Mapuche

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Mapuche
Mapuche people.jpg
Lautaro, Held des Arauco-Krieges; Rayén Quitral, herausragender Sopranist; aktuelle Mapuche-Frau; Ceferino Namuncura, Seliger der katholischen Kirche.
Gesamtbevölkerung
c. 1,950,000
Regionen mit bedeutender Bevölkerungszahl
Chile1,745,147 (2017)
Argentinien205,009 (2010)
Sprachen
  • Mapudungun
  • Spanisch
Religion
Katholizismus, Evangelikalismus, traditionell
Verwandte ethnische Gruppen
  • Kerngruppen: Boroano, Cunco, Huilliche, Lafquenche, Moluche, Picunche, Promaucae
  • Araukanisierte Gruppen: Pehuenche, Puelche, Ranquel, Tehuelche
Datei:Delimitación territorial del Wallmapu.png
Karte der Mapuche-Gebiete nach Miguel Melin, Pablo Mansilla und Manuela Royo in MAPU CHILLKANTUKUN ZUGU: Descolonizando el Mapa del Wallmapu, Construyendo Cartografía Cultural en Territorio Mapuche.

Die Mapuche (/mæˈpʊi/ (Mapuche & Spanisch: [maˈputʃe])) sind eine Gruppe indigener Bewohner des heutigen Süd-Zentral-Chile und Südwest-Argentinien, einschließlich Teilen des heutigen Patagoniens. Der Sammelbegriff bezieht sich auf eine breit gefächerte Ethnie, die sich aus verschiedenen Gruppen zusammensetzt, die eine gemeinsame soziale, religiöse und wirtschaftliche Struktur sowie ein gemeinsames sprachliches Erbe als Mapudungun-Sprecher haben. Ihr Einfluss erstreckte sich einst vom Aconcagua-Tal bis zum Chiloé-Archipel und breitete sich später ostwärts bis nach Puelmapu aus, einem Gebiet, das einen Teil der argentinischen Pampa und Patagoniens umfasst. Heute macht die Gruppe über 80 % der indigenen Völker Chiles und etwa 9 % der chilenischen Gesamtbevölkerung aus. Die Mapuche sind vor allem in der Region Araucanía beheimatet. Viele sind auf der Suche nach wirtschaftlichen Möglichkeiten aus den ländlichen Gebieten in die Städte Santiago und Buenos Aires gezogen.

Die traditionelle Wirtschaft der Mapuche basiert auf der Landwirtschaft; ihre traditionelle soziale Organisation besteht aus Großfamilien, die von einem Lonko oder Häuptling geleitet werden. In Kriegszeiten schlossen sich die Mapuche in größeren Gruppen zusammen und wählten einen toki (was "Axt" oder "Axtträger" bedeutet), der sie anführte. Die materielle Kultur der Mapuche ist für ihre Textilien und Silberarbeiten bekannt.

Zur Zeit der spanischen Ankunft bewohnten die araukanischen Mapuche die Täler zwischen den Flüssen Itata und Toltén. Südlich davon lebten die Huilliche und die Cunco bis hin zum Chiloé-Archipel. Im siebzehnten, achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert wanderten Mapuche-Gruppen ostwärts in die Anden und die Pampa, wo sie sich mit den Poya und Pehuenche zusammenschlossen und Beziehungen zu ihnen aufbauten. Etwa zur gleichen Zeit nahmen die ethnischen Gruppen der Pampa, die Puelche, Ranquel und die nördlichen Aonikenk, Kontakt mit Mapuche-Gruppen auf. Die Tehuelche übernahmen die Sprache der Mapuche und einen Teil ihrer Kultur im Rahmen der so genannten Araukanisierung, in deren Verlauf Patagonien unter die Oberhoheit der Mapuche geriet.

Die Mapuche in den spanisch beherrschten Gebieten, insbesondere die Picunche, vermischten sich während der Kolonialzeit mit den Spaniern und bildeten eine mestizische Bevölkerung, die ihre indigene Identität verlor. Die Mapuche-Gesellschaft in Araucanía und Patagonien blieb jedoch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts unabhängig, als Chile Araucanía besetzte und Argentinien Puelmapu eroberte. Seitdem sind die Mapuche erst Untertanen und dann Staatsangehörige der jeweiligen Staaten geworden. Heute sind viele Mapuche und Mapuche-Gemeinschaften sowohl in Argentinien als auch in Chile in den so genannten Mapuche-Konflikt um Land und indigene Rechte verwickelt.

Mapuche-Frauen bei der 200-Jahr-Feier der Schlacht von Rancagua.
Die Heimat der Mapuche

Die Mapuche (früher zusammen mit benachbarten Völkern Araukaner genannt) sind ein indigenes Volk Südamerikas. Ihr angestammtes Gebiet erstreckt sich auf die Staaten Chile und Argentinien. Die Mapuche teilen sich in diverse Regionalidentitäten auf, so zum Beispiel die Picunche (Menschen des Nordens), die Wilhiche, die Lafkenche (Menschen des Meeres), die Wenteche (Menschen der Täler) und die Pewenche, die die bekannteste und größte Gruppe bilden. Die Pikunche, das Volk des Nordens, wurden bereits in vorkolumbischer Zeit von den Inka erobert und als Fronarbeiter eingesetzt, wobei die Landstrukturen allerdings bestehen blieben. Die Huilliche, auch als das Volk des Südens bezeichnet, waren bis ins 13. oder 14. Jahrhundert Jäger und Sammler, bevor sie ergänzend dazu einen begrenzten Gartenbau einführten. Der reiche Wildbestand und Pinienfrüchte lieferten nach wie vor die wichtigste Subsistenzbasis. Im 16. und 17. Jahrhundert gingen sie zu Ackerbau (Weizen, Kartoffel) und Viehzucht (Lama, Rind, Schaf, Pferd) über.

