Titration

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Allgemeiner Versuchsaufbau:
oben: Bürette mit Maßlösung,
unten: Erlenmeyerkolben (besser Titrierkolben) mit Probelösung

Die Titration (Titrimetrie, Volumetrie oder auch Maßanalyse) ist ein Verfahren der quantitativen Analyse in der Chemie. Ein bekannter Stoff, dessen Konzentration unbekannt ist (Probelösung), wird in einer gezielten chemischen Reaktion mit einer Maßlösung umgesetzt, deren Konzentration genau bekannt ist. Das Volumen der verbrauchten Maßlösung wird dabei gemessen und anhand der Stöchiometrie die unbekannte Konzentration der Probelösung berechnet.

Das Verfahren ist auch mit geringem apparativen Aufwand möglich und wird daher schon früh in der Grundausbildung eingesetzt. Da die Messergebnisse bei optimierten Titrationsverfahren sehr genau sind und sich die Titration gut automatisieren lässt, findet es breite Anwendung in der chemischen Analytik.

In der Medizin sowie Pharmakologie wird unter Titration der Prozess der Dosisanpassung verstanden, allmählich die Dosis eines Arzneimittels durch Auf- oder Abdosierung zu regulieren, bis optimale Ergebnisse erreicht werden (Dosistitration, engl. dose titration).

Zu den Begründern der Titration zählen Joseph Louis Gay-Lussac, François Antoine Henri Descroizilles, Claude-Louis Berthollet sowie Louis-Nicolas Vauquelin in Frankreich Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts.

Geschichte und Etymologie

Das Wort "Titration" stammt von dem französischen Wort titrer (1543) ab, das den Anteil von Gold oder Silber in Münzen oder in Werken aus Gold oder Silber bezeichnet, d. h. ein Maß für den Feingehalt oder die Reinheit. Aus "Tiltre" wurde "titre", was zunächst den "Feingehalt von legiertem Gold" und dann die "Konzentration einer Substanz in einer bestimmten Probe" bezeichnete. 1828 verwendete der französische Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac den Begriff titre erstmals als Verb (titrer), was so viel bedeutet wie "die Konzentration einer Substanz in einer bestimmten Probe bestimmen".

Die volumetrische Analyse hat ihren Ursprung im Frankreich des späten 18. Jahrhunderts. François-Antoine-Henri Descroizilles (fr) entwickelte 1791 die erste Bürette (die einem Messzylinder ähnelte). Gay-Lussac entwickelte eine verbesserte Version der Bürette mit einem Seitenarm und erfand 1824 in einem Aufsatz über die Standardisierung von Indigolösungen die Begriffe "Pipette" und "Bürette". Die erste echte Bürette wurde 1845 von dem französischen Chemiker Étienne Ossian Henry (1798-1873) erfunden. Eine wesentliche Verbesserung der Methode und die Popularisierung der volumetrischen Analyse ist Karl Friedrich Mohr zu verdanken, der die Bürette in eine einfache und praktische Form umgestaltete und das erste Lehrbuch zu diesem Thema, das Lehrbuch der chemisch-analytischen Titrirmethode (1855), verfasste.

Verfahren

Analyse von Bodenproben durch Titration.

Eine typische Titration beginnt mit einem Becherglas oder Erlenmeyerkolben, der eine sehr genaue Menge des Analyten und eine kleine Menge Indikator (z. B. Phenolphthalein) enthält, die unter eine kalibrierte Bürette oder eine chemische Pipettierspritze mit dem Titriermittel gestellt wird. Dann werden dem Analyten und dem Indikator kleine Volumina des Titriermittels zugesetzt, bis der Indikator als Reaktion auf die Sättigungsschwelle des Titriermittels seine Farbe ändert, was das Erreichen des Endpunkts der Titration bedeutet, d. h. die Menge des Titriermittels gleicht die Menge des vorhandenen Analyten entsprechend der Reaktion zwischen beiden aus. Je nach gewünschtem Endpunkt können einzelne Tropfen oder weniger als ein Tropfen des Titriermittels den Unterschied zwischen einer dauerhaften und einer vorübergehenden Veränderung des Indikators ausmachen.

Vorbereitungstechniken

Bei typischen Titrationen müssen Titriermittel und Analyt in flüssiger Form (Lösung) vorliegen. Feststoffe werden in der Regel in einer wässrigen Lösung aufgelöst, aber auch andere Lösungsmittel wie Eisessig oder Ethanol werden für spezielle Zwecke verwendet (z. B. in der Petrochemie, die sich auf Erdöl spezialisiert hat). Konzentrierte Analyten werden häufig verdünnt, um die Genauigkeit zu verbessern.

