Priapismus

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Priapismus
Pompeya erótica6.jpg
Fresko in Pompeji mit der Darstellung des Priapus
Aussprache
  • /ˈpr.əˌpɪzəm/
FachgebietUrologie, Notfallmedizin
SymptomePenis bleibt über Stunden erigiert
KomplikationenDauerhafte Vernarbung des Penis
ArtenIschämisch (geringer Durchfluss), nicht-ischämisch (hoher Durchfluss), rezidivierend ischämisch (intermittierend)
UrsachenSichelzellenanämie, Antipsychotika, SSRIs, Blutverdünner, Kokain, Trauma
BehandlungIschämisch: Entnahme von Blut aus den Schwellkörpern mit einer Nadel
Nicht-ischämisch: Kältepackungen und Kompression
Häufigkeit1 von 60.000 Männern pro Jahr

Priapismus ist ein Zustand, bei dem der Penis ohne Stimulation oder nach Beendigung der Stimulation stundenlang erregt bleibt. Es gibt drei Arten: ischämisch (mit geringem Durchfluss), nicht-ischämisch (mit hohem Durchfluss) und wiederkehrend ischämisch (intermittierend). Die meisten Fälle sind ischämisch. Ischämischer Priapismus ist im Allgemeinen schmerzhaft, während nicht-ischämischer Priapismus nicht schmerzhaft ist. Bei ischämischem Priapismus ist der größte Teil des Penis hart, die Eichel jedoch nicht. Beim nichtischämischen Priapismus ist der gesamte Penis nur etwas hart. Sehr selten tritt bei Frauen ein Klitorispriapismus auf.

Die Sichelzellenkrankheit ist die häufigste Ursache für ischämischen Priapismus. Weitere Ursachen sind Medikamente wie Antipsychotika, SSRIs, Blutverdünner und Prostaglandin E1 sowie Drogen wie Kokain. Ischämischer Priapismus tritt auf, wenn das Blut nicht ausreichend aus dem Penis abfließt. Nicht-ischämischer Priapismus ist typischerweise auf eine Verbindung zwischen einer Arterie und den Schwellkörpern oder eine Störung des parasympathischen Nervensystems zurückzuführen, die zu einem erhöhten arteriellen Blutfluss führt. Nichtischämischer Priapismus kann nach einem Trauma des Penis oder einer Rückenmarksverletzung auftreten. Die Diagnose kann durch eine Blutgasanalyse des aus dem Penis entnommenen Blutes oder durch eine Ultraschalluntersuchung gesichert werden.

Die Behandlung hängt von der Art der Erkrankung ab. Der ischämische Priapismus wird in der Regel mit einer Nervenblockade des Penis und anschließender Absaugung von Blut aus den Schwellkörpern behandelt. Wenn dies nicht ausreicht, können die Schwellkörper mit kalter Kochsalzlösung gespült oder mit Phenylephrin injiziert werden. Der nichtischämische Priapismus wird häufig mit Kältepackungen und Kompression behandelt. Wenn die üblichen Maßnahmen nicht greifen, kann ein chirurgischer Eingriff vorgenommen werden. Bei ischämischem Priapismus nimmt das Risiko einer dauerhaften Vernarbung des Penis nach vier Stunden zu und ist nach 48 Stunden definitiv gegeben. Priapismus tritt bei etwa 1 von 20.000 bis 1 von 100.000 Männern pro Jahr auf.

Klassifikation nach ICD-10
N48.3 Priapismus – Schmerzhafte Dauererektion
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Als Priapismus (latinisierte Form des griechischen πριαπισμός priapismós) oder Dauererektion wird eine schmerzhafte Erektion des Penis bezeichnet, die länger als zwei Stunden anhält und unbehandelt zu erektiler Dysfunktion führen kann. Eine möglichst sofortige Behandlung ist daher zur Vermeidung von Dauerschäden unbedingt erforderlich.

Die weibliche Entsprechung wird Klitorismus genannt (allerdings wird auch die bloße Hypertrophie der Klitoris so benannt).

Der Name ist vom griechischen Gott Priapos hergeleitet, dem Sohn der Aphrodite und des Dionysos, der als Fruchtbarkeitsgott bildlich mit übergroßem, erigiertem Penis dargestellt wurde.

Beim Priapismus sind beide Penisschwellkörper steif, die Eichel und das corpus spongiosum jedoch schlaff. Diese Erektion ist schmerzhaft und mit keinem Lustgefühl verbunden. Wenn der Priapismus nicht behandelt wird, klingt die Erektion erst nach zwei bis drei Wochen spontan ab – in aller Regel sind die Schwellkörper des Penis dann jedoch fibrös umgewandelt, und die Erektionsfähigkeit des Penis ist verloren gegangen.

