Tietze-Syndrom

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Tietze-Syndrom
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Sternokostale und interchondrale Gelenke
FachgebietFamilienmedizin, Allgemeinmediziner, Innere Medizin, Rheumatologie, Orthopädie
SymptomeSchmerzen in der Brust, Schwellung und Druckempfindlichkeit des Brustkorbs
Diagnostische MethodeKörperliche Untersuchung, Ausschluss anderer Erkrankungen, radiologische Bildgebung
DifferentialdiagnoseAngina pectoris, Myokardinfarkt, Rippenfellentzündung, Pneumothorax, Lungenembolie, Neoplasma, Aortendissektion, Lungenentzündung, Rippenfraktur, Costochondritis, Gleitrippensyndrom, Interkostalneuralgie, rheumatische Erkrankungen
BehandlungAnalgetika, NSAIDs, manuelle Therapie, Wärmetherapie, Nervenblockaden, chirurgischer Eingriff

Das Tietze-Syndrom ist eine gutartige Entzündung eines oder mehrerer Rippenknorpel. Es wurde erstmals 1921 von dem deutschen Chirurgen Alexander Tietze beschrieben und später nach ihm benannt. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch Empfindlichkeit und schmerzhafte Schwellung der vorderen Brustwand an den Übergängen zwischen Rippe und Knorpel, Sternokostal (Knorpel zum Sternum) oder Sternoklavikular (Schlüsselbein zum Sternum). Das Tietze-Syndrom betrifft die echten Rippen und bevorzugt die 2. und 3. Rippe, wobei häufig nur ein einziges Gelenk betroffen ist.

In Umgebungen wie der Notaufnahme sind schätzungsweise 20-50 % der nicht kardialen Brustschmerzen auf eine muskuloskelettale Ursache zurückzuführen. Obwohl muskuloskelettale Erkrankungen wie das Tietze-Syndrom ein häufiger Grund für Besuche in der Notaufnahme sind, werden sie aufgrund ihres ähnlichen Erscheinungsbildes häufig als Angina pectoris, Rippenfellentzündung und andere schwere kardiopulmonale Erkrankungen fehldiagnostiziert. Obwohl das Tietze-Syndrom fehldiagnostiziert werden kann, sollten lebensbedrohliche Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen wie ein Myokardinfarkt (Herzinfarkt) vor der Diagnose anderer Erkrankungen ausgeschlossen werden.

Das Tietze-Syndrom wird häufig mit der Costochondritis verwechselt. Das Tietze-Syndrom unterscheidet sich von der Kostochondritis durch die Schwellung der Rippenknorpel, die bei der Kostochondritis nicht auftritt. Außerdem sind bei der Costochondritis die 2. bis 5. Rippen betroffen, während beim Tietze-Syndrom typischerweise die 2. oder 3.

Erstbeschreiber war Alexander Tietze (1864–1927) mit seiner 1921 erschienenen Arbeit „Über eine eigenartige Häufung von Fällen mit Dystrophie der Rippenknorpel“ in der Berliner Klinischen Wochenschrift.

Darstellung

Das Tietze-Syndrom tritt typischerweise einseitig an einem einzigen Gelenk der vorderen Brustwand auf, wobei 70 % der Patienten Schmerzen und Schwellungen auf nur einer Seite haben, in der Regel an der zweiten oder dritten Rippe. Rippe. In der Forschung wurde beschrieben, dass die Erkrankung sowohl plötzlich als auch schleichend auftreten kann, wobei dies von Person zu Person unterschiedlich ist. Schmerzen und Schwellungen beim Tietze-Syndrom sind in der Regel chronisch und intermittierend und können einige Tage bis mehrere Wochen andauern.

Das häufigste Symptom des Tietze-Syndroms sind Schmerzen, die hauptsächlich in der Brust auftreten, aber auch in die Schulter und den Arm ausstrahlen können. Die Schmerzen werden als schmerzhaft, drückend, neuralgisch, stechend, dumpf und sogar als "Gasschmerzen" beschrieben. Die Symptome des Tietze-Syndroms werden Berichten zufolge durch Niesen, Husten, tiefes Einatmen und allgemeine körperliche Anstrengung verschlimmert. Zärtlichkeit und Schwellung des betroffenen Gelenks sind wichtige Symptome des Tietze-Syndroms und unterscheiden die Erkrankung von der Costochondritis. Es wird auch vermutet, dass die Beschwerden durch eingeschränkte Schulter- und Brustkorbbewegungen noch verschlimmert werden können.