Viele Titrationen, die keine Säure-Base-Titrationen sind, erfordern einen konstanten pH-Wert während der Reaktion. Daher kann der Titrationskammer zur Aufrechterhaltung des pH-Werts eine Pufferlösung zugesetzt werden.

In Fällen, in denen zwei Reaktanten in einer Probe mit dem Titriermittel reagieren können und nur einer der gewünschte Analyt ist, kann eine separate Maskierungslösung in die Reaktionskammer gegeben werden, die die Wirkung des unerwünschten Ions eliminiert.

Bei einigen Reduktions-Oxidations-Reaktionen (Redox-Reaktionen) kann es erforderlich sein, die Probenlösung zu erhitzen und zu titrieren, während die Lösung noch heiß ist, um die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen. Die Oxidation einiger Oxalatlösungen erfordert beispielsweise ein Erhitzen auf 60 °C (140 °F), um eine angemessene Reaktionsgeschwindigkeit aufrechtzuerhalten.

Titrationskurven

Eine typische Titrationskurve einer diprotischen Säure, die mit einer starken Base titriert wird. Abgebildet ist Oxalsäure, die mit Natriumhydroxid titriert wurde. Beide Äquivalenzpunkte sind sichtbar.

Eine Titrationskurve ist eine Kurve in einem Diagramm, deren x-Koordinate das Volumen des seit Beginn der Titration zugegebenen Titriermittels und deren y-Koordinate die Konzentration des Analyten in der entsprechenden Phase der Titration darstellt (bei einer Säure-Base-Titration stellt die y-Koordinate normalerweise den pH-Wert der Lösung dar).

Bei einer Säure-Base-Titration stellt die Titrationskurve die Stärke der entsprechenden Säure und Base dar. Bei einer starken Säure und einer starken Base ist die Kurve relativ glatt und in der Nähe des Äquivalenzpunkts sehr steil. Aus diesem Grund führt eine kleine Änderung des Titriermittelvolumens in der Nähe des Äquivalenzpunkts zu einer großen pH-Änderung, und viele Indikatoren wären geeignet (z. B. Lackmus, Phenolphthalein oder Bromthymolblau).

Wenn ein Reagenz eine schwache Säure oder Base und das andere eine starke Säure oder Base ist, ist die Titrationskurve unregelmäßig und der pH-Wert ändert sich bei kleinen Zugaben von Titriermittel in der Nähe des Äquivalenzpunkts weniger stark. Die Titrationskurve für die Titration zwischen Oxalsäure (einer schwachen Säure) und Natriumhydroxid (einer starken Base) ist zum Beispiel abgebildet. Der Äquivalenzpunkt liegt zwischen pH 8 und 10, was bedeutet, dass die Lösung am Äquivalenzpunkt basisch ist und ein Indikator wie Phenolphthalein angebracht wäre. Titrationskurven, die schwachen Basen und starken Säuren entsprechen, verhalten sich ähnlich, wobei die Lösung am Äquivalenzpunkt sauer ist und Indikatoren wie Methylorange und Bromthymolblau am besten geeignet sind.

Bei Titrationen zwischen einer schwachen Säure und einer schwachen Base sind die Titrationskurven sehr unregelmäßig. Aus diesem Grund kann es sein, dass kein bestimmter Indikator geeignet ist, und ein pH-Meter wird oft zur Überwachung der Reaktion verwendet.

Die Art der Funktion, die zur Beschreibung der Kurve verwendet werden kann, wird als Sigmoidfunktion bezeichnet.

Arten von Titrationen

Es gibt viele Arten von Titrationen mit unterschiedlichen Verfahren und Zielen. Die gebräuchlichsten Arten der qualitativen Titration sind die Säure-Base-Titration und die Redox-Titration.

Säure-Base-Titration

Methylorange
Indikator Farbe auf der sauren Seite Bereich der Farbänderung
(pH-Wert)
Farbe auf der basischen Seite
Methylviolett Gelb 0.0–1.6 Violett
Bromphenolblau Gelb 3.0–4.6 Blau
Methylorange Rot 3.1–4.4 Gelb
Methylrot Rot 4.4–6.3 Gelb
Lackmus Rot 5.0-8.0 Blau
Bromthymolblau Gelb 6.0–7.6 Blau
Phenolphthalein Farblos 8.3–10.0 Rosa
Alizarin gelb Gelb 10.1–12.0 Rot