Klassifizierung

Priapismus wird in drei Gruppen eingeteilt: ischämisch (mit geringem Durchfluss), nicht-ischämisch (mit hohem Durchfluss) und wiederkehrend ischämisch. Die Mehrzahl der Fälle (19 von 20) ist ischämischer Natur.

Einige Quellen geben eine Dauer von vier Stunden als Definition von Priapismus an, andere wiederum nennen sechs Stunden. "Die Dauer einer normalen Erektion, bevor sie als Priapismus eingestuft werden kann, ist nach wie vor umstritten. Anhaltende Peniserektionen von mehr als 6 Stunden Dauer können als Priapismus eingestuft werden."

Priapismus bei Frauen (anhaltende, schmerzhafte Erektion der Klitoris) ist wesentlich seltener als Priapismus bei Männern und wird als klitoraler Priapismus oder Klitorismus bezeichnet. Er ist mit einer anhaltenden genitalen Erregungsstörung (PGAD) verbunden. Es gibt nur wenige Fallberichte von Frauen, die an Klitorispriapismus leiden.

Anzeichen und Symptome

Komplikationen

Da beim ischämischen Priapismus das Blut ungewöhnlich lange im Penis verbleibt, kommt es zu einer Sauerstoffunterversorgung des Blutes, die das Penisgewebe schädigen kann. Eine solche Schädigung kann zu Erektionsstörungen oder einer Entstellung des Penis führen. In extremen Fällen, wenn der Penis eine schwere Gefäßerkrankung entwickelt, kann der Priapismus zu Penisgangrän führen.

Priapismus mit geringem Durchfluss

Eine Ursache lässt sich in mehr als der Hälfte der Fälle nicht angeben, in denen man deshalb von einem idiopathischen oder primären Priapismus spricht. 2008 haben Wissenschaftler der Universität von Texas in Houston durch Zufall herausgefunden, dass bei genetisch veränderten Mäusen, denen ein Enzym zum Abbau von Adenosin fehlte, die Geschlechtsteile dauerhaft erigiert waren. Dies weist darauf hin, dass der Mangel dieses Enzyms die Dauererektion verursacht.

Mögliche Ursachen der sekundären Form sind:

  • Bluterkrankungen wie Chronische myeloische Leukämie, Sichelzellenanämie, Plasmozytom, Thalassämie und Polyzythämie, paroxysmale nokturne Hämoglobinurie – hier sind Thrombosen der Schwellkörper bzw. der abfließenden Gefäße die Ursache
  • Psychopharmaka und andere Medikamente vor allem bei Überdosierung, insbesondere aber auch Medikamente, die zur Behandlung der erektilen Dysfunktion mittels Injektion in den Schwellkörper verwendet werden
  • Alkohol- und Drogenmissbrauch
  • Gerinnungsstörungen, zum Beispiel als Komplikation bei der Gabe von Heparin vor allem bei einer Dialyse
  • bösartige Tumoren
  • Thrombosen
  • Schädigungen des Nervensystems bei Verletzungen (auch des Rückenmarks), Multipler Sklerose und Diabetes mellitus sowie Tabes dorsalis
  • Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Amyloidose, Gicht, Nephrotisches Syndrom
  • kurzzeitiger Priapismus (2–24 Stunden) durch die Einnahme von PDE-5-Hemmern wie Sildenafil, Tadalafil oder Vardenafil, die den Abbau von Guanosinmonophosphat (GMP) hemmen, welches wiederum für die Entspannung der Gefäßmuskulatur sorgt
  • Biss der Brasilianischen Wanderspinne oder der Echten Witwe
  • Methylphenidat soll gemäß einer FDA-Warnung von Dezember 2013 in seltenen Fällen Priapismus als unerwünschte Nebenwirkung verursachen können.

Zu den Ursachen des Low-Flow-Priapismus gehören Sichelzellenanämie (am häufigsten bei Kindern), Leukämie und andere Blutdyskrasien wie Thalassämie und Multiples Myelom sowie die Einnahme verschiedener Medikamente und Krebserkrankungen. In einer genomweiten Assoziationsstudie an brasilianischen Patienten mit Sichelzellkrankheit wurden vier Einzelnukleotid-Polymorphismen in LINC02537 und NAALADL2 identifiziert, die signifikant mit Priapismus assoziiert sind.

