Schluckauf
Schluckauf ⓘ | |
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Andere Namen | Singultus, Schluckhusten, synchrones Zwerchfellflattern (SDF) |
Aussprache |
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Fachgebiet | Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde |
Ein Schluckauf (wissenschaftlicher Name Singultus, aus dem Lateinischen: "beim Schluchzen nach Luft schnappen"; auch Schluckhusten genannt) ist eine unwillkürliche Kontraktion (myoklonischer Ruck) des Zwerchfells, die sich mehrmals pro Minute wiederholen kann. Der Schluckauf ist eine unwillkürliche Handlung mit einem Reflexbogen. Einmal ausgelöst, bewirkt der Reflex eine starke Kontraktion des Zwerchfells, der etwa eine Viertelsekunde später ein Schließen der Stimmbänder folgt, was den "Schluckauf"-Laut hervorruft. ⓘ
Der Schluckauf kann einzeln oder in Schüben auftreten. Der Rhythmus des Schluckaufs bzw. die Zeit zwischen den Schluckaufs ist in der Regel relativ konstant. Ein Schluckaufanfall verschwindet in der Regel von selbst, auch wenn häufig mit Hausmitteln versucht wird, die Dauer des Schluckaufs zu verkürzen. Bei chronischem Schluckauf ist gelegentlich eine ärztliche Behandlung erforderlich. ⓘ
Klassifikation nach ICD-10 ⓘ | |
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R06.6 | Singultus |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Der Schluckauf (lateinisch Singultus) ist eine kräftige, reflektorische und periodische Einatmungsbewegung (Kontraktion) des Zwerchfells, wobei jede Inspiration durch plötzlichen Stimmlippenverschluss unterbrochen wird. Dabei entsteht ein charakteristisches Einatmungsgeräusch, das umgangssprachlich-lautmalerisch als „Hick(s)“ verbalisiert und dementsprechend auch als „Hicker“, „Hickser“ oder „Hetscher“ sowie „Gluckser“ bezeichnet wird. Der Zweck des Schluckaufs und die zugrundeliegenden pathophysiologischen Mechanismen sind kaum bekannt. ⓘ
Häufigkeit
Schluckauf tritt bei Menschen aller Altersgruppen auf und wird sogar schon im Mutterleib beobachtet. Mit zunehmendem Alter wird er seltener. Schwerer Schluckauf, der länger als einen Monat anhält, kommt bei Erwachsenen häufiger vor. Männchen und Weibchen sind gleich häufig betroffen, aber Männer haben häufiger Schluckauf, der länger als 48 Stunden anhält. Auch Hunde können Schluckauf bekommen. ⓘ
Anzeichen und Symptome
Ein Schluckauf besteht aus einem einzelnen oder einer Reihe von Atemzwerchfellkrämpfen mit unterschiedlichem Abstand und unterschiedlicher Dauer sowie einem kurzen (weniger als eine halbe Sekunde), unerwarteten Schulter-, Bauch-, Hals- oder Ganzkörpertremor. Schluckauf kann sich als hörbares Zirpen, Quietschen, "Hupp" oder, wenn kontrolliert, als schnelles Einatmen, Seufzen oder Schniefen äußern. Er kann auch als kurze, aber störende oder schmerzhafte Unterbrechung der normalen Atmung mit plötzlichen, kurzzeitigen Schmerzen im Hals, in der Brust oder im Unterleib auftreten. ⓘ
Ursachen
Pathophysiologische Ursachen
Ein Schluckauf kann beim Menschen sowohl harmlose als auch krankhafte Auslöser haben.
- Zumeist wird der Schluckauf durch vorübergehende Überdehnung des Magens, wie bei hastigem Essen, durch kohlensäurehaltige und kalte Getränke oder durch scharfes Essen, ausgelöst.
- Vegetative Veränderungen, etwa bei Alkoholkonsum oder Erregungszuständen, können ihn auslösen.
Solche Formen dauern nur kurz an und verschwinden wieder von selbst. ⓘ
Ein chronisch andauernder Schluckauf kann selten Ausdruck einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung sein, wie bei:
- Störungen am Zwerchfell, z. B. bei einer gastroösophagealen Refluxerkrankung, Entzündungen, einem unter dem Zwerchfell liegenden Abszess, einem Magengeschwür, sowie bei Reizungen durch Operationen im Oberbauch.
- Störungen im Verlauf des Nervus phrenicus, welcher das Zwerchfell innerviert
- Störungen im Zentralnervensystem ⓘ
Häufig lässt sich keine Ursache finden (idiopathischer Singultus). ⓘ
- Übermäßiges Schlucken von Luft
- Gastroösophagealer Reflux
- Hiatalhernie
- Schnelles Essen
- Kohlensäurehaltige Getränke, Alkohol, trockenes Brot und einige scharfe Speisen
- Konsum von Opiaten
- Kräftiges oder langes Lachen ⓘ
Schluckauf kann durch eine Reihe allgemeiner menschlicher Erkrankungen ausgelöst werden. In seltenen Fällen kann er ein Anzeichen für ernsthafte medizinische Probleme sein. In seltenen Fällen kann Schluckauf das einzige Symptom eines Myokardinfarkts sein. ⓘ
Reizung des präphrenischen Kerns der Medulla
- Nierenversagen ⓘ
ZNS-Störungen
- Schlaganfall
- Multiple Sklerose
- Hirnhautentzündung ⓘ
Schädigung von Nerven
- Schädigung des Vagusnervs nach einer Operation ⓘ
Andere bekannte Assoziationen
- Obwohl kein klarer pathophysiologischer Mechanismus beschrieben wurde, ist bekannt, dass Schluckauf in mindestens einem dokumentierten Fall das erste Symptom von Plasmodium vivax Malaria war. ⓘ
Evolutionäre Theorien
Die Hypothese des Aufstoßreflexes
Die Atmung wird im Wesentlichen vom Hirnstamm zwischen Großhirn und Rückenmark gesteuert. Bei den Fischen reguliert er die rhythmischen Muskelbewegungen im nahe gelegenen Rachen und den Kiemen. Bei Säugetieren werden die Muskeln der Brustwand und des Zwerchfells vom Hirnstamm angesteuert. Hierzu haben sich lange Leitungsbahnen ausgebildet: der Vagus- und der Phrenicusnerv. Der komplizierte Verlauf bedingt die Störanfälligkeit dieser Konstruktion. Alles, was die Funktion eines dieser Nerven beeinträchtigt, kann unkontrollierte Kontraktionen auslösen. ⓘ
Der Mustergenerator, der im Hirnstamm für den Schluckauf verantwortlich ist, findet sich auch bei Kaulquappen und Lungenfischen; beide Tiere atmen über Lungen und Kiemen. Dieser Generator ist aktiv, wenn die Atmung über die Kiemen erfolgt. Das Wasser wird durch Maul, Rachen und Kiemen geleitet, darf aber nicht in die Lunge geraten. Das verhindert die Glottis (Epiglottis = Kehlkopfdeckel), ein Gewebedeckel, der dann die Luftröhre abdeckt. Das Schließen der Glottis bei Wasseratmung ist somit eine abgewandelte Form des Schluckaufs. ⓘ
Schluckauf haben bereits Föten. Es wird angenommen, dass damit der Atemreflex trainiert oder Fruchtwasser aus der Speiseröhre gedrückt wird. Nach der Geburt gilt das Hicksen als Relikt aus dem Mutterleib. ⓘ
Schluckauf tritt auch nach Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre oder beim Schlucken zu wenig eingespeichelter und zu trockener Nahrung auf. Dieser Zwerchfellreflex wirkt dann auf die Speiseröhre auf Höhe des Zwerchfell-Speiseröhrenschlitzes als Mittel, die „verstopfte“ Speiseröhre zu befreien. Nachtrinken von Flüssigkeit kann ebenfalls die Speiseröhre von Inhalt befreien und so den Schluckauf beheben. Ein weiteres Mittel zur Verminderung von Schluckauf ist die (zur Behebung einer Atemdepression eingesetzte) Rückatmung in eine Plastiktüte. ⓘ
Ansonsten kann Schluckauf beim Genuss zu heißer oder zu kalter Speisen und Getränke oder bei einer Reihe von Erkrankungen und auch bei psychischer Erregung oder Reizung des Zentralnervensystems durch geänderte chemische Zusammensetzung des Blutes auftreten. ⓘ
Eine führende Hypothese besagt, dass sich der Schluckauf entwickelt hat, um jungen Säugetieren die Aufnahme von Milch zu erleichtern. Die Koordination von Atmung und Schlucken während des Säugens ist ein komplizierter Prozess. Dabei gelangt unweigerlich etwas Luft in den Magen, die den Platz belegt, der sonst optimal für die kalorienreiche Milch genutzt werden könnte. ⓘ
Die Hypothese besagt, dass das Vorhandensein einer Luftblase im Magen das sensorische (afferente) Glied des Reflexes durch Rezeptoren im Magen, in der Speiseröhre und entlang der Unterseite des Zwerchfells stimuliert. Dadurch wird der aktive Teil des Schluckaufs (efferentes Glied) ausgelöst, bei dem sich die Atemmuskeln stark zusammenziehen und die Muskeln der Speiseröhre entspannen, woraufhin sich die Stimmbänder schließen, um zu verhindern, dass Luft in die Lunge gelangt. Dadurch entsteht ein Sog im Brustkorb, der die Luft aus dem Magen in die Speiseröhre zieht. Wenn sich die Atemmuskeln entspannen, wird die Luft durch den Mund ausgestoßen und das Tier rülpst". ⓘ
Es gibt eine Reihe von Merkmalen des Schluckaufs, die diese Theorie stützen. Das Aufstoßen eines Säuglings kann seine Milchkapazität um mehr als 15-25 % erhöhen, was einen erheblichen Überlebensvorteil darstellt. Säuglinge neigen stark zum Schluckauf, und obwohl der Reflex ein Leben lang anhält, nimmt seine Häufigkeit mit dem Alter ab. Die Lage der sensorischen Nerven, die den Reflex auslösen, lässt vermuten, dass es sich um eine Reaktion auf einen Zustand im Magen handelt. Die Komponente des Reflexes, die die Peristaltik in der Speiseröhre unterdrückt, während die Atemwege aktiv blockiert werden, lässt vermuten, dass die Speiseröhre beteiligt ist. Außerdem ist Schluckauf nur bei Säugetieren beschrieben - der Gruppe von Tieren, die ihre Jungen säugen. ⓘ
Phylogenetische Hypothese
Eine internationale Atemforschungsgruppe mit Mitgliedern aus Kanada, Frankreich und Japan schlug vor, dass der Schluckauf ein evolutionäres Überbleibsel der früheren Amphibienatmung ist. Amphibien wie Kaulquappen schlucken Luft und Wasser über ihre Kiemen durch einen recht einfachen motorischen Reflex, der dem Schluckauf von Säugetieren ähnelt. Die motorischen Bahnen, die den Schluckauf ermöglichen, bilden sich schon früh während der fötalen Entwicklung, noch bevor sich die motorischen Bahnen bilden, die eine normale Lungenventilation ermöglichen. Somit ist der Schluckauf evolutionär gesehen ein Vorläufer der modernen Lungenatmung. ⓘ
Darüber hinaus weist diese Gruppe (C. Straus et al.) darauf hin, dass Schluckauf und Amphibienschlucken durch erhöhtes CO2 gehemmt und durch GABAB-Rezeptor-Agonisten gestoppt werden können, was eine mögliche gemeinsame Physiologie und ein gemeinsames evolutionäres Erbe verdeutlicht. Diese Vorschläge könnten erklären, warum Frühgeborene 2,5 % ihrer Zeit mit Schluckauf verbringen und möglicherweise wie Amphibien schlucken, da ihre Lungen noch nicht vollständig ausgebildet sind. ⓘ
Die phylogenetische Hypothese erklärt den Schluckauf als ein evolutionäres Überbleibsel, das von unseren amphibischen Vorfahren übernommen wurde. Diese Hypothese wurde in Frage gestellt, weil der Schluckaufreflex bei Säugetieren im Vergleich zum Atemreflex bei Amphibien sehr komplex ist, weil sie den Grund für den Glottisverschluss nicht erklärt und weil die sehr kurze Kontraktion des Schluckaufs wahrscheinlich keine signifikante stärkende Wirkung auf die langsam zuckenden Atemmuskeln hat. ⓘ
Beim intrauterinen Schluckauf des Fötus gibt es zwei Arten von Schluckauf. Der physiologische Typ tritt vor der achtundzwanzigsten Woche nach der Empfängnis auf und dauert in der Regel fünf bis zehn Minuten. Dieser Schluckauf ist Teil der fetalen Entwicklung und steht im Zusammenhang mit der Myelinisierung des Nervus phrenicus, der in erster Linie das Brustzwerchfell steuert. ⓘ
Die phylogenetische Hypothese und die Hypothese des Aufstoßens schließen sich nicht gegenseitig aus. Die phylogenetische Hypothese könnte erklären, wie sich der Schluckaufreflex entwickelt haben könnte, während die "Rülps-Hypothese" erklären könnte, warum er einen ausreichenden evolutionären Vorteil bieten würde, um zu bestehen und an Komplexität zuzunehmen. ⓘ
Dauer
Schluckaufepisoden dauern in der Regel nur wenige Minuten und sind für die Betroffenen nur lästig und für die Umstehenden amüsant, aber länger andauernde Anfälle können schwerwiegend sein und eine schwer zu diagnostizierende Ursache haben. Solche Anfälle können zu erheblicher Morbidität und sogar zum Tod führen. Ein Anfall, der länger als ein paar Minuten dauert, wird als Anfall bezeichnet; ein Anfall, der länger als 48 Stunden dauert, wird als anhaltend oder langwierig bezeichnet. Schluckauf, der länger als einen Monat andauert, wird als hartnäckig bezeichnet. In vielen Fällen ist nur ein einziges Hemidiaphragma, meist das linke, betroffen, es können aber auch beide betroffen sein. ⓘ
Behandlung
Normalerweise wird der Schluckauf abgewartet, da er in der Regel schnell vorübergeht. Es gibt zahlreiche volkstümliche "Heilmittel" gegen Schluckauf, aber es ist kein wirksamer Standard zur Unterbindung des Schluckaufs bekannt. Schluckauf wird nur in schweren und hartnäckigen (als "hartnäckig" bezeichneten) Fällen medizinisch behandelt. ⓘ
Es gibt zahlreiche medizinische Mittel, aber keine bestimmte Behandlung ist als besonders wirksam bekannt, da es im Allgemeinen an hochwertigen Beweisen mangelt. Viele Medikamente wurden bereits eingesetzt, z. B. Baclofen, Chlorpromazin, Metoclopramid, Gabapentin und verschiedene Protonenpumpenhemmer. Schluckauf, der auf eine andere Ursache zurückzuführen ist, wie die gastroösophageale Refluxkrankheit oder Speiseröhrenstege, wird durch die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung behandelt. Der Zwerchfellnerv kann vorübergehend durch eine Injektion von 0,5 %igem Procain oder dauerhaft durch eine bilaterale Phrenikotomie oder andere Formen der chirurgischen Zerstörung blockiert werden. Selbst diese recht drastische Behandlung führt jedoch in manchen Fällen nicht zur Heilung. ⓘ
Haloperidol, Metoclopramid und Chlorpromazin werden bei hartnäckigem Schluckauf eingesetzt. Für eine wirksame Behandlung mit Beruhigungsmitteln ist oft eine Dosis erforderlich, die den Betroffenen entweder bewusstlos oder sehr lethargisch macht. Daher ist die Behandlung mit Beruhigungsmitteln nur kurzfristig sinnvoll, da die Betroffenen unter ihrer Wirkung keine normalen Lebensaktivitäten mehr ausüben können. ⓘ
Bei einem hartnäckigen Schluckauf wurde ein Vagusnerv-Stimulator eingesetzt. "Er sendet rhythmische Stromstöße über den Vagusnerv, der durch den Hals verläuft, an das Gehirn. Die Food and Drug Administration hat den Vagusnerv-Stimulator 1997 als Mittel zur Kontrolle von Anfällen bei einigen Patienten mit Epilepsie zugelassen. ⓘ
Anhaltende digitale rektale Massage hat sich ebenfalls als wirksam erwiesen, um hartnäckigen Schluckauf zu beenden. ⓘ
Volkstümliche Heilmittel
Es gibt viele abergläubische und volkstümliche Heilmittel gegen Schluckauf, darunter Kopfstand, ein Glas Wasser auf dem Kopf stehend trinken, sich von jemandem erschrecken lassen, in einen Beutel atmen, einen großen Löffel Erdnussbutter essen und Zucker auf oder unter die Zunge legen. ⓘ
Akupressur, entweder durch tatsächliche Wirkung oder durch Placeboeffekt, kann bei manchen Menschen Schluckauf heilen. Eine Technik besteht zum Beispiel darin, Brust und Schultern zu entspannen und die tiefsten Punkte der Vertiefungen direkt unter den Vorsprüngen der Schlüsselbeine zu finden. Die Zeige- oder Mittelfinger werden in die Vertiefungen eingeführt und sechzig Sekunden lang fest gedrückt, während man lange und tief einatmet. ⓘ
Eine einfache Behandlung besteht darin, den CO2-Partialdruck zu erhöhen und die Aktivität des Zwerchfells durch Anhalten des Atems oder Rückatmung in eine Papiertüte zu hemmen. Weitere mögliche Maßnahmen, die von NHS Choices vorgeschlagen werden, sind das Anziehen der Knie bis zur Brust und das Vorbeugen, das Trinken von eiskaltem Wasser und das Schlucken von Kristallzucker. ⓘ
Das Trinken durch einen Strohhalm mit verstopften Ohren ist ein Volksheilmittel, das erfolgreich sein kann. Im Jahr 2021 wurde ein wissenschaftliches Hilfsmittel mit einer ähnlichen Grundlage an 249 Personen mit Schluckauf getestet; die Ergebnisse wurden im Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht. Dieses Gerät trägt den Namen FISST (Forced Inspiratory Suction and Swallow Tool) und ist unter dem Namen "HiccAway" bekannt. Diese Studie unterstützt die Verwendung von FISST als Option zur Beendigung des vorübergehenden Schluckaufs, wobei mehr als 90 % der Teilnehmer über bessere Ergebnisse als bei Hausmitteln berichteten. HiccAway stoppt den Schluckauf durch einen kräftigen Sog, der durch die Kontraktion des Zwerchfells (Aktivität des Zwerchfellnervs) erzeugt wird, gefolgt vom Schlucken des Wassers, das einen Kehldeckelverschluss erfordert. ⓘ
Gesellschaft und Kultur
Das Wort Schluckauf selbst ist durch Nachahmung entstanden. Die alternative Schreibweise Schluckhusten resultiert aus der Assoziation mit dem Wort Husten. ⓘ
Der Amerikaner Charles Osborne (14. Dezember 1892 - 1. Mai 1991) hatte 68 Jahre lang, von 1922 bis Februar 1990, Schluckauf und wurde in das Guinness-Buch der Rekorde als der Mann mit der längsten Schluckauf-Attacke (geschätzte 430 Millionen Schluckaufs) eingetragen. 2007 erlangte die Teenagerin Jennifer Mee aus Florida Medienberühmtheit, weil sie über fünf Wochen lang rund 50 Mal pro Minute Schluckauf hatte. Christopher Sands, ein Brite, hatte in einem Zeitraum von 27 Monaten, von Februar 2007 bis Mai 2009, schätzungsweise 10 Millionen Mal Schluckauf. Man fand schließlich heraus, dass sein Zustand, der dazu führte, dass er kaum essen oder schlafen konnte, durch einen Tumor an seinem Hirnstamm verursacht wurde, der auf Nerven drückte und ihn 12 Stunden am Tag alle zwei Sekunden zum Schluckauf veranlasste. Nach einer Operation hörte der Schluckauf im Jahr 2009 auf. ⓘ
In der baltischen, deutschen, ungarischen, indischen, rumänischen, slawischen, türkischen, griechischen und albanischen Folklore sowie bei einigen Stämmen in Kenia, z. B. den Luos, heißt es, dass der Schluckauf auftritt, wenn über die Person, die ihn hat, von jemandem gesprochen wird, der nicht dabei ist. ⓘ
Folgen des chronischen Schluckaufs
In besonders seltenen Fällen leiden Menschen unter chronischem Schluckauf mitunter viele Jahre lang. Der längste ununterbrochene Schluckauf beim Menschen dauerte angeblich von 1922 bis 1990. Ein solches Leiden bringt nicht nur körperliche Einschränkungen mit sich, sondern schlägt oft auch auf die Psyche und kann bis zum Suizid führen. Auf körperlicher Ebene wird durch dauernden Schluckauf die Sauerstoffversorgung beeinträchtigt, und es kommt zu Schlafstörungen. An der Universität Heidelberg existiert ein Therapiezentrum für Patienten mit chronischem Schluckauf. ⓘ
Therapien
Es gibt viele Hausmittel gegen Schluckauf, die vorwiegend auf eine „Beruhigung“ der Atmung und des Zwerchfells zielen. Beispielsweise soll es teilweise helfen, 30 Sekunden lang die Luft anzuhalten. Manche Menschen können sogar durch Konzentration auf die Atmung ihr Zwerchfell entspannen und damit den Schluckauf beenden. Viele Hausmittel haben auch etwas mit Aufmerksamkeit zu tun (Ablenkung, Erschrecktwerden) oder mit absichtlich erschwertem Schlucken, wie trocken/während des Luftanhaltens schlucken, gegen die Bauchmuskulatur schlucken oder kopfüber nach oben schlucken. ⓘ
Die medizinische Fachliteratur erwähnt auch einige andere Behandlungsformen, neben pharmakologischen wie Cannabis auch Orgasmen, rektale Massagen per Finger oder die nasale Anwendung von Essig. Auch Erbrechen soll den Schluckauf beenden. Aus dem japanischen Kappō, einer traditionellen Heilmethode, ist eine weitere Maßnahme überliefert, bei der man auf einen bestimmten Bereich des Nackens Druck ausübt. ⓘ
Medikamentös wird mit Protonenpumpenhemmern, Prokinetika, Sympathomimetika, Sedativa und Neuroleptika behandelt; früher mit Triflupromazin (wurde 2003 vom Markt genommen) oder Diazepam, heute oft mit dem Spasmolytikum Baclofen. ⓘ
Traditionelle Erklärungsversuche
Wie beim Niesen (Sternution, Sternutation) etwas näher ausgeführt, sind (bzw. waren) auch mit dem Schluckauf allerlei traditionelle, abergläubische Vorstellungen verbunden, wie zum Beispiel, dass eine nicht anwesende Person an die in diesem Moment unter Schluckauf leidende Person denkt. ⓘ
Bezeichnungen
In Österreich und in Bayern wird Schluckauf als „Schnackerln“ (Mehrzahl oder Infinitiv von „Schnackerl“) oder „Schnackler“ (auch „Schnackerlstoßen“) bezeichnet („Er hat einen Schnackler“ bzw. „Er hat Schnackerl“). ⓘ
In der Schweiz wird er als „Gluggsi“ (Region Basel) oder „Hitzgi“ (Region Zürich) bezeichnet („Er hät de Hitzgi“). ⓘ
In Schwaben (Württemberg) und in Baden wird der Schluckauf als „Gluckser, Gluggser“ oder „Häcker, Hickser“ bezeichnet („Er hat den Gluckser / Gluggser / Häcker“), in Franken als „Hädscher“, in Schleswig-Holstein als „Hickop“ und in der Pfalz als „Schluggser“/„Schluckser“. Im Ruhrgebiet ist die Version „Hickeschlick“ und am Niederrhein „Hickepick“ gebräuchlich. Auch als „Schlucksen“ wird ein Schluckauf bezeichnet. Im schwäbischen Allgäu wird der Schluckauf mit „Hesch“ oder „Häsch“ bezeichnet. Im Gebiet vom Rhein sagt man „Schlicks“, im Westfälischen „Hicks“. Im Hessischen ist „Schligges“ oder „Schlickes“ ein gebräuchlicher Begriff. ⓘ
Darstellungen in kulturellen Werken
In Roberto Bolaños Monsieur Pain (1999) stirbt César Vallejo am Dauerschluckauf. In Jonathan Lethems Chronic City (2009) überträgt sich der Schluckauf von einem Pitbull auf einen Menschen. Dessen innere Organe werden durch die vom dauerhaften Schluckauf hervorgerufenen Spasmen letal geschädigt. Monologe mit Schluckauf werden hier als „Hickolog“ bezeichnet. In Kurt Vonneguts Timequake (1997) führt eine u. a. als „Schluckauf“ bezeichnete Störung des Raum-Zeit-Kontinuums dazu, dass sich die Jahre 1991 bis 2001 unverändert wiederholen. ⓘ
Im ungarischen Film Hukkle – Das Dorf (2002) wird der (onomatopoetisch) titelgebende Schluckauf als strukturierendes Stilmerkmal verwendet. ⓘ