Isotretinoin

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Isotretinoin
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Klinische Daten
AusspracheSiehe Hinweis bei Tretinoin
HandelsnamenAccutan, Roaccutan, andere
AHFS/Drugs.comMonographie
MedlinePlusa681043
Lizenz-Daten
Schwangerschaft
Kategorie
  • AU: X (Hohes Risiko)
Wege der
Verabreichung
Durch den Mund, äußerlich
ATC-Code
Rechtlicher Status
Rechtlicher Status
  • AU: S4 (Verschreibungspflichtig)
  • CA: ℞ausschließlich
  • UK: POM (Verschreibungspflichtig)
  • US: ℞-only
  • Im Allgemeinen: ℞ (Verschreibungspflichtig)
Pharmakokinetische Daten
BioverfügbarkeitVariabel
Proteinbindung99.9%
VerstoffwechselungLeber
Eliminationshalbwertszeit10-20 Stunden
AusscheidungNiere und fäkal
Bezeichner
IUPAC-Bezeichnung
  • (2Z,4E,6E,8E)-3,7-Dimethyl-9-(2,6,6-trimethylcyclohex-1-en-1-yl)nona-2,4,6,8-tetraenoic acid
CAS-Nummer
PubChem CID
IUPHAR/BPS
DrugBank
ChemSpider
UNII
KEGG
ChEBI
ChEMBL
Chemische und physikalische Daten
FormelC20H28O2
Molare Masse300,442 g-mol-1
3D-Modell (JSmol)
SMILES
  • O=C(O)\C=C(/C=C/C=C(/C=C/C1=C(/CCCC1(C)C)C)C)C
InChI
  • InChI=1S/C20H28O2/c1-15(8-6-9-16(2)14-19(21)22)11-12-18-17(3)10-7-13-20(18,4)5/h6,8-9,11-12,14H,7,10,13H2,1-5H3,(H,21,22)/b9-6+,12-11+,15-8+,16-14- check
  • Schlüssel:SHGAZHPCJJPHSC-XFYACQKRSA-N check
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Isotretinoin, auch bekannt als 13-cis-Retinsäure und unter anderem unter dem Markennamen Roaccutan verkauft, ist ein Medikament, das hauptsächlich zur Behandlung schwerer Akne eingesetzt wird. Es wird auch zur Vorbeugung bestimmter Hautkrebsarten (Plattenepithelkarzinom) und zur Behandlung anderer Krebsarten eingesetzt. Es wird zur Behandlung der Ichthyose vom Harlekin-Typ, einer meist tödlich verlaufenden Hautkrankheit, und der lamellären Ichthyose eingesetzt. Es ist ein Retinoid, das heißt, es ist mit Vitamin A verwandt und kommt in geringen Mengen natürlich im Körper vor. Sein Isomer, Tretinoin, ist ebenfalls ein Aknemedikament.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind trockene Lippen (Cheilitis), trockene und brüchige Haut und eine erhöhte Anfälligkeit für Sonnenbrände. Ungewöhnliche und seltene Nebenwirkungen sind Muskelschmerzen und -krämpfe (Myalgien) sowie Kopfschmerzen. Es ist bekannt, dass Isotretinoin aufgrund der großen Ähnlichkeit des Moleküls mit Retinsäure, einem natürlichen Vitamin-A-Derivat, das die normale Embryonalentwicklung steuert, bei einer Exposition im Mutterleib Geburtsfehler verursachen kann. Es wird auch mit psychiatrischen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht, am häufigsten mit Depressionen, aber auch, seltener, mit Psychosen und ungewöhnlichen Verhaltensweisen. Weitere seltene Nebenwirkungen sind Hyperostose und vorzeitiger Epiphysenschluss, die Berichten zufolge anhaltend sind.

In den Vereinigten Staaten ist ein spezielles Verfahren erforderlich, um das Arzneimittel zu erhalten. In den meisten anderen Ländern ist eine Einverständniserklärung erforderlich, in der diese Risiken erläutert werden. In anderen Ländern wird Isotretinoin wie jedes andere Medikament von einem Dermatologen verschrieben (nach entsprechenden Bluttests).

Frauen, die Isotretinoin einnehmen, dürfen während und bis einen Monat nach Absetzen der Isotretinoin-Therapie nicht schwanger werden. Während dieses Zeitraums wird sexuelle Enthaltsamkeit oder eine wirksame Empfängnisverhütung empfohlen und kann sowohl in den USA als auch in der EU von den Ärzten vorgeschrieben werden. Barrieremethoden allein (z. B. Kondome) werden aufgrund der inakzeptablen Versagerquote von etwa 3 % nicht als angemessen angesehen. Frauen, die während der Einnahme von Isotretinoin schwanger werden, wird im Allgemeinen zu einem Schwangerschaftsabbruch geraten.

Isotretinoin wurde 1969 patentiert und 1982 für die medizinische Verwendung zugelassen. Es verkaufte sich gut, doch 2009 beschloss Roche, die Produktion einzustellen, da der Marktanteil aufgrund der vielen Generika und der Beilegung mehrerer Rechtsstreitigkeiten über Nebenwirkungen schrumpfte. Ab 2019 wird es weiterhin von Sun Pharma, Viatris, Teva Pharmaceuticals, Akorn und Dr. Reddy's Laboratories hergestellt.

Strukturformel
Strukturformel von Isotretinoin
Allgemeines
Freiname Isotretinoin
Andere Namen
  • (2Z,4E,6E,8E)-3,7-Dimethyl-9-(2,6,6-trimethylcyclohex-1-en-1-yl)nona-2,4,6,8-tetraensäure (IUPAC)
  • CIS-RETINOIC ACID (INCI)
Summenformel C20H28O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 4759-48-2
EG-Nummer 225-296-0
ECHA-InfoCard 100.022.996
PubChem 5282379
ChemSpider 4445539
DrugBank DB00982
Arzneistoffangaben
ATC-Code

D10AD04, D10AD54

Wirkstoffklasse

Aknemittel (nicht-aromatisches Retinoid)

Eigenschaften
Molare Masse 300,44 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

172–175 °C

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung

Gefahr

H- und P-Sätze H: 315​‐​319​‐​335​‐​360
P: 201​‐​261​‐​305+351+338​‐​308+313
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Isotretinoin, auch bekannt als 13-cis-Retinsäure, ist ein cis-Isomer des Tretinoins und gehört zu den Retinoiden der ersten Generation (nicht-aromatische Retinoide). Als pharmazeutischer Wirkstoff gegen starke Akne wurde Isotretinoin 1982 von Roche auf den Markt gebracht. Das entsprechende Arzneimittel bekam den Namen Accutane.

Medizinische Anwendungen

Isotretinoin wird vor allem bei schwerer zystischer Akne und Akne, die auf andere Behandlungen nicht angesprochen hat, eingesetzt. Viele Dermatologen befürworten auch den Einsatz von Isotretinoin zur Behandlung von Akne minderen Grades, die auf andere Behandlungen nicht anspricht oder die physische oder psychische Narbenbildung verursacht. Isotretinoin ist nicht für die Behandlung von präpubertärer Akne angezeigt und wird für Kinder unter 12 Jahren nicht empfohlen.

Es ist auch einigermaßen wirksam bei Hidradenitis suppurativa und einigen Fällen von schwerer Rosazea. Isotretinoin kann auch zur Behandlung von Harlekin-Ichtyose und lamellarer Ichthyose eingesetzt werden und wird bei Xeroderma pigmentosum zur Linderung von Keratosen verwendet. Isotretinoin wurde zur Behandlung der extrem seltenen Krankheit Fibrodysplasia ossificans progressiva eingesetzt. Es wird auch zur Behandlung des Neuroblastoms, einer Form von Nervenkrebs, eingesetzt.

Isotretinoin hat sich im Rahmen von Versuchen auch als wirksam gegen Genitalwarzen erwiesen, wird aber nur selten für diese Indikation eingesetzt, da es wirksamere Behandlungsmethoden gibt. Isotretinoin könnte eine wirksame und sichere alternative systemische Therapieform für rezidivierende Condylomata acuminata (RCA) des Gebärmutterhalses darstellen. In den meisten Ländern ist diese Therapie derzeit nicht zugelassen und wird nur eingesetzt, wenn andere Therapien versagt haben.

Als Arzneistoff wurde Isotretinoin in Deutschland, Österreich und der Schweiz für die Therapie der Akne zugelassen. Daneben kommt es u. U. auch bei gramnegativer Follikulitis, Rosazea, Psoriasis (Schuppenflechte), seborrhoischem Ekzem bzw. Dermatitis und aktinischer Keratose zum Einsatz. Acne inversa spricht auf Isotretinoin so gut wie nicht an.

Isotretinoin wird in Form von Monopräparaten sowohl topisch wie systemisch angewandt. Wegen der erheblichen Risiken und Nebenwirkungen werden in der Regel nur schwere und therapieresistente Krankheitsverläufe systemisch behandelt.

Der Wirkstoff ist in vielen Ländern, darunter China, Deutschland, Kolumbien, Indien, Türkei oder Vereinigte Arabische Emirate, zugelassen, wobei die entsprechenden Präparate meist unterschiedliche Namen haben.

Zur verbesserten Wirkung auf mittelschwere, entzündliche Formen der Acne vulgaris wurde eine topisch anzuwendende Gel-Formulierung in Kombination mit dem Antibiotikum Erythromycin entwickelt.

Verschreibungsbeschränkungen

Isotretinoin ist ein Teratogen; es besteht ein Risiko von etwa 20-35 % für angeborene Defekte bei Säuglingen, die dem Medikament in utero ausgesetzt sind, und es wurde berichtet, dass etwa 30-60 % der Kinder, die pränatal mit Isotretinoin behandelt wurden, neurokognitive Störungen aufweisen. Aus diesem Grund gibt es strenge Kontrollen bei der Verschreibung von Isotretinoin an Frauen, die schwanger werden könnten, und Frauen, die während der Einnahme von Isotretinoin schwanger werden, wird dringend geraten, ihre Schwangerschaft abzubrechen.

In den meisten Ländern darf Isotretinoin nur von Dermatologen oder Fachärzten verschrieben werden; in einigen Ländern ist auch eine begrenzte Verschreibung durch Allgemeinmediziner und Hausärzte möglich. Im Vereinigten Königreich und in Australien darf Isotretinoin nur von einem Facharzt für Dermatologie oder unter dessen Aufsicht verschrieben werden. Da schwere zystische Akne in kurzer Zeit zu dauerhafter Narbenbildung führen kann, haben sich Einschränkungen der sofortigen Verfügbarkeit von Isotretinoin als strittig erwiesen. In Neuseeland kann Isotretinoin von jedem Arzt verschrieben werden, wird aber nur subventioniert, wenn es von einem beruflich zugelassenen Allgemeinmediziner, Dermatologen oder Krankenpfleger verschrieben wird.

In den Vereinigten Staaten wird die Abgabe von Isotretinoin seit März 2006 über eine Website namens iPLEDGE abgewickelt. Die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde (FDA) forderte die Unternehmen, die das Medikament in den USA vermarkten - zum Zeitpunkt der Einführung von iPLEDGE waren dies Roche, Mylan, Barr und Ranbaxy - auf, diese Website als Strategie zur Risikobewertung und -minderung einzurichten. Diese Unternehmen bildeten eine Gruppe mit der Bezeichnung Isotretinoin Products Manufacturing Group und beauftragten Covance mit dem Betrieb der Website. Verordner, Apotheker und alle Personen, denen das Medikament verschrieben wird, müssen sich auf der Website registrieren und Informationen eingeben. Frauen im gebärfähigen Alter müssen sich verpflichten, für die Dauer der Isotretinoin-Therapie sowie für einen Monat unmittelbar vor und einen Monat unmittelbar nach der Therapie gleichzeitig zwei wirksame Verhütungsmethoden anzuwenden. Darüber hinaus müssen sie zwei negative Schwangerschaftstests im Abstand von 30 Tagen durchführen lassen und vor jeder Verschreibung einen negativen Schwangerschaftstest vorweisen.

Unerwünschte Wirkungen

Zunehmend höhere Dosierungen führen zu einer höheren Toxizität, die der Vitamin-A-Toxizität ähnelt. Zu den unerwünschten Wirkungen gehören:

Art der Störungen

Sehr häufig (≥ 1/10)

Häufig (≥ 1/100, < 1/10)

Selten (≥ 1/10 000, < 1/1000)

Sehr selten (≤ 1/10 000)

Unbekannte Häufigkeit
Infektionen
  • Grampositive (mukokutane) bakterielle Infektion
Blut und lymphatisches System
  • Anämie
  • Erhöhte Sedimentationsrate der roten Blutkörperchen
  • Thrombozytopenie
  • Thrombozytose
  • Neutropenie
  • Lymphadenopathie
Immunsystem
  • Allergische Hautreaktion
  • Anaphylaktische Reaktionen
  • Überempfindlichkeit
Verstoffwechselung
  • Diabetes mellitus
  • Hyperurikämie
Psychiatrische
  • Depressionen
  • Verschlimmerte Depression
  • Aggressive Tendenzen
  • Angstzustände
  • Stimmungsschwankungen
  • Abnormes Verhalten
  • Psychotische Störung
  • Selbstmordgedanken
  • Suizidversuch
  • Selbstmord
Nervensystem
  • Kopfschmerzen
  • Idiopathische intrakranielle Hypertonie
  • Konvulsionen
  • Schläfrigkeit
  • Schwindel
Auge
  • Verschwommenes Sehen
  • Grauer Star
  • Farbenblindheit
  • Unverträglichkeit von Kontaktlinsen
  • Hornhauttrübung
  • Vermindertes Nachtsehen
  • Hornhautentzündung
  • Papillenödem
  • Fotophobie
  • Sehstörungen
Ohr
  • Beeinträchtigtes Hörvermögen
Gefäße
  • Vaskulitis (d. h. Granulomatose mit Polyangiitis, allergische Vaskulitis)
Atemwege, thorakal

und mediastinal

  • Epistaxis
  • Nasenschleimhauttrockenheit
  • Nasopharyngitis
  • Bronchospasmus (insbesondere bei Asthmatikern)
  • Heiserkeit
Gastrointestinaler Bereich
  • Kolitis
  • Ileitis
  • Trockener Hals
  • Gastrointestinale Hämorrhagie
  • Hämorrhagische Diarrhöe
  • Entzündliche Darmerkrankung
  • Übelkeit
  • Bauchspeicheldrüsenentzündung
Hepatobiliäre Erkrankungen
  • Erhöhte Transaminase
Haut und

subkutanes Gewebe

  • Cheilitis
  • Dermatitis
  • Trockene Haut
  • Örtliche Abschilferung
  • Juckreiz
  • Erythematöser Ausschlag
  • Brüchigkeit der Haut (mit dem Risiko eines Reibungstraumas)
  • Alopezie - Haarausfall durch telogenes Effluvium
  • Akne fulminans
  • Verschlimmerte Akne (Akne-Schübe)
  • Erytheme (im Gesicht)
  • Exantheme
  • Haarausfall
  • Hirsutismus
  • Nageldystrophie
  • Nagelhautentzündung (Paronychie)
  • Photosensibilitätsreaktion
  • Pili torti
  • Pyogenes Granulom
  • Hyperpigmentierung der Haut
  • Vermehrtes Schwitzen
Muskulo-skelettale und

Bindegewebe

  • Arthralgie
  • Myalgie
  • Rückenschmerzen

und Sehnen)

  • Vorzeitige Epiphysenfusion
  • Exostose
  • Hyperostose
  • Osteopenie
  • Sehnenscheidenentzündung
Nieren und Harnwege
  • Glomerulonephritis
  • Dunkler oder kolafarbener Urin
Störungen des Reproduktionssystems und der Brust
  • Sexuelle Dysfunktion, einschließlich erektiler Dysfunktion und verminderter Libido
Allgemein
  • Vermehrte Bildung von Granulationsgewebe
  • Unwohlsein
Untersuchung
  • Erhöhte Triglyzeride
  • Vermindertes HDL
  • Erhöhtes Cholesterin im Blut
  • Erhöhter Blutzuckerspiegel
  • Hämaturie
  • Proteinurie
  • Erhöhte Kreatinphosphokinase

Mögliche dauerhafte Auswirkungen

Isotretinoin kann bei jungen Menschen, die sich noch im Wachstum befinden, das Wachstum der langen Knochen stoppen. Ein vorzeitiger Epiphysenschluss kann bei Menschen mit Akne auftreten, die die empfohlenen Dosen von Accutane erhalten.

Im Allgemeinen scheint der vorzeitige Epiphysenschluss jedoch in erster Linie auf folgende Faktoren zurückzuführen zu sein

  • hohe Dosen von Isotretinoin über die empfohlene Dosis von 1 mg/kg/Tag hinaus
  • eine lange Behandlungsdauer, die über die übliche Behandlungsdauer eines Aknepatienten hinausgeht (in der Regel 5-7 Monate)
  • früher Beginn der Behandlung (im Alter von 12-14 Jahren oder jünger)

Es ist bekannt, dass Isotretinoin eine Funktionsstörung der Meibom-Drüsen verursacht, die zu einer anhaltenden Keratokonjunktivitis sicca (trockenes Auge) führt. Probleme mit den Meibom- und Speicheldrüsen sind wahrscheinlich auf die nichtselektive Apoptose der Zellen der exokrinen Drüsen zurückzuführen. Es wurde berichtet, dass die Verschlechterung des Nachtsehens bei einigen Personen auch nach Absetzen der Isotretinoin-Therapie anhält.

Sexuelles

Isotretinoin wird auch mit sexuellen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht, insbesondere mit erektiler Dysfunktion und verminderter Libido. Im Oktober 2017 gab die britische MHRA als Reaktion auf Berichte über diese Probleme ein Drug Safety Update für Ärzte heraus. Dies geschah als Reaktion auf eine im August 2017 veröffentlichte EU-Überprüfung, in der es heißt, dass eine plausible physiologische Erklärung für diese Nebenwirkungen "eine Verringerung des Plasmatestosterons sein könnte". In der Überprüfung wurde auch festgestellt, dass "die Produktinformationen aktualisiert werden sollten, um 'sexuelle Funktionsstörungen einschließlich erektiler Dysfunktion und verminderter Libido' als unerwünschte Wirkung mit unbekannter Häufigkeit aufzunehmen". Es gab auch Berichte über Störungen der Spermatogenese, wie Oligospermie. In 27 Fällen sexueller Funktionsstörungen wurde entweder eine negative Dechallenge oder eine positive Dechallenge gemeldet.

Haut

Die häufigsten Nebenwirkungen sind mukokutan: trockene Lippen, Haut und Nase. Weitere häufige mukokutane Nebenwirkungen sind Entzündung und Rissbildung der Lippen (Cheilitis), Hautrötung (Erythem), Hautausschläge, Schälen, Ekzeme (Dermatitis), Juckreiz (Pruritus) und Nasenbluten (Epistaxis). Das Nichtvorhandensein von trockenen Lippen gilt als Anzeichen für die Nichteinhaltung der Behandlungsvorschriften (wenn das Arzneimittel nicht wie empfohlen eingenommen wird), da es bei fast allen Personen auftritt, die es einnehmen.

Die regelmäßige Verwendung von Lippenbalsam und Feuchtigkeitscreme wird während der gesamten Behandlung empfohlen, um diese Probleme zu verringern. Möglicherweise muss die Dosis verringert werden, um den Schweregrad dieser Nebenwirkungen zu verringern. Die Haut wird empfindlicher - vor allem gegenüber Reibungskräften - und heilt möglicherweise nicht so schnell wie üblich. Die Wundheilung wird verzögert. Aus diesem Grund wird von chirurgischen Eingriffen, Haarentfernung, Tätowierungen, Piercings, Hautabschleifungen, Peelings usw. abgeraten. Die Behandlung von Aknenarben wird im Allgemeinen bis 12 Monate nach Beendigung einer Isotretinoin-Kur verschoben.

Teratogenität

Isotretinoin ist ein Teratogen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit Geburtsfehler verursachen kann, wenn es von Frauen während der Schwangerschaft oder sogar kurz vor der Empfängnis eingenommen wird. Einige der häufigsten Geburtsfehler, die dieses Medikament verursachen kann, sind Hör- und Sehstörungen, fehlende oder missgebildete Ohrläppchen, Gesichtsdysmorphismus und Anomalien der Gehirnfunktion. Isotretinoin wird von der FDA in die Schwangerschaftskategorie X und von der ADEC in die Kategorie X eingestuft und darf in der Schwangerschaft nicht angewendet werden. In der EU ist Isotretinoin (oral) in der Schwangerschaft kontraindiziert und darf von Frauen im gebärfähigen Alter nicht eingenommen werden, es sei denn, die Bedingungen eines Schwangerschaftsverhütungsprogramms werden erfüllt.

Der Hersteller empfiehlt, eine Schwangerschaft zwei Wochen vor Beginn der Isotretinoin-Behandlung auszuschließen und mindestens einen Monat vor Beginn, während und mindestens einen Monat nach Beendigung der Isotretinoin-Behandlung zwei wirksame Verhütungsmethoden gleichzeitig anzuwenden.

In den USA wurden zwischen 1982 und 2000 etwa 2000 Frauen während der Einnahme des Arzneimittels schwanger, wobei die meisten Schwangerschaften mit einem Abort oder einer Fehlgeburt endeten. Etwa 160 Babys wurden mit Geburtsfehlern geboren. Nachdem die FDA das strengere iPLEDGE-Programm für die Unternehmen, die das Medikament in den USA vermarkten, eingeführt hatte, kam es 2011 bei 129 544 Frauen im gebärfähigen Alter, die Isotrentinoin einnahmen, zu 155 Schwangerschaften (0,12 %).

Personen, die Isotretinoin einnehmen, dürfen wegen seiner Teratogenität während und mindestens einen Monat nach Absetzen der Therapie kein Blut spenden.

Psychische Auswirkungen

Zu den seltenen psychologischen Nebenwirkungen können Depressionen, die Verschlimmerung einer bereits bestehenden Depression, aggressive Tendenzen, Reizbarkeit und Angstzustände gehören. Zu den sehr seltenen Wirkungen gehören abnormes Verhalten, Psychosen, Selbstmordgedanken, Selbstmordversuche und Selbstmord. Von den insgesamt 5577 Nebenwirkungen, die der britischen MHRA bis zum 31. März 2017 gemeldet wurden, betraf die Mehrzahl (1207 oder 22 %) psychiatrische Wirkungen. Es gab 85 Berichte über Selbstmordgedanken, 56 über Selbstmord und 43 über Selbstmordversuche.

Der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Isotretinoin und Psychopathologie ist umstritten. Ab 1983 tauchten vereinzelte Fallberichte auf, die auf Stimmungsschwankungen, insbesondere Depressionen, während oder kurz nach der Einnahme von Isotretinoin hinwiesen. Seitdem wurde eine Reihe von Studien über die Auswirkungen des Medikaments auf Depressionen, Psychosen, Selbstmordgedanken und andere psychologische Auswirkungen durchgeführt.

Depressionen und Suizidalität

Isotretinoin ist das einzige nicht-psychiatrische Arzneimittel auf der Top-10-Liste der FDA für Arzneimittel, die mit Depressionen in Verbindung gebracht werden, und steht auch unter den Top-10 für Selbstmordversuche. Auf der Verpackung von Isotretinoin in den Vereinigten Staaten befindet sich seit 2005 eine Blackbox-Warnung vor Suizid, Depression und Psychose. Im März 2018 warnte die Europäische Arzneimittel-Agentur vor einem möglichen Risiko neuropsychiatrischer Störungen (wie Depressionen, Angstzustände und Stimmungsschwankungen) nach der Einnahme oraler Retinoide, einschließlich Isotretinoin, obwohl aufgrund der begrenzten verfügbaren Daten nicht eindeutig festgestellt werden konnte, ob dieses Risiko auf die Einnahme von Retinoiden zurückzuführen ist.

Im Jahr 2012 ergab eine systematische Überprüfung aller Artikel in der Literatur zu Isotretinoin, Depressionen und Suizid sowie der Artikel zu Klasseneffekt, Dosis-Wirkungs-Verhältnis und biologischer Plausibilität, dass die überprüfte Literatur einen Zusammenhang zwischen der Verabreichung von Isotretinoin und Depressionen sowie mit Suizid in einer Untergruppe gefährdeter Personen ergab. Im Anschluss an diese systematische Überprüfung erarbeitete eine Gruppe australischer Dermatologen und Psychiater im Jahr 2014 eine Reihe von Empfehlungen für die sichere Verschreibung von Isotretinoin. Es ist jedoch nach wie vor umstritten, ob die Einnahme von Isotretinoin in einem kausalen Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen steht.

Beweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen Depressionen und der Einnahme von Isotretinoin gibt es in 41 Berichten über eine positive Challenge/Dechallenge/Re-Challenge mit Isotretinoin, bei der Isotretinoin verabreicht, das Medikament abgesetzt und dann erneut verabreicht wurde. In den meisten dieser Fälle gab es keine psychiatrische Vorgeschichte. Es besteht auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Entwicklung einer Depression und dem Beginn der Isotretinoin-Behandlung, wobei die meisten Fälle nach 1 bis 2 Monaten der Behandlung auftreten. Außerdem erhöhen höhere Isotretinoin-Dosen das Risiko, eine Depression zu entwickeln: Bei einer Dosis von 3 mg/kg/Tag erkranken 25 % der Patienten an einer Depression, während es bei normalen Dosen nur 3 bis 4 % sind. In Studien wurden mehrere biologische Prozesse aufgedeckt, die die durch Isotretinoin ausgelösten affektiven Veränderungen glaubhaft erklären könnten.

Psychose

Isotretinoin wurde auch mit Psychosen in Verbindung gebracht. Viele der Nebenwirkungen von Isotretinoin ähneln einer Hypervitaminose A, die mit psychotischen Symptomen in Verbindung gebracht wurde. Die Dopamin-Hypothese der Schizophrenie und Psychose besagt, dass eine erhöhte dopaminerge Stimulation oder Empfindlichkeit im limbischen System psychotische Symptome verursacht.

Es wurde vermutet, dass eine Dysregulation der Retinoidrezeptoren durch Retinoide wie Isotretinoin Schizophrenie verursachen kann. Dafür gibt es drei Beweise: Die transkriptionelle Aktivierung des Dopamin-D2-Rezeptors - zusätzlich zu den Serotonin- und Glutamatrezeptoren - wird durch Retinsäure reguliert; Schizophrenie und die Retinoidkaskade wurden mit denselben Genorten in Verbindung gebracht; und eine Retinoidfehlfunktion führt zu angeborenen Anomalien, die mit denen von Menschen mit Schizophrenie identisch sind. Außerdem wurde nachgewiesen, dass die Expression von Dopaminrezeptoren durch Retinsäure reguliert wird.

Muskuloskelett

Sehr häufig kommt es zu reversiblen Muskel- und Gelenkschmerzen. Es gibt Einzelberichte von Rhabdomyolysen mit Beteiligung der Herzmuskulatur unter der Therapie, insbesondere bei zeitgleicher starker körperlicher Belastung, sodass Sport im Therapiezeitraum kritisch zu betrachten ist. Im Rahmen der routinemäßigen Labordiagnostik im Verlauf sollte auch die Kreatinkinase (CK) mitbestimmt werden. Sehr selten treten Gelenkentzündungen, vorzeitiger Schluss der Knochenwachstumsfugen, überschießende Knochensubstanzbildung (Hyperostose und Exostose) sowie die Verkalkung von Bändern und Sehnen (Kalzinose) auf. Die Fachinformation zum Arzneimittel gibt an, dass Knochenveränderungen wie der vorzeitige Schluss der Knochenwachstumsfugen, Hyperostosen und die Kalzifizierung von Sehnen und Bändern erst nach mehrjähriger Anwendung in sehr hohen Dosen bei der Behandlung von Keratinisationsstörungen aufgetreten seien. Die Höhe der Dosierung, die Therapiedauer und die totale kumulative Dosis hätten bei den betroffenen Patienten im Allgemeinen weit über denen gelegen, welche für die Aknetherapie empfohlen werden. Eine Vergleichsstudie, die im Rahmen einer niedrigdosierten Therapie über 36 Monate durchgeführt wurde, zeigte 1992, dass in der Isotretinoingruppe signifikant mehr Patienten neue Hyperostosen im Bereich der Wirbelsäule entwickelten als in der Placebogruppe. Auch waren in der Isotretinoingruppe signifikant mehr Patienten von einem Fortschreiten bereits existierender hyperostotischer Auffälligkeiten betroffen als in der Placebogruppe. Die Autoren schlossen daraus, dass die niedrigdosierte Langzeitbehandlung mit Isotretinoin vergleichbare hyperostotische Skelettveränderungen induzieren kann, wie schon früher von höheren Dosen berichtet wurde. Die Exposition des Körpers mit unphysiologisch hohen Isotretinoindosen gilt als ein vermuteter, pathogenetischer Faktor für die Diffuse idiopathische Skeletthyperostose (DISH).

Isotretinoin hat eine Reihe von Auswirkungen auf das Muskel-Skelett-System. Myalgie (Muskelschmerzen) und Arthralgie (Gelenkschmerzen) sind seltene Nebenwirkungen. Es ist bekannt, dass Retinoide, wie z. B. hochdosiertes Etretinat, Knochenveränderungen hervorrufen können. Die häufigste Form davon sind hyperostotische Veränderungen (übermäßiges Knochenwachstum), insbesondere bei Kindern und Jugendlichen im Wachstum. Weitere Probleme sind der vorzeitige Epiphysenschluss und die Verkalkung von Sehnen und Bändern. Am häufigsten sind die Knochen der Wirbelsäule und der Füße betroffen. Zu den Risikofaktoren für Auswirkungen auf das Skelett gehören ein höheres Alter, eine höhere Dosierung und eine längere Behandlungsdauer. Die meisten Knochenveränderungen verursachen keine Symptome und können nur mit Hilfe von Röntgenbildern festgestellt werden.

Magen-Darm-Trakt

Seit der Zulassung von Isotretinoin wurde bei einzelnen damit behandelten Patienten die Entwicklung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen beschrieben. Neuerlichen Untersuchungen zufolge besteht eine Assoziation zwischen dem Auftreten von Colitis ulcerosa und einer vorherigen Therapie mit Isotretinoin. Das absolute Risiko, durch eine Isotretinoin-Therapie an einer Colitis ulcerosa zu erkranken, ist dennoch sehr gering. Eine Assoziation mit dem Auftreten von Morbus Crohn konnte nicht bestätigt werden.

Isotretinoin kann unspezifische gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Durchfall und Bauchschmerzen hervorrufen. Das Arzneimittel wird mit entzündlichen Darmerkrankungen (IBD) in Verbindung gebracht - Colitis ulcerosa, aber nicht Morbus Crohn. Es gibt auch Berichte über die Entwicklung eines Reizdarmsyndroms (IBS) und die Verschlimmerung eines bestehenden IBS.

Augen

Sehr häufig können sich die Augen therapiebedingt trocken und leicht gereizt anfühlen und Entzündungen der Lidränder und der Bindehaut auftreten. Eine Vergleichsstudie fand 2009, dass die Augentrockenheit mit der angewendeten Wirkstoffdosis zusammenhängt, zumindest während der Behandlungsperiode. Die Störung der Meibom-Drüsenfunktion ist eine primäre Ursache von Augentrockenheit. 2013 fanden Ding et al. in vitro Hinweise, dass Isotretinoin auf die Meibom-Drüse vergleichbar wirken könnte wie auf die Talgdrüse. Sie stellten fest, dass Isotretinoin die Zellproliferation unterdrückt, den Zelltod induziert und die Expression von 6726 Genen signifikant verändert. Diese Effekte könnten zumindest teilweise für die mit Isotretinoinanwendung zusammenhängende Störung der Meibom-Drüsenfunktion verantwortlich gemacht werden. Augentrockenheit kann mit Tränenersatzflüssigkeit behandelt werden. In sehr seltenen Fällen müssen Kontaktlinsenträger aufgrund trockener Augen für die Dauer der systemischen Behandlung mit Isotretinoin eine Brille tragen. Sehr selten treten Verschwommensehen, grauer Star, Farbenblindheit, Hornhauttrübung, Nachtblindheit, Hornhautentzündung, Veränderung des Augenhintergrundes mit Schwellung (Papillenödem) als Zeichen eines Pseudotumor cerebri und Lichtscheuheit (Photophobie) auf. In der Regel gehen die das Auge betreffenden Nebenwirkungen innerhalb von einem Monat nach Absetzen des Wirkstoffes zurück. Sehstörungen, die nach dem Ende der systemischen Anwendung von Isotretinoin fortbestehen, treten selten auf. Beschrieben wurden Fälle von bleibender Veränderung der Dunkeladaption mit signifikantem Verlust der Sehfähigkeit bei Nacht.

Pharmakologie

Bei systemischer Isotretinoin-Therapie verringert sich die Größe der Talgdrüsen. Menge und Zusammensetzung der Talgdrüsenlipide normalisieren sich. Die Akne soll hierüber zur Abheilung gebracht werden. Dennoch sind Rezidive (Rückfälle) möglich. Eine Studie aus dem Jahre 1998 bezifferte die Rezidivrate drei Jahre nach der ersten Therapie auf 61 % der behandelten Fälle.

Eine immunmodulierende Wirkung tritt durch Hemmung der Granulozytenmigration und Stimulation der Langerhans-Zellen ein. Isotretinoin hat auch einen direkten Einfluss auf Lymphozyten.

Isotretinoin bewirkt eine verbesserte Ausreifung der Keratinozyten. Dies trifft auch auf Zellen zu, die Zeichen einer malignen Entartung aufweisen („tumorprotektive Wirkung“). Diese Tumor-schützenden Effekte werden auch nach UV-Bestrahlungen beobachtet.

Isotretinoin wird zu 99,9 % an Proteine gebunden. Die Plasmahalbwertszeit beträgt 17–50 Stunden. Die Metabolisation erfolgt bei topischer Anwendung in den Keratinozyten, bei systemischer Aufnahme in der Leber. Die Ausscheidung erfolgt über Leber und Niere.

Wirkmechanismus

Der genaue Wirkmechanismus von Isotretinoin ist nicht bekannt, aber mehrere Studien haben gezeigt, dass Isotretinoin die Apoptose (programmierter Zelltod) in verschiedenen Zellen des Körpers auslöst. Der Zelltod kann in den Meibom-Drüsen, den Hypothalamus-Zellen, den Hippocampus-Zellen und - wichtig für die Behandlung von Akne - in den Talgdrüsenzellen ausgelöst werden. Isotretinoin hat eine geringe Affinität zu Retinsäurerezeptoren (RAR) und Retinoid-X-Rezeptoren (RXR), kann aber intrazellulär in Metaboliten umgewandelt werden, die als Agonisten von RAR- und RXR-Kernrezeptoren wirken.

Eine Studie deutet darauf hin, dass das Medikament die Produktion von neutrophilem Gelatinase-assoziiertem Lipocalin (NGAL) in der Haut verstärkt, das nachweislich die Talgproduktion durch Induktion von Apoptose in Talgdrüsenzellen reduziert und gleichzeitig eine antimikrobielle Wirkung auf Cutibacterium acnes hat. Das Medikament verringert die Größe und den Talgausstoß der Talgdrüsen. Isotretinoin ist das einzige verfügbare Aknemedikament, das auf alle vier wichtigen pathogenen Prozesse der Akne einwirkt, was es von alternativen Behandlungen (z. B. Antibiotika) unterscheidet und seine Wirksamkeit bei schweren, nodulozystischen Fällen erklärt. Die Wirkung von Isotretinoin auf die Talgproduktion kann vorübergehend sein, oder es kann zu einer vollständigen und lang anhaltenden Remission der Krankheit kommen.

Es wird vermutet, dass Isotretinoin die Enzyme Telomerase und hTERT herunterreguliert und so die "zelluläre Immortalisierung und Tumorigenese" hemmt. In einer Studie aus dem Jahr 2007 wurde nachgewiesen, dass Isotretinoin die Wirkung der Metalloprotease MMP-9 (Gelatinase) im Talg hemmt, ohne die Wirkung von TIMP1 und TIMP2 (den Gewebsinhibitoren von Metalloproteasen) zu beeinflussen. Es ist bereits bekannt, dass Metalloproteasen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Akne spielen.

ZNS-Aktivitäten

Eine mögliche biologische Grundlage für die Fallberichte über Depressionen ist ein verminderter Stoffwechsel im orbitofrontalen Kortex (OFC) des Frontallappens. Es wurde auch festgestellt, dass ein verminderter OFC-Stoffwechsel mit Kopfschmerzen korreliert ist. Personen, die Kopfschmerzen als Nebenwirkung angeben, berichten häufig über komorbide neuropsychiatrische Symptome, insbesondere Depressionen; es wurde ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Kopfschmerzen und Depressionen festgestellt. Es wird vermutet, dass Menschen, die empfindlich auf Isotretinoin-induzierte ZNS-Effekte reagieren, auch für andere psychiatrische Nebenwirkungen wie Depressionen anfällig sein könnten.

Studien an Mäusen und Ratten haben ergeben, dass Retinoide, einschließlich Isotretinoin, an dopaminerge Rezeptoren im zentralen Nervensystem binden. Isotretinoin kann die dopaminerge Neurotransmission beeinträchtigen, indem es die Struktur der Dopaminrezeptoren stört und die dopaminerge Aktivität verringert. Das dopaminerge System ist an zahlreichen psychischen Störungen, einschließlich Depressionen, beteiligt. Es wird angenommen, dass Isotretinoin auch das serotonerge System beeinflusst - es erhöht die Expression von 5-HT1A-Rezeptoren in der präsynaptischen Nervenzelle, die die Serotoninsekretion hemmen. Isotretinoin erhöht auch direkt und indirekt die Translation des Serotonin-Transporterproteins (SERT), was zu einer erhöhten Wiederaufnahme und folglich zu einer geringeren synaptischen Verfügbarkeit von Serotonin führt.

Die Hemmung der Neurogenese im Hippocampus könnte ebenfalls eine Rolle bei der Entwicklung einer Isotretinoin-induzierten Depression spielen. Eine weitere Auswirkung von Isotretinoin auf das Gehirn betrifft die Funktion der Retinsäure im Hypothalamus, dem Hormonregulationszentrum des Gehirns und Teil der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse, die eine Schlüsselrolle bei der Stressreaktion des Körpers spielt. Andere Hirnregionen, die durch Retinsäure reguliert und möglicherweise durch Isotretinoin gestört werden, sind der frontale Kortex und das Striatum.

Pharmakokinetik und Pharmakodynamik

Oral eingenommenes Isotretinoin wird am besten absorbiert, wenn es mit einer fettreichen Mahlzeit eingenommen wird, da es einen hohen Grad an Lipophilie aufweist. Die Wirksamkeit von Isotretinoin verdoppelt sich bei Einnahme nach einer fettreichen Mahlzeit im Vergleich zur Einnahme ohne Nahrung. Aufgrund der molekularen Verwandtschaft von Isotretinoin mit Vitamin A sollte es nicht zusammen mit Vitamin-A-Präparaten eingenommen werden, da die Gefahr einer Toxizität durch kumulative Überdosierung besteht. Accutane hat auch negative Wechselwirkungen mit Tetracyclin, einer anderen Klasse von Aknemedikamenten, und mit mikrodosierten ("Minipille") Progesteronpräparaten, Norethisteron/Ethinylestradiol ("OrthoNovum 7/7/7"), Johanniskraut, Phenytoin und systemischen Kortikosteroiden.

Isotretinoin wird hauptsächlich (zu 99,9 %) an Plasmaproteine, hauptsächlich Albumin, gebunden. Drei Metaboliten von Isotretinoin sind nach oraler Verabreichung im menschlichen Plasma nachweisbar: 4-Oxo-Isotretinoin, Retinoidsäure (Tretinoin) und 4-Oxo-Retinoinsäure (4-Oxo-Tretinoin). Isotretinoin oxidiert auch irreversibel zu 4-Oxo-Isotretinoin, das sein geometrisches Isomer 4-Oxo-Tretinoin bildet. Nach einer oral verabreichten Dosis von 80 mg flüssiger Suspension von 14C-Isotretinoin nimmt die 14C-Aktivität im Blut mit einer Halbwertszeit von 90 Stunden ab. Die Metaboliten von Isotretinoin und seine Konjugate werden dann in relativ gleichen Mengen mit dem Urin und den Faeces ausgeschieden. Nach einer oralen Einzeldosis von 80 mg Isotretinoin an 74 gesunde erwachsene Probanden unter Fütterungsbedingungen betrug die mittlere ±SD-Eliminationshalbwertszeit (t1/2) von Isotretinoin und 4-Oxo-isotretinoin 21,0 ± 8,2 Stunden bzw. 24,0 ± 5,3 Stunden. Sowohl nach einmaliger als auch nach mehrfacher Verabreichung reichten die beobachteten Akkumulationsverhältnisse von Isotretinoin bei Personen mit zystischer Akne von 0,90 bis 5,43.

Geschichte

Die Verbindung 13-cis-Retinsäure wurde erstmals in den 1960er Jahren in den Roche-Laboratorien in der Schweiz von Werner Bollag als Mittel zur Behandlung von Hautkrebs untersucht. Die 1971 abgeschlossenen Experimente zeigten, dass die Substanz bei Krebs wahrscheinlich unwirksam ist und überraschenderweise bei der Behandlung von Akne nützlich sein könnte. Allerdings zeigten sie auch, dass der Wirkstoff wahrscheinlich Geburtsfehler verursachen würde, so dass Roche das Produkt angesichts der Ereignisse um Contergan aufgab. 1979 veröffentlichte das New England Journal of Medicine einen Artikel, in dem die Wirksamkeit des Medikaments bei der Behandlung von zystischer und konglobater Akne bei vierzehn Patienten nachgewiesen wurde, von denen dreizehn eine vollständige Heilung ihrer Krankheit erfuhren. Roche nahm die Arbeit an dem Präparat wieder auf. Bei den klinischen Versuchen wurden die Probanden sorgfältig ausgewählt, um zu verhindern, dass Frauen, die schwanger waren oder schwanger werden könnten, einbezogen wurden. Der Antrag von Roche auf Zulassung von Isotretinoin zur Behandlung von Akne enthielt Daten, die zeigten, dass das Medikament bei Kaninchen Geburtsfehler verursachte. Die FDA genehmigte den Antrag im Jahr 1982.

Wissenschaftler, die an den klinischen Versuchen beteiligt waren, veröffentlichten zeitgleich mit der Markteinführung des Medikaments in den USA Artikel, in denen vor Geburtsschäden gewarnt wurde, aber dennoch wurde Isotretinoin sowohl von Dermatologen als auch von Allgemeinmedizinern schnell und in großem Umfang eingesetzt. Bereits im ersten Jahr traten Fälle von Geburtsschäden auf, was die FDA veranlasste, Fallberichte zu veröffentlichen und Roche dazu veranlasste, Warnbriefe an Ärzte zu verschicken, Warnaufkleber auf den Medikamentenflaschen anzubringen und stärkere Warnhinweise auf dem Etikett anzubringen. Es begannen Klagen gegen Roche eingereicht zu werden. 1983 wurde der beratende Ausschuss der FDA einberufen und empfahl strengere Maßnahmen, die die FDA ergriff und die zu diesem Zeitpunkt beispiellos waren: Sie warnte Blutbanken davor, Blut von Personen anzunehmen, die das Medikament einnahmen, und fügte dem Etikett einen Warnhinweis hinzu, der Frauen empfahl, einen Monat vor der Einnahme des Medikaments mit der Einnahme von Verhütungsmitteln zu beginnen. Der Gebrauch des Medikaments nahm jedoch weiter zu, ebenso wie die Zahl der Babys, die mit Geburtsfehlern geboren wurden. Im Jahr 1985 wurde das Etikett aktualisiert und ein Warnhinweis hinzugefügt. Anfang 1988 berief die FDA einen weiteren beratenden Ausschuss ein, und Mitarbeiter der FDA erstellten ein internes Memo, in dem sie schätzten, dass etwa 1.000 Babys aufgrund von Isotretinoin mit Geburtsfehlern geboren worden waren, dass bis zu 1.000 Fehlgeburten verursacht worden waren und dass zwischen 5.000 und 7.000 Frauen aufgrund von Isotretinoin abgetrieben hatten. Das Memo war der New York Times einige Tage vor der Sitzung zugespielt worden und hatte ein großes Medienecho ausgelöst. In der Ausschusssitzung sprachen sich Dermatologen und Roche dafür aus, das Medikament auf dem Markt zu belassen, aber die Aufklärungsarbeit zu verstärken; Kinderärzte und die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) plädierten dafür, das Medikament vom Markt zu nehmen. Der Ausschuss empfahl, die Zahl der Ärzte, die das Medikament verschreiben dürfen, einzuschränken und eine zweite Meinung einzuholen, bevor das Medikament verschrieben werden kann. Die FDA war der Ansicht, dass sie nach dem Gesetz nicht befugt war, die Verschreibung des Medikaments einzuschränken, und behielt das Medikament auf dem Markt, ergriff jedoch weitere beispiellose Maßnahmen: Sie verlangte von Roche, die Warnhinweise noch deutlicher und anschaulicher zu gestalten, den Ärzten Formulare für die Einwilligung nach Aufklärung zur Verfügung zu stellen, die sie bei der Verschreibung des Medikaments verwenden sollten, und Folgestudien durchzuführen, um zu prüfen, ob die Exposition schwangerer Frauen gegenüber dem Medikament durch diese Maßnahmen verringert wurde. Roche setzte diese Maßnahmen um und bot an, die Kosten für Verhütungsberatung und Schwangerschaftstests für Frauen, denen das Medikament verschrieben wurde, zu übernehmen; das Programm wurde "Pregnancy Prevention Program" genannt.

Ein im Jahr 2000 veröffentlichter CDC-Bericht wies auf Probleme mit dem Schwangerschaftsverhütungsprogramm hin und zeigte, dass der Anstieg der Verschreibungen auf den Off-Label-Gebrauch zurückzuführen war. Dies veranlasste Roche, das Programm zu überarbeiten, es in "Gezieltes Schwangerschaftsverhütungsprogramm" umzubenennen und Änderungen an der Kennzeichnung vorzunehmen, wie z. B. die Forderung nach zwei Schwangerschaftstests, zwei Arten der Empfängnisverhütung und die Aufforderung an die Ärzte, die Verschreibungen direkt an die Apotheker weiterzuleiten, zusätzliches Aufklärungsmaterial bereitzustellen und kostenlose Schwangerschaftstests anzubieten. Ende 2000 fand eine weitere Beratungssitzung der FDA statt, bei der erneut darüber debattiert wurde, wie verhindert werden kann, dass schwangere Frauen dem Medikament ausgesetzt werden; Dermatologen bezeugten die bemerkenswerte Wirksamkeit des Medikaments und die psychologischen Auswirkungen der Akne und forderten die Autonomie, das Medikament zu verschreiben; andere plädierten dafür, das Medikament zurückzuziehen oder wesentlich strengere Maßnahmen zu ergreifen. Im Jahr 2001 kündigte die FDA ein neues Regulierungssystem namens SMART (System to Manage Accutane Related Teratogenicity) an, das von Roche verlangte, den Ärzten bestimmte Schulungsunterlagen zur Verfügung zu stellen, und von den Ärzten verlangte, dass sie ein Schreiben unterzeichnen und an Roche zurücksenden, in dem sie bestätigen, dass sie die Schulungsunterlagen gelesen haben, und dass Roche dann Aufkleber an die Ärzte verschickt, die die Ärzte auf den Rezepten anbringen müssen, die sie den Patienten ausstellen, nachdem sie einen negativen Schwangerschaftstest bestätigt haben; die Rezepte durften nur für 30 Tage ausgestellt werden und konnten nicht verlängert werden, so dass für jedes Rezept ein neuer Schwangerschaftstest erforderlich war.

Im Februar 2002 liefen die Patente von Roche für Isotretinoin aus, und inzwischen gibt es viele andere Unternehmen, die billigere generische Versionen des Medikaments verkaufen. Am 29. Juni 2009 stellte Roche Pharmaceuticals, der ursprüngliche Hersteller und Vertreiber von Isotretinoin, offiziell sowohl die Herstellung als auch den Vertrieb seiner Marke Accutane in den Vereinigten Staaten ein. Als Gründe nannte das Unternehmen den geringen Marktanteil (unter 5 %) sowie die hohen Kosten für die Verteidigung gegen Klagen von Personen, die das Medikament eingenommen haben. Generisches Isotretinoin wird in den Vereinigten Staaten weiterhin über verschiedene Hersteller erhältlich sein. Roche USA verteidigt Accutane weiterhin und behauptet, seit seiner Einführung im Jahr 1982 über 13 Millionen Menschen behandelt zu haben. F. Hoffmann-La Roche Ltd. wird offenbar weiterhin Roaccutane außerhalb der Vereinigten Staaten herstellen und vertreiben.

Unter anderem verklagte der Schauspieler James Marshall Roche wegen einer angeblich mit Roaccutan zusammenhängenden Krankheit, die zur Entfernung seines Dickdarms führte. Die Geschworenen entschieden jedoch, dass James Marshall an einer vorbestehenden Darmerkrankung litt.

In den Vereinigten Staaten wurden bisher mehrere Prozesse wegen entzündlicher Darmerkrankungen geführt, von denen viele zu millionenschweren Urteilen gegen die Hersteller von Isotretinoin führten.

Gesellschaft und Kultur

Marken

Im Jahr 2017 wurde Isotretinoin unter vielen Markennamen weltweit vermarktet: A-Cnotren, Absorica, Accuran, Accutane, Accutin, Acne Free, Acnecutan, Acnegen, Acnemin, Acneone, Acneral, Acnestar, Acnetane, Acnetin A, Acnetrait, Acnetrex, Acnogen, Acnotin, Acnotren, Acretin, Actaven, Acugen, Acutret, Acutrex, Ai Si Jie, Aisoskin, Aknal, Aknefug Iso, Aknenormin, Aknesil, Aknetrent, Amnesteem, Atlacne, Atretin, Axotret, Casius, Ciscutan, Claravis, Contracné, Curacne, Curacné, Curakne, Curatane, Cuticilin, Decutan, Dercutane, Effederm, Epuris, Eudyna, Farmacne, Flexresan, Flitrion, I-Ret, Inerta, Inflader, Inotrin, Isac, Isdiben, Isoacne, Isobest, Isocural, Isoderm, Isoface, IsoGalen, Isogeril, Isolve, Isoprotil, Isoriac, Isosupra, Isosupra Lidose, Isotane, Isotina, Isotinon, Isotren, Isotret, Isotretinoin, Isotretinoina, Isotretinoína, Isotretinoine, Isotretinoïne, Isotrétinoïne, Isotretinoinum, Isotrex, Isotrin, Isotroin, Izotek, Izotziaja, Lisacne, Locatret, Mayesta, Myorisan, Neotrex, Netlook, Nimegen, Noitron, Noroseptan, Novacne, Oralne, Oraret, Oratane, Piplex, Policano, Procuta, Reducar, Retacnyl, Retin A, Roaccutan, Roaccutane, Roacnetan, Roacta, Roacutan, Rocne, Rocta, Sotret, Stiefotrex, Tai Er Si, Teweisi, Tretin, Tretinac, Tretinex, Tretiva, Tufacne, Zenatane, Zerocutan, Zonatian ME, und Zoretanin.

Ab 2017 wurde es als topisches Kombinationspräparat mit Erythromycin unter den Markennamen Isotrex Eritromicina, Isotrexin und Munderm vermarktet.

Forschung

Obwohl übermäßiges Knochenwachstum als mögliche Nebenwirkung genannt wurde, ergab eine Überprüfung im Jahr 2006 nur wenige Hinweise darauf.

Natürliches Vorkommen

Die 13-cis-Retinsäure ist als Konfigurationsisomer der Retinsäure Teil des Vitamin-A-Metabolismus. Für das menschliche Blutplasma wurden Konzentrationen von 1–2 ng/ml beschrieben. Nach Supplementierung von Vitamin A konnte ein signifikanter Anstieg der Plasmakonzentrationen dieses Metaboliten beobachtet werden.

Nebenwirkungen

Bei systemischer Aufnahme können diverse Körperorte von unerwünschten Wirkungen betroffen sein. Die Nebenwirkungen topischer Anwendung bleiben begrenzt auf das behandelte Hautareal.

Leber

Bei systemischer Aufnahme besteht die Gefahr von Leberfunktionsstörungen und Fettstoffwechselstörungen, was eine engmaschige Kontrolle der Leberwerte notwendig macht. Sehr häufig kommt es zur Erhöhung der Transaminasen. Sehr selten treten Leberentzündungen (Hepatitis) auf.

Blut und Lymphsystem

Erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit und Blutarmut werden bei systemischer Therapie sehr häufig beobachtet. Ebenso Thrombozytopenie und Thrombozytose. Häufig kommt es zur Neutropenie (Mangel weißer Blutkörperchen). Sehr selten erkranken Lymphknoten (Lymphadenopathie).

Niere und Harnwege

Eine häufigere Nebenwirkung ist Blut- und/oder Eiweißausscheidung im Urin, was aber meist reversibel ist. Sehr selten kommt es zu einer Glomerulonephritis.

Gegenanzeigen

Isotretinoin darf systemisch nicht an Personen verabreicht werden, die an einer Fettstoffwechselstörung (Hyperlipoproteinämie) oder Hypervitaminose A leiden. Bei topischer Anwendung sind Erkrankungen wie akute Ekzeme, Rosazea oder periorale Dermatitis auf der zu behandelnden Hautoberfläche ein Hinderungsgrund. Ungeachtet der Verabreichungsform ist auch eine bekannte Unverträglichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder Präparatsbestandteilen eine Gegenanzeige.

Handelsnamen

Monopräparate

Systemisch: Aknenormin (D), Ciscutan (A), Curakne (CH), Isoderm (D), IsoGalen (D), Isotret-HEXAL (D), Roaccutan (CH), Trétinac (CH)

Topisch: Isotrex Creme/Gel (A, D), Roaccutan Gel (CH)

Kombinationspräparate

Topisch, Kombination mit Erythromycin: Isotrexin Gel (A, D)