Alchemie

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Darstellung eines Ouroboros aus dem alchemistischen Traktat Aurora consurgens (15. Jahrhundert), Zentralbibliothek Zürich, Schweiz

Die Alchemie (aus dem Arabischen: al-kīmiyā; aus dem Altgriechischen: khumeía) ist ein alter Zweig der Naturphilosophie, eine philosophische und protowissenschaftliche Tradition, die historisch in China, Indien, der muslimischen Welt und Europa praktiziert wurde. In ihrer westlichen Form ist die Alchemie erstmals in einer Reihe von pseudepigrafischen Texten belegt, die in den ersten Jahrhunderten nach Christus im griechisch-römischen Ägypten verfasst wurden.

Die Alchemisten versuchten, bestimmte Stoffe zu reinigen, zu reifen und zu vervollkommnen. Gemeinsame Ziele waren die Chrysopöie, die Umwandlung von "unedlen Metallen" (z. B. Blei) in "edle Metalle" (insbesondere Gold), die Schaffung eines Elixiers der Unsterblichkeit und die Herstellung von Allheilmitteln, die jede Krankheit heilen konnten. Die Vervollkommnung des menschlichen Körpers und der Seele wurde als Ergebnis des alchemistischen Magnum Opus ("Großes Werk") angesehen. Das Konzept der Erschaffung des Steins der Weisen wurde auf unterschiedliche Weise mit all diesen Projekten in Verbindung gebracht.

Die islamischen und europäischen Alchemisten entwickelten eine Reihe von grundlegenden Labortechniken, Theorien und Begriffen, von denen einige noch heute in Gebrauch sind. Sie gaben die altgriechische philosophische Idee, dass sich alles aus vier Elementen zusammensetzt, nicht auf und neigten dazu, ihre Arbeit geheim zu halten, wobei sie oft auf Geheimschriften und kryptische Symbolik zurückgriffen. In Europa führten die Übersetzungen mittelalterlicher islamischer Wissenschaftswerke aus dem 12. Jahrhundert und die Wiederentdeckung der aristotelischen Philosophie zur Entstehung einer blühenden Tradition der lateinischen Alchemie. Diese spätmittelalterliche Tradition der Alchemie spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der frühneuzeitlichen Wissenschaft (insbesondere der Chemie und der Medizin).

Moderne Diskussionen über die Alchemie werden im Allgemeinen in eine Untersuchung ihrer exoterischen praktischen Anwendungen und ihrer esoterischen spirituellen Aspekte aufgeteilt, obwohl Wissenschaftler wie Eric J. Holmyard und Marie-Louise von Franz kritisieren, dass sie als komplementär zu verstehen sind. Ersteres wird von Historikern der Naturwissenschaften verfolgt, die das Thema im Hinblick auf die frühe Chemie, Medizin und Scharlatanerie sowie die philosophischen und religiösen Kontexte, in denen diese Ereignisse stattfanden, untersuchen. Letzteres interessiert Esoterikhistoriker, Psychologen und einige Philosophen und Spiritualisten. Auch auf die Literatur und die Künste hat das Thema einen nachhaltigen Einfluss.

Pieter Bruegel der Ältere. Der Alchemist (1558) als Kupferstich von Philipp Galle
einige Elementsymbole:
1 = Zinn, 2 = Blei, 3 = Gold, 4 = Schwefel, 5 = Quecksilber, 6 = Silber, 7 = Eisen

Als Alchemie oder Alchimie (auch Alchymie; griechisch-arabisch-mittellateinisch alkimia, neulateinisch alchymia, auch Alchimia, frühneuhochdeutsch alchimei, alchemey) bezeichnet man ab dem 1./2. Jahrhundert die Lehre von den Eigenschaften der Stoffe und ihren Reaktionen. Sie ist ein alter Zweig der Naturphilosophie und wurde im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts von der modernen Chemie und der Pharmakologie begrifflich abgetrennt und schließlich durch diese Fächer ersetzt. Oft wird angenommen, die „Herstellung“ von Gold (Goldsynthese) sei das einzige Ziel der Alchemisten gewesen. Das Spektrum der Alchemisten reicht aber von praktischen frühen Chemikern, Herstellern von Schießpulver und Pharmazeuten, frühen Vorstellungen über den Aufbau der Materie, wozu auch die Umwandelbarkeit (Transmutation) von Metallen und anderen Elementen oder Mineralien bzw. Salzen gehörte, über stark mythisch gefärbte Spekulationen mit Ideen über eine gleichzeitige Wandlung des Adepten, die in neuerer Zeit zum Beispiel das Interesse des Tiefenpsychologen Carl Gustav Jung fanden, bis zu den „Goldmachern“.

Etymologie

Das Wort Alchemie stammt vom altfranzösischen alquemie, alkimie, das im mittelalterlichen Latein als alchymia verwendet wurde. Dieser Name wurde wiederum aus dem arabischen Wort al-kīmiyā (الكيمياء oder الخيمياء) abgeleitet, das aus zwei Teilen besteht: dem spätgriechischen Begriff khēmeía (χημεία), auch khumeia (χυμεία) und khēmía (χημία) geschrieben - siehe unten, und dem arabischen bestimmten Artikel al- (الـ), der "der" bedeutet. Zusammen kann diese Assoziation als "der Prozess der Transmutation, durch den man mit der göttlichen oder ursprünglichen Form verschmilzt oder sich mit ihr wiedervereinigt" gedeutet werden. Für den griechischen Begriff sind mehrere Etymologien vorgeschlagen worden. Die erste stammt von Zosimos von Panopolis (3.-4. Jahrhundert), der den Begriff vom Namen eines Buches, dem Khemeu, ableitet. Hermanm Diels vertrat 1914 die Ansicht, dass der Begriff vielmehr von χύμα abgeleitet ist, das zur Bezeichnung von durch Gießen geformten Metallgegenständen verwendet wird.

Andere führen den Begriff auf den ägyptischen Namen kēme (hieroglyphisch 𓆎𓅓𓏏𓊖 khmi ) zurück, der "schwarze Erde" bedeutet und sich auf den fruchtbaren und goldhaltigen Boden des Niltals bezieht, im Gegensatz zum roten Wüstensand. Dem Ägyptologen Wallis Budge zufolge bedeutet das arabische Wort al-kīmiyaʾ eigentlich "die ägyptische [Wissenschaft]" und ist dem koptischen Wort für "Ägypten", kēme (oder seinem Äquivalent im mittelalterlichen bohairischen Dialekt des Koptischen, khēme), entlehnt. Dieses koptische Wort leitet sich vom demotischen kmỉ ab, das wiederum vom altägyptischen kmt stammt. Das altägyptische Wort bezog sich sowohl auf das Land als auch auf die Farbe "schwarz" (Ägypten war das "schwarze Land", im Gegensatz zum "roten Land", der umliegenden Wüste); so könnte diese Etymologie auch den Spitznamen "ägyptische Schwarzkunst" erklären.

Geschichte

In China war die Alchemie Teil des religiösen Daoismus. Man glaubte in einigen Systemen, dass die Menschen sieben Stufen der Entwicklung erreichen können: Gottgleiche, Rechtschaffene, Unsterbliche, Dao-Menschen, Weise, Tugendhafte, normale Menschen und Sklaven. Die ersten drei Stufen sind unsterblich. Jeder kann diese Stufenleiter vom Sklaven zum Gottgleichen erklimmen. Der Sprung von der vierten, noch sterblichen Stufe, des Dao-Menschen zur fünften ersten unsterblichen Menschheitsstufe kann jedoch nicht durch sich selbst erfolgen, sondern dazu bedarf es der Alchemie.

Die chinesischen Alchemisten glaubten, dass sie im Zinnober (Dan) zumindest den Hauptbestandteil des Lebenselixiers zur Erlangung der Unsterblichkeit gefunden hätten. Zinnober ist wegen des enthaltenen Quecksilbers giftig. Da es schwerlöslich ist, wirkt es akut nicht so stark. Aber da Zinnober als Medizin über lange Zeiten eingenommen wurde, starben die Menschen an chronischer Quecksilbervergiftung. Sowohl der erste Kaiser von China als auch spätere Kunden der Alchemisten sowie Alchemisten selber sind an der alchemistischen Medizin gestorben. Daher wurde die Alchemie zum Waidan (äußerer Zinnober) erklärt und Neidan (innerer Zinnober) erfunden. Neidan beruht auf Meditation und anderen spirituellen Methoden. Heute wird nur Neidan praktiziert. Der Aufstieg von einer Stufe zur anderen sollte durch Kultivieren des Dao erfolgen. Das passiert durch Sammeln von Energie (Qi) und Vereinen von Geist (shen).

Die ersten Spezialisten in den Künsten der Unsterblichkeit waren die Fangshi, die schamanistische Praktiken anboten, von Kaisern und Adeligen aufgesucht und gelegentlich unterstützt wurden. Aus dieser Tradition kommt Wei Boyang, Autor des ältesten chinesischen alchemistischen Traktates Zhouyi cantong qi („Über das Vereinigen der Entsprechungen“), der gemäß der Legende während des 2. Jh. n. Chr. gelebt haben soll. Ihm wird folgender Mythos nachgesagt: Nachdem ein Hund bei einem Experiment das rechte Elixier betreffend tot umfiel, sprach der Meister „Ich habe den Weg der Welt, meine Familie und Freunde aufgegeben, um in den Bergen zu leben. Es wäre schamvoll, zurückzugehen, ohne das Dao der heiligen Unsterblichen gefunden zu haben. Durch dieses Elixier zu sterben kann nicht schlechter sein, als ohne es zu leben. So muss ich es dann zu mir nehmen.“ Er schluckte das Elixier und fiel auf der Stelle tot um. Nachdem die enttäuschten Schüler gegangen waren, erwachten Hund und Meister und schwebten zum Himmel empor, um Unsterbliche zu werden.

Ein anderer war Ge Hong (284–364 n. Chr.), dessen Hauptwerk heißt Baopuzi („Er, der den unbehauenen Klotz umarmt“ oder „Der Meister, der die Schlichtheit umfasst“). Die Shangqing-Schule nahm später einige seiner Techniken auf.

Lü Dongbin, einer der Acht Unsterblichen, soll einer der ersten gewesen sein, der sich ausschließlich der Inneren Alchemie zuwandte. Sein Schüler war Liu Haichan; von diesem soll Zhang Boduan (987–1082 n. Chr.) sein Wissen erhalten haben. Er schrieb das Wuzhen pian („Über das Begreifen der Wirklichkeit“), welches die Ausdrucksweise der äußeren Alchemie auf die inneren Wandlungen überträgt. Ziel sei die Erschaffung des shengtai („geistiger Embryo“ der Unsterblichkeit). Nach seinem Tod wurden viele Schulen des Neidan gegründet. Seine Schüler begründeten etwa den südlichen Zweig der „Schule der Vollkommenen Wirklichkeit“ (wörtlich „Der Weg der Verwirklichung der Wahrheit“).

