Libido
Libido (/lɪˈbiːdoʊ/; umgangssprachlich: Sexualtrieb) ist der allgemeine Sexualtrieb oder das Verlangen nach sexueller Aktivität einer Person. Die Libido wird durch biologische, psychologische und soziale Faktoren beeinflusst. Biologisch gesehen regulieren die Sexualhormone und die damit verbundenen Neurotransmitter, die auf den Nucleus accumbens einwirken (in erster Linie Testosteron bzw. Dopamin), die Libido des Menschen. Soziale Faktoren wie Arbeit und Familie sowie interne psychologische Faktoren wie Persönlichkeit und Stress können die Libido beeinflussen. Die Libido kann auch durch Krankheiten, Medikamente, den Lebensstil, Beziehungsprobleme und das Alter (z. B. Pubertät) beeinflusst werden. Eine Person, die extrem häufiges sexuelles Verlangen oder einen plötzlich gesteigerten Sexualtrieb hat, leidet möglicherweise unter Hypersexualität, während das Gegenteil Hyposexualität ist. In der psychoanalytischen Theorie ist die Libido ein psychischer Trieb oder eine psychische Energie, die insbesondere mit dem Sexualtrieb in Verbindung gebracht wird, aber auch bei anderen instinktiven Wünschen und Trieben vorhanden ist. ⓘ
Eine Person kann ein Verlangen nach Sex haben, aber keine Gelegenheit haben, diesem Verlangen nachzukommen, oder sie kann aus persönlichen, moralischen oder religiösen Gründen davon absehen, diesem Drang nachzukommen. Psychologisch gesehen kann der Trieb einer Person unterdrückt oder sublimiert werden. Umgekehrt kann eine Person sexuelle Handlungen vornehmen, ohne dass sie tatsächlich ein Verlangen danach hat. Mehrere Faktoren beeinflussen den menschlichen Sexualtrieb, darunter Stress, Krankheit, Schwangerschaft und andere. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2001 ergab, dass Männer im Durchschnitt ein größeres Verlangen nach Sex haben als Frauen. ⓘ
Sexuelles Verlangen ist oft ein wichtiger Faktor für den Aufbau und die Aufrechterhaltung von intimen Beziehungen beim Menschen. Ein Mangel oder Verlust an sexuellem Verlangen kann sich negativ auf Beziehungen auswirken. Veränderungen des sexuellen Verlangens eines Partners in einer sexuellen Beziehung können, wenn sie andauern und nicht gelöst werden, zu Problemen in der Beziehung führen. Die Untreue eines Partners kann ein Anzeichen dafür sein, dass die sich verändernden sexuellen Wünsche des Partners in der aktuellen Beziehung nicht mehr befriedigt werden können. Probleme können entstehen, wenn die sexuellen Wünsche der Partner nicht übereinstimmen oder wenn die Partner ihre sexuellen Bedürfnisse und Vorlieben nicht ausreichend kommunizieren. ⓘ
Es gibt kein allgemein anerkanntes Maß dafür, was ein gesundes Maß an sexuellem Verlangen ist. Manche Menschen wollen jeden Tag oder mehr als einmal am Tag Sex haben, andere nur einmal im Jahr oder gar nicht. Eine Person, die über einen bestimmten Zeitraum kein Verlangen nach sexueller Aktivität hat, leidet möglicherweise an einer Störung des hypoaktiven sexuellen Verlangens oder ist asexuell. ⓘ
Der Begriff der Libido (lateinisch libido: „Begehren, Begierde“, im engeren Sinne: „Wollust, Trieb, Maßlosigkeit“) stammt aus der Psychoanalyse und bezeichnet jene psychische Energie, die mit den Trieben der Sexualität verknüpft ist. Als Synonym zu sexueller Lust und Begehren ist dieser Terminus inzwischen auch in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen. ⓘ
Psychologische Perspektiven
Psychoanalyse
