Melperon
Strukturformel ⓘ | ||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||
Freiname | Melperon | |||||||||||||||
Andere Namen |
4-Fluor-4-(4-methyl-piperidino)butyrophenon | |||||||||||||||
Summenformel | C16H22FNO | |||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||
ATC-Code |
N05AD03 | |||||||||||||||
Wirkstoffklasse |
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Wirkmechanismus |
Blockade postsynaptischer D2-Rezeptoren im mesolimbischen bzw. mesokortikalen System | |||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||
Molare Masse | 263,35 g·mol−1 | |||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||
Schmelzpunkt |
209–211 °C (Melperon·Hydrochlorid) | |||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Melperon ist ein Neuroleptikum aus der Klasse der Butyrophenone. Die antipsychotische Potenz (Referenz ist Chlorpromazin) ist der sedativen Komponente unterlegen. Es wird vor allem bei Erregungs- und Spannungszuständen sowie Schlafstörungen eingesetzt. Melperon hat eine sehr niedrige Inzidenz der sog. EPS (extrapyramidale Störungen), es hat im Vergleich mit anderen mittel- und niederpotenten Neuroleptika einen geringen Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System und eine sehr geringe delir-induzierende Wirkung, so dass es häufig bei gerontopsychiatrischen Patienten Einsatz findet. ⓘ
Klinische Daten | |
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Handelsnamen | Buronil |
AHFS/Drugs.com | Internationale Arzneimittelnamen |
Wege der Verabreichung | Oral, intramuskuläre Injektion |
ATC-Code |
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Rechtlicher Status | |
Rechtlicher Status |
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Pharmakokinetische Daten | |
Bioverfügbarkeit | 87% (IM), 54% (oral über Sirup), 65% (oral, Tablette) |
Proteinbindung | 50% |
Verstoffwechselung | Hepatisch |
Eliminationshalbwertszeit | 3-4 Stunden (oral) 6 Stunden (IM) |
Ausscheidung | Nieren (70% als Metaboliten, 5,5-10,4% als unveränderter Wirkstoff) |
Bezeichnungen | |
IUPAC-Bezeichnung
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CAS-Nummer | |
PubChem CID | |
DrugBank | |
ChemSpider | |
UNII | |
KEGG | |
ChEMBL | |
Chemische und physikalische Daten | |
Formel | C16H22FNO |
Molekulare Masse | 263.356 g-mol-1 |
3D-Modell (JSmol) | |
SMILES
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InChI
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(Überprüfen) |
Melperon (Bunil (PT), Buronil (AT, BE, CZ, DK, FL†, NL†, NO†, SE), Eunerpan (DE)) ist ein atypisches Antipsychotikum aus der chemischen Klasse der Butyrophenone und damit strukturell verwandt mit dem typischen Antipsychotikum Haloperidol. Es wurde erstmals in den 1960er Jahren klinisch eingesetzt. ⓘ
Vermarktung und Indikationen
Es wurde bei behandlungsresistenten Fällen von Schizophrenie mit einigem (wenn auch begrenztem) Erfolg erprobt. Es wurde auch als wirksam bei der Behandlung von L-DOPA und anderen Formen von Psychosen bei der Parkinson-Krankheit berichtet (obwohl eine 2012 durchgeführte multizentrische, doppelblinde, placebokontrollierte Studie diese Ergebnisse nicht bestätigen konnte). Es ist auch dafür bekannt, dass es anxiolytische Eigenschaften besitzt. Es wird in den folgenden Ländern vermarktet:
Unerwünschte Wirkungen
Melperon führt Berichten zufolge zu einer deutlich geringeren Gewichtszunahme als Clozapin und zu einer etwa gleich starken Gewichtszunahme wie bei typischen Antipsychotika. Außerdem soll es zu einer etwa ebenso starken Prolaktinausschüttung führen wie Clozapin (das praktisch keine Wirkung hat). Es soll auch sedierende Wirkungen und eine Verlängerung des QT-Intervalls hervorrufen. Es ist auch dafür bekannt, dass es weniger extrapyramidale Nebenwirkungen verursacht als das (typische) Antipsychotikum der ersten Generation, Thiothixen. Es kann auch zu (meist relativ leichter) Mundtrockenheit führen. ⓘ
