Elektrokardiogramm
Elektrokardiographie ⓘ | |
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ICD-10-PCS | R94.31 |
ICD-9-CM | 89.52 |
MeSH | D004562 |
MedlinePlus | 003868 |
Unter Elektrokardiographie versteht man die Erstellung eines Elektrokardiogramms (EKG oder EKG), einer Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens. Dabei handelt es sich um ein Elektrogramm des Herzens, das die elektrische Aktivität des Herzens mithilfe von auf der Haut angebrachten Elektroden in Abhängigkeit von der Zeit aufzeichnet. Diese Elektroden erfassen die kleinen elektrischen Veränderungen, die eine Folge der Depolarisation des Herzmuskels und der anschließenden Repolarisation während jedes Herzzyklus (Herzschlag) sind. Veränderungen des normalen EKG-Musters treten bei zahlreichen Herzanomalien auf, darunter Herzrhythmusstörungen (wie Vorhofflimmern und ventrikuläre Tachykardie), unzureichende Durchblutung der Koronararterien (wie Myokardischämie und Myokardinfarkt) und Elektrolytstörungen (wie Hypokaliämie und Hyperkaliämie). ⓘ
Traditionell ist mit "EKG" ein 12-Kanal-EKG gemeint, das im Liegen aufgenommen wird (siehe unten). Es gibt jedoch auch andere Geräte, die die elektrische Aktivität des Herzens aufzeichnen können, wie z. B. ein Holter-Monitor, aber auch einige Modelle von Smartwatches sind in der Lage, ein EKG aufzuzeichnen. EKG-Signale können auch in anderen Zusammenhängen mit anderen Geräten aufgezeichnet werden. ⓘ
Bei einem herkömmlichen 12-Kanal-EKG werden zehn Elektroden an den Gliedmaßen des Patienten und auf der Oberfläche des Brustkorbs angebracht. Die Gesamtgröße des elektrischen Potenzials des Herzens wird dann aus zwölf verschiedenen Winkeln ("Ableitungen") gemessen und über einen bestimmten Zeitraum (normalerweise zehn Sekunden) aufgezeichnet. Auf diese Weise werden die Gesamtgröße und die Richtung der elektrischen Depolarisation des Herzens zu jedem Zeitpunkt während des Herzzyklus aufgezeichnet. ⓘ
Ein EKG besteht aus drei Hauptkomponenten: der P-Welle, die die Depolarisation der Vorhöfe darstellt, dem QRS-Komplex, der die Depolarisation der Herzkammern darstellt, und der T-Welle, die die Repolarisation der Herzkammern darstellt. ⓘ
Bei jedem Herzschlag hat ein gesundes Herz einen geordneten Verlauf der Depolarisation, der mit den Schrittmacherzellen im Sinusknoten beginnt, sich im gesamten Vorhof ausbreitet, durch den Atrioventrikularknoten in das His-Bündel und in die Purkinje-Fasern gelangt und sich nach unten und nach links in die Herzkammern ausbreitet. Dieses geordnete Muster der Depolarisation führt zu dem charakteristischen EKG-Verlauf. Dem geschulten Kliniker vermittelt ein EKG eine große Menge an Informationen über die Struktur des Herzens und die Funktion seines elektrischen Leitungssystems. Mit dem EKG lassen sich unter anderem die Frequenz und der Rhythmus der Herzschläge, die Größe und Lage der Herzkammern, das Vorhandensein von Schäden an den Muskelzellen oder am Reizleitungssystem des Herzens, die Auswirkungen von Herzmedikamenten und die Funktion implantierter Herzschrittmacher messen. ⓘ
Das Elektrokardiogramm (EKG) (zu altgriechisch καρδία kardía, deutsch ‚Herz‘, und γράμμα grámma, deutsch ‚Geschriebenes‘) ist die Aufzeichnung der Summe der elektrischen Aktivitäten aller Herzmuskelfasern mittels eines Elektrokardiografen (auch EKG-Gerät genannt). Den Aufzeichnungsvorgang bezeichnet man als Elektrokardiographie. Das Elektrokardiogramm trägt im Deutschen auch die Bezeichnung Herzstrom- oder Herzspannungskurve, gelegentlich wird es auch Herzschrift genannt. ⓘ
Jeder Kontraktion des Herzmuskels geht eine elektrische Erregung voraus, die im Normalfall vom Sinusknoten ausgeht. Über das herzeigene elektrische Leitungssystem aus spezialisierten Herzmuskelzellen läuft sie zu den übrigen Herzmuskelzellen. Diese elektrischen Spannungsänderungen am Herzen kann man an der Körperoberfläche messen und im Zeitverlauf aufzeichnen. Es ergibt sich ein immer wiederkehrendes Bild der elektrischen Herzaktion. Mit dem EKG lassen sich vielfältige Aussagen zu Eigenschaften und Gesundheit des Herzens treffen. Zu beachten ist, dass das Oberflächen-EKG nur die elektrische Aktivität des Herzmuskels anzeigt, nicht jedoch die tatsächliche Auswurfleistung widerspiegelt. Meist wird das EKG von zunehmend verlässlicheren Computerprogrammen ausgewertet, was jedoch die Beurteilung der Aufzeichnung auf Papier oder auf dem Bildschirm durch den Arzt nicht entbehrlich macht. ⓘ
Medizinische Anwendungen
Das allgemeine Ziel eines EKGs ist es, Informationen über die elektrische Funktion des Herzens zu erhalten. Die medizinischen Verwendungszwecke für diese Informationen sind vielfältig und müssen oft mit Kenntnissen über die Struktur des Herzens und körperlichen Untersuchungszeichen kombiniert werden, um interpretiert werden zu können. Zu den Indikationen für die Durchführung eines EKG gehören unter anderem folgende:
- Schmerzen in der Brust oder Verdacht auf einen Myokardinfarkt (Herzinfarkt), z. B. ST-Hebungsinfarkt (STEMI) oder Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI)
- Symptome wie Kurzatmigkeit, Herzgeräusche, Ohnmacht, Krampfanfälle, komische Drehungen oder Herzrhythmusstörungen, einschließlich neu auftretender Herzklopfen oder Überwachung bekannter Herzrhythmusstörungen
- Medikamentenüberwachung (z. B. medikamenteninduzierte QT-Verlängerung, Digoxin-Toxizität) und Behandlung von Überdosierungen (z. B. trizyklische Überdosierung)
- Elektrolytanomalien, wie z. B. Hyperkaliämie
- Perioperative Überwachung bei jeder Form der Anästhesie (z. B. überwachte Anästhesiepflege, Vollnarkose). Dies umfasst die präoperative Beurteilung sowie die intraoperative und postoperative Überwachung.
- Kardiale Stresstests
- Computertomographie-Angiographie (CTA) und Magnetresonanz-Angiographie (MRA) des Herzens (das EKG wird zum "Gaten" des Scannens verwendet, damit die anatomische Position des Herzens konstant ist)
- Klinische Elektrophysiologie des Herzens, bei der ein Katheter durch die Oberschenkelvene eingeführt wird, der mit mehreren Elektroden versehen werden kann, um die Richtung der elektrischen Aktivität im Herzen aufzuzeichnen. ⓘ
EKGs können als kurze intermittierende Ableitungen oder als kontinuierliche EKG-Überwachung aufgezeichnet werden. Die kontinuierliche Überwachung wird bei kritisch kranken Patienten, bei Patienten, die sich einer Vollnarkose unterziehen, und bei Patienten mit selten auftretenden Herzrhythmusstörungen eingesetzt, die auf einem herkömmlichen Zehn-Sekunden-EKG wahrscheinlich nicht zu erkennen wären. Die kontinuierliche Überwachung kann mit Holter-Monitoren, internen und externen Defibrillatoren und Herzschrittmachern und/oder Biotelemetrie durchgeführt werden. ⓘ
Screening
Der Einsatz von EKGs bei Personen ohne Symptome oder mit geringem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Präventionsmaßnahme ist nicht belegt. Der Grund dafür ist, dass ein EKG fälschlicherweise das Vorhandensein eines Problems anzeigen kann, was zu Fehldiagnosen, der Empfehlung invasiver Verfahren und einer Überbehandlung führen kann. Bei Personen, die in bestimmten kritischen Berufen tätig sind, wie z. B. Flugzeugpiloten, kann jedoch ein EKG als Teil ihrer routinemäßigen Gesundheitsuntersuchungen vorgeschrieben sein. Ein Screening der hypertrophen Kardiomyopathie kann auch bei Jugendlichen im Rahmen einer Sportuntersuchung in Betracht gezogen werden, da die Gefahr eines plötzlichen Herztodes besteht. ⓘ
Elektrokardiographie-Geräte
Elektrokardiogramme werden von Geräten aufgezeichnet, die aus einer Reihe von Elektroden bestehen, die mit einer Zentraleinheit verbunden sind. Frühe EKG-Geräte wurden mit analoger Elektronik gebaut, wobei das Signal einen Motor antrieb, der das Signal auf Papier ausdruckte. Heute verwenden Elektrokardiographen Analog-Digital-Wandler, um die elektrische Aktivität des Herzens in ein digitales Signal umzuwandeln. Viele EKG-Geräte sind heute tragbar und umfassen in der Regel einen Bildschirm, eine Tastatur und einen Drucker auf einem kleinen fahrbaren Wagen. Zu den jüngsten Fortschritten in der Elektrokardiographie gehört die Entwicklung noch kleinerer Geräte, die in Fitness-Trackern und Smartwatches eingesetzt werden können. Diese kleineren Geräte benötigen oft nur zwei Elektroden, um eine einzige Ableitung I zu liefern. ⓘ
Die Aufzeichnung eines EKGs ist ein sicheres und schmerzloses Verfahren. Die Geräte werden mit Netzstrom betrieben, sind aber mit mehreren Sicherheitsmerkmalen ausgestattet, darunter eine geerdete Leitung. Weitere Merkmale sind:
- Defibrillationsschutz: Jedes im Gesundheitswesen verwendete EKG kann an eine Person angeschlossen werden, die defibrilliert werden muss, und das EKG muss sich vor dieser Energiequelle schützen.
- Elektrostatische Entladungen sind ähnlich wie Defibrillationsentladungen und erfordern einen Spannungsschutz von bis zu 18.000 Volt.
- Zusätzlich kann eine Schaltung, der so genannte Right Leg Driver, verwendet werden, um Gleichtaktstörungen (typischerweise das 50- oder 60-Hz-Netz) zu reduzieren.
- Die am Körper gemessenen EKG-Spannungen sind sehr gering. Diese niedrige Spannung erfordert einen rauscharmen Schaltkreis, Instrumentenverstärker und eine elektromagnetische Abschirmung.