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Sigmund Freud, der als Urheber der modernen Verwendung des Begriffs gilt, definierte die Libido als "die als quantitative Größe betrachtete Energie ... jener Triebe, die mit all dem zu tun haben, was man unter dem Wort 'Liebe' zusammenfassen kann." Sie ist die instinktive Energie oder Kraft, die in dem enthalten ist, was Freud das Es nannte, die streng unbewusste Struktur der Psyche. Er erklärte auch, dass sie mit dem Hunger, dem Willen zur Macht usw. vergleichbar ist und betonte, dass es sich um einen grundlegenden Instinkt handelt, der allen Menschen angeboren ist. ⓘ
Freud entwickelte die Idee einer Reihe von Entwicklungsphasen, in denen sich die Libido auf verschiedene erogene Zonen fixiert - zunächst im oralen Stadium (z. B. das Vergnügen eines Säuglings beim Stillen), dann im analen Stadium (z. B. das Vergnügen eines Kleinkindes, seinen Darm zu kontrollieren), dann im phallischen Stadium, über ein Latenzstadium, in dem die Libido schläft, bis zu ihrem Wiederauftauchen in der Pubertät im genitalen Stadium. (Karl Abraham fügte später Unterteilungen in orale und anale Stadien hinzu). ⓘ
Freud wies darauf hin, dass diese libidinösen Triebe in Konflikt mit den Konventionen des zivilisierten Verhaltens geraten können, die in der Psyche durch das Über-Ich repräsentiert werden. Es ist dieses Bedürfnis, sich der Gesellschaft anzupassen und die Libido zu kontrollieren, das zu Spannungen und Störungen im Individuum führt und den Einsatz von Ich-Abwehrmechanismen veranlasst, um die psychische Energie dieser unbefriedigten und meist unbewussten Bedürfnisse in andere Formen zu leiten. Ein übermäßiger Gebrauch der Ich-Abwehr führt zu einer Neurose. Ein Hauptziel der Psychoanalyse ist es, die Triebe des Es ins Bewusstsein zu bringen, damit sie direkt befriedigt werden können und der Patient weniger auf die Ich-Abwehr angewiesen ist. ⓘ
Nach Freuds Auffassung durchläuft die Libido eine Reihe von Entwicklungsstadien im Individuum. Eine unzureichende Anpassung an die Anforderungen dieser verschiedenen Stadien könnte dazu führen, dass die libidinöse Energie in diesen Stadien "aufgestaut" oder fixiert wird und im Erwachsenenalter bestimmte pathologische Charakterzüge hervorbringt. Das psychopathologisierte Individuum war für Freud also ein unreifes Individuum, und das Ziel der Psychoanalyse bestand darin, diese Fixierungen ins Bewusstsein zu bringen, damit die Libido-Energie freigesetzt wird und für eine bewusste Nutzung in einer Art konstruktiver Sublimierung zur Verfügung steht. ⓘ
Analytische Psychologie
Nach dem Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung ist die Libido die Gesamtheit der psychischen Energie, die sich nicht auf das sexuelle Verlangen beschränkt. Wie Jung in "Das Konzept der Libido" feststellt, "bezeichnet [die Libido] ein Verlangen oder einen Impuls, der von keiner Autorität, sei sie moralischer oder anderer Art, kontrolliert wird. Die Libido ist der Appetit in seinem natürlichen Zustand. Vom genetischen Standpunkt aus gesehen sind es körperliche Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Schlaf und Sex sowie emotionale Zustände oder Affekte, die das Wesen der Libido ausmachen." Die Dualität (Opposition) schafft die Energie (oder Libido) der Psyche, die sich nach Jung nur durch Symbole ausdrückt: "Es ist die Energie, die sich im Lebensprozess manifestiert und subjektiv als Streben und Begehren wahrgenommen wird." (Ellenberger, 697) Diese Symbole können sich im Prozess der Psychoanalyse als "Phantasiebilder" manifestieren, die den Inhalt der Libido verkörpern, der sonst in keiner konkreten Form vorliegt. Das Begehren, das allgemein als psychische Sehnsucht, Bewegung, Verdrängung und Strukturierung verstanden wird, manifestiert sich in definierbaren Formen, die durch die Analyse erfasst werden. ⓘ