Etymologie

Euler-Diagramm der Mapuche-Ethnien. Historische Bezeichnungen, die nicht mehr in Gebrauch sind, sind mit weißen Feldern dargestellt. Gruppen, die die Sprache und Kultur der Mapuche übernommen haben oder teilweise von den Mapuche abstammen, sind am Rand des magentafarbenen Hauptfeldes dargestellt.

Historisch gesehen bezeichneten die spanischen Kolonisatoren Südamerikas das Volk der Mapuche als Araukaner (/ærɔːˈkniənz/, araucanos). Die Bedeutung des Begriffs Araukaner liegt in der Universalität des von Alonso de Ercilla verfassten Epos La Araucana und in der Leistung dieses Volkes im langen und endlosen Krieg gegen das spanische Reich. Der Name wurde wahrscheinlich von dem Ortsnamen rag ko (spanisch Arauco) abgeleitet, der "lehmiges Wasser" bedeutet. Das Quechua-Wort awqa, das "Rebell, Feind" bedeutet, ist wahrscheinlich nicht die Wurzel von araucano.

Wissenschaftler glauben, dass sich die verschiedenen Mapuche-Gruppen (Moluche, Huilliche, Picunche usw.) während der frühen spanischen Kolonialzeit Reche nannten, weil sie sich als reines einheimisches Blut bezeichneten, abgeleitet von Re für rein und Che für Volk.

Der Name "Mapuche" wird sowohl kollektiv für die Picunche, Huilliche und Moluche oder Nguluche aus Araucanía verwendet, als auch zu anderen Zeiten ausschließlich für die Moluche oder Nguluche aus Araucanía. Mapuche ist jedoch ein relativ neuer Begriff, der "Volk der Erde" oder "Kinder der Erde" bedeutet, "mapu" bedeutet Erde und "che" bedeutet Mensch. Diese Bezeichnung wird bevorzugt, wenn es um das Volk der Mapuche" nach dem Arauco-Krieg geht.

Die Mapuche identifizieren sich durch die Geographie ihrer Gebiete, wie zum Beispiel:

  • Pwelche oder Puelche: "Volk des Ostens", das Pwel mapu oder Puel mapu, die östlichen Gebiete (Pampa und Patagonien in Argentinien), bewohnt.
  • Pikunche oder Picunche: "Menschen des Nordens" bewohnten Pikun-mapu, die "nördlichen Länder".
  • Williche oder Huilliche: "Menschen des Südens" bewohnten Willi mapu, die "südlichen Länder".
  • Pewenche oder Pehuenche: "Volk der Pewen/Pehuen" bewohnten Pewen mapu, "das Land des Pewen-Baums (Araucaria araucana)".
  • Lafkenche: "Volk des Meeres", bewohnt Lafken mapu, "das Land des Meeres"; auch bekannt als Küsten-Mapuche.
  • Nagche: "Volk der Ebenen", das Nag mapu, "das Land der Ebenen", bewohnte (in Sektoren der Cordillera de Nahuelbuta und den daran angrenzenden niedrigen Zonen). Ihr epischer und literarischer Name ist Araukaner und ihr alter autochthoner Name ist Reche. Die alten Mapuche Toqui ("Axtträger") wie Lef-Traru ("schneller Falke", besser bekannt als Lautaro), Kallfülikan ("blauer Quarzstein", besser bekannt als Caupolicán - "geschliffener Feuerstein") oder Pelontraru ("Leuchtender Karakara", besser bekannt als Pelantaro) waren Nagche.
  • Wenteche: "Menschen der Täler" besetzten Wente mapu, "das Land der Täler".

Geschichte

Huamán Poma de Ayalas Bild von der Konfrontation zwischen den Mapuches (links) und den Inkas (rechts)

Präkolumbianische Zeit

Archäologische Funde haben gezeigt, dass die Mapuche-Kultur in Chile und Argentinien bereits 600 bis 500 v. Chr. existierte. Genetisch unterscheiden sich die Mapuche von den benachbarten indigenen Völkern Patagoniens. Dies deutet auf einen "unterschiedlichen Ursprung oder eine lang anhaltende Trennung der Mapuche und der patagonischen Bevölkerung" hin.

Es wird berichtet, dass Truppen des Inkareichs den Maule-Fluss erreichten und sich dort eine Schlacht mit den Mapuche zwischen den Flüssen Maule und Itata lieferten. Die Südgrenze des Inkareichs lag nach Ansicht der meisten modernen Gelehrten zwischen Santiago und dem Maipo-Fluss oder irgendwo zwischen Santiago und dem Maule-Fluss. So entkam der Großteil der Mapuche der Inka-Herrschaft. Durch den Kontakt mit den Inka begegneten die Mapuche zum ersten Mal Menschen mit staatlicher Organisation. Der Kontakt mit den Inkas vermittelte ihnen ein kollektives Bewusstsein, das sie von den Invasoren unterschied und sie trotz ihrer fehlenden staatlichen Organisation zu losen geopolitischen Einheiten zusammenführte.

Zur Zeit der Ankunft der ersten Spanier in Chile konzentrierte sich die größte indigene Bevölkerungsgruppe in dem Gebiet zwischen dem Itata-Fluss und der Insel Chiloé - dem Kernland der Mapuche. Der Historiker José Bengoa schätzte die Mapuche-Bevölkerung zwischen dem Itata-Fluss und dem Reloncaví-Sund in der Mitte des 16. Jahrhunderts auf 705.000-900.000.

Arauco-Krieg

Lautaro (um 1535–1557), war ein Kriegshäuptling (Toki) der Mapuche im Arauco-Krieg in Chile. Malerei von Pedro Subercaseaux Errázuriz (1880–1956).

Die seit 1536 eindringenden Spanier wurden – wie zuvor die Inkas – erbittert bekämpft. Sehr schnell und viel gezielter als etwa die nordamerikanischen Indianer übernahmen die Araukaner das Pferd durch systematischen Diebstahl und erlernten die Reitkunst und Zucht der Tiere. Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sich eine kriegerische südamerikanische Reiterkultur, die es vollbrachte, jahrhundertelang als antikolonialer Gegenstaat (der viel von den Spaniern kopierte) zu bestehen.