- Gleichzeitige Ableitungsaufzeichnung: Während frühere Geräte jede Ableitung nacheinander aufzeichneten, zeichnen aktuelle Modelle mehrere Ableitungen gleichzeitig auf. ⓘ
Die meisten modernen EKG-Geräte verfügen über automatische Interpretationsalgorithmen. Diese Analyse berechnet Merkmale wie das PR-Intervall, das QT-Intervall, das korrigierte QT-Intervall (QTc), die PR-Achse, die QRS-Achse, den Rhythmus und mehr. Die Ergebnisse dieser automatischen Algorithmen werden als "vorläufig" betrachtet, bis sie durch die Interpretation eines Experten überprüft und/oder geändert werden. Trotz der jüngsten Fortschritte ist die Fehlinterpretation durch Computer nach wie vor ein großes Problem und kann zu klinischen Fehlbehandlungen führen. ⓘ
Herzmonitore
Neben dem Standard-Elektrokardiographen gibt es auch andere Geräte, die EKG-Signale aufzeichnen können. Tragbare Geräte gibt es seit der Entwicklung des Holter-Monitors im Jahr 1962. Traditionell wurden für diese Monitore Elektroden mit Pflastern auf der Haut verwendet, um das EKG aufzuzeichnen, aber neue Geräte können als einzelnes Pflaster auf die Brust geklebt werden, ohne dass Drähte erforderlich sind. Implantierbare Geräte wie der künstliche Herzschrittmacher und der implantierbare Kardioverter-Defibrillator sind in der Lage, ein "Fernfeld"-Signal zwischen den Ableitungen im Herzen und der implantierten Batterie/Generator zu messen, das einem EKG-Signal ähnelt (technisch gesehen wird das im Herzen aufgezeichnete Signal als Elektrogramm bezeichnet, das anders interpretiert wird). Eine Weiterentwicklung des Holter-Monitors ist der implantierbare Loop-Rekorder, der dieselbe Funktion erfüllt, jedoch in einem implantierbaren Gerät mit Batterien, die mehrere Jahre halten. Darüber hinaus können auch Smartwatches ein EKG-Signal aufzeichnen, wie z. B. die Apple Watch der vierten Generation. ⓘ
Elektroden und Ableitungen
Elektroden sind die eigentlichen leitenden Pads, die auf der Körperoberfläche angebracht werden. Ein beliebiges Elektrodenpaar kann die elektrische Potentialdifferenz zwischen den beiden entsprechenden Befestigungsstellen messen. Ein solches Paar bildet eine Ableitung. Ableitungen" können jedoch auch zwischen einer physischen Elektrode und einer virtuellen Elektrode, dem so genannten Wilson's central terminal (WCT), gebildet werden, dessen Potenzial als das durchschnittliche Potenzial definiert ist, das von drei Gliederelektroden gemessen wird, die am rechten Arm, am linken Arm bzw. am linken Fuß angebracht sind. ⓘ
In der Regel werden 10 am Körper angebrachte Elektroden verwendet, um 12 EKG-Ableitungen zu bilden, wobei jede Ableitung eine bestimmte elektrische Potentialdifferenz misst (wie in der nachstehenden Tabelle aufgeführt). ⓘ
Die Ableitungen werden in drei Typen eingeteilt: Gliedmaßen, erweiterte Gliedmaßen und Präkordial- oder Brustkorbableitungen. Das 12-Kanal-EKG hat insgesamt drei Gliedmaßen-Ableitungen und drei erweiterte Gliedmaßen-Ableitungen, die wie die Speichen eines Rades in der Koronalebene (vertikal) angeordnet sind, sowie sechs Präkordial- oder Brustkorb-Ableitungen, die in der senkrechten Querebene (horizontal) liegen. ⓘ
In der Medizin wird der Begriff Ableitungen manchmal auch für die Elektroden selbst verwendet, obwohl dies technisch nicht korrekt ist. ⓘ
Die 10 Elektroden eines 12-Kanal-EKGs sind im Folgenden aufgeführt. ⓘ
Name der Elektrode | Platzierung der Elektroden ⓘ |
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RA | Am rechten Arm, unter Umgehung des dicken Muskels. |
LA | An der gleichen Stelle wie RA, jedoch am linken Arm. |
RL | Am rechten Bein, am unteren Ende der Innenseite des Wadenmuskels. (Knochenvorsprünge sind zu vermeiden) |
LL | An der gleichen Stelle, an der RL platziert wurde, jedoch am linken Bein. |
V1 | Im vierten Zwischenrippenraum (zwischen den Rippen 4 und 5), direkt rechts vom Brustbein |
V2 | Im vierten Interkostalraum (zwischen den Rippen 4 und 5) direkt links neben dem Brustbein. |
V3 | Zwischen den Ableitungen V2 und V4. |
V4 | Im fünften Interkostalraum (zwischen den Rippen 5 und 6) in der Mitte der Schlüsselbeinlinie. |
V5 | Horizontal gleichauf mit V4, in der linken vorderen Axillarlinie. |
V6 | Horizontal gleichauf mit V4 und V5 in der mittleren Axillarlinie. |
Zwei Arten von Elektroden sind gebräuchlich: ein flacher, papierdünner Aufkleber und ein selbstklebendes rundes Pad. Erstere werden in der Regel für eine einzige EKG-Aufzeichnung verwendet, während letztere für kontinuierliche Aufzeichnungen geeignet sind, da sie länger haften. Jede Elektrode besteht aus einem elektrisch leitenden Elektrolytgel und einem Silber/Silberchlorid-Leiter. Das Gel enthält in der Regel Kaliumchlorid - manchmal auch Silberchlorid -, um die Elektronenleitung von der Haut zum Draht und zum Elektrokardiogramm zu ermöglichen. ⓘ
Die gemeinsame virtuelle Elektrode, die so genannte Wilson'sche Zentralklemme (VW), wird durch Mittelwertbildung der Messungen an den Elektroden RA, LA und LL erzeugt, um ein durchschnittliches Körperpotential zu erhalten:
Bei einem 12-Kanal-EKG wird davon ausgegangen, dass alle Ableitungen mit Ausnahme der Extremitätenableitungen unipolar sind (aVR, aVL, aVF, V1, V2, V3, V4, V5 und V6). Für die Messung einer Spannung sind zwei Kontakte erforderlich, so dass die unipolaren Ableitungen elektrisch an der gemeinsamen Leitung (negativ) und an der unipolaren Leitung (positiv) gemessen werden. Diese Mittelwertbildung für die gemeinsame Leitung und das abstrakte Konzept der unipolaren Leitung macht das Verständnis schwieriger und wird durch die nachlässige Verwendung der Begriffe "Leitung" und "Elektrode" erschwert. Anstatt eine konstante Referenz zu sein, hat VW einen Wert, der während des Herzzyklus schwankt. Aufgrund der Körperteile, die die Signale durchlaufen, stellt er auch nicht wirklich das Potential im Zentrum des Herzens dar. ⓘ
Gliedmaßenableitungen
Die Ableitungen I, II und III werden als Gliedmaßenableitungen bezeichnet. Die Elektroden, die diese Signale bilden, befinden sich an den Gliedmaßen - eine an jedem Arm und eine am linken Bein. Die Ableitungen der Gliedmaßen bilden die Spitzen des so genannten Einthoven-Dreiecks.
- Ableitung I ist die Spannung zwischen der (positiven) Elektrode des linken Arms (LA) und der Elektrode des rechten Arms (RA):
- Ableitung II ist die Spannung zwischen der (positiven) Elektrode des linken Beins (LL) und der Elektrode des rechten Arms (RA):
- Ableitung III ist die Spannung zwischen der (positiven) Elektrode des linken Beins (LL) und der Elektrode des linken Arms (LA):
Augmentierte Gliedmaßenableitungen
Die Ableitungen aVR, aVL und aVF sind die augmentierten Extremitätenableitungen. Sie werden von denselben drei Elektroden abgeleitet wie die Ableitungen I, II und III, verwenden jedoch die zentrale Goldberger-Klemme als negativen Pol. Die Goldberger-Zentralklemme ist eine Kombination der Eingänge von zwei Extremitätenelektroden, wobei für jede augmentierte Ableitung eine andere Kombination verwendet wird. Er wird im Folgenden als "der negative Pol" bezeichnet.