Im engeren Sinne bezieht sich die Libido auch auf den Drang des Individuums nach sexueller Aktivität, und ihr Antonym ist die Kraft der Zerstörung, die als mortido oder destrudo bezeichnet wird. ⓘ
Faktoren, die die Libido beeinflussen
Endogene Substanzen
Die Libido wird in erster Linie durch die Aktivität der mesolimbischen Dopaminbahn (ventraler tegmentaler Bereich und Nucleus accumbens) gesteuert. Folglich spielen Dopamin und verwandte Spurenamine (vor allem Phenethylamin), die die Dopamin-Neurotransmission modulieren, eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Libido. ⓘ
Zu den weiteren Neurotransmittern, Neuropeptiden und Sexualhormonen, die den Sexualtrieb beeinflussen, indem sie die Aktivität in diesem Signalweg modulieren oder auf ihn einwirken, gehören:
- Testosteron (direkte Korrelation) - und andere Androgene
- Östrogen (direkter Zusammenhang) - und verwandte weibliche Sexualhormone
- Progesteron (invers korreliert)
- Oxytocin (direkt korreliert)
- Serotonin (invers korreliert)
- Norepinephrin (direkt korreliert)
- Acetylcholin ⓘ
Sexualhormonspiegel und der Menstruationszyklus
Das sexuelle Verlangen einer Frau hängt mit ihrem Menstruationszyklus zusammen, wobei viele Frauen in den Tagen unmittelbar vor dem Eisprung, dem Höhepunkt ihrer Fruchtbarkeit, der normalerweise zwei Tage vor und bis zwei Tage nach dem Eisprung stattfindet, ein verstärktes sexuelles Verlangen verspüren. Dieser Zyklus wurde mit Veränderungen des Testosteronspiegels der Frau während des Menstruationszyklus in Verbindung gebracht. Laut Gabrielle Lichterman hat der Testosteronspiegel einen direkten Einfluss auf das Interesse der Frau an Sex. Ihr zufolge steigt der Testosteronspiegel etwa ab dem 24. Tag des weiblichen Menstruationszyklus bis zum Eisprung am 14. Tag des nächsten Zyklus allmählich an, und während dieser Zeit nimmt das Verlangen der Frau nach Sex stetig zu. Der 13. Tag ist im Allgemeinen der Tag mit den höchsten Testosteronwerten. In der Woche nach dem Eisprung ist der Testosteronspiegel am niedrigsten, so dass die Frau weniger Lust auf Sex verspürt. ⓘ
Außerdem steigt in der Woche nach dem Eisprung der Progesteronspiegel an, was dazu führt, dass die Frau Schwierigkeiten hat, einen Orgasmus zu bekommen. Obwohl die letzten Tage des Menstruationszyklus durch einen konstanten Testosteronspiegel gekennzeichnet sind, kann die Libido der Frau durch die Verdickung der Gebärmutterschleimhaut, die die Nervenenden stimuliert und die Frau erregt, einen Schub erfahren. Außerdem sinkt in dieser Zeit der Östrogenspiegel, was zu einem Rückgang der natürlichen Gleitfähigkeit führt. ⓘ
Obwohl einige Fachleute dieser Theorie widersprechen, wird die Menopause von der Mehrheit als ein Faktor angesehen, der das sexuelle Verlangen bei Frauen verringern kann. In den Wechseljahren sinkt der Östrogenspiegel, was in der Regel zu einem geringeren Interesse am Sex und zu einer Trockenheit der Scheide führt, die den Sex schmerzhaft macht. Der Testosteronspiegel steigt jedoch in den Wechseljahren an, was bei einigen Frauen den gegenteiligen Effekt einer gesteigerten Libido hervorrufen kann. ⓘ
Viele verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die meisten Männer einen stärkeren sexuellen Trieb als Frauen haben, der anhand von Indikatoren wie spontane Gedanken über Sex, der Häufigkeit und Diversität sexueller Fantasien, bevorzugter Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs, bevorzugte Zahl der Sexualpartner, Masturbation, Vorlieben für verschiedene Sexualpraktiken, Bereitschaft, auf Sex zu verzichten und für Sex auf andere Dinge zu verzichten, Initiieren und Ablehnung von Sex und weiteren Indikatoren gemessen wurde. Laut einem Review von 2001 gibt es keine widersprechenden wissenschaftlichen Ergebnisse. ⓘ