Andere Erkrankungen wie die Fabry-Krankheit sowie neurologische Störungen wie Rückenmarksläsionen und Rückenmarkstraumata (Priapismus wurde bei Menschen berichtet, die gehängt wurden; siehe Todeserektion).

Priapismus kann auch durch Reaktionen auf Medikamente verursacht werden. Die häufigsten Medikamente, die Priapismus verursachen, sind intrakavernöse Injektionen zur Behandlung von Erektionsstörungen (Papaverin, Alprostadil). Andere gemeldete Medikamentengruppen sind Blutdrucksenker, Antipsychotika (z. B. Chlorpromazin, Clozapin), Antidepressiva (vor allem Trazodon), krampflösende und stimmungsstabilisierende Medikamente wie Natriumvalproat. Auch Antikoagulanzien, Cantharide (Spanische Fliege) und Freizeitdrogen (Alkohol, Heroin und Kokain) wurden damit in Verbindung gebracht. Priapismus kann auch durch Bisse der brasilianischen Wanderspinne ausgelöst werden.

Priapismus mit hohem Durchfluss

  • Zu den Ursachen des High-Flow-Priapismus gehört ein stumpfes Trauma des Dammes oder des Penis mit Riss der Schwellkörperarterie, wodurch eine arteriell-lakunäre Fistel entstehen kann.
  • Antikoagulanzien (Heparin und Warfarin)
  • Antihypertensiva (z. B. Hydralazin, Guanethidin und Propranolol)
  • Hormone (z. B. Gonadotropin-Releasing-Hormon und Testosteron)

Diagnose

Die Diagnose stützt sich häufig auf die Krankheitsgeschichte und eine körperliche Untersuchung.

Eine Blutgasuntersuchung des Blutes aus den Schwellkörpern des Penis kann bei der Diagnose helfen. Bei der Low-Flow-Form des Priapismus hat das Blut in der Regel einen niedrigen pH-Wert, während bei der High-Flow-Form der pH-Wert normalerweise normal ist. Ein Farbdoppler-Ultraschall kann ebenfalls zur Unterscheidung beitragen. Es kann auch sinnvoll sein, eine Person zu testen, um sicherzustellen, dass sie keine Hämoglobinopathie hat.

Ultraschalluntersuchung

Farbdoppler-Ultraschall zeigt eine hypoechoische Ansammlung, die einem Hämatom mit arteriovenöser Fistel entspricht, das auf eine traumatische Verletzung des Penis durch einen Aufprall mit einem Fahrradlenker zurückzuführen ist und zu einem High-Flow-Priapismus führt.

Die Ultraschalluntersuchung des Penis mit Doppler ist die Bildgebungsmethode der Wahl, da sie nicht invasiv, weithin verfügbar und hochempfindlich ist. Mit dieser Methode kann Priapismus diagnostiziert und zwischen Low- und High-Flow-Formen unterschieden werden.

Beim Low-Flow-Priapismus (ischämischer Priapismus) ist der Fluss in den Schwellkörperarterien reduziert oder fehlt ganz. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung nimmt die Echogenität der Schwellkörper zu, was auf ein Gewebeödem zurückzuführen ist. Schließlich können Veränderungen in der Echotextur der Schwellkörper beobachtet werden, die auf die durch die Gewebeanoxie hervorgerufene fibrotische Transformation zurückzuführen sind.

Bei High-Flow-Priapismus wird ein normaler oder erhöhter, turbulenter Blutfluss in den Schwellkörperarterien beobachtet. Der Bereich um die Fistel herum weist eine hypoechoische, unregelmäßige Läsion im Schwellkörpergewebe auf.

Behandlung

Bei Erektionen, die länger als vier Stunden andauern, wird eine ärztliche Untersuchung empfohlen. Die Schmerzen können oft mit einer dorsalen Penisnervenblockade oder einer Penisringblockade gelindert werden. Bei nichtischämischem Priapismus können Kältepackungen und Druck auf den Bereich ausreichend sein.

Pseudoephedrin

Oral verabreichtes Pseudoephedrin ist ein Mittel der ersten Wahl zur Behandlung von Priapismus. Die Erektion ist weitgehend eine parasympathische Reaktion, so dass die sympathische Wirkung von Pseudoephedrin zur Linderung dieses Zustands beitragen kann. Pseudoephedrin ist ein Alpha-Agonist, der die glatte Muskulatur des Schwellkörpers zusammenzieht, was wiederum den venösen Abfluss erleichtert. Pseudoephedrin ist in einigen Ländern nicht mehr erhältlich.