- Bei der augmentierten Vektorableitung rechts (aVR) befindet sich die positive Elektrode am rechten Arm. Der negative Pol ist eine Kombination aus der Elektrode am linken Arm und der Elektrode am linken Bein:
- Bei der Ableitung augmented vector left (aVL) befindet sich die positive Elektrode am linken Arm. Der negative Pol ist eine Kombination aus der Elektrode am rechten Arm und der Elektrode am linken Bein:
- Bei der Ableitung augmented vector foot (aVF) befindet sich die positive Elektrode am linken Bein. Der negative Pol ist eine Kombination aus der Elektrode des rechten Arms und der Elektrode des linken Arms:
Zusammen mit den Ableitungen I, II und III bilden die augmentierten Gliedmaßenableitungen aVR, aVL und aVF die Grundlage des hexaxialen Referenzsystems, das zur Berechnung der elektrischen Achse des Herzens in der Frontalebene verwendet wird. ⓘ
Ältere Versionen der Knoten (VR, VL, VF) verwenden den zentralen Wilson-Pol als Minuspol, aber die Amplitude ist zu klein für die dicken Leitungen alter EKG-Geräte. Die Goldberger-Klemmen erhöhen die Wilson-Ergebnisse um 50 %, allerdings auf Kosten der physikalischen Korrektheit, da sie nicht für alle drei denselben Minuspol haben. ⓘ
Präkordiale Ableitungen
Die präkordialen Ableitungen liegen in der transversalen (horizontalen) Ebene, senkrecht zu den anderen sechs Ableitungen. Die sechs präkordialen Elektroden dienen als positive Pole für die sechs entsprechenden präkordialen Ableitungen: (V1, V2, V3, V4, V5 und V6). Die zentrale Wilson-Klemme wird als Minuspol verwendet. Kürzlich wurden unipolare Präkordialableitungen verwendet, um bipolare Präkordialableitungen zu schaffen, die die Rechts-Links-Achse in der horizontalen Ebene erkunden. ⓘ
Spezialisierte Ableitungen
In seltenen Fällen können zusätzliche Elektroden platziert werden, um andere Ableitungen für spezielle diagnostische Zwecke zu erzeugen. Rechtsseitige präkordiale Ableitungen können zur besseren Untersuchung der Pathologie des rechten Ventrikels oder der Dextrokardie verwendet werden (und werden mit einem R gekennzeichnet, z. B. V5R). Posteriore Ableitungen (V7 bis V9) können verwendet werden, um das Vorhandensein eines posterioren Myokardinfarkts nachzuweisen. Die Lewis-Ableitung oder S5-Ableitung (die eine Elektrode am rechten Sternumrand im zweiten Interkostalraum erfordert) kann verwendet werden, um die Vorhofaktivität im Verhältnis zu der der Herzkammern besser zu erkennen. ⓘ
Eine Ösophagus-Elektrode kann an einem Teil der Speiseröhre angebracht werden, wo der Abstand zur Hinterwand des linken Vorhofs nur etwa 5-6 mm beträgt (und bei Personen unterschiedlichen Alters und Gewichts konstant bleibt). Eine Speiseröhrenelektrode ermöglicht eine genauere Unterscheidung zwischen bestimmten Herzrhythmusstörungen, insbesondere Vorhofflattern, AV-Knoten-Reentrant-Tachykardie und orthodromer atrioventrikulärer Reentrant-Tachykardie. Es kann auch das Risiko bei Menschen mit Wolff-Parkinson-White-Syndrom bewerten und supraventrikuläre Tachykardien, die durch Reentry verursacht werden, beenden. ⓘ
Ein intrakardiales Elektrogramm (ICEG) ist im Wesentlichen ein EKG mit zusätzlichen intrakardialen Ableitungen (d. h. innerhalb des Herzens). Die Standard-EKG-Ableitungen (externe Ableitungen) sind I, II, III, aVL, V1 und V6. Zwei bis vier intrakardiale Ableitungen werden durch eine Herzkatheteruntersuchung hinzugefügt. Das Wort "Elektrogramm" (EGM) ohne weitere Angaben bedeutet in der Regel ein intrakardiales Elektrogramm. ⓘ
Ableitungspositionen auf einem EKG-Bericht
Ein standardmäßiger 12-Kanal-EKG-Bericht (ein Elektrokardiograph) zeigt eine 2,5 Sekunden lange Ableitung von jeder der zwölf Ableitungen. Die Ableitungen sind in der Regel in einem Raster aus vier Spalten und drei Zeilen angeordnet. Die erste Spalte enthält die Ableitungen der Extremitäten (I, II und III), die zweite Spalte die erweiterten Ableitungen der Extremitäten (aVR, aVL und aVF) und die letzten beiden Spalten die präkordialen Ableitungen (V1 bis V6). Zusätzlich kann ein Rhythmusstreifen als vierte oder fünfte Zeile eingefügt werden. ⓘ
Das Timing auf der Seite ist kontinuierlich und nicht die Aufzeichnung der 12 Ableitungen für denselben Zeitraum. Mit anderen Worten: Würde die Ausgabe mit Nadeln auf Papier aufgezeichnet, würde jede Reihe die Ableitungen wechseln, wenn das Papier unter die Nadel gezogen wird. Zum Beispiel würde die oberste Reihe zuerst die Ableitung I aufzeichnen, dann die Ableitung aVR, dann die Ableitung V1 und dann die Ableitung V4, so dass keine dieser vier Ableitungen aus demselben Zeitraum stammt, da sie nacheinander durch die Zeit aufgezeichnet werden. ⓘ
Kontiguität der Ableitungen
Jede der 12 EKG-Ableitungen zeichnet die elektrische Aktivität des Herzens aus einem anderen Winkel auf und ist daher auf verschiedene anatomische Bereiche des Herzens ausgerichtet. Zwei Ableitungen, die auf benachbarte anatomische Bereiche blicken, werden als zusammenhängend bezeichnet. ⓘ
Kategorie | Ableitungen | Aktivität ⓘ |
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Inferiore Ableitungen | Ableitungen II, III und aVF | Betrachtung der elektrischen Aktivität aus dem Blickwinkel der unteren Fläche (Zwerchfellfläche des Herzens) |
Seitliche Ableitungen | I, aVL, V5 und V6 | Betrachtung der elektrischen Aktivität aus der Sicht der Seitenwand der linken Herzkammer |
Septale Ableitungen | V1 und V2 | Betrachtung der elektrischen Aktivität aus der Sicht der Herzscheidewand (Interventrikelseptum) |
Anteriore Ableitungen | V3 und V4 | Betrachten Sie die elektrische Aktivität aus dem Blickwinkel der Vorderwand der rechten und linken Herzkammer (sternokostale Oberfläche des Herzens) |
Darüber hinaus werden zwei nebeneinander liegende präkordiale Ableitungen als zusammenhängend betrachtet. Obwohl beispielsweise V4 eine anteriore Ableitung und V5 eine laterale Ableitung ist, sind sie zusammenhängend, weil sie nebeneinander liegen. ⓘ
Elektrophysiologie
Die Untersuchung des Reizleitungssystems des Herzens wird als kardiale Elektrophysiologie (EP) bezeichnet. Eine EP-Untersuchung wird durch eine rechtsseitige Herzkatheterisierung durchgeführt: Ein Draht mit einer Elektrode an der Spitze wird über eine periphere Vene in die rechten Herzkammern eingeführt und in verschiedenen Positionen in unmittelbarer Nähe des Reizleitungssystems platziert, so dass die elektrische Aktivität dieses Systems aufgezeichnet werden kann. Zu den Standard-Katheterpositionen für eine EP-Untersuchung gehören ein "hoher rechter Vorhof" oder hRA in der Nähe des Sinusknotens, ein "His" über die Septumwand der Trikuspidalklappe zur Messung des His-Bündels, ein "Koronarsinus" in den Koronarsinus und ein "rechter Ventrikel" im Apex der rechten Herzkammer. ⓘ
Auswertung
Bei der Interpretation des EKGs geht es im Wesentlichen darum, das elektrische Leitungssystem des Herzens zu verstehen. Die normale Erregungsleitung beginnt und verläuft nach einem vorhersehbaren Muster, und Abweichungen von diesem Muster können eine normale Abweichung oder pathologisch sein. Ein EKG ist nicht mit der mechanischen Pumptätigkeit des Herzens gleichzusetzen. So erzeugt eine pulslose elektrische Aktivität ein EKG, bei dem zwar Blut gepumpt werden sollte, aber kein Puls zu spüren ist (und das einen medizinischen Notfall darstellt, bei dem eine HLW durchgeführt werden sollte). Kammerflimmern erzeugt ein EKG, ist aber zu dysfunktional, um eine lebenserhaltende Herzleistung zu erzeugen. Bestimmte Rhythmen sind dafür bekannt, dass sie ein gutes Herzzeitvolumen haben, andere wiederum haben ein schlechtes Herzzeitvolumen. Letztendlich ist ein Echokardiogramm oder ein anderes anatomisches Bildgebungsverfahren nützlich, um die mechanische Funktion des Herzens zu beurteilen. ⓘ
Wie bei allen medizinischen Tests basiert die Definition von "normal" auf Bevölkerungsstudien. Eine Herzfrequenz zwischen 60 und 100 Schlägen pro Minute (bpm) wird als normal angesehen, da die Daten zeigen, dass dies die übliche Ruheherzfrequenz ist. ⓘ
Die T-Welle entspricht der Erregungsrückbildung der Kammern. Da sie aufgrund unterschiedlicher Leitungsgeschwindigkeiten in verschiedenen Ventrikelregionen von der Herzspitze zur Herzbasis aus verläuft (und damit in umgekehrter Richtung der Kammererregung), erzeugt sie einen positiven Ausschlag im EKG. Bei Kindern (außer Neugeborenen) ist sie gewöhnlich in den Brustwandableitungen V1, V2 und V3 – sowie bei 25 % der Individuen in Ableitung III – negativ. ⓘ
Bei einer Hypokaliämie kommt es zur Abflachung der T-Wellen, bei der Hyperkaliämie werden sie hoch und spitz. ⓘ
Theorie
Herzmuskelzellen weisen im Ruhezustand (wie alle Zellen) ein negatives Membranpotential auf, d. h. die Außenseite der Membran ist positiv geladen, während die Innenseite negativ geladen ist. Bei elektrisch erregten Zellen verhält es sich umgekehrt, hier ist der Extrazellularraum negativ geladen. Das EKG misst Spannungen an der Körperoberfläche, die von der Ladungsverteilung im Extrazellularraum herrühren; intrazelluläre Ladungen werden nicht erfasst. Eine extrazelluläre Spannungsmessung zwischen zwei Punkten über der Plasmamembran einer Herzmuskelzelle würde nur dann eine elektrische Spannung ungleich null ergeben, wenn an genau einer der beiden Elektroden die Membran depolarisiert ist, denn zwischen positiv und positiv oder negativ und negativ besteht keine Potentialdifferenz. ⓘ
Zur Vereinfachung der mathematischen Beschreibung soll die Ladungsverteilung in diesem kleinen Teil des Herzmuskels zum elektrischen Dipol idealisiert werden. Dabei wird die gesamte negative Ladung gedanklich auf einen Punkt am erregten Membranabschnitt konzentriert, während die gesamte positive Ladung in gleicher Weise dem nicht erregten Abschnitt zugeschrieben wird. Die Strecke Vektor d von der negativen zur positiven Ladung multipliziert mit der Ladung q ist dann gleich dem elektrischen Dipolmoment Vektor p:
Für das elektrische Potential im Feld eines Dipols gilt in Abständen r, die den Abstand der Ladungen bei weitem übersteigen, die Gleichung ⓘ
- . ⓘ
Zwischen den Punkten A und B, die sich im gleichen Abstand r von Zentrum des Dipols befinden (die Vektoren zu den beiden Punkten können sich trotzdem unterscheiden), besteht demnach die Spannung ⓘ
- . ⓘ
Die Bildung des Skalarproduktes
kann dabei als Projektion des Vektors p auf die Gerade durch A und B verstanden werden. Da alle weiteren Größen zeitlich konstant sind, lautet die entscheidende Erkenntnis zum Verständnis des EKG, dass die gemessene Spannung zum projizierten Anteil des Dipolmoments proportional ist:
Bei Betrachtung des gesamten Herzens müssen freilich viele solcher Dipolmomente berücksichtigt werden, die beschriebenen Zusammenhänge gelten jedoch weiterhin, wenn man p durch die Summe aller Dipolmomente P ersetzt. Anstelle der Punkte A und B treten in der Praxis des EKG Ableitungen, deren korrespondierende Vektoren im Cabrerakreis abgelesen werden können. Zur Ableitung I, die zwischen dem rechten und linken Arm gemessen wird, gehört beispielsweise ein Vektor, der horizontal nach links zeigt. ⓘ
Umgekehrt kann auch aus gemessenen Spannungen der Vektor des summierten Dipolmoments errechnet werden. Dazu sind mindestens drei Ableitungen notwendig, deren Vektoren linear unabhängig sind, also nicht alle in einer Ebene liegen. Die sich ergebende Darstellung des EKG durch einen im zeitlichen Verlauf im 3D-Raum rotierenden und in der Länge veränderlichen Pfeil heißt Vektor-EKG. ⓘ
Die Gesamtrichtung der Depolarisation und Repolarisation führt also zu einer positiven oder negativen Ablenkung auf der Kurve jeder Ableitung. So würde beispielsweise eine Depolarisation von rechts nach links eine positive Ablenkung in Ableitung I erzeugen, da die beiden Vektoren in dieselbe Richtung zeigen. Im Gegensatz dazu würde dieselbe Depolarisation eine minimale Ablenkung in V1 und V2 bewirken, da die Vektoren senkrecht zueinander stehen; dieses Phänomen wird als isoelektrisch bezeichnet. ⓘ
Der normale Rhythmus erzeugt vier Einheiten - eine P-Welle, einen QRS-Komplex, eine T-Welle und eine U-Welle -, die alle ein ziemlich einzigartiges Muster aufweisen.
