Nicotinamidadenindinukleotid

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Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid
Skelettformel der oxidierten Form
Kugel-und-Stab-Modell der oxidierten Form
Bezeichnungen
Andere Namen
Diphosphopyridin-Nukleotid (DPN+), Coenzym I
Bezeichner
3D-Modell (JSmol)
  • NAD+: Interaktives Bild
  • NADH: Interaktives Bild
ChEBI
ChEMBL
ChemSpider
Arzneimittelbank
IUPHAR/BPS
KEGG
PubChem CID
RTECS-Nummer
  • UU3450000
UNII
InChI
  • InChI=1S/C21H27N7O14P2/c22-17-12-19(25-7-24-17)28(8-26-12)21-16(32)14(30)11(41-21)6-39-44(36,37)42-43(34, 35)38-5-10-13(29)15(31)20(40-10)27-3-1-2-9(4-27)18(23)33/h1-4,7-8,10-11,13-16,20-21,29-32H,5-6H2,(H5-,22,23,24,25,33,34,35,36,37)/t10-,11-,13-,14-,15-,16-,20-,21-/m1/s1 check
    Schlüssel: BAWFJGJZGIEFAR-NNYOXOHSSA-N check
  • InChI=1/C21H27N7O14P2/c22-17-12-19(25-7-24-17)28(8-26-12)21-16(32)14(30)11(41-21)6-39-44(36,37)42-43(34,35)38-5-10-13(29)15(31)20(40-10)27-3-1-2-9(4-27)18(23)33/h1-4, 7-8,10-11,13-16,20-21,29-32H,5-6H2,(H5-,22,23,24,25,33,34,35,36,37)/t10-,11-,13-,14-,15-,16-,20-,21-/m1/s1
    Schlüssel: BAWFJGJZGIEFAR-NNYOXOHSBR
SMILES
  • NAD+: O=C(N)c1ccc[n+](c1)[C@@H]2O[C@@H]([C@@H](O)[C@H]2O)COP([O-])(=O)OP(=O)([O-])OC[C@H]5O[C@@H](n4cnc3c(ncnc34)N)[C@H](O)[C@@H]5O
  • NADH: O=C(N)C1CC=C[N](C=1)[C@@H]2O[C@@H]([C@@H](O)[C@H]2O)COP([O-])(=O)OP(=O)([O-])OC[C@H]5O[C@@H](n4cnc3c(ncnc34)N)[C@H](O)[C@@H]5O
Eigenschaften
Chemische Formel
C21H28N7O14P2
Molekulare Masse 663,43 g/mol
Erscheinungsbild Weißes Pulver
Schmelzpunkt 160 °C (320 °F; 433 K)
Gefahren
Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (OHS/OSH):
Hauptgefahren
Nicht gefährlich
NFPA 704 (Feuerdiamant)
1
1
0
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Infobox Referenzen

Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD) ist ein für den Stoffwechsel zentrales Coenzym. NAD kommt in allen lebenden Zellen vor und wird als Dinukleotid bezeichnet, weil es aus zwei Nukleotiden besteht, die durch ihre Phosphatgruppen verbunden sind. Ein Nukleotid enthält eine Adenin-Nukleobase, das andere Nicotinamid. NAD kommt in zwei Formen vor: in oxidierter und reduzierter Form, abgekürzt als NAD+ bzw. NADH (H für Wasserstoff).

Im Stoffwechsel ist das Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid an Redoxreaktionen beteiligt, indem es Elektronen von einer Reaktion zur anderen überträgt. Der Cofaktor kommt daher in zwei Formen in den Zellen vor: NAD+ ist ein Oxidationsmittel - es nimmt Elektronen von anderen Molekülen auf und wird reduziert. Bei dieser Reaktion, ebenfalls mit H+, entsteht NADH, das dann als Reduktionsmittel zur Elektronenabgabe verwendet werden kann. Diese Elektronenübertragungsreaktionen sind die Hauptfunktion von NAD. Es wird jedoch auch in anderen zellulären Prozessen verwendet, vor allem als Substrat für Enzyme, die chemische Gruppen hinzufügen oder entfernen chemischen Gruppen zu bzw. von Proteinen, bei posttranslationalen Modifikationen. Wegen der Bedeutung dieser Funktionen sind die am NAD-Stoffwechsel beteiligten Enzyme Ziele für die Arzneimittelforschung.

In Organismen kann NAD aus einfachen Bausteinen (de novo) entweder aus Tryptophan oder Asparaginsäure, jeweils einer Aminosäure, synthetisiert werden; alternativ werden komplexere Komponenten der Coenzyme aus Nährstoffen wie Niacin aufgenommen; ähnliche Verbindungen werden durch Reaktionen hergestellt, die die Struktur von NAD aufbrechen und einen Rückgewinnungspfad bereitstellen, der sie in ihre jeweilige aktive Form "zurückführt".

Ein Teil des NAD wird in das Coenzym Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid-Phosphat (NADP) umgewandelt, dessen Chemie weitgehend der von NAD entspricht, das jedoch hauptsächlich als Cofaktor im anabolen Stoffwechsel dient.

Das hochgestellte Additionszeichen der chemischen Spezies NAD+ spiegelt die formale Ladung an einem ihrer Stickstoffatome wider; unter physiologischen pH-Bedingungen ist diese Spezies ein einfach geladenes Anion mit einer (negativen) Ionenladung von 1.