1546 trafen spanische Konquistadoren unter Pedro de Valdivia am Fluss Bío Bío erstmals auf die Mapuche, die die Kolonisatoren zunächst erfolgreich am Aufbau einer Festung hinderten. Erst 1550 gelang es den Spaniern, die Stadt Concepción zu gründen. Die Mapuche entschlossen sich daraufhin zum Krieg. Im Dezember 1553 kam es zur Schlacht von Tucapel, die mit einem Desaster für die Spanier endete und in der Valdivia selbst zu Tode kam. Unter ihrem gemeinsamen Kriegshäuptling, dem Toki („Beil“) Lautaro zerstörten sie von 1554 bis 1556 in mehreren Angriffswellen eine Reihe von Stützpunkten, darunter auch die Festung Arauco und die befestigte Stadt Concepción, wurden dann aber auf dem Marsch nach Santiago de Chile in der Schlacht bei Peteroa (1. April 1557) von Francisco de Villagra bei einem nächtlichen Überraschungsangriff geschlagen, bei dem auch Lautaro ums Leben kam. Der neue Gouverneur García Hurtado de Mendoza unternahm ab Sommer 1557 einen weiteren Feldzug nach Süden, der jedoch nach mehreren verlustreichen Gefechten ins Stocken kam und schließlich abgebrochen werden musste. Arauco konnte allerdings wieder besetzt werden und wurde endgültig erst 1723 von den Mapuche überrannt. Lautaros Nachfolger Caupolicán wurde von den Spaniern gefangen und grausam getötet. Er diente dem spanischen Schriftsteller Alonso de Ercilla y Zúñiga, der den Feldzug selbst miterlebte, als Vorbild für seinen 1569 veröffentlichten Versroman La Araucana. Auch der Chronist Pedro Mariño de Lobera beschreibt in seiner „Chronik des Königreichs Chile“ (Crónica del Reino de Chile, erschienen 1595) die Kämpfe mit den Mapuche aus der Sicht der Eroberer anschaulich.

In der Folgezeit zerstörten die Indianer die meisten der von Siedlern gegründeten Ansiedlungen im Süden des Landes und verhinderten damit eine weitere Kolonisierung Chiles nachhaltig. Zu einem weiteren großen Aufstand kam es in den Jahren von 1598 bis 1604, nachdem die Huilliche die spanischen Truppen 1598 in der Schlacht von Curalaba noch einmal vernichtend geschlagen hatten. Dabei war auch der spanische Gouverneur Chiles, Martín García Óñez de Loyola, getötet worden. Die spanische Verwaltung in Südchile konnte sich danach nur noch auf der Insel Chiloé halten.

Die Mapuche erkannten sehr schnell, dass die Spanier nur erfolgreich zu bekämpfen waren, wenn man sie mit ihren eigenen Mitteln schlug. Daher übernahmen sie neben der Reitkunst zahlreiche spanische Kulturelemente und errichteten eine Gesellschaft, die auf streng militärischer Erziehung und systematischer „Hassentwicklung“ gegen die Spanier beruhte: So wurden gefangene Spanier bereits durch Kinder gefoltert, gedemütigt, vergewaltigt und schließlich getötet und verspeist (→ Kannibalismus). Auch das Christentum konnte sich bis zum Ende des Mapuche-Staates nicht ausbreiten. Selbst Araukanern drohte bei Übernahme des neuen Glaubens der Tod.

Der andauernde Widerstand der Ureinwohner zwang die Spanier 1641 zur Anerkennung einer unabhängigen Mapuche-Nation im Vertrag von Quillín. Darin wurde der Bío-Bío-Fluss als faktisch schon seit 1602 bestehende Grenze zum Mapuchegebiet festgeschrieben und dem Volk der Mapuche Souveränität zugebilligt, ein in der Geschichte indigener Bevölkerungen in Südamerika einzigartiger Vorgang. Zwar kam es auch danach immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen und Eroberungsversuchen, doch hatte die Grenzziehung im Wesentlichen bis zum Ende der Kolonialzeit Bestand.

In dieser Zeit erweiterten die Mapuche ihren Siedlungsraum allmählich über die Anden nach Osten, wo sie verwilderte Rinder und Pferde jagten. Dabei kam es zu einem Kulturtransfer zu den dort lebenden Ethnien, der sogenannten „Araukanisierung“. Ein Teil der dort lebenden Tehuelche übernahm die Pferdezucht und aus der Verbindung dieser Gruppe mit den Mapuche entstand die Araukanergruppe der Pewenche. Die neue Heimat, eine Steppenlandschaft, eignete sich ausgezeichnet für die Viehzucht. Die Mapuche hielten dort große Herden Rinder, Pferde und Schafe und kontrollierten zeitweise den Salz- und Viehhandel im gesamten südlichen Südamerika.

„El Malón“, Gemälde von Moritz Rugendas (1802–1858). „Malón“ war die Bezeichnung für einen Überfall berittener Mapuche auf europäische Siedler.

1825 erkannte auch das mittlerweile unabhängige Chile die Eigenständigkeit der Mapuche ausdrücklich an. Erst im Rahmen der 1861 vom Präsidenten José Joaquín Pérez ausgerufenen so genannten „Befriedung Araukaniens“ wurde das Mapuche-Gebiet gewaltsam an Chile angegliedert und im Jahre 1883 endgültig unterworfen. Anschließend wurde der Süden Chiles und damit die bislang von den Mapuche bewohnten Gebiete massiv von neuen Einwanderern aus Europa, darunter besonders viele Deutsche, besiedelt. Die verbliebenen Mapuche mussten große Teile ihrer angestammten Siedlungsräume verlassen und wurden in verhältnismäßig kleinen Reservaten konzentriert, wo sie infolge der räumlichen Enge häufig kein Auskommen fanden. Verarmung, Kriminalität, soziale Konflikte mit den europäischen Neuansiedlern und schließlich Abwanderung in die Städte waren die Folge. 1934 scheiterte der letzte größere Aufstand der Mapuche bei Ranquil.