Die Libido des Mannes ist sehr stark abhängig von der Produktion des männlichen Sexualhormones Testosteron. Bei Testosteronspiegeln unter 15 nmol/l ist ein Libidoverlust wahrscheinlicher; bei Spiegeln unter 10 nmol/l nimmt die Wahrscheinlichkeit von Depressionen und Schlafstörungen zu. Hitzewallungen und erektile Dysfunktion werden meist erst bei unter 8 nmol/l beobachtet. Auch die weibliche Libido ist hormonabhängig. Viele Frauen berichten von regelmäßigen Schwankungen der Libido im Rahmen des Menstruationszyklus. ⓘ
Psychologische und soziale Faktoren
Bestimmte psychologische oder soziale Faktoren können die Lust auf Sex verringern. Zu diesen Faktoren gehören fehlende Privatsphäre oder Intimität, Stress oder Müdigkeit, Ablenkung oder Depression. Auch Umweltstress, wie z. B. eine längere Belastung durch einen hohen Geräuschpegel oder helles Licht, kann die Libido beeinträchtigen. Weitere Ursachen sind sexueller Missbrauch, Übergriffe, Traumata oder Vernachlässigung, Probleme mit dem Körperbild und Angst vor sexuellen Aktivitäten. ⓘ
Personen mit PTBS können ein vermindertes sexuelles Verlangen verspüren. Viele Menschen mit PTBS haben Schwierigkeiten, Lust zu empfinden, und haben Vertrauensprobleme. Sie fühlen sich verletzlich, sind wütend und ärgerlich und schotten sich emotional ab, was nachweislich das sexuelle Verlangen bei PTBS-Patienten hemmt. Auch ein verminderter Sexualtrieb kann bei Traumaopfern aufgrund von Problemen mit der Sexualfunktion auftreten. Bei Frauen hat sich gezeigt, dass eine Behandlung die sexuelle Funktion verbessern und damit zur Wiederherstellung des sexuellen Verlangens beitragen kann. Depressionen und nachlassende Libido fallen oft zusammen, wobei ein verminderter Sexualtrieb eines der Symptome von Depressionen ist. Menschen mit Depressionen berichten oft, dass der Rückgang der Libido weitreichender und deutlicher ist als andere Symptome. Hinzu kommt, dass Depressive ihren verminderten Sexualtrieb oft nur ungern mitteilen, weil sie ihn mit kulturellen/gesellschaftlichen Werten normalisieren oder weil der Arzt sie nicht danach fragt. ⓘ
Körperliche Faktoren
Zu den körperlichen Faktoren, die sich auf die Libido auswirken können, gehören endokrine Probleme wie eine Schilddrüsenunterfunktion, die Wirkung bestimmter verschreibungspflichtiger Medikamente (z. B. Flutamid), die Attraktivität und die biologische Fitness des Partners sowie verschiedene andere Lebensstilfaktoren. ⓘ
Bei Männern wirkt sich die Häufigkeit der Ejakulationen auf den Serumtestosteronspiegel aus, ein Hormon, das die Libido fördert. Eine Studie mit 28 Männern im Alter von 21 bis 45 Jahren ergab, dass mit einer Ausnahme alle Männer am siebten Tag der Ejakulationsabstinenz einen Spitzenwert (145,7 % des Ausgangswertes [117,8 %-197,3 %]) des Serumtestosterons aufwiesen. ⓘ
Anämie ist eine Ursache für mangelnde Libido bei Frauen, die auf den Verlust von Eisen während der Periode zurückzuführen ist. ⓘ
Rauchen, Alkoholmissbrauch und die Einnahme bestimmter Drogen können ebenfalls zu einer verminderten Libido führen. Fachleute weisen darauf hin, dass verschiedene Änderungen des Lebensstils, wie z. B. Sport, Raucherentwöhnung, weniger Alkoholkonsum oder die Einnahme verschreibungspflichtiger Medikamente, das sexuelle Verlangen steigern können. ⓘ
Medikamente