- Die P-Welle steht für die Depolarisation des Vorhofs.
- Der QRS-Komplex steht für die ventrikuläre Depolarisation.
- Die T-Welle steht für die ventrikuläre Repolarisation.
- Die U-Welle steht für die Repolarisation des Papillarmuskels. ⓘ
Veränderungen in der Struktur des Herzens und seiner Umgebung (einschließlich der Blutzusammensetzung) verändern die Muster dieser vier Einheiten. ⓘ
Die U-Welle wird in der Regel nicht gesehen und ihr Fehlen wird im Allgemeinen ignoriert. Die atriale Repolarisation ist in der Regel hinter dem viel ausgeprägteren QRS-Komplex verborgen und kann normalerweise ohne zusätzliche Spezialelektroden nicht gesehen werden. ⓘ
Hintergrundraster
EKGs werden normalerweise auf einem Raster gedruckt. Die horizontale Achse steht für die Zeit und die vertikale Achse für die Spannung. Die Standardwerte dieses Gitters sind in der nebenstehenden Abbildung mit 25 mm/Sek. dargestellt:
- Ein kleines Kästchen ist 1 mm × 1 mm groß und entspricht 0,1 mV × 0,04 Sekunden.
- Ein großes Kästchen ist 5 mm × 5 mm groß und steht für 0,5 mV × 0,20 Sekunden. ⓘ
Das "große" Kästchen wird durch eine stärkere Strichstärke dargestellt als die kleinen Kästchen. ⓘ
Die Standarddruckgeschwindigkeit in den Vereinigten Staaten beträgt 25 mm pro Sekunde (5 große Kästchen pro Sekunde), in anderen Ländern kann sie jedoch 50 mm pro Sekunde betragen. Schnellere Geschwindigkeiten wie 100 und 200 mm pro Sekunde werden bei elektrophysiologischen Studien verwendet. ⓘ
Nicht alle Aspekte eines EKGs hängen von präzisen Aufzeichnungen oder einer bekannten Skalierung von Amplitude oder Zeit ab. Die Feststellung, ob es sich bei der Aufzeichnung um einen Sinusrhythmus handelt, erfordert beispielsweise nur die Erkennung und den Abgleich von Merkmalen, nicht aber die Messung von Amplituden oder Zeiten (d. h. die Skalierung der Gitter ist irrelevant). Ein gegenteiliges Beispiel: Die Spannungsanforderungen der linksventrikulären Hypertrophie erfordern die Kenntnis der Gitterskala. ⓘ
Frequenz und Rhythmus
Bei einem normalen Herzen ist die Herzfrequenz die Rate, mit der der Sinusknoten depolarisiert, da er die Quelle der Depolarisation des Herzens ist. Die Herzfrequenz verändert sich, wie auch andere Vitalparameter wie Blutdruck und Atemfrequenz, mit dem Alter. Bei Erwachsenen liegt eine normale Herzfrequenz zwischen 60 und 100 Schlägen pro Minute (normokard), während sie bei Kindern höher ist. Eine Herzfrequenz, die unter dem Normalwert liegt, wird als "Bradykardie" bezeichnet (<60 bei Erwachsenen) und eine Frequenz, die über dem Normalwert liegt, als "Tachykardie" (>100 bei Erwachsenen). Eine Komplikation ergibt sich, wenn die Vorhöfe und Kammern nicht synchron sind und die "Herzfrequenz" als Vorhof- oder Kammerfrequenz angegeben werden muss (z. B. beträgt die Kammerfrequenz bei Kammerflimmern 300-600 Schläge pro Minute, während die Vorhoffrequenz normal [60-100] oder schneller [100-150] sein kann). ⓘ
Bei normalen Herzen in Ruhe ist der physiologische Rhythmus des Herzens der normale Sinusrhythmus (NSR). Der normale Sinusrhythmus weist das prototypische Muster von P-Welle, QRS-Komplex und T-Welle auf. Im Allgemeinen wird eine Abweichung vom normalen Sinusrhythmus als Herzrhythmusstörung betrachtet. Daher lautet die erste Frage bei der Interpretation eines EKGs, ob ein Sinusrhythmus vorliegt oder nicht. Ein Kriterium für einen Sinusrhythmus ist, dass P-Wellen und QRS-Komplexe 1:1 erscheinen, was bedeutet, dass die P-Welle den QRS-Komplex verursacht. ⓘ
Sobald der Sinusrhythmus festgestellt ist oder nicht, ist die zweite Frage die nach der Frequenz. Bei einem Sinusrhythmus ist dies entweder die Rate der P-Wellen oder der QRS-Komplexe, da sie 1-zu-1 auftreten. Ist die Frequenz zu schnell, handelt es sich um eine Sinustachykardie, ist sie zu langsam, handelt es sich um eine Sinusbradykardie. ⓘ
Wenn es sich nicht um einen Sinusrhythmus handelt, muss der Rhythmus bestimmt werden, bevor eine weitere Interpretation erfolgen kann. Einige Herzrhythmusstörungen mit charakteristischen Befunden:
- Fehlende P-Wellen mit "unregelmäßig unregelmäßigen" QRS-Komplexen sind das Kennzeichen von Vorhofflimmern.
- Ein "Sägezahn"-Muster mit QRS-Komplexen ist das Kennzeichen von Vorhofflattern.
- Ein sinusförmiges Muster ist das Kennzeichen von Kammerflattern.
- Fehlende P-Wellen mit breiten QRS-Komplexen und einer schnellen Herzfrequenz sind ventrikuläre Tachykardien. ⓘ
Die Bestimmung von Frequenz und Rhythmus ist notwendig, um die weitere Interpretation sinnvoll zu gestalten. ⓘ
Achse
Das Herz hat mehrere Achsen, aber die bei weitem häufigste ist die Achse des QRS-Komplexes (wenn von "der Achse" die Rede ist, ist die QRS-Achse gemeint). Jede Achse kann rechnerisch so bestimmt werden, dass sie zu einer Zahl führt, die den Grad der Abweichung von Null darstellt, oder sie kann in einige Typen eingeteilt werden. ⓘ
Die QRS-Achse ist die allgemeine Richtung der ventrikulären Depolarisationswellenfront (oder des mittleren elektrischen Vektors) in der Frontalebene. Oft reicht es aus, die Achse in einen der drei Typen zu klassifizieren: normal, linksdeviated oder rechtsdeviated. Populationsdaten zeigen, dass eine normale QRS-Achse zwischen -30° und 105° liegt, wobei 0° entlang der Ableitung I liegt und positiv inferior und negativ superior ist (am besten grafisch als hexaxiales Referenzsystem zu verstehen). Bei mehr als +105° handelt es sich um eine Abweichung von der rechten Achse und bei mehr als -30° um eine Abweichung von der linken Achse (der dritte Quadrant von -90° bis -180° ist sehr selten und stellt eine unbestimmte Achse dar). Eine Abkürzung, um festzustellen, ob die QRS-Achse normal ist, besteht darin, dass der QRS-Komplex in Ableitung I und Ableitung II (oder in Ableitung I und aVF, wenn +90° die obere Grenze der Norm ist) überwiegend positiv ist. ⓘ
Die normale QRS-Achse verläuft im Allgemeinen nach unten und links, entsprechend der anatomischen Ausrichtung des Herzens im Brustkorb. Eine abnorme Achse deutet auf eine Veränderung der physischen Form und Ausrichtung des Herzens oder auf einen Defekt im Reizleitungssystem hin, der eine abnorme Depolarisation der Herzkammern verursacht. ⓘ
Klassifizierung | Winkel | Anmerkungen ⓘ |
---|---|---|
Normal | -30° bis 105° | Normal |
Abweichung der linken Achse | -30° bis -90° | Kann auf eine linksventrikuläre Hypertrophie, einen linken vorderen Faszikelblock oder einen alten inferioren STEMI hinweisen |
Abweichung der rechten Achse | +105° bis +180° | Kann auf eine rechtsventrikuläre Hypertrophie, einen linken posterioren Faszikelblock oder einen alten lateralen STEMI hinweisen |
Unbestimmte Achse | +180° bis -90° | Selten gesehen; wird als "elektrisches Niemandsland" betrachtet |
Das Ausmaß einer normalen Achse kann je nach Quelle +90° oder 105° betragen. ⓘ
Amplituden und Intervalle
Alle Wellen auf einer EKG-Aufzeichnung und die Intervalle zwischen ihnen haben eine vorhersehbare Zeitdauer, einen Bereich von akzeptablen Amplituden (Spannungen) und eine typische Morphologie. Jede Abweichung von der normalen Ableitung ist potenziell pathologisch und daher von klinischer Bedeutung. ⓘ
Um die Messung der Amplituden und Intervalle zu erleichtern, wird ein EKG auf Millimeterpapier mit einer Standardskala gedruckt: 1 mm (ein kleines Kästchen auf dem Standard-EKG-Papier mit 25 mm/s) entspricht 40 Millisekunden Zeit auf der x-Achse und 0,1 Millivolt auf der y-Achse. ⓘ
Merkmal | Beschreibung | Pathologie | Dauer ⓘ |
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P-Welle | Die P-Welle steht für die Depolarisation der Vorhöfe. Die Vorhofdepolarisation breitet sich vom SA-Knoten zum AV-Knoten und vom rechten Vorhof zum linken Vorhof aus. | Die P-Welle ist in den meisten Ableitungen mit Ausnahme von aVR typischerweise aufrecht; eine ungewöhnliche P-Wellenachse (in anderen Ableitungen invertiert) kann auf einen ektopischen Vorhofschrittmacher hinweisen. Ist die P-Welle von ungewöhnlich langer Dauer, kann dies auf eine Vorhofvergrößerung hindeuten. Typischerweise ergibt ein großer rechter Vorhof eine hohe, spitze P-Welle, während ein großer linker Vorhof eine bifidale P-Welle mit zwei Höckern ergibt. | <80 ms |
PR-Intervall | Das PR-Intervall wird zwischen dem Beginn der P-Welle und dem Beginn des QRS-Komplexes gemessen. Dieses Intervall spiegelt die Zeit wider, die der elektrische Impuls benötigt, um vom Sinusknoten durch den AV-Knoten zu wandern. | Ein PR-Intervall von weniger als 120 ms deutet darauf hin, dass der elektrische Impuls den AV-Knoten umgeht, wie beim Wolf-Parkinson-White-Syndrom. Ein PR-Intervall, das konstant länger als 200 ms ist, diagnostiziert einen atrioventrikulären Block ersten Grades. Das PR-Segment (der Teil der Kurve nach der P-Welle und vor dem QRS-Komplex) ist normalerweise völlig flach, kann aber bei Perikarditis deprimiert sein. | 120 bis 200 ms |