Geber, Vater der Chemie
Die „alchemistischen Figuren“ des Nikolaus Flamel

Die Alchemie umfasst mehrere philosophische Traditionen, die sich über etwa vier Jahrtausende und drei Kontinente erstrecken. Die allgemeine Vorliebe dieser Traditionen für eine kryptische und symbolische Sprache macht es schwer, ihre gegenseitigen Einflüsse und "genetischen" Beziehungen nachzuvollziehen. Man kann mindestens drei Hauptstränge unterscheiden, die zumindest in ihren früheren Stadien weitgehend unabhängig zu sein scheinen: Die chinesische Alchemie, deren Zentrum in China lag; die indische Alchemie, die auf dem indischen Subkontinent beheimatet war; und die westliche Alchemie, die im Mittelmeerraum entstand und deren Zentrum sich im Laufe der Jahrtausende vom griechisch-römischen Ägypten zur islamischen Welt und schließlich zum mittelalterlichen Europa verschoben hat. Die chinesische Alchemie war eng mit dem Taoismus verbunden und die indische Alchemie mit den dharmischen Glaubensrichtungen. Im Gegensatz dazu entwickelte die westliche Alchemie ihr philosophisches System weitgehend unabhängig von verschiedenen westlichen Religionen, wurde aber von diesen beeinflusst. Es ist noch offen, ob diese drei Stränge einen gemeinsamen Ursprung haben oder inwieweit sie sich gegenseitig beeinflusst haben.

Hellenistisches Ägypten

Ambix, Cucurbit und Retorte des Zosimos, aus Marcelin Berthelot, Collection des anciens alchimistes grecs (3 Bde., Paris, 1887-1888).

Die Anfänge der westlichen Alchemie lassen sich im Allgemeinen auf das antike und hellenistische Ägypten zurückführen, wo die Stadt Alexandria ein Zentrum des alchemistischen Wissens war und ihre Vorrangstellung während des größten Teils der griechischen und römischen Zeit beibehielt. In Anlehnung an die Arbeiten von André-Jean Festugière gehen moderne Wissenschaftler davon aus, dass die alchemistische Praxis im Römischen Reich auf die ägyptische Goldschmiedekunst, die griechische Philosophie und verschiedene religiöse Traditionen zurückgeht. Die Rückverfolgung der Ursprünge der alchemistischen Kunst in Ägypten wird durch den pseudepigraphischen Charakter der Texte des griechischen alchemistischen Korpus erschwert. Die Abhandlungen von Zosimos von Panopolis, dem frühesten historisch bezeugten Autor (um 300 n. Chr.), können bei der Einordnung der anderen Autoren helfen. Zosimos stützte sich bei seiner Arbeit auf ältere alchemistische Autoren wie Maria die Jüdin, Pseudo-Demokrit und Agathodaimon, aber über diese Autoren ist nur sehr wenig bekannt. Das vollständigste ihrer Werke, die Vier Bücher des Pseudo-Demokrit, wurde wahrscheinlich im ersten Jahrhundert nach Christus geschrieben.

In der neueren Forschung wird das Zeugnis des Zosimus hervorgehoben, der die alchemistischen Künste auf ägyptische metallurgische und zeremonielle Praktiken zurückführt. Es wurde auch behauptet, dass die frühen alchemistischen Autoren das Vokabular der griechischen philosophischen Schulen entliehen, aber keine ihrer Lehren systematisch umgesetzt haben. Zosimos von Panopolis schrieb in der Endgültigen Abstinenz (auch bekannt als die "Endgültige Rechnung"). Zosimos erklärt, dass die alte Praxis der "Tinkturen" (der griechische Fachbegriff für die alchemistischen Künste) von bestimmten "Dämonen" übernommen wurde, die diese Kunst nur denjenigen lehrten, die ihnen Opfer darbrachten. Da Zosimos die Dämonen auch als "Hüter der Orte" (οἱ κατὰ τόπον ἔφοροι) und diejenigen, die ihnen Opfer darbrachten, als "Priester" (ἱερέα) bezeichnete, ist es ziemlich klar, dass er sich auf die Götter Ägyptens und ihre Priester bezog. Obwohl er die Art von Alchemie, die er mit den ägyptischen Priestern und ihren Anhängern in Verbindung brachte, kritisierte, sah Zosimos die jüngste Vergangenheit der Tradition als in den Riten der ägyptischen Tempel verwurzelt an.

Mythologie - Zosimos von Panopolis behauptete, die Alchemie stamme aus dem pharaonischen Ägypten, wo sie die Domäne der Priesterklasse war, obwohl es wenig bis gar keine Beweise für seine Behauptung gibt. Alchemistische Autoren verwendeten klassische Figuren aus der griechischen, römischen und ägyptischen Mythologie, um ihre Werke zu illustrieren und die alchemistische Transmutation zu versinnbildlichen. Dazu gehörten das Pantheon der Götter, die mit den klassischen Planeten verbunden sind, Isis, Osiris, Jason und viele andere.

Die zentrale Figur in der Mythologie der Alchemie ist Hermes Trismegistus (oder Dreifach-Großer Hermes). Sein Name leitet sich von dem Gott Thoth und seinem griechischen Gegenstück Hermes ab. Hermes und sein Caduceus oder Schlangenstab waren eines der wichtigsten Symbole der Alchemie. Laut Clemens von Alexandria schrieb er die so genannten "zweiundvierzig Bücher des Hermes", die alle Wissensgebiete abdecken. Die Hermetica des Dreigroßen Hermes bilden nach allgemeiner Auffassung die Grundlage für die westliche alchemistische Philosophie und Praxis, die von ihren frühen Vertretern als hermetische Philosophie bezeichnet wurde. Diese Schriften wurden in den ersten Jahrhunderten der gemeinsamen Zeitrechnung gesammelt.

Technologie - Die Anfänge der westlichen Alchemie werden manchmal mit denen der Metallurgie in Verbindung gebracht und reichen bis 3500 v. Chr. zurück. Viele Schriften gingen verloren, als der römische Kaiser Diokletian nach der Niederschlagung eines Aufstands in Alexandria (292 n. Chr.) die Verbrennung alchemistischer Bücher anordnete. Nur wenige ägyptische Originaldokumente über Alchemie sind erhalten geblieben, darunter der Stockholmer Papyrus und der Leydener Papyrus X. Sie stammen aus der Zeit zwischen 250 und 300 n. Chr. und enthalten Rezepte zum Färben und Herstellen künstlicher Edelsteine, zum Reinigen und Herstellen von Perlen sowie zur Herstellung von Gold- und Silberimitaten. Diesen Schriften fehlen die mystischen, philosophischen Elemente der Alchemie, sie enthalten jedoch die Werke des Bolus von Mendes (oder Pseudo-Demokrit), der diese Rezepte mit theoretischem Wissen über Astrologie und die klassischen Elemente verband. Zwischen der Zeit von Bolus und Zosimos vollzog sich der Wandel, der diese Metallurgie in eine hermetische Kunst verwandelte.

Philosophie - Alexandria fungierte als Schmelztiegel für die Philosophien des Pythagoräismus, Platonismus, Stoizismus und Gnostizismus, die das Wesen der Alchemie prägten. Ein wichtiges Beispiel für die Wurzeln der Alchemie in der griechischen Philosophie, die von Empedokles begründet und von Aristoteles weiterentwickelt wurde, war die Annahme, dass alle Dinge im Universum aus nur vier Elementen bestehen: Erde, Luft, Wasser und Feuer. Nach Aristoteles hatte jedes Element eine Sphäre, zu der es gehörte und zu der es zurückkehren würde, wenn es nicht gestört würde. Die vier Elemente der Griechen waren vor allem qualitative Aspekte der Materie, nicht quantitative, wie es unsere modernen Elemente sind; "...Die wahre Alchemie hat Erde, Luft, Wasser und Feuer nie als körperliche oder chemische Substanzen im heutigen Sinne des Wortes betrachtet. Die vier Elemente sind einfach die primären und allgemeinsten Qualitäten, durch die sich die amorphe und rein quantitative Substanz aller Körper zuerst in differenzierter Form offenbart." Spätere Alchemisten haben die mystischen Aspekte dieses Konzepts umfassend weiterentwickelt.

Die Alchemie koexistierte mit dem aufkommenden Christentum. Lactantius glaubte, Hermes Trismegistus habe ihre Entstehung prophezeit. Der heilige Augustinus bestätigte dies später im 4. und 5. Jahrhundert, verurteilte Trismegistus aber auch wegen Götzendienstes. Aus dieser Zeit gibt es Beispiele für heidnische, christliche und jüdische Alchemisten.

Die meisten der griechisch-römischen Alchemisten vor Zosimos sind nur unter Pseudonymen bekannt, wie Moses, Isis, Kleopatra, Demokrit und Ostanes. Andere Autoren wie Komarios und Chymes kennen wir nur durch Textfragmente. Nach 400 n. Chr. beschäftigten sich die griechischen alchemistischen Autoren ausschließlich mit der Kommentierung der Werke ihrer Vorgänger. In der Mitte des 7. Jahrhunderts war die Alchemie fast ausschließlich eine mystische Disziplin. Zu dieser Zeit veranlasste Khalid Ibn Yazid die Abwanderung der Alchemie von Alexandria in die islamische Welt und ermöglichte die Übersetzung und Bewahrung griechischer alchemistischer Texte im 8. und 9.

Byzanz

Die griechische Alchemie ist in mittelalterlichen griechischen (byzantinischen) Manuskripten überliefert, und dennoch haben Historiker erst vor relativ kurzer Zeit begonnen, sich mit dem Studium und der Entwicklung der griechischen Alchemie in byzantinischer Zeit zu befassen.

Indien

Die Veden, ein Text aus dem 2. Jahrtausend v. Chr., beschreiben eine Verbindung zwischen ewigem Leben und Gold. Beachtliche Kenntnisse der Metallurgie sind in einem Text aus dem dritten Jahrhundert n. Chr. mit dem Namen Arthashastra zu finden, in dem Inhaltsstoffe von Sprengstoffen (Agniyoga) und Salze, die aus fruchtbaren Böden und Pflanzenresten (Yavakshara) gewonnen werden, wie Salpeter/Nitre, Parfümherstellung (es werden verschiedene Qualitäten von Parfüm erwähnt) und granulierter (raffinierter) Zucker beschrieben werden. In buddhistischen Texten aus dem 2. bis 5. Jahrhundert wird die Verwandlung von unedlen Metallen in Gold erwähnt. Einigen Gelehrten zufolge könnte die griechische Alchemie die indische Alchemie beeinflusst haben, doch gibt es keine eindeutigen Beweise für diese Behauptung.