Manche Menschen versuchen absichtlich, ihre Libido durch die Einnahme von Anaphrodisiaka zu verringern. Aphrodisiaka, wie z. B. dopaminerge Psychostimulanzien, sind eine Klasse von Medikamenten, die die Libido steigern können. Andererseits ist eine verminderte Libido auch oft iatrogen und kann durch viele Medikamente verursacht werden, z. B. durch hormonelle Verhütung, SSRI und andere Antidepressiva, Antipsychotika, Opioide, Betablocker und Isotretinoin. ⓘ
Isotretinoin und viele SSRI können zu einer langfristigen Abnahme der Libido und anderer sexueller Funktionen führen, selbst wenn sich die Depressionen der Nutzer dieser Medikamente gebessert haben und die Einnahme beendet wurde. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Antidepressiva, mit Ausnahme von Bupropion (Wellbutrin), Trazodon (Desyrel) und Nefazodon (Serzone), im Allgemeinen zu einer verminderten Libido führen. SSRIs, die in der Regel zu einer verminderten Libido führen, sind Fluoxetin (Prozac), Paroxetin (Paxil), Fluvoxamin (Luvox), Citalopram (Celexa) und Sertralin (Zoloft). Einige Anwender von Antidepressiva haben versucht, ihre Dosis zu verringern, in der Hoffnung, einen angemessenen Sexualtrieb zu erhalten. Andere versuchen, eine Psychotherapie zu machen, um depressionsbedingte Probleme mit der Libido zu lösen. Die Wirksamkeit dieser Therapie ist jedoch uneinheitlich, da viele berichten, dass sie keine oder nur geringe Auswirkungen auf den Sexualtrieb hat. ⓘ
Testosteron ist eines der Hormone, die die Libido des Menschen steuern. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass hormonelle Verhütungsmethoden wie die Antibabypille (die auf Östrogen und Progesteron basiert) eine geringe Libido bei Frauen verursachen, weil sie den Spiegel des Sexualhormon-bindenden Globulins (SHBG) erhöhen. SHBG bindet sich an Sexualhormone, einschließlich Testosteron, und macht sie damit unzugänglich. Die Forschung zeigt, dass der SHBG-Spiegel auch nach Beendigung einer hormonellen Verhütungsmethode erhöht bleibt, und es gibt keine verlässlichen Daten, die vorhersagen, wann dieses Phänomen wieder abklingt. ⓘ
Orale Verhütungsmittel senken den Androgenspiegel der Anwenderinnen, und ein niedrigerer Androgenspiegel führt im Allgemeinen zu einem Rückgang des sexuellen Verlangens. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Einnahme von oralen Verhütungsmitteln in der Regel nicht mit einer verminderten Libido bei Frauen zusammenhängt. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Einnahme von oralen Verhütungsmitteln entweder mit einer leichten Zunahme oder Abnahme der Libido einhergeht, wobei die meisten Anwenderinnen von einem stabilen Sexualtrieb berichten. ⓘ
Auswirkungen des Alters
Männer erreichen den Höhepunkt ihres Sexualtriebs im Teenageralter, während Frauen ihn in ihren Dreißigern erreichen. Der Anstieg des Testosterons trifft den Mann in der Pubertät, was zu einem plötzlichen und extremen Sexualtrieb führt, der seinen Höhepunkt im Alter von 15-16 Jahren erreicht und dann im Laufe des Lebens langsam abnimmt. Im Gegensatz dazu steigt die Libido der Frau in der Pubertät langsam an und erreicht mit Mitte dreißig ihren Höhepunkt. Der tatsächliche Testosteron- und Östrogenspiegel, der den Sexualtrieb eines Menschen beeinflusst, ist sehr unterschiedlich. ⓘ
Einige Jungen und Mädchen beginnen im Alter von 10 bis 12 Jahren, romantisches oder sexuelles Interesse zu zeigen. Die romantischen Gefühle sind nicht unbedingt sexuell, sondern eher mit Anziehung und Verlangen nach einem anderen Menschen verbunden. Mindestens 25 % der Jungen und Mädchen im Vorpubertätsalter (11-12 Jahre) geben an, "viel an Sex zu denken". Im frühen Teenageralter (13-14 Jahre) ist die Wahrscheinlichkeit, dass Jungen sexuelle Fantasien haben, jedoch wesentlich größer als bei Mädchen. Außerdem geben Jungen in diesem Alter viel häufiger als