QRS-Komplex | Der QRS-Komplex steht für die schnelle Depolarisation der rechten und linken Herzkammern. Die Ventrikel haben im Vergleich zu den Vorhöfen eine große Muskelmasse, so dass der QRS-Komplex in der Regel eine viel größere Amplitude hat als die P-Welle. | Ist der QRS-Komplex breit (länger als 120 ms), deutet dies auf eine Störung des Erregungsleitungssystems des Herzens hin, wie z. B. bei LBBB, RBBB oder ventrikulären Rhythmen wie Kammertachykardien. Stoffwechselprobleme wie eine schwere Hyperkaliämie oder eine Überdosierung trizyklischer Antidepressiva können den QRS-Komplex ebenfalls verbreitern. Ein ungewöhnlich hoher QRS-Komplex kann auf eine linksventrikuläre Hypertrophie hindeuten, während ein QRS-Komplex mit sehr niedriger Amplitude einen Perikarderguss oder eine infiltrative Myokarderkrankung darstellen kann. | 80 bis 100 ms |
J-Punkt | Der J-Punkt ist der Punkt, an dem der QRS-Komplex endet und das ST-Segment beginnt. | Der J-Punkt kann als normale Variante erhöht sein. Das Auftreten einer separaten J-Welle oder Osborn-Welle am J-Punkt ist pathognomonisch für Hypothermie oder Hyperkalzämie. | |
ST-Segment | Das ST-Segment verbindet den QRS-Komplex und die T-Welle; es stellt den Zeitraum dar, in dem die Herzkammern depolarisiert sind. | Es ist normalerweise isoelektrisch, kann aber bei Myokardinfarkt oder Ischämie erniedrigt oder erhöht sein. Eine ST-Senkung kann auch durch eine LVH oder Digoxin verursacht werden. Eine ST-Hebung kann auch durch Perikarditis oder das Brugada-Syndrom verursacht werden oder eine normale Variante sein (J-Punkt-Hebung). | |
T-Welle | Die T-Welle stellt die Repolarisation der Herzkammern dar. Sie ist im Allgemeinen in allen Ableitungen außer aVR und V1 aufrecht. | Invertierte T-Wellen können ein Zeichen für myokardiale Ischämie, linksventrikuläre Hypertrophie, hohen Hirndruck oder Stoffwechselanomalien sein. Spitze T-Wellen können ein Zeichen für Hyperkaliämie oder einen sehr frühen Myokardinfarkt sein. | 160 ms |
Korrigiertes QT-Intervall (QTc) | Das QT-Intervall wird vom Beginn des QRS-Komplexes bis zum Ende der T-Welle gemessen. Die zulässigen Bereiche variieren mit der Herzfrequenz, daher muss das QTc-Intervall durch Division durch die Quadratwurzel des RR-Intervalls korrigiert werden. | Ein verlängertes QTc-Intervall ist ein Risikofaktor für ventrikuläre Tachyarrhythmien und plötzlichen Tod. Ein langes QTc-Intervall kann als genetisches Syndrom oder als Nebenwirkung von bestimmten Medikamenten auftreten. Eine ungewöhnlich kurze QTc kann bei schwerer Hyperkalzämie auftreten. | <440 ms |
U-Welle | Es wird angenommen, dass die U-Welle durch die Repolarisation des Interventrikelseptums verursacht wird. Normalerweise hat sie eine geringe Amplitude, und noch häufiger fehlt sie ganz. | Eine sehr ausgeprägte U-Welle kann ein Zeichen für Hypokaliämie, Hyperkalzämie oder Hyperthyreose sein. |
Ableitungen an den Extremitäten und elektrische Leitung durch das Herz
Die Animation auf der rechten Seite veranschaulicht, wie der Weg der elektrischen Leitung zu den EKG-Wellen in den Ableitungen der Extremitäten führt. Erinnern Sie sich daran, dass ein positiver Strom (wie er durch die Depolarisierung der Herzzellen entsteht), der zur positiven Elektrode hin und von der negativen Elektrode weg fließt, eine positive Auslenkung im EKG erzeugt. Ebenso erzeugt ein positiver Strom, der sich von der positiven Elektrode weg und zur negativen Elektrode hin bewegt, eine negative Ablenkung auf dem EKG. Der rote Pfeil stellt die allgemeine Bewegungsrichtung der Depolarisation dar. Die Größe des roten Pfeils ist proportional zu der Menge des Gewebes, das in diesem Moment depolarisiert wird. Der rote Pfeil wird gleichzeitig auf der Achse jeder der 3 Extremitätenableitungen angezeigt. Sowohl die Richtung als auch die Größe der Projektion des roten Pfeils auf die Achse jeder Extremitätenableitung wird durch blaue Pfeile dargestellt. Die Richtung und die Größe der blauen Pfeile bestimmen dann theoretisch die Ausschläge im EKG. Wenn sich beispielsweise ein blauer Pfeil auf der Achse für Ableitung I von der negativen Elektrode nach rechts zur positiven Elektrode bewegt, steigt die EKG-Linie an und erzeugt eine Aufwärtswelle. Bewegt sich der blaue Pfeil auf der Achse für Ableitung I nach links, entsteht eine abwärts gerichtete Welle. Je größer der blaue Pfeil ist, desto größer ist die Ablenkung auf dem EKG für die betreffende Extremitätenableitung. ⓘ
Die Bilder 1-3 zeigen die Depolarisation, die im Sinusknoten entsteht und sich dort ausbreitet. Der SA-Knoten ist zu klein, als dass seine Depolarisation auf den meisten EKGs zu erkennen wäre. Die Bilder 4-10 zeigen, wie sich die Depolarisation durch die Vorhöfe in Richtung des Atrioventrikularknotens ausbreitet. In Bild 7 durchläuft die Depolarisation den größten Teil des Gewebes in den Vorhöfen, wodurch der höchste Punkt der P-Welle entsteht. Die Bilder 11-12 zeigen die Depolarisation, die durch den AV-Knoten läuft. Wie der SA-Knoten ist auch der AV-Knoten zu klein, als dass die Depolarisation seines Gewebes auf den meisten EKGs erkannt werden könnte. Dadurch entsteht das flache PR-Segment. ⓘ
Bild 13 zeigt ein interessantes Phänomen in einer stark vereinfachten Form. Es zeigt die Depolarisation, wie sie beginnt, sich durch das interventrikuläre Septum, das His-Bündel und die Bündeläste zu bewegen. Nach dem His-Bündel teilt sich das Erregungsleitungssystem in den linken und den rechten Bündelzweig. Beide Äste leiten Aktionspotenziale mit etwa 1 m/s. Interessanterweise beginnt das Aktionspotenzial jedoch etwa 5 Millisekunden vor dem rechten Bündelast mit der Ableitung im linken Bündelast, wie in Bild 13 zu sehen ist. Dies führt dazu, dass sich die Depolarisation des interventrikulären Septumgewebes von links nach rechts ausbreitet, wie durch den roten Pfeil in Bild 14 dargestellt. In einigen Fällen führt dies zu einer negativen Auslenkung nach dem PR-Intervall, wodurch eine Q-Welle entsteht, wie sie in der Animation rechts in der Leitung I zu sehen ist. Je nach der mittleren elektrischen Achse des Herzens kann dieses Phänomen auch in der Ableitung II zu einer Q-Welle führen. ⓘ
Nach der Depolarisation des interventrikulären Septums wandert die Depolarisation in Richtung der Herzspitze. Dies ist in den Bildern 15-17 dargestellt und führt zu einer positiven Auslenkung in allen drei Extremitätenableitungen, wodurch die R-Welle entsteht. Die Bilder 18-21 zeigen die Depolarisation, die sich vom Apex des Herzens durch beide Ventrikel ausbreitet und dabei dem Aktionspotential in den Purkinje-Fasern folgt. Dieses Phänomen führt zu einer negativen Ablenkung in allen drei Ableitungen der Gliedmaßen und bildet die S-Welle auf dem EKG. Die Repolarisation der Vorhöfe erfolgt gleichzeitig mit der Entstehung des QRS-Komplexes, wird aber vom EKG nicht erfasst, da die Gewebemasse der Ventrikel viel größer ist als die der Vorhöfe. Die ventrikuläre Kontraktion erfolgt zwischen der ventrikulären Depolarisation und Repolarisation. Während dieser Zeit findet keine Ladungsbewegung statt, so dass keine Ablenkung auf dem EKG entsteht. Dies führt zu dem flachen ST-Segment nach der S-Welle. ⓘ
Die Bilder 24-28 in der Animation zeigen die Repolarisation der Herzkammern. Das Epikard ist die erste Schicht des Ventrikels, die repolarisiert, gefolgt vom Myokard. Das Endokard ist die letzte Schicht, die sich repolarisiert. Es hat sich gezeigt, dass die Plateauphase der Depolarisation in endokardialen Zellen länger dauert als in epikardialen Zellen. Dies führt dazu, dass die Repolarisation von der Herzspitze ausgeht und sich nach oben bewegt. Da es sich bei der Repolarisation um die Ausbreitung eines negativen Stroms handelt, wenn die Membranpotenziale wieder auf das Ruhemembranpotenzial abfallen, zeigt der rote Pfeil in der Animation in die der Repolarisation entgegengesetzte Richtung. Dies führt zu einer positiven Auslenkung im EKG und erzeugt die T-Welle. ⓘ
Ischämie und Herzinfarkt
Ischämie oder Nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkte (Nicht-STEMIs) können sich als ST-Senkung oder Inversion der T-Wellen manifestieren. Sie kann auch das Hochfrequenzband des QRS betreffen. ⓘ