Ursache

Die tatsächliche Ätiologie des Tietze-Syndroms ist noch nicht geklärt, es wurden jedoch mehrere Theorien aufgestellt. Eine populäre Theorie basiert auf der Beobachtung, dass viele Patienten nach einer Atemwegsinfektion und trockenem Husten Symptome entwickeln. In einer Studie wurde festgestellt, dass 51 von 65 Patienten nach einem Husten oder einer Atemwegsinfektion am Tietze-Syndrom erkrankten. Daher wurde die Hypothese aufgestellt, dass das wiederholte leichte Trauma eines schweren Hustens aufgrund einer Atemwegsinfektion zu kleinen Rissen im Band führen kann, die als Mikrotrauma bezeichnet werden und das Tietze-Syndrom verursachen. Diese Theorie ist jedoch umstritten, da sie keine Erklärung für Symptome wie das Auftreten von Anfällen im Ruhezustand und die Tatsache liefert, dass sich die Schwellung manchmal vor dem Husten entwickelt. Die Atemwegsinfektion wurde auch als Begleiterscheinung einer rheumatoiden Arthritis beobachtet, was in Verbindung mit Leukozytose, Neutrophilie, c-reaktivem Protein (CRP) und erhöhter Erythrozytensedimentationsrate (ESR) auf einen infektiösen und rheumatoiden Faktor schließen lässt, obwohl die Beweise widersprüchlich sind. Viele Theorien, wie z. B. Unterernährung, Thoraxtrauma und Tuberkulose, wurden als mögliche Ursachen in Betracht gezogen, sind jedoch inzwischen widerlegt worden oder haben sich als unhaltbar erwiesen.

Diagnose

Die Diagnose des Tietze-Syndroms wird in erster Linie klinisch gestellt, obwohl einige Studien den Einsatz von Röntgenaufnahmen nahelegen. Man schätzt, dass 20-50 % der nicht kardialen Brustschmerzen in der Notaufnahme auf Erkrankungen des Bewegungsapparats zurückzuführen sind. Der Ausschluss anderer Erkrankungen, insbesondere potenziell lebensbedrohlicher Erkrankungen wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt) und Angina pectoris, ist äußerst wichtig, da sie sich ähnlich wie das Tietze-Syndrom darstellen können. Diese können in der Regel mit diagnostischen Mitteln wie einem Elektrokardiogramm und einer körperlichen Untersuchung, die eine reproduzierbare Empfindlichkeit der Brustwand zeigt, ausgeschlossen werden. Nach dem Ausschluss anderer möglicher Erkrankungen gilt die körperliche Untersuchung als das genaueste Instrument zur Diagnose des Tietze-Syndroms. Bei der körperlichen Untersuchung wird mit einem einzelnen Finger sanfter Druck auf die Brustwand ausgeübt, um den Ort der Beschwerden zu ermitteln. Schwellungen und Druckempfindlichkeit beim Abtasten eines oder mehrerer der costochondralen, sternokostalen oder sternoklavikulären Gelenke sind ein charakteristisches Merkmal des Tietze-Syndroms und gelten als eindeutige Diagnose, wenn sie gefunden werden.

Es gibt einige pathologische Merkmale, die beim Tietze-Syndrom beobachtet werden können, darunter die Degeneration des Rippenknorpels, die Zunahme der Vaskularität und hypertrophe Veränderungen (vergrößerte Zellen). Diese Merkmale lassen sich jedoch nur anhand einer Biopsie feststellen. Einige Studien haben damit begonnen, den Einsatz von Röntgenaufnahmen zur Diagnose des Tietze-Syndroms zu untersuchen und zu definieren. Dazu gehören die Computertomographie (CT), die Magnetresonanztomographie (MRT), die Knochenszintigraphie und der Ultraschall, doch handelt es sich dabei nur um Fallstudien, und die beschriebenen Methoden müssen noch gründlich untersucht werden. Methoden wie das einfache Röntgenbild, besser bekannt als Röntgenaufnahme, sind hilfreich für den Ausschluss anderer Erkrankungen, aber nicht für die Diagnose des Tietze-Syndroms. Einige Forscher sind der Ansicht, dass der Ultraschall den anderen verfügbaren bildgebenden Verfahren überlegen ist, da er das vergrößerte Volumen, die Schwellung und die strukturellen Veränderungen des Rippenknorpels sichtbar machen kann.

Abzugrenzen ist das Tietze-Syndrom von weniger genau bestimmten anderen muskuloskelettalen Schmerzen der Thoraxwand, die als Kostochondritis bzw. kostosternales Syndrom bezeichnet werden und keine Schwellung, Rötung und Überwärmung aufweisen. Die Abgrenzung zur Angina pectoris als Symptom einer koronaren Herzkrankheit ist demgegenüber aufgrund der Schwellung, Rötung und räumlich umschriebenen, reproduzierbaren Druckschmerzhaftigkeit ohne Ausstrahlung einfach. In der Regel genügt hier die einfache körperliche Untersuchung und das nachfolgende Gespräch, um den Patienten zu beruhigen.

Allerdings gibt es in der medizinischen Literatur vereinzelt Fallberichte, in denen sich andere, schwerwiegende Erkrankungen wie Krebserkrankungen oder eine Tuberkulose hinter dem Bild eines „Tietze-Syndroms“ verborgen haben.

Differentialdiagnose

Die Symptome des Tietze-Syndroms können sich als eine Vielzahl von Erkrankungen äußern, was die Diagnose erschwert, insbesondere für Ärzte, die mit der Erkrankung nicht vertraut sind. Aufgrund seiner Erscheinungsform kann das Tietze-Syndrom als eine Reihe von Erkrankungen fehldiagnostiziert werden, darunter Myokardinfarkt (Herzinfarkt), Angina pectoris und Neoplasmen.

Die Costochondritis wird am häufigsten mit dem Tietze-Syndrom verwechselt, da sie ähnliche Symptome aufweist und beide die costochondralen und sternokostalen Gelenke betreffen können. Die Costochondritis gilt als die häufigere Erkrankung und geht nicht mit einer Schwellung der betroffenen Gelenke einher, was das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden ist. Das Tietze-Syndrom betrifft in der Regel die 2. oder 3. Rippe und tritt typischerweise in einer jüngeren Altersgruppe auf, während die Costochondritis die 2. bis 5. Rippe betrifft und bei älteren Personen, in der Regel über 40 Jahren, auftritt. Darüber hinaus kann das Tietze-Syndrom durch Ultraschall diagnostiziert werden, während die Costochondritis stark von der körperlichen Untersuchung und der Krankengeschichte abhängt.

Eine weitere Erkrankung, die mit dem Tietze-Syndrom und der Costochondritis verwechselt werden kann, ist das Rippengleitungssyndrom (SRS). Alle drei Erkrankungen gehen mit Brustschmerzen und einer Entzündung des Rippenknorpels einher. Im Gegensatz zur Costochondritis und zum Tietze-Syndrom, die einen Teil der echten Rippen (1. bis 7.) betreffen, sind beim SRS die falschen Rippen (8. bis 10.) betroffen. Das SRS ist durch eine teilweise Verlagerung oder Subluxation der Gelenke zwischen den Rippenknorpeln gekennzeichnet. Dies führt zu Entzündungen, gereizten Zwischenrippennerven und einer Verspannung der Zwischenrippenmuskeln. Die SRS kann Bauch- und Rückenschmerzen verursachen, was bei der Costochondritis nicht der Fall ist. Sowohl das Tietze-Syndrom als auch die SRS können mit ausstrahlenden Schmerzen in die Schulter und den Arm einhergehen, und beide Erkrankungen können mit Ultraschall diagnostiziert werden, wobei für die SRS eine komplexere dynamische Ultraschalluntersuchung erforderlich ist.

Die umfangreiche Differentialdiagnose umfasst auch:

  • Pleuraerkrankungen wie Rippenfellentzündung, Lungenentzündung, Lungenembolie und Pneumothorax.
  • Rheumatische Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Spondylitis ankylosans und rheumatisches Fieber.
  • Arthritis der Rippenknorpel, einschließlich rheumatoider Arthritis, septischer Arthritis (pyogen), Monoarthritis und Psoriasis-Arthritis.
  • Sowohl gutartige als auch bösartige (krebsartige) Neoplasmen, einschließlich Chondrom, Osteochondrom, multiples Myelom, Osteosarkom, Hodgkin-Lymphom und Karzinom.
  • Nervenschmerzen, insbesondere Neuritis intercostalis und intercostale Neuropathie.
  • Aortendissektion, eine ernste Erkrankung, bei der ein Riss in der größten Arterie des Körpers entsteht.

Behandlung

Das Tietze-Syndrom gilt als selbstlimitierender Zustand, der in der Regel innerhalb weniger Monate mit Ruhe abklingt. Die Behandlung des Tietze-Syndroms besteht in der Regel aus Analgetika und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAIDs) wie Ibuprofen, Aspirin, Paracetamol und Naproxen. Weitere Behandlungsmethoden sind manuelle Therapie und lokale Wärmeanwendung. Diese Methoden dienen der Schmerzlinderung und sind nicht geeignet, das Tietze-Syndrom zu behandeln oder zu heilen, da sich die Erkrankung von selbst zurückbildet.

Interkostal-Nervenblockade

Eine Nervenblockade kann in Fällen eingesetzt werden, in denen die Symptombehandlung keine zufriedenstellende Schmerzlinderung bewirkt. Dabei handelt es sich in der Regel um eine nervenblockierende Injektion, die aus einer Kombination von Steroiden wie Hydrocortison und Anästhetika wie Lidocain und Procain besteht und normalerweise unter Ultraschallkontrolle verabreicht wird. In einer Studie wurde eine Kombination aus Triamcinolonhexacetonid und 2 % Lidocain bei 9 Patienten verwendet, und nach einer Woche wurde bei der Ultraschalluntersuchung eine durchschnittliche Verkleinerung des betroffenen Rippenknorpels um 82 % sowie eine deutliche Verbesserung der klinischen Symptome festgestellt. Die langfristige Wirksamkeit der Injektion ist jedoch umstritten, da mehrere Forscher ein Wiederauftreten der Symptome und wiederholte Injektionen beschrieben haben.

Chirurgischer Eingriff

In refraktären Fällen des Tietze-Syndroms, in denen die Erkrankung auf andere konservative Behandlungsmöglichkeiten nicht anspricht, wird ein chirurgischer Eingriff in Betracht gezogen. Ein chirurgischer Eingriff ist beim Tietze-Syndrom eher unüblich, da viele das Tietze-Syndrom als mit weniger invasiven Methoden behandelbar beschreiben. Der Begriff "Operation" bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Resektion der betroffenen Rippenknorpel und einiger der umliegenden Bereiche. Einige Chirurgen haben Knorpel reseziert, die zu den Symptomen des Tietze-Syndroms passen, in der Annahme, dass der Knorpel tuberkulös sei. In einer Studie wird ein Fall beschrieben, bei dem die Chirurgen eine große Menge Knorpel, darunter auch winziges hypertrophiertes Gewebe, reseziert haben, da eine frühere Resektion die Symptome nicht lindern konnte, was vermutlich auf eine unsachgemäße Resektion der Ränder zurückzuführen ist. Es gibt nur wenig Literatur über die chirurgische Behandlung dieser Krankheit und insgesamt wenig Forschung über die Behandlung schwerer, chronischer Formen des Tietze-Syndroms.

Geschichte

Das Tietze-Syndrom wurde nach dem deutschen Chirurgen Alexander Tietze benannt und 1921 erstmals beschrieben. Tietze führte zunächst 4 Fälle von schmerzhaften Schwellungen in Deutschland an, bei denen er ursprünglich glaubte, dass die Erkrankung auf Tuberkulose oder Unterernährung in Kriegszeiten zurückzuführen war.

Häufigkeit

Ein Auftreten bei Kindern ist möglich. Die sechs von Gill geschilderten Fälle in Sambia waren zwischen 23 und 38 Jahre alt. Eine Häufung im höheren Alter ohne Betonung von Geschlechtsunterschieden wird in der Literatur immer wieder angegeben. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass besonders Personen in jenem Alter, in dem eine koronare Herzkrankheit wahrscheinlicher und eine entsprechende Beunruhigung verständlicher ist, häufiger sorgfältig abgeklärt werden und das Tietze-Syndrom erst dann eine wissenschaftliche Beachtung erhält.

Betroffene werden im niedergelassenen Bereich oder der Notfallambulanz eines Krankenhauses vorstellig, weil sie eine kardiale Ursache ihrer Beschwerden befürchten. Immerhin wird angenommen, dass sich bis zu 30 % aller Notaufnahmen aufgrund von Brustschmerzen auf „muskuloskelettale Thoraxschmerzen“ oder „Thoraxwandschmerzen“ zurückführen lassen. Die Prävalenz des Tietze-Syndroms selbst ist zu niedrig, um hier genauere Angaben machen zu können.

Therapie

Gesicherte klinische Studien zur Wirksamkeit verschiedener Therapie-Optionen gibt es nicht. Die rasche Diagnose und Erklärung des Sachverhalts tragen wesentlich zur Besserung der Beschwerden bei. Entzündungshemmende Schmerzmittel (NSAR) als lokale Anwendung oder in Tablettenform sind ebenso Teil einer symptomatischen Behandlung wie die Infiltration mit einem Lokalanästhetikum wie Lidocain. Eine unbefriedigende Wirkung der NSAR und rasche Wirkung einer einzigen Infiltration wird in der medizinischen Literatur mehrfach erwähnt.

Die Prognose ist gut. Bleibende Beschwerden sind nicht zu erwarten.