Zyanose
Zyanose ⓘ | |
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Zyanose an der Hand eines Patienten mit niedriger Sauerstoffsättigung | |
Fachgebiet | Pulmonologie, Kardiologie |
Arten | Zentral, peripher |
Zyanose ist die Veränderung der Farbe des Körpergewebes zu einem bläulich-violetten Farbton als Folge einer verminderten Menge an Sauerstoff, der an das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen des Kapillarbettes gebunden ist. Körpergewebe, das Zyanose zeigt, befindet sich in der Regel an Stellen, an denen die Haut dünner ist, z. B. an den Schleimhäuten, Lippen, Nagelbetten und Ohrläppchen. Einige Medikamente, die Amiodaron oder Silber enthalten, mongolische Flecken, große Muttermale und der Verzehr von Lebensmitteln mit blauen oder violetten Farbstoffen können ebenfalls zu einer bläulichen Verfärbung des Hautgewebes führen und mit einer Zyanose verwechselt werden. ⓘ
Die Zyanose wird weiter unterteilt in zentrale Zyanose und periphere Zyanose. ⓘ
Klassifikation nach ICD-10 ⓘ | |
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R23.0 | Zyanose |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Als Zyanose, Cyanose oder Cyanosis (von altgriechisch κυανός kyanós „dunkelblau“ und -οσις -osis „[krankhafter] Zustand“), deutsch Blausucht, bezeichnet man in der Medizin eine violette bis bläuliche Verfärbung der Haut, der Schleimhäute, der Lippen und der Fingernägel. Die besondere Tönung muss dabei nicht in allen genannten Bereichen gleichzeitig oder gleich stark auftreten. Die Zyanose kann, bei akutem Auftreten, Symptom für eine gefährliche bis lebensbedrohliche Störung des Organismus oder, bei längerem Bestehen, auch Leitbild für chronische Erkrankungen sein. ⓘ
Pathophysiologie
Der Mechanismus der Zyanose ist unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um eine zentrale oder periphere Zyanose handelt. ⓘ
Zentrale Zyanose
Die zentrale Zyanose wird durch eine Abnahme der arteriellen Sauerstoffsättigung (SaO2) verursacht und zeigt sich, sobald die Konzentration von Desoxyhämoglobin im Blut eine Konzentration von ≥ 5,0 g/dL (≥ 3,1 mmol/L oder eine Sauerstoffsättigung von ≤ 85 %) erreicht. Die Ursachen der zentralen Zyanose werden im Folgenden erörtert. ⓘ
Periphere Zyanose
Eine periphere Zyanose liegt vor, wenn eine erhöhte Konzentration von Desoxyhämoglobin auf der venösen Seite des peripheren Kreislaufs vorliegt. Mit anderen Worten: Die Zyanose ist abhängig von der Desoxyhämoglobinkonzentration. Patienten mit schwerer Anämie können trotz überdurchschnittlich hoher Desoxyhämoglobinkonzentration normal erscheinen. Andererseits können Patienten mit einer erhöhten Menge roter Blutkörperchen (z. B. Polyzythämie vera) auch bei niedrigeren Desoxyhämoglobinkonzentrationen zyanotisch erscheinen.
Ursachen
Die Ursache einer Zyanose ist in der Regel eine Unterversorgung des Blutes mit Sauerstoff, sei es durch zu geringe Aufnahmemöglichkeit, wie bei einer zu geringen Sauerstoffkonzentration in der Atemluft, einer Atemwegsverlegung oder durch zu lange Diffusionsstrecken bei krankhaften Veränderungen der Lunge. Die bläuliche Färbung resultiert aus der sauerstoffabhängigen Färbung des Hämoglobins. Während sauerstoffreiches (oxygeniertes) Hämoglobin hellrot ist, erscheint sauerstoffarmes (desoxygeniertes) Hämoglobin dunkel-rot/blau. Sichtbar wird eine Zyanose meist ab etwa 5 g desoxygeniertem Hämoglobin (Hb) in 100 ml Blut. ⓘ
Zyanotische Zustände können auch Symptome eines Herzfehlers sein oder durch Neben- beziehungsweise Folgeerkrankungen eines Herzfehlers, wie beispielsweise das Lungenödem, entstehen. ⓘ
Ein Auslöser für Zyanose kann außerdem eine hohe Dosierung des Antioxidationsmittels Propylgallat (E310) sein. ⓘ
Zentrale Zyanose
Die zentrale Zyanose ist häufig auf ein Kreislauf- oder Beatmungsproblem zurückzuführen, das zu einer schlechten Sauerstoffversorgung des Blutes in der Lunge führt. Sie entsteht, wenn die arterielle Sauerstoffsättigung unter 85 % oder 75 % fällt. ⓘ
Eine akute Zyanose kann die Folge einer Erstickung oder eines Erstickungsanfalls sein und ist eines der eindeutigen Anzeichen dafür, dass die Ventilation blockiert ist. ⓘ
Die zentrale Zyanose kann folgende Ursachen haben:
- Zentrales Nervensystem (Beeinträchtigung der normalen Ventilation):
- Intrakranielle Blutung
- Überdosierung von Drogen (z. B. Heroin)
- Generalisierter tonisch-klonischer Krampfanfall (GTCS)
- Atmungsorgane:
- Lungenentzündung
- Bronchiolitis
- Bronchospasmus (z. B. Asthma)
- Pulmonale Hypertonie
- Pulmonale Embolie
- Hypoventilation
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung oder COPD (Emphysem)
- Herz-Kreislauf-System:
- Angeborene Herzerkrankung (z. B. Fallot-Tetralogie, Rechts-Links-Shunts in Herz oder großen Gefäßen)
- Herzinsuffizienz
- Herzklappenerkrankung
- Myokardinfarkt
- Hämoglobinopathien:
- Methämoglobinämie
- Sulfohämoglobinämie
- Polyzythämie
- Kongenitale Zyanose (HbM Boston) entsteht durch eine Mutation im α-Kodon, die zu einer Änderung der Primärsequenz führt: H → Y. Tyrosin stabilisiert die Fe(III)-Form (Oxyhämoglobin), wodurch ein permanenter T-Zustand des Hb entsteht.
- Andere:
- In großer Höhe, Zyanose kann sich bei Aufstiegen in Höhen von mehr als 2400 m entwickeln.
- Unterkühlung
- Frostbeulen
- Obstruktive Schlafapnoe ⓘ
Periphere Zyanose
Die periphere Zyanose ist eine Blaufärbung der Finger oder Extremitäten, die auf eine unzureichende oder behinderte Durchblutung zurückzuführen ist. Das Blut, das die Extremitäten erreicht, ist nicht sauerstoffreich, und wenn man es durch die Haut betrachtet, kann eine Kombination von Faktoren zum Auftreten einer blauen Farbe führen. Alle Faktoren, die zur zentralen Zyanose beitragen, können auch periphere Symptome hervorrufen, doch kann eine periphere Zyanose auch ohne Herz- oder Lungenversagen beobachtet werden. Kleine Blutgefäße können verengt sein und können durch Erhöhung des normalen Sauerstoffgehalts des Blutes behandelt werden. ⓘ
Die periphere Zyanose kann auf folgende Ursachen zurückzuführen sein:
- Alle häufigen Ursachen der zentralen Zyanose
- Vermindertes Herzzeitvolumen (z. B. Herzinsuffizienz oder Hypovolämie)
- Kälteexposition
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Arterielle Obstruktion (z. B. periphere Gefäßerkrankungen, Raynaud-Phänomen)
- Venöse Obstruktion (z. B. tiefe Venenthrombose) ⓘ
Durch vermehrte Sauerstoffausschöpfung in der Peripherie des Körpers aufgrund verlangsamten Blutflusses kommt es zur peripheren Zyanose. Sie ist in erster Linie an der Verfärbung peripherer Körperabschnitte wie beispielsweise der Haut und der Extremitäten zu sehen. Sie kann ursächlich begründet sein in einer Verminderung des kardialen Herzzeitvolumens (Herzinsuffizienz), durch eine Venenthrombose, eine Varikosis, eine neural bedingte Akrozyanose oder durch Blutveränderungen (Polyglobulie, Kälteagglutinine, Kryoglobulinämie). ⓘ
Differenzielle Zyanose
Eine differentielle Zyanose ist die bläuliche Färbung der unteren, nicht aber der oberen Extremitäten und des Kopfes. Sie wird bei Patienten mit einem offenen Ductus arteriosus beobachtet. Patienten mit einem großen Ductus entwickeln eine fortschreitende pulmonale Gefäßerkrankung, und es kommt zu einer Drucküberlastung des rechten Ventrikels. Sobald der Pulmonaldruck den Aortendruck übersteigt, kommt es zu einer Shuntumkehr (Rechts-Links-Shunt). Die obere Extremität bleibt rosa, da sauerstoffarmes Blut durch den offenen Ductus direkt in die absteigende Aorta fließt und den Truncus brachiocephalicus, die linke Carotis communis und die linke Arteria subclavia schont. ⓘ
Bewertung
Eine ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung (mit besonderem Augenmerk auf das kardiopulmonale System) kann für die weitere Behandlung und die Auswahl der durchzuführenden Tests hilfreich sein. Zu den durchführbaren Tests gehören Pulsoximetrie, arterielle Blutgase, vollständiges Blutbild, Methämoglobinspiegel, Elektrokardiogramm, Echokardiogramm, Röntgen, CT, Herzkatheteruntersuchung und Hämoglobinelektrophorese. ⓘ
Bei Neugeborenen tritt die periphere Zyanose typischerweise an den distalen Extremitäten, zirkumoral und im periorbitalen Bereich auf. Bemerkenswert ist, dass die Schleimhäute bei peripherer Zyanose rosa bleiben, im Gegensatz zur zentralen Zyanose, bei der die Schleimhäute zyanotisch sind. ⓘ
Es ist wichtig zu beachten, dass die Hautpigmentierung und die Hämoglobinkonzentration die Bewertung der Zyanose beeinflussen können. Bei Menschen mit dunklerer Hautpigmentierung kann eine Zyanose schwieriger zu erkennen sein. Eine Zyanose kann jedoch durch eine sorgfältige Untersuchung der typischen Körperbereiche wie Nagelbetten, Zunge und Schleimhäute, wo die Haut dünner und durchlässiger ist, diagnostiziert werden. Wie bereits erwähnt, können Patienten mit schwerer Anämie normal erscheinen, obwohl ihre Desoxyhämoglobinkonzentration höher als normal ist. Zu den Anzeichen einer schweren Anämie gehören blasse Schleimhäute (Lippen, Augenlider und Zahnfleisch), Müdigkeit, Schwindel und Herzrhythmusstörungen. ⓘ
Behandlung
Die Zyanose ist eher ein Symptom als eine Krankheit an sich, daher sollte sich die Behandlung auf die zugrunde liegende Ursache konzentrieren. ⓘ
Wenn es sich um einen Notfall handelt, sollte die Behandlung immer mit der Sicherung der Atemwege, der Atmung und des Kreislaufs beginnen. Bei Patienten mit erheblicher Atemnot sollte sofort zusätzlicher Sauerstoff (je nach Schweregrad in Form einer Nasenkanüle oder eines kontinuierlichen positiven Atemwegsdrucks) verabreicht werden. ⓘ
Wenn die Methämoglobinwerte positiv auf eine Methämoglobinämie hinweisen, besteht die erste Behandlungsmaßnahme in der Verabreichung von Methylenblau. ⓘ
Geschichte
Der Name Zyanose bedeutet wörtlich die blaue Krankheit oder der blaue Zustand. Er leitet sich von der Farbe Cyan ab, die von cyanós (κυανός), dem griechischen Wort für Blau, stammt. ⓘ
Dr. Christen Lundsgaard geht davon aus, dass die Zyanose erstmals 1749 von Jean-Baptiste de Sénac, einem französischen Arzt im Dienste von König Ludwig XV. beschrieben wurde. De Sénac schloss aus einer Autopsie, dass die Zyanose durch einen Herzfehler verursacht wurde, der zu einer Vermischung von arteriellem und venösem Blutkreislauf führte. Aber erst 1919 gelang es Dr. Lundsgaard, die Konzentration von Desoxyhämoglobin (8 Volumenprozent) zu bestimmen, die Zyanose verursachen kann. ⓘ
Zyanoseformen
Unterschieden wird zwischen peripherer (Ausschöpfungszyanose) und zentraler Zyanose (Mischungszyanose), die auch gleichzeitig vorliegen können. ⓘ
Methämoglobinämie als Ursache einer Zyanose
Eine besondere und vergleichsweise seltene Störung, die eine Zyanose auslöst, ist die sogenannte Methämoglobinämie. Sie entsteht durch eine erhöhte Konzentration von Methämoglobin (Met-Hb, oxidierte Form des Hämoglobins) in den roten Blutkörperchen. Dies kann begründet sein in einem erblichen Enzymdefekt (nicht behandelbar) oder hervorgerufen werden durch die Einnahme von Substanzen, die oxidierend auf den roten Blutfarbstoff wirken, wie Nitrite (s. a. Poppers), Chlorate oder aromatische Amine, oder aber durch eine erhöhte Nitratkonzentration in Nahrung oder Trinkwasser von über 100 mg/l. Met-Hb kann keine Sauerstoffmoleküle transportieren und durch die Reaktion verliert das im Hämoglobin gebundene Eisen seine Fähigkeit, Sauerstoff anzulagern und an Organe und Körperteile abzugeben. Steigt die Konzentration von Met-Hb um mehr als 10 % der gesamten Hämoglobinmenge an (mehr als 70 bis 80 % sind tödlich), kommt es zu Sauerstoffmangel im Blut und es entwickelt sich eine Zyanose. Bei einer Blutuntersuchung fällt das schokoladenfarbene Blut auf. Die Haut ist schiefergrau. Symptome des Sauerstoffmangels im Blut sind häufig Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Beschleunigung der Herzfrequenz, Atemnot und Benommenheit (Somnolenz). Insbesondere für Babys und Kleinkinder ist eine Methämoglobinämie gefährlich und ihre Auswirkungen werden in diesen Altersstufen bisweilen mit den Symptomen eines Herzfehlers verwechselt. Dadurch kann wertvolle Zeit bei der Therapie verloren gehen. Zur Behandlung muss zunächst die schädigende Substanz vermieden werden. ⓘ