Säure-Base-Titrationen beruhen auf der Neutralisation zwischen einer Säure und einer Base, wenn diese in Lösung gemischt werden. Zusätzlich zur Probe wird ein geeigneter pH-Indikator in die Titrationskammer gegeben, der den pH-Bereich des Äquivalenzpunkts repräsentiert. Der Säure-Base-Indikator zeigt den Endpunkt der Titration durch Farbumschlag an. Der Endpunkt und der Äquivalenzpunkt sind nicht genau dasselbe, da der Äquivalenzpunkt durch die Stöchiometrie der Reaktion bestimmt wird, während der Endpunkt nur der Farbwechsel des Indikators ist. Durch eine sorgfältige Auswahl des Indikators lässt sich der Indikatorfehler also verringern. Liegt der Äquivalenzpunkt beispielsweise bei einem pH-Wert von 8,4, so würde der Phenolphthalein-Indikator anstelle von Alizarin-Gelb verwendet werden, da Phenolphthalein den Indikatorfehler verringert. Gängige Indikatoren, ihre Farben und der pH-Bereich, in dem sie ihre Farbe ändern, sind in der obigen Tabelle aufgeführt. Wenn genauere Ergebnisse erforderlich sind oder wenn es sich bei den Reagenzien um eine schwache Säure und eine schwache Base handelt, werden ein pH-Meter oder ein Leitfähigkeitsmesser verwendet.

Für sehr starke Basen, wie z. B. Organolithiumreagenz, Metallamide und Hydride, ist Wasser im Allgemeinen kein geeignetes Lösungsmittel, und Indikatoren, deren pKa im Bereich wässriger pH-Änderungen liegen, sind von geringem Nutzen. Stattdessen werden als Titriermittel und Indikator viel schwächere Säuren verwendet, und es werden wasserfreie Lösungsmittel wie THF eingesetzt.

Phenolphthalein, ein bei der Säure- und Basentitration häufig verwendeter Indikator.

Der ungefähre pH-Wert während der Titration kann durch drei Arten von Berechnungen angenähert werden. Vor Beginn der Titration wird die Konzentration von in einer wässrigen Lösung einer schwachen Säure vor der Zugabe einer Base berechnet. Wenn die Anzahl der zugegebenen Basenmole gleich der Anzahl der Ausgangssäuremole ist, ist der so genannte Äquivalenzpunkt erreicht und der pH-Wert wird auf die gleiche Weise berechnet, wie die konjugierten Basen der titrierten Säure berechnet wurden. Zwischen Anfangs- und Endpunkt, ergibt sich aus der Henderson-Hasselbalch-Gleichung, und das Titrationsgemisch wird als Puffer betrachtet. In der Henderson-Hasselbalch-Gleichung werden die [Säure] und die [Base] als die Molaritäten bezeichnet, die auch bei Dissoziation oder Hydrolyse vorhanden gewesen wären. In einem Puffer, genau berechnet werden, aber die Dissoziation von HA, die Hydrolyse von und die Selbstionisierung von Wasser müssen berücksichtigt werden. Es müssen vier unabhängige Gleichungen verwendet werden:

In den Gleichungen, und die im Puffer verwendeten Mole der Säure (HA) bzw. des Salzes (XA, wobei X das Kation ist) und das Volumen der Lösung V. Das Massenwirkungsgesetz wird auf die Ionisierung von Wasser und die Dissoziation der Säure angewandt, um die erste und zweite Gleichung abzuleiten. Die Massenbilanz wird in der dritten Gleichung verwendet, wobei die Summe von und gleich der Anzahl der Mole der gelösten Säure bzw. Base sein muss. Die Ladungsbilanz wird in der vierten Gleichung verwendet, wobei die linke Seite die Gesamtladung der Kationen und die rechte Seite die Gesamtladung der Anionen darstellt: ist die Molarität des Kations (z. B. Natrium, wenn Natriumsalz der Säure oder Natriumhydroxid zur Herstellung des Puffers verwendet wird).

Redoxtitration

Redoxtitrationen beruhen auf einer Reduktions-Oxidations-Reaktion zwischen einem Oxidationsmittel und einem Reduktionsmittel. Zur Bestimmung des Endpunkts der Titration wird in der Regel ein Potentiometer oder ein Redoxindikator verwendet, z. B. wenn einer der Bestandteile das Oxidationsmittel Kaliumdichromat ist. Der Farbumschlag der Lösung von orange nach grün ist nicht eindeutig, daher wird ein Indikator wie Natriumdiphenylamin verwendet. Die Analyse von Weinen auf Schwefeldioxid erfordert Jod als Oxidationsmittel. In diesem Fall wird Stärke als Indikator verwendet; in Gegenwart von überschüssigem Iod bildet sich ein blauer Stärke-Iod-Komplex, der den Endpunkt anzeigt.

Bei einigen Redoxtitrationen ist aufgrund der intensiven Farbe der Bestandteile kein Indikator erforderlich. Bei der Permanganometrie beispielsweise signalisiert eine leichte, anhaltende rosa Farbe den Endpunkt der Titration aufgrund der Farbe des überschüssigen Oxidationsmittels Kaliumpermanganat. Bei der Iodometrie kann bei ausreichend hohen Konzentrationen das Verschwinden des tief rotbraunen Triiodid-Ions selbst als Endpunkt verwendet werden, obwohl bei niedrigeren Konzentrationen die Empfindlichkeit durch Zugabe von Stärke-Indikator verbessert wird, der mit Triiodid einen intensiv blauen Komplex bildet.

Farbe der iodometrischen Titrationsmischung vor (links) und nach (rechts) dem Endpunkt.

Gasphasentitration

Gasphasentitrationen sind Titrationen, die in der Gasphase durchgeführt werden, insbesondere als Methoden zur Bestimmung reaktiver Spezies durch Reaktion mit einem Überschuss eines anderen Gases, das als Titriermittel dient. Bei einer üblichen Gasphasentitration wird gasförmiges Ozon mit Stickstoffoxid nach der folgenden Reaktion titriert

O3 + NO → O2 + NO2.

Nach Abschluss der Reaktion werden das verbleibende Titriermittel und das Produkt quantifiziert (z. B. durch Fourier-Transformations-Spektroskopie) (FT-IR); dies dient zur Bestimmung der Menge des Analyten in der ursprünglichen Probe.

Die Gasphasentitration hat gegenüber der einfachen Spektrophotometrie mehrere Vorteile. Erstens hängt die Messung nicht von der Weglänge ab, da sowohl für die Messung des überschüssigen Titriermittels als auch für die des Produkts dieselbe Weglänge verwendet wird. Zweitens hängt die Messung nicht von einer linearen Änderung der Absorption in Abhängigkeit von der Konzentration des Analyten ab, wie sie durch das Beer-Lambert-Gesetz definiert ist. Drittens ist sie nützlich für Proben, die Spezies enthalten, die bei Wellenlängen, die typischerweise für den Analyten verwendet werden, interferieren.

Komplexometrische Titration

Komplexometrische Titrationen beruhen auf der Bildung eines Komplexes zwischen dem Analyten und dem Titriermittel. Im Allgemeinen werden dafür spezielle komplexometrische Indikatoren benötigt, die schwache Komplexe mit dem Analyten bilden. Das gebräuchlichste Beispiel ist die Verwendung eines Stärke-Indikators, um die Empfindlichkeit der iodometrischen Titration zu erhöhen, da der dunkelblaue Komplex von Stärke mit Iod und Iodid besser sichtbar ist als Iod allein. Andere komplexometrische Indikatoren sind Eriochrome Black T für die Titration von Calcium- und Magnesiumionen und der Chelatbildner EDTA für die Titration von Metallionen in Lösung.

Zeta-Potenzial-Titration

Zeta-Potenzial-Titrationen sind Titrationen, bei denen die Vervollständigung durch das Zeta-Potenzial und nicht durch einen Indikator überwacht wird, um heterogene Systeme, wie z. B. Kolloide, zu charakterisieren. Einer der Verwendungszwecke ist die Bestimmung des isoelektrischen Punktes, an dem die Oberflächenladung Null wird, was durch Änderung des pH-Wertes oder Zugabe eines Tensids erreicht wird. Ein weiterer Verwendungszweck ist die Bestimmung der optimalen Dosis für die Ausflockung oder Stabilisierung.

Assay

Ein Assay ist eine Art der biologischen Titration zur Bestimmung der Konzentration eines Virus oder einer Bakterie. Eine Probe wird in einem festen Verhältnis (z. B. 1:1, 1:2, 1:4, 1:8 usw.) seriell verdünnt, bis die letzte Verdünnung keinen positiven Test auf das Vorhandensein des Virus ergibt. Der positive oder negative Wert kann durch visuelle Untersuchung der infizierten Zellen unter dem Mikroskop oder durch eine immunoenzymetrische Methode wie den Enzymimmunoassay (ELISA) bestimmt werden. Dieser Wert wird als Titer bezeichnet.

Messung des Endpunkts einer Titration

Es gibt verschiedene Methoden zur Bestimmung des Endpunkts:

  • Indikator: Eine Substanz, die als Reaktion auf eine chemische Veränderung ihre Farbe ändert. Ein Säure-Base-Indikator (z. B. Phenolphthalein) ändert seine Farbe in Abhängigkeit vom pH-Wert. Auch Redox-Indikatoren werden verwendet. Zu Beginn der Titration wird ein Tropfen der Indikatorlösung hinzugefügt; der Endpunkt ist erreicht, wenn sich die Farbe ändert.
  • Potentiometer: Ein Instrument, das das Elektrodenpotential der Lösung misst. Diese Geräte werden für Redoxtitrationen verwendet; das Potenzial der Arbeitselektrode ändert sich plötzlich, wenn der Endpunkt erreicht ist.
Ein einfaches pH-Meter, das zur Überwachung von Titrationsreaktionen verwendet werden kann.
  • pH-Meter: Ein Potentiometer mit einer Elektrode, deren Potenzial von der Menge der in der Lösung vorhandenen H+-Ionen abhängt. (Dies ist ein Beispiel für eine ionenselektive Elektrode.) Der pH-Wert der Lösung wird während der gesamten Titration gemessen, genauer als mit einem Indikator; am Endpunkt kommt es zu einer plötzlichen Änderung des gemessenen pH-Werts.
  • Leitfähigkeit: Eine Messung der Ionen in einer Lösung. Die Ionenkonzentration kann sich bei einer Titration erheblich ändern, wodurch sich die Leitfähigkeit verändert. (Zum Beispiel reagieren bei einer Säure-Base-Titration die H+- und OH- Ionen zu neutralem H2O.) Da die Gesamtleitfähigkeit von allen in der Lösung vorhandenen Ionen abhängt und nicht alle Ionen gleichermaßen dazu beitragen (aufgrund von Mobilität und Ionenstärke), ist die Vorhersage der Leitfähigkeitsänderung schwieriger als ihre Messung.
  • Farbveränderung: Bei einigen Reaktionen ändert die Lösung ihre Farbe, ohne dass ein Indikator hinzugefügt wird. Dies ist häufig bei Redoxtitrationen zu beobachten, wenn die unterschiedlichen Oxidationsstufen von Produkt und Reaktant unterschiedliche Farben ergeben.
  • Ausfällung: Wenn bei einer Reaktion ein Feststoff entsteht, bildet sich während der Titration ein Niederschlag. Ein klassisches Beispiel ist die Reaktion zwischen Ag+ und Cl-, bei der sich das unlösliche Salz AgCl bildet. Trübe Ausfällungen erschweren in der Regel die genaue Bestimmung des Endpunkts. Um dies zu kompensieren, müssen Fällungstitrationen oft als "Rücktitrationen" durchgeführt werden (siehe unten).
  • Isothermes Titrationskalorimeter: Ein Gerät, das die durch die Reaktion erzeugte oder verbrauchte Wärme misst, um den Endpunkt zu bestimmen. Wird bei biochemischen Titrationen verwendet, z. B. bei der Bestimmung der Bindung von Substraten an Enzyme.
  • Thermometrische Titrimetrie: Unterscheidet sich von der kalorimetrischen Titrimetrie, da die Reaktionswärme (angezeigt durch Temperaturanstieg oder -abfall) nicht zur Bestimmung der Menge des Analyten in der Probenlösung verwendet wird. Stattdessen wird der Endpunkt durch die Geschwindigkeit der Temperaturänderung bestimmt.
  • Spektroskopie: Wird verwendet, um die Absorption von Licht durch die Lösung während der Titration zu messen, wenn das Spektrum des Reaktanten, des Titriermittels oder des Produkts bekannt ist. Die Konzentration des Stoffes kann mit Hilfe des Beerschen Gesetzes bestimmt werden.
  • Amperometrie: Misst den Strom, der durch die Titrationsreaktion infolge der Oxidation oder Reduktion des Analyten entsteht. Der Endpunkt wird als Änderung des Stroms erkannt. Diese Methode ist besonders nützlich, wenn das überschüssige Titriermittel reduziert werden kann, wie bei der Titration von Halogeniden mit Ag+.

Endpunkt und Äquivalenzpunkt

Obwohl die Begriffe Äquivalenzpunkt und Endpunkt häufig synonym verwendet werden, handelt es sich um unterschiedliche Begriffe. Der Äquivalenzpunkt ist der theoretische Abschluss der Reaktion, d. h. das Volumen des zugegebenen Titriermittels, bei dem die Molzahl des Titriermittels gleich der Molzahl des Analyten oder einem Vielfachen davon ist (wie bei polyprotischen Säuren). Der Endpunkt ist das, was tatsächlich gemessen wird, d. h. eine physikalische Veränderung in der Lösung, die durch einen Indikator oder ein oben genanntes Instrument bestimmt wird.

Zwischen dem Endpunkt und dem Äquivalenzpunkt der Titration gibt es eine geringe Abweichung. Dieser Fehler wird als Indikatorfehler bezeichnet und ist unbestimmt.

Rücktitration

Bei der Rücktitration wird die Titration in umgekehrter Richtung durchgeführt: Anstatt die ursprüngliche Probe zu titrieren, wird der Lösung ein bekannter Überschuss an Standardreagenz zugesetzt und dieser Überschuss titriert. Eine Rücktitration ist nützlich, wenn der Endpunkt der Rücktitration leichter zu bestimmen ist als der Endpunkt der normalen Titration, wie bei Fällungsreaktionen. Rücktitrationen sind auch dann sinnvoll, wenn die Reaktion zwischen dem Analyten und dem Titriermittel sehr langsam verläuft oder wenn der Analyt in einem unlöslichen Feststoff vorliegt.

Grafische Methoden

Bei der Titration entstehen Lösungen, deren Zusammensetzung von reiner Säure bis zu reiner Base reicht. Die Bestimmung des pH-Werts in jeder Phase des Titrationsprozesses ist bei monoprotischen Säuren und Basen relativ einfach. Das Vorhandensein von mehr als einer Säure- oder Basengruppe erschwert diese Berechnungen. Grafische Methoden, wie z. B. der Äquiligraph, werden seit langem verwendet, um die Wechselwirkung gekoppelter Gleichgewichte zu berücksichtigen. Diese grafischen Lösungsmethoden sind einfach zu implementieren, werden aber nur selten verwendet.

Besondere Anwendungen

Eine Titration wird Schülern der Sekundarstufe vorgeführt.

Säure-Base-Titrationen

  • Für Biodieselkraftstoff: Altpflanzenöl (WVO) muss neutralisiert werden, bevor eine Charge verarbeitet werden kann. Ein Teil des WVO wird mit einer Base titriert, um den Säuregrad zu bestimmen, damit der Rest der Charge richtig neutralisiert werden kann. Dadurch werden freie Fettsäuren aus der WVO entfernt, die normalerweise zu Seife anstatt zu Biodieselkraftstoff reagieren würden.
  • Kjeldahl-Methode: Ein Maß für den Stickstoffgehalt in einer Probe. Organischer Stickstoff wird mit Schwefelsäure und Kaliumsulfat zu Ammoniak aufgeschlossen. Anschließend wird das Ammoniak mit Borsäure und Natriumcarbonat zurücktitriert.
  • Säurezahl: die Masse in Milligramm Kaliumhydroxid (KOH), die erforderlich ist, um eine Säure in einem Gramm Probe vollständig zu titrieren. Ein Beispiel ist die Bestimmung des Gehalts an freien Fettsäuren.
  • Verseifungszahl: die Masse in Milligramm KOH, die erforderlich ist, um eine Fettsäure in einem Gramm Probe zu verseifen. Die Verseifung wird zur Bestimmung der durchschnittlichen Kettenlänge der Fettsäuren im Fett verwendet.
  • Esterwert (oder Esterindex): ein berechneter Index. Esterwert = Verseifungswert - Säurewert.
  • Aminwert: die Masse in Milligramm KOH, die dem Amingehalt in einem Gramm der Probe entspricht.
  • Hydroxylwert: die Masse in Milligramm KOH, die den Hydroxylgruppen in einem Gramm Probe entspricht. Der Analyte wird mit Essigsäureanhydrid acetyliert und dann mit KOH titriert.
  • Aminzahl
  • Boehm-Titration
  • Bromzahl
  • Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB)
  • Epton-Titration
  • Esterzahl (EZ; Menge von KOH in mg, erforderlich für die Verseifung von Estern in 1 g Fett)
  • Halbtitration zur Bestimmung der Säurekonstante (pKS) einer Säure
  • Iodzahl
  • Karl-Fischer-Verfahren zur Bestimmung des Wassergehaltes
  • Leitfähigkeitstitration
  • Neutralisationszahl (NZ; Menge von KOH in mg, erforderlich für die Neutralisation aller freien Säuren in 1 g Fett)
  • Ölbedarf
  • Peroxidzahl (POZ, Menge des als Peroxid gebundenen Sauerstoffs in mval O2 pro kg, der sich leicht als aktiver Sauerstoff abspalten lässt)
  • Säurezahl (SZ; Menge von KOH in mg, erforderlich für die Neutralisation der freien organischen Säuren in 1 g Fett)
  • Verseifungszahl
  • wasserfreie Titration

Redox-Titrationen

  • Winkler-Test für gelösten Sauerstoff: Dient zur Bestimmung der Sauerstoffkonzentration im Wasser. Der Sauerstoff in den Wasserproben wird mit Mangan(II)-sulfat reduziert, das mit Kaliumjodid unter Bildung von Jod reagiert. Das Iod wird im Verhältnis zum Sauerstoff in der Probe freigesetzt, so dass die Sauerstoffkonzentration durch eine Redoxtitration von Iod mit Thiosulfat unter Verwendung eines Stärke-Indikators bestimmt wird.
  • Vitamin C: Vitamin C, auch bekannt als Ascorbinsäure, ist ein starkes Reduktionsmittel. Seine Konzentration lässt sich leicht feststellen, wenn es mit dem blauen Farbstoff Dichlorphenolindophenol (DCPIP) titriert wird, der farblos wird, wenn er durch das Vitamin reduziert wird.
  • Benedikt-Reagenz: Überschüssige Glukose im Urin kann auf Diabetes bei einem Patienten hinweisen. Die Benedict-Methode ist die herkömmliche Methode zur Quantifizierung von Glukose im Urin unter Verwendung eines vorbereiteten Reagens. Bei dieser Art der Titration reduziert Glukose Kupfer(II)-Ionen zu Kupfer(II)-Ionen, die mit Kaliumthiocyanat reagieren und einen weißen Niederschlag bilden, der den Endpunkt anzeigt.
  • Bromzahl: Ein Maß für die Ungesättigtheit eines Analyten, ausgedrückt in Milligramm Brom, das von 100 Gramm Probe absorbiert wird.
  • Jodzahl: Ein Maß für die Ungesättigtheit eines Analyten, ausgedrückt in Gramm Jod, das von 100 Gramm Probe absorbiert wird.

Sonstiges

  • Karl-Fischer-Titration: Eine potentiometrische Methode zur Analyse von Spurenmengen an Wasser in einer Substanz. Eine Probe wird in Methanol aufgelöst und mit Karl-Fischer-Reagenz titriert. Das Reagenz enthält Jod, das proportional mit Wasser reagiert. So kann der Wassergehalt durch Überwachung des elektrischen Potenzials des überschüssigen Jods bestimmt werden.

Allgemeines Verfahren

Mit einer Bürette wird zu einer Probelösung (Titrand) ein Reagenz bekannter Konzentration (die Maßlösung, auch Titrator, Titrant oder Titrans genannt), hinzugetropft, bis die Äquivalentstoffmenge erreicht ist (auch Äquivalenzpunkt oder Endpunkt genannt). Die Endpunkterkennung kann hierbei vielfältig mit chemischen und physikalischen Methoden erfolgen und unterscheidet auch die verschiedenen Titrationsarten. An der Bürette kann das verbrauchte Volumen abgelesen werden. Vor Beginn der eigentlichen Titration wird der Gehalt (Stoffmengenkonzentration c in [mol/l]) der Maßlösung genau bestimmt und ein Korrekturfaktor, der sogenannte Titer, ermittelt, um die Genauigkeit der Messung zu erhöhen.

Reaktionstypen

Titrationen lassen sich nach Typ der chemischen Reaktion unterscheiden.

Fällungstitration

Es werden Fällungsreaktionen zur Bestimmung genutzt. Die Reaktion von Silberionen Ag+ mit Chloridionen Cl (Argentometrie) zeigen den Endpunkt manchmal durch Zusammenballen des milchigen Niederschlages an (Methoden nach Gay-Lussac und Liebig), manchmal unterstützt durch die Zugabe eines Farbstoffes wie Eosin oder Fluorescein (Titration nach Fajans) oder durch Entstehen eines farbigen Produktes wie Eisenrhodanid (nach Titration nach Volhard) oder Silberchromat (Titration nach Mohr).

Ein Sonderfall ist die hydrolytische Fällungstitration, bei der mit einem Alkalisalz einer schwachen Säure titriert wird. Ein Beispiel hierzu ist die Bestimmung der Gesamthärte mit Kaliumpalmitatlösung, bei der das Palmitation nach Überschreiten des Äquivalenzpunktes mit Wasser hydrolytisch zu Hydroxidionen reagiert.

Komplexometrische Bestimmung

Die Bestimmung beruht auf Komplexbildungsreaktionen. Dabei können Farbstoffe zugesetzt werden oder die Farbänderung durch Bildung eines Komplexes photometrisch verfolgt werden und somit auch instrumentell bestimmt werden. Weit verbreitet ist die Titration mit EDTA.

Redox-Titration

In manchen Fällen kann man Redox-Reaktionen zur Bestimmung ausnutzen. Bekannte Verfahren sind die Manganometrie, Iodatometrie, Bromatometrie oder die Cerimetrie, die jeweils nach verwendeter Maßlösung benannt sind.

Phasentransfer

Die 2-Phasen-Titration nach Epton dient zur Bestimmung von ionischen Tensiden in wässriger Lösung. Der Endpunkt ist der Farbumschlag einer Farbstoffmischung in der organisch-chlorierten Phase.

Polyelektrolyttitration

Sie dient der Bestimmung des kationischen Bedarfs von Polyelektrolyten. Als Titrant wird bei anionischen Suspensionen PolyDADMAC und bei kationischen Kaliumpolyvinylsulfat verwendet.

Auswertung

Um die Titration auszuwerten, wird in der Regel zunächst die Stoffmenge nM des in der Maßlösung vorhandenen Stoffes aus dem verbrauchten Volumen VT an Maßlösung bis zum Äquivalenzpunkt mit Hilfe der Formel

bestimmt. Für die Rechnung muss bei der Konzentration der sog. Titer fT (falls angegeben) berücksichtigt werden:

Um die Stoffmenge nP des zu bestimmenden Stoffes in der Probelösung zu bestimmen, müssen die Äquivalentzahlen der Maßlösung (zM) und der Probelösung (zP) mit einbezogen werden:

Für die Umrechnung Masse zu Stoffmenge bzw. andersherum kann folgende Formel verwendet werden:

Endpunkterkennung

  • chemische Indikatoren (visuell)
    • Farbumschlag von Indikatoren
    • Niederschläge (Fällungsreaktionen)
  • physikalische Indikatoren (instrumentell)
    • potentiometrische Titration beruht auf der sprunghaften Veränderung des elektrochemischen Potentials
    • pH-Wert-Messung mittels Glaselektrode
    • Biamperometrie
    • Konduktometrische Endpunktbestimmungen beruhen auf Messungen der elektrischen Leitfähigkeit
    • Thermometrische bzw. enthalpische Endpunktsbestimmungen

Titrationsarten

Direkte Titration

Bei der direkten Titration werden Probelösung und Reagenzlösung unmittelbar miteinander umgesetzt. Dabei wird die Probelösung vorgelegt und mit der Reagenzlösung direkt titriert. Bei der inversen Titration wird hingegen eine abgemessene Menge an Reagenzlösung mit der Probelösung titriert.

Indirekte Titration

Bei der indirekten Titration wird der zu untersuchende Stoff vor der Titration in einer chemischen Reaktion umgesetzt. Der zu bestimmende Stoff wird in einer chemischen Reaktion zu einem genau festgelegten anderen Stoff umgesetzt, der dann titrimetrisch bestimmt wird. Man unterscheidet weiterhin in Rücktitration, bei der die Probelösung mit einem bestimmten Volumen an Reagenzlösung vollständig umgesetzt wird und anschließend der unverbrauchte Teil der Reagenzlösung durch eine Titration bestimmt wird, sowie Substitutionstitration, bei der ein zu bestimmender Stoff zunächst einen anderen Stoff (z. B. Ersatzkation) freisetzt („substituiert“), der dann rücktitriert werden kann.

Automatisierte Titration

Automatischer Titrator

Die verschiedenen Reaktionstypen und Titrationsarten können im automatisierten Laborreaktorsystem realisiert werden. Ein Laborautomatisierungssystem erfasst mit Hilfe einer geeigneten Sonde (pH-Glaselektrode, Leitfähigkeitssonde, Trübungssonde, Farbsonde, …) den Zustand und steuert über eine Dosierpumpe die Zugabe der Reagenzlösung. Die zugegebene Menge wird meist durch automatische Messung der Gewichtsabnahme des Reagenz-Vorlagbehälters ermittelt.

Volumetrie ohne Titration

Eine besonders einfache Art der Volumetrie dient zur Volumenbestimmung eines Gases, indem dieses ein entsprechendes Flüssigkeitsvolumen verdrängt. Zu beachten ist, dass die Flüssigkeit passend zum zu bestimmenden Gas gewählt werden muss. Die Stickstoffbestimmung per Azotometer etwa nutzt dies, indem als Flüssigkeit eine Kaliumhydroxidlösung eingesetzt wird: diese absorbiert bei der Bestimmung ebenfalls entstehendes Kohlenstoffdioxid und Wasser und erlaubt es, das Stickstoffvolumen direkt an einer Maßskala der Azotometerbürette abzulesen.