Bei ST-Hebungsinfarkten (STEMIs) gibt es verschiedene charakteristische EKG-Befunde, je nachdem, wie viel Zeit seit dem Auftreten des Infarkts verstrichen ist. Das früheste Anzeichen sind hyperakute T-Wellen, spitze T-Wellen aufgrund einer lokalen Hyperkaliämie im ischämischen Myokard. Im Laufe von Minuten kommt es dann zu ST-Segment-Anhebungen von mindestens 1 mm. Über einen Zeitraum von Stunden kann eine pathologische Q-Welle auftreten, und die T-Welle kehrt sich um. Über einen Zeitraum von Tagen bildet sich die ST-Hebung zurück. Pathologische Q-Wellen bleiben im Allgemeinen dauerhaft bestehen. ⓘ
Die verschlossene Koronararterie kann bei einem STEMI anhand des Ortes der ST-Hebung identifiziert werden. Die linke anteriore absteigende Arterie (LAD) versorgt die Vorderwand des Herzens und verursacht daher ST-Hebungen in den vorderen Ableitungen (V1 und V2). Die LCx versorgt die seitliche Seite des Herzens und verursacht daher ST-Hebungen in den seitlichen Ableitungen (I, aVL und V6). Die rechte Koronararterie (RCA) versorgt in der Regel die untere Seite des Herzens und verursacht daher ST-Hebungen in den unteren Ableitungen (II, III und aVF). ⓘ
Artefakte
Eine EKG-Ableitung wird durch die Bewegung des Patienten beeinflusst. Einige rhythmische Bewegungen (z. B. Schüttelfrost oder Zittern) können den Eindruck von Herzrhythmusstörungen erwecken. Artefakte sind verzerrte Signale, die durch sekundäre interne oder externe Quellen wie Muskelbewegungen oder Störungen durch ein elektrisches Gerät verursacht werden. ⓘ
Die Verzerrung stellt das medizinische Personal vor erhebliche Herausforderungen, das verschiedene Techniken und Strategien einsetzt, um diese falschen Signale sicher zu erkennen. Die genaue Trennung des EKG-Artefakts vom echten EKG-Signal kann erhebliche Auswirkungen auf die Ergebnisse für den Patienten und die rechtliche Haftung haben. ⓘ
Es wird geschätzt, dass 0,4 % bis 4 % aller EKG-Aufzeichnungen falsch platziert wurden (z. B. durch Vertauschen von zwei Gliedmaßenableitungen), was zu unsachgemäßer Diagnose und Behandlung, einschließlich unnötiger Thrombolysetherapie, geführt hat. ⓘ
Diagnose
Auf der Grundlage der Elektrokardiographie können zahlreiche Diagnosen und Befunde gestellt werden, von denen viele oben beschrieben wurden. Insgesamt werden die Diagnosen auf der Grundlage der Muster gestellt. So ist beispielsweise ein "unregelmäßiger" QRS-Komplex ohne P-Wellen das Kennzeichen von Vorhofflimmern; es können jedoch auch andere Befunde vorliegen, wie z. B. ein Schenkelblock, der die Form der QRS-Komplexe verändert. EKGs können isoliert interpretiert werden, sollten aber - wie alle diagnostischen Tests - im Zusammenhang mit dem Patienten angewendet werden. So reicht beispielsweise die Beobachtung spitzer T-Wellen nicht aus, um eine Hyperkaliämie zu diagnostizieren; eine solche Diagnose sollte durch Messung des Kaliumspiegels im Blut überprüft werden. Umgekehrt sollte nach der Entdeckung einer Hyperkaliämie ein EKG auf Auffälligkeiten wie spitze T-Wellen, verbreiterte QRS-Komplexe und den Verlust von P-Wellen untersucht werden. Im Folgenden finden Sie eine geordnete Liste möglicher EKG-basierter Diagnosen. ⓘ
Rhythmusstörungen oder Arrhythmien:
- Vorhofflimmern und Vorhofflattern ohne schnelle ventrikuläre Reaktion
- Vorzeitige Vorhofkontraktion (PACs) und vorzeitige Kammerkontraktion (PVCs)
- Sinusarrhythmie
- Sinusbradykardie und Sinustachykardie
- Sinuspause und sinoatrialer Stillstand
- Sinusknoten-Dysfunktion und Bradykardie-Tachykardie-Syndrom
- Supraventrikuläre Tachykardie
- Vorhofflimmern mit schneller ventrikulärer Reaktion
- Vorhofflattern mit schneller ventrikulärer Reaktion
- AV-Knoten-Reentrant-Tachykardie
- Atrioventrikuläre reentrante Tachykardie
- Junktionale ektopische Tachykardie
- Atriale Tachykardie
- Ektopische atriale Tachykardie (unizentrisch)
- Multifokale atriale Tachykardie
- Paroxysmale atriale Tachykardie
- Reentrant-Tachykardie des sinoatrialen Knotens
- Torsades de pointes (polymorphe ventrikuläre Tachykardie)
- Weitkomplexe Tachykardie
- Ventrikelflattern
- Kammerflimmern
- Ventrikuläre Tachykardie (monomorphe ventrikuläre Tachykardie)
- Präexzitationssyndrom
- Lown-Ganong-Levine-Syndrom
- Wolff-Parkinson-White-Syndrom
- J-Welle (Osborn-Welle) ⓘ
Herzblock und Erregungsleitungsstörungen:
- Aberration
- Sinoatrialer Block: erster, zweiter und dritter Grad
- AV-Knoten
- AV-Block ersten Grades
- AV-Block zweiten Grades (Mobitz [Wenckebach] I und II)
- AV-Block dritten Grades oder kompletter AV-Block
- Rechtsschenkelblock
- Inkompletter Rechtsschenkelblock
- Vollständiger Rechtsschenkelblock (RBBB)
- Linksschenkelblock
- Vollständiger Linksschenkelblock (LBBB)
- Unvollständiger Linksschenkelblock (Left bundle branch block)
- Linker anteriorer Faszikelblock (LAFB)
- Linker hinterer Faszikelblock (LPFB)
- Bifaszikulärer Block (LAFB plus LPFB)
- Trifaszikulärer Block (LAFP plus FPFB plus RBBB)
- QT-Syndrome
- Brugada-Syndrom
- Kurzes QT-Syndrom
- Lange QT-Syndrome, genetisch und medikamenteninduziert
- Anomalien des rechten und linken Vorhofs ⓘ
Elektrolytstörungen und Intoxikation:
- Digitalis-Intoxikation
- Kalzium: Hypokalzämie und Hyperkalzämie
- Kalium: Hypokaliämie und Hyperkaliämie
- Serotonin-Toxizität ⓘ
Ischämie und Herzinfarkt:
- Wellens'sches Syndrom (LAD-Okklusion)
- De-Winter-T-Wellen (LAD-Verschluss)
- ST-Hebung und ST-Senkung
- Hochfrequente QRS-Veränderungen
- Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
Strukturell:
- Akute Perikarditis
- Rechts- und linksventrikuläre Hypertrophie
- Rechtsventrikuläre Dehnung oder S1Q3T3 (kann bei Lungenembolie beobachtet werden) ⓘ
Bei einer frequenzkorrigierten Verlängerung des QT-Intervalls, dem QT-Syndrom oder Long-QT-Syndrom, kann es zu bedrohlichen Herzrhythmusstörungen kommen. Deutlich seltener ist das ebenfalls mit bösartigen Rhythmusstörungen einhergehende Short-QT-Syndrom. ⓘ
Geschichte
- 1872 soll Alexander Muirhead Drähte am Handgelenk eines fiebernden Patienten befestigt haben, um dessen Herzschlag elektronisch aufzuzeichnen.
- 1882 erkannte John Burdon-Sanderson, der mit Fröschen arbeitete, als Erster, dass das Intervall zwischen den Potenzialschwankungen nicht elektrisch ruhend war, und prägte für diesen Zeitraum den Begriff "isoelektrisches Intervall".
- 1887 erfand Augustus Waller ein EKG-Gerät, das aus einem Lippmann-Kapillarelektrometer bestand, das an einem Projektor befestigt war. Die Kurve des Herzschlags wurde auf eine fotografische Platte projiziert, die ihrerseits an einer Spielzeugeisenbahn befestigt war. Auf diese Weise konnte ein Herzschlag in Echtzeit aufgezeichnet werden.
- 1895 ordnete Willem Einthoven die Buchstaben P, Q, R, S und T den Ablenkungen in der theoretischen Wellenform zu, die er mit Hilfe von Gleichungen erstellte, die die tatsächliche, mit dem Kapillarelektrometer ermittelte Wellenform korrigierten, um die Ungenauigkeit dieses Instruments auszugleichen. Die Verwendung von Buchstaben, die sich von A, B, C und D (den Buchstaben für die Wellenform des Kapillarelektrometers) unterschieden, erleichterte den Vergleich, wenn die unkorrigierten und die korrigierten Linien in dasselbe Diagramm eingezeichnet wurden. Einthoven wählte wahrscheinlich den Anfangsbuchstaben P, um dem Beispiel von Descartes in der Geometrie zu folgen. Als mit Hilfe des Saitengalvanometers eine präzisere Kurvenform ermittelt wurde, die mit der korrigierten Kurvenform des Kapillarelektrometers übereinstimmte, verwendete er weiterhin die Buchstaben P, Q, R, S und T. Diese Buchstaben werden auch heute noch verwendet. Einthoven beschrieb auch die elektrokardiographischen Merkmale einer Reihe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- 1897 wurde das Saitengalvanometer von dem französischen Ingenieur Clément Ader erfunden.
- Im Jahr 1901 verwendete Einthoven in Leiden (Niederlande) das Saitengalvanometer: das erste praktische EKG. Dieses Gerät war wesentlich empfindlicher als das von Waller verwendete Kapillarelektrometer.
- Für seine Pionierarbeit bei der Entwicklung des EKG wurde Einthoven 1924 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.
- 1927 hatte General Electric ein tragbares Gerät entwickelt, das Elektrokardiogramme ohne den Einsatz des Saitengalvanometers erzeugen konnte. Dieses Gerät kombinierte stattdessen Verstärkerröhren, ähnlich denen in einem Radio, mit einer internen Lampe und einem beweglichen Spiegel, der die Aufzeichnung der elektrischen Impulse auf einen Film lenkte.
- 1937 erfand Taro Takemi ein neues tragbares Elektrokardiographiegerät.
- 1942 erhöht Emanuel Goldberger die Spannung der unipolaren Ableitungen von Wilson um 50 % und schafft die erweiterten Gliedmaßenableitungen aVR, aVL und aVF. Zusammen mit den drei Gliedmaßenableitungen von Einthoven und den sechs Brustkorbableitungen ergibt sich das heute verwendete 12-Kanal-Elektrokardiogramm.
- In den späten 1940er Jahren erfand Rune Elmqvist einen Tintenstrahldrucker - dünne Tintenstrahlen, die von den elektrischen Potenzialen des Herzens abgelenkt wurden, mit gutem Frequenzgang und direkter Aufzeichnung des EKG auf Papier - das Gerät, genannt Mingograf, wurde bis in die 1990er Jahre von Siemens Elema verkauft. ⓘ
Etymologie
Das Wort leitet sich aus dem Griechischen ab: elektro, d. h. mit elektrischer Aktivität verbunden; kardia, d. h. Herz; und graph, d. h. "schreiben". ⓘ
Nutzen
Das EKG ist ein schmerzloses, nicht eingreifendes (nicht-invasives), jederzeit wiederholbares und fast überall durchführbares Untersuchungsverfahren. ⓘ
Aus dem EKG können Herzfrequenz, Herzrhythmus und der Lagetyp (elektrische Herzachse, vgl. Cabrerakreis) bestimmt und die elektrische Aktivität von Herzvorhöfen und Herzkammern abgelesen werden. Für die Diagnostik von Herzrhythmusstörungen wie Extraschlägen (Extrasystolen) und Störungen der Erregungsleitung und -ausbreitung (z. B. Schenkelblock und AV-Block) ist das EKG ebenso unverzichtbar wie zur Erkennung einer Myokardischämie oder eines Herzinfarktes. Störungen der Erregungsrückbildung (Repolarisation) können zu sogenannten Kammerendteilveränderungen (Veränderungen der ST-Strecke oder der T-Welle) führen. Die Aktivität eines Herzschrittmachers stellt sich als sehr schmaler, senkrechter Strich (Spike) dar. ⓘ
Das EKG kann auch Hinweise auf eine Verdickung der Herzwand (Hypertrophie des Myokards), eine abnorme Belastung des rechten oder linken Herzens, Entzündungen von Herzbeutel (Perikarditis) oder Herzmuskel (Myokarditis) sowie Elektrolytstörungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen liefern. ⓘ
Bezüglich der meisten Diagnosen liefert das EKG nur Hinweise und darf nicht unabhängig vom klinischen Bild beurteilt werden (z. B. Herzinfarkt, Hypertrophiezeichen, Myokarditis). Lediglich bei Störungen des Herzrhythmus oder der Erregungsleitung kann man aus dem EKG allein meist schon eine klare Diagnose stellen. ⓘ
Arten
Ruhe-EKG
Das normale Ruhe-EKG wird meist im Liegen angefertigt. Da es nur einige Sekunden dauert, kann man es auch bei Notfällen gut durchführen. Es ist als kardiologische Basisuntersuchung die Variante mit der größten Aussagekraft. Nur zeitweise auftretende Herzrhythmusstörungen (z. B. Extrasystolen, Salven, nächtliche Pausen) werden eventuell nicht erfasst. ⓘ
Belastungs-EKG
Bei der Ergometrie wird üblicherweise entsprechend WHO-Schema der Patient definiert belastet. Dies wird verwendet, um das maximale Belastungsniveau sowie den Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz unter Belastung zu bestimmen. Des Weiteren können belastungsinduzierte Herzrhythmusstörungen sowie Erregungsrückbildungsstörungen provoziert und dokumentiert werden. Abgebrochen werden sollte das Belastungs-EKG, wenn der Blutdruck zu hoch ansteigt, bei fehlendem Blutdruckanstieg und Blutdruckabfall, bei Angina Pectoris, bei allgemeiner Erschöpfung (Schwindel, Atemnot, Schmerzen in den Beinen etc.) und wenn der Maximalpuls erreicht ist (Faustregel zur Berechnung: [220 minus Lebensalter in Jahren] pro Minute). Blutdruck und Herzfrequenz sollten auch noch während einer Erholungsphase gemessen werden. ⓘ
Fetales EKG
Das fetale Elektrokardiogramm ist ein selten in der Pränataldiagnostik verwendetes Verfahren zur vorgeburtlichen Analyse der kindlichen Herzaktionen. Hierbei kann nach Blasensprung das EKG direkt via spezieller Elektroden von der Kopfhaut des Fötus oder indirekt über die Bauchdecke oder das Rektum der Schwangeren abgeleitet werden. ⓘ
Telemetrie
Eine Telemetrie (kurz Tele) ist eine Überwachungsmöglichkeit im Krankenhaus. Ähnlich dem Langzeit-EKG trägt der gehfähige Patient ein mobiles Gerät bei sich, welches das EKG jedoch nicht aufzeichnet, sondern via Funk an einen Computer sendet. Die Daten werden dort kontinuierlich angezeigt und automatisch analysiert. Entsprechend einstellbarer Vorgaben (Alarmgrenzen) alarmiert der Computer akustisch und visuell das Personal. – Davon abzugrenzen ist zum Beispiel die Schwimmtelemetrie (auch Wassertelemetrie genannt). Hier werden die Herzaktionen entweder wie bei dem Holter Monitor diskontinuierlich gespeichert oder wie bei der Telemetrie kontinuierlich an eine Zentraleinheit gesendet. ⓘ
Monitor
Ähnlich der Telemetrie überwacht ein Monitor einen liegenden Patienten im Krankenhaus. Im Gegensatz zur Tele registriert dieses Gerät jedoch nicht nur das EKG, sondern teilweise auch eine Vielzahl anderer Parameter (Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Körpertemperatur u. v. m.). Der Vorgang wird Monitoring genannt. ⓘ
Intrakardiales EKG (Mapping)
Im Rahmen einer elektrophysiologischen Untersuchung (abgekürzt EPU) wird ein intrakardiales EKG über Elektroden abgeleitet, die meist über einen venösen Zugang (Leiste oder Arm) zum Herzen vorgeschoben werden. Es wird verwendet, um Herzrhythmusstörungen genauer zu differenzieren. Der Untersucher ist hierdurch in der Lage, ein präzises elektrisches Bild des Herzens zu erstellen. So entsteht gewissermaßen eine Landkarte (englisch: map) des Herzens. ⓘ
Ösophagus-EKG
Gefilterte bipolare transösophageale elektrokardiograpische Ableitungen auf der Höhe der linken Herzkammer lassen sich im Rahmen einer kardialen Resynchronisationstherapie zur Darstellung interventrikulärer Leitungsverzögerungen nutzen. Transösophageale Ableitungen auf der Höhe des mittleren linken Vorhofs eignen sich vorteilhaft für die Differentialdiagnose von Rhythmusstörungen. Bei Trägern vorhofbeteiligter Schrittmacher und Defibrillatoren gelingt mit ihnen die Bestimmung interatrialer Leitungszeiten, welche als Grundlage für eine individuelle Optimierung hämodynamischer Schrittmacherparameter (AV-Intervalle) genutzt werden können. ⓘ
Endo-EKG
Zur Lagekontrolle eines zentral-venösen Katheters kann die Ableitung der P-Wellen mittels Endo-EKG über den Katheter benutzt werden um die korrekte Position der Katheterspitze nachzuweisen, ohne dass eine zusätzliche Röntgenuntersuchung nötig ist. ⓘ
Smartphone- / Smartwatch-EKG
Über einen Sensor in einer Smartphone-Hülle oder einer Smartwatch wird ein Einzelkanal-Elektrokardiogramm aufgezeichnet und an eine Software übertragen. Der EKG-Rhythmus wird angezeigt und die Software erkennt das Vorliegen von Vorhofflimmern und normale Sinusrhythmen. Solche Systeme sind für die Verwendung durch medizinische Fachleute, Patienten mit bekannter oder vermuteter Herzerkrankung und interessierte Laien vorgesehen. Die Detektionsgenauigkeit für Vorhofflimmern ist hoch. ⓘ
Ableitungen
Elektrische Spannungen werden immer zwischen zwei Punkten gemessen, die in der Medizin Ableitungspunkte genannt werden. Auf diese Punkte werden Elektroden auf die Haut geklebt, die mit dem EKG-Gerät über elektrische Messkabel verbunden sind. Die gemessenen elektrischen Potentiale werden Ableitungen genannt. Es gibt 12 Standardableitungen. ⓘ
Polarität
Man unterscheidet bipolare und unipolare Ableitungen:
- Bei bipolaren Ableitungen wird die Spannung zwischen zwei gleichberechtigten Punkten der Körperoberfläche registriert.
- Bei unipolaren Ableitungen erfolgt die Messung zwischen einer differenten und einer indifferenten (nahezu potentialkonstanten) Bezugselektrode (die entweder großflächig realisiert wird oder durch Mittelwertsbildung mehrerer Elektrodenspannungen entsteht). Da es praktisch nirgendwo ein Nullpotential gibt, nennt man diese auch oft semiunipolar. ⓘ
Maßnahmen zur Störgrößenminimierung
- Elektrische Störfelder:
- Möglichst symmetrischer Aufbau (Messkabel und Leiterbahnen dicht zusammen und gleich lang, gleiche Elektroden verwenden)
- Abschirmung von Ableitungskabeln (Koaxialkabel)
- Galvanische Trennung der Steuer- und Bedieneinheit von der (analogen) Messschaltung
- Bandpassfilter hoher (4. oder 5.) Ordnung im Signalweg zur Unterdrückung störender Frequenzen
- Vergrößern des Abstandes zwischen Störquelle und Messanordnung
- Abschirmung des Gehäuses und des Patienten durch einen Faradayschen Käfig ⓘ
- Magnetische Störfelder:
- Verdrillen der Messleitung
- Schirmen der Messleitungen mit ferromagnetischem Material (Stahlrohr)
- Vergrößern des Abstandes zwischen Störquelle und Messanordnung
- Veränderung der Patientenlage ⓘ
- Elektroden:
- Möglichst exakt gleiche Elektrodenimpedanzen
- Minimale Elektrodenimpedanzen durch vorheriges Entfetten, Entschuppen der Haut und große Berührflächen
- Fixierung der Elektroden gegen Bewegung (besonders bei EKG-getriggerter Bildgebung)
- Elektrodenanpressdruck so hoch, wie vernünftigerweise erreichbar ⓘ
- Verstärker:
- Hoher Eingangswiderstand/Impedanz (> 108 Ohm), dadurch besseres Nutzsignal im Vergleich zum Störanteil
- Geringe Eingangskapazität (z. B. durch angeschlossenes Kabel) (< 2000 pF), da sonst Verfälschungen des Eingangssignals durch Tiefpasswirkung
- Spezialisierte Instrumentenverstärker mit sehr hoher Gleichtaktunterdrückung ⓘ
- Entkopplung des Patienten vom medizinischen Gerät und von seinen auf Phase bezogenen Schaltteilen durch Galvanische Trennung bringt Vorteile:
- Erhöhung der Gleichtaktunterdrückung
- Erhöhung des Isolationswiderstandes
- Reduzierung der Patientenableitströme ⓘ
Nomenklatur und Normwerte
Das EKG wird auf Millimeterpapier oder elektronisch aufgezeichnet. Dabei betragen die (horizontale) Schreibgeschwindigkeit meist 25 mm/s oder 50 mm/s und die (vertikale) Auslenkung 10 mm/mV. Bei einem Vorschub von 50 mm/s entspricht demnach ein Millimeter, also in Schreibrichtung, 0,02 s und in der Höhe 0,1 mV. Vor der Aufzeichnung geben die meisten Geräte eine Eichzacke aus, die einem Ausschlag von 1 mV über 100 ms entspricht. Bei korrektem Normalbetrieb ist diese Eichzacke also 1 cm hoch und 5 mm breit; bei einer Schreibgeschwindigkeit von 25 mm/s hat sie dagegen eine Breite von nur 2,5 mm. Die Eichzacke dient also als Referenz für die folgende Ableitung und erlaubt eine Kontrolle der Gerätefunktion (Kalibrierung und Justierung). Bei älteren manuell bedienbaren Geräten wurden die Eichzacken durch Drücken einer Taste und Anlegen einer Spannung von 1 mV generiert, deren Dauer hatte keine Bedeutung. Bei diesen älteren Geräten wurde manchmal durch wiederholtes Drücken bei der EKG-Registrierung angezeigt, welche Ableitung geschrieben wurde, die aufgezeichneten Kurven wurden erst nachträglich beschriftet. ⓘ
Bezeichnung und Bedeutung der einzelnen Abschnitte: ⓘ
Wellen
P-Welle
Die P-Welle entspricht der Vorhoferregung. Sie entsteht üblicherweise durch die Reizbildung im Sinusknoten. Der elektrische Reiz breitet sich vom hohen rechten Vorhof in die Richtung des AV-Knotens aus. Normal-Konfiguration:
- Ausrichtung: weitgehend positiv, in III, aVR und V1 auch negativ, biphasisch in rechtspraekordialen Ableitungen
- Dauer: max. 100 ms
- Amplitude: 0,1–0,3 mV
Entsteht die elektrische Erregung nicht im Bereich des Sinusknotens, sondern beispielsweise verursacht durch einen Extraschlag im Vorhofbereich (supraventrikuläre Extrasystole), so kann die Konfiguration von der obigen deutlich abweichen. Meist findet sich dann auch eine atypische PQ-Zeit. ⓘ
U-Welle
Die U-Welle ist eine mögliche Erscheinung nach der T-Welle; sie entspricht Nachschwankungen der Kammererregungsrückbildung, beispielsweise bei Elektrolytstörungen wie z. B. Hypokaliämie. ⓘ
Intervalle
QT-Intervall
QT-Intervall (oder QT-Zeit) heißt der Abstand vom Beginn der Q-Zacke bis zum Ende der T-Welle. Seine Normobergrenze ist variabel, weil sie mit zunehmender Herzfrequenz abnimmt. Die QT-Zeit bezeichnet die gesamte intraventrikuläre Erregungsdauer. Die QT-Zeit wird als absolute QT-Zeit (Normwerte bis maximal 440 ms) gemessen und unter Verwendung der Herzfrequenz rechnerisch korrigiert. ⓘ
Diagnostik
Die Befundung des bei einer elektrokardiographischen Untersuchung zur Diagnostik erstellten EKGs sollte entsprechend einem festen Schema erfolgen. Hilfreich bei der Interpretation ist ein EKG-Lineal. ⓘ
Interpretationsschema (Beispiel)
Rhythmus
- Sinusrhythmus: regelmäßige P-Wellen vorhanden und P-Wellen positiv in Ableitung II und III
- Keine P-Wellen oder sägezahnartige Vorhoferregung
- regelmäßig
- schmaler Kammerkomplex: z. B. Vorhofflattern oder AV-Knoten-Reentry-Tachykardie
- breiter Kammerkomplex: z. B. Ventrikuläre Tachykardie
- unregelmäßig: Vorhofflimmern ⓘ
- regelmäßig
Frequenz
- Normal 60 bis 100 Schläge/min
- über 100 Schläge/min → Tachykardie
- unter 60 Schläge/min → Bradykardie ⓘ
Überleitung
Die Überleitung zwischen Vorhof und Kammer
- bei Verlängerung (PQ > 0,2 s) oder Ausfall von Überleitungen spricht man von einer AV-Blockierung ⓘ
Form des Kammerkomplexes
- Bei Verbreiterung über 0,1 s inkompletter, über 0,12 s kompletter Schenkelblock?
- R-Verlust oder Q als Zeichen einer abgelaufenen Myokardschädigung
- S in Ableitung I, II, und III (SISIISIII-Typ) oder S in I und Q in III (SIQIII-Typ) als Zeichen einer akuten Rechtsherzbelastung (etwa als Lungenembolie) ⓘ
Nulllinie
Die Nulllinie wird auch als dauerhafte isoelektrische Linie bezeichnet. Sie tritt auf, wenn keine Potentialdifferenz zwischen zwei Ableitpunkten anliegt (keine elektrische Aktivität des Herzens) und daher auch weder ein positiver noch ein negativer Ausschlag erkennbar ist. Sie ist typisch für eine Asystolie. ⓘ
Lagetyp
Mit dem Lagetyp bezeichnet man die Verlaufsrichtung der elektrischen Erregungsausbreitung von der Herzbasis zur Herzspitze relativ zur Körperachse (elektrische Herzachse). Er kann einerseits etwas aussagen über die anatomische Stellung des Herzens im Brustkorb, andererseits über asymmetrische Verdickungen des Herzmuskels bei einer chronischen Belastung oder auch als Zeichen dienen für eine Größenzunahme bei einer akuten Belastung (beispielsweise Rechtslagetyp bei einer akuten Lungenembolie). ⓘ
Physiologisch ist ein Steil- bis Linkstyp, wobei bei Neugeborenen ein Steiltyp vorherrscht. Mit zunehmendem Alter dreht sich die elektrische Herzachse nach links, sodass beim alten Menschen meist ein Linkstyp besteht. ⓘ
Die Bestimmung des Lagetyps erfolgt am einfachsten und schnellsten, indem man die Extremitätenableitungen I und aVF betrachtet. Sind beide positiv, können nur physiologische Lagetypen in Betracht kommen und nur in bestimmten Fragestellungen ist es jetzt noch relevant, diese exakt voneinander zu unterscheiden, was man aber dennoch in jedem Fall in Ruhe tut. Für die Notfalldiagnostik jedoch ist dies ein sehr hilfreicher Ansatz für die zügig zu erledigende Bewertung eines EKGs. Sind I oder aVF oder gar beide negativ, kann entweder das EKG verpolt sein, d. h. falsch angelegt, oder es sind mehr oder weniger schwerwiegende Pathologien in Betracht zu ziehen und das nachfolgende Schema für die exakte Lagetypbestimmung anzuwenden. ⓘ
Mit Hilfe des Cabrerakreises, welcher üblicherweise auf jedem EKG-Lineal aufgetragen ist, als Bild vor Augen sucht man in den Extremitätenableitungen (Einthoven und Goldberger) zunächst die Ableitung mit der größten R-Zacke. Sei dies beispielsweise die Ableitung aVF, so vergleicht man diese mit den R-Zacken der auf dem Cabrerakreis benachbarten Ableitungen, in diesem Falle II und III. Ist Ableitung II größer als III, so liegt ein Steiltyp vor, umgekehrt ein Rechtstyp. Alternativ sucht man sich die senkrechte Linie zu aVF, also die I, auf, und schaut, ob diese positiv oder negativ ist, wenn diese positiv ist dann handelt es sich wieder um einen Steiltyp, ansonsten um einen Rechtstyp. Um die Ableitung aVR in die Lagetypbestimmung mit einbinden zu können, wird sie an der isoelektrischen Linie gespiegelt. Manche EKGs zeichnen die so entstehende Ableitung −aVR eigenständig auf, meist misst man jedoch lediglich die R-Zacke. ⓘ
Ein ganz besonderer, aber nicht zwingend pathologischer Fall liegt beim sogenannten Sagittaltyp vor, der besteht, wenn sich die elektrische Herzachse aus der normalen Frontalebene herausbewegt und beginnt, senkrecht dazu zu stehen. Dies macht sich durch S- oder Q-Zacken in I, II und/oder III bemerkbar, z. B. beim sogenannten S1Q3-Typ oder beim S1S2S3-Typ. Die weiter oben skizzierte Methode würde auch einen klassischen Lagetyp in diesem Fall generieren, dieser wäre aber objektiv falsch, daher ist auf solche Veränderungen besonders im Verdachtsrahmen einer möglichen Lungenembolie oder bei einer Rechtsherzbelastung zu achten. ⓘ
Erregungsbildungsstörungen
Vorhofflimmern
Ein Vorhofflimmern erkennt man an einer absoluten Arrhythmie der Kammer, die QRS-Komplexe folgen in zufällig wechselnden Zeitabständen aufeinander. Die P-Welle ist nicht vorhanden, stattdessen sieht man häufig ein leichtes Zittern der Grundlinie, das sich gelegentlich vom normalen, messbedingten Zittern der Kurve wenig unterscheidet. Bei lang bestehendem Vorhofflimmern kann die isoelektrische Linie auch glatt verlaufen. ⓘ
Vorhofflattern
Beim typischen Vorhofflattern ist in den Ableitungen II, III und aVF meist ein sehr charakteristisches Sägezahnmuster der Grundlinie erkennbar. ⓘ
Erregungsleitungsstörungen
Schenkelblock
Von einem kompletten Schenkelblock spricht man bei einer QRS-Komplexdauer > 0,12 s, inkomplett ist der Block bei einer QRS-Breite von 0,1 bis 0,12 s. Es können, abhängig vom blockierten Tawara-Schenkel, Rechtsschenkelblock, Linksschenkelblock sowie linksanteriorer und linksposteriorer Hemiblock unterschieden werden. ⓘ
Erregungsrückbildung
Medikamente
Eine ganze Reihe von Medikamenten können die Erregungsrückbildung verändern. Häufig sind Verlängerungen der QT-Dauer (z. B. Amiodaron) mit der Gefahr gefährlicher Rhythmusstörungen. Digitalis bewirkt harmlose muldenförmige ST-Strecken-Senkungen. ⓘ
Herzgröße
Kammerhypertrophie
Zeichen der Vergrößerung der Ventrikel ist der Sokolow-Lyon-Index. Weniger gebräuchlich sind der Lewis-Index (linksventrikuläre) und der Whitebock-Index (rechtsventrikuläre Hypertrophie). ⓘ