Sulfite
Sulfite sind die Salze und Ester der Schwefligen Säure H2SO3. Die Salze enthalten als Anion das Sulfition (SO32−). Sie werden häufig als Konservierungsmittel in Wein, Trockenobst und Kartoffelprodukten eingesetzt. Sulfite treten allerdings auch natürlich in nahezu allen Weinen auf. ⓘ
Ebenfalls als Sulfite bezeichnet werden die Ester der Schwefligen Säure mit der allgemeinen Formel R-O-S(=O)-O-R′ (mit R und R′ als organische Reste). ⓘ
Die Schweflige Säure ist eine zweiprotonige Säure. Daher existieren unter den Salzen die
- Sulfite (MI2SO3), die auch normale, neutrale oder sekundäre Sulfite genannt werden und
- Hydrogensulfite (MIHSO3), die auch primäre oder saure Sulfite oder Bisulfite genannt werden. ⓘ
Hydrogensulfite sind als feste Salze nicht existent und liegen nur in wässrigen Lösungen vor. Beim Einengen einer Lösung reagieren Hydrogensulfite unter Wasserabspaltung und Bildung einer Schwefel-Schwefel-Bindung zu Disulfiten (S2O52−):
Unter sauren Bedingungen setzen Sulfite und Hydrogensulfite Schwefeldioxid frei:
Sulfite sind Stoffe, die natürlicherweise in einigen Lebensmitteln und im menschlichen Körper vorkommen. Sie werden auch als regulierte Lebensmittelzusatzstoffe verwendet. Wenn sie in Lebensmitteln oder Getränken enthalten sind, werden Sulfite oft mit Schwefeldioxid in einen Topf geworfen. ⓘ
Struktur
Die Struktur des Sulfitanions kann mit drei äquivalenten Resonanzstrukturen beschrieben werden. In jeder Resonanzstruktur ist das Schwefelatom doppelt an ein Sauerstoffatom mit einer formalen Ladung von Null (neutral) gebunden, und der Schwefel ist einfach an die beiden anderen Sauerstoffatome gebunden, die jeweils eine formale Ladung von -1 tragen, was zusammen die -2-Ladung des Anions ergibt. Außerdem gibt es ein nicht gebundenes einsames Paar am Schwefel, so dass die von der VSEPR-Theorie vorhergesagte Struktur trigonal pyramidal ist, wie bei Ammoniak (NH3). In der hybriden Resonanzstruktur haben die S-O-Bindungen die Bindungsordnung eins und ein Drittel. ⓘ
Die Ergebnisse der 17O-NMR-Spektroskopie deuten darauf hin, dass die Protonierung des Sulfit-Ions eine Mischung von Isomeren ergibt:
Kommerzielle Verwendung
Sulfite werden als Lebensmittelkonservierungsmittel oder -verbesserer verwendet. Sie können in verschiedenen Formen vorkommen, z. B. als:
- Schwefeldioxid, bei dem es sich nicht um ein Sulfit, sondern um ein eng verwandtes chemisches Oxid handelt
- Kaliumbisulfit oder Kaliummetabisulfit
- Natriumbisulfit, Natriummetabisulfit oder Natriumsulfit ⓘ
Wein
Die Kennzeichnung „enthält Sulfite“ bzw. „enthält Schwefeldioxid“ ist nach Art. 3 Abs. 3 der Wein-Marktorganisations-Durchführungsverordnung bei Konzentrationen von mehr als 10 mg/l verbindlich vorgeschrieben. In den USA müssen Weine, die nach Mitte 1987 abgefüllt wurden, einen Hinweis auf Sulfite auf dem Etikett enthalten. Die entsprechende Regulierung in der EU gilt seit 2005. Die Kennzeichnungspflicht geht darauf zurück, dass Menschen mit einer Überempfindlichkeit gegen Sulfite bei Konsum auch geringer Mengen Sulfit Unverträglichkeitsreaktionen wie z. B. Bronchospasmen und Asthma, anaphylaktoide Reaktionen, Urticaria und niedrigen Blutdruck zeigen. ⓘ