Absaugen

Bei ischämischem Priapismus besteht die Erstbehandlung in der Regel in der Aspiration von Blut aus den Schwellkörpern. Dies wird auf beiden Seiten durchgeführt. Wenn dies nicht ausreichend wirksam ist, kann kalte normale Kochsalzlösung injiziert und entfernt werden.

Medikamente

Wenn die Aspiration nicht ausreicht, kann eine kleine Dosis Phenylephrin in den Schwellkörper injiziert werden. Zu den Nebenwirkungen von Phenylephrin können gehören: hoher Blutdruck, langsame Herzfrequenz und Herzrhythmusstörungen. Wenn dieses Medikament verwendet wird, wird empfohlen, dass die Patienten mindestens eine Stunde lang überwacht werden. Bei wiederkehrendem ischämischen Priapismus kann Diethylstilbestrol (DES) oder Terbutalin versucht werden.

Chirurgie

Bei distalen Shunts, wie dem von Winter, wird die Eichel (der distale Teil des Penis) in eine der Schwellkörper (Cavernosa) punktiert, in denen sich das alte, gestaute Blut befindet. Dadurch verlässt das Blut den Penis und kehrt in den Blutkreislauf zurück. Dieser Eingriff kann von einem Urologen am Krankenbett durchgeführt werden. Der Winter-Shunt ist häufig die erste invasive Technik, die insbesondere bei hämatologisch bedingtem Priapismus eingesetzt wird, da sie relativ einfach und wiederholbar ist.

Proximale Shunts, wie der Quackel-Shunt, sind aufwändiger und erfordern eine operative Dissektion im Dammbereich, wo die Corpora auf das Spongiosum treffen, wobei beide Öffnungen eingeschnitten und zusammengenäht werden. Es können auch Shunts zwischen den Schwellkörpern und der Vena saphena magna angelegt werden, die als Grayhack-Shunt bezeichnet werden, obwohl diese Technik nur selten angewendet wird.

Da die Komplikationsrate bei längerem Priapismus hoch ist, kann eine frühzeitige Implantation einer Penisprothese in Betracht gezogen werden. Die frühzeitige Implantation ermöglicht nicht nur die frühzeitige Wiederaufnahme der sexuellen Aktivität, sondern kann auch die Bildung einer dichten Fibrose und damit einen verkürzten Penis verhindern.

Sichelzellenanämie

Bei Sichelzellenanämie erfolgt die Behandlung zunächst mit intravenöser Flüssigkeit, Schmerzmitteln und Sauerstofftherapie. Die typische Behandlung von Priapismus kann ebenfalls durchgeführt werden. Bluttransfusionen werden in der Regel nicht als Teil der Erstbehandlung empfohlen, aber wenn andere Behandlungen nicht wirksam sind, kann eine Austauschtransfusion durchgeführt werden.

Anamnese

Anhaltende Semi-Erektionen und intermittierende Zustände mit verlängerten Erektionen wurden in der Vergangenheit manchmal als Semi-Priapismus bezeichnet.

Terminologie

Der Name stammt von dem griechischen Gott Priapus (Altgriechisch: Πρίαπος), einem Fruchtbarkeitsgott, der oft mit einer unverhältnismäßig großen, dauerhaften Erektion dargestellt wird.

Therapie

Es handelt sich beim Priapismus um einen Notfall, der entsprechend rasch nach einem Stufenplan behandelt werden muss. Zunächst muss versucht werden, möglichst viel Blut aus den Schwellkörpern abzuziehen. Konservative Therapie stellt körperliche Bewegung bzw. Muskelarbeit dar. Führt das zu keinem Erfolg, werden alpha-adrenerge Substanzen wie zum Beispiel Etilefrin unter fortlaufender Blutdruckkontrolle in die Schwellkörper injiziert. Eine weitere Möglichkeit ist die Spülung des Corpus cavernosum mit einer stark verdünnten Adrenalinlösung. Schließlich kommen auch operative Methoden in Betracht. Eine entsprechende Schmerztherapie muss immer durchgeführt werden.

Der Priapismus sollte am besten in der urologischen Notfallambulanz einer Klinik behandelt werden. Bei fachgerechter Therapie innerhalb von höchstens zwölf (besser vier bis sechs) Stunden kann in bis zu 90 % der Fälle eine dauerhafte Erektionsstörung verhindert werden.

Spätfolgen

Als Spätfolgen können (besonders infolge zu später Behandlung) Penisdeviation, Erektionsverlust und manchmal sogar Gangrän auftreten.

Weblinks

Wiktionary: Priapismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellenangaben