Mydriasis
Klassifikation nach ICD-10 ⓘ | |
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H57.0 | Pupillenfunktionsstörungen |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Mydriasis (von altgriechisch μυδρίασις) ist die medizinische Bezeichnung für die ein- oder beidseitige Weitstellung der Pupille. Ausgehend von einem durchschnittlichen Pupillendurchmesser kann sie unterschiedlich ausgeprägt sein. Eine Mydriasis wird hervorgerufen durch die Kontraktion des Musculus dilatator pupillae, radiärer oder fächerförmig angeordneter Züge glatter Muskulatur in der Iris des Auges, oder durch Einschränkung oder Ausfall seines Gegenspielers (Antagonisten), des Musculus sphincter pupillae; beide zählen zu den inneren Augenmuskeln. Eine maximale Mydriasis geht immer einher mit einer runden Pupille, auch wenn diese in verengtem Zustand je nach Spezies schlitzförmig oder queroval ist. ⓘ
Physiologisch normal ist eine beidseitige Mydriasis bei Dunkelheit als Adaptation und beim Blick in die Ferne. Eine deutliche Pupillenerweiterung tritt auch bei starker Sympathikus-Aktivität auf, beispielsweise bei Aufregung in Angst, Freude oder emotionaler Zuwendung. ⓘ
Darüber hinaus kann sie als Symptom einer Krankheit pathologischen Ursprungs sein oder auch pharmakologisch durch Medikamente, Rauschmittel, Pflanzengifte oder Ähnliches herbeigeführt werden. Pathophysiologisch liegt der Mydriasis in diesen Fällen eine Lähmung des parasympathisch innervierten Musculus sphincter pupillae beziehungsweise des ihn versorgenden Nerven (Nervus oculomotorius) oder eine Dauerkontraktion des sympathisch innervierten Musculus dilatator pupillae zugrunde. ⓘ
Sie kann als Hauptmerkmal bei seltenen Syndromen auftreten wie Multisystemische Dysfunktion der glatten Muskeln (MSMDS). ⓘ
Häufig wird eine Mydriasis zur besseren Untersuchung des Augenhintergrundes durch den Augenarzt medikamentös herbeigeführt, indem ein pupillenerweiterndes Präparat in den Bindehautsack des Auges getropft wird. Dieses Mydriatikum wirkt zumeist parasympatholytisch und erzeugt eine vorübergehende Lähmung des Musculus sphincter pupillae, daneben auch eines Anteils des Ziliarmuskels. Aufgrund des ungehinderten Lichteinfalls auf die Netzhaut, der damit verbundenen extremen Blendempfindlichkeit sowie der beeinträchtigten Akkommodation ist z. B. die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr für die Wirkungsdauer nicht mehr gegeben. ⓘ
In der Regel werden deshalb kurzwirksame Mydriatika verwendet (z. B. Tropicamid), während bei der Gabe beispielsweise von Atropin die Wirkung mehrere Tage anhalten kann. Hingegen ist die Verabreichung gleich welchen Mydriatikums bei vorliegender Glaukomerkrankung oder gar einem akuten Glaukomanfall kontraindiziert. Atropin bzw. der Saft der Tollkirsche wurde in der Renaissance aus kosmetischen Gründen in die Augen geträufelt, da eine Mydriasis attraktiv wirkte. ⓘ
Eine Engstellung der Pupille wird als Miosis bezeichnet. ⓘ
Mydriasis ⓘ | |
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Andere Namen | Geweitete Pupille |
Beide Pupillen sind erweitert (Mydriasis) aufgrund einer Hyperaktivierung des Sympathikus, die durch die psychedelische Freizeitdroge LSD verursacht wird | |
Aussprache |
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Fachgebiet | Ophthalmologie, Neurologie |
Die Mydriasis ist eine Pupillenerweiterung, die in der Regel eine nichtphysiologische Ursache hat, manchmal aber auch eine physiologische Pupillenreaktion. Zu den nichtphysiologischen Ursachen der Mydriasis gehören Krankheiten, Traumata oder die Einnahme bestimmter Medikamente. ⓘ
Normalerweise erweitert sich die Pupille im Rahmen des Pupillen-Licht-Reflexes im Dunkeln und verengt sich im Hellen, um die Sehschärfe in der Nacht zu verbessern und die Netzhaut tagsüber vor Schäden durch Sonnenlicht zu schützen. Eine mydriatische Pupille bleibt auch in einer hellen Umgebung übermäßig groß. Die Erregung der radialen Fasern der Iris, die die Pupillenöffnung vergrößert, wird als Mydriasis bezeichnet. Ganz allgemein bezieht sich die Mydriasis auch auf die natürliche Erweiterung der Pupillen, z. B. bei schlechten Lichtverhältnissen oder bei sympathischer Stimulation. ⓘ
Verursacht
Es gibt zwei Arten von Muskeln, die die Größe der Iris steuern: den Iris-Schließmuskel, der aus kreisförmig angeordneten Muskelfasern besteht, und den Iris-Dilatator, der aus radial angeordneten Muskelfasern besteht. Der Sphinkter wird durch Nerven des parasympathischen Nervensystems gesteuert, der Dilatator durch das sympathische Nervensystem. Die sympathische Stimulation der adrenergen Rezeptoren bewirkt die Kontraktion des radialen Muskels und die anschließende Pupillenerweiterung. Umgekehrt bewirkt die parasympathische Stimulation die Kontraktion des Ringmuskels und die Verengung der Pupille. ⓘ
Der Mechanismus der Mydriasis hängt von dem verwendeten Wirkstoff ab. In der Regel handelt es sich entweder um eine Unterbrechung der parasympathischen Nervenversorgung des Auges (die normalerweise die Pupille verengt) oder um eine Überaktivität des sympathischen Nervensystems (SNS). ⓘ
Der Pupillendurchmesser vergrößert sich auch als Reaktion auf kognitive Aufgaben, die Gedächtnis und Aufmerksamkeit erfordern, und dieses Phänomen wird in psychophysiologischen Experimenten als Indikator für mentale Aktivierung ("Erregung") verwendet. ⓘ
Medikamente
Ein Mydriatikum ist ein Mittel, das eine Erweiterung der Pupille bewirkt. Medikamente wie Tropicamid werden in der Medizin verwendet, um die Untersuchung der Netzhaut und anderer tiefer gelegener Strukturen des Auges zu ermöglichen und um schmerzhafte Spasmen des Ziliarmuskels zu verringern (siehe Zykloplegie). Eine Auswirkung der Verabreichung eines Mydriatikums ist die Unverträglichkeit gegenüber hellem Licht (Photophobie). Die absichtlich herbeigeführte Mydriasis durch Mydriatika wird auch als diagnostischer Test für das Horner-Syndrom verwendet. ⓘ
Die Mydriasis kann über eine Modulation der adrenergen oder cholinergen Signalübertragung ausgelöst werden. ⓘ
Zu den Medikamenten, die eine Mydriasis hervorrufen können, gehören:
- Stimulanzien (typischerweise Monoaminergika) wie Amphetamine, Kokain, MDMA und Mephedron.
- Anticholinergika wie Diphenhydramin, Atropin, Hyoscyamin und Scopolamin antagonisieren die muskarinischen Acetylcholinrezeptoren im Auge. Die Blockierung der Acetylcholinrezeptoren verringert die Fähigkeit der Pupillenmuskeln, sich zu verengen, und bewirkt eine Erweiterung (was bei augenchirurgischen Eingriffen wie der Kataraktchirurgie, die einen ununterbrochenen Zugang zum Augeninneren über die Pupillenöffnung erfordern, von entscheidender Bedeutung ist; daher muss das Auge sowohl gelähmt als auch betäubt sein, bevor der Eingriff durchgeführt werden kann). Das Antimuskarinikum Tropicamid kann während des Eingriffs als Mydriastikum verwendet werden.
- Serotonergika wie LSD, Psilocybin-Pilze, Meskalin und 2C-B. Diese Drogen sind typische Halluzinogene. Ebenso können selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer eine Mydriasis verursachen.
- Dissoziativa wie Dextromethorphan (ein SSRI und Sigma-1-Agonist).
- Bestimmte GABAerge Medikamente, wie Phenibut und GHB.
- Adrenergische Agonisten, wie Phenylephrin und Cyclomydril. Adrenerge Agonisten können verwendet werden, wenn bei Operationen eine starke Mydriasis erforderlich ist. Noradrenalin ist ein Hormon und Neurotransmitter, der die unwillkürlichen Muskeln des autonomen Nervensystems reguliert, einschließlich der Erweiterung der Pupillenöffnung über die Muskeln der Iris. Adrenerge Agonisten ahmen daher die Wirkung von Noradrenalin nach und lösen so die Mydriasis aus. ⓘ
Die natürliche Freisetzung des Hormons Oxytocin kann eine leichte bis mittlere Mydriasis verursachen. ⓘ
Auch Langzeitwirkungen von Drogen können eine Mydriasis hervorrufen, z. B. bei Opioid-Entzug. ⓘ
Autonome Neuropathie
Parasympathische Fasern verlaufen mit dem Hirnnerv III, dem Nervus oculomotorius, und innervieren die zirkuläre Muskelschicht des Auges (Sphinkter pupillae). Eine Schädigung dieses Nervs äußert sich typischerweise in einer Mydriasis, da die sympathische Versorgung der Pupille, die die Mydriasis bewirkt, nicht beeinträchtigt wird und daher nicht beeinträchtigt ist. ⓘ
Es ist bekannt, dass verschiedene Störungen des Zentralnervensystems, z. B. Epilepsie, Schlaganfall und drohende Hirnhernie, ebenfalls zu einer temporalen Mydriasis führen können. Eine Hirnkatastrophe oder eine rasch zunehmende Hirnmasse kann eine Kompression des Nervus oculomotorius verursachen. ⓘ
Trauma
Bei einem Schädel-Hirn-Trauma oder einem Trauma der Augenhöhle (Augenverletzung) können der Iris-Schließmuskel (der Muskel, der für den Pupillenschluss verantwortlich ist) oder die ihn steuernden Nerven beschädigt werden, wodurch der normale Pupillen-Lichtreflex reduziert oder ausgeschaltet wird. ⓘ