Linksschenkelblock

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Linksschenkelblock
Left bundle branch block ECG characteristics.svg
EKG-Charakteristika eines typischen LBBB mit breiten QRS-Komplexen und abnormaler Morphologie in den Ableitungen V1 und V6.
FachgebietKardiologie, Notfallmedizin

Der Linksschenkelblock (LBBB) ist eine kardiale Erregungsleitungsstörung, die im Elektrokardiogramm (EKG) sichtbar wird. Bei dieser Erkrankung ist die Aktivierung der linken Herzkammer verzögert, so dass die linke Herzkammer später kontrahiert als die rechte Herzkammer.

Klassifikation nach ICD-10
I44.7 Linksschenkelblock, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
QRS-Komplex und Punkt der endgültigen Negativitätsbewegung (GNB) in V 6 des rechts abgebildeten EKGs

Ein Linksschenkelblock (LSB) ist eine Störung des Erregungsleitungssystems des Herzens. Kennzeichnend für die Störung ist eine Leitungsverzögerung im linken Tawara-Schenkel. Die Diagnose wird mittels EKG gestellt.

Ursachen

Zu den Ursachen von LBBB gehören:

  • Aortenstenose
  • Dilatative Kardiomyopathie
  • Akuter Myokardinfarkt
  • Ausgedehnte koronare Herzkrankheit
  • Primäre Erkrankung des elektrischen Übertragungssystems des Herzens
  • Langjähriger Bluthochdruck, der zu einer Dilatation der Aortenwurzel und anschließender Aortenregurgitation führt
  • Lyme-Krankheit

Mechanismen

Eine langsame oder fehlende Erregungsleitung durch den linken Bündelast bedeutet, dass es länger als normal dauert, bis sich die linke Herzkammer vollständig depolarisiert. Dies kann auf einen geschädigten Bündelast zurückzuführen sein, der nicht mehr vollständig leitet, kann aber auch auf eine intakte Erregungsleitung zurückzuführen sein, die langsamer als normal ist. LBBB kann feststehen und immer vorhanden sein, aber auch intermittierend auftreten, z. B. nur bei schnellen Herzfrequenzen. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass das Leitungsbündel eine längere Refraktärzeit hat als üblich.

Diagnose

Elektrokardiogramm mit Linksschenkelblock und unregelmäßigem Rhythmus aufgrund von supraventrikulären Extrasystolen.
Ein Linksschenkelblock

Der LBBB wird auf einem 12-Kanal-EKG diagnostiziert. Bei Erwachsenen zeigt er sich als breite QRS-Komplexe mit einer Dauer von mehr als 120 ms und charakteristischen QRS-Formen in den präkordialen Ableitungen, während bei Kindern auch schmalere Komplexe auftreten. In Ableitung V1 ist der QRS-Komplex oft vollständig negativ (QS-Morphologie), obwohl eine kleine initiale R-Welle zu sehen sein kann (rS-Morphologie). In den seitlichen Ableitungen (I, aVL, V5-V6) sind die QRS-Komplexe in der Regel überwiegend positiv mit einem langsamen Aufwärtshub von >60 ms bis zur Spitze der R-Welle. In diesen Ableitungen kann ein Notching beobachtet werden, was jedoch nicht überall der Fall ist. Die kleinen Q-Wellen, die normalerweise in den seitlichen Ableitungen zu sehen sind, fehlen bei LBBB. Die T-Wellen zeigen in der Regel in die entgegengesetzte Richtung zum Endteil des vorangehenden QRS - positive QRS-Komplexe haben negative T-Wellen, während negative QRS-Komplexe positive T-Wellen haben. Die ST-Segmente gehen typischerweise in die T-Welle über und erscheinen in Ableitungen mit negativen QRS-Komplexen oft erhöht. Die Achse kann normal sein, aber auch nach links oder rechts abweichen.

Es gibt auch partielle Blöcke des linken Schenkelblocks: Der "linke vordere Faszikelblock" (LAFB) und ein "linker hinterer Faszikelblock" (LPFB). Dies bezieht sich auf den Block nach der Verzweigung des Linksschenkelblocks.

unauffälliges Ruhe-EKG mit einsetzendem Linksschenkelblock
Normales, unauffälliges 12-Kanal Ruhe-EKG mit plötzlich einsetzendem (kompletten) Linksschenkelblock. Deutlich zu sehen sind die doppelten bzw. gekerbten R-Zacken in V6, die tiefen R-Zacken und Repolarisationsstörung in V3, V4 und V5, sowie der deutlich verbreiterte QRS-Komplex in V1 und V2.
Linksschenkelblock im EKG, Einthoven- und Goldberger-Ableitungen
Linksschenkelblock im EKG, Brustwandableitungen

Diagnostische Konsequenzen

Das Vorhandensein eines LBBB hat zur Folge, dass die Elektrokardiographie (EKG) nicht zur Diagnose einer linksventrikulären Hypertrophie oder eines Q-Wellen-Infarkts herangezogen werden kann, da der LBBB an sich zu einer Verbreiterung des QRS-Komplexes und zu Veränderungen im ST-Segment führt, die auf eine Ischämie oder Verletzung hindeuten.

Behandlung

  • Bei Patienten mit LBBB ist eine vollständige kardiologische Untersuchung erforderlich, und bei Patienten mit LBBB und Synkope oder Beinahe-Synkope ist möglicherweise ein Herzschrittmacher erforderlich.
  • Einige Patienten mit LBBB, einem deutlich verlängerten QRS (in der Regel > 150 ms) und systolischer Herzinsuffizienz können von einem biventrikulären Schrittmacher profitieren, der eine bessere Synchronisation der Herzkontraktionen ermöglicht.

Pathophysiologie

Hämodynamisch führt der Linksschenkelblock zu einem Pendelphänomen des linken Ventrikels bei der Kontraktion. Ein kompletter Linksschenkelblock stellt einen pathologischen (krankheitsbedingten) Befund dar. Als Ursache finden sich häufig eine koronare Herzkrankheit, eine arterielle Hypertonie oder eine Kardiomyopathie.

Interpretation

Der Linksschenkelblock ist im Gegensatz zum Rechtsschenkelblock als schwerwiegender zu betrachten, da die linke Herzkammer den Hauptanteil an der Pumparbeit des Herzens leistet.

Das EKG ist bei Vorliegen eines Linksschenkelblockes für die Herzinfarktdiagnostik nicht mehr sicher verwertbar, da konsekutiv eine Repolarisationsstörung auftritt. Die ST-Strecke ist dabei stark modifiziert, womit eine Interpretation hinsichtlich des Hinweises auf eine Ischämie nicht einfach ist. Mit den Sgarbossa-Kriterien kann die Wahrscheinlichkeit einer akuten myokardialen Ischämie abgeschätzt werden. Bei normaler EKG-Voruntersuchung kann ein frisch aufgetretener LSB hinweisend auf eine akute koronare Herzkrankheit (Myokardischämie), also z. B. einen akuten Herzinfarkt, sein. Zusammen mit entsprechender klinischer Symptomatik (Brustschmerz, Atemnot) oder mit einer Erhöhung der herzspezifischen Labormarker (Troponin, Kreatinkinase) besteht die Indikation zur zeitnahen invasiven Diagnostik im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung.

Formen

Folgende Formen werden unterschieden:

  • Linksschenkelblock
  • Linksanteriorer Hemiblock
  • Linksposteriorer Hemiblock