Die spanische Expansion in das Gebiet der Mapuche war ein Ausläufer der Eroberung Perus. Im Jahr 1541 erreichte Pedro de Valdivia von Cuzco aus Chile und gründete Santiago. Die nördlichen Mapuche-Stämme, bekannt als Promaucaes und Picunches, kämpften erfolglos gegen die spanische Eroberung. Über ihren Widerstand ist nur wenig bekannt.

Das Gemälde El joven Lautaro von P. Subercaseaux zeigt das militärische Genie und die Erfahrung seines Volkes.

Von ihrer Gründung im Jahr 1550 bis 1598 belagerten die Mapuche häufig die spanischen Siedlungen in Araucanía. Der Krieg war meist ein Konflikt von geringer Intensität. Die Zahl der Mapuche ging nach dem Kontakt mit den spanischen Invasoren erheblich zurück; Kriege und Epidemien dezimierten die Bevölkerung. Andere starben in den von den Spaniern betriebenen Goldminen.

Caupolican von Nicanor Plaza

In den Jahren nach der Schlacht von Curalaba entwickelte sich ein allgemeiner Aufstand unter den Mapuches und Huilliches. Die spanischen Städte Angol, Imperial, Osorno, Santa Cruz de Oñez, Valdivia und Villarrica wurden entweder zerstört oder aufgegeben. Nur Chillán und Concepción widerstanden den Belagerungen und Überfällen der Mapuche. Mit Ausnahme des Chiloé-Archipels wurde das gesamte chilenische Gebiet südlich des Bíobío-Flusses von der spanischen Herrschaft befreit. In dieser Zeit überquerte das Volk der Mapuche die Anden und eroberte die heutigen argentinischen Provinzen Chubut, Neuquen, La Pampa und Río Negro.

Eingliederung in Chile und Argentinien

Cornelio Saavedra Rodríguez bei einem Treffen mit den wichtigsten Lonkos von Araukanien im Jahr 1869

Im neunzehnten Jahrhundert erlebte Chile eine rasche territoriale Expansion. Chile gründete 1843 eine Kolonie an der Magellanstraße, besiedelte Valdivia, Osorno und Llanquihue mit deutschen Einwanderern und eroberte Land von Peru und Bolivien. Später sollte Chile auch die Osterinsel annektieren. In diesem Zusammenhang begann die Eroberung Araukaniens durch Chile aus zwei Gründen. Zum einen strebte der chilenische Staat nach territorialer Kontinuität, zum anderen blieb es der einzige Ort, an dem die chilenische Landwirtschaft expandieren konnte.

Zwischen 1861 und 1871 gliederte Chile mehrere Mapuche-Gebiete in Araucanía ein. Im Januar 1881, nachdem Chile Peru in den Schlachten von Chorrillos und Miraflores entscheidend besiegt hatte, nahm es die Eroberung von Araucanía wieder auf.

Der Historiker Ward Churchill behauptet, dass die Mapuche-Bevölkerung durch die Besetzung und die damit verbundenen Hungersnöte und Krankheiten innerhalb einer Generation von insgesamt einer halben Million auf 25.000 zurückging. Die Eroberung von Araucanía führte dazu, dass zahlreiche Mapuches vertrieben wurden und auf der Suche nach Unterkunft und Nahrung umherziehen mussten. Der Wissenschaftler Pablo Miramán behauptet, dass die Einführung des staatlichen Schulwesens während der Besatzung Araucanías negative Auswirkungen auf die traditionelle Bildung der Mapuche hatte.

Alte Flagge der Mapuche im Arauco-Krieg.

In den Jahren nach der Besetzung wandelte sich die Wirtschaft Araucanías von einer auf Schaf- und Rinderzucht basierenden Wirtschaft zu einer auf Landwirtschaft und Holzgewinnung beruhenden Wirtschaft. Der Landverlust der Mapuches nach der Besetzung führte zu einer starken Erosion, da die Mapuches weiterhin in begrenzten Gebieten eine massive Viehzucht betrieben.

Das Königreich von Araukanien und Patagonien

Das Königreich von Araukanien und Patagonien gehört zu den skurrilsten Episoden der chilenischen Geschichte. Im Jahre 1858 reiste der französische Rechtsanwalt Orélie Antoine de Tounens nach Chile. Er war von der Idee besessen, mit den Mapuche und den Indianern Patagoniens ein eigenes Königreich zu errichten. Nach Verhandlungen mit dem Kaziken Mañil reiste er in die Region Bío-Bío. Mañil war inzwischen verstorben, aber sein Nachfolger Quilapán nahm ihn herzlich auf. Tounens legte den Mapuche einen selbst ausgearbeiteten Verfassungsentwurf vor und konnte die Indianer davon überzeugen, ihn am 17. November 1860 zum „König von Araukanien und Patagonien“ zu wählen. Die chilenische Regierung und andere Regierungen ignorierten ihn vorläufig einfach. Schließlich verriet ihn sein Diener Juan Rosales Baptist an die chilenischen Behörden, die ihn festnehmen ließen. 1862 wurde Tounens nach Frankreich abgeschoben. Trotzdem versuchte er noch mehrmals, nach Südamerika zurückzugelangen, um sein „Königreich“ aufzubauen.

20. Jahrhundert

Bedingt durch den Verlust ihres Landes an Großgrundbesitzer (latifundistas) und Holzfirmen wanderten im 20. Jahrhundert viele Mapuche in die Städte ab, etwa 40 Prozent leben heute in der chilenischen Hauptstadt Santiago, in Temuco und anderen Ballungsräumen. Gewisse Verbesserungen ergaben sich für die Mapuche unter der Regierung Salvador Allendes, der die massive Enteignung von Landwirtschaftsbetrieben vorantrieb, was zur Rückgabe von Land an die Bewohner führte. Auch war geplant, zweisprachigen Schulunterricht zu ermöglichen. Unter der Pinochet-Diktatur wurde die Enteignung der Großgrundbesitzer jedoch wieder rückgängig gemacht. Es folgten neuerliche schwere Repressalien (v. a. durch die Abschaffung des Gemeineigentums, was faktisch die Enteignung der Mapuche-Gemeinschaften bedeutete). Zudem wurde der Río Bío Bío gestaut, was weite Landstriche des Mapuche-Landes unter Wasser setzte. Zu Billigpreisen kauften die Holzkonzerne in der Amtszeit Pinochets Urwälder, Weingüter und Ackergebiete auf und verwandelten sie in Holzplantagen. Indigenendörfer und Bauernhöfe, die nicht weichen wollten, wurden eingekreist.

Moderne Konflikte

Das Ende der Pinochet-Diktatur brachte keine Besserung: Die demokratischen Regierungen übernahmen das Wirtschaftsmodell Pinochets, das auf dem Export von Rohstoffen beruhte. Zahlreiche Indigenenfamilien flüchteten in der Folge in die Städte, auch weil sie der Ackerbau nicht mehr ernährte. Alkoholismus, Prostitution und Verbrechen verbreiteten sich.

In nationalistischen Kreisen Chiles wird die Existenz des Mapuche-Volkes bis heute regelmäßig geleugnet; es sei, so eine gängige These, durch „Vermischung“ (mestizaje) in der Gesamtbevölkerung aufgegangen. Bezeichnend ist der Ausspruch Pinochets: „Es gibt keine Ureinwohner, wir sind alle Chilenen.“ Dagegen betonen die meisten Vertreter der Mapuche-Gemeinschaften (comunidades) ihre Eigenständigkeit und zumindest die Radikaleren unter ihnen lehnen es ab, sich als Chilenen zu bezeichnen. Historisch bedingte gegenseitige Vorbehalte prägen das Verhältnis zwischen den Kulturen der Mapuche und der Weißen teilweise bis heute.

Der chilenische Zensus von 2002 ergab 604.349 Mapuche auf chilenischem Staatsgebiet (928.500 im Jahre 1992). Inwieweit dieser Rückgang Assimilierungseffekte widerspiegelt oder auf Erhebungstechniken zurückgeht, ist umstritten. Die ursprüngliche Sprache der Mapuche, das Mapudungun, wird in Chile nur noch von etwa 260.000 Menschen verstanden. In Argentinien beläuft sich die Mapuche-Bevölkerung auf ungefähr 250.000 Menschen, von denen ca. 10.000 Mapudungun verstehen. Die Alphabetisierungsrate sowohl in der Amtssprache Spanisch als auch in Mapudungun ist sehr gering. Das Gros der Mapuche lebt in einfachen Verhältnissen. Männer arbeiten häufig als Gelegenheitsarbeiter, zum Beispiel in der Landwirtschaft, Frauen oft als Hausangestellte in Häusern der Oberschicht.

Seit Jahren ist das Verhältnis zwischen Mapuche, die den Großteil der indigenen Bewegung in Chile ausmachen, und dem chilenischen Staat durch Landrechtskonflikte zerrüttet. Mittlerweile gab es in gewissem Umfang Landrückgaben, aber auch neue Konflikte und umstrittene Gerichtsurteile gegen militante Mapuche-Angehörige. Die rechtliche Stellung ist auch deshalb schwierig, weil die chilenische Verfassung indigenen Gruppen (anders als in den meisten südamerikanischen Ländern) keine ethnisch-kulturelle Sonderstellung einräumt.

Wenufoye Flagge, 1992 von der indigenen Organisation Consejo de Todas las Tierras geschaffen.

Microsoft beabsichtigte Presseberichten zufolge, eine Version von Windows XP in Mapudungun zu veröffentlichen. Im November 2006 wurde bekannt, dass die Führer der Indianer daraufhin wegen Verletzung geistigen Eigentums gegen Microsoft klagen wollten.

2008 flammte der Konflikt um die natürlichen Ressourcen Wald und Wasser erneut auf. Um ihre Interessen zu verteidigen und die teils tausend Jahre alten Araukarienwälder vor der Verarbeitung zu Cellulose zu bewahren, besetzten Aktivisten Farmen und setzten Lastwagen von Holzfällern in Brand. Bei dem Versuch einer Farmbesetzung wurde ein 22-jähriger Aktivist bei Auseinandersetzungen mit der Polizei getötet. Stand 2021 waren über zwei Millionen Hektar einzigartiger Araukarien- und Mischwälder von Holzkonzernen verarbeitet und mit schnell wachsendem Eukalyptus und Kiefern bepflanzt worden. Als Reaktion stecken die Mapuche Bulldozer, Fahrzeuge, Lagerhäuser und Verwaltungsgebäude der Holzfirmen in Brand, errichten Straßensperren und attackieren fremde Siedler und Polizisten.

Immer wieder, mit jeder Ermordung auf beiden Seiten (bspw. der des Aktivisten Camilo Catrillanca im Jahr 2018) brechen die Konflikte zwischen den Mapuche und der Polizei und dem Militär Chiles von Neuem auf. 2019 reichten Vertreter der Mapuche beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) eine Petition ein, worin sie Chile und Argentinien Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwarfen und den IStGH aufforderten, dagegen vorzugehen.

In einigen Mapuche-Gebieten, insbesondere in den nördlichen Teilen der Region Araucanía zwischen und um Traiguén und Lumaco, gibt es nach wie vor Landstreitigkeiten und gewaltsame Auseinandersetzungen. Um die Spannungen zu entschärfen, veröffentlichte die Kommission für historische Wahrheit und neue Behandlungen 2003 einen Bericht, in dem drastische Änderungen in der Behandlung der indigenen Bevölkerung Chiles, von der mehr als 80 % Mapuche sind, gefordert wurden. Die Empfehlungen umfassten die formelle Anerkennung politischer und "territorialer" Rechte für indigene Völker sowie Bemühungen zur Förderung ihrer kulturellen Identität.