Strukturformel
Strukturformel von NAD+ unter physiologischen Bedingungen
NAD+ (oxidierte Form)
Allgemeines
Name Nicotinamidadenindinukleotid
Andere Namen
  • Nicotinsäureamid-Adenin-Dinukleotid
  • Nadid (INN) (oxidierte Form, inneres Salz)
  • NICOTINAMIDE ADENINE DINUCLEOTIDE (INCI)
Summenformel
  • C21H27N7O14P2 (NAD)
  • C21H28N7O14P2 (oxidierte Form (NAD+), inneres Salz)
  • C21H29N7O14P2 (reduzierte Form (NADH))
Kurzbeschreibung

farbloses, hygroskopisches Pulver (oxidierte Form, inneres Salz)

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 53-84-9 (oxidierte Form, inneres Salz)
EG-Nummer 200-184-4
ECHA-InfoCard 100.000.169
PubChem 5892
ChemSpider 5681
DrugBank DB14128
Eigenschaften
Molare Masse
  • 663,43 g·mol−1 (oxidierte Form, inneres Salz)
  • 665,45 g·mol−1 (reduzierte Form)
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

140–142 °C (Zersetzung) (oxidierte Form, inneres Salz)

Löslichkeit

wenig in Wasser (10 g·l−1)

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Von der IUPAC/IUBMB werden die Abkürzungen NAD+ für die oxidierte Form, NADH+H+ für die reduzierte Form und NAD im Allgemeinen vorgeschlagen. Zuweilen findet sich noch NAD statt NAD+ und NADH2 statt NADH+H+. Die Schreibweise von NADH2 ist falsch, da die Protonen an unterschiedlichen Stellen am Molekül binden.

Das Coenzym wurde 1906 von Arthur Harden und William Young entdeckt (Harden- und Young-Ester). NAD+ war in der älteren Fachliteratur bis zu den frühen 1960er Jahren auch unter der Bezeichnung Diphosphopyridinnucleotid, abgekürzt DPN, oder unter den Namen Codehydrase I, Codehydrogenase I oder Coenzym I bekannt.

Im Vergleich zum Nicotinamidadenindinukleotidphosphat (NADP+) und Nicotinsäureadenindinukleotidphosphat (NAADP), zwei sonst fast gleich gebauten Coenzymen, die beide am 2'C-Atom des Adenosins einen weiteren Phosphat-Rest besitzen, befindet sich dort beim NAD nur eine normale Hydroxygruppe.

Physikalische und chemische Eigenschaften

Das Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid besteht aus zwei Nukleosiden, die durch Pyrophosphat verbunden sind. Die Nukleoside enthalten jeweils einen Ribosering, wobei bei dem einen Adenin an das erste Kohlenstoffatom (die 1'-Position) gebunden ist (Adenosindiphosphat-Ribose) und bei dem anderen Nicotinamid an dieser Position.

Die Redoxreaktionen von Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid.

Die Verbindung nimmt das Äquivalent von H- auf oder gibt es ab. Bei diesen Reaktionen (die in der nachstehenden Formel zusammengefasst sind) werden dem Reaktanten (R) zwei Wasserstoffatome in Form eines Hydridions (H-) und eines Protons (H+) entzogen. Das Proton wird in die Lösung abgegeben, während das Reduktionsmittel RH2 oxidiert und NAD+ durch Übertragung des Hydrids auf den Nicotinamidring zu NADH reduziert wird.

RH2 + NAD+ → NADH + H+ + R;

Von dem Hydrid-Elektronenpaar wird ein Elektron auf den positiv geladenen Stickstoff des Nikotinamidrings von NAD+ übertragen und das zweite Wasserstoffatom auf das C4-Kohlenstoffatom gegenüber diesem Stickstoff. Das mittlere Potential des NAD+/NADH-Redoxpaares beträgt -0,32 Volt, was NADH zu einem starken Reduktionsmittel macht. Die Reaktion ist leicht umkehrbar, wenn NADH ein anderes Molekül reduziert und wieder zu NAD+ oxidiert wird. Das bedeutet, dass das Coenzym ständig zwischen den Formen NAD+ und NADH wechseln kann, ohne verbraucht zu werden.

Äußerlich sind alle Formen dieses Coenzyms weiße, amorphe Pulver, die hygroskopisch und gut wasserlöslich sind. Die Feststoffe sind stabil, wenn sie trocken und im Dunkeln gelagert werden. Lösungen von NAD+ sind farblos und bei 4 °C und neutralem pH-Wert etwa eine Woche lang stabil, zersetzen sich aber in sauren oder alkalischen Lösungen rasch. Bei der Zersetzung bilden sie Produkte, die Enzyme hemmen.

UV-Absorptionsspektren von NAD+ und NADH.

Sowohl NAD+ als auch NADH absorbieren aufgrund des Adenins stark ultraviolettes Licht. Die Spitzenabsorption von NAD+ liegt beispielsweise bei einer Wellenlänge von 259 Nanometern (nm) mit einem Extinktionskoeffizienten von 16.900 M-1cm-1. NADH absorbiert auch bei höheren Wellenlängen, mit einer zweiten Spitze der UV-Absorption bei 339 nm mit einem Extinktionskoeffizienten von 6.220 M-1cm-1. Dieser Unterschied in den UV-Absorptionsspektren zwischen der oxidierten und der reduzierten Form der Coenzyme bei höheren Wellenlängen macht es einfach, die Umwandlung eines Coenzyms in ein anderes bei Enzymtests zu messen - durch Messung der UV-Absorption bei 340 nm mit einem Spektrophotometer.