Der persische Chemiker und Arzt Abū Rayhān Bīrūnī aus dem 11. Jahrhundert, der Gujarat im Rahmen des Hofes von Mahmud von Ghazni besuchte, berichtete, dass sie

haben eine der Alchemie ähnliche Wissenschaft, die ihnen ganz eigen ist und die auf Sanskrit Rasāyana und auf Persisch Rasavātam genannt wird. Es bedeutet die Kunst der Gewinnung/Manipulation von Rasa: Nektar, Quecksilber und Saft. Diese Kunst war auf bestimmte Vorgänge, Metalle, Drogen, Verbindungen und Arzneimittel beschränkt, von denen viele Quecksilber als Kernelement enthalten. Ihre Prinzipien stellten die Gesundheit derer wieder her, die hoffnungslos krank waren, und gaben dem schwindenden Alter die Jugend zurück.

Zu den Zielen der Alchemie in Indien gehörte die Erschaffung eines göttlichen Körpers (Sanskrit divya-deham) und die Unsterblichkeit, während man noch verkörpert ist (Sanskrit jīvan-mukti). Alchemistische Sanskrit-Texte enthalten viel Material über die Manipulation von Quecksilber und Schwefel, die mit dem Samen des Gottes Śiva und dem Menstruationsblut der Göttin Devī homologiert werden.

Einige frühe alchemistische Schriften scheinen ihren Ursprung in den tantrischen Kaula-Schulen zu haben, die mit den Lehren der Persönlichkeit von Matsyendranath verbunden sind. Andere frühe Schriften finden sich im medizinischen Jaina-Traktat Kalyāṇakārakam von Ugrāditya, das im frühen 9. Jahrhundert in Südindien geschrieben wurde.

Zwei berühmte frühe indische alchemistische Autoren waren Nāgārjuna Siddha und Nityanātha Siddha. Nāgārjuna Siddha war ein buddhistischer Mönch. Sein Buch, Rasendramangalam, ist ein Beispiel für indische Alchemie und Medizin. Nityanātha Siddha schrieb Rasaratnākara, ebenfalls ein sehr einflussreiches Werk. Im Sanskrit bedeutet rasa "Quecksilber", und Nāgārjuna Siddha soll eine Methode zur Umwandlung von Quecksilber in Gold entwickelt haben.

Wissenschaftliche Erkenntnisse über die indische Alchemie sind in der Veröffentlichung The Alchemical Body von David Gordon White enthalten. White hat eine moderne Bibliographie über indische alchemistische Studien verfasst.

Der Inhalt von 39 alchemistischen Sanskrit-Traktaten wurde in G. Jan Meulenbelds History of Indian Medical Literature eingehend analysiert. Die Erörterung dieser Werke in HIML gibt eine Zusammenfassung des Inhalts jedes Werks, ihrer besonderen Merkmale und, soweit möglich, der Beweise für ihre Datierung. Kapitel 13 von HIML, Various works on rasaśāstra and ratnaśāstra (oder Various works on alchemy and gems) enthält kurze Angaben zu weiteren 655 (sechshundertfünfundfünfzig) Abhandlungen. In einigen Fällen gibt Meulenbeld Anmerkungen zum Inhalt und zur Autorschaft dieser Werke, in anderen Fällen wird nur auf die unveröffentlichten Manuskripte dieser Titel verwiesen.

Über die indische alchemistische Literatur gibt es noch viel zu entdecken. Der Inhalt des Sanskrit-Korpus der Alchemie wurde bisher (2014) noch nicht angemessen in die allgemeine Geschichte der Alchemie integriert.

Islamische Welt

Künstlerischer Abdruck von Jabir ibn Hayyan (Geber) aus dem 15. Jahrhundert, Codici Ashburnhamiani 1166, Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz.

Nach dem Untergang des Römischen Reiches verlagerte sich der Schwerpunkt der alchemistischen Entwicklung in die islamische Welt. Über die islamische Alchemie ist viel mehr bekannt, da sie besser dokumentiert war: Die meisten der früheren Schriften, die im Laufe der Jahre überliefert wurden, sind als arabische Übersetzungen erhalten geblieben. Das Wort Alchemie selbst wurde von dem arabischen Wort al-kīmiyā (الكيمياء) abgeleitet. Die frühe islamische Welt war ein Schmelztiegel für die Alchemie. Platonisches und aristotelisches Gedankengut, das bereits in gewissem Maße in die hermetische Wissenschaft Eingang gefunden hatte, wurde im späten 7. und frühen 8.

Im späten neunten und frühen zehnten Jahrhundert führten die arabischen Werke, die Jābir ibn Hayyān (latinisiert als "Geber" oder "Geberus") zugeschrieben werden, einen neuen Ansatz zur Alchemie ein. Paul Kraus, der das Standardwerk über Jabir verfasst hat, formuliert dies wie folgt:

Um sich eine Vorstellung von der historischen Stellung der Alchemie Jabirs zu machen und das Problem ihrer Quellen anzugehen, ist es ratsam, sie mit dem zu vergleichen, was uns von der alchemistischen Literatur in griechischer Sprache geblieben ist. Man weiß, in welch miserablem Zustand diese Literatur zu uns gelangt ist. Von byzantinischen Wissenschaftlern ab dem zehnten Jahrhundert gesammelt, ist der Korpus der griechischen Alchemisten ein Haufen unzusammenhängender Fragmente, die auf alle Zeiten seit dem dritten Jahrhundert bis zum Ende des Mittelalters zurückgehen.

Die Bemühungen von Berthelot und Ruelle, ein wenig Ordnung in diese Masse von Literatur zu bringen, führten nur zu dürftigen Ergebnissen, und die späteren Forscher, unter ihnen insbesondere Frau Hammer-Jensen, Tannery, Lagercrantz, von Lippmann, Reitzenstein, Ruska, Bidez, Festugière und andere, konnten nur wenige Detailpunkte klarstellen ....

Die Studie über die griechischen Alchemisten ist nicht sehr ermutigend. Eine auch nur oberflächliche Untersuchung der griechischen Texte zeigt, dass nur ein sehr kleiner Teil nach echten Laborexperimenten organisiert war: selbst die angeblich technischen Schriften, in dem Zustand, in dem wir sie heute vorfinden, sind unverständlicher Unsinn, der sich jeder Interpretation verweigert.

Anders verhält es sich mit der Alchemie von Jabir. Die relativ klare Beschreibung der Prozesse und der alchemistischen Apparate, die methodische Klassifizierung der Substanzen, kennzeichnen einen experimentellen Geist, der sehr weit von der seltsamen und seltsamen Esoterik der griechischen Texte entfernt ist. Die Theorie, auf die Jabir seine Operationen stützt, ist von Klarheit und beeindruckender Einheitlichkeit. Mehr als bei den anderen arabischen Autoren stellt man bei ihm ein Gleichgewicht zwischen theoretischer und praktischer Lehre, zwischen dem 'ilm und dem amal fest. Vergeblich würde man in den griechischen Texten ein so systematisches Werk suchen, wie es zum Beispiel im Buch der Siebzig dargestellt wird.

Auch islamische Philosophen leisteten große Beiträge zur alchemistischen Hermetik. Der einflussreichste Autor in dieser Hinsicht war zweifellos Jabir. Jabirs Endziel war Takwin, die künstliche Erschaffung von Leben im alchemistischen Labor, bis hin zum menschlichen Leben. Er analysierte jedes aristotelische Element im Hinblick auf die vier grundlegenden Eigenschaften heiß, kalt, trocken und feucht. Nach Jabir waren bei jedem Metall zwei dieser Eigenschaften innerlich und zwei äußerlich. Blei zum Beispiel war äußerlich kalt und trocken, während Gold heiß und feucht war. Dschabir stellte die These auf, dass durch die Umstellung der Eigenschaften eines Metalls ein anderes Metall entstehen würde. Mit dieser Überlegung wurde die Suche nach dem Stein der Weisen in die westliche Alchemie eingeführt. Jabir entwickelte eine ausgeklügelte Numerologie, bei der die arabischen Grundbuchstaben des Namens einer Substanz, wenn sie mit verschiedenen Transformationen behandelt wurden, mit den physikalischen Eigenschaften des Elements korrespondierten.

Auch das in der mittelalterlichen Alchemie verwendete Elementsystem geht auf Jabir zurück. Sein ursprüngliches System bestand aus sieben Elementen, zu denen die fünf klassischen Elemente (Äther, Luft, Erde, Feuer und Wasser) sowie zwei chemische Elemente gehörten, die die Metalle repräsentierten: Schwefel, "der Stein, der brennt", der das Prinzip der Brennbarkeit charakterisierte, und Quecksilber, das das idealisierte Prinzip der metallischen Eigenschaften enthielt. Kurze Zeit später wurden daraus acht Elemente mit dem arabischen Konzept der drei metallischen Prinzipien: Schwefel für die Entflammbarkeit oder Verbrennung, Quecksilber für die Flüchtigkeit und Stabilität und Salz für die Festigkeit. Die Atomtheorie des Korpuskularismus, wonach alle physischen Körper eine innere und äußere Schicht aus winzigen Teilchen oder Korpuskeln besitzen, hat ihren Ursprung ebenfalls in der Arbeit von Jabir.

Vom 9. bis zum 14. Jahrhundert wurden die alchemistischen Theorien von einer Reihe praktischer muslimischer Chemiker kritisiert, darunter Alkindus, Abū al-Rayhān al-Bīrūnī, Avicenna und Ibn Khaldun. Sie schrieben insbesondere Widerlegungen gegen die Idee der Transmutation von Metallen.

Ostasien

Taoistische Alchemisten verwenden häufig diese alternative Version des taijitu.

Während sich die europäische Alchemie schließlich auf die Umwandlung von unedlen Metallen in Edelmetalle konzentrierte, hatte die chinesische Alchemie eine offensichtlichere Verbindung zur Medizin. Der Stein der Weisen der europäischen Alchemisten kann mit dem großen Elixier der Unsterblichkeit verglichen werden, das von den chinesischen Alchemisten gesucht wurde. In der hermetischen Sichtweise waren diese beiden Ziele nicht unverbunden, und der Stein der Weisen wurde oft mit dem universellen Allheilmittel gleichgesetzt; daher hatten die beiden Traditionen möglicherweise mehr gemeinsam, als es zunächst den Anschein hat.

Das Schwarzpulver könnte eine wichtige Erfindung der chinesischen Alchemisten gewesen sein. Wie bereits oben erwähnt, war die chinesische Alchemie eher mit der Medizin verbunden. Es heißt, dass die Chinesen das Schießpulver erfanden, als sie versuchten, einen Trank für ewiges Leben zu finden. Es wird in Texten aus dem 9. Jahrhundert beschrieben und im 10. Jahrhundert in China in Feuerwerkskörpern verwendet, um 1290 wurde es in Kanonen eingesetzt. Von China aus verbreitete sich die Verwendung von Schießpulver nach Japan, zu den Mongolen, in die muslimische Welt und nach Europa. Die Mongolen setzten das Schießpulver 1241 gegen die Ungarn ein, und in Europa wurde es im 14.