- Andere häufige unerwünschte Wirkungen sind
- Verstopfung
- Durchfall
- Übelkeit
- Erbrechen
- Appetitlosigkeit
- Hypersalivation (Sabbern)
- Extrapyramidale Nebenwirkungen (z. B. Tremor, Dystonie, Hypokinese, Akathisie, Dyskinesien)
- Schlaflosigkeit
- Unruhe
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Müdigkeit
- Miosis
- Mydriasis
- Verschwommenes Sehen
- Erhöhte Leberenzyme (vor allem ALT und GGTP) ⓘ
- Zu den seltenen unerwünschten Wirkungen gehören
- Tardive Dyskinesie
- Neuroleptisches malignes Syndrom
- Blutdyskrasien (Panzytopenie, Agranulozytose, Leukopenie, Thrombozytopenie, usw.) ⓘ
- Zu den unerwünschten Wirkungen, deren Häufigkeit nicht bekannt ist, gehören
- Krampfanfälle (wahrscheinlich selten/unüblich)
- Erhöhter intraokularer Druck
- Intrahepatische Cholestase (wahrscheinlich selten)
- Orthostatische Hypotension (wahrscheinlich häufig)
- Herzrhythmusstörungen
- Hautausschlag
- Hyperprolaktinämie (die z. B. zu Galaktorrhoe, Gynäkomastie führen kann)
- Gewichtszunahme
- Erhöhter Appetit ⓘ
Zu den Nebenwirkungen von Melperon gehören unter anderem wie bei anderen Neuroleptika anticholinerge Effekte. ⓘ
Wechselwirkungen
Melperon soll ein CYP2D6-Hemmer sein. ⓘ
Pharmakologie
Melperon bindet an den Dopamin-D2-Rezeptor, genau wie alle anderen klinisch eingesetzten Antipsychotika, aber es tut dies mit einer sehr geringen Affinität und kann daher dazu neigen, schnell vom D2-Rezeptor zu dissoziieren, wodurch es möglicherweise das Profil eines atypischen Antipsychotikums erhält. ⓘ
Rezeptor | Ki [nM] ⓘ |
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5-HT1A | 2,200 |
5-HT1D | 3,400 |
5-HT2A | 230 |
5-HT2C | 2,100 |
5-HT6 | 1,254 |
5-HT7 | 578 |
α1 | 180 |
α2 | 150 |
M1 | >10,000 |
M2 | 2,400 |
M3 | >10,000 |
M4 | 4,400 |
M5 | >10,000 |
D2 | 194 |
D3 | 347 |
D4 | 555 |
H1 | 580 |
Indikationen
Melperon findet vor allem bei Erregungs-, Spannungszuständen und Schlafstörungen Einsatz (Dosen von 10–100 mg/Tag oder zur Nacht), es wird jedoch auch bei Verwirrtheitszuständen und alkoholischem Delir (Dosen von 50–200 mg/Tag) eingesetzt. Eine weitere Indikation ist eine zusätzliche Medikation bei ängstlich-depressiven Patienten mit eventueller Schlafstörung (Dosen 25–75 mg/Tag bzw. zur Nacht). Eine antipsychotische (gegen Positivsymptomatik wirkende) Wirkung wird erst bei hohen Dosen erzielt (ca. 200–400 mg/Tag), Melperon wird allerdings in dieser Indikation kaum eingesetzt. ⓘ
Pharmakodynamik
Melperon wirkt relativ schwach antidopaminerg durch die Blockade von postsynaptischen D2-Rezeptoren in den mesolimbischen bzw. mesokortikalen Bereichen; Affinität mittelhoch bis hoch und Bindung nur kurzfristig (sog. „Hit-and-Run-Effect“); im nigrostriatalen Bereich ist der D2-Antagonismus noch niedriger, daher geringe Inzidenz der EPS. Auch eine Serotonin-Blockade trägt zu der Wirkung bei. ⓘ
Melperon wirkt außerdem deutlich antinoradrenerg (α1-Blockade), was vermutlich zu der sedierenden Wirkung beiträgt, diese ist jedoch kurzfristig und die eventuelle hypotensive Wirkung nur schwach. ⓘ
Pharmakokinetik
Melperon wird nach peroraler Verabreichung rasch und nahezu vollständig resorbiert und unterliegt einem hohen first-pass Effekt. cmax wird binnen 1–3 Stunden erreicht; Distributionsvolumen Vd = ca. 7–10 l·kg−1, Plasmaeiweißbindung ca. 50 %, Halbwertszeit Tβ (1/2) = ca. 6–8 Stunden (steady-state). Melperon wird rasch und nahezu vollständig in der Leber metabolisiert. Die Elimination geschieht vor allem renal (durch die Nieren), großteils als Metaboliten (intensive Metabolisierung). ⓘ
Herstellung
Die Synthese erfolgt aus 4-Methylpiperidin und 4-Chlor-4'-fluorbutyrophenon durch eine nukleophile Substitution. ⓘ
Handelsnamen
- Monopräparate
- Buronil (A), Melneurin (D), Eunerpan (D), zahlreiche Generika (D), Bunil (P) ⓘ