NAD+ und NADH unterscheiden sich auch in ihrer Fluoreszenz. Frei diffundierendes NADH in wässriger Lösung fluoresziert, wenn es bei der Nicotinamid-Absorption von ~335 nm (nahe UV) angeregt wird, bei 445-460 nm (violett bis blau) mit einer Fluoreszenzlebensdauer von 0,4 Nanosekunden, während NAD+ nicht fluoresziert. Die Eigenschaften des Fluoreszenzsignals ändern sich, wenn NADH an Proteine bindet, so dass diese Änderungen zur Messung von Dissoziationskonstanten verwendet werden können, die für die Untersuchung der Enzymkinetik nützlich sind. Diese Fluoreszenzveränderungen werden auch zur Messung von Veränderungen des Redoxzustands lebender Zellen mittels Fluoreszenzmikroskopie verwendet.

Konzentration und Zustand in Zellen

In der Rattenleber beträgt die Gesamtmenge an NAD+ und NADH etwa 1 μmol pro Gramm Feuchtgewicht, was etwa dem Zehnfachen der Konzentration von NADP+ und NADPH in denselben Zellen entspricht. Die tatsächliche Konzentration von NAD+ im Zellcytosol ist schwieriger zu messen, wobei neuere Schätzungen in tierischen Zellen bei etwa 0,3 mM und in Hefe bei etwa 1,0 bis 2,0 mM liegen. Mehr als 80 % der NADH-Fluoreszenz in Mitochondrien stammt jedoch aus der gebundenen Form, so dass die Konzentration in Lösung viel niedriger ist.

Die NAD+-Konzentrationen sind in den Mitochondrien am höchsten und machen 40 bis 70 % des gesamten zellulären NAD+ aus. NAD+ aus dem Zytosol wird durch ein spezifisches Membrantransportprotein in das Mitochondrium transportiert, da das Coenzym nicht durch Membranen diffundieren kann. Die intrazelluläre Halbwertszeit von NAD+ wurde in einer Übersichtsarbeit mit 1-2 Stunden angegeben, während in einer anderen Übersichtsarbeit unterschiedliche Schätzungen je nach Kompartiment gemacht wurden: intrazellulär 1-4 Stunden, zytoplasmatisch 2 Stunden und mitochondrial 4-6 Stunden.

Das Gleichgewicht zwischen der oxidierten und der reduzierten Form von Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid wird als NAD+/NADH-Verhältnis bezeichnet. Dieses Verhältnis ist ein wichtiger Bestandteil des so genannten Redox-Zustands einer Zelle, der sowohl die Stoffwechselaktivitäten als auch den Gesundheitszustand der Zellen widerspiegelt. Die Auswirkungen des NAD+/NADH-Verhältnisses sind komplex und steuern die Aktivität mehrerer Schlüsselenzyme, darunter Glyceraldehyd-3-Phosphat-Dehydrogenase und Pyruvat-Dehydrogenase. In gesundem Säugetiergewebe liegt das geschätzte Verhältnis von freiem NAD+ zu NADH im Zytoplasma typischerweise bei etwa 700:1; das Verhältnis ist also günstig für oxidative Reaktionen. Das Verhältnis von Gesamt-NAD+/NADH ist viel niedriger und liegt bei Säugetieren zwischen 3 und 10. Im Gegensatz dazu liegt das Verhältnis von NADP+/NADPH normalerweise bei etwa 0,005, so dass NADPH die dominierende Form dieses Coenzyms ist. Diese unterschiedlichen Verhältnisse sind der Schlüssel zu den verschiedenen metabolischen Funktionen von NADH und NADPH.

Biosynthese

NAD+ wird über zwei Stoffwechselwege synthetisiert. Es wird entweder auf einem de novo-Weg aus Aminosäuren oder auf einem Bergungsweg durch die Rückführung vorgebildeter Komponenten wie Nikotinamid in NAD+ hergestellt. Obwohl die meisten Gewebe von Säugetieren NAD+ über den Bergungsweg synthetisieren, findet in der Leber eine weitaus größere De-novo-Synthese aus Tryptophan und in den Nieren und Makrophagen aus Nikotinsäure statt.

De-novo-Produktion

Einige Stoffwechselwege, die NAD+ in Wirbeltieren synthetisieren und verbrauchen. Die Abkürzungen sind im Text definiert.

Die meisten Organismen synthetisieren NAD+ aus einfachen Komponenten. Die spezifischen Reaktionen unterscheiden sich von Organismus zu Organismus, aber ein gemeinsames Merkmal ist die Erzeugung von Chinolinsäure (QA) aus einer Aminosäure - entweder Tryptophan (Trp) in Tieren und einigen Bakterien oder Asparaginsäure (Asp) in einigen Bakterien und Pflanzen. Die Chinolinsäure wird durch Übertragung eines Phosphoriboseanteils in Nikotinsäuremononukleotid (NaMN) umgewandelt. Anschließend wird ein Adenylat-Anteil übertragen, um Nikotinsäure-Adenin-Dinukleotid (NaAD) zu bilden. Schließlich wird der Nikotinsäurerest in NaAD zu einem Nikotinamidrest (Nam) amidiert, wodurch Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid entsteht.

In einem weiteren Schritt wird ein Teil von NAD+ durch die NAD+-Kinase, die NAD+ phosphoryliert, in NADP+ umgewandelt. In den meisten Organismen verwendet dieses Enzym ATP als Quelle für die Phosphatgruppe, obwohl einige Bakterien wie Mycobacterium tuberculosis und das hyperthermophile Archaeon Pyrococcus horikoshii anorganisches Polyphosphat als alternativen Phosphoryldonor verwenden.

Bergungswege verwenden drei Vorläufer für NAD+.

Bergungspfade

Trotz des Vorhandenseins des de novo-Wegs sind die Bergungsreaktionen für den Menschen unerlässlich; ein Mangel an Niacin in der Ernährung verursacht die Vitaminmangelkrankheit Pellagra. Dieser hohe Bedarf an NAD+ ergibt sich aus dem ständigen Verbrauch des Coenzyms bei Reaktionen wie den posttranslationalen Modifikationen, da der Wechsel von NAD+ zwischen oxidierter und reduzierter Form bei Redoxreaktionen die Gesamtmenge des Coenzyms nicht verändert. Die Hauptquelle für NAD+ in Säugetieren ist der Bergungsweg, der das von Enzymen, die NAD+ verwenden, produzierte Nicotinamid recycelt. Der erste Schritt und das geschwindigkeitsbeschränkende Enzym des Rückgewinnungswegs ist die Nicotinamid-Phosphoribosyltransferase (NAMPT), die Nicotinamid-Mononukleotid (NMN) produziert. NMN ist der unmittelbare Vorläufer von NAD+ im Verwertungsweg.

Die Zellen bauen NAD+ nicht nur de novo aus einfachen Aminosäurevorläufern auf, sondern verwerten auch vorgebildete Verbindungen, die eine Pyridinbase enthalten. Die drei Vitaminvorstufen, die in diesen Salvage-Stoffwechselwegen verwendet werden, sind Nicotinsäure (NA), Nicotinamid (Nam) und Nicotinamid-Ribosid (NR). Diese Verbindungen können über die Nahrung aufgenommen werden und werden als Vitamin B3 oder Niacin bezeichnet. Diese Verbindungen werden jedoch auch in den Zellen und durch Verdauung von zellulärem NAD+ hergestellt. Einige der Enzyme, die an diesen Verwertungswegen beteiligt sind, scheinen im Zellkern konzentriert zu sein, was den hohen Anteil an Reaktionen, die NAD+ in dieser Organelle verbrauchen, ausgleichen könnte. Es gibt einige Berichte darüber, dass Säugetierzellen extrazelluläres NAD+ aus ihrer Umgebung aufnehmen können, und sowohl Nicotinamid als auch Nicotinamid-Ribosid können aus dem Darm absorbiert werden.

Die in Mikroorganismen genutzten Verwertungswege unterscheiden sich von denen der Säugetiere. Einige Krankheitserreger wie der Hefepilz Candida glabrata und das Bakterium Haemophilus influenzae sind NAD+-Auxotrophe - sie können kein NAD+ synthetisieren -, verfügen aber über Bergungswege und sind somit auf externe Quellen von NAD+ oder dessen Vorstufen angewiesen. Noch überraschender ist der intrazelluläre Erreger Chlamydia trachomatis, bei dem es keine erkennbaren Kandidaten für Gene gibt, die an der Biosynthese oder Gewinnung von NAD+ und NADP+ beteiligt sind, und der diese Coenzyme von seinem Wirt beziehen muss.

Drei Vorläufer des NAD+ aus Abbauprodukten.
Stoffwechselwege des NAD+.

NAD+ wird im Körper sowohl aus Nicotinsäure (Niacin, Vitamin B3) und Nicotinamid als auch aus den Abbauprodukten der Aminosäure Tryptophan produziert. Da beide Ausgangsstoffe essenziell sind, sind Mangelerscheinungen wie Pellagra möglich, aber wegen der zwei möglichen Stoffwechselwege in Europa eher selten.

Knotenpunkt beider Reaktionswege ist Nicotinat-D-ribonukleotid, das direkt aus Nicotinsäure mittels der Nicotinat-Phosphoribosyltransferase gebildet werden kann, oder das aus dem Tryptophan-Abbauprodukt Chinolinsäure mittels des Enzyms Chinolinat-Phosphoribosyltransferase entsteht. Letztere Reaktion findet hauptsächlich in der Leber statt. An Nicotinat-D-ribonukleotid wird im nächsten Schritt Adenosinphosphat addiert. Diese Reaktion wird von der Nicotinamidnukleotid-Adenylyltransferase katalysiert, und es entsteht Deamido-NAD+. Dieses wird schließlich mittels der NAD-Synthase zu NAD+ aminiert.

Ein weiterer Syntheseweg beginnt mit Nicotinamid, das mit der Nicotinamid-Phosphoribosyltransferase zum Dinukleotid umgesetzt wird; dieses ist bereits ein Amid, so dass nur noch die Übertragung von Adenosinphosphat mit der o. g. Transferase notwendig ist, um NAD+ zu erhalten.

Die energiereiche reduzierte Form NADH entsteht im Katabolismus (bei der Glykolyse und im Citratzyklus).

Funktionen

Rossmann-Faltung eines Teils der Laktatdehydrogenase von Cryptosporidium parvum, mit NAD+ in rot, beta-Folien in gelb und alpha-Helices in lila.

Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid hat mehrere wichtige Funktionen im Stoffwechsel. Es fungiert als Coenzym in Redoxreaktionen, als Spender von ADP-Ribose-Anteilen in ADP-Ribosylierungsreaktionen, als Vorläufer des Second Messenger-Moleküls zyklische ADP-Ribose sowie als Substrat für bakterielle DNA-Ligasen und eine Gruppe von Enzymen namens Sirtuine, die NAD+ zur Entfernung von Acetylgruppen aus Proteinen verwenden. Zusätzlich zu diesen Stoffwechselfunktionen ist NAD+ ein Adenin-Nukleotid, das spontan und durch geregelte Mechanismen aus den Zellen freigesetzt werden kann und daher wichtige extrazelluläre Funktionen haben kann.

Oxidoreduktase-Bindung von NAD

Die Hauptaufgabe von NAD+ im Stoffwechsel ist die Übertragung von Elektronen von einem Molekül auf ein anderes. Reaktionen dieser Art werden von einer großen Gruppe von Enzymen katalysiert, die als Oxidoreduktasen bezeichnet werden. Die korrekten Bezeichnungen für diese Enzyme enthalten die Namen ihrer beiden Substrate: So katalysiert beispielsweise die NADH-Ubichinon-Oxidoreduktase die Oxidation von NADH durch Coenzym Q. Diese Enzyme werden jedoch auch als Dehydrogenasen oder Reduktasen bezeichnet, wobei die NADH-Ubichinon-Oxidoreduktase häufig als NADH-Dehydrogenase oder manchmal als Coenzym-Q-Reduktase bezeichnet wird.

Es gibt viele verschiedene Superfamilien von Enzymen, die NAD+ / NADH binden. Eine der häufigsten Superfamilien enthält ein strukturelles Motiv, das als Rossmann-Faltung bekannt ist. Das Motiv ist nach Michael Rossmann benannt, der als erster Wissenschaftler feststellte, wie häufig diese Struktur in Nukleotid-bindenden Proteinen vorkommt.

Ein Beispiel für ein NAD-bindendes bakterielles Enzym, das am Aminosäurestoffwechsel beteiligt ist und nicht die Rossmann-Faltung aufweist, findet sich in Pseudomonas syringae pv. tomato (PDB: 2CWH; InterPro: IPR003767).

In diesem Diagramm ist der C4-Kohlenstoff als Hydridakzeptor oben dargestellt. Wenn der Nikotinamidring in der Seitenebene liegt, mit dem Carboxyamid auf der rechten Seite, wie dargestellt, liegt der Hydriddonor entweder "über" oder "unter" der Seitenebene. Liegt er "oben", ist der Hydridtransfer Klasse A, liegt er "unten", ist er Klasse B.

Bei der Bindung im aktiven Zentrum einer Oxidoreduktase ist der Nikotinamidring des Coenzyms so positioniert, dass er ein Hydrid des anderen Substrats aufnehmen kann. Je nach Enzym befindet sich der Hydrid-Donor entweder "über" oder "unter" der Ebene des planaren C4-Kohlenstoffs, wie in der Abbildung dargestellt. Oxidoreduktasen der Klasse A übertragen das Atom von oben, Enzyme der Klasse B übertragen es von unten. Da der C4-Kohlenstoff, der den Wasserstoff aufnimmt, prochiral ist, kann dies in der Enzymkinetik ausgenutzt werden, um Informationen über den Mechanismus des Enzyms zu erhalten. Dazu wird ein Enzym mit einem Substrat gemischt, bei dem die Wasserstoffatome durch Deuteriumatome ersetzt sind, so dass das Enzym NAD+ reduziert, indem es Deuterium und nicht Wasserstoff überträgt. In diesem Fall kann ein Enzym eines von zwei Stereoisomeren von NADH herstellen.

Trotz der Ähnlichkeit in der Art und Weise, wie Proteine die beiden Coenzyme binden, weisen Enzyme fast immer ein hohes Maß an Spezifität für entweder NAD+ oder NADP+ auf. Diese Spezifität spiegelt die unterschiedlichen metabolischen Funktionen der jeweiligen Coenzyme wider und ist das Ergebnis unterschiedlicher Aminosäurereste in den beiden Arten von Coenzymbindungstaschen. So wird beispielsweise im aktiven Zentrum von NADP-abhängigen Enzymen eine ionische Bindung zwischen einer basischen Aminosäureseitenkette und der sauren Phosphatgruppe von NADP+ gebildet. Umgekehrt ist bei NAD-abhängigen Enzymen die Ladung in dieser Tasche umgekehrt, so dass NADP+ nicht gebunden werden kann. Es gibt jedoch einige Ausnahmen von dieser allgemeinen Regel, und Enzyme wie die Aldose-Reduktase, die Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase und die Methylentetrahydrofolat-Reduktase können in einigen Arten beide Coenzyme verwenden.

Rolle im Redox-Stoffwechsel

Eine vereinfachte Darstellung des Redox-Stoffwechsels, die zeigt, wie NAD+ und NADH den Zitronensäurezyklus und die oxidative Phosphorylierung miteinander verbinden.

Die von Oxidoreduktasen katalysierten Redoxreaktionen sind in allen Bereichen des Stoffwechsels von entscheidender Bedeutung, aber ein besonders wichtiger Bereich, in dem diese Reaktionen ablaufen, ist die Freisetzung von Energie aus Nährstoffen. Hier werden reduzierte Verbindungen wie Glukose und Fettsäuren oxidiert, wodurch Energie freigesetzt wird. Diese Energie wird durch Reduktion zu NADH im Rahmen der Beta-Oxidation, der Glykolyse und des Zitronensäurezyklus auf NAD+ übertragen. Bei Eukaryonten werden die Elektronen, die das im Zytoplasma produzierte NADH mit sich führt, durch mitochondriale Shuttles, wie z. B. das Malat-Aspartat-Shuttle, in das Mitochondrium (zur Reduktion des mitochondrialen NAD+) übertragen. Das mitochondriale NADH wird dann wiederum von der Elektronentransportkette oxidiert, die Protonen durch eine Membran pumpt und durch oxidative Phosphorylierung ATP erzeugt. Diese Shuttle-Systeme haben auch in den Chloroplasten die gleiche Transportfunktion.

Da sowohl die oxidierte als auch die reduzierte Form von Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid in diesen miteinander verbundenen Reaktionsketten verwendet wird, hält die Zelle erhebliche Konzentrationen von NAD+ und NADH aufrecht, wobei das hohe NAD+/NADH-Verhältnis diesem Coenzym erlaubt, sowohl als Oxidations- als auch als Reduktionsmittel zu wirken. Im Gegensatz dazu ist die Hauptfunktion von NADPH die eines Reduktionsmittels im Anabolismus, wobei dieses Coenzym an Stoffwechselwegen wie der Fettsäuresynthese und der Photosynthese beteiligt ist. Da NADPH als starkes Reduktionsmittel für Redoxreaktionen benötigt wird, ist das Verhältnis NADP+/NADPH sehr niedrig.

Obwohl NADH für den Katabolismus wichtig ist, wird es auch für anabole Reaktionen wie die Gluconeogenese benötigt. Dieser Bedarf an NADH im Anabolismus stellt ein Problem für Prokaryonten dar, die sich von Nährstoffen ernähren, die nur eine geringe Menge an Energie freisetzen. So oxidieren beispielsweise nitrifizierende Bakterien wie Nitrobacter Nitrit zu Nitrat, wobei genügend Energie freigesetzt wird, um Protonen zu pumpen und ATP zu erzeugen, aber nicht genug, um direkt NADH zu produzieren. Da NADH immer noch für anabole Reaktionen benötigt wird, verwenden diese Bakterien eine Nitrit-Oxidoreduktase, um genügend Protonen-Motivationskraft zu erzeugen, um einen Teil der Elektronentransportkette rückwärts laufen zu lassen und NADH zu erzeugen.

Nicht-Redox-Rollen

Das Coenzym NAD+ wird auch bei ADP-Ribose-Transferreaktionen verbraucht. Zum Beispiel fügen Enzyme, die ADP-Ribosyltransferasen genannt werden, den ADP-Ribose-Teil dieses Moleküls an Proteine an, eine posttranslationale Veränderung, die ADP-Ribosylierung genannt wird. Bei der ADP-Ribosylierung wird entweder ein einzelner ADP-Ribose-Teil hinzugefügt (Mono-ADP-Ribosylierung) oder ADP-Ribose in langen verzweigten Ketten auf Proteine übertragen (Poly(ADP-Ribosyl)ation). Die Mono-ADP-Ribosylierung wurde zuerst als Mechanismus einer Gruppe von Bakterientoxinen, insbesondere des Choleratoxins, identifiziert, ist aber auch an der normalen Zellsignalisierung beteiligt. Die Poly(ADP-Ribosyl)ation wird von den Poly(ADP-Ribose)-Polymerasen durchgeführt. Die Poly(ADP-Ribose)-Struktur ist an der Regulierung verschiedener zellulärer Vorgänge beteiligt und spielt vor allem im Zellkern bei Prozessen wie der DNA-Reparatur und der Erhaltung der Telomere eine wichtige Rolle. Zusätzlich zu diesen Funktionen innerhalb der Zelle wurde kürzlich eine Gruppe extrazellulärer ADP-Ribosyltransferasen entdeckt, deren Funktionen jedoch noch unklar sind. NAD+ kann auch als 5'-terminale Modifikation an zelluläre RNA angehängt werden.

Die Struktur der zyklischen ADP-Ribose.

Eine weitere Funktion dieses Coenzyms bei der Zellsignalgebung ist die eines Vorläufers der zyklischen ADP-Ribose, die aus NAD+ durch ADP-Ribosylzyklasen als Teil eines Second-Messenger-Systems hergestellt wird. Dieses Molekül wirkt bei der Kalziumsignalisierung, indem es Kalzium aus den intrazellulären Speichern freisetzt. Dazu bindet es an eine Klasse von Kalziumkanälen, die so genannten Ryanodin-Rezeptoren, die sich in den Membranen von Organellen wie dem endoplasmatischen Retikulum befinden, und öffnet sie.

NAD+ wird auch von Sirtuinen verbraucht, bei denen es sich um NAD-abhängige Deacetylasen wie Sir2 handelt. Diese Enzyme wirken, indem sie eine Acetylgruppe von ihrem Substratprotein auf den ADP-Ribose-Teil von NAD+ übertragen; dadurch wird das Coenzym gespalten und Nicotinamid und O-Acetyl-ADP-Ribose freigesetzt. Die Sirtuine scheinen hauptsächlich an der Regulierung der Transkription beteiligt zu sein, indem sie Histone deacetylieren und die Nukleosomenstruktur verändern. Aber auch Nicht-Histon-Proteine können von Sirtuinen deacetyliert werden. Diese Aktivitäten der Sirtuine sind wegen ihrer Bedeutung für die Regulierung des Alterungsprozesses besonders interessant.

Andere NAD-abhängige Enzyme sind bakterielle DNA-Ligasen, die zwei DNA-Enden miteinander verbinden, indem sie NAD+ als Substrat verwenden, um eine Adenosinmonophosphat (AMP)-Einheit an das 5'-Phosphat des einen DNA-Endes zu spenden. Dieses Zwischenprodukt wird dann von der 3'-Hydroxylgruppe des anderen DNA-Endes angegriffen, wodurch eine neue Phosphodiesterbindung entsteht. Dies steht im Gegensatz zu eukaryotischen DNA-Ligasen, die ATP zur Bildung des DNA-AMP-Zwischenprodukts verwenden.

Li et al. haben herausgefunden, dass NAD+ die Protein-Protein-Interaktionen direkt reguliert. Sie zeigen auch, dass eine der Ursachen für den altersbedingten Rückgang der DNA-Reparatur die verstärkte Bindung des Proteins DBC1 (Deleted in Breast Cancer 1) an PARP1 (Poly[ADP-Ribose]-Polymerase 1) sein könnte, wenn der NAD+-Spiegel während des Alterns sinkt. Die Modulation von NAD+ kann also vor Krebs, Strahlung und Alterung schützen.

Extrazelluläre Wirkungen von NAD+

In den letzten Jahren wurde NAD+ auch als extrazelluläres Signalmolekül erkannt, das an der Zell-Zell-Kommunikation beteiligt ist. NAD+ wird von Neuronen in Blutgefäßen, der Harnblase, dem Dickdarm, von neurosekretorischen Zellen und von Synaptosomen des Gehirns freigesetzt und soll ein neuartiger Neurotransmitter sein, der Informationen von Nerven an Effektorzellen in glatten Muskelorganen weiterleitet. In Pflanzen induziert das extrazelluläre Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid die Resistenz gegen Pathogeninfektionen, und es wurde der erste extrazelluläre NAD-Rezeptor identifiziert. Weitere Studien sind erforderlich, um die zugrundeliegenden Mechanismen seiner extrazellulären Wirkungen und ihre Bedeutung für die menschliche Gesundheit und die Lebensprozesse in anderen Organismen zu ermitteln.

Klinische Bedeutung

Die Enzyme, die NAD+ und NADH herstellen und nutzen, sind sowohl für die Pharmakologie als auch für die Erforschung künftiger Behandlungsmethoden für Krankheiten von Bedeutung. Bei der Entwicklung von Arzneimitteln wird NAD+ auf dreierlei Weise genutzt: als direktes Ziel von Arzneimitteln, durch die Entwicklung von Enzyminhibitoren oder -aktivatoren auf der Grundlage seiner Struktur, die die Aktivität von NAD-abhängigen Enzymen verändern, und durch den Versuch, die NAD+-Biosynthese zu hemmen.

Da Krebszellen eine verstärkte Glykolyse betreiben und NAD die Glykolyse fördert, ist die Nikotinamid-Phosphoribosyltransferase (NAD-Salvage-Weg) in Krebszellen oft verstärkt vorhanden.

Es wurde im Hinblick auf seine mögliche Verwendung in der Therapie von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson untersucht. Eine placebokontrollierte klinische Studie mit NADH (unter Ausschluss von NADH-Vorläufern) bei Parkinson-Patienten hat keine Wirkung gezeigt.

NAD+ ist auch ein direktes Ziel des Medikaments Isoniazid, das bei der Behandlung von Tuberkulose, einer durch Mycobacterium tuberculosis verursachten Infektion, eingesetzt wird. Isoniazid ist ein Prodrug und wird, sobald es in die Bakterien eingedrungen ist, durch ein Peroxidase-Enzym aktiviert, das die Verbindung in eine freie radikale Form oxidiert. Dieses Radikal reagiert dann mit NADH und bildet Addukte, die sehr starke Hemmstoffe für die Enzyme Enoyl-Acyl-Trägerprotein-Reduktase und Dihydrofolat-Reduktase sind.

Da viele Oxidoreduktasen NAD+ und NADH als Substrate verwenden und diese über ein hoch konserviertes strukturelles Motiv binden, ist die Vorstellung, dass Hemmstoffe auf der Basis von NAD+ spezifisch für ein Enzym sein könnten, überraschend. Dies ist jedoch möglich: So hemmen beispielsweise Hemmstoffe auf Basis der Verbindungen Mycophenolsäure und Tiazofurin die IMP-Dehydrogenase an der NAD+-Bindungsstelle. Aufgrund der Bedeutung dieses Enzyms für den Purinstoffwechsel können diese Verbindungen als Krebsmedikamente, Antivirenmittel oder Immunsuppressiva nützlich sein. Andere Medikamente sind keine Enzyminhibitoren, sondern aktivieren stattdessen Enzyme, die am NAD+-Stoffwechsel beteiligt sind. Sirtuine sind ein besonders interessantes Ziel für solche Medikamente, da die Aktivierung dieser NAD-abhängigen Deacetylasen in einigen Tiermodellen die Lebensspanne verlängert. Wirkstoffe wie Resveratrol erhöhen die Aktivität dieser Enzyme, was für ihre Fähigkeit, das Altern sowohl bei Wirbeltieren als auch bei wirbellosen Modellorganismen zu verzögern, wichtig sein könnte. In einem Experiment wurde bei Mäusen, denen eine Woche lang NAD verabreicht wurde, die Kommunikation zwischen Kern und Mitochondrien verbessert.

Aufgrund der Unterschiede in den Stoffwechselwegen der NAD+-Biosynthese zwischen Organismen, z. B. zwischen Bakterien und Menschen, ist dieser Bereich des Stoffwechsels ein vielversprechender Bereich für die Entwicklung neuer Antibiotika. So ist beispielsweise das Enzym Nikotinamidase, das Nikotinamid in Nikotinsäure umwandelt, ein Ziel für die Entwicklung von Arzneimitteln, da dieses Enzym beim Menschen nicht vorhanden ist, in Hefe und Bakterien jedoch vorhanden ist.

In der Bakteriologie wird NAD, das manchmal auch als Faktor V bezeichnet wird, als Zusatz zu Kulturmedien für einige anspruchsvolle Bakterien verwendet.

Geschichte

Arthur Harden, Mitentdecker von NAD

Das Coenzym NAD+ wurde erstmals 1906 von den britischen Biochemikern Arthur Harden und William John Young entdeckt. Sie stellten fest, dass die Zugabe von gekochtem und gefiltertem Hefeextrakt die alkoholische Gärung in ungekochten Hefeextrakten stark beschleunigte. Sie nannten den nicht identifizierten Faktor, der für diesen Effekt verantwortlich war, ein Koferment. Durch eine langwierige und schwierige Reinigung von Hefeextrakten wurde dieser hitzestabile Faktor von Hans von Euler-Chelpin als ein Nukleotid-Zuckerphosphat identifiziert. 1936 wies der deutsche Wissenschaftler Otto Heinrich Warburg die Funktion des Nukleotid-Coenzyms beim Hydrid-Transfer nach und identifizierte den Nicotinamid-Anteil als Ort der Redox-Reaktionen.

Vitaminvorläufer von NAD+ wurden erstmals 1938 identifiziert, als Conrad Elvehjem zeigte, dass Leber eine "Anti-Schwarzzungen"-Aktivität in Form von Nikotinamid besitzt. Im Jahr 1939 lieferte er dann den ersten eindeutigen Beweis dafür, dass Niacin zur Synthese von NAD+ verwendet wird. Anfang der 1940er Jahre war Arthur Kornberg der erste, der ein Enzym des Biosynthesewegs nachwies. Im Jahr 1949 wiesen die amerikanischen Biochemiker Morris Friedkin und Albert L. Lehninger nach, dass NADH Stoffwechselwege wie den Zitronensäurezyklus mit der ATP-Synthese bei der oxidativen Phosphorylierung verbindet. 1958 entdeckten Jack Preiss und Philip Handler die Zwischenprodukte und Enzyme, die an der Biosynthese von NAD+ beteiligt sind; die Salvage-Synthese aus Nikotinsäure wird als Preiss-Handler-Weg bezeichnet. Im Jahr 2004 entdeckten Charles Brenner und seine Mitarbeiter den Weg der Nikotinamid-Ribosid-Kinase zu NAD+.

Die Nicht-Redox-Rollen von NAD(P) wurden später entdeckt. Die erste Entdeckung war die Verwendung von NAD+ als ADP-Ribose-Donor in ADP-Ribosylierungsreaktionen, die in den frühen 1960er Jahren beobachtet wurde. Studien in den 1980er und 1990er Jahren enthüllten die Aktivitäten von NAD+ und NADP+-Metaboliten bei der Zellsignalisierung - wie etwa die Wirkung der zyklischen ADP-Ribose, die 1987 entdeckt wurde.

Der NAD+-Stoffwechsel blieb bis ins 21. Jahrhundert hinein ein Bereich intensiver Forschung, wobei das Interesse nach der Entdeckung der NAD+-abhängigen Protein-Deacetylasen, den so genannten Sirtuinen, im Jahr 2000 durch Shin-ichiro Imai und seine Mitarbeiter im Labor von Leonard P. Guarente noch zunahm. Im Jahr 2009 stellte Imai die Hypothese der "NAD-Welt" auf, wonach Sirtuin 1 und das primäre NAD+-synthetisierende Enzym Nicotinamid-Phosphoribosyltransferase (NAMPT) die wichtigsten Regulatoren des Alterns und der Langlebigkeit bei Säugetieren sind. Im Jahr 2016 erweiterte Imai seine Hypothese zu "NAD World 2.0", die postuliert, dass extrazelluläre NAMPT aus dem Fettgewebe in Verbindung mit Myokinen aus Skelettmuskelzellen NAD+ im Hypothalamus (der Schaltzentrale) aufrechterhält.