Die chinesische Alchemie stand in engem Zusammenhang mit taoistischen Formen der traditionellen chinesischen Medizin, wie Akupunktur und Moxibustion. In der frühen Song-Dynastie nahmen die Anhänger dieser taoistischen Idee (vor allem die Elite und die Oberschicht) Quecksilbersulfid ein, das zwar in geringen Mengen erträglich war, aber viele in den Selbstmord trieb. In dem Glauben, dass dieser konsequente Tod zur Freiheit und zum Zugang zum taoistischen Himmel führen würde, ermutigten die darauf folgenden Todesfälle die Menschen, diese Methode der Alchemie zugunsten externer Quellen zu meiden (das bereits erwähnte Tai Chi Chuan, die Beherrschung des Qi usw.) Die chinesische Alchemie wurde durch Obed Simon Johnson in den Westen eingeführt.

Das mittelalterliche Europa

Der Alchemist auf der Suche nach dem Stein der Weisen, von Joseph Wright, 1771
"Eine illuminierte Seite aus einem Buch über alchemistische Prozesse und Rezepte", ca. 15. Jahrhundert.

Die Einführung der Alchemie im lateinischen Europa kann auf den 11. Februar 1144 datiert werden, als Robert von Chester seine Übersetzung des arabischen Buches über die Zusammensetzung der Alchemie fertigstellte. Obwohl es schon vorher europäische Handwerker und Techniker gab, stellt Robert in seinem Vorwort fest, dass die Alchemie (auch wenn er sich hier noch auf das Elixier und nicht auf die Kunst selbst bezieht) zum Zeitpunkt seiner Niederschrift in Lateinamerika unbekannt war. Die Übersetzung arabischer Texte, die zahlreiche Disziplinen, darunter auch die Alchemie, betrafen, florierte im 12. Jahrhundert in Toledo, Spanien, durch Mitwirkende wie Gerard von Cremona und Adelard von Bath. Zu den Übersetzungen dieser Zeit gehörten das Turba Philosophorum und die Werke von Avicenna und Muhammad ibn Zakariya al-Razi. Diese brachten viele neue Wörter in den europäischen Wortschatz ein, für die es zuvor keine lateinische Entsprechung gab. Alkohol, Karaffe, Elixier und Athanor sind Beispiele dafür.

In der Zwischenzeit machten die theologischen Zeitgenossen der Übersetzer Fortschritte bei der Versöhnung von Glaube und experimentellem Rationalismus und bereiteten so Europa auf den Zustrom alchemistischer Gedanken vor. Der heilige Anselm aus dem 11. Jahrhundert vertrat die Ansicht, dass Glaube und Rationalismus miteinander vereinbar seien, und förderte den Rationalismus in einem christlichen Kontext. Im frühen 12. Jahrhundert folgte Peter Abelard dem Werk Anselms und legte damit den Grundstein für die Akzeptanz des aristotelischen Denkens, noch bevor die ersten Werke des Aristoteles den Westen erreicht hatten. Im frühen 13. Jahrhundert nutzte Robert Grosseteste Abelards Analysemethoden und fügte bei der Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen den Einsatz von Beobachtungen, Experimenten und Schlussfolgerungen hinzu. Grosseteste leistete auch viel Arbeit, um platonisches und aristotelisches Denken miteinander in Einklang zu bringen.

Während des größten Teils des 12. und 13. Jahrhunderts konzentrierte sich das alchemistische Wissen in Europa weiterhin auf Übersetzungen, und neue lateinische Beiträge wurden nicht geleistet. Die Bemühungen der Übersetzer wurden von denen der Enzyklopädisten abgelöst. Im 13. Jahrhundert waren Albertus Magnus und Roger Bacon die bedeutendsten von ihnen, die in ihren Werken das neu importierte alchemistische Wissen in aristotelischen Begriffen zusammenfassten und erklärten. Albertus Magnus, ein Dominikanermönch, verfasste bekanntlich Werke wie das Buch der Mineralien, in dem er die Vorgänge und Theorien alchemistischer Autoritäten wie Hermes und Demokrit sowie ungenannter Alchemisten seiner Zeit beobachtete und kommentierte. Albertus verglich sie kritisch mit den Schriften von Aristoteles und Avicenna, in denen es um die Transmutation von Metallen ging. Von der Zeit kurz nach seinem Tod bis ins 15. Jahrhundert wurden ihm mehr als 28 alchemistische Traktate fälschlicherweise zugeschrieben, eine gängige Praxis, die seinen Ruf als versierten Alchemisten begründete. Ebenso wurden alchemistische Texte Alberts Schüler Thomas von Aquin zugeschrieben.

Roger Bacon, ein Franziskanermönch, der über eine Vielzahl von Themen schrieb, darunter Optik, vergleichende Linguistik und Medizin, verfasste sein Großes Werk (lateinisch: Opus Majus) für Papst Clemens IV. als Teil eines Projekts zur Wiederherstellung des mittelalterlichen Universitätslehrplans unter Einbeziehung der neuen Erkenntnisse seiner Zeit. Obwohl die Alchemie für ihn nicht wichtiger war als andere Wissenschaften und er keine allegorischen Werke zu diesem Thema verfasste, betrachtete er sie und die Astrologie als wichtige Bestandteile sowohl der Naturphilosophie als auch der Theologie, und seine Beiträge förderten die Verbindungen der Alchemie zur Soteriologie und christlichen Theologie. Bacons Schriften verknüpften Moral, Erlösung, Alchemie und die Verlängerung des Lebens. Seine Korrespondenz mit Clemens unterstrich dies, indem er die Bedeutung der Alchemie für das Papsttum hervorhob. Wie die Griechen vor ihm erkannte auch Bacon die Unterteilung der Alchemie in einen praktischen und einen theoretischen Bereich an. Er stellte fest, dass das Theoretische außerhalb der Reichweite von Aristoteles, den Naturphilosophen und allen lateinischen Schriftstellern seiner Zeit lag. Das Praktische bestätigte das Theoretische, und Bacon befürwortete dessen Anwendung in Naturwissenschaft und Medizin. In der späteren europäischen Legende wird er als Erzmagier bezeichnet. Zusammen mit Albertus Magnus wurde ihm die Schmiedung eines ehernen Kopfes zugeschrieben, der in der Lage war, die Fragen seines Besitzers zu beantworten.

Bald nach Bacon erschien das einflussreiche Werk von Pseudo-Geber (manchmal als Paul von Tarent identifiziert). Seine Summa Perfectionis blieb während des Mittelalters und der Renaissance eine wichtige Zusammenfassung der alchemistischen Praxis und Theorie. Sie zeichnete sich durch die Einbeziehung praktischer chemischer Operationen neben der Schwefel-Quecksilber-Theorie und durch die ungewöhnliche Klarheit aus, mit der sie beschrieben wurden. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts hatte sich die Alchemie zu einem recht strukturierten Glaubenssystem entwickelt. Die Adepten glaubten an die Makrokosmos-Mikrokosmos-Theorien des Hermes, d. h. sie glaubten, dass Prozesse, die sich auf Mineralien und andere Stoffe auswirken, auch Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben könnten (wenn man z. B. das Geheimnis der Läuterung von Gold erlernte, konnte man diese Technik auch zur Läuterung der menschlichen Seele einsetzen). Sie glaubten an die vier Elemente und die vier Qualitäten, wie oben beschrieben, und sie hatten eine ausgeprägte Tradition, ihre schriftlichen Ideen in einem Labyrinth aus verschlüsseltem Jargon zu verbergen, der mit Fallen versehen war, um Uneingeweihte in die Irre zu führen. Schließlich übten die Alchemisten ihre Kunst aus: Sie experimentierten aktiv mit Chemikalien und stellten Beobachtungen und Theorien darüber an, wie das Universum funktioniert. Ihre gesamte Philosophie drehte sich um den Glauben, dass die Seele des Menschen nach dem Sündenfall von Adam in sich gespalten war. Durch die Reinigung der beiden Teile der menschlichen Seele konnte der Mensch wieder mit Gott vereint werden.

Im 14. Jahrhundert wurde die Alchemie den Europäern außerhalb der Grenzen der lateinisch sprechenden Kirchenmänner und Gelehrten zugänglicher. Der Diskurs über die Alchemie verlagerte sich von der philosophischen Debatte der Gelehrten zu einem offenen sozialen Kommentar über die Alchemisten selbst. Dante, Piers Plowman und Chaucer zeichneten alle ein wenig schmeichelhaftes Bild der Alchemisten als Diebe und Lügner. Das Edikt Spondent quas non-exhibent von Papst Johannes XXII. aus dem Jahr 1317 verbot die falschen Transmutationsversprechen der Pseudo-Alchemisten. Im Jahr 1403 verbot Heinrich IV. von England die Praxis der Vervielfältigung von Metallen (obwohl es möglich war, eine Lizenz zu erwerben, um zu versuchen, Gold auf alchemistischem Wege herzustellen, und einige Lizenzen wurden von Heinrich VI. und Edward IV. erteilt). Diese Kritiken und Verordnungen konzentrierten sich mehr auf pseudo-alchemische Scharlatanerie als auf das eigentliche Studium der Alchemie, das immer stärker christlich geprägt war. Im 14. Jahrhundert wurde die christliche Symbolik von Tod und Auferstehung in den alchemistischen Texten von Petrus Bonus, Johannes von Rupescissa und in den Werken, die im Namen von Raymond Lull und Arnold von Villanova geschrieben wurden, verwendet.

Nicolas Flamel ist ein bekannter Alchimist, aber ein gutes Beispiel für Pseudepigraphie, d. h. die Praxis, seinen Werken den Namen einer anderen, meist berühmteren Person zu geben. Obwohl es den historischen Flamel gab, erschienen die ihm zugeschriebenen Schriften und Legenden erst im Jahr 1612. Flamel war kein Religionsgelehrter wie viele seiner Vorgänger, und sein ganzes Interesse galt der Suche nach dem Stein der Weisen. In seinem Werk nimmt er sich viel Zeit, um die Prozesse und Reaktionen zu beschreiben, gibt aber nie die Formel für die Durchführung der Transmutationen an. Der größte Teil "seiner" Arbeit zielte darauf ab, alchemistisches Wissen zu sammeln, das bereits vor ihm vorhanden war, insbesondere im Hinblick auf den Stein der Weisen. Im 14. und 15. Jahrhundert ging es den Alchemisten ähnlich wie Flamel: Sie konzentrierten sich auf die Suche nach dem Stein der Weisen. Bernard Trevisan und George Ripley leisteten ähnliche Beiträge. Ihre kryptischen Anspielungen und ihre Symbolik führten zu sehr unterschiedlichen Interpretationen der Kunst.

Europa der Renaissance und der frühen Neuzeit

Seite aus dem alchemistischen Traktat von Ramon Llull, 16.
Die rote Sonne, die über der Stadt aufgeht, die letzte Illustration des alchemistischen Textes Splendor Solis aus dem 16. Jahrhundert. Das Wort rubedo, das "Röte" bedeutet, wurde von den Alchemisten übernommen und signalisierte den alchemistischen Erfolg und das Ende des großen Werks.

Während der Renaissance wurden die hermetischen und platonischen Grundlagen der europäischen Alchemie wiederhergestellt. Es folgten die Anfänge der medizinischen, pharmazeutischen, okkulten und unternehmerischen Zweige der Alchemie.

Im späten 15. Jahrhundert übersetzte Marsilio Ficino das Corpus Hermeticum und die Werke Platons ins Lateinische. Diese waren den Europäern bis dahin nicht zugänglich, und sie konnten sich zum ersten Mal ein vollständiges Bild von der alchemistischen Theorie machen, die Bacon für abwesend erklärt hatte. Der Humanismus der Renaissance und der Neuplatonismus der Renaissance führten die Alchemisten von der Physik weg und konzentrierten sich auf den Menschen als alchemistisches Gefäß.

Es entwickelten sich esoterische Systeme, die die Alchemie mit Magie, Astrologie und christlicher Kabbala zu einem breiteren okkulten Hermetismus verschmolzen. Eine Schlüsselfigur in dieser Entwicklung war der Deutsche Heinrich Cornelius Agrippa (1486-1535), der seine hermetische Ausbildung in Italien in den Schulen der Humanisten erhielt. In seinem Werk De Occulta Philosophia versuchte er, Kabbala, Hermetik und Alchemie zu verschmelzen. Er war maßgeblich daran beteiligt, diese neue Mischung der Hermetik über die Grenzen Italiens hinaus zu verbreiten.

Philippus Aureolus Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, 1493-1541) brachte die Alchemie in eine neue Form, indem er einige von Agrippas Okkultismus ablehnte und sich von der Chrysopoeia entfernte. Paracelsus leistete Pionierarbeit bei der Verwendung von Chemikalien und Mineralien in der Medizin und schrieb: "Viele haben von der Alchemie gesagt, sie diene der Herstellung von Gold und Silber. Für mich ist das nicht das Ziel, sondern nur zu erwägen, welche Tugend und Kraft in den Arzneimitteln liegen mag."

Seine hermetische Auffassung war, dass Krankheit und Gesundheit im Körper von der Harmonie zwischen dem Menschen, dem Mikrokosmos, und der Natur, dem Makrokosmos, abhängen. Er verfolgte einen anderen Ansatz als seine Vorgänger, indem er diese Analogie nicht im Sinne einer Seelenreinigung verwendete, sondern in der Weise, dass der Mensch ein bestimmtes Gleichgewicht an Mineralien in seinem Körper haben muss und dass es für bestimmte Krankheiten des Körpers chemische Heilmittel gibt, die sie heilen können. Die Iatrochemie bezieht sich auf die von Paracelsus vertretenen pharmazeutischen Anwendungen der Alchemie.

John Dee (13. Juli 1527 - Dezember 1608) folgte der okkulten Tradition Agrippas. Obwohl er eher für Engelsbeschwörungen, Wahrsagerei und seine Rolle als Astrologe, Kryptograph und Berater von Königin Elisabeth I. bekannt ist, war Dees alchemistische Monas Hieroglyphica aus dem Jahr 1564 sein populärstes und einflussreichstes Werk. In seinen Schriften stellte er die Alchemie als eine Art irdische Astronomie dar, die dem hermetischen Axiom Wie oben, so unten entspricht. Im 17. Jahrhundert wurde eine kurzlebige "übernatürliche" Interpretation der Alchemie populär, die auch von Mitgliedern der Royal Society unterstützt wurde: Robert Boyle und Elias Ashmole. Die Befürworter der übernatürlichen Auslegung der Alchemie glaubten, dass der Stein der Weisen dazu verwendet werden könnte, Engel zu beschwören und mit ihnen zu kommunizieren.

Für die Alchemisten im Europa der Renaissance boten sich häufig unternehmerische Möglichkeiten. Alchemisten wurden von der Elite für praktische Zwecke im Zusammenhang mit Bergbau, medizinischen Dienstleistungen und der Herstellung von Chemikalien, Medikamenten, Metallen und Edelsteinen unter Vertrag genommen. Rudolf II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, empfing und förderte im späten 16. Jahrhundert verschiedene Alchemisten an seinem Hof in Prag, darunter Dee und seinen Mitarbeiter Edward Kelley. König Jakob IV. von Schottland, Julius, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Heinrich V., Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Augustus, Kurfürst von Sachsen, Julius Echter von Mespelbrunn und Maurice, Landgraf von Hessen-Kassel, nahmen alle Alchemisten unter Vertrag. Johns Sohn Arthur Dee arbeitete als Hofarzt von Michael I. von Russland und Karl I. von England, verfasste aber auch das alchemistische Buch Fasciculus Chemicus.

Alchemist Sendivogius (1566-1636) von Jan Matejko, 1867

Obwohl die meisten dieser Berufungen rechtmäßig waren, setzte sich der Trend zum pseudo-alchemischen Betrug in der Renaissance fort. Betrüger nutzten Taschenspielertricks oder behaupteten geheimes Wissen, um Geld zu verdienen oder sich Gönnerschaft zu sichern. Legitime mystische und medizinische Alchemisten wie Michael Maier und Heinrich Khunrath schrieben über betrügerische Transmutationen und unterschieden sich so von den Betrügern. Falsche Alchemisten wurden manchmal wegen Betrugs belangt.

Die Begriffe "chemia" und "alchemia" wurden in der Frühen Neuzeit als Synonyme verwendet, und die Unterschiede zwischen Alchemie, Chemie und kleinem Probieren und Metallurgie waren nicht so klar wie heute. Es gab erhebliche Überschneidungen zwischen den Praktikern, und der Versuch, sie in Alchemisten, Chemiker und Handwerker einzuteilen, ist anachronistisch. Tycho Brahe (1546-1601), ein Alchemist, der eher für seine astronomischen und astrologischen Forschungen bekannt ist, ließ beispielsweise in seinem Observatorium/Forschungsinstitut Uraniborg ein Labor einrichten. Michael Sendivogius (Michał Sędziwój, 1566-1636), ein polnischer Alchimist, Philosoph, Mediziner und Pionier der Chemie, schrieb mystische Werke, aber ihm wird auch die Destillation von Sauerstoff in einem Labor um 1600 zugeschrieben. Sendivogious lehrte seine Technik Cornelius Drebbel, der sie 1621 in einem U-Boot anwendete. Isaac Newton widmete dem Studium der Alchemie einen wesentlich größeren Teil seiner Schriften (siehe Isaac Newtons okkulte Studien) als der Optik oder Physik. Zu den anderen Alchemisten der frühen Neuzeit, die auch in ihren anderen Studien herausragend waren, gehören Robert Boyle und Jan Baptist van Helmont. Ihr Hermetismus ergänzte ihre praktischen Errungenschaften in Medizin und Wissenschaft eher, als dass er sie ausschloss.

  • Arnaldus de Villanova (13. Jahrhundert), überwiegend untergeschobene Schriften
  • Pseudo-Geber (13. Jahrhundert)
  • Pseudo-Lull (13.–16. Jahrhundert)
  • Albertus Magnus (um 1200–1280)
  • Roger Bacon (1214–1292/94)
  • Nicolas Flamel (1330 bis ca. 1413), untergeschobene Schriften
  • Johannes de Rupescissa (14. Jahrhundert)
  • Ricardus Anglicus (Alchemist)
  • Berthold der Schwarze (14. Jahrhundert) (möglicherweise apokryph)
  • Bernhardus Trevisanus (1406–1490)
  • Basilius Valentinus (15. Jahrhundert)
  • George Ripley (15. Jahrhundert)
  • Arnald von Brüssel (l5. Jahrhundert)
  • Johann Georg Faust (ca. 1480–1540), der historische Faust war eher ein Phantast und Hochstapler
  • Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim (1486–1535)
  • Paracelsus (1493–1541)
  • die Bücher Rosarium philosophorum (siehe De Alchemia), Donum Dei, Buch der Heiligen Dreifaltigkeit, Aurora consurgens, Splendor Solis, Lambspring; alle von weitgehend unbekannten Autoren und wichtig für die Bildsprache der Alchemie
  • Michael Toxites (1514–1581)
  • Bernard G. Penot (1519–1617)
  • Alexander von Suchten (1520–1590)
  • Thomas Charnock (um 1524 bis 1581)
  • John Dee (1527–1608)
  • Adam von Bodenstein (1528–1577)
  • Gerhard Dorn (um 1530–nach 1584)
  • Leonhard Thurneysser (1531–1595 oder 1596)
  • Nicolas Barnaud (1538–1604)
  • Joseph Duchesne (um 1544 –1609)
  • zu den Fürstenalchemisten zählen: Rudolph II., Wolfgang II. von Hohenlohe (1546–1610), Johann von Brandenburg (1406–1464), Friedrich I. von Württemberg (1557–1608), Moritz von Hessen-Kassel (1572–1632), Ernst von Bayern (1554–1612), Francesco I. de’ Medici
  • Edward Kelley (1555–1597)
  • Andreas Libavius (1555–1616)
  • Joachim Tancke (1557–1609)
  • Melchior Cibinensis (16. Jahrhundert)
  • Benedictus Figulus (1567 – nach 1619)
  • Heinrich Khunrath (um 1560–1605)
  • Oswald Croll (um 1560–1609)
  • Johann Thölde (um 1565–1614)
  • Michał Sędziwój (Sendivogius) (1566–1636)
  • Michael Maier (1568–1622)
  • Johann Hartmann (1568–1631)
  • Martin Ruland der Jüngere (1569–1611)
  • Robert Fludd (1574–1637)
  • Johann Isaac Hollandus und Isaac Hollandus (16./17. Jahrhundert)
  • Arthur Dee (1579–1651)
  • Johan Baptista van Helmont (1580–1644)
  • Daniel Stolz von Stolzenberg (* 1600)
  • Johann Rudolph Glauber (1604–1670)
  • Elias Ashmole (1617–1692)
  • George Starkey (1628–1665), wahrscheinlich auch mit Irenäus Philalethes identisch
  • Hennig Brand (1630–1692)
  • Johannes Kunckel (um 1630–1703)
  • Johann Friedrich Schweitzer (Helvetius) (1630–1709)
  • Johann Joachim Becher (1635–1682)
  • zu den Goldmachern und mehr oder weniger betrügerischen Alchemisten der frühen Neuzeit zählen: Setonius (16./17. Jahrhundert), Heinrich Wagnereck (17. Jahrhundert), Georg Honauer, Johann Müller von Mühlenfels, Christian Wilhelm von Krohnemann (1636–1686), Laskaris (17./18. Jahrhundert), Domenico Manuel Caetano, Anne Marie von Ziegler, Philipp Sömmering, Wenzel Seiler, Johann Konrad Richthausen von Chaos, Sehfeld (auch Seefeld und Seefels) (18. Jahrhundert), Johann Hektor von Klettenberg, Otto Arnold Paykull (1662–1707), der Graf von Saint-Germain, Alessandro Cagliostro (1743–1795)
  • zu den wenigen Alchemistinnen oder frühen Chemikerinnen zählen: Barbara von Cilli, Isabella Cortese (16. Jahrhundert), Anna von Dänemark, Marie Meurdrac (17. Jahrhundert), Dorothea Juliana Wallich (18. Jahrhundert), Rebecca Vaughan, Marie de Bachimont, Susanne von Klettenberg, Anne Marie von Ziegler, Margaret Russell, Sophie Brahe, Caterina Sforza, Leona Constantia, Sabine Stuart de Chevalier
  • Isaac Newton (1643–1727), erst aus dem Nachlass bekannt, da er es zu Lebzeiten geheim hielt
  • Robert Boyle (1627–1692)
  • Georg von Welling (1655–1727)
  • Johann Conrad Creiling (1673–1752)
  • Johann Konrad Dippel (1673–1734)
  • Johann Friedrich Böttger (1682–1719)
  • August Nordenskiöld (1754–1792)
  • Carl-Friedrich Zimpel (1801–1879)
  • Alexander von Bernus (1880–1965)
  • Franz Tausend (1884–1942)
  • Fulcanelli (19./20. Jahrhundert)
  • Albert Riedel (1911–1984)

Spätere Neuzeit

Robert Boyle
Ein Alchemist, abgebildet in Charles Mackays Extraordinary Popular Delusions and the Madness of Crowds.

Der Niedergang der europäischen Alchemie wurde durch den Aufstieg der modernen Wissenschaft mit ihrem Schwerpunkt auf strengen quantitativen Experimenten und ihrer Geringschätzung der "alten Weisheit" eingeleitet. Obwohl die Saat für diese Ereignisse bereits im 17. Jahrhundert gelegt wurde, blühte die Alchemie noch etwa zweihundert Jahre lang und erreichte ihren Höhepunkt möglicherweise im 18. Noch 1781 behauptete James Price, ein Pulver hergestellt zu haben, das Quecksilber in Silber oder Gold umwandeln konnte. Die europäische Alchemie der frühen Neuzeit zeichnete sich durch eine Vielfalt von Theorien, Praktiken und Zielen aus: "Scholastisch und anti-aristotelisch, paracelsisch und anti-paracelsisch, hermetisch, neuplatonisch, mechanistisch, vitalistisch und mehr - und praktisch jede Kombination und jeder Kompromiss davon".

Robert Boyle (1627-1691) war ein Pionier der wissenschaftlichen Methode bei chemischen Untersuchungen. Er nahm bei seinen Experimenten nichts an und sammelte alle relevanten Daten. Boyle notierte den Ort, an dem das Experiment durchgeführt wurde, die Windverhältnisse, die Position von Sonne und Mond und den Barometerstand, nur für den Fall, dass sie sich als relevant erweisen würden. Dieser Ansatz führte schließlich zur Gründung der modernen Chemie im 18. und 19. Jahrhundert, die auf den revolutionären Entdeckungen und Ideen von Lavoisier und John Dalton beruhte.

Ab etwa 1720 wurde zum ersten Mal eine strikte Trennung zwischen "Alchemie" und "Chemie" vorgenommen. In den 1740er Jahren beschränkte sich die "Alchemie" auf den Bereich der Goldherstellung, was dazu führte, dass der Volksglaube entstand, die Alchemisten seien Scharlatane und die Tradition selbst sei nichts weiter als ein Betrug. Um die sich entwickelnde Wissenschaft der modernen Chemie vor der negativen Kritik an der Alchemie zu schützen, versuchten die akademischen Autoren der wissenschaftlichen Aufklärung des 18. Jahrhunderts, die "neue" Chemie von den "alten" Praktiken der Alchemie zu trennen, um zu überleben. Dieser Versuch war größtenteils erfolgreich, und die Folgen davon hielten bis ins 19., 20. und 21.

Während des okkulten Aufschwungs im frühen 19. Jahrhundert erhielt die Alchemie als okkulte Wissenschaft neue Aufmerksamkeit. Die esoterische oder okkultistische Schule, die im 19. Jahrhundert aufkam, vertrat (und vertritt weiterhin) die Ansicht, dass die in der alchemistischen Literatur erwähnten Substanzen und Operationen in einem spirituellen Sinne zu interpretieren sind, und sie spielt die Rolle der Alchemie als praktische Tradition oder Protowissenschaft herunter. Diese Interpretation vertrat weiterhin die Ansicht, dass die Alchemie eine Kunst ist, die sich in erster Linie mit spiritueller Erleuchtung oder Erleuchtung befasst, im Gegensatz zur physischen Manipulation von Apparaten und Chemikalien, und behauptet, dass die obskure Sprache der alchemistischen Texte ein allegorisches Gewand für spirituelle, moralische oder mystische Prozesse sei.

Bei der Wiederbelebung der Alchemie im 19. Jahrhundert waren die beiden bahnbrechenden Persönlichkeiten Mary Anne Atwood und Ethan Allen Hitchcock, die unabhängig voneinander ähnliche Werke über die spirituelle Alchemie veröffentlichten. Beide vertraten eine völlig esoterische Sicht der Alchemie, wie Atwood behauptete: "Keine moderne Kunst oder Chemie, ungeachtet all ihrer hinterhältigen Behauptungen, hat irgendetwas mit der Alchemie gemein." Atwoods Werk beeinflusste spätere Autoren des okkulten Revivals wie Eliphas Levi, Arthur Edward Waite und Rudolf Steiner. Hitchcock versuchte in seinen Remarks Upon Alchymists (1855), seine spirituelle Interpretation mit der Behauptung zu untermauern, dass die Alchemisten unter einem materialistischen Deckmantel über eine spirituelle Disziplin schrieben, um Anschuldigungen der Blasphemie durch Kirche und Staat zu vermeiden. 1845 veröffentlichte Baron Carl Reichenbach seine Studien über die Odische Kraft, ein Konzept, das einige Ähnlichkeiten mit der Alchemie aufweist, aber seine Forschungen fanden keinen Eingang in die wissenschaftliche Diskussion.

1946 veröffentlichte Louis Cattiaux die Message Retrouvé, ein Werk, das zugleich philosophisch und mystisch ist und stark von der Alchemie beeinflusst wurde. In seinem Gefolge führen zahlreiche Forscher, darunter Emmanuel und Charles d'Hooghvorst, die alchemistischen Studien in Frankreich und Belgien fort.

Frauen

In der frühesten Geschichte der Alchemie tauchen mehrere Frauen auf. Michael Maier nennt Maria die Jüdin, Kleopatra die Alchemistin, Medera und Taphnutia als die vier Frauen, die wussten, wie man den Stein der Weisen herstellt. Zosimos' Schwester Theosebia (später bekannt als Euthica die Araberin) und Isis die Prophetin spielten ebenfalls eine Rolle in frühen alchemistischen Texten.

Die erste Alchemistin, deren Namen wir kennen, war Maria die Jüdin (um 200 n. Chr.). Frühe Quellen berichten, dass Maria (oder Maria) eine Reihe von Verbesserungen an alchemistischen Geräten und Werkzeugen sowie neue Techniken in der Chemie entwickelt hat. Ihre bekanntesten Fortschritte betrafen Heiz- und Destillationsverfahren. Das Laborwasserbad, das (vor allem in Frankreich) unter dem Namen bain-marie bekannt ist, soll von ihr erfunden oder zumindest verbessert worden sein. Es ist im Wesentlichen ein Doppelkessel und wurde (und wird) in der Chemie für Prozesse verwendet, die eine schonende Erwärmung erfordern. Der Tribikos (ein modifizierter Destillationsapparat) und der Kerotakis (ein komplizierterer Apparat, der insbesondere für Sublimationen verwendet wird) sind zwei weitere Fortschritte im Destillationsprozess, die ihr zugeschrieben werden. Obwohl wir keine Schriften von Maria selbst haben, ist sie aus den Schriften des Zosimos von Panopolis aus dem frühen vierten Jahrhundert bekannt.

Aufgrund der Verbreitung von Pseudepigraphien und anonymen Werken ist es schwierig zu wissen, welche der Alchemisten tatsächlich Frauen waren. Nach der griechisch-römischen Periode tauchen die Namen von Frauen in der alchemistischen Literatur immer seltener auf. In der Geschichte der Alchemie des Mittelalters und der Renaissance spielen Frauen keine Rolle, abgesehen von der fiktiven Geschichte von Perenelle Flamel. Mary Anne Atwoods A Suggestive Inquiry into the Hermetic Mystery (1850) markiert ihre Rückkehr während des okkulten Revivals des neunzehnten Jahrhunderts.

Moderne historische Forschung

Die Geschichte der Alchemie ist zu einem bedeutenden und anerkannten Gegenstand der akademischen Forschung geworden. In dem Maße, wie die Sprache der Alchemisten analysiert wird, werden sich die Historiker der intellektuellen Verbindungen zwischen dieser Disziplin und anderen Aspekten der westlichen Kulturgeschichte bewusst, wie der Entwicklung der Wissenschaft und der Philosophie, der Soziologie und Psychologie der intellektuellen Gemeinschaften, des Kabbalismus, des Spiritismus, des Rosenkreuzertums und anderer mystischer Bewegungen. Zu den Einrichtungen, die an dieser Forschung beteiligt sind, gehören das Projekt The Chymistry of Isaac Newton an der Indiana University, das University of Exeter Centre for the Study of Esotericism (EXESESO), die European Society for the Study of Western Esotericism (ESSWE) und die Unterabteilung für die Geschichte der hermetischen Philosophie und verwandter Strömungen an der Universität Amsterdam. Eine große Sammlung von Büchern über Alchemie wird in der Bibliotheca Philosophica Hermetica in Amsterdam aufbewahrt. Ein Rezept, das in einem auf der Kabbala basierenden Buch aus der Mitte des 19. Jahrhunderts gefunden wurde, enthält eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie man Kupfer in Gold verwandelt. Der Autor schrieb dieses Rezept einem alten Manuskript zu, das er gefunden hatte.

Zu den Zeitschriften, die regelmäßig zum Thema Alchemie erscheinen, gehören "Ambix", herausgegeben von der Society for the History of Alchemy and Chemistry, und "Isis", herausgegeben von The History of Science Society.

Zentrale Konzepte

Mandala zur Veranschaulichung allgemeiner alchemistischer Konzepte, Symbole und Prozesse. Aus Spiegel der Kunst und Natur.

Die westliche alchemistische Theorie entspricht der Weltanschauung der Spätantike, in der sie entstanden ist. Die Konzepte wurden aus dem Neuplatonismus und der früheren griechischen Kosmologie übernommen. So tauchen die klassischen Elemente in alchemistischen Schriften auf, ebenso wie die sieben klassischen Planeten und die entsprechenden sieben Metalle der Antike. Ebenso werden die Götter des römischen Pantheons, die mit diesen Himmelskörpern in Verbindung gebracht werden, in der alchemistischen Literatur behandelt. Die Konzepte der prima materia und der anima mundi sind von zentraler Bedeutung für die Theorie des Steins der Weisen.

Magnum opus

Das Große Werk der Alchemie wird oft als eine Reihe von vier Stufen beschrieben, die durch Farben dargestellt werden.

  • nigredo, eine Schwärzung oder Melanose
  • albedo, eine Aufhellung oder Leukose
  • citrinitas, eine Vergilbung oder Xanthose
  • rubedo, eine Rötung, Purpurisierung oder Iosis

Modernität

Aufgrund der Komplexität und Undurchsichtigkeit der alchemistischen Literatur und des Verschwindens der verbliebenen alchemistischen Praktiker im 18. Jahrhundert in die Chemie wurde das allgemeine Verständnis der Alchemie stark von verschiedenen und radikal unterschiedlichen Interpretationen beeinflusst. Diejenigen, die sich auf das Exoterische konzentrieren, wie die Wissenschaftshistoriker Lawrence M. Principe und William R. Newman, haben die "Decknamen" (oder Codewörter) der Alchemie als physikalische Substanzen interpretiert. Diese Wissenschaftler haben physikalisch-chemische Experimente rekonstruiert, die ihrer Meinung nach in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Texten beschrieben wurden. Am anderen Ende des Spektrums, mit Schwerpunkt auf der Esoterik, interpretieren Wissenschaftler wie Florin George Călian und Anna Marie Roos, die die Lesart von Principe und Newman in Frage stellen, dieselben Decknamen als spirituelle, religiöse oder psychologische Konzepte.

Neue Interpretationen der Alchemie werden nach wie vor gepflegt, wobei manchmal Konzepte aus dem New Age oder radikalen Umweltbewegungen einfließen. Gruppen wie die Rosenkreuzer und die Freimaurer haben ein anhaltendes Interesse an der Alchemie und ihrer Symbolik. Seit der Wiederbelebung der Alchemie im viktorianischen Zeitalter "interpretierten Okkultisten die Alchemie als eine spirituelle Praxis neu, die die Selbstveränderung des Praktizierenden und nur beiläufig oder gar nicht die Umwandlung von Laborsubstanzen beinhaltet", was zu einer Verschmelzung von Magie und Alchemie in der öffentlichen Meinung beigetragen hat.

Esoterische Interpretationen von historischen Texten

In den Augen einer Reihe moderner Esoteriker und Neo-Hermetiker ist die Alchemie von Grund auf spirituell. In dieser Interpretation wird die Verwandlung von Blei in Gold als Analogie für die persönliche Verwandlung, Läuterung und Vervollkommnung dargestellt.

Nach dieser Auffassung betonten frühe Alchemisten wie Zosimos von Panopolis (ca. 300 n. Chr.) die spirituelle Natur der alchemistischen Suche, die eine religiöse Regeneration der menschlichen Seele symbolisiert. Dieser Ansatz soll sich im Mittelalter fortgesetzt haben, da metaphysische Aspekte, Substanzen, physische Zustände und materielle Prozesse als Metaphern für spirituelle Entitäten, spirituelle Zustände und letztlich für die Transformation verwendet wurden. In diesem Sinne waren die wörtlichen Bedeutungen der "alchemistischen Formeln" wie ein Schleier, der ihre wahre spirituelle Philosophie verbarg. In der neohermetischen Interpretation symbolisieren sowohl die Umwandlung gewöhnlicher Metalle in Gold als auch das universelle Allheilmittel die Entwicklung von einem unvollkommenen, kranken, verderblichen und vergänglichen Zustand hin zu einem vollkommenen, gesunden, unbestechlichen und ewigen Zustand, so dass der Stein der Weisen einen mystischen Schlüssel darstellt, der diese Entwicklung ermöglicht. Auf den Alchemisten angewandt, symbolisierte das doppelte Ziel seine Entwicklung von der Unwissenheit zur Erleuchtung, und der Stein stellte eine verborgene spirituelle Wahrheit oder Kraft dar, die zu diesem Ziel führen würde. In Texten, die nach dieser Auffassung verfasst wurden, sollen die kryptischen alchemistischen Symbole, Diagramme und Textbilder der späten alchemistischen Werke mehrere Bedeutungsebenen, Allegorien und Verweise auf andere ebenso kryptische Werke enthalten, die mühsam entschlüsselt werden müssen, um ihre wahre Bedeutung zu entdecken.

In seinem alchemistischen Katechismus von 1766 weist Théodore Henri de Tschudi darauf hin, dass die Verwendung der Metalle lediglich symbolisch sei:

Q. Wenn die Philosophen von Gold und Silber sprechen, aus denen sie ihre Materie gewinnen, ist dann anzunehmen, dass sie sich auf das gewöhnliche Gold und Silber beziehen?
A. Keineswegs; das gewöhnliche Silber und Gold ist tot, während das der Philosophen voller Leben ist.

Psychologie

Die alchemistische Symbolik hat in der analytischen Psychologie eine wichtige Rolle gespielt und wurde von dem Schweizer Psychologen Carl Gustav Jung wiederbelebt und popularisiert, nachdem sie fast ausgestorben war. Nachdem er jedoch von seinem Freund Richard Wilhelm ein Exemplar des chinesischen alchemistischen Textes "Das Geheimnis der goldenen Blume" übersetzt bekommen hatte, entdeckte er eine direkte Korrelation oder Parallele zwischen den symbolischen Bildern in den alchemistischen Zeichnungen und den inneren, symbolischen Bildern, die in den Träumen, Visionen oder Imaginationen seiner Patienten auftauchten. Er beobachtete, dass diese alchemistischen Bilder während des psychischen Transformationsprozesses auftauchten, einem Prozess, den Jung "Individuation" nannte. Insbesondere betrachtete er das Heraufbeschwören von Bildern aus Gold oder Lapis als symbolischen Ausdruck für den Ursprung und das Ziel dieses "Individuationsprozesses". Gemeinsam mit seiner alchemistischen mystica soror (mystische Schwester), der Schweizer Jungianerin Marie-Louise von Franz, begann Jung, alte alchemistische Texte zu sammeln, ein Lexikon mit Schlüsselbegriffen und Querverweisen zusammenzustellen und sie zu durchforsten. Die von ihm verfassten Bände brachten neues Licht in das Verständnis der Transsubstantiationskunst und erneuerten die Popularität der Alchemie als symbolischer Prozess der Ganzwerdung des Menschen, bei dem Gegensätze in Kontakt gebracht und inneres und äußeres, Geist und Materie im hieros gamos oder in der göttlichen Hochzeit wieder vereint werden. Seine Schriften sind einflussreich für die allgemeine Psychologie, vor allem aber für diejenigen, die sich für das Verständnis der Bedeutung von Träumen, Symbolen und den unbewussten archetypischen Kräften (Archetypen), die das gesamte psychische Leben ausmachen, interessieren.

Sowohl von Franz als auch Jung haben einen bedeutenden Beitrag zum Thema und zur Arbeit der Alchemie und ihrer anhaltenden Präsenz in der Psychologie sowie in der zeitgenössischen Kultur geleistet. Unter den Bänden, die Jung über Alchemie geschrieben hat, ist sein Hauptwerk Band 14 seiner Gesammelten Werke, Mysterium Coniunctionis.

Literatur

Die Alchemie hat seit langem eine Beziehung zur Kunst, die sich sowohl in alchemistischen Texten als auch in der Mainstream-Unterhaltung zeigt. Die literarische Alchemie taucht in der Geschichte der englischen Literatur von Shakespeare bis J. K. Rowling auf, aber auch im beliebten japanischen Manga Fullmetal Alchemist. Hier folgen die Figuren oder die Handlungsstruktur einem alchemistischen Magnum Opus. Im 14. Jahrhundert setzte mit Chaucer ein Trend zur alchemistischen Satire ein, der auch in neueren Fantasy-Werken wie denen des verstorbenen Sir Terry Pratchett zu finden ist.

Bildende Künstler hatten eine ähnliche Beziehung zur Alchemie. Während einige von ihnen die Alchemie als Quelle der Satire nutzten, arbeiteten andere mit den Alchemisten selbst zusammen oder integrierten alchemistische Gedanken oder Symbole in ihre Werke. Auch die Musik war in den Werken der Alchemisten präsent und beeinflusst weiterhin populäre Interpreten. In den letzten hundert Jahren wurden Alchemisten in Fantasy-Filmen, Film, Fernsehen, Romanen, Comics und Videospielen in einer magischen und spagyrischen Rolle dargestellt.

Wissenschaft

Ein Ziel der Alchemie, die Umwandlung von unedlen Stoffen in Gold, ist heute bekanntlich auf chemischem Wege unmöglich, aber auf physikalischem Wege möglich. Obwohl es sich finanziell nicht lohnte, wurde Gold bereits 1941 in Teilchenbeschleunigern synthetisiert.

Etymologie und Herkunft

Hermes Trismegistos, Stich
Joseph Wright of Derby: Der Alchimist auf der Suche nach dem Stein der Weisen; Ölgemälde, 1771
Elementsymbole der Altphilosophen
1 = Feuer, 2 = Erde, 3 = Wasser, 4 = Luft
Wagner erschafft den Homunkulus, Kupferstich 19. Jh.

Die ältesten bekannten Aufzeichnungen über die Alchemie, insbesondere die Tabula Smaragdina, stammen aus dem alten Ägypten und dem hellenistischen Griechenland. Da diese zunächst ausschließlich über die arabische Welt nach Europa gelangten, stammt das Wort Alchemie (über mittellateinisch alkimia, französisch-spanisch vermittelt und eingebürgert seit dem 14. Jahrhundert) vermutlich von arabisch الخيمياء / al-ḫīmiyāʾ oder الكيمياء / al-kīmiyāʾ ab, das wiederum wahrscheinlich seinen Ursprung im Griechischen hat: eventuell χυμεία chymeía für „Metallverwandlung“, „Guss“, mittelgriechische Aussprache chimía, auch χημεία chēmeía– oder auch χυμός chymos für „Flüssigkeit“. Die Bedeutung des Wortes ist bislang nicht sicher geklärt und die möglichen Auslegungen sind vielfältig. Paracelsus und Georg Agricola verwendeten die Worte chymia für Alchemie bzw. chymista für den Alchemisten. Beispielsweise lässt sich Alchemie nach älteren Annahmen mit „Kunst der Ägypter“ oder aus koptisch/altägyptisch kêmi „schwarz[e Erden]“ (vergleiche hierzu auch Kemet) in einer anderen Lesart dagegen als „Lehre des Gießens“ übersetzen.

Die Tabula Smaragdina war das grundlegende Buch der (abendländischen) Alchemisten. Sie ist eine dem Hermes Trismegistos zugeschriebene, ursprünglich wohl griechische, später in lateinischer Fassung verbreitete Sammlung von wenigen, schwer verständlichen und auslegungsbedürftigen Sätzen, in denen die gesamte Weltweisheit enthalten sein soll.