Mädchen an, dass sie an Geschlechtsverkehr interessiert sind. Masturbation unter Jugendlichen ist weit verbreitet, wobei die Prävalenz in der Bevölkerung im Allgemeinen bis Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre zunimmt. Jungen beginnen in der Regel früher mit der Selbstbefriedigung: weniger als 10 % der Jungen masturbieren im Alter von 10 Jahren, etwa die Hälfte im Alter von 11-12 Jahren und die überwiegende Mehrheit im Alter von 13-14 Jahren. Dies steht in krassem Gegensatz zu den Mädchen, von denen praktisch niemand vor dem 13. Lebensjahr masturbiert, und nur etwa 20 % im Alter von 13-14 Jahren. ⓘ
Menschen in den 60er und frühen 70er Jahren haben im Allgemeinen noch einen gesunden Sexualtrieb, der jedoch Anfang bis Mitte der 70er Jahre nachlassen kann. Ältere Erwachsene entwickeln in der Regel eine verminderte Libido, die auf einen nachlassenden Gesundheitszustand und umweltbedingte oder soziale Faktoren zurückzuführen ist. Entgegen der landläufigen Meinung berichten Frauen nach der Menopause häufig über ein gesteigertes sexuelles Verlangen und eine erhöhte Bereitschaft, ihren Partner zu befriedigen. Frauen geben häufig an, dass familiäre Verpflichtungen, Gesundheit, Beziehungsprobleme und Wohlbefinden ihr sexuelles Verlangen hemmen. Ältere Erwachsene haben oft eine positivere Einstellung zum Sex im Alter, weil sie entspannter sind, frei von anderen Verpflichtungen und mit mehr Selbstvertrauen. Diejenigen, die eine negative Einstellung haben, geben im Allgemeinen die Gesundheit als einen der Hauptgründe an. Stereotype über ältere Menschen und Sexualität betrachten Senioren oft als asexuelle Wesen, was ihnen keinen Gefallen tut, wenn sie versuchen, mit Pflegern und medizinischem Fachpersonal über sexuelle Interessen zu sprechen. In nicht-westlichen Kulturen wird häufig davon ausgegangen, dass ältere Frauen eine viel geringere Libido haben, was Frauen nicht zu sexuellem Verhalten ermutigt. Der Aufenthalt in Altersheimen hat Auswirkungen auf die Libido der Bewohner. In diesen Heimen gibt es zwar Sex, aber er wird weder vom Personal noch von den anderen Bewohnern gefördert. Der Mangel an Privatsphäre und das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern unter den Bewohnern sind die Hauptfaktoren, die das Verlangen mindern. Im Allgemeinen können bei älteren Erwachsenen die Lust auf Sex, ein guter Gesundheitszustand, das sexuelle Selbstwertgefühl und ein sexuell begabter Partner eine Rolle spielen. ⓘ
Störungen des sexuellen Verlangens
Eine Störung des sexuellen Verlangens tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern, und Frauen neigen dazu, weniger häufig und weniger intensiv sexuelles Verlangen zu zeigen als Männer. Eine erektile Dysfunktion kann aufgrund mangelnden sexuellen Verlangens am Penis auftreten, aber diese beiden Störungen sollten nicht miteinander verwechselt werden. So können beispielsweise hohe Freizeitdosen von Amphetamin oder Methamphetamin gleichzeitig zu Erektionsstörungen führen und die Libido erheblich steigern. Aber auch bei Männern kann die Libido mit zunehmendem Alter abnehmen. ⓘ
Die American Medical Association schätzt, dass mehrere Millionen Frauen in den USA an einer Störung der weiblichen sexuellen Erregung leiden, wobei Erregung keineswegs gleichbedeutend mit Verlangen ist, so dass diese Feststellung für die Diskussion über die Libido nur von begrenzter Bedeutung ist. Einige Fachleute sind der Ansicht, dass eine geringe Libido bei Frauen auf hormonelle Störungen wie einen Mangel an luteinisierenden Hormonen oder androgenen Hormonen zurückzuführen sein könnte, doch sind diese Theorien noch umstritten. ⓘ