Sulfite entstehen in geringen Mengen (10–30 mg/l) auf natürliche Weise während der alkoholischen Gärung des Weines. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist die antimikrobielle sowie die antioxidative Wirkung des Schwefels bekannt. Seit dieser Zeit ist der Zusatz von Schwefel in der weltweiten Weinherstellung fest verankert. In Wein werden Mengen an Schwefeldioxid zwischen 90 und 400 mg/l verwendet. Schwefeldioxid (SO2) wird dem Wein gasförmig, in wässriger Lösung, als „Schwefelpulver“ (Kaliumdisulfit), in Form von Tabletten oder, wie früher, durch Ausbrennen von Fässern mit Schwefelspänen zugesetzt. ⓘ
Sulfite ermöglichen, Weine über längere Zeit zu lagern, ohne dass die Weine durch Oxidation komplett „umkippen“, also der Genuss nur noch eingeschränkt oder gar nicht möglich ist. Außerdem verhindern sie unerwünschte Nachgärungen in der abgefüllten Flasche bei restsüßen Weinen, da sie Mikroorganismen (wie z. B. Hefen) effektiv an ihrer Arbeit hindern. ⓘ
Die Zugabe von Sulfiten ist auch bei Weinen aus ökologischem Anbau zulässig und muss ebenfalls auf der Flasche gekennzeichnet werden. ⓘ
Es gibt mancherorts Bestrebungen innerhalb der Weinbranche, Weine ohne Zusatz von Schwefeldioxid herzustellen. Vereinzelten konventionellen sowie auch Bioweingütern gelingt dies seit einigen Jahren mit Erfolg, was hauptsächlich der modernen Keltertechnologie zu verdanken ist. ⓘ
Für Schwefeldioxid im Wein existieren nach EG-VO Höchstgrenzen. ⓘ
Art des Weines | EG-Höchstgrenze SO2 gesamt ⓘ |
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Rotwein < 5 g/l Restzucker | 150 mg/l (bis 31. Juli 2009: 160 mg/l) |
Rotwein > 5 g/l Restzucker | 200 mg/l (bis 31. Juli 2009: 210 mg/l) |
Weißwein & Roséwein < 5 g/l Restzucker | 200 mg/l (bis 31. Juli 2009: 210 mg/l) |
Weißwein & Roséwein > 5 g/l Restzucker | 250 mg/l (bis 31. Juli 2009: 260 mg/l) |
Spätlese und vergleichbare ausländische Weine | 300 mg/l |
Auslese und vergleichbare ausländische Weine | 350 mg/l |
Beerenauslese und Trockenbeerenauslese, Eiswein und vergleichbare ausländische Weine | 400 mg/l |
Weine mit dem Hinweis „für Diabetiker geeignet“ (seit dem 1. Juli 2007 nicht mehr erlaubt) | 150 mg/l |
Sulfite kommen in allen Weinen bis zu einem gewissen Grad natürlich vor. Sulfite werden in der Regel eingesetzt, um die Gärung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu stoppen, und können dem Wein auch als Konservierungsmittel zugesetzt werden, um Verderb und Oxidation in verschiedenen Phasen der Weinherstellung zu verhindern. Schwefeldioxid (SO2) schützt den Wein nicht nur vor Oxidation, sondern auch vor Bakterien. ⓘ
Andere Lebensmittel
Sulfite werden häufig als Konservierungsmittel in Trockenfrüchten, konserviertem Rettich und getrockneten Kartoffelprodukten verwendet. ⓘ
Die meisten Biere enthalten keine Sulfite mehr, obwohl einige alkoholische Apfelweine sie enthalten. Obwohl Garnelen auf Fischereifahrzeugen manchmal mit Sulfiten behandelt werden, darf die Chemikalie nicht auf dem Etikett erscheinen. 1986 verbot die Food and Drug Administration in den Vereinigten Staaten den Zusatz von Sulfiten zu allen frischen Früchten und Gemüsen, die roh verzehrt werden. ⓘ
E-Nummern
Die E-Nummern für Sulfite als Lebensmittelzusatzstoffe sind:
E150b | Ätzendes Sulfit-Karamell ⓘ |
E150d | Sulfit-Ammoniak-Karamell |
E220 | Schwefeldioxid |
E221 | Natriumsulfit |
E222 | Natriumbisulfit (Natriumhydrogensulfit) |
E223 | Natriummetabisulfit |
E224 | Kaliummetabisulfit |
E225 | Kaliumsulfit |
E226 | Kalzium-Sulfit |
E227 | Calciumhydrogensulfit (Konservierungsmittel) |
E228 | Kaliumhydrogensulfit |
Gesundheitliche Auswirkungen
Allergische Reaktionen auf Sulfite scheinen in der Allgemeinbevölkerung sehr selten zu sein, sind aber bei Hyperallergikern häufiger. ⓘ
Sulfite gehören zu den neun wichtigsten Lebensmittelallergenen, aber eine Reaktion auf Sulfite ist keine echte Allergie. Manche Menschen haben positive Hauttests auf Sulfite, was auf eine echte (IgE-vermittelte) Allergie hinweist. Bei Personen, die regelmäßig sulfithaltige Kosmetika oder Medikamente verwenden, wurde über chronische Hauterkrankungen an den Händen, im Dammbereich und im Gesicht berichtet. Es wurde berichtet, dass die berufliche Exposition gegenüber Sulfiten anhaltende Hautsymptome verursacht. ⓘ
Es kann innerhalb von Minuten nach dem Verzehr eines sulfithaltigen Lebensmittels zu Atembeschwerden führen. Asthmatiker und möglicherweise Menschen mit Salicylatempfindlichkeit (oder Aspirinempfindlichkeit) haben ein erhöhtes Risiko, auf Sulfite zu reagieren. Anaphylaxie und lebensbedrohliche Reaktionen sind selten. Andere mögliche Symptome sind Niesen, Anschwellen des Rachens, Nesselsucht und Migräne. ⓘ
Eine Studie aus dem Jahr 2017 hat negative Auswirkungen von Sulfiten auf Bakterien im menschlichen Mikrobiom gezeigt. ⓘ
Verwendung und Kennzeichnungsvorschriften
1986 verbot die US Food and Drug Administration die Verwendung von Sulfiten als Konservierungsmittel für Lebensmittel, die zum Frischverzehr bestimmt sind (z. B. Salatzutaten). Dies hat zur verstärkten Verwendung von Erythorbinsäure und ihren Salzen als Konservierungsmittel beigetragen. Sie dürfen auch nicht zu Lebensmitteln mit einem hohen Vitamin-B1-Gehalt, wie z. B. Fleisch, hinzugefügt werden, da Sulfite das Vitamin B1 der Lebensmittel zerstören können. ⓘ
Im Allgemeinen verlangen die US-amerikanischen Kennzeichnungsvorschriften nicht, dass Produkte das Vorhandensein von Sulfiten in Lebensmitteln angeben, es sei denn, sie werden speziell als Konservierungsmittel zugesetzt; dennoch kennzeichnen viele Unternehmen sulfithaltige Lebensmittel freiwillig. Sulfite, die bei der Verarbeitung von Lebensmitteln (aber nicht als Konservierungsmittel) verwendet werden, müssen angegeben werden, wenn es sich nicht um zufällige Zusatzstoffe handelt (21 CFR 101.100(a)(3)) und wenn der Gehalt im Endprodukt mehr als 10 ppm beträgt (21 CFR 101.100(a)(4)). ⓘ
Sulfite, die in den USA Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen, sind Schwefeldioxid, Natriumsulfit, Natriumbisulfit, Kaliumbisulfit, Natriummetabisulfit und Kaliummetabisulfit. Produkte, die wahrscheinlich weniger als 10 ppm Sulfite enthalten (Obst und alkoholische Getränke), müssen nicht als Inhaltsstoffe gekennzeichnet werden, und das Vorhandensein von Sulfiten wird normalerweise nicht angegeben. ⓘ
In Australien und Neuseeland müssen Sulfite in der Zutatenliste angegeben werden, wenn sie in verpackten Lebensmitteln in Konzentrationen von 10 mg/kg (ppm) oder mehr als Zutat oder als Bestandteil einer zusammengesetzten Zutat oder als Lebensmittelzusatzstoff oder Bestandteil eines Lebensmittelzusatzstoffes oder als Verarbeitungshilfsstoff oder Bestandteil eines Verarbeitungshilfsstoffes enthalten sind. ⓘ
Sulfite, die in Kanada Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen, sind Kaliumbisulfit, Kaliummetabisulfit, Natriumbisulfit, Natriumdithionit, Natriummetabisulfit, Natriumsulfit, Schwefeldioxid und schweflige Säure. Diese können auch unter den gebräuchlichen Bezeichnungen Sulfite, Sulfate, Sulfitierungsmittel deklariert werden. ⓘ
In der Europäischen Union schreibt das EU-Recht vor, dass auf Lebensmitteletiketten "enthält Sulfite" angegeben werden muss (wenn der Gehalt 10 Milligramm pro Kilogramm oder pro Liter übersteigt), ohne dass die Menge angegeben wird". ⓘ
Stoffwechselkrankheiten
Ein hoher Sulfitgehalt im Blut und Urin von Säuglingen kann durch eine Molybdän-Cofaktor-Mangelerkrankung verursacht werden, die unbehandelt zu neurologischen Schäden und frühem Tod führt. Die Behandlung, die tägliche Injektionen erfordert, ist seit 2009 verfügbar. ⓘ
Verwendung
Sulfite werden als Reduktionsmittel eingesetzt. Das Hydrogensulfit-Anion reagiert in chemischen Reaktionen als Nukleophil (z. B.: mit Aldehyden unter Bildung gut kristallisierender Salze). Wichtige Verfahren zur Herstellung von Zellstoff und Papier aus Holz arbeiten mit Sulfiten, siehe Sulfitverfahren (unter allem Calciumhydrogensulfit, nach Mitscherlich). ⓘ
DNA-Methylierung
Bisulfite können selektiv mit Cytosinen in DNA reagieren. Dies wird bei der Bisulfit-Sequenzierung zur Bestimmung methylierter DNA verwendet. ⓘ
Nachweis
Der qualitative Nachweis kann indirekt mit Permanganaten erfolgen. Diese entfärben sich in einer Redoxreaktion, wenn Sulfite zugegen sind. ⓘ
- Sulfit-Ionen reagieren mit Permanganat-Ionen in saurer Umgebung zu Mangan(II)-Ionen, Sulfat-Ionen und Wasser.
Die Reaktion ist nicht spezifisch für Sulfite und kann daher nur als Nachweis für Sulfite verwendet werden, wenn die Anwesenheit anderer Reduktionsmittel ausgeschlossen ist. Ebenso wird eine Iodlösung von Sulfiten entfärbt, wobei Iod zu Iodid reduziert und Sulfit zu Sulfat oxidiert wird. ⓘ
Mit Nitroprussid-Natrium bildet sich in Anwesenheit von Zinkionen ein roter Niederschlag von Zn2[Fe(CN)5SO3]. Mit Bariumchloridlösung bildet sich ein weißer Niederschlag von Bariumsulfit, der im Unterschied zu Bariumsulfat leicht in Säuren löslich ist. ⓘ
Beispiele
Salze der Schwefligen Säure sind
- Kaliumsulfit
- Natriumsulfit
- Magnesiumsulfit
- Natriumhydrogensulfit (Natriumbisulfit)
- Calciumhydrogensulfit (Calciumbisulfit). ⓘ
Ester der Schwefligen Säure sind
- Dimethylsulfit ⓘ