der Begriff Naturheilkunde wurde erstmals 1839 von Johann Baptist Gross in der 3. Auflage seines Werkes Das kalte Wasser als vorzügliches Beförderungsmittel der Gesundheit und ausgezeichnetes Heilmittel in Krankheiten verwendet:

„Heutzutage ist man der Überzeugung, daß in der Regel das wohlthätige Ziel nicht so sehr durch die Menge künstlicher Zusammensetzungen aller möglichen Naturstoffe und Kunstgriffe, als durch einfache Gaben und hauptsächlich durch die zweckmäßige Leitung der Naturkraft zu erreichen sey. Aus diesem Grunde hat auch ein großer Theil der Aerzte sich der Physiatrik (Naturheilkunde), ein anderer selbst der Hydriatik (Kaltwasserheilkunde) ergeben oder zugewendet.“

Bernhard Uehleke: Ideengeschichtliche und begriffliche Vorläufer der „Naturheilkunde“ im 17. und 18. Jahrhundert.

1846 verwendete auch der unter dem Pseudonym J. H. Rausse publizierende und für die Entwicklung der Naturheilkunde bedeutende Heinrich Friedrich Francke das Wort Naturheilkunde. Lorenz Gleich (* 1. August 1798; † 3. März 1865) schuf 1848 eine Definition und Nomenklatur der Naturheilkunde und nennt neben Wasser „zweckmäßige Diät, Bewegung, Luft, Licht und Wärme mit Ausschluß aller sogenannten Medikamente“.

Ein Ansatz war die Propagierung des Wassers zu Heilzwecken in der Hydrotherapie (früher auch Hydropathie genannt). Vinzenz Prießnitz bezeichnete um 1848 die Kombination von aktiver und passiver Bewegungstherapie, Luft-, Bäder- und Wasseranwendungen sowie einfacher Mischkost erstmals als Naturheilverfahren. Johann Schroth verband die Wasseranwendungen mit Fasten in der Schrothkur. Durch kompromisslose Arzneifeindlichkeit und Impfgegnerschaft waren später Bewegungen um die Zeitschrift Der Naturarzt (als deren Chefredakteur Theodor Hahn wirkte) oder der Deutsche Bund der Vereine für Gesundheitspflege und arzneilose Heilweisen gekennzeichnet.

Die durch den Pfarrer Sebastian Kneipp populär gewordene Form der Hydrotherapie (siehe: Kneipp-Medizin) gab allerdings das Prinzip der Arzneilosigkeit auf. Viele andere medizinische Laien, aber auch Ärzte entwarfen weitere Naturheilsysteme. Der bayerische Militärarzt Lorenz Gleich (1798–1865) prägte den Begriff Naturheilkunde als Sammelbezeichnung für die Naturinstinktlehre („instinktiv richtig geleitetes Verhalten des Menschen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit“), die Naturdiätik („vom Instinkt geleitete naturgemäße Lebensform“) und die Naturheilverfahren. Einige Ärzte wie August Bier setzten sich für eine Überwindung des wachsenden Misstrauens zwischen Naturheilkunde und wissenschaftlicher Medizin ein.

Der Heilpraktiker Arthur Lutze (1813–1870) verband die Erkenntnisse der Naturheilkunde mit homöopathischen Elementen. In seiner Klinik in Köthen behandelte er Tausende von Patienten mit selbstentwickelten Wellness-Heilpraktiken, Bädern und vegetarischen Diäten. Sein Buch Lebensregeln der naturgemäßen Heilkunde erreichte 64 Auflagen. Ein weiteres verbreitetes naturheilkundliches Werk war Die neue Heilmethode von Maximilian Platen.

Um 1900 waren viele Anhänger der Naturheilkunde in der großstädtischen Arbeiterschaft zu finden, vor allem aber im Bürgertum. Naturheilvereine, Prießnitzbünde und Kneippgesellschaften waren Teil der sozialen Bewegung, die als Lebensreform bekannt wurde. 1906 legte der Mediziner Emil Klein unter dem Namen und mit den Ideen seines Lehrers Ernst Schweninger, dem Leibarzt Bismarcks, mit dem Buch Der Arzt Grundlagen für die folgenden Bestrebungen zur Etablierung von Naturheilkunde. Selbst die Behandlung von Geschlechtskrankheiten wurde (neben ersten – nebenwirkungsreichen – chemotherapeutischen Ansätzen und vor der Entwicklung moderner Antibiotika) mit naturheilkundlichen Methoden versucht. Die Popularität der Naturheilbewegung wurde teilweise vom Nationalsozialismus aufgegriffen. Die Verfechter der NS-Medizin beriefen sich häufig auf traditionelle Methoden und Denkweisen, die den Naturheilkundlern als Hintergrund dienten, und versuchten u. a. daraus eine Neue Deutsche Heilkunde zu entwickeln.

Praxis

Ein Patient, der sich einer Hydrotherapie-Sitzung unterzieht.
Ein Nahrungsergänzungsmittel aus Chrom(III)-Picolinat, Chromax II.
Homöopathische Präparate werden von Naturheilkundlern häufig verwendet. Diese Praxis wird als Pseudowissenschaft angesehen.

Die Naturheilkunde beruht auf der Überzeugung, dass der Körper in der Lage ist, sich selbst zu heilen, und zwar durch eine besondere Lebensenergie oder -kraft, die die körperlichen Prozesse im Inneren steuert. Diagnose und Behandlung beziehen sich in erster Linie auf alternative Therapien und "natürliche" Methoden, von denen die Naturheilkundler behaupten, dass sie die natürlichen Heilungsfähigkeiten des Körpers fördern. Viele Naturheilkundige in Indien setzen in ihrer Praxis moderne Diagnosetechniken ein, wobei sie sich auf einen ganzheitlichen Ansatz konzentrieren und den Einsatz von chirurgischen Eingriffen und konventionellen Medikamenten vermeiden. Naturheilkundler versuchen, Krankheiten durch Stressabbau und Umstellung der Ernährung und des Lebensstils vorzubeugen und lehnen die Methoden der evidenzbasierten Medizin oft ab.

Eine Konsultation beginnt in der Regel mit einer umfassenden Befragung des Patienten, bei der die Lebensweise, die Krankengeschichte, der emotionale Zustand und die körperlichen Merkmale sowie die körperliche Untersuchung untersucht werden. Viele Naturheilkundler stellen sich als Primärversorger vor, und einige Naturheilkundler können Medikamente verschreiben, kleinere chirurgische Eingriffe vornehmen und andere schulmedizinische Ansätze wie Ernährungs- und Lebensstilberatung in ihre Naturheilpraxis integrieren. Traditionelle Naturheilkundler befassen sich ausschließlich mit der Änderung des Lebensstils und nicht mit der Diagnose oder Behandlung von Krankheiten. Naturheilkundler empfehlen im Allgemeinen keine Impfstoffe und Antibiotika, was zum Teil auf die frühen Ansichten zurückzuführen ist, die den Berufsstand geprägt haben, und sie können selbst in Fällen, in denen sich die evidenzbasierte Medizin als wirksam erwiesen hat, alternative Heilmethoden anbieten.

Methoden

Naturheilkundler lehnen häufig die Schulmedizin ab und vertreten eine impfkritische Haltung.

Die von einem Naturheilkundler angewandten Methoden variieren je nach Ausbildung und Tätigkeitsbereich. Dazu gehören Kräuterkunde, Homöopathie, Akupunktur, Naturheilverfahren, physikalische Medizin, angewandte Kinesiologie, Koloneinläufe, Chelattherapie, Farbtherapie, kraniale Osteopathie, Haaranalyse, Iridologie, Live-Blutanalyse, Ozontherapie, Psychotherapie, öffentliche Gesundheitsmaßnahmen und Hygiene, Reflexzonenmassage, Rolling, Massagetherapie und traditionelle chinesische Medizin. Die Naturheilkunde umfasst eine Reihe von Therapien, die auf dem Kontakt mit natürlichen Elementen wie Sonne, frischer Luft, Wärme oder Kälte beruhen, sowie Ernährungsempfehlungen wie vegetarische und Vollwertkost, Fasten oder Verzicht auf Alkohol und Zucker. Die physikalische Medizin umfasst naturheilkundliche, knöcherne oder weichteilmanipulative Therapie, Sportmedizin, Bewegung und Hydrotherapie. Die psychologische Beratung umfasst Meditation, Entspannung und andere Methoden der Stressbewältigung.

Eine Umfrage aus dem Jahr 2004 ergab, dass im Bundesstaat Washington und in Connecticut pflanzliche Arzneimittel, Vitamine, Mineralien, Homöopathie und Allergiebehandlungen die am häufigsten verschriebenen Naturheilverfahren sind. Eine 2011 veröffentlichte Untersuchung von Websites naturheilkundlicher Kliniken in Alberta und British Columbia ergab, dass die am häufigsten beworbenen Therapien Homöopathie, pflanzliche Medizin, Ernährung, Akupunktur, Lebensstilberatung und Entgiftung sind.

Im Jahr 2020 ergab eine Erhebung über die von Naturheilkundlern in vierzehn Ländern angewandten Methoden, dass 27 % der Klienten Akupunktur erhielten, 22 % Homöopathie, 16 % "andere energetische Arzneimittel" und 13,5 % Hydrotherapie. Im Durchschnitt erhielt jeder Kunde 4,0 "Behandlungen". Ein Drittel (33 %) der Patienten konsultierte nur den Naturheilkundler, um ihr primäres Gesundheitsproblem zu behandeln.

Evidenzbasis

Ausrüstung für die Verabreichung von großen Einläufen, ein Beutel und ein Eimer, die jeweils eine Gallone fassen. Einläufe und Darmspülungen werden von Heilpraktikern häufig bei einer Vielzahl von Erkrankungen eingesetzt, für die keine gesundheitlichen Vorteile bekannt sind.
Eine Rektalkolbenspritze für die Injektion eines kleinen Einlaufs.
Patient undergoing Ozone IV Therapy
Person, die sich einer Ozon-IV-Therapie mit ultravioletter Bestrahlung unterzieht. Laut FDA ist Ozon ein toxisches Gas ohne bekannte nützliche medizinische Anwendung in der spezifischen, begleitenden oder präventiven Therapie".

Die Naturheilkunde als Ganzes entbehrt einer angemessenen wissenschaftlichen Grundlage und wird von der medizinischen Gemeinschaft abgelehnt. Obwohl sie gültige Ratschläge zur Lebensführung aus der Schulmedizin enthält (gesunder Schlaf, ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung), fügt sie typischerweise eine Reihe pseudowissenschaftlicher Glaubenssätze hinzu. Einige Methoden stützen sich auf immaterielle "Lebensenergiefelder", deren Existenz nicht bewiesen ist, und es besteht die Sorge, dass die Naturheilkunde als Fachgebiet dazu neigt, sich vom allgemeinen wissenschaftlichen Diskurs zu isolieren. Die Naturheilkunde wird kritisiert, weil sie sich auf unbewiesene, unbewiesene und andere umstrittene alternativmedizinische Behandlungen stützt und mit diesen in Verbindung gebracht wird, sowie wegen ihres vitalistischen Hintergrunds. Natürliche Substanzen, die als Nutrazeutika bekannt sind, sind bei der Behandlung von Krankheiten, insbesondere Krebs, wenig erfolgversprechend, da Laborexperimente eine begrenzte therapeutische Wirkung auf biochemische Prozesse gezeigt haben, während klinische Versuche eine schlechte Bioverfügbarkeit belegen. Laut der Amerikanischen Krebsgesellschaft gibt es "keine wissenschaftlichen Belege für die Behauptung, dass die Naturheilkunde Krebs oder andere Krankheiten heilen kann". Nach Ansicht von Britt Hermes ist die Ausbildung zum Naturheilkundler problematisch, denn "als Naturheilkundler rechtfertigt man sich dafür, dass man die Regeln aufstellt und die Standards für die Interpretation von Forschungsergebnissen auf dem ganzen Weg verfälscht. Denn wenn man das nicht tut, bleibt einem im Grunde nichts übrig".

Im Jahr 2015 veröffentlichte das Gesundheitsministerium der australischen Regierung die Ergebnisse einer Überprüfung alternativer Therapien, mit der festgestellt werden sollte, ob diese für eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherung geeignet sind; die Naturheilkunde war eine von 17 untersuchten Therapien, für die kein eindeutiger Nachweis der Wirksamkeit gefunden wurde.

Kimball C. Atwood IV schreibt in der Zeitschrift Medscape General Medicine,

Naturheilkundige Ärzte beanspruchen heute, Hausärzte zu sein, die sowohl in der Praxis der "konventionellen" als auch der "natürlichen" Medizin bewandert sind. Ihre Ausbildung beträgt jedoch nur einen Bruchteil derjenigen von Ärzten, die in der Primärversorgung tätig sind. Eine Untersuchung ihrer Literatur zeigt zudem, dass diese voll von pseudowissenschaftlichen, unwirksamen, unethischen und potenziell gefährlichen Praktiken ist.

In einem anderen Artikel schreibt Atwood: "Ärzte, die Naturheilkundler als ihre Kollegen betrachten, befinden sich damit im Widerspruch zu einem der grundlegenden ethischen Gebote der modernen Medizin. Wenn Naturheilkundler nicht als "unwissenschaftliche Praktiker" betrachtet werden, hat der Begriff keine sinnvolle Bedeutung".

Eine ehemalige approbierte Ärztin für Naturheilkunde, Britt Marie Hermes, stellt fest, dass "jedes Produkt, das von einem Naturheilkundler verkauft wird, fast garantiert, dass es keine verlässlichen wissenschaftlichen Daten gibt, die die Behauptungen über die Gesundheit untermauern, und dass, obwohl einige Naturheilkundler behaupten, nur evidenzbasierte Medizin zu praktizieren, "das Problem ist, dass alle Naturheilkundler in einem akkreditierten Naturheilkundeprogramm verpflichtet sind, Homöopathie, Kräutermedizin, Energieheilung, chiropraktische Techniken, Wassertherapie" und andere pseudowissenschaftliche Praktiken ausgiebig zu lernen. Hermes stellt weiter fest, dass einige Naturheilkundler zwar behaupten, dass ihre Methoden wirksame Behandlungen für psychische Störungen sein können, dass aber "keine naturheilkundliche Behandlung klinisch nachgewiesen wurde, dass sie sicher und wirksam für bipolare Störungen oder andere Erkrankungen ist".

Nach Ansicht von Arnold S. Relman ist das Lehrbuch der Naturheilkunde als Lehrmittel ungeeignet, da es viele häufige Krankheiten nicht erwähnt oder nicht im Detail behandelt, Behandlungen, die "wahrscheinlich nicht wirksam sind", gegenüber solchen, die wirksam sind, unangemessen hervorhebt und unbewiesene pflanzliche Heilmittel auf Kosten von Arzneimitteln fördert. Er kommt zu dem Schluss, dass "die Risiken für viele kranke Patienten, die sich von einem durchschnittlichen Heilpraktiker behandeln lassen, die möglichen Vorteile bei weitem überwiegen würden".

Die Medizinische Gesellschaft von Massachusetts stellt fest: "Naturheilkundliche Praktiken werden von der Forschung nicht bestätigt und bleiben eine große Auswahl an falschen und potenziell gefährlichen Behauptungen, vermischt mit einer Prise unumstrittener Ernährungs- und Lebensstilratschläge."

Sicherheit von Naturheilverfahren

Naturheilkundler empfehlen häufig den Kontakt mit natürlich vorkommenden Stoffen wie Sonnenlicht, Kräutern und bestimmten Lebensmitteln sowie Aktivitäten, die sie als natürlich bezeichnen, wie Bewegung, Meditation und Entspannung. Naturheilkundler behaupten, dass diese natürlichen Behandlungen dazu beitragen, die körpereigene Fähigkeit zur Selbstheilung wiederherzustellen, ohne die nachteiligen Auswirkungen der Schulmedizin. Allerdings sind "natürliche" Methoden und Chemikalien nicht unbedingt sicherer oder wirksamer als "künstliche" oder "synthetische", und jede Behandlung, die eine Wirkung hervorrufen kann, kann auch schädliche Nebenwirkungen haben.

Bestimmte naturheilkundliche Behandlungen, die von Naturheilkundigen angeboten werden, wie Homöopathie, Rolling und Iridologie, gelten weithin als Pseudowissenschaft oder Quacksalberei. Stephen Barrett von QuackWatch und dem National Council Against Health Fraud (Nationaler Rat gegen Gesundheitsbetrug) hat erklärt, dass die Naturheilkunde "vereinfacht ist und dass ihre Praktiken voller Quacksalberei sind". "Nichtwissenschaftliche Heilpraktiker, einschließlich der Naturheilkundler, wenden unwissenschaftliche Methoden an und täuschen die Öffentlichkeit, die sich mangels fundierter Gesundheitskenntnisse auf die Aussagen der Anbieter verlassen muss. Quacksalberei schadet nicht nur den Menschen, sie untergräbt auch die Fähigkeit, wissenschaftliche Forschung zu betreiben, und sollte von Wissenschaftlern bekämpft werden", sagt William T. Jarvis. Im australischen Verfahren 2018 gegen Marlyin Bodnar, die einer Mutter riet, das Ekzem ihres kleinen Sohnes mit einer Rohkostdiät zu behandeln, die fast zum Hungertod des Kindes führte, sagte Richter Peter Berman: "Gut gemeinte, aber ernsthaft fehlgeleitete Ratschläge können, wie die Fakten dieses Falles zeigen, großen Schaden und sogar den Tod von verletzlichen Kindern verursachen." Darüber hinaus kritisiert Britt Hermes die "allgegenwärtige Kultur der Patientenbeschuldigung" unter Naturheilkundlern, bei der "wenn etwas bei einem Patienten nicht funktioniert und der Patient nicht all die positiven Wirkungen und null Nebenwirkungen erfährt, die mit der Therapie versprochen werden, dann liegt es nie daran, dass die Therapie nicht funktioniert, sondern daran, dass der Patient etwas nicht richtig gemacht hat."

Impfung

Cases of measles from 1938 to 1963 followed a highly variable epidemic pattern, with 150,000–850,000 cases reported per year. A sharp decline followed after the introduction of the first measles vaccine in 1963, with fewer than 25,000 cases reported in 1968. Outbreaks around 1971 and 1977 gave 75,000 and 57,000 cases, respectively. Cases were stable at a few thousand per year until an outbreak of 28,000 in 1990. Cases declined from a few hundred per year in the early 1990s to a few dozen in the 2000s.
Die Zahl der in den Vereinigten Staaten gemeldeten Masernfälle ist nach der Einführung der Masernimpfung drastisch zurückgegangen.

Viele Naturheilkundler sprechen sich gegen die Impfung aus. Die Gründe für diese Ablehnung liegen zum Teil in den frühen Auffassungen, die die Gründung dieses Berufs geprägt haben. Ein von Joseph Pizzorno mitverfasstes Lehrbuch der Naturheilkunde erinnert an die Anti-Impf-Überzeugungen, die mit der Gründung der Naturheilkunde in den Vereinigten Staaten verbunden waren: "eine Rückkehr zur Natur bei der Regulierung der Ernährung, der Atmung, der Bewegung, des Badens und der Anwendung verschiedener Kräfte" anstelle der Pockenimpfung.

Im Allgemeinen sind die Belege für einen Zusammenhang zwischen Naturheilkunde und Kinderimpfungen spärlich, aber "veröffentlichte Berichte deuten darauf hin, dass nur eine Minderheit von Ärzten für Naturheilkunde die vollständige Impfung aktiv unterstützt". Im US-Bundesstaat Washington war die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder geimpft wurden, die einen Heilpraktiker aufgesucht hatten, zwischen 2000 und 2003 deutlich geringer. Eine 2004 veröffentlichte Umfrage unter Naturheilkundestudenten ergab, dass Studenten des kanadischen College of Naturopathic Medicine ihren Patienten mit zunehmender Studiendauer immer seltener Impfungen empfehlen und der öffentlichen Gesundheit und der konventionellen Medizin immer misstrauischer gegenüberstehen.

Die British Columbia Naturopathic Association listet mehrere Hauptbedenken gegen den pädiatrischen Impfplan und gegen Impfstoffe im Allgemeinen auf, und die Politik der Gruppe besteht darin, sich weder für noch gegen Impfstoffe auszusprechen. Die Oregon Association of Naturopathic Physicians berichtet, dass viele Naturheilkundler den pädiatrischen Impfplan "anpassen".

Am 25. April 2022 stellte ein Bericht der Regierung von British Columbia fest, dass 69,2 % der Heilpraktiker angaben, mindestens zwei COVID-Impfungen erhalten zu haben oder eine medizinische Ausnahmegenehmigung erhalten zu haben. Das ist deutlich weniger als bei allen anderen reglementierten medizinischen Berufen in diesem Bericht. Bei zwei Berufen - Diätassistenten und Ärzten/Chirurgen - lag der Anteil bei 98 %.

Die American Association of Naturopathic Physicians, die größte Berufsorganisation für zugelassene Naturheilkundler in den USA, diskutiert derzeit (Stand 2016) noch über ihre Haltung zu Impfungen".

Praktizierende

Heilpraktiker können im Allgemeinen in drei Gruppen eingeteilt werden: 1) diejenigen, die eine staatliche Lizenz besitzen; 2) diejenigen, die ohne offiziellen Status praktizieren ("traditionelle Heilpraktiker"); 3) diejenigen, die in erster Linie eine andere Art von Gesundheitsberuf ausüben, aber auch Naturheilkunde praktizieren.

In der Schweiz wird unterschieden zwischen denjenigen, die ein eidgenössisches Diplom haben, denjenigen, die von den Krankenkassen anerkannt sind, und denjenigen, die weder ein eidgenössisches Diplom haben noch von den Krankenkassen anerkannt sind. Die Naturheilkundigen mit eidgenössischem Diplom lassen sich in vier Kategorien einteilen: Europäische traditionelle Medizin, traditionelle chinesische Medizin, ayurvedische Medizin und Homöopathie. Die Zahl der eingetragenen Naturheilpraktiker (einschliesslich der traditionellen Heiler) in der Schweiz ist von 223 im Jahr 1970 auf 1835 im Jahr 2000 gestiegen.

Zugelassene Naturheilpraktikerinnen und Naturheilpraktiker

In 26 US-Bundesstaaten oder Territorien und 5 kanadischen Provinzen dürfen zugelassene Naturheilkundige als "naturopathic doctors" oder "naturopathic physicians" bezeichnet werden. Zugelassene Naturheilkundler stellen sich selbst als Anbieter von Primärversorgung dar. Zugelassene Naturheilkundler erhalten keine mit Ärzten vergleichbare Ausbildung in Bezug auf die Qualität der Ausbildung oder die Anzahl der Stunden.

In Britisch-Kolumbien dürfen zugelassene Heilpraktiker den Titel "Arzt" oder "Mediziner" führen. Gemäß Abschnitt 102 der Satzung des College of Naturopathic Physicians of British Columbia (CNPBC) müssen die Begriffe "naturopathic" oder "naturopathic medicine" jedoch immer dann hinzugefügt werden, wenn ein Mitglied des CNPBC den Begriff "Arzt" oder "Mediziner" verwendet.

Ausbildung

Die National University of Natural Medicine bildet Studenten in naturheilkundlicher Medizin aus, die in einigen Ländern Nordamerikas eine Zulassung erhalten können.
Der Kräutergarten an der Bastyr University, einem weiteren naturheilkundlichen Studiengang, dessen Absolventen in einigen nordamerikanischen Ländern als Naturheilkundige zugelassen werden können.

Zugelassene Naturheilkundler müssen die vom North American Board of Naturopathic Examiners (NABNE) durchgeführten Naturopathic Physicians Licensing Examinations (NPLEX) bestehen, nachdem sie ein vom Council on Naturopathic Medical Education (CNME) akkreditiertes Programm absolviert haben. Die Ausbildung in CNME-akkreditierten Programmen umfasst grundlegende medizinische Diagnostik und Verfahren wie rudimentäre körperliche Untersuchungen und gängige Bluttests sowie pseudowissenschaftliche Verfahren wie Homöopathie, Akupunktur und Energieverfahren. Diese akkreditierten Studiengänge wurden kritisiert, weil sie ihre medizinische Strenge falsch darstellen und Fächer lehren, die dem besten Verständnis von Wissenschaft und Medizin widersprechen. Der CNME als Akkreditierungsbehörde wurde als unzuverlässig und von Interessenkonflikten geplagt bezeichnet. Die naturheilkundliche Zulassungsprüfung wurde von Personen außerhalb des naturheilkundlichen Berufsstandes als rätselhaft bezeichnet und kritisiert, weil sie homöopathische Mittel prüft, auch für die Behandlung pädiatrischer Notfälle.

Ärzte für Naturheilverfahren können nicht an einer medizinischen Facharztausbildung teilnehmen, die ausschließlich Ärzten und Ärzten für osteopathische Medizin vorbehalten ist. Es gibt eine begrenzte Anzahl von postgradualen "Residency"-Stellen für naturheilkundliche Ärzte, die von naturheilkundlichen Schulen und naturheilkundlichen Kliniken angeboten werden, die von der CNME zugelassen sind. Die meisten Ärzte für Naturheilkunde absolvieren keine solche Ausbildung, und außer in den Bundesstaaten Utah und Connecticut sind Ärzte für Naturheilkunde nicht verpflichtet, eine solche Ausbildung zu absolvieren, um ihre Zulassung zu erhalten. Die Weiterbildung in naturheilkundlichen Verfahren für Angehörige der Gesundheitsberufe ist sehr unterschiedlich.

Politische Aktivitäten in den Vereinigten Staaten

Naturheilkundler, die den CNME-akkreditierten Schulen angehören, setzen sich bei den Regierungen der Bundesstaaten, Provinzen und des Bundes für die Zulassung als Arzt und die Teilnahme an sozialen Gesundheitsprogrammen ein. Die American Association of Naturopathic Physicians vertritt die zugelassenen Heilpraktiker in den Vereinigten Staaten; die Canadian Association of Naturopathic Doctors vertritt die zugelassenen Heilpraktiker in Kanada. Die Lobbyarbeit der Naturheilkundler wird von Herstellern von Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln finanziert und konzentriert sich darauf, die naturheilkundliche Ausbildung als vergleichbar mit der medizinischen Ausbildung von Ärzten darzustellen und hohe berufliche Standards zu setzen. Medizinische Gesellschaften und Lobbygruppen bestreiten diese Behauptungen, indem sie Beweise dafür anführen, dass zugelassene Naturheilkundler pseudowissenschaftliche Methoden ohne solide Evidenzbasis anwenden und nicht über eine angemessene klinische Ausbildung verfügen, um Krankheiten kompetent und gemäß dem Behandlungsstandard zu diagnostizieren und zu behandeln. Jann Bellamy hat das Verfahren, mit dem Naturheilkundler und andere Pseudowissenschaftler den Gesetzgeber davon überzeugen, ihnen eine medizinische Zulassung zu erteilen, als "legislative Alchemie" bezeichnet.

Seit 2005 hat sich die Medizinische Gesellschaft von Massachusetts gegen eine Zulassung ausgesprochen, weil sie befürchtet, dass Naturheilkundler nicht verpflichtet sind, an einem Praktikum teilzunehmen, und weil sie befürchtet, dass die Praktiken der Naturheilkundler viele "falsche und potenziell gefährliche Behauptungen" enthalten. Die Massachusetts Special Commission on Complementary and Alternative Medical Practitioners wies ihre Bedenken zurück und empfahl die Zulassung. Die Medizinische Gesellschaft von Massachusetts erklärt:

Die Schule für Naturheilkunde ist in keiner Weise eine medizinische Schule, außer in der Aneignung des Wortes medizinisch. Die Naturheilkunde ist kein Zweig der Medizin. Sie ist ein Sammelsurium von Ernährungsratschlägen, Hausmitteln und diskreditierten Behandlungen ... Naturheilkundliche Hochschulen beanspruchen die Akkreditierung, folgen aber einer echten "alternativen" Akkreditierungsmethode, die praktisch bedeutungslos ist. Sie werden nicht von denselben Gremien akkreditiert, die auch echte medizinische Schulen akkreditieren, und obwohl einige Kurse ähnliche Titel wie die Lehrpläne seriöser medizinischer Schulen tragen, sind die Inhalte völlig unterschiedlich.

Im Jahr 2015 begann eine ehemalige Ärztin für Naturheilkunde, Britt Marie Hermes, die an der Bastyr University studiert und als zugelassene Ärztin für Naturheilkunde in Washington und Arizona praktiziert hatte, gegen die naturheilkundliche Medizin vorzugehen. Sie spricht sich nicht nur gegen eine weitere Zulassung aus, sondern ist auch der Meinung, dass naturheilkundlich tätige Ärzte nicht den Titel "Arzt" oder "Mediziner" führen dürfen und von der Behandlung von Kindern ausgeschlossen werden sollten. Sie erklärt:

Naturheilkundler betreiben eine aggressive Lobbyarbeit für Gesetze, die ihnen eine ärztliche Zulassung verleihen. Ich würde diese politischen Bemühungen als eine perverse Neudefinition der Begriffe "Arzt", "Doktor", "Medizinstudium" und "Facharztausbildung" bezeichnen, um die Unzulänglichkeit der Ausbildung in naturheilkundlichen Studiengängen zu verschleiern. Die Studenten der Naturheilkunde sind sich nicht bewusst, dass sie eine verkürzte Ausbildung absolvieren und daher nicht über die nachweisbaren Kompetenzen der modernen Medizin verfügen.

Traditionelle Naturheilkundler

Hugh Mercer Apothecary in Fredericksburg, Virginia, eine Apotheke, die von Hugh Mercer, einem schottischen Arzt, in der Mitte des 18. Jahrhunderts gegründet wurde. Sie ist heute ein Museum, in dem medizinische Behandlungen des 18. Jahrhunderts gezeigt werden.

Traditionelle Naturheilkundler sind in den Vereinigten Staaten durch die American Naturopathic Association (ANA), die etwa 1 800 Praktiker vertritt, und die American Naturopathic Medical Association (ANMA) vertreten.

Das Niveau der naturheilkundlichen Ausbildung ist bei den traditionellen Heilpraktikern in den Vereinigten Staaten unterschiedlich. Traditionelle Naturheilkundler können Zertifikatsstudiengänge ohne Abschluss oder Bachelor-Studiengänge absolvieren und bezeichnen sich im Allgemeinen als naturheilkundliche Berater. Diese Programme bieten oft nicht akkreditierte Online-Abschlüsse, bieten aber keine umfassende biomedizinische Ausbildung oder klinische Schulung.

Die in Australien befragten traditionellen Naturheilkundler sehen in der evidenzbasierten Medizin einen ideologischen Angriff auf ihren Glauben an vitalistische und ganzheitliche Prinzipien. Sie setzen sich für die Integrität der naturheilkundlichen Praxis ein.

Heilpraktiker, die akkreditierte Studiengänge absolviert haben, behaupteten 2002, dass ihre Ausbildung im Gegensatz zu den traditionellen naturheilkundlichen Studiengängen auf evidenzbasierten wissenschaftlichen Grundsätzen beruht, doch diese Behauptung ist nach wie vor unzutreffend.

Regulierung

Die Naturheilkunde wird in vielen Ländern praktiziert und unterliegt unterschiedlichen Regulierungsstandards und Akzeptanzniveaus. Der Geltungsbereich der Praxis ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. In zwei Bundesstaaten der USA ist die Ausübung der Naturheilkunde illegal.

Australien

1977 überprüfte ein Ausschuss alle Hochschulen für Naturheilkunde in Australien und stellte fest, dass die Lehrpläne zwar die biomedizinischen Grundlagenwissenschaften abzudecken schienen, die tatsächlichen Vorlesungen jedoch nur wenig mit diesen Lehrplänen zu tun hatten und keine nennenswerte praktische Arbeit angeboten wurde. Darüber hinaus wurden die von Naturheilkundlern bevorzugten Techniken wie Homöopathie, Bachblüten oder Mineralsalze offenbar nicht in nennenswertem Umfang oder systematisch behandelt.

Der australische Ärzteverband vertritt den Standpunkt, dass "evidenzbasierte Aspekte der Komplementärmedizin Teil der Patientenversorgung durch einen Arzt sein können", gibt aber zu bedenken, dass es "für die meisten komplementärmedizinischen Verfahren nur begrenzte Wirksamkeitsnachweise gibt. Unbewiesene Komplementärmedizin und -therapien können ein Risiko für die Gesundheit der Patienten darstellen, entweder direkt durch Missbrauch oder indirekt, wenn ein Patient es aufschiebt, ärztlichen Rat einzuholen." Die AMA vertritt den Standpunkt, dass "es eine angemessene Regulierung von Komplementärmedizinern und ihren Aktivitäten geben sollte".

Im Jahr 2015 stellte die australische Regierung fest, dass es keine eindeutigen Beweise für die Wirksamkeit der Naturheilkunde gibt. Dementsprechend nannte die australische Regierung 2017 die Naturheilkunde als eine Praxis, die nicht für Versicherungszuschüsse in Frage kommt, mit der Begründung, dass dieser Schritt "sicherstellen würde, dass die Gelder der Steuerzahler angemessen ausgegeben werden und nicht für Therapien verwendet werden, für die es keine Beweise gibt".

Indien

In Indien wird die Naturheilkunde vom Ministerium für Ayurveda, Yoga und Naturheilkunde, Unani, Siddha und Homöopathie (AYUSH) beaufsichtigt; es gibt einen 5½-jährigen Abschluss "Bachelor of Naturopathy and Yogic Sciences" (BNYS), der im August 2010 von zwölf Colleges in Indien angeboten wurde. Das Nationale Institut für Naturheilkunde (National Institute of Naturopathy) in Pune, das dem AYUSH untersteht, wurde am 22. Dezember 1986 gegründet und fördert Einrichtungen zur Standardisierung und Verbreitung des vorhandenen Wissens und dessen Anwendung durch Forschung in der Naturheilkunde in ganz Indien.

Nord-Amerika

In fünf kanadischen Provinzen, siebzehn US-Bundesstaaten und dem District of Columbia sind naturheilkundlich tätige Ärzte, die an einer akkreditierten Schule für Naturheilkunde in Nordamerika ausgebildet wurden, berechtigt, die Bezeichnung ND oder NMD zu führen. Andernorts sind die Bezeichnungen "naturopath", "naturopathic doctor" und "doctor of natural medicine" im Allgemeinen ungeschützt oder verboten.

In Nordamerika legt jede Gerichtsbarkeit, die die Naturheilkunde reguliert, einen lokalen Anwendungsbereich für naturheilkundliche Ärzte fest, der sehr unterschiedlich sein kann. In einigen Regionen sind kleinere chirurgische Eingriffe, der Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, Wirbelsäulenmanipulationen, Hebammenkunde (natürliche Geburt) und Gynäkologie erlaubt, in anderen Regionen sind diese Bereiche von der naturheilkundlichen Praxis ausgeschlossen oder die Ausübung der Naturheilkunde ist ganz verboten.

Kanada

In fünf kanadischen Provinzen sind naturheilkundlich tätige Ärzte zugelassen: Ontario, British Columbia, Manitoba, Saskatchewan und Alberta. Britisch-Kolumbien hat den größten Praxisumfang in Kanada und erlaubt zertifizierten NDs, Arzneimittel zu verschreiben und kleinere Operationen durchzuführen.

Vereinigte Staaten

  • Zu den US-amerikanischen Gerichtsbarkeiten, die derzeit die Naturheilkunde regulieren oder zulassen, gehören Alaska, Arizona, Kalifornien, Connecticut, Colorado, District of Columbia, Hawaii, Kansas, Maine, Maryland, Minnesota, Montana, New Hampshire, North Dakota, Oregon, Puerto Rico, US Virgin Islands, Utah, Vermont und Washington. Darüber hinaus lassen Florida und Virginia die Ausübung der Naturheilkunde im Rahmen einer Besitzstandsklausel zu.
    • U.S.-Gerichtsbarkeiten, die den Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten erlauben: Arizona, Kalifornien, District of Columbia, Hawaii, Kansas, Maine, Montana, New Hampshire, Oregon, Utah, Vermont und Washington.
    • U.S.-Gerichtsbarkeiten, die kleinere Operationen erlauben: Arizona, District of Columbia, Kansas, Maine, Montana, Oregon, Utah, Vermont und Washington.
  • US-Bundesstaaten, die die Ausübung der Naturheilkunde ausdrücklich verbieten: South Carolina und Tennessee.

Schweiz

Die Schweizer Bundesverfassung legt fest, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Kantone der Schweiz im Rahmen ihrer Befugnisse die Komplementärmedizin beaufsichtigen. Insbesondere müssen die Bundesbehörden Diplome für die Ausübung der nichtwissenschaftlichen Medizin einführen. Das erste dieser Diplome wurde im April 2015 für die Ausübung der Naturheilkunde validiert. Die Naturheilkunde und die traditionelle Medizin haben in der Schweiz eine lange Tradition. Die Kantone der Schweiz erlassen ihre eigenen Vorschriften für das öffentliche Gesundheitswesen. Obwohl die Gesetzgebung in einigen Kantonen typischerweise monopolistisch ist, sind die Behörden relativ tolerant gegenüber Heilpraktikern.

Vereinigtes Königreich

Im Jahr 2003 wurde mit der Revision der Approbationsordnung für Ärzte der Querschnittsbereich Rehabilitation, Physikalische Medizin und Naturheilverfahren als verbindlicher Teil der Lehre in den klinischen Ausbildungsabschnitt eingeführt. Damit wurden naturheilkundlich-komplementärmedizinische Inhalte erstmals prüfungsrelevant. Aktuell bestehen in Deutschland mehrere universitäre Einrichtungen für Naturheilkunde und Komplementärmedizin sowie weitere naturheilkundliche Forschungsinstitute:

  • Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde, Charité Universitätsmedizin Berlin
  • Lehrstuhl für Naturheilkunde und Integrative Medizin, Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen
  • Lehrstuhl für Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin, Universität Witten/Herdecke
  • Lehrstuhl für Naturheilkunde, Universität Rostock
  • Kompetenzzentrum für Komplementärmedizin und Naturheilkunde (KoKoNat), Technische Universität München
  • Uni-Zentrum Naturheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg
  • Ambulanz Naturheilkunde, Gynäkologie, Universitätsklinikum Heidelberg
  • Professur für Forschungsmethoden und Informationssysteme in der Komplementärmedizin, Universität Witten-Herdecke
  • Klinik für Naturheilkunde, Klinik Blankenstein, Ruhr-Universität Bochum

Wirkprinzip

Die meisten Naturheil- und alternativen Verfahren haben einen sogenannten ganzheitlichen Ansatz, das heißt, sie versuchen, die gestörte Harmonie des gesamten Organismus wieder ins Gleichgewicht zu bringen, wobei sie den Anspruch haben, nicht nur den Körper zu erfassen. Sie stellen Bedingungen her und regen Prozesse an, aufgrund derer eine Gesundung des Organismus aus sich selbst heraus möglich wird. Therapieziele sind die Anregung der Selbstheilungskräfte durch naturgegebene Einwirkungen von Naturheilmitteln sowie die Anleitung und Förderung zur Übernahme von Eigenverantwortung durch den Patienten.

Verbreitung

Grundsätzlich ist zwischen der ärztlichen Anwendung, Behandlungen nach dem Heilpraktikergesetz und der Selbstbehandlung zu unterscheiden. Vor allem in der niedergelassenen Ärzteschaft und in der Rehabilitationsmedizin sind naturheilkundliche Verfahren durchaus verbreitet. In Deutschland sind rund 14.000 Ärzte in ärztlichen Fachgesellschaften für Naturheilverfahren organisiert. Zum Vergleich sind es 28.000 bei der Akupunktur, 8.000 in der Manuelle Medizin, 6.000 in der Homöopathie und mehr als 5.000 in sonstigen Verfahren der komplementären Medizin.

In Deutschland gibt es nach der abgeschlossenen Facharztausbildung die Möglichkeit die durch die Ärztekammern anerkannte Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren zu erlangen. Zum Erwerb der Zusatzbezeichnung sind vier Kurse mit zusammen 160 Unterrichtseinheiten sowie eine 12-wöchige Praxis-Hospitation bei einem weiterbildungsermächtigten Arzt erforderlich. Die Praxis-Hospitation ist durch die 80 Stunden Fallseminare einschließlich Supervision ersetzbar.

Die Weiterbildung beinhaltet den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in balneo-, klimatherapeutischen und verwandten Maßnahmen, bewegungs-, atem- und entspannungstherapeutischen Maßnahmen, der Massagebehandlung und reflexzonentherapeutischen Maßnahmen einschließlich manueller Diagnostik, den Grundlagen der Ernährungsmedizin und Fastentherapie, der Phytotherapie und Anwendung weiterer Medikamente aus Naturstoffen, der Ordnungstherapie und Grundlagen der Chronobiologie, physikalischen Maßnahmen einschließlich Elektro- und Ultraschalltherapie, den ausleitenden und umstimmenden Verfahren, Heilungshindernissen und Grundlagen der Neuraltherapie.

Weiterbildung Naturheilverfahren

In Deutschland gibt es für Fachärzte die Möglichkeit, die durch die Ärztekammern anerkannte Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren zu erlangen. Zum Erwerb der Zusatzbezeichnung sind vier Kurse mit zusammen 160 Unterrichtseinheiten sowie eine 12-wöchige Praxis-Hospitation bei einem weiterbildungsermächtigten Arzt erforderlich. Die Praxis-Hospitation ist durch die 80 Stunden Fallseminare einschließlich Supervision ersetzbar.

Die Weiterbildung beinhaltet den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in

  • balneo-, klimatherapeutischen und verwandten Maßnahmen,
  • bewegungs-, atem- und entspannungstherapeutischen Maßnahmen,
  • der Massagebehandlung und reflexzonentherapeutischen Maßnahmen einschließlich manueller Diagnostik,
  • den Grundlagen der Ernährungsmedizin und Fastentherapie,
  • der Phytotherapie und Anwendung weiterer Medikamente aus Naturstoffen,
  • der Ordnungstherapie und Grundlagen der Chronobiologie,
  • physikalischen Maßnahmen einschließlich Elektro- und Ultraschalltherapie,
  • den ausleitenden und umstimmenden Verfahren, Heilungshindernissen und Grundlagen der Neuraltherapie.