Obwohl japanische und schweizerische Interessen in der Wirtschaft von Araucanía (Ngulu Mapu) aktiv sind, befinden sich die beiden wichtigsten Forstunternehmen in chilenischem Besitz. In der Vergangenheit haben die Unternehmen Hunderttausende von Hektar mit nicht einheimischen Arten wie Monterey-Kiefern, Douglasien und Eukalyptusbäumen bepflanzt und dabei manchmal die einheimischen Wälder Valdivias verdrängt, auch wenn dies heute in Vergessenheit geraten ist.

Chile exportiert Holz in die Vereinigten Staaten, das fast ausschließlich aus dieser südlichen Region stammt und einen jährlichen Wert von rund 600 Millionen Dollar hat. Die Naturschutzorganisation Stand.earth hat eine internationale Kampagne für den Erhalt der Wälder geführt, die dazu führte, dass die Handelskette Home Depot und andere führende Holzimporteure sich bereit erklärten, ihre Einkaufspolitik zu ändern, um "den Schutz der einheimischen Wälder in Chile zu gewährleisten". Einige Mapuche-Führer fordern einen stärkeren Schutz für die Wälder.

In den letzten Jahren wurden die von den bewaffneten Mapuche-Rebellen begangenen Verbrechen auf der Grundlage von Antiterrorgesetzen verfolgt, die ursprünglich von der Militärdiktatur Augusto Pinochets eingeführt wurden, um politische Dissidenten zu kontrollieren. Das Gesetz erlaubt es den Staatsanwälten, der Verteidigung bis zu sechs Monate lang Beweise vorzuenthalten und die Identität von Zeugen zu verbergen, die vor Gericht hinter Bildschirmen aussagen können. Aufständische Gruppen wie die Coordinadora Arauco Malleco wenden verschiedene Taktiken an, wobei die extremsten Vorkommnisse, wie das Verbrennen von Häusern, Kirchen, Fahrzeugen, Gebäuden und Weiden, zuweilen auch Todesopfer und Drohungen gegen bestimmte Ziele zur Folge haben. Seit 2005 haben Demonstranten aus Mapuche-Gemeinden diese Taktik sowohl gegen Grundstücke von multinationalen Forstunternehmen als auch von Privatpersonen eingesetzt. Im Jahr 2010 begannen die Mapuche eine Reihe von Hungerstreiks, um eine Änderung der Anti-Terror-Gesetzgebung zu erreichen. Laut der französischen Website Orin21 hat die chilenische Regierung 2019 Menschenrechtsverletzungen an den Mapuche begangen, die auf israelischen Militärtechniken und Überwachung beruhen. Die Streitkräfte sowohl Chiles als auch Israels versuchen nicht, ihre Allianz zu verbergen. Diese Allianz wirkt sich sowohl auf die Palästinenser als auch auf die Mapuche negativ aus.

Die Ölförderung und das Fracking im Gebiet Vaca Muerta in Neuquen, einem der größten Schieferöl- und Schiefergasvorkommen der Welt, haben zu Abraumhalden mit Schlammabfällen geführt, die die Umwelt in der Nähe der Stadt Añelo, die etwa 1.200 km südlich von Buenos Aires liegt, verschmutzen. Im Jahr 2018 verklagten die Mapuche Exxon, das französische Unternehmen TotalEnergies und Pan American Energy.

Kultur

Die Flagge von Wenufoye wurde 1992 von der indigenistischen Organisation "Consejo de Todas las Tierras" geschaffen.

Zur Zeit der Ankunft der Europäer organisierten und bauten die Mapuche ein Netz von Festungen und Verteidigungsanlagen. Die alten Mapuche errichteten auch zeremonielle Bauten, wie zum Beispiel einige Erdhügel, die kürzlich in der Nähe von Purén entdeckt wurden. Die Mapuche lernten von den Spaniern das Reiten und den Einsatz der Kavallerie im Krieg sowie den Anbau von Weizen und Schafen.

In der 300-jährigen Koexistenz zwischen den spanischen Kolonien und den relativ gut abgegrenzten autonomen Mapuche-Regionen entwickelten die Mapuche auch eine starke Tradition des Handels mit Spaniern, Argentiniern und Chilenen. Dieser Handel steht im Mittelpunkt der Silberverarbeitungstradition der Mapuche, denn die Mapuche stellten ihren Schmuck aus den großen und weit verstreuten Mengen spanischer, argentinischer und chilenischer Silbermünzen her. Die Mapuche fertigten auch Kopfbedeckungen aus Münzen an, die trarilonko genannt wurden, usw.

Mapuche-Sprachen

Familia Mapuche, von Claudio Gay, 1848.

Mapuche-Sprachen werden in Chile und Argentinien gesprochen. Die beiden lebenden Zweige sind Huilliche und Mapudungun. Obwohl sie genetisch nicht verwandt sind, ist ein lexikalischer Einfluss des Quechua festgestellt worden. Sprachwissenschaftler schätzen, dass es in Chile nur noch etwa 200.000 Sprecher gibt, die die Sprache vollständig beherrschen. Die Sprache wird im Bildungssystem nur sporadisch gefördert. In den letzten Jahren wurde damit begonnen, sie in den ländlichen Schulen der Regionen Bío-Bío, Araucanía und Los Lagos zu unterrichten.

Mapuche-Sprecher des chilenischen Spanisch, die auch Mapudungun sprechen, neigen dazu, mehr unpersönliche Pronomen zu verwenden, wenn sie Spanisch sprechen.

Kosmologie und Glaube

Der oberste Gott der Mapuche – allmächtiger Schöpfer und Sonnengott – ist Gynechen (span. Ngenechén). Für die Mapuche ist er zugleich Vater, Mutter, Bruder und Schwester. Neben ihm heilt eine „Freundin der Sonne“ Krankheiten der Menschen und es werden Sterngottheiten verehrt. Der Osten und der Süden sind den Mapuche heilig, da von dort die guten Winde kommen. Auch das Blau des Himmels ist heilig. Ein Huecuvus ist in der Mythologie ein böser Geist, der zum Beispiel als Wirbelwind erscheint und Krankheiten bringt. Die heiligen Tiere der Mapuche sind die Pferde, die hauptsächlich zum Reiten verwendet werden und die man an hohen Feiertagen wie dem Gilhatun (span. Ngillatún) auch schlachtet und verspeist.

Das größte Fest des Jahres ist das sogenannte We Tripantu, das neue Jahr der Mapuche, das jeweils am kürzesten Tag im Jahr gefeiert wird. Dem Tag, an dem die Sonne sich ausruht und der Mond die Rolle der Sonne übernimmt, damit die Sonne sich ausruhen kann und gestärkt für ein neues Jahr wieder erscheint. Die Mapuche baden sich jeweils im Morgengrauen in den Gewässern, um sich zu reinigen, weil die Gewässer an diesem Tag am wärmsten sind.

Das wichtigste Ritual der Mapuche ist der Gilhatun. Das kleine Gilhatun findet jährlich, das große alle vier Jahre um die Weihnachtszeit statt. Für die Mapuche kommt alles paarweise vor, Gut und Böse, Mann und Frau etc. Es ist ein Bitt- und Dankesritual, das mehrere Tage dauern kann. Dabei wird Gynechen für die vergangenen Jahre gedankt, böse Geister werden vertrieben und gleichzeitig wird für die nächsten Jahre, für Fruchtbarkeit für Ernte und Vieh, gutes Wetter und Reichtum gebetet. Dem Gilhatun kommt auch eine große soziale Bedeutung zu, da es das Ritual ist, in dem jeweils die Gemeinde zusammenkommt und die Tage zusammen verbringt, wobei den bekannten Familien und Menschen die Ehre erwiesen wird, indem man mit ihnen Essen teilt, typischerweise ein Stück Fleisch (Pferd, Schwein, Rind oder Schaf, gekocht oder gegrillt) und ein Stück iwiñ kofke, ein in Pferdefett frittiertes Brot. Nicht selten schlachtet eine Familie mindestens ein Pferd und ein Schwein, um alle Gäste und Bekannte bedienen zu können. Das Fest verbindet Elemente des europäischen Neujahrsfestes mit einer eindrucksvollen Darstellung der traditionellen araukanischen Reiterkultur: Man errichtet einen rustikalen Altar, den man in feierlicher Prozession umreitet, immer rascher, schließlich in vollem Galopp. Zudem werden Lämmer geopfert, deren Blut man in Schüsseln auf dem Altar Gott anbietet. Zuletzt wird in großen Mengen Chicha (Mais- oder Apfelbier) getrunken. Zu diesem Fest gehört auch zumeist der Auftritt einer Machi. Sie erklimmt einen treppenartig eingekerbten mannshohen Holzklotz, Symbol der Himmelsleiter, auf welcher sie ins Jenseits zu den Göttern gelangt. Auf der Schamanentrommel kultrún schlagend, dreht sie sich auf der Spitze der Leiter so lange um sich selbst, bis sie in Trance fällt. Sie stürzt schließlich zu Boden, bleibt eine Weile wie tot liegen und erwacht dann, um zu berichten, was sie von Gott erfahren hat und ob er mit den Opfern und Gebeten zufrieden ist.

Dieses Ritual von Jenseitsreisen, die zum Teil noch von Hilfsgeistern begleitet werden und in Ekstase stattfinden, die Taten in der Geisterwelt, die Berufung der Machi durch Gott, die mehrjährige Lehrzeit, die Form und Bedeutung der Trommel und das zentrale Symbol der Himmelsleiter erinnert so stark an Konzepte des sibirischen Schamanismus, dass der Begriff Schamanismus in Zusammenhang mit den Mapuche häufig genannt wird – obwohl es sich aller Wahrscheinlichkeit nach nur um eine zufällige analoge Entwicklung handeln kann. Hier homologe Bezüge zu Sibirien herzustellen, gilt heute als höchst spekulativ.

Nach den laufenden Erhebungen des evangelikal-fundamentalistisch ausgerichteten Bekehrungsnetzwerkes Joshua Project bekennen sich heute noch 19 Prozent der Mapuche offiziell zur traditionellen Religion, etwa zehn Prozent sind nicht religiös und 71 Prozent nennen sich Christen. Allerdings ist das „Mapuche-Christentum“ in der Praxis vielmehr ein „katholisch durchsetztes Heidentum“. Die klassischen Rituale und die (oder der) Machi haben weiterhin eine zentrale Bedeutung. 80 Prozent aller heutigen Machi sind Frauen.

Ein Rat der araukanischen Philosophen, 1904

Im Mittelpunkt der Mapuche-Kosmologie steht die Vorstellung von einem Schöpfer namens ngenechen, der in vier Komponenten verkörpert wird: einem älteren Mann (fucha/futra/cha chau), einer älteren Frau (kude/kuse), einem jungen Mann und einer jungen Frau. Sie glauben an Welten, die als Wenu Mapu und Minche Mapu bekannt sind. Die Kosmologie der Mapuche ist außerdem von komplexen Vorstellungen über Geister geprägt, die mit Menschen und Tieren in der natürlichen Welt koexistieren, und die täglichen Umstände können die spirituellen Praktiken bestimmen.

Die bekannteste rituelle Zeremonie der Mapuche ist das Ngillatun, was frei übersetzt "beten" oder "allgemeines Gebet" bedeutet. Diese Zeremonien sind oft große Gemeinschaftsereignisse, die von großer spiritueller und sozialer Bedeutung sind. Es werden viele andere Zeremonien praktiziert, die nicht alle für die Öffentlichkeit oder die Gemeinschaft bestimmt sind, sondern manchmal auf die Familie beschränkt bleiben.

Die wichtigsten Gruppen von Gottheiten und/oder Geistern in der Mapuche-Mythologie sind die Pillan und Wangulen (Ahnengeister), die Ngen (Naturgeister) und die Wekufe (böse Geister).

Im Mittelpunkt des Mapuche-Glaubens steht die Rolle des Machi (Schamanen). Sie wird in der Regel von einer Frau ausgefüllt, die bei einem älteren Machi in die Lehre geht, und weist viele der typischen Merkmale von Schamanen auf. Der Machi führt Zeremonien zur Heilung von Krankheiten, zur Abwehr des Bösen, zur Beeinflussung des Wetters, der Ernten, der sozialen Interaktionen und der Traumarbeit durch. Machis verfügen oft über ein umfangreiches Wissen über regionale Heilkräuter. Da die biologische Vielfalt in den chilenischen Landschaften durch die kommerzielle Land- und Forstwirtschaft zurückgegangen ist, ist auch die Verbreitung dieses Wissens zurückgegangen, aber die Mapuche beleben es in ihren Gemeinschaften wieder. Die Machis verfügen über ein umfangreiches Wissen über heilige Steine und die heiligen Tiere.

Die Tochter des Lonko Quilapán

Wie viele andere Kulturen haben auch die Mapuche einen Sintflutmythos (epeu) von einer großen Flut, bei der die Welt zerstört und neu erschaffen wird. Der Mythos handelt von zwei gegensätzlichen Kräften: Kai Kai (Wasser, das durch Überschwemmungen den Tod bringt) und Tren Tren (trockene Erde, die Sonnenschein bringt). In der Sintflut wird fast die gesamte Menschheit ertränkt; die wenigen, die nicht ertrunken sind, überleben durch Kannibalismus. Schließlich ist nur noch ein Paar übrig. Ein Machi sagt ihnen, dass sie ihr einziges Kind den Wassern übergeben sollen, was sie auch tun, und so wird die Welt wieder in Ordnung gebracht.

Teil der Mapuche-Rituale sind Gebete und Tieropfer, um das kosmische Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Dieser Glaube hat sich bis in die heutige Zeit erhalten. Im Jahr 1960 zum Beispiel opferte ein Machi einen kleinen Jungen und warf ihn nach einem Erdbeben und einem Tsunami ins Wasser.

Die Mapuche haben die Erinnerung an ihre lange Unabhängigkeit und ihren Widerstand ab 1540 (gegen die Spanier, dann gegen die Chilenen und Argentinier) sowie an den Vertrag mit der chilenischen und argentinischen Regierung in den 1870er Jahren in ihre Geschichte aufgenommen. Erinnerungen, Geschichten und Glaubensvorstellungen, die oft sehr lokal und partikular sind, sind ein wichtiger Teil der traditionellen Kultur der Mapuche. In unterschiedlichem Maße setzt sich diese Geschichte des Widerstands unter den Mapuche bis heute fort. Gleichzeitig identifiziert sich eine große Mehrheit der Mapuche in Chile mit dem Staat als Chilenen, ähnlich wie sich eine große Mehrheit in Argentinien als Argentinier identifiziert.

Ethnobotanik

Höhe eines Chemamull (Mapuche-Begräbnisstatue) im Vergleich zu einer Person.

Zeremonien und Traditionen

We Tripantu ist das Neujahrsfest der Mapuche.

Textilien

Traditioneller Mapuche-Poncho, ausgestellt im Museo Artesanía Chilena.

Eine der bekanntesten Künste der Mapuche sind ihre Textilien. Die ältesten Daten über Textilien in den südlichsten Gebieten des amerikanischen Kontinents (heute im Süden Chiles und Argentiniens) stammen aus einigen archäologischen Ausgrabungen, wie z. B. dem Friedhof von Pitrén in der Nähe der Stadt Temuco und der Fundstätte von Alboyanco in der Region Biobío, beide in Chile, sowie dem Friedhof von Rebolledo Arriba in der Provinz Neuquén (Argentinien). Die Forscher haben Belege für Stoffe gefunden, die mit komplexen Techniken und Mustern hergestellt wurden und auf die Zeit zwischen 1300 und 1350 n. Chr. datiert werden.

Die Mapuche-Frauen waren für das Spinnen und Weben zuständig. Das Wissen über Webtechniken und ortsspezifische Textilmuster wurde in der Regel innerhalb der Familie weitergegeben, wobei Mütter, Großmütter und Tanten einem Mädchen die Fertigkeiten beibrachten, die sie von ihren eigenen Ältesten gelernt hatten. Frauen, die sich in der Textilkunst auszeichneten, wurden für ihre Leistungen hoch geehrt und leisteten einen wirtschaftlichen und kulturellen Beitrag zu ihrer Verwandtschaftsgruppe. Die Bedeutung der Weberei zeigt sich auch darin, dass ein Mann eine größere Mitgift für eine Braut mitbrachte, die eine gute Weberin war.

Darüber hinaus nutzten die Mapuche ihre Textilien als wichtigen Überschuss und als Tauschware. In zahlreichen Berichten aus dem 16. Jahrhundert wird beschrieben, dass sie die Textilien mit anderen indigenen Völkern und mit Kolonisten in neu entstandenen Siedlungen tauschten. Dieser Handel ermöglichte es den Mapuche, sich mit Gütern zu versorgen, die sie nicht selbst produzierten oder die sie nicht schätzten, wie z. B. Pferde. Die von den Frauen der Ureinwohner hergestellten und in der Araucanía und im Norden Patagoniens vermarkteten Stoffmengen waren wirklich beträchtlich und stellten eine lebenswichtige wirtschaftliche Ressource für die indigenen Familien dar. Die Herstellung von Stoffen in der Zeit vor der europäischen Besiedlung war eindeutig für Verwendungszwecke jenseits des häuslichen Verbrauchs bestimmt.

Gegenwärtig werden die von den Mapuche gewebten Stoffe weiterhin für häusliche Zwecke, aber auch zum Verschenken, Verkaufen oder Tauschen verwendet. Die meisten Mapuche-Frauen und ihre Familien tragen heute Kleidungsstücke mit ausländischen Mustern, die mit Materialien industrieller Herkunft gefertigt wurden, aber sie weben weiterhin Ponchos, Decken, Bänder und Gürtel für den täglichen Gebrauch. Viele der Stoffe werden für den Handel gewebt und sind in vielen Fällen eine wