Nekrophilie

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Klassifikation nach ICD-10
F65.8 Sonstige Störungen der Sexualpräferenz
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Martin van Maële Darstellung der Nekrophilie aus dem Werk
La Grande Danse Macabre des Vifs (1905, dt. „Der große Totentanz der Lebenden“)
Darstellung von François Bertrand, Vampir von Montparnasse, 1841 wegen Nekrophilie verhaftet

Nekrophilie bezeichnet eine abweichende Sexualpräferenz, die auf sexuelle Befriedigung mit Hilfe von Leichen gerichtet ist. Nekrophile Handlungen an menschlichen Leichen werden (gemäß § 168 StGB) als Störung der Totenruhe (Leichenschändung) bestraft.

Es werden zwei verschiedene Formen von Nekrophilie unterschieden:

  • seltenes psychologisches Störungsbild, Paraphilie, bei der Betroffene den Wunsch haben, sexuelle Handlungen an toten Körpern von Menschen und/oder Tieren durchzuführen
  • eine allgemeine Vorliebe für totes Material und Gegenstände, die mit Toten oder Vergangenem in Zusammenhang stehen (zum Teil auch als Thanatophilie bezeichnet).

Für die Weltgesundheitsorganisation zählt Nekrophilie zu den Störungsbildern, bei denen betroffene Personen unter abweichenden sexuellen Impulsen leiden, die unter dem Oberbegriff Paraphilien zusammengefasst werden. Als Psychische Störungen und/oder Verhaltensstörungen werden gemäß ICD-11 (Kodierung 6D3Z) nur noch die Paraphilien betrachtet, bei denen Betroffene sich und/oder andere in Gefahr bringen, verletzen oder töten.

Nekrophilie ist ein neuzeitliches Kunstwort, das sich aus den altgriechischen Wörtern νεκρός nekrós ‚Toter‘, ‚Leiche‘ und φιλία philía ‚Zuneigung‘ ableitet. Der Begründer der Sexualphatologie, Richard von Krafft-Ebing, verwendete den Begriff in seiner Psychopathia Sexualis (1886).

Davon zu trennen ist Erich Fromms Beschreibung von Nekrophilie als einer Charakterorientierung aus seinem anthropologischen und sozialpsychologischen Werk über Ursachen menschlicher Gewalttätigkeit Anatomie der menschlichen Destruktivität von 1973.

Der Hass, Gemälde von Pietro Pajetta (1896)

Nekrophilie, auch bekannt als Nekrophilie, Nekrolagnie, Nekrokoitus, Nekrochlesis und Thanatophilie, ist eine sexuelle Anziehung zu oder ein sexueller Akt mit Leichen. Sie wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem Diagnosehandbuch der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) und von der American Psychiatric Association in ihrem Diagnostic and Statistical Manual (DSM) als Paraphilie eingestuft.

Ursprünge des Begriffs

In den juristischen und rechtsmedizinischen Werken des 16. bis 19. Jahrhunderts finden sich verschiedene Bezeichnungen für den Tatbestand der Leichenschändung. Der Plural "nécrophiles" wurde vom belgischen Arzt Joseph Guislain in seiner um 1850 gehaltenen Vorlesungsreihe Leçons Orales Sur Les Phrénopathies über den zeitgenössischen Nekrophilen François Bertrand geprägt:

In die Kategorie der destruktiven Verrückten [aliénés destructeurs] muss man bestimmte Patienten einordnen, denen ich den Namen Nekrophile [nécrophiles] geben möchte. Die Alienisten haben als neue Form den Fall von Sergeant Bertrand angenommen, dem Leichenausgräber, über den alle Zeitungen kürzlich berichtet haben. Man sollte jedoch nicht glauben, dass es sich hier um eine Form der Phrenopathie handelt, die zum ersten Mal auftritt. Die Alten haben, wenn sie von Lykanthropie sprachen, Beispiele angeführt, zu denen man den Fall, der gerade jetzt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit so stark erregt hat, mehr oder weniger in Beziehung setzen kann.

Der Psychiater Bénédict Morel machte den Begriff etwa ein Jahrzehnt später im Zusammenhang mit Bertrand populär.

Geschichte

In der Antike wurden Seeleute, die Leichen in ihr Heimatland zurückbrachten, oft der Nekrophilie bezichtigt. Einzelne Berichte über Nekrophilie in der Geschichte sind sporadisch, obwohl schriftliche Aufzeichnungen darauf hindeuten, dass diese Praxis im alten Ägypten verbreitet war. Herodot schreibt in den Historien, dass die alten Ägypter verstorbene schöne Frauen "drei oder vier Tage" verwesen ließen, bevor sie sie den Einbalsamierern übergaben, um sie vom Geschlechtsverkehr mit einer Leiche abzuhalten. Herodot spielte auch auf Andeutungen an, dass der griechische Tyrann Periander die Leiche seiner Frau geschändet hatte, indem er eine Metapher verwendete: "Periander hat sein Brot in einem kalten Ofen gebacken". Akte der Nekrophilie sind auf Keramiken der Moche-Kultur dargestellt, die vom ersten bis zum achten Jahrhundert n. Chr. im Norden Perus herrschte. Ein häufiges Thema auf diesen Artefakten ist die Masturbation eines männlichen Skeletts durch eine lebende Frau. Das hethitische Gesetz aus dem 16. Jahrhundert v. Chr. bis zum 13. Jahrhundert v. Chr. erlaubte ausdrücklich Sex mit den Toten. Im heutigen Nordostchina hatte der ethnische Xianbei-Kaiser Murong Xi (385-407) des späteren Yan-Staates Geschlechtsverkehr mit dem Leichnam seiner geliebten Kaiserin Fu Xunying, nachdem dieser bereits kalt und in den Sarg gelegt worden war.

Im Italien der Renaissance, nach dem angeblichen moralischen Zusammenbruch durch den Schwarzen Tod und vor der römischen Inquisition der Gegenreformation, war die Literatur voll von sexuellen Anspielungen; dazu gehört auch die Nekrophilie, wie im Epos Orlando Innamorato von Matteo Maria Boiardo, das erstmals 1483 veröffentlicht wurde. Ein berüchtigtes modernes Beispiel ist der amerikanische Serienmörder Jeffrey Dahmer, der nekrophil veranlagt war. Dahmer wollte eine Sexsklavin erschaffen, die willenlos in alles einwilligt, was er will. Als seine Versuche scheiterten und sein männliches Opfer starb, bewahrte er die Leiche auf, bis sie bis zur Unkenntlichkeit verwest war, und masturbierte ununterbrochen und vollzog Geschlechtsverkehr an der Leiche. Um erregt zu werden, musste er seine männlichen Opfer ermorden, bevor er mit ihnen Geschlechtsverkehr hatte. Dahmer gab an, dass er seine Opfer nur deshalb tötete, weil sie nach dem Sex gehen wollten und wütend auf ihn waren, weil er sie unter Drogen gesetzt hatte.

Zu den moderneren Nekrophilen gehören der schottische Serienmörder Dennis Nilsen und David Fuller, der als der schlimmste Täter dieser Art in der britischen Rechtsgeschichte gilt.

Havelock Ellis vertrat in seinem 1903 erschienenen Werk Studies of the Psychology of Sex die Ansicht, dass Nekrophilie mit Algolagnie verwandt sei, da es sich bei beiden um die Umwandlung einer vermeintlich negativen Emotion wie Wut, Angst, Ekel oder Trauer in sexuelles Verlangen handelt.

Klassifizierung

Der forensische Psychiater Anil Aggrawal hat sich mit der Klassifikation und internen Unterteilung verschiedener Paraphilien befasst und 2009 folgende Unterteilung für Nekrophilie vorgestellt, wobei die Intensität der eigentlichen Störung und der damit einhergehenden Einschränkungen für Betroffene von Stufe I bis Stufe X zunimmt.

Kategorie Bezeichnung Merkmale
Kategorie I Rollenspieler Erreichen sexueller Befriedigung durch sexuelle Aktivitäten mit Partnerinnen oder Partnern, die bereit sind, Vergewaltigung, Lustmord, Vampirismus und Nekrophilie als sexuelles Rollenspiel zu inszenieren und bereit sind, so zu tun, als seien sie tot. Wird zum Teil auch von Profis angeboten. Nicht strafbar.
Kategorie II romantische Nekrophile Hinterbliebene, die großes Interesse daran haben, dem/der Verstorbenen nahe zu sein, indem sie einen Körperteil wie eine Reliquie aufbewahren. An Körpern oder Körperteilen anderer Verstorbener besteht kein Interesse. Bei Störung der Totenruhe ist (in Deutschland) bereits der Versuch strafbar.
Kategorie III nekrophile Fantasierer Hingabe an Fantasien, in denen es zu sexuellen Handlungen mit Leichen kommt, ohne jedoch selbst direkten Kontakt zu Leichen herzustellen. Werden durch den Anblick von Leichen erregt und masturbieren ggf. in Anwesenheit einer Leiche.
Kategorie IV taktile Nekrophile Das Berühren und Streicheln von Leichen wird (ohne Geschlechtsverkehr durchzuführen) als erregend empfunden und oft von Masturbation begleitet. Der Wunsch Leichen zu lecken, zu berühren oder zu zerlegen wird oft vom Ausüben eines Berufs begleitet, in dem es möglich ist, mit einer Leiche allein zu sein.
Kategorie V fetischistische Nekrophile Ein bzw. mehrere Körperteile einer Leiche werden abgetrennt und mitgenommen, um der Person danach als sexueller Fetisch zu dienen, wobei kein Geschlechtsverkehr stattfindet. Besonders beliebt sind Haare, Finger oder Hände, wobei (anders als bei Kat. II) vorher keine persönliche Bindung zum Opfer bestand.
Kategorie VI Nekro-Verstümmeler Die sexuelle Erregung wird durch das Verstümmeln, Zerlegen und Zerteilen menschlicher Leichen erreicht. Möglicherweise wird ein Stück des Opfers verzehrt, in allen folgenden Kategorien kann es ebenfalls zu Nekrophagie kommen.
Kategorie VII opportunistische Nekrophile Die Gelegenheit, sexuelle Befriedigung mit Leichen zu erleben, wird ausgenutzt, wenn sie sich bietet, und aktiv angestrebt (Berufsprofil incl.). Ohne entsprechende Gelegenheit reichen Betroffenen sexuelle Aktivitäten mit Lebenden aus, und sie planen ihre Taten nicht akribisch vorab.
Kategorie VIII reguläre Nekrophile Menschen, die sexuelle Aktivitäten mit Toten bevorzugen, jedoch auch Sex mit Lebenden haben (können), diesen aber nicht als befriedigend empfinden. Nekrophile dieser Kategorie verschaffen sich Zugang zu Beerdigungsinstituten, Krematorien und Friedhöfen, um an Leichen zu gelangen.
Kategorie IX tödliche Nekrophile Dieser gefährlichsten Kategorie gehören nekrophile Sadisten, Triebtäter bzw. Lustmörder an. Sie fantasieren oft schon viele Jahre im Vorfeld von einem Mord mit anschließender Nekrophilie und sind bereit zu morden, um durch die Leiche sexuelle Befriedigung zu finden. Viele Täter bevorzugen dabei frische/noch warme Leichen. Diese Personen planen akribisch und sind daher zu Mordserien fähig.
Kategorie X exklusive Nekrophile Menschen, die ausschließlich an sexuellen Aktivitäten mit Leichen interessiert sind und sich von lebenden Partnern überhaupt nicht sexuell angezogen fühlen. Anders als bei Kategorie neun leben diese Menschen mitunter, ohne jemals einen Menschen zu töten oder mit einer Leiche intim zu werden.

Fachlich wurde die Klassifikation der Kategorie neun bemängelt, da diese davon ausgeht, jeder Mörder, der sich zusätzlich an der Leiche vergeht, habe aus diesem Grund gemordet. Tatsächlich ist ein Teil der sexuell motivierten (Mehrfach-)Täter lediglich von dem sadistischen Wunsch angetrieben, das Opfer zusätzlich zu erniedrigen. Auch die Vermutung, Täter dieser Kategorie würden sich Sexualpartner wünschen, die sie nicht ablehnen können, wurde entkräftet, da zahlreiche Sexualmörder (zum Zeitpunkt der Tat) verheiratet oder in einer festen Beziehung waren. Darüber hinaus verging sich ein Teil der Täter sowohl vor als auch nach dem Mord an dem Opfer.

In einer vergleichenden Studie zu den Motivationen von Serienmördern, die ihre Taten im Zusammenhang mit Nekrophilie verübt hatten, konnte festgestellt werden, dass ein zusätzlicher Antrieb vieler Mörder der Verzehr des Fleisches ihrer Opfer im Sinne von Nekrophagie (sexuell motiviertem Kannibalismus) ist. Bei 80 Prozent der untersuchten nekrophilen Täter waren außerdem das Ausüben von Macht und Kontrolle über das Opfer sehr wichtig. Viele der Täter wiesen gleich mehrere Paraphilien auf, überdurchschnittlich oft krankhaften Sadismus, Voyeurismus, Exhibitionismus und/oder übersteigerten Fetischismus (wie beim sogenannten "Shoe Fetish Slayer"). Dabei treten gemeinsam mit Paraphilien auch Zwangspektrumstörungen überdurchschnittlich häufig auf.

Im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, fünfte Auflage (DSM-5), kann ein wiederkehrendes, intensives sexuelles Interesse an Leichen unter dem Begriff Other Specified Paraphilic Disorder (Nekrophilie) diagnostiziert werden, wenn es zu einem ausgeprägten Leidensdruck oder einer Beeinträchtigung in wichtigen Funktionsbereichen führt.

Der forensische Psychologe Anil Aggrawal führte eine zehnstufige Klassifizierung von Nekrophilen ein, die auf dem zunehmenden Schweregrad der Störung basiert.

Forschung

Menschen

Es wird oft angenommen, dass Nekrophilie selten ist, aber es gibt keine Daten über die Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung. Einige Nekrophile phantasieren nur über den Akt, ohne ihn auszuführen. 1958 stellten Klaf und Brown fest, dass nekrophile Fantasien zwar selten beschrieben werden, aber möglicherweise häufiger auftreten, als allgemein angenommen wird.

Rosman und Resnick (1989) untersuchten 123 Fälle von Nekrophilie. Die Stichprobe wurde unterteilt in echte Nekrophile, die sich dauerhaft zu Leichen hingezogen fühlten, und in Pseudonekrophile, die aus Gelegenheit, Sadismus oder vorübergehendem Interesse handelten. Von der Gesamtzahl waren 92 % männlich und 8 % weiblich. 57 % der echten Nekrophilen hatten beruflich Zugang zu Leichen, wobei Leichenschauhauswärter, Krankenhauspfleger und Friedhofsmitarbeiter die häufigsten Berufe waren. Die Forscher stellten die Theorie auf, dass eine der folgenden Situationen eine Vorstufe zur Nekrophilie sein könnte:

  1. Der Nekrophile entwickelt ein geringes Selbstwertgefühl, das vielleicht zum Teil auf einen bedeutenden Verlust zurückzuführen ist;
    (a) Sie haben große Angst vor Ablehnung durch andere und wünschen sich einen Sexualpartner, der sie nicht zurückweisen kann; und/oder
    (b) Sie haben Angst vor dem Tod und wandeln ihre Angst durch Reaktionsbildung in ein Verlangen um.
  2. Sie entwickeln eine erregende Fantasie vom Sex mit einer Leiche, manchmal auch nach dem Kontakt mit einer Leiche.

Motive

Das häufigste Motiv für Nekrophile ist der Besitz eines Partners, der ihnen nicht widerstehen oder sie zurückweisen kann. In der Vergangenheit haben Nekrophile jedoch angegeben, mehr als ein Motiv zu haben.

Die Autoren berichteten, dass von ihrer Stichprobe von 34 echten Nekrophilen:

  • 68 % waren durch den Wunsch nach einem nicht widerstrebenden und nicht ablehnenden Partner motiviert
  • 21 % waren motiviert durch den Wunsch nach einem Wiedersehen mit einem verlorenen Partner
  • 15 % wurden durch die sexuelle Anziehung zu toten Menschen motiviert
  • 15 % hatten den Wunsch nach Trost oder nach der Überwindung von Gefühlen der Isolation
  • 12 % hatten den Wunsch, ihr geringes Selbstwertgefühl durch die Ausübung von Macht über einen Leichnam zu verbessern.

Zu den weniger häufigen Motiven gehören:

  • Nichtverfügbarkeit eines lebenden Partners
  • Kompensation der Angst vor Frauen
  • Glaube, dass Sex mit einer lebenden Frau eine Todsünde ist
  • Bedürfnis, ein Gefühl der totalen Kontrolle über einen Sexualpartner zu erlangen
  • Befolgung einer Befehlshalluzination
  • Ausführung einer Reihe von destruktiven Handlungen
  • Ausdruck polymorpher perverser sexueller Begierden
  • Bedürfnis nach grenzenloser sexueller Aktivität

Die IQ-Daten waren begrenzt, aber nicht ungewöhnlich niedrig. Etwa die Hälfte der Stichprobe wies eine Persönlichkeitsstörung auf, und 11 % der echten Nekrophilen waren psychotisch. Rosman und Resnick kamen zu dem Schluss, dass ihre Daten die herkömmliche Sichtweise widerlegen, wonach Nekrophile im Allgemeinen psychotisch, geistig gestört oder unfähig sind, einen einwilligungsfähigen Partner zu finden.

Andere Tiere

Ein männlicher schwarz-weißer Tegu besteigt ein Weibchen, das bereits seit zwei Tagen tot ist, und versucht, sich zu paaren.

Nekrophilie ist bei Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Fröschen beobachtet worden. Im Jahr 1960 beschrieb Robert Dickerman die Nekrophilie bei Erdhörnchen, die er in Anlehnung an einen Limerick über einen nekrophilen Bergmann namens Dave als "Davian behaviour" bezeichnete. Diese Bezeichnung wird auch heute noch für Nekrophilie bei Tieren verwendet. Bestimmte Arten von Spinnentieren und Insekten praktizieren sexuellen Kannibalismus, bei dem das Weibchen ihren männlichen Partner vor, während oder nach der Kopulation kannibalisiert.

Kees Moeliker machte eine Beobachtung, als er in seinem Büro im Naturhistorischen Museum Rotterdam saß, als er den unverkennbaren Aufprall eines Vogels auf die Glasfassade des Gebäudes hörte. Als er nachsah, entdeckte er einen Erpel (männliche Stockente), der tot vor dem Gebäude lag. Neben dem verendeten Vogel stand ein zweiter Erpel in unmittelbarer Nähe. Als Moeliker das Paar beobachtete, pickte der lebende Erpel einige Minuten lang am Kadaver des toten Vogels, bestieg dann den Kadaver und begann mit ihm zu kopulieren. Der Akt der Nekrophilie dauerte etwa 75 Minuten, in denen der lebende Erpel laut Moeliker zwei kurze Pausen einlegte, bevor er mit dem Kopulationsverhalten fortfuhr. Moeliker vermutet, dass die beiden Stockenten zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes mit dem Fenster ein übliches Verhaltensmuster der Enten, den "versuchten Vergewaltigungsflug", praktizierten. "Als die eine starb, griff die andere einfach zu und bekam kein negatives Feedback - nun ja, sie bekam kein Feedback", so Moeliker. Nekrophilie war bisher nur bei heterosexuellen Stockentenpaaren beschrieben worden.

In einer kurzen Abhandlung mit dem Titel "Sexual Habits of the Adélie Penguin", die als zu schockierend für eine zeitgenössische Veröffentlichung angesehen wurde, beschrieb George Murray Levick 1911 und 1912 "kleine Rowdybanden" von Pinguinen, die sich in der Cape Adare-Rookery, der größten Gruppe von Adélie-Pinguinen, mit toten Weibchen paarten. Dies wird heute auf die mangelnde Erfahrung der jungen Pinguine zurückgeführt; ein totes Weibchen mit halbgeschlossenen Augen ähnelt einem willfährigen Weibchen. Ein Eselspinguin wurde 1921 bei dem Versuch beobachtet, mit einem toten Pinguin Geschlechtsverkehr zu haben.

Ein männlicher neuseeländischer Seelöwe wurde einmal dabei beobachtet, wie er in freier Wildbahn versuchte, mit einem toten neuseeländischen Robbenweibchen zu kopulieren. Der Seelöwe stupste die Robbe wiederholt an, bestieg sie dann und machte mehrere Beckenstöße. Etwa zehn Minuten später wurde der Seelöwe durch die Anwesenheit des Forschers gestört, zerrte den Kadaver der Robbe ins Wasser und schwamm davon, während er ihn festhielt. Ein männlicher Seeotter wurde dabei beobachtet, wie er ein Seeotterweibchen unter Wasser festhielt, bis sie ertrank, bevor er sich wiederholt mit ihrem Kadaver paarte. Einige Monate später wurde derselbe Seeotter erneut bei der Paarung mit dem Kadaver eines anderen Weibchens beobachtet. Ein in Gefangenschaft lebender männlicher Grindwal wurde bei der Kopulation mit einem toten Grindwalweibchen beobachtet, und es wurde auch über mögliches Sexualverhalten zwischen zwei männlichen Buckelwalen, von denen einer tot war, berichtet.

1983 wurde eine männliche Felsentaube beobachtet, die sich mit dem Kadaver einer Taube paarte, deren Kopf kurz zuvor von einem Auto zerquetscht worden war. Im Jahr 2001 legte ein Forscher Uferschwalbenkadaver aus, um Schwärme anderer Uferschwalben anzulocken. Bei jedem der sechs Versuche wurden 1-5 Individuen aus Schwärmen von 50-500 beobachtet, die versuchten, sich mit den toten Uferschwalben zu paaren. Dies geschah ein bis zwei Monate nach der Brutzeit; da Kopulationen außerhalb der Brutzeit bei Vögeln ungewöhnlich sind, vermutete der Forscher, dass der fehlende Widerstand der Kadaver das Verhalten stimulierte. Charles Brown beobachtete mindestens zehn Felsenschwalben, die innerhalb von 15 Minuten versuchten, sich mit einer an der Straße getöteten Felsenschwalbe zu paaren. Er kommentierte: "Das ist nicht das erste Mal, dass ich Felsenschwalben dabei beobachte; der leuchtend orangefarbene Rumpf scheint der einzige Anreiz zu sein, den diese Vögel brauchen." Nekrophilie wurde auch bei der Rauchschwalbe, der Graurückenlerche, der Starklerche und der Schneegans beobachtet. In einem norwegischen Fernsehbericht wurde gezeigt, wie ein männlicher Hybrid aus einem Birkhuhn und einem Auerhuhn ein männliches Birkhuhn tötete, bevor er versuchte, sich mit ihm zu paaren. Im Jahr 2015 wurde aufgrund von Arbeiten der Universität Washington festgestellt, dass Krähen in etwa 4 % der Fälle Nekrophilie an toten Krähenkadavern begehen.

Ein Männchen der Ameiva ameiva besteigt ein totes Weibchen und versucht, sich zu paaren.

Nekrophilie wurde bei verschiedenen Echsenarten dokumentiert, darunter Ameiva ameiva, die Leopardeneidechse und Holbrookia maculata. Es gibt zwei Berichte über nekrophiles Verhalten bei der Schlafeidechse (Tiliqua rugosa). In einem Fall verfing sich die Partnerin eines Männchens im Zaundraht und starb. Das Männchen zeigte zwei Tage nach dem Tod seiner Partnerin weiterhin Balzverhalten. Es wurde angenommen, dass die Nekrophilie dieser Eidechse auf ihre starke monogame Bindung zurückzuführen ist. In einer Studie über schwarz-weiße Tegu-Eidechsen wurden zwei verschiedene Männchen beobachtet, die an zwei aufeinanderfolgenden Tagen versuchten, mit einer einzigen weiblichen Leiche zu balzen und zu kopulieren. Am ersten Tag war der Kadaver frisch tot, aber am zweiten Tag blähte er sich auf und verströmte einen starken Verwesungsgeruch. Der Forscher führte das Verhalten auf Sexualpheromone zurück, die noch auf den Kadaver einwirkten.

Männliche Strumpfbandnattern paaren sich oft mit toten Weibchen. Ein Fall wurde von der Bothrops jararaca-Schlange mit einer toten südamerikanischen Klapperschlange berichtet. Sowohl bei der Prärieklapperschlange (Crotalus viridis) als auch bei der Schlange Helicops carinicauda wurde beobachtet, wie sie versuchten, sich mit enthaupteten Weibchen zu paaren, vermutlich angezogen von noch aktiven Sexualpheromonen. Männliche Flusskrebse kopulieren manchmal mit toten Flusskrebsen beider Geschlechter und in einer Beobachtung mit einem toten Flusskrebs einer anderen Art.

Bei Anuren wurde dies beim Gelbfußfrosch, der gelben Rotbauchunke, dem Grasfrosch, dem Oregon-Fleckenfrosch, der Asiatischen Kröte, Dendropsophus columbianus, und Rhinella jimi beobachtet. Der Film Cane Toads: An Unnatural History zeigt ein Krötenmännchen, das sich mit einem Krötenweibchen paart, das acht Stunden lang von einem Auto überfahren worden war. Nekrophiler Amplexus kann bei Fröschen auftreten, weil die Männchen jedes biegsame Objekt von der Größe eines erwachsenen Weibchens besteigen. Handelt es sich bei dem aufgespießten Objekt um einen lebenden Frosch, der nicht für die Paarung geeignet ist, vibriert dieser mit seinem Körper oder gibt einen Ruf von sich, um freigelassen zu werden. Tote Frösche sind dazu nicht in der Lage, so dass sie stundenlang festgehalten werden können. Der Amazonasfrosch Rhinella proboscidea praktiziert manchmal die so genannte "funktionelle Nekrophilie": Ein Männchen ergreift den Kadaver eines toten Weibchens und drückt ihn, bis die Eizellen herausgeschleudert werden, bevor es sie befruchtet.

Behandlung

Die Behandlung der Nekrophilie ähnelt derjenigen, die für die meisten Paraphilien verschrieben wird. Abgesehen davon, dass die Behandlung der damit verbundenen Psychopathologie befürwortet wird, ist über die Behandlung der Nekrophilie wenig bekannt. Die Zahl der Nekrophilen ist nicht groß genug, um eine wirksame Behandlung zu ermitteln. Auf der Grundlage der verfügbaren Daten wird Ärzten jedoch Folgendes empfohlen:

  • festzustellen, ob ein Patient Nekrophilie hat oder nicht
  • jede Psychopathologie zu behandeln, die mit Nekrophilie einhergeht
  • eine psycho-therapeutische Beziehung aufzubauen
  • männliche Patienten mit erhöhtem Sexualtrieb mit Antiandrogenen zu versorgen
  • Patienten helfen, eine normale sexuelle Beziehung zu finden
  • die nekrophilen Fantasien durch Desensibilisierung auf ein lebendes Objekt zu lenken

Fallbeispiele

Jeffrey Dahmer

Jeffrey Dahmer (1960-1994) war einer der berüchtigtsten amerikanischen Serienmörder, Sexualstraftäter und Nekrophilen. Seine Faszination für den Tod war schon in seiner Kindheit vorhanden, in der er Berichten zufolge eine Sammlung verschiedener Tierknochen besaß. Im Jahr 1978 tötete Dahmer das erste von siebzehn Opfern und gab später zu, dass er mit seinen Opfern nach dem Tod sexuelle Handlungen vornahm und auch Kannibalismus betrieb.

Ted Bundy

Ted Bundy (1946-1989) war ein amerikanischer Serienmörder, der in den 1970er Jahren mindestens 30 junge Frauen vergewaltigte und ermordete. Er gestand auch, an nekrophilen Handlungen teilgenommen zu haben, und behauptete, er habe die Leichen seiner Opfer an abgelegenen Orten entsorgt, um nach dem Tod Geschlechtsverkehr zu haben.

Karen Greenlee

Karen Greenlee (geb. 1956) ist eine nekrophile Kriminelle, die verurteilt wurde, weil sie bei einer Beerdigung einen Cadillac-Leichenwagen aus dem Jahr 1975 gestohlen und Sex mit der darin befindlichen Leiche gehabt hatte. Sie arbeitete als Einbalsamierungslehrling in Sacramento, Kalifornien. Am 17. Dezember 1979 stahl sie den Leichenwagen mitsamt der darin befindlichen Leiche eines 33-jährigen Mannes. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 255 Dollar und 11 Tagen Gefängnis verurteilt.

1987 gab Greenlee ein ausführliches Interview mit dem Titel "The Unrepentant Necrophile" für das Buch Apocalypse Culture von Jim Morton (herausgegeben von Adam Parafrey). In diesem Interview erklärte sie, dass sie eine Vorliebe für jüngere Männer habe und sich vom Geruch von Blut und Tod angezogen fühle. Sie betrachtete Nekrophilie als eine Sucht. Das Interview fand in ihrer Wohnung statt, die offenbar ein kleines Studio war, das mit Büchern, nekrophilen Zeichnungen und satanischem Schmuck gefüllt war. Sie hatte auch ein Bekennerschreiben verfasst, in dem sie behauptete, 20-40 männliche Leichen missbraucht zu haben.

Dennis Nilsen

Dennis Nilsen (1945-2018) war ein schottischer Serienmörder und Nekrophiler, der zwischen 1978 und 1983 zwölf junge Männer ermordete.

Nach dem Tod seines Großvaters und der Erklärung seiner Mutter, dass die Toten an einem "besseren Ort" sind, entwickelte Nilsen eine Assoziation zwischen Tod und Intimität und fand später das Verkleiden als Leiche als Quelle sexueller Erregung. Im Jahr 1978 beging Nilsen seinen ersten Mord und genoss den Geschlechtsverkehr mit der Leiche des Opfers, die er monatelang aufbewahrte, bevor er sie entsorgte. Nilsen soll bis zu seiner Verhaftung die Leichen verschiedener Opfer sexuell missbraucht haben.

Rechtmäßigkeit

Australien

Nekrophilie wird im australischen Recht nicht ausdrücklich erwähnt; nach dem Crimes Act 1900 - Sect 81C wird jedoch jede Person für Fehlverhalten im Zusammenhang mit Leichen bestraft, die:

(a) sich unsittlich an einem toten menschlichen Körper vergreift, oder

(b) in unangemessener Weise an einem toten menschlichen Körper oder menschlichen Überresten (ob begraben oder nicht) herumhantiert oder ihnen irgendeine Demütigung zufügt und

wird mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren bestraft.

Brasilien

Artikel 212 des brasilianischen Strafgesetzbuchs (Bundesgesetzdekret Nr. 2.848) lautet wie folgt:

Art. 212 - Missbrauch eines Leichnams oder seiner Asche:
Strafe: Freiheitsentzug von 1 bis 3 Jahren plus Geldstrafe.

Obwohl Sex mit einer Leiche nicht ausdrücklich erwähnt wird, kann eine Person, die Sex mit einer Leiche hat, gemäß dem oben genannten Artikel wegen einer Straftat verurteilt werden. Das durch diesen Artikel geschützte Rechtsgut ist nicht die objektive Ehre des Leichnams, sondern das Gefühl der guten Erinnerung, des Respekts und der Verehrung, das die Lebenden dem Verstorbenen entgegenbringen: Diese Personen werden als passive Subjekte der Verletzung des Leichnams betrachtet.

Indien

Abschnitt 297 des indischen Strafgesetzbuchs mit dem Titel "Unbefugtes Betreten von Begräbnisstätten usw." lautet wie folgt:

Wer in der Absicht, die Gefühle einer Person zu verletzen oder die Religion einer Person zu beleidigen, oder in dem Wissen, dass die Gefühle einer Person verletzt werden könnten oder dass die Religion einer Person beleidigt werden könnte, in einem Gotteshaus oder an einer Bildhauerwerkstatt oder an einem für die Durchführung von Bestattungsriten oder als Aufbewahrungsort für die sterblichen Überreste vorgesehenen Ort ein Eindringen begeht oder einem menschlichen Leichnam eine Demütigung zufügt oder die zur Durchführung von Bestattungszeremonien versammelten Personen stört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe oder mit beidem bestraft.

Obwohl Sex mit einer Leiche nicht ausdrücklich erwähnt wird, kann eine Person, die Sex mit einer Leiche hat, nach dem genannten Abschnitt verurteilt werden. Auch Abschnitt 377 des indischen Strafgesetzbuchs kann herangezogen werden.

Philippinen

Es gibt keine Gesetze, die sexuelle Handlungen an Leichen ausdrücklich verbieten. Das am ehesten anwendbare Gesetz ist die Bestimmung im revidierten Strafgesetzbuch, die nur die "Verleumdung zur Anschwärzung des Andenkens eines Toten" unter Strafe stellt. Während des 15. Kongresses gab es zumindest Bestrebungen, Gesetzesentwürfe zur Kriminalisierung sexueller Handlungen an Leichen einzubringen; einer davon stellt sexuelle Handlungen von Männern an Frauenleichen unter Strafe, ein anderer deckt Geschlechtsverkehr, Analverkehr und Oralverkehr an Leichen ab. Beide Vorschläge sehen Geld- und Freiheitsstrafen für diese Handlungen vor.

Neuseeland

Nach Abschnitt 150 des neuseeländischen Gesetzes über Straftaten von 1961 ist "Fehlverhalten in Bezug auf menschliche Überreste" eine Straftat. In Unterabschnitt (b) wird ausgeführt, dass dies zutrifft, wenn jemand "einen toten menschlichen Körper oder menschliche Überreste, ob begraben oder nicht, auf unangemessene oder unanständige Weise beeinträchtigt oder ihnen eine Demütigung zufügt". Dieses Gesetz gilt also auch für Sex mit Leichen und kann mit einer zweijährigen Haftstrafe geahndet werden, obwohl es keine einschlägige Rechtsprechung gibt.

Südafrika

Abschnitt 14 des Criminal Law (Sexual Offences and Related Matters) Amendment Act, 2007, verbietet die Vornahme sexueller Handlungen mit einer Leiche. Bis zur Kodifizierung durch das Gesetz war dies eine Straftat des Gewohnheitsrechts.

Schweden

Abschnitt 16, § 10 des schwedischen Strafgesetzbuchs stellt Nekrophilie unter Strafe, wird aber nicht ausdrücklich erwähnt. Nekrophilie fällt unter die Vorschriften gegen den Missbrauch einer Leiche oder eines Grabes (Brott mot griftefrid), der mit einer Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis geahndet wird. Eine Person ist wegen Nekrophilie verurteilt worden. Er wurde wegen dieser und anderer Straftaten, darunter Brandstiftung, zu einer psychiatrischen Behandlung verurteilt.

Vereinigtes Königreich

Die sexuelle Penetration eines Leichnams wurde mit dem Sexual Offences Act 2003 unter Strafe gestellt und mit einer Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis belegt. Vor 2003 war Nekrophilie nicht strafbar; das Zurschaustellen einer nackten Leiche in der Öffentlichkeit wurde jedoch als öffentliches Ärgernis eingestuft (R gegen Clark [1883] 15 Cox 171).

Vereinigte Staaten

Es gibt kein Bundesgesetz, das Sex mit einer Leiche ausdrücklich verbietet. Mehrere Bundesstaaten haben ihre eigenen Gesetze:

Staat Schweregrad Gesetz
Alabama Verbrechen (Klasse C) § 13A-11-13
Alaska Ordnungswidrigkeit (Klasse A) § 11-61-130
Arizona Straftat (Klasse 4) § 32-1364
Arkansas Verbrechen (Klasse D) § 5-60-101
Kalifornien Straftat Gesundheits- und Sicherheitsgesetz § 7052
Colorado Ordnungswidrigkeit (Klasse 2) § 18-13-101
Connecticut Vergehen (Klasse A) oder Verbrechen (Klasse D), wenn das Opfer unter 16 ist § 53a-73a
Delaware Ordnungswidrigkeit (Klasse A) § 11-5-1332
Florida Verbrechen (zweiten Grades) § 872.06
Georgia Straftat § 16-6-7
Hawaii Ordnungswidrigkeit § 711–1108
Idaho Ordnungswidrigkeit § 18-7027
Illinois Verbrechen (Klasse 2) § 720 ILCS 5/12-20.6
Indiana Schweres Verbrechen (Stufe 6) § 35-45-11-2
Iowa Verbrechen (Klasse D) § 709.18
Kansas Ordnungswidrigkeit § 21-6205
Kentucky Verbrechen (Klasse D) § 525.120
Louisiana Ordnungswidrigkeit § LA Rev Stat 14:101
Maine Verbrechen (Klasse D) § 17.508
Maryland Ordnungswidrigkeit § 10-401
Massachusetts NICHT ZUTREFFEND NICHT ZUTREFFEND
Michigan Ordnungswidrigkeit § 750.160
Minnesota Ordnungswidrigkeit § 609.294
Mississippi Straftat § 97-29-25
Missouri Verbrechen (Klasse D) § 194.425
Montana Straftat § 45-5-627
Nebraska Straftat (Klasse 4) § 28-1301
Nevada Verbrechen (Klasse A) NRS § 201.450
New Hampshire Ordnungswidrigkeit § 644:7
New Jersey Straftat (Klasse 3) § 2C:22-1
New Mexico NICHT ZUTREFFEND NICHT ZUTREFFEND
New York Ordnungswidrigkeit (Klasse A) § 130.20
North Carolina Straftat (Klasse I) § 14-401.22(c)
North Dakota Ordnungswidrigkeit (Klasse A) § 12.1-20-12 und § 12.1-20-02
Ohio Schweres Verbrechen (fünfter Grad) § 2927.01
Oklahoma Straftat § 21-1161
Oregon Straftat ORS § 166.085
Pennsylvania Ordnungswidrigkeit (zweiten Grades) 18 Pa. Cons. Stat. § 5510
Rhode Island Straftat § 11-20-1.2
South Carolina Straftat § 16-17-600
South Dakota NICHT ZUTREFFEND NICHT ZUTREFFEND
Tennessee Verbrechen (Klasse E) § 39-17-312
Texas Straftat im Staatsgefängnis (seit 2017) § 9.42.08
Utah Schweres Verbrechen (dritter Grad) § 76-9-704
Vermont NICHT ZUTREFFEND NICHT ZUTREFFEND
Virginia NICHT ZUTREFFEND NICHT ZUTREFFEND
Washington Verbrechen (Klasse C) RCW § 9A.44.105
West Virginia Ordnungswidrigkeit § 61-8-9
Wisconsin Verbrechen (Klasse G) § 940.225 (7)
Wyoming Straftat § 6-4-502

Diagnostik und Therapie

Das medizinische Wörterbuch Pschyrembel gibt an, dass Nekrophilie sehr selten und die meisten Betroffenen Männer seien. Eine Behandlung sollte bei subjektivem Leidensdruck und/oder Gefährdung anderer erfolgen.

Diagnostik: Wer gilt als nekrophil?

Sogenannte paraphile Störungen wurden bis einschließlich ICD-10 als Störungen der Sexualpräferenz bezeichnet und schlossen bis vor Kurzem auch Sexualpraktiken mit ein, bei denen niemand zu Schaden kam.

Die Voraussetzungen für die Diagnose nach ICD-11 (Klassifikation 6D36) ist das Auftreten atypischer sexueller Erregungsmuster, die mindestens eines der folgenden Merkmale erfüllen:

  1. Leidensdruck, der bei der betroffenen Person durch die Art des atypischen Erregungsmusters ausgelöst wird, vorausgesetzt der Leidensdruck entsteht nicht durch die Befürchtung vor Zurückweisung oder Verurteilung der bevorzugten Praktiken durch andere Personen.
  2. Wenn das paraphile Verhalten durch Ausübung entweder die betroffene Person oder seine/ihre Partner ernsthaft in Gefahr bringt, körperlich Schaden zu nehmen oder sogar zu sterben (wie z. B. bei unsachgemäß durchgeführter Atemkontrolle).

Darüber hinaus ist es entscheidend, ob Betroffene den Drang als schwer kontrollierbar empfinden und unter Umständen als persönlichkeitsfremd erleben. Wie bei einer Zwangsstörung kann es zu (aggressiven) Zwangsgedanken und Zwangshandlungen kommen, was den Leidensdruck zusätzlich erhöht. Außerdem sollte festgestellt werden, ob das Verhalten zu Beeinträchtigungen im sozialen Umfeld mit Einschränkungen im Arbeits- und Lebensalltag führt.

Therapeutische Möglichkeiten

Die Behandlung von Nekrophilen erfolgt durch Psychotherapie und/oder medikamentös mit libidohemmenden Wirkstoffen. Durch Verhaltenstherapie sollen Betroffene Strategien zur Selbstkontrolle entwickeln.

Um eine Reduktion des Libido zu erreichen, können entweder Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, die in erster Linie als Antidepressiva zum Einsatz kommen, verwendet werden, oder Medikamente, die den Testorteronspiegel senken wie Cyproteron oder einen Wirkstoff aus der Gruppe der Antiandrogene. Die Prognose ist eher ungünstig und die Störung nur schwer therapierbar.

Viele Psychiater vertreten die Ansicht, eine Paraphilie könne man nicht heilen, sie könne lediglich kontrolliert werden – allerdings nur, wenn der Betroffene selbst dieses Ziel hat.

Ursprung und Akzeptanz von Paraphilien

Es gibt eine Reihe von Paraphilien, die im neuen ICD-11 nicht mehr als krankhaft eingestuft werden. Hierzu zählen im Bereich der sexuellen Neigungen unter anderem Fetischismus und BDSM.

Mögliche Ursprünge

Sexualwissenschaftler gehen davon aus, dass sich paraphile Neigungen spätestens in der Pubertät verfestigen und danach nicht mehr veränderbar sind. Diese Präferenzen hat sich also keiner ausgesucht und es gibt weder direkte Auslöser noch Vorerfahrungen, die direkt zur Ausbildung einer derartigen Vorliebe führen. Oft ist das Anknüpfen von zwischenmenschlichen Beziehungen für Betroffene erschwert, da viele einen hohen Leidensdruck und ein geringes Selbstwertgefühl mit sich bringen.

Der Hirnforscher und Biologe Gerhard Roth hat festgestellt, dass man bei allen Gewalttätern Hinweise auf frühe Hirnschädigungen finden könne. Dabei führen auch Traumatisierungen wie sexueller Missbrauch, schwere Erniedrigungen, Vernachlässigungen, körperliche Gewalt zu deutlichen Schädigungen in wichtigen Teilen unseres Gehirns. Neben derartigen Schädigungen sind bei Schwerverbrechern zudem besondere genetische Vorbelastungen nachweisbar. Roth stellt in diesem Zusammenhang fest, dass es zwar kein Schwerverbrecher-Gen gäbe, aber genetische Veränderungen, die Personen für eine Traumatisierung empfänglicher machen. Sein Fazit läuft darauf hinaus, dass die Täter aus rein klinisch-neurobiologischer Sicht an der Störung, die ihre Straffälligkeit ausgelöst hat, nichts ändern können.

Gewalttäter mit auffälligen Veränderungen im Gehirn waren häufiger schon früh verhaltensauffällig und wiesen häufiger Paraphilien auf als Mörder ohne hirnorganische Veränderungen. Den Nachweis erbrachte eine Untersuchung von 166 Mördern, von denen 50 nachweisbare Veränderungen des Gehirns aufwiesen.

Fehlende Therapiemöglichkeiten für Nicht-Straffällige

Anders als im Fall des verwandten Störungbildes Pädophilie gibt es für Nekrophile keine kostenlosen und durch die Schweigepflicht geschützten Behandlungsangebote. Dennoch zielt die therapeutische Hilfe bei beiden Gruppen gleichermaßen darauf ab, die Störung zu akzeptieren und in das eigene Selbstbild zu integrieren. Verhaltenstherapeutisch besteht das Ziel der Behandlung darin, keine strafbaren Handlungen (mehr) auszuüben und/oder keine Mitmenschen in Gefahr zu bringen.

Sicherheitsverwahrung für Straffällige Nekrophile

Der Rechtswissenschaftler Franz von Liszt sprach sich bereits 1882 für eine „Einsperrung auf unbestimmte Zeit“ aus. Mit der Begründung, dass „die Rückfälligen die Mehrheit der Verbrecher und die Unverbesserlichen die Mehrheit der Rückfälligen ausmachen“ setzte er sich für präventive Maßnahmen im Strafvollzug ein, um die Gesellschaft vor den „Unverbesserlichen“ zu schützen.

Der Psychiater Michael Osterheider vertritt die Ansicht, wer einmal aus einer sexuellen Motivation heraus gemordet hat, trage diese Fähigkeit für immer in sich. In einem Interview gab er 2011 an, etwa zwei Drittel der (damals) 500 männlichen Schwerverbrecher in Sicherungsverwahrung seien nicht therapierbar. Dies gilt insbesondere für Täter, die wegen schwerer Sexualverbrechen bis hin „zu sexuell motivierten Tötungen“, Gewaltstraftaten mit schwerster Körperverletzung, Totschlags und Mordes verurteilt wurden.

Gefährliche und ungefährliche Ausprägung der nekrophilen Neigung

Psychiater und Psychologen sind sehr daran interessiert, Menschen mit potenziell problematischen Neigungen in einer Weise zu beurteilen, die es ihnen ermöglicht festzustellen, ob jemand eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Insbesondere bei Triebtätern, die als sexuelle Sadisten diagnostiziert werden, ist es, wie Diplom-Psychologin Lydia Benecke erklärt, notwendig, zwischen gefährlichen und ungefährlichen Ausprägungen ein und derselben Disposition zu unterscheiden. Ebenso wie es Pädophile gibt, die sich nie aktiv an Minderjährigen vergreifen, gibt es auch Nekrophile, die ihre Neigung entweder nur in der Fantasie ausleben, oder durch die Nutzung entsprechender Medien bzw. Rollenspielen auf freiwilliger Basis mit einer Partnerin bzw. einem Partner. Die Mehrzahl von Menschen, die Gewaltpornografie sexuell erregend finden, begehen keine entsprechenden Straftaten, da ihnen der Unterschied zwischen Fantasie und Wirklichkeit bewusst ist.

Nekrophilie in den Medien

Pietro Pajetta: Der Hass (1896)

Nekrophilie ist ein Thema mit hoher Medienpräsenz. Während viele Bücher den nekrophilen Serienmörder zum Thema haben, wurde der Stoff in Filmen sowohl ernst als auch mit schwarzem Humor oder komödiantisch verarbeitet. Filme, die auf Literaturvorlagen beruhen, werden direkt mit bei der Literatur genannt und nicht noch einmal separat aufgeführt. Unter anderem schrieben folgende Autoren in ihren Werken über Nekrophile und/oder Nekrophilie: Charles Dickens, Guy de Maupassant, Joris-Karl Huysmans, Angela Carter, Colin Wilson, Cormac McCarthy, James Graham Ballard sowie den Marquis de Sade, Oscar Wilde und Edgar Allan Poe.

Nekrophilie in der Literatur

  • Das russische Volksmärchen Die Leichenbraut, vermutlich aus dem 16. Jahrhundert, bildete die Vorlage für den Stop-Motion-Film Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche, der 2005 erschien. Die Regisseure Tim Burton und Mike Johnson ernteten einerseits viele positive Kritiken, ein Teil der Kritiker war jedoch der Ansicht, der Stoff sei zu makaber, um einen Kinderfilm daraus zu machen.
  • H. P. Lovecrafts Erzählung Die geliebten Toten (1924) wird ein Bestatter zum Serienmörder, um seiner unstillbaren Nekrophilie zu frönen.
  • Thomas Harris begann 1981 (mit Roter Drache) mit der Veröffentlichung der Hannibal-Lecter-Quatrilogie, in deren Mittelpunkt ein kannibalistischer Serienmörder steht, der einen nekrophilen Körperkult um die Haut seiner Opfer betreibt. Der letzte Teil, Hannibal Rising, wurde 2006 veröffentlicht. Der Thriller Das Schweigen der Lämmer erschien 1988 und wurde drei Jahre später sehr erfolgreich als Das Schweigen der Lämmer verfilmt.
  • Der Thriller Der Vogelmann von Mo Hayder (1999) erzählt die Geschichte eines Nekrophilen, der Prostituierte zu sich einlädt und sie tötet, um sich dann an ihnen zu befriedigen.
  • Der True Crime Thriller The Riverman: Ted Bundy and I Hunt for the Green River Killer von Robert D. Keppel und William J. Birnes (2004) erzählt die wahre Geschichte des nekrophilen Serienmörders Gary Ridgway und wurde bereits im Jahr seiner Erscheinung von Regisseur Bill Eagles verfilmt; The Riverman.

Filme, die Nekrophilie zum Thema haben

  • Die Liebe zu Leichen ist Thema in den Filmen Nekromantik (1987) und Nekromantik 2 (1991) des deutschen Underground-Regisseurs Jörg Buttgereit
  • Eine bekannte filmische Umsetzung der Nekrophilie-Thematik ist Alfred Hitchcocks Vertigo – Aus dem Reich der Toten (1958), wenn auch den Konventionen der Zeit und Hitchcocks komplexem Regiestil gemäß allenfalls kunstvoll verschlüsselte Hinweise und Andeutungen darauf erfolgen.
  • In dem französischen Spielfilm Belle de Jour – Schöne des Tages mit Schauspielerin Catherine Deneuve des Regisseurs Luis Buñuel von 1967 tritt ein vornehmer wohlhabender Gentleman auf, der eine blonde Prostituierte dafür bezahlt, sich für ihn in seiner Villa in einen Sarg zu legen und tot zu stellen, während er sie anschmachtet.
  • Eine weitere cineastische Annäherung an die Liebe zu Toten bis hin zur Besessenheit ist François Truffauts La chambre verte (Das grüne Zimmer) von 1978. Das Werk ist reich an interfilmischen Anspielungen, u. a. auf Vertigo.
  • Nekromantik (1987) und Nekromantik 2 (1991) des deutschen Underground-Regisseurs Jörg Buttgereit thematisieren auch die enge Verbindung von Nekrophilie und Soziophobie. Das Werk wurde von Roman Polanskis Ekel (1965) sowie Eraserhead (1977) von David Lynch inspiriert.
  • In der schwarzen Komödie Immer Ärger mit Bernie von 1989 geben seine Freunde Giftmordopfer Bernie als lebendig aus, um eine Bilanzprüfung zu vermeiden. Als Toter erlebt Bernie sogar noch einen One-Night-Stand.
  • Kissed (1996) von Lynne Stopkewich ist ein erotischer Thriller, der möglicherweise die Geschichte von Karen Greenlee als Inspiration genutzt hat.
  • Der kontrovers diskutierte japanische Spielfilm Visitor Q von Regisseur Takashi Miike ist eine schwarze Komödie, in der eine der Hauptpersonen Geschlechtsverkehr mit einer zuvor im Affekt erwürgten Arbeitskollegin hat.

Darüber hinaus haben folgende US-Fernsehserien das Thema bereits aufgegriffen: True Blood, Family Guy (Staffel 2, Episode 6 „Death is a bitch“) und Two and a Half Men.

Auch Künstler wie Egon Schiele haben sich dem Thema genähert
Totes Mädchen, 1910

Nekrophilie in Songtexten

  • Rammstein: Heirate mich auf Herzeleid (1995)
  • Die Böhsen Onkelz: Nekrophil auf Es ist so weit (1990)
  • Subway to Sally: Schwarze Seide über Carl von Cosel auf Mitgift – Mördergeschichten (2014)
  • Die Dark-Metal-Band Eisregen: Blass-Blaue Lippen und Meine tote russische Freundin (beide indiziert)
  • Alice Cooper: I Love the Dead
  • Slayer: Necrophiliac auf Hell Awaits (1985)
  • Insane Clown Posse: Cemetery Girl
  • Avanged Sevenfold A Little Piece of Heaven (2007)

Nekrophile Täter (Auswahl)

  • Sergeant François Bertrand (1823–1878), bekannt als Vampir von Montparnasse, 1841 für Nekrophilie verhaftet und inhaftiert
  • H. H. Holmes (1861–1896), sadistischer, nekrophiler Serienmörder, 27 gestandene Morde, Todesstrafe durch Erhängung
  • Carl Großmann (1863–1922), Serienmörder und Kannibale, mind. 23 Mordopfer, verübte nach seiner Verhaftung Suizid
  • Carl von Cosel (1877–1952), Radiologe und bekannter Nekrophiler, Freispruch aufgrund von Verjährung
  • Fritz Haarmann (1879–1925), auch als Der Vampir, Der Schlächter, Der Kannibale und Der Werwolf von Hannover bekannt, erhielt die Todesstrafe
  • Ed Gein (1906–1982), amerikanischer Mörder sowie Grab- und Leichenschänder aus Wisconsin, 1968 verurteilt
  • Gary Ridgway (* 1949), der Green River Killer, 2003 für 49 Morde an Teenagern ab 1982 zu lebenslanger Haft verurteilt
  • Jeffrey Dahmer (1960–1994), Serienmörder und Nekrophiler, 16 nachgewiesene Todesopfer, 1992 zu 900 Jahren Gefängnis verurteilt, von einem Mithäftling erschlagen
  • Frank Gust (* 1969), bekannt als Rhein-Ruhr-Ripper, 2000 wegen vierfachen Mordes verurteilt

Nekrophilie nach Erich Fromm

Begriff und Herkunft

In der analytischen Sozialpsychologie von Erich Fromm ist unter Nekrophilie eine Charakterorientierung zu verstehen, die in Verkehrung der biophilen Kräfte des Menschen (Biophilie) im modernen Sozialcharakter eine zunehmende Tendenz zur Zerstörung zeigt. Nekrophilie und Destruktivität sind nach Fromm die „Folge ungelebten Lebens“ (und – im Gegensatz zu Freud – nicht Ausdruck eines biologisch fixierten Destruktions- oder Todestriebes). Fromm wendet diesen Begriff sowohl auf die Charaktere einzelner Personen als auch auf Züge der westlichen Zivilisation an.

Ähnliche Themen sind der autoritäre Charakter bzw. die autoritäre Persönlichkeit.

Fromm übernahm den Begriff von dem spanischen Philosophen Miguel de Unamuno, welcher 1936 (zur Zeit des Spanischen Bürgerkrieges) Rektor der Universität von Salamanca war.

Dort hielt der nationalistische General Millán Astray am 12. Oktober 1936 eine Rede. Das Lieblingsmotto des Generals war „¡Viva la Muerte!“ (deutsch: „Es lebe der Tod!“). Von einem Anhänger Astrays wurde dieses Motto im Rahmen der Veranstaltung gerufen. Unamano bezeichnete dies daraufhin als „nekrophilen und sinnlosen Ruf“ und als abstoßendes Paradoxon. Astray sei nach Unamuno „ein Krüppel, dem die geistige Größe eines Cervantes fehlt“. Auch suche sich der General „gewöhnlich dadurch eine fragwürdige Erleichterung, dass er alles rings um sich her verstümmelt.“

Nach eigenen Angaben hat Fromm seine „theoretischen Auffassungen […] in der Hauptsache aus der Beobachtung von Personen in der Analyse“ und anderen empirischen Daten gewonnen. Jedoch sei der „entscheidende Impuls“ für seinen Nekrophiliebegriff „von Freuds Theorie des Lebens- und Todestriebes“ ausgegangen. Er habe das „Phänomen der charakterologischen Nekrophilie seit 1961 studiert“ und weise auf einen „vorläufigen Bericht“ in seiner Schrift The Heart of Man von 1964 hin.

Definition

Die Nekrophilie im charakterologischen Sinne Fromms wird von ihm wie folgt definiert:

„[…] als das leidenschaftliche Angezogenwerden von allem, was tot, vermodert, verwest und krank ist; sie ist die Leidenschaft, das, was lebendig ist, in etwas Unlebendiges umzuwandeln; zu zerstören um der Zerstörung willen; das ausschließliche Interesse an allem, was rein mechanisch ist. Es ist die Leidenschaft, lebendige Zusammenhänge zu zerstückeln.“

Nekrophilie nach Erich Fromm

Nach Fromm existieren zwei Formen der Nekrophilie: Eine, die mit Sexualität gemischt sei, und eine, bei der dies „anscheinend nicht“ zutreffe. Letzte äußere „sich in Handlungen reinen Zerstörungsdranges“. Bei beiden Arten bezieht er sich u. a. auf Fälle aus der Kriminologie.

Merkmale

Die meisten Menschen hätten Fromm zufolge eine Mischung aus sowohl biophilen als auch nekrophilen Tendenzen in sich. Wenn die nekrophilen Leidenschaften vorherrschen, könne man nach Fromm von einem nekrophilen Charakter sprechen. Er warnt jedoch vor Vereinfachungen und davor, voreilige Schlüsse zu ziehen: „Die Feststellung von einem oder zwei Charakterzügen genügt nicht zur Diagnose eines nekrophilen Charakters.“ Nur eine „relativ kleine Minderheit“ sei „völlig nekrophil“.

„Man braucht kaum zu betonen, daß schwer nekrophile Personen sehr gefährlich sind. Es sind die Hasser, die Rassisten, die Befürworter von Krieg, Blutvergießen und Destruktion. Sie sind nicht nur dann gefährlich, wenn sie politische Führer sind, sondern auch als die potentiellen Kohorten eines diktatorischen Führers. Aus ihnen rekrutieren sich die Henker, die Terroristen und Folterer; ohne sie könnte kein Terrorsystem errichtet werden.“

Erich Fromm über Nekrophilie

Auffällig an Menschen mit starken nekrophilen Tendenzen ist nach Fromm zum Beispiel eine Vorliebe für schlechte Gerüche – ursprünglich für den Geruch von verfaulendem oder verwesendem Fleisch. Die nekrophile Sprache benutzt vorwiegend Worte, die sich auf Zerstörung, Exkremente und Toiletten beziehen.

Außerdem zeige sich die Charakterorientierung an der „Überzeugung, daß sich Probleme und Konflikte nur mit Gewalt und Gewalttätigkeit lösen lassen.“ Gleichsam zählten das Zufügen von Verletzungen und Sachbeschädigung dazu. Auch „marginale Verhaltensweisen“ wie die Angewohnheit, Gegenstände und Lebewesen zu „zerbrechen und zu zerpflücken“ weisen gemäß Fromm auf nekrophile Tendenzen hin. Auch am „auffälligen Interesse an Krankheit in allen ihren Formen und am Tod“ zeige sich die Nekrophilie.

Der nekrophile Charakter habe eine eigene „Einstellung zur Vergangenheit und zum Besitz.“ Sein Leben werde von „Institutionen, Gesetzen, Eigentum und Besitztümern“ beherrscht.

Fromm nennt zudem „klinisch-methodologische Prinzipien“, mit denen man einen nekrophilen Charakter erkennen könne.

Der entgegengesetzte Charakterpol ist die Biophilie.

Untersuchungen

In seinem Werk Anatomie der menschlichen Destruktivität lieferte Fromm eine Analyse der Nekrophilie und porträtierte Adolf Hitler als klinischen Fall von Nekrophilie.

Auf Grundlage ihrer Beobachtungen haben Fromm und Michael Maccoby einen interpretativen Fragebogen entwickelt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass biophile und nekrophile Tendenzen messbar seien und stark mit politischen und sozialen Einstellungen korrelierten. So zeige sich ein dominant nekrophiler Charakter unter anderem anhand des Eintretens für „eine verstärkte Militärmacht“, strengere Kontrollen und „Unterdrückung von Abweichlern“.

Empirische Untersuchungen in artverwandtem Zusammenhang sind (Auswahl):

  • die Studien über Autorität und Familie des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, publiziert in den 1930er Jahren in Paris
  • die Arbeiter- und Angestellten-Erhebung Fromms aus den 1930er Jahren
  • Untersuchungen über die Sozialstruktur eines mexikanischen Dorfes von Maccoby und Fromm in den 1960er Jahren.

Kennzeichen der Nekrophilie der modernen Zeit ist nach Fromm auch eine Vergötterung der Technik. Symbole des Nekrophilen sind „Fassaden aus Beton und Stahl“, die Megamaschine (Technophilie), die Vergeudung von Ressourcen im Konsumismus und die Art, wie der Bürokratismus Menschen als Dinge behandelt.