Arbeitsmittel

Retorte (links)
  • Alembik (Destillierhelm) – ein Helmaufsatz für einen Destillierkolben
  • Aludel – ein Gefäß zur Sublimation
  • Athanor – ein spezieller Ofentyp der Alchemisten
  • Filter – Destillation durch ein Filter
  • Kupelle – ein Gefäß zur Reinigung und Abtrennung von Edelmetallen aus Legierungen
  • Mörser und Stößel – ein Reib- oder Mahlwerkzeug
  • Retorte – ein Destilliergefäß
  • Serpentine – ein Destilliergefäß mit verbesserter Trennung
  • Pelikan – ein Destillierapparat (Zirkulationsgefäß) mit zwei doppelt ausgeweiteten Kolben

Manche Gefäße der Alchemisten wurden nach Tieren benannt, so als Igel, Gans oder das Menschliche Paar.

Rebis

Rebis aus Theoria Philosophiae Hermeticae (1617) von Heinrich Nollius

Rebis (vom lateinischen res bina, was zweifach oder doppelte Materie bedeutet) ist das Endprodukt des alchemistischen Opus magnum oder großen Werkes. Nachdem man die Stadien der Fäulnis und der Reinigung durchlaufen hat, die gegensätzliche Qualitäten trennen, werden diese Qualitäten noch einmal in dem vereint, was manchmal als göttlicher Hermaphrodit beschrieben wird, eine Versöhnung von Geist und Materie, ein Wesen mit sowohl männlichen als auch weiblichen Qualitäten, wie es durch den männlichen und weiblichen Kopf innerhalb eines einzigen Körpers angezeigt wird. Sonne und Mond entsprechen den männlichen und weiblichen Hälften, ebenso wie der Rote König und die Weiße Königin in ähnlicher Weise assoziiert werden. Das Rebis-Bild erschien in dem Werk Azoth of the Philosophers von Basilius Valentinus im Jahr 1613.

Heilkundliche Bedeutung

Ausgehend von humoralpathologischen Vorstellungen waren im Mittelalter Anschauungen entstanden, die unedle Metalle als minderwertig und somit krank und edle, insbesondere das Gold, als wertvoll und somit gesund einstuften. Die durch Herbeiführung eines bestimmten Mischungsverhältnisses (temperamentum) erfolgende „Heilung“ der „kranken“ Metalle und damit die Umwandlung der bestehenden Dyskrasie in eine (bei Gold optimal verwirklichte) Eukrasie führte dann auch zu Suche nach einem Elixier bzw. dem Stein der Weisen, der fermentartig-katalysatorisch die Metalle von „Unreinheit“ und „Krankheit“ befreien sollte. Analog sollte eine solche Tinktur (Medicina metallorum; Tinctura alba als königliche „Tochter der Philosophen“ bzw. Tinctura rubea, die rote Tinktur als kaiserlicher „Sohn der Philosophen“) dann auch als Universalarznei (in einem pseudoparacelsischen Brief als Arkansubstanz „Roter Löwe“) nicht nur Metalle, sondern auch Krankheiten von Menschen heilen können. Die Vorstellung von einer gesundheitsfördernden und lebensverlängernden Wirkung der „Medicina metallorum“ findet sich beispielsweise auch in Werken von Roger Bacon, John Dastin und im pseudoarnaldischen Rosarius philosophorum.

Wie bereits unter Opus magnum erklärt, handelte es sich bei der Alchemie nicht nur um eine praktische Disziplin im Sinne einer „Meta-Chemie“. Sie hat vielmehr auch eine naturphilosophische Dimension. Die verschiedenen alchemistischen Vorgänge – wie die Umwandlung eines bestimmten Metalls in ein anderes – stehen für die Entwicklung des Menschen, d. h. für innerpsychische Prozesse. Denn die „Transmutation der Psyche“ wie sie die antiken Mysterienkulte lehrten, durch Leiden, Tod und gewandelte Auferstehung des Adepten zu einer neuen, göttlichen Existenz, wurde in den alchemistischen Werkstätten seit der Antike auf die Materie projiziert. Es führte zur „Transmutation der Materie“; die mineralischen Stoffe erleiden durch Zerstückelung, Verbrennung und Behandlung all die Wandlungsqualen wie der zur Erlösung und Wandlung bestimmte Mensch. Angestrebtes Ziel war die Umwandlung niederer Stoffe oder Metalle zum edelsten Metall, dem unsterblichen Gold, oder zu einer Universalsubstanz (Lapis) oder zur erlösenden Universalmedizin. Die Entdeckung dieser Analogie beschreibt als erster Zosimus aus Panopolis in seinen Traumvisionen.

Der Psychoanalytiker Herbert Silberer arbeitete in seinem Hauptwerk Probleme der Mystik und ihrer Symbolik (1914) wohl als Erster die psychologische Dimension der Alchemie heraus. Der Schweizer Psychiater und Psychotherapeut Carl Gustav Jung sah in den Arbeitsmethoden und Wandlungsbildern der Alchemisten eine Parallele zu den Traumbildern moderner Menschen während ihrer biographischen Selbstfindung. Dabei spielen persönliche Probleme, scheinbar unlösbare Aufgaben, existenzielle Krisen oder notwendige Reifungsprozesse eine große Rolle. Er nannte diesen Prozess Individuation und beschrieb ausführlich die Abläufe und Gesetzmäßigkeiten dieser unbewussten Bilderwelt oder „Transmutation der Psyche“. Die Erforschung der Individuation betrachtete er als wesentliche Aufgabe seiner Analytischen Psychologie.

Spagyrik

Die Bezeichnung „Spagyrik“ (aus dem Griechischen σπάω spao = „ich trenne“ und ἀγείρω ageiro = „ich vereinige, ich führe zusammen“) ist ein von Paracelsus eingeführter Begriff, der von ihm synonym für Alchemie verwendet wurde. Die Aufgabe der Alchemie sah er nicht in der Herstellung von Gold, sondern in der Herstellung von Arzneimitteln. Er wählte die Bezeichnung „Spagyrik“ zur Abgrenzung gegenüber anderen Richtungen. In der Folge wurde die Spagyrik als der medizinische Bereich der Alchemie angesehen. Spagyrika sind Arzneimittel, die auf Basis der alchemistischen oder spagyrischen Erkenntnisse hergestellt werden. Als Ausgangsmaterial für Spagyrika kommen pflanzliche, mineralische und animalische Stoffe zum Einsatz.

Bedeutende Alchemisten

Alchemisten des arabischsprachigen Kulturkreises

  • Morienus (7. Jh.)
  • Chalid ibn Yazid (um 655–704)
  • Geber (ca. 721–815), Vater der Chemie (zu unterscheiden von Pseudo-Geber)
  • Rhazes (ca. 860–ca. 930)
  • Ibn Umail (um 900–960)
  • Maslama al-Madschriti (gestorben 1007)
  • Avicenna (980–1037)
  • al-Tughrai (1061–1121)
  • das Buch Turba Philosophorum und das Das Buch der Alaune und Salze
  • Alphidius
  • Artephius (12. Jahrhundert)
  • al-Simawi (13. Jahrhundert)
  • al-Dschaldaki (14. Jahrhundert)
Nachbildung des Labors von Andreas Libavius in Rothenburg ob der Tauber

Archäologische Funde

2010 wurde in einer Abfallgrube an der Nordseite des ehemaligen Franziskanerklosters in Lutherstadt Wittenberg die Reste einer Alchemistenwerkstatt aus der Zeit von 1570 bis 1600 gefunden. Es handelt sich um den ältesten bekannten Fund dieser Art in Europa neben den Resten einer Alchemistenwerkstatt aus dem 16. Jahrhundert, die Ende der 1970er Jahre im österreichischen Oberstockstall gefunden wurden. Die vielen zerbrochenen Glasphiolen wurden unter Leitung des Archäochemikers Christian-Heinrich Wunderlich restauriert und bei einer Ausstellung zur Alchemie im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle 2016 präsentiert. Es fanden sich viele Rückstände von Antimon (die Menge hätte ausgereicht, die Hälfte der Einwohner des damaligen Wittenberg zu töten) sowie Quecksilber und zum Beispiel die Reste eines kleinen Hundes, den man in einem Tongefäß erhitzt hatte. Bisher konnte das Labor keinem namentlich bekannten Alchemisten zugeordnet werden; es stammte wahrscheinlich aus dem Umkreis des sächsischen Fürstenhofes. Besonders Paracelsus vertrat in der Pharmazie die Verwendung von Antimon (neben dessen Wirkung als Scheidemittel von Gold), obwohl es sehr toxisch ist.

In Oberstockstall fanden sich bei der Ausgrabung 1980 in einer Kirche des Gutes Oberstockstall unter einer Bodenfliese die vergrabenen Reste eines alchemistischen Labors (außer wertvollen Metallgegenständen wie Waage und Mörser, die sich nicht mehr fanden), etwa Schalen, Destillierkolben (darunter ein Alembik für fallende Destillation aus Glas), Phiolen und Flaschen aus Glas, Reste von über 300 Schmelztiegeln, Reste des Schmelzofens (Winddüsen u. a.), Probierscherben und rund 100 Aschkupell, Reste von Kupfergegenständen (Siebe, Bürsten, Röhren), Knochenreste (wahrscheinlich für die Gewinnung von Knochenasche). Eine Schüssel ließ sich auf 1549 datieren, zwei Kacheln auf etwa 1560, eine Münze aus der Zeit von Rudolf II. auf nach 1576. Holzstücke wurden dendrochronologisch auf 1586, 1590 und 1596 datiert. Das Labor lag in den Gewölben der Sakristei der Kirche und hatte Ausblick auf den Hochaltar.

Die Pfarrei (Kirchberg am Wagram) unterstand dem Domkapitel Passau. Die Ausgräberin Sigrid von Osten fand historische Hinweise auf alchemistisch interessierte Personen in diesem Umkreis, so die Familie von Trenbach, die auch Verbindungen zum Bergbau hatten. Urban von Trenbach war ab 1552 Pfarrherr in Kirchberg und von 1598 an Bischof von Passau. Ein anderer Kandidat war Viktor August Fugger, der seit 1572 Pfarrherr in Kirchberg war und 1586 kurz nach seiner Ernennung zum Abt im Stift Zwettl durch einen Unfall starb, was möglicherweise das Ende des Labors war. Am Portal der Kirche finden sich Fratzen, die an Baphomet-Darstellungen erinnern.

Museen und Ausstellungen

  • Ausstellung zum Thema Alchemie im Kulturforum Berlin 2017
  • „Die Suche nach dem Weltgeheimnis“, Sonderausstellung im Landesmuseum Halle (Saale)
  • Alchemie und Kunst in der Stiftung Museum Kunstpalast
  • Dauerausstellung „Alchemie in Weikersheim“ auf Schloss Weikersheim zu Wolfgang II. von Hohenlohe