Pflanzenkohle

Aus besserwiki.de
A hand holding a piece of biochar with a bucket of it in the background
Aus Restholz hergestellte Biokohle in Namibia
Small pellets of biochar
Kleinere Pellets aus Biokohle
A large pile of biochar
Biokohle nach der Herstellung, in einem großen Haufen

Biokohle ist der leichte, schwarze Rückstand, der aus Kohlenstoff und und Asche, der nach der Pyrolyse von Biomasse zurückbleibt. Die Internationale Biokohle-Initiative definiert Biokohle als "festes Material, das bei der thermochemischen Umwandlung von Biomasse in einer sauerstoffarmen Umgebung entsteht". Biokohle ist ein stabiler Feststoff, der reich an pyrogenem Kohlenstoff ist und im Boden Tausende von Jahren überdauern kann.

Die feuerfeste Stabilität von Biokohle führt zum Konzept der pyrogenen Kohlenstoffbindung und -speicherung (PyCCS), d. h. der Kohlenstoffbindung in Form von Biokohle. Dies kann ein Mittel zur Abschwächung des Klimawandels sein. Biokohle kann die Bodenfruchtbarkeit saurer Böden erhöhen und die landwirtschaftliche Produktivität steigern.

Pflanzenkohle (auch Biokohle) wird durch pyrolytische Verkohlung pflanzlicher Ausgangsstoffe hergestellt. Eine traditionell sehr häufige Form ist die Holzkohle.

Verwendung

In Verbindung mit anderen Beimengungen wie Knochen, Fischgräten, Biomasseabfällen, Fäkalien und Asche ist sie zum Beispiel Bestandteil der Terra preta. Pflanzenkohle ist in einigen Ländern (u. a. Österreich, Schweiz) in der Landwirtschaft als Bodenverbesserer und Trägerstoff für Düngemittel sowie als Hilfsstoff für die Kompostierung und Nährstofffixierung von Gülle zugelassen. Pflanzenkohle wird auch als Futtermittelzusatz und Nahrungsergänzungsmittel verwendet. Bei der Verwendung als Bodenverbesserer wird ihr unter anderem ein großes Potential als Mittel zur Kompensation der Kohlendioxid-Emissionen in Anbetracht der globalen Erwärmung zugeschrieben.

Pflanzenkohle hat zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten, etwa als Dämmstoff in der Gebäudekonstruktion, in der Abwasser- und Trinkwasserbehandlung, als Abgasfilter und in der Textilindustrie. Beispiele für aktuelle Einsatzbereiche sind: Gemahlene Pflanzenkohle wird als Lebensmittelfarbstoff E 153 ohne Höchstmengenbegrenzung verwendet, z. B. als Umhüllung von Käse. In der Medizin dient sie als Medizinalkohle zur Behandlung von Durchfallerkrankungen. Ähnlich wie Holzkohle kann Pflanzenkohle auch als Aktivkohle eingesetzt werden.

Daneben wird Pflanzenkohle als Energieträger verwendet, indem aus biogenen Reststoffen Pflanzenkohle hergestellt und später in Kraftwerken, Heizkraftwerken oder Industrieanlagen zur Gewinnung thermischer oder elektrischer Energie verbrannt wird. Sie kann auch direkt verbrannt werden, als Ersatz für Grillkohle, allerdings wird sie dafür als zu wertvoll angesehen. Die Kohlendioxid-Bilanz ist bei der Verbrennung von Pflanzenkohle anders als bei der Einlagerung im Boden, da Kohlendioxid bei der Verbrennung freigesetzt wird.

Herstellung

Pflanzenkohle wird unter Luftabschluss bei Temperaturen zwischen 380 °C und 1000 °C hergestellt (vgl. Pyrolyse). Unter diesen Prozessbedingungen wird vorwiegend Wasser abgespalten, wobei Pflanzenkohle, Synthesegas und Wärme entstehen. Je nach verwendeter Technologie können dabei erhebliche Rauchgase freigesetzt werden, die zu einer bedeutenden Luftverunreinigung führen. Das Umweltbundesamt spricht von „einem erheblichen Gefährdungspotenzial entsprechender Anlagen“. Pflanzenkohle erhält nur das Europäische Pflanzenkohle-Zertifikat, wenn keine unverbrannten Pyrolysegase in die Atmosphäre entweichen. Auch die thermische Nutzung des Synthesegases ist zur Erfüllung dieser Vorgabe erlaubt. Die Mineralstoffe der ursprünglichen Biomasse werden in den Poren und an der Oberfläche der Pflanzenkohle gebunden.

Traditionelle Herstellung

Pflanzenkohle wurde bereits seit Beginn der Eisenzeit in sogenannten Kohlenmeilern hergestellt. Als Ausgangsstoff wurde dafür meist Holz verwendet, so dass der Begriff Holzkohle entstand. Bei diesem traditionellen Verfahren ist die Ausbeute an Kohle relativ gering und die Pyrolysegase entweichen ungenutzt in die Atmosphäre.

Kleinanlagen

Es gibt einige manuelle Meiler wie z. B. den Kon-Tiki, welcher die Pyrolysegase sauber verbrennt und damit zur Pyrolyse weiterer Biomasse verwendet.

Industrielle Verfahren

Technische Pyrolyse

Pflanzenkohle wird üblicherweise aus Resten von an Land wachsenden Pflanzen hergestellt. Daneben sind auch weitere Ausgangsmaterialien wie Klärschlamm, Mikroalgen oder Wasserpflanzen geeignet.

Durch moderne technische Verfahren, die seit den 1990er Jahren entwickelt wurden, können inzwischen alle pflanzlichen Rohstoffe mit einem Feuchtigkeitsgehalt von bis zu 50 % zu Pflanzenkohle pyrolysiert werden. Die bei der Pyrolyse entstehenden Synthesegase können schadstoffarm verbrannt werden. Ein Teil der dabei entstehenden Wärme wird zur Erhitzung der nachgeförderten Biomasse verwendet. Der weitaus größere Teil der Abwärme lässt sich zu Heizzwecken nutzen oder über Kraft-Wärme-Kopplung teilweise in Elektrizität umwandeln.

Die Pyrolyse wird auch in der Holzvergasungstechnik angewendet. Das entstehende Gas wird einem Verbrennungsmotor zugeführt. Mittels Hoch- und Niederdruckdampfstufen kann der Wirkungsgrad der Anlage weiter verbessert werden. Die Holzvergasungstechnik wird auch zur Stromerzeugung eingesetzt. Als Abfallprodukt entsteht ebenfalls Kohle in sehr feinkörnigem Zustand. Zwei Drittel der durch Photosynthese akkumulierten Energie (maßgeblich durch Reduktion von Kohlendioxid gebildeter Kohlenstoff) wird in der entstehenden Pflanzenkohle gespeichert.

Primärbrennkammer einer experimentellen Karbonisierungsanlage zur Pflanzenkohleproduktion (Botanischer Garten Berlin 2022, Projekt Terra BoGa 2007-2014)

Bekannte Hersteller von Pyrolyseanlagen sind deutsche Unternehmen wie Pyreg, Carbon Terra, BioMaCon, Regenis, Pyrotec Biomasseverwertung sowie die australischen Firmen Eprida, Pacific Pyrolysis (PacPyro). Weitere industrielle Anlagenhersteller gibt es in China und Japan. Bis Anfang 2014 wurden 10 industrielle Anlagen in Kompostwerken, Stadtgärtnereien, Bauernhöfen, Gemeinden, Klärwerken und Abfallentsorgern errichtet. Neben den oben erwähnten industriellen Anlagen werden derzeit zahlreiche Klein- und Kleinstpyrolyse-Anlagen entwickelt, die sowohl im Haus- und Gartengebrauch als auch in Entwicklungsländern zum Einsatz kommen sollen.

Hydrothermale Carbonisierung

Ein weiteres Verfahren zur Herstellung von Kohle aus Biomasse ist die sogenannte hydrothermale Carbonisierung (HTC) unter Zugabe von Wasser unter Drücken von ca. 20 bar und Temperaturen von 180 °C. Der Chemiker Friedrich Bergius erhielt für diese Entdeckung 1931 den Nobelpreis für Chemie. Bei Hydrokohle handelt es sich im Vergleich zur Pflanzenkohle zwar um ein verwandtes, chemisch und physikalisch aber unterschiedliches Produkt, das gleichwohl Perspektiven für den Einsatz in der Landwirtschaft aufweist. Im Jahr 2010 wurden zwei industrielle Anlagen zur Herstellung von Hydrokohle (HTC-Kohle) in Betrieb genommen (Terra Nova Energy in Düsseldorf sowie AVA-CO2 in Karlsruhe).

Eine Pyrolyse bei Temperaturen ab 400 Grad ergibt sehr stabile Kohlen; hingegen werden HTC-Verfahren und Torrefizierung bei geringerer Temperatur durchgeführt und ergeben Kohlen, die weniger stabil sind. Je länger die Reaktionszeit und je höher die Temperatur oder der Druck ist, desto stabiler ist die daraus entstehende Kohle gegenüber einem mikrobiellen Abbau im Boden. Die Nomenklatur ist nicht einheitlich: Teils werden Kohlen, die durch HTC oder Torrefizierung von organischem Material entstehen, auch zu den Biokohlen gezählt.

Vapothermale Carbonisierung

Eine Weiterentwicklung der hydrothermalen Carbonisierung ist die vapothermale Carbonisierung (VTC), bei der Pflanzenkohle in einer Dampfatmosphäre produziert wird. Dadurch können die Reaktionsbedingungen besser beherrscht werden und das Verfahren schneller und energieeffizienter, und damit kostengünstiger durchgeführt werden. Bei der vapothermalen Carbonisierung handelt es sich um einen exothermen Prozess, der bei Temperaturen zwischen 180 und 250 °C und Drücken von 16 bis 42 bar stattfindet. Die vapothermale Carbonisierung ist geeignet, biologische Abfallprodukte mit einem Feuchtegehalt von über 50 % zu verwerten.

Thermokatalytische Depolymerisation

Alternativ wurde die "thermokatalytische Depolymerisation", bei der Mikrowellen zum Einsatz kommen, zur effizienten Umwandlung organischer Stoffe in Biokohle im industriellen Maßstab eingesetzt, wobei ≈50 % Holzkohle erzeugt werden.

Aufladung und Aktivierung

Pflanzenkohle ist kein Dünger, sondern vor allem ein Trägermittel für Nährstoffe sowie Habitat für Mikroorganismen. Falls sie unbehandelt in den Boden eingebracht wird, würde sie Nährstoffe und Wasser aus dem Boden aufnehmen und fixieren; sie könnte dadurch das Pflanzenwachstum für Monate hemmen. Um ihre bodenverbessernden Eigenschaften zur Wirkung zu bringen, muss die Pflanzenkohle zunächst physikalisch mit Nährstoffen aufgeladen und/oder biologisch aktiviert werden.

Pflanzenkohle ist porös und besitzt eine hohe spezifische Oberfläche von teilweise über 300 m² pro Gramm. Aufgrund der hohen Porosität vermag Pflanzenkohle bis zur fünffachen Menge ihres Eigengewichtes an Wasser und den darin gelösten Nährstoffen aufzunehmen. Diese Eigenschaft nennt man Adsorptionskapazität (AK) der Pflanzenkohle für hydrophobe Stoffe, die einerseits von der pyrolysierten Biomasse und andererseits von den Pyrolysebedingungen abhängt. Im Bereich von 450 °C bis 700 °C entstehen Pflanzenkohlen mit der höchsten Adsorptionskapazität.

Eine weitere wichtige Eigenschaft zur Erklärung der besonderen Nährstoffdynamik der Pflanzenkohle ist die hohe Kationenaustauschkapazität (KAK). Die KAK hängt von der Oberfläche der Pflanzenkohle ab, ist aber eine chemische Größe, die durch Sauerstoff und Bodenkontakt zunimmt und erst nach einiger Zeit ihren Höchstwert erreicht. Eine hohe KAK verhindert das Auswaschen von mineralischen wie organischen Nährstoffen und sorgt insgesamt für eine höhere Nährstoffverfügbarkeit. Eine hohe KAK begünstigt zudem die Bindung von Schwermetallionen, wodurch die Bodenflora und Bodenfauna geschützt werden.

Die hohen Adsorptions- und Kationenaustauschkapazitäten der Pflanzenkohle führen dazu, dass sich die Pflanzenkohle als Nährstoffträger eignet. Die von der Pflanzenkohle aufgenommenen Nährstoffe führen dazu, dass Mikroorganismen Lebensräume in und um die Pflanzenkohle finden. Dies führt zu mikrobieller Belebung des Bodens, was Symbiosen von Mikroorganismen und Pflanzenwurzeln zugutekommen kann.

Eine "Aufladung" kann auch in kleinem Maßstab selbst vorgenommen werden, indem Holzkohle dem Rohkompost zugesetzt wird. Hier ein reifer Kompost mit sichtbaren Kohlestücken (Pfeile)

Biokohle ist aufgrund ihrer porösen Struktur und hohen spezifischen Oberfläche hygroskopisch. Dadurch werden Düngemittel und andere Nährstoffe zum Nutzen der Pflanzen zurückgehalten.

Eigenschaften

Die Eigenschaften von Pflanzenkohle variieren stark je nach Ausgangsmaterial und Bedingungen der Pyrolyse.

  1. C-Gehalt > 50 % Der Kohlenstoffgehalt von Pyrokohlen schwankt je nach verwendeter Biomasse und Prozesstemperatur zwischen 25 und 95 %. (z. B.: Hühnermist: 26 %, Buchenholz: 86 %). Bei sehr mineralreichen Biomassen wie Viehmist überwiegt im Pyrolyseprodukt der Asche­gehalt, entsprechend fallen diese Produkte unter die Kategorie von Aschen mit mehr oder weniger hohem Anteil an Pflanzenkohle. Solche mineralreichen Biomassen sollten im Sinne möglichst effizienter Stoffströme eher kompostiert oder fermentiert anstatt pyrolysiert werden, so dass die Nährstoffe möglichst rasch wieder pflanzenverfügbar gemacht werden.
  2. Molares H/C-Verhältnis zwischen 0,1 und 0,6. Aus dem molaren H/C-Verhältnis lässt sich der Verkohlungsgrad und damit auch die Stabilität der Pflanzenkohle ableiten. Das Verhältnis gehört zu den wichtigsten Eigenschaften von Pflanzenkohle. Die Werte schwanken je nach Biomasse und gewähltem Verfahren. Werte außerhalb dieses Bereiches lassen auf minderwertige Kohlen und mangelhafte Pyrolyse-Verfahren schließen.
  3. Nährstoffgehalte Die Schwankungen der Nährstoffgehalte verschiedener Pflanzenkohlen sind sehr hoch (zwischen 170 g/kg und 905 g/kg). Gemäß dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) müssen die Nährstoffgehalte ermittelt werden. Daraus ergeben sich die maximal zulässigen Mengen, die in den Boden eingearbeitet werden dürfen. Entscheidend sind aber nicht die absoluten Nährstoffgehalte, sondern die jeweilige Nährstoffverfügbarkeit, welche jedoch schwierig zu ermitteln ist (z. B. Nährstoffverfügbarkeit von Phosphor liegt bei ca. 15 %, die von Stickstoff liegt teilweise unter 1 %). Nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz werden jedoch nur die Gesamtgehalte der Nährstoffe berücksichtigt.
  4. Schwermetallgehalt in mg/kg: Cadmium (Cd) 0,8 / Chrom Cr 50 / Kupfer Cu 50 / Quecksilber Hg 0,5 / Nickel Ni 20 / Blei Pb 67 / Zink Zn 200 / Arsen As 10. Wie im Falle der Kompostierung bleibt auch bei der Pyrolyse fast die gesamte Menge an Schwermetallen der ursprünglich verwendeten Biomasse im Endsubstrat erhalten. Allerdings werden die Schwermetalle sehr effizient und langfristig von der Pflanzenkohle fixiert. Wie dauerhaft diese Fixierung ist, ist bisher noch nicht geklärt. Da Pflanzenkohle anders als Kompost nur einmalig (bzw. mehrfach bis zu einer maximalen Endkonzentration) in den Boden eingebracht wird, ist eine Anreicherung mit Schwermetallen unwahrscheinlich.
  5. PAK-Gehalte (Summe der 16 Leitverbindungen der EPA) < 12 mg/kg TM / PCB-Gehalt <0,2 mg/kg TM. Pflanzenkohle fixiert sehr effizient PAK. Die Auswirkungen einer potentiellen PAK-Belastung sind daher relativ gering. Es ist zu beachten, dass aufgrund der hohen Adsorptionskraft der Pflanzenkohle die meisten Standardmethoden zur Analyse von PAK nicht für Pflanzenkohle geeignet sind und lediglich Werte im Bereich von unter 10 % des Realwertes ergeben. Pyrokohlen sind daher nach der Methode DIN ISO 13887:B zu analysieren (Soxhlet-Extraktion mit Toluol).
  6. Furane < 20 ng/kg (I-TEQ OMS);
  7. pH-Wert – die pH-Werte schwanken zwischen 6 und 10, stellen für die Zertifizierung kein Ausschlusskriterium dar. Sie müssen aber zwingend angegeben werden, da eine Verschiebung des Boden-pH-Wertes großen Einfluss auf die Bodenkultur hat
  8. Spezifische Oberfläche – Ihr Wert hängt sowohl von der pyrolysierten Biomasse, als auch von dem verwendeten Pyrolyseverfahren (v. a. Höchsttemperatur, Verweildauer, Partikelgröße) ab. Typische Werte für Pflanzenkohle schwanken zwischen 100 und 300 m²/g.

Die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Biokohle, die durch die Ausgangsstoffe und Technologien bestimmt werden, sind von entscheidender Bedeutung. Die Charakterisierungsdaten geben Aufschluss über ihre Leistung bei einer bestimmten Verwendung. Die von der Internationalen Biokohle-Initiative veröffentlichten Leitlinien bieten beispielsweise standardisierte Bewertungsmethoden. Die Eigenschaften können in verschiedener Hinsicht kategorisiert werden, z. B. in Bezug auf die unmittelbare und elementare Zusammensetzung, den pH-Wert und die Porosität. Die Atomverhältnisse von Biokohle, einschließlich H/C und O/C, korrelieren mit den Eigenschaften, die für den organischen Gehalt relevant sind, wie Polarität und Aromatizität. Ein van-Krevelen-Diagramm kann die Entwicklung der Atomverhältnisse von Biokohle während des Produktionsprozesses zeigen. Während des Verkohlungsprozesses sinken sowohl das H/C- als auch das O/C-Verhältnis aufgrund der Freisetzung von funktionellen Gruppen, die Wasserstoff und Sauerstoff enthalten.

Die Produktionstemperaturen beeinflussen die Eigenschaften der Biokohle auf verschiedene Weise. Besonders betroffen ist die molekulare Kohlenstoffstruktur der festen Biokohlematrix. Die anfängliche Pyrolyse bei 450-550 °C hinterlässt eine amorphe Kohlenstoffstruktur. Temperaturen oberhalb dieses Bereichs führen zu einer fortschreitenden thermochemischen Umwandlung von amorphem Kohlenstoff in turbostratische Graphenblätter. Auch die Leitfähigkeit der Biokohle steigt mit der Produktionstemperatur. Wichtig für die Kohlenstoffabscheidung ist, dass die Aromatizität und die intrinsische Widerspenstigkeit mit der Temperatur zunehmen.

Ökologisches Potential

Die ökologische und ökonomische Bilanz von Pflanzenkohle hängt von der Art der eingesetzten Biomasse und von der Verwendung ab, ebenso wie von wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Da die Produktion nachwachsender Rohstoffe teuer sein kann, werden vor allem Reststoffe verwendet, die einen sehr geringen Wert besitzen oder deren Entsorgung andernfalls Schwierigkeiten oder Kosten verursachen würde.

Pflanzenkohle als Bodenverbesserer

Pflanzenkohle trägt bereits seit über 2500 Jahren in zahlreichen Regionen der Welt zur Bodenverbesserung bei. Meist wurde die Pflanzenkohle dabei in Kombination mit anderen organischen Reststoffen wie Viehmist, Kompost oder Bokashi, das sind kommerzielle Mischungen aus verschiedenen, universell vorkommenden aeroben und anaeroben Mikroorganismen aus der Lebensmittelindustrie, in den Boden eingebracht. Die Pflanzenkohle diente dabei vor allem als Trägermittel für Nährstoffe sowie als Mikrohabitat für Bodenmikroorganismen wie Bakterien und Pilze. Wird Pflanzenkohle in den Dünger gemischt, kann sie beim Humusaufbau helfen. Das bekannteste Beispiel für den Einsatz von Pflanzenkohle zur nachhaltigen Verbesserung verwitterter Böden ist Terra preta.

Durch den Eintrag von aktivierter Pflanzenkohle in landwirtschaftlich genutzte Böden lassen sich Auswirkungen auf die Bodenaktivität, Bodengesundheit und Ertragskapazität erzielen. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnten unter anderem folgende Vorteile für die Bodenkulturen nachgewiesen werden:

  • Verbesserung des Wasserspeichervermögens der Böden
  • Zuwachs der Bodenbakterien, die in den Nischen der hochporösen Kohle einen geschützten Lebensraum finden, wodurch die Nährstoffumsetzung für die Pflanzen gefördert wird.
  • Zunahme der Mykorrhizen, wodurch eine verbesserte Wasser- und Mineralstoffaufnahme sowie wirksamer Schutz gegen Pflanzenschädlinge gewährleistet wird.
  • Adsorption toxischer Bodenstoffe wie organische Schadstoffe und Schwermetalle, wodurch die Lebensmittelqualität und der Grundwasserschutz verbessert werden.
  • Höhere Bodendurchlüftung sowie bessere Aktivität von N-Bakterien und somit deutliche Reduktion der klimaschädlichen Methan- und Lachgas-Emissionen.
  • Effizientere Nährstoffdynamik, die sowohl für erhöhtes Pflanzenwachstum als auch für verminderte Nährstoffauswaschung sorgt
  • Verbesserung der Pflanzengesundheit durch induzierte Resistenz
  • Schutz des Mikrobioms und der Biodiversität in mit Mikroplastik kontaminierten Böden

Das deutsche Umweltbundesamt (UBA) und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) warnten 2016 angesichts der Vielzahl der Ausgangsstoffe, Herstellungsverfahren und Anwendungsbereiche vor potenziellen Risiken bezüglich der Bildung organischer Schadstoffe bei der Biokohleherstellung sowie der Wirkungen auf Böden und Kulturpflanzen. Das deutsche UBA empfahl im gleichen Jahr weitere systematische Untersuchungen sowie die Etablierung eines Zertifizierungs­systems.

Kohlenstoffsenke

Pflanzenkohle besteht zum überwiegenden Anteil aus reinem Kohlenstoff, der von Mikroorganismen nur sehr langsam abgebaut werden kann. Wird diese Pflanzenkohle in landwirtschaftliche Böden eingearbeitet, bleibt ein Anteil von über 80 % des Kohlenstoffes für mehr als 1000 Jahre stabil und stellt somit eine Möglichkeit dar, das ursprünglich von Pflanzen assimilierte CO2 langfristig der Atmosphäre zu entziehen und dadurch den Klimawandel abzubremsen.

Im Rahmen der pyrogenen CO2-Abscheidung und -Speicherung könnten entsprechende Verfahren beim Kampf gegen die globale Erwärmung verwendet werden.

Biologische Reststoffe wie Grünschnitt, Trester oder Mist werden derzeit entweder der Kompostierung, Fermentierung oder Verrottung zugeführt. Beim Kompostieren und Verrotten entweichen ca. 60 % des in der Biomasse enthaltenen Kohlenstoffs als CO2 und Methan. Bei der dezentral einsetzbaren Pyrolyse entstehen aus der ursprünglichen Biomasse ca. 30 % Pflanzenkohle. Da zudem die Energie des Synthesegases zur Elektrizitätsgewinnung eingesetzt werden kann und somit fossile Brennstoffe ersetzt, ist die Klimabilanz bei der Pyrolyse von biologischen Reststoffen im Vergleich zu deren bloßer Verrottung klimapositiv. Die Pyrolyse kann zudem in der Reststoffverwertung eingesetzt werden. So lassen sich Reststoffe aus Biogasanlagen, Pressreste aus der Sonnenblumen-, Raps- oder Olivenöl-Herstellung und Gärreste aus der Bioethanolherstellung verwenden.

Mittels einer Pyreg-Pyrolyse-Anlage lassen sich beispielsweise aus je zwei Tonnen Grünschnitt rund eine Tonne CO2 langfristig der Atmosphäre entziehen. Alle Energieaufwendungen wie für den Transport des Grüngutes, dessen Zerkleinerung, den Betrieb der Anlage sowie das Einbringen der Pflanzenkohle in den Boden sind dabei bereits berücksichtigt. Die verwendete Pyrolyse-Anlage ist energieautark und wird im kontinuierlichen Prozess betrieben. Die Energie, die zur Aufheizung der Biomasse auf über 400 Grad Celsius benötigt wird, stammt aus der Biomasse selbst und wird durch die Verbrennung des bei der Pyrolyse entstehenden Gases erzeugt. Manche Anlagen nutzen zur Karbonisierung der Biomasse die Abwärme anderer Systeme. Solche Systeme sind z. B. Biogasanlagen. Zur Karbonisierung der Biomasse werden hier die heißen Abgase der Verbrennungsmotoren genutzt. Das gesamte durch die Pyrolyse entstehende Gas wird den Verbrennungsmotoren zur klimapositiven Stromerzeugung zugeführt, da es nicht mehr zur Karbonisierung der Biomasse benötigt wird. Die Pyrolyse-Anlage kann sowohl kontinuierlich als auch diskontinuierlich betrieben werden, da durch die Abwärmenutzung die Anlage immer auf Betriebstemperatur gehalten wird und so Aufheizphasen entfallen.

Pflanzenkohle eingebracht ins Erdreich kann dort Jahrtausende überdauern.

Modellrechnungen zufolge ist es bei nachhaltiger Pflanzenkohleerzeugung theoretisch möglich, CO2-, Methan (CH4)- und Distickstoffmonoxid (N2O)-Emissionen von bis zu 6,6 Pg CO2-Äquivalent (CO2e) zu kompensieren, das entspricht 12 % der jährlichen, anthropogenen Treibhausemissionen. Im Verlauf eines Jahrhunderts könnte eine Menge Pflanzenkohle hergestellt werden, die Gesamtemissionen in Höhe von 480 Pg CO2e entspricht, ohne dabei Ernährungssicherheit, Biodiversität und die Stabilität von Ökosystemen zu gefährden. Nur ein Teil dieser potentiellen Pflanzenkohleerzeugung ist wirtschaftlich möglich. Schätzungen für Deutschland ergaben, dass – wenn die Emission einer Tonne CO2 im Jahr 2050 etwa 75 Euro kostet – circa ein Drittel des in Deutschland vorhandenen Potentials wirtschaftlich produziert werden könnte.

Hinsichtlich der Frage, ob Böden nach der Einbringung von Pflanzenkohle eine größere oder aber eine kleinere Menge der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas abgeben als zuvor, zeigen die Ergebnisse von Studien ein uneinheitliches Bild.

Bei der Verbrennung von Biomasse und der natürlichen Zersetzung werden große Mengen an Kohlendioxid und Methan in die Erdatmosphäre freigesetzt. Bei der Herstellung von Biokohle wird ebenfalls CO2 freigesetzt (bis zu 50 % der Biomasse), der verbleibende Kohlenstoffgehalt bleibt jedoch auf unbestimmte Zeit stabil. Der Kohlenstoff der Biokohle bleibt jahrhundertelang im Boden und verlangsamt den Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre. Gleichzeitig kann ihr Vorhandensein in der Erde die Wasserqualität verbessern, die Bodenfruchtbarkeit erhöhen, die landwirtschaftliche Produktivität steigern und den Druck auf alte Wälder verringern.

Biokohle kann wie Kohle über Hunderte bis Tausende von Jahren Kohlenstoff im Boden binden. In den 2010er Jahren wurden erste Arbeiten veröffentlicht, in denen der Einsatz von Biokohle zur Beseitigung von Kohlendioxid vorgeschlagen wurde, um eine langfristig stabile Kohlenstoffsenke zu schaffen. Diese Technik wird von Wissenschaftlern wie James Hansen und James Lovelock befürwortet.

In einem Bericht aus dem Jahr 2010 wurde geschätzt, dass die nachhaltige Nutzung von Biokohle die globalen Nettoemissionen von Kohlendioxid (CO
2), Methan und Distickstoffoxid um bis zu 1,8 Milliarden Tonnen Kohlendioxidäquivalent (CO
2e) pro Jahr (im Vergleich zu den rund 50 Milliarden Tonnen, die im Jahr 2021 emittiert werden), ohne die Ernährungssicherheit, Lebensräume oder den Bodenschutz zu gefährden. Eine Studie aus dem Jahr 2018 bezweifelte jedoch, dass genügend Biomasse zur Verfügung stehen würde, um eine signifikante Kohlenstoffbindung zu erreichen. Eine Studie aus dem Jahr 2021 schätzte die potenzielle CO2-Bindung auf 1,6 bis 3,2 Milliarden Tonnen pro Jahr.

Im Jahr 2021 bewegten sich die Kosten für Biokohle in der Größenordnung der europäischen Kohlenstoffpreise, waren aber noch nicht in das Emissionshandelssystem der EU oder des Vereinigten Königreichs einbezogen.

In Entwicklungsländern kann Biokohle, die aus verbesserten Kochherden für den Hausgebrauch gewonnen wird, zu negativen Kohlenstoffemissionen beitragen und gleichzeitig weitere Vorteile für die nachhaltige Entwicklung bringen.

Denkbare Verwendung in Kohlenstoff-Brennstoffzellen

In Kohlekraftwerken wird Kohlenstoff (bisher aus fossiler Kohle) verbrannt, aus der Wärme kann mit einer Wärmekraftmaschine elektrische Energie erhalten werden. Es ist aber auch möglich, die chemische Energie von Kohlenstoff in einer Brennstoffzelle, in diesem Fall eine Kohlenstoff-Brennstoffzelle, direkt in elektrische Energie zu wandeln, woraus sich theoretisch ein höherer Wirkungsgrad ergibt. Die Verwendung von Pflanzenkohle als regenerative Energiequelle für diese denkbare Anwendung wird intensiv erforscht, wie eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2018 zeigt.

Weitere Anwendungen

Pflanzenkohle ist aufgrund ihrer Adsorptionskapazität dazu geeignet, in der Wasseraufbereitung eingesetzt zu werden, insbesondere zur Entfernung von Schwermetallen. In der Europäischen Union und der Schweiz ist Pflanzenkohle unter der Nummer E 153 als Lebensmittelzusatzstoff (Farbstoff) zugelassen.

In Kalifornien wird Holz mittels thermochemischer Vergasung zu Biokohle verarbeitet, die der Bodenverbesserung oder als Filtermaterial dient. Dabei wird elektrische Energie gewonnen, aber zur Gewinnung der Biokohle auf die maximal mögliche Energieausbeute des Brennstoffs verzichtet. Als Ausgangsmaterial dient Holz, das für Brandschneisen geschlagen wird. In Kalifornien wäre solches Holz früher an Ort und Stelle verbrannt worden.

Als Werkstoff wird Pflanzenkohle in der Bauwirtschaft und der additiven Fertigung diskutiert. So verbessert die Zugabe von Pflanzenkohle nachweislich die konstruktiven Eigenschaften von Zement und wird als Verbundwerkstoff für faserverstärkte Kunststoffe und 3D-Druck-Filamente diskutiert.

Regelungen zur Pflanzenkohle

Richtlinien und Zertifizierung

Seit 2009 entwickelte die International Biochar Initiative ihre IBI Guidelines for Biochar, und unabhängig davon entwickelte das Ithaka Institut seit 2010 das Europäische Pflanzenkohle Zertifikat (European Certificate for Biochar, EBC). Beide wurden im März 2012 erstmals veröffentlicht.

Nationale Regelungen und europäische Ansätze

In Japan wurde Pflanzenkohle 1984 als Bodenverbesserungsmittel zugelassen. In der Schweiz erteilte am 23. April 2013 das Bundesamt für Landwirtschaft eine Bewilligung für den Einsatz von zertifizierter Pflanzenkohle in der Landwirtschaft.

In Deutschland führt die Düngemittelverordnung (DüMV) Pflanzenkohlen noch nicht auf; sie gestattet nur Braun- und Holzkohle als Ausgangsstoff für Kultursubstrate und als Trägersubstanz in Verbindung mit der Zugabe von Nährstoffen über zugelassene Düngemittel. Pflanzenkohlen und HTC-Kohlen sind (Stand: 2018) nicht als Bestandteil von Düngemitteln, als Bodenhilfsstoff oder Kultursubstrat zugelassen.

In der aktuellen Verordnung (EG) Nr. 2003/2003 über Düngemittel ist Biokohle noch nicht vorgesehen (Stand: 2019). Für die Vorbereitung einer Revision wurde das Projekt REFERTIL eingerichtet, mit einer Laufzeit von 4 Jahren ab Oktober 2011. Dieses Projekt befasste sich insbesondere mit Kompost und der Verwendung von Biokohle als organischer Dünger („ABC-Biokohle“ aus Tierknochen) oder als Bodenhilfsstoff („PBC-Biokohle“ aus Pflanzen). Im Sommer 2018 stellte eine Arbeitsgruppe ihren vorläufigen Endbericht mit einem Vorschlag für eine überarbeitete Verordnung vor, der u. a. das Zertifikat EBC einbezog.

Die EU-Futtermittelverordnung gestattet den Einsatz von Pflanzenkohle als Futtermittel; dabei sind allerdings zusätzlich zum EBC-Zertifikat weitere Bedingungen gemäß Richtlinie 2002/32/EG und Verordnung (EG) Nr. 396/2005 zu erfüllen. Durch die Verwendung als Futtermittel kann Pflanzenkohle dann (indirekt) als Mist kompostiert und auf die Felder ausgebracht werden.

In den USA benötigen Mittel, die der Bodenverbesserung dienen sollen, normalerweise keine Erlaubnis, selbst wenn sie für einen großflächigen Einsatz gedacht sind.

Möglicher Beitrag in der Klimakrise

Wird Pflanzenkohle in den Erdboden eingebracht, lagert sie dort ähnlich wie Erdöl oder Braunkohle über mehrere Jahrtausende stabil. Derjenige Anteil des Kohlenstoff der Pflanzen, der in Pflanzenkohle gebunden wurde, wird somit dem Kohlenstoffzyklus entzogen, da er weder durch Verbrennung noch durch Verrottung zu CO2 oder Methan umgewandelt wird. Durch den Bodeneintrag von Pflanzenkohle können landwirtschaftliche Böden zu Kohlenstoffsenken werden.

Selbst unter dem Blickwinkel, dass ungefähr die Hälfte des im Ausgangsmaterial eingelagerten Kohlenstoffs bei der Herstellung der Pflanzenkohle entweicht, wird die Sequestrierung von CO2 in Form von Pflanzenkohle mittel- und langfristig als positiv im Vergleich zu anderen, nicht-pyrolisierten Formen von Biomasse angesehen.

In dem im Oktober 2018 veröffentlichten Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung wurde Pflanzenkohle erstmals vom IPCC als eine vielversprechende Negative Emissionstechnologie (NET) erwähnt. Untersuchungen zur Klimawirkung der Erzeugung und Verwendung von Pflanzenkohle stehen im Vergleich zu anderen NET jedoch im Hintergrund. Bei der letzten Weltklimakonferenz in Katowice, Dezember 2018, gab es keinen Entscheid, derartige Sequestrierungen in einen globalen Kohlenstoffhandel einzubinden.

In Anbetracht der Knappheit der sinnvoll einzusetzenden Biomasse für die Verkohlung besteht bei einer breiten Anwendung – und womöglich Förderung – der Pyrolyse von Pflanzenkohle das Risiko, dass wertvolle Holzbestände oder gar kontaminierte verschwelbare Abfälle dabei eingesetzt werden.

Geschichte

Das Wort "Biokohle" ist ein englischer Neologismus des späten 20. Jahrhunderts, abgeleitet vom griechischen Wort βίος, bios, "Leben" und "char" (Holzkohle, die durch Verkohlung von Biomasse entsteht). Es handelt sich um Holzkohle, die an biologischen Prozessen im Boden, in aquatischen Lebensräumen und im Verdauungssystem von Tieren beteiligt ist.

Die präkolumbianischen Amazonasbewohner stellten Biokohle her, indem sie landwirtschaftliche Abfälle in Gruben oder Gräben schwelen ließen (d. h. brennende Biomasse mit Erde bedeckten). Es ist nicht bekannt, ob sie Biokohle absichtlich einsetzten, um die Bodenproduktivität zu steigern. Die europäischen Siedler nannten sie terra preta de Indio. Aufgrund von Beobachtungen und Experimenten stellte ein Forscherteam in Französisch-Guayana die Hypothese auf, dass der Regenwurm Pontoscolex corethrurus aus dem Amazonasgebiet der Hauptverantwortliche für die Feinstvermahlung und die Einarbeitung der Holzkohlereste in den Mineralboden ist.

Anwendungen

Slash-and-Char

Die Umstellung von Brandrodung auf Brandrodung und Holzkohleanbau in Brasilien kann sowohl die Abholzung des Amazonasbeckens als auch die Kohlendioxidemissionen verringern und die Ernteerträge steigern. Bei der Brandrodung bleiben nur 3 % des Kohlenstoffs aus dem organischen Material im Boden. Durch Brandrodung und Holzkohle können bis zu 50 % zurückgehalten werden. Biokohle verringert den Bedarf an Stickstoffdünger und senkt damit die Kosten und Emissionen, die durch die Herstellung und den Transport von Düngemitteln entstehen. Darüber hinaus können mit Biokohle angereicherte Böden durch die Verbesserung der Bearbeitbarkeit, der Fruchtbarkeit und der Produktivität des Bodens die landwirtschaftliche Produktion auf unbestimmte Zeit aufrechterhalten, während Böden, die durch Brandrodung entstanden sind, schnell an Nährstoffen verlieren, so dass die Landwirte gezwungen sind, die Felder aufzugeben, was einen ständigen Kreislauf der Brandrodung zur Folge hat. Die Nutzung der Pyrolyse zur Erzeugung von Bioenergie erfordert keine Änderungen der Infrastruktur, wie dies beispielsweise bei der Verarbeitung von Biomasse zu Zellulose-Ethanol der Fall ist. Außerdem kann die Biokohle mit den weit verbreiteten Maschinen ausgebracht werden.

Viehfutter

Biokohle wird schon seit Jahrhunderten als Tierfutter verwendet.

Ein westaustralischer Landwirt untersuchte die Verwendung von mit Melasse vermischter Biokohle als Viehfutter. Er behauptete, dass Biokohle bei Wiederkäuern die Verdauung fördern und die Methanproduktion verringern kann. Der Landwirt setzte auch Mistkäfer ein, um den mit Biokohle versetzten Mist ohne Maschineneinsatz in den Boden einzuarbeiten. Sowohl der Stickstoff als auch der Kohlenstoff im Mist werden in den Boden eingearbeitet, anstatt an der Bodenoberfläche zu verbleiben, wodurch die Produktion von Lachgas und Kohlendioxid verringert wird. Der Stickstoff und der Kohlenstoff tragen zur Bodenfruchtbarkeit bei. In landwirtschaftlichen Betrieben wurde nachgewiesen, dass das Futter zu einer Verbesserung der Lebendgewichtszunahme bei Angus-Kreuzungsrindern führte.

Für diese Innovation wurde Doug Pow bei den Western Australian Landcare Awards 2019 mit dem Australian Government Innovation in Agriculture Land Management Award ausgezeichnet. Die Arbeit von Pow führte zu zwei weiteren Versuchen mit Milchvieh, die eine Verringerung des Geruchs und eine Steigerung der Milchproduktion zur Folge hatten.

Forschung

A hand holding a piece of biochar with a bucket of it in the background
Einsatz von Biokohle im Boden bei Forschungsversuchen in Namibia

Die Forschung zu Aspekten der Pyrolyse/Biokohle ist weltweit im Gange, befand sich aber 2018 noch in den Kinderschuhen. Von 2005 bis 2012 enthielten 1.038 Artikel im ISI Web of Science das Wort "Biokohle" oder "Bio-Kohle" als Stichwort. Forschungsarbeiten werden von der Cornell University, der University of Edinburgh (die über eine eigene Forschungseinheit verfügt), der University of Georgia, der Agricultural Research Organization (ARO) of Israel, dem Volcani Center und der University of Delaware durchgeführt.

Die langfristigen Auswirkungen von Biokohle auf die Kohlenstoffbindung wurden anhand von Böden von Ackerflächen in Belgien untersucht, die mit Holzkohle angereicherte schwarze Flecken aufweisen, die aus der Zeit vor 1870 stammen und aus Holzkohlehügelöfen stammen. Die Oberböden dieser "schwarzen Flecken" wiesen eine höhere Konzentration an organischem C auf [3,6 ± 0,9 % organischer Kohlenstoff (OC)] als die angrenzenden Böden außerhalb dieser schwarzen Flecken (2,1 ± 0,2 % OC). Die Böden waren mindestens 12 Jahre lang mit Mais bebaut worden, was zu einem kontinuierlichen C-Eintrag mit einer C-Isotopensignatur (δ13C) von -13,1 führte, die sich von der δ13C-Signatur des organischen Kohlenstoffs im Boden (-27,4 ‰) und der Holzkohle (-25,7 ‰) in der Umgebung unterscheidet. Die Isotopensignaturen im Boden zeigten, dass die aus Mais gewonnene C-Konzentration in den mit Holzkohle versetzten Proben ("schwarze Flecken") signifikant höher war als in den angrenzenden, nicht versetzten Proben (0,44 % vs. 0,31 %; p = 0,02). Die Oberböden wurden anschließend als Gradient über zwei "schwarze Flecken" zusammen mit den entsprechenden angrenzenden Böden außerhalb dieser schwarzen Flecken und der Bodenatmung gesammelt, und es wurde eine physikalische Bodenfraktionierung durchgeführt. Die Gesamtatmung des Bodens (130 Tage) wurde durch die Holzkohle nicht beeinflusst, aber die aus Mais gewonnene C-Atmung pro Einheit aus Mais gewonnenem OC im Boden nahm mit zunehmendem aus Holzkohle gewonnenem C im Boden signifikant um die Hälfte ab (p < 0,02). Das aus Mais gewonnene C war in Anwesenheit von Holzkohle proportional mehr in geschützten Bodenaggregaten vorhanden. Die geringere spezifische Mineralisierung und die erhöhte Sequestrierung von rezentem C mit Holzkohle werden auf eine Kombination aus physischem Schutz, C-Sättigung der mikrobiellen Gemeinschaften und möglicherweise einer etwas höheren jährlichen Primärproduktion zurückgeführt. Insgesamt belegt diese Studie die Fähigkeit von Biokohle, die C-Bindung durch einen geringeren C-Umsatz zu verbessern.

Biokohle bindet Kohlenstoff (C) in Böden aufgrund ihrer langen Verweilzeit, die von Jahren bis zu Jahrtausenden reicht. Darüber hinaus kann Biokohle die indirekte C-Sequestrierung fördern, indem sie den Ernteertrag erhöht und gleichzeitig die C-Mineralisierung verringert. In Laborstudien wurden die Auswirkungen von Biokohle auf die C-Mineralisierung anhand von 13
C-Signaturen nachgewiesen.

Die Fluoreszenzanalyse von mit Biokohle angereicherter gelöster organischer Substanz im Boden ergab, dass der Einsatz von Biokohle eine humusähnliche fluoreszierende Komponente verstärkt, die wahrscheinlich mit Biokohle-Kohlenstoff in Lösung verbunden ist. Der kombinierte Spektroskopie-Mikroskopie-Ansatz zeigte die Anhäufung von aromatischem Kohlenstoff an diskreten Stellen in der festen Phase von Mikroaggregaten und seine Ko-Lokalisierung mit Tonmineralien in Böden, die mit Rohstoffen oder Biokohle angereichert waren. Die Ko-Lokalisierung von aromatischem C:Polysaccharid-C war bei der Anwendung von Biokohle durchweg reduziert. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein reduzierter C-Stoffwechsel ein wichtiger Mechanismus für die C-Stabilisierung in mit Biokohle angereicherten Böden ist.

Forschung und praktische Untersuchungen zum Potenzial von Biokohle für grobe Böden in halbtrockenen und degradierten Ökosystemen sind im Gange. In Namibia wird Biokohle als Maßnahme zur Anpassung an den Klimawandel erforscht, um die Widerstandsfähigkeit lokaler Gemeinschaften gegen Dürre und die Ernährungssicherheit durch die lokale Produktion und Anwendung von Biokohle aus reichlich vorhandener Biomasse zu stärken.

In den letzten Jahren hat Biokohle als Filtermaterial für Abwässer sowie aufgrund ihrer Adsorptionsfähigkeit für Abwasserschadstoffe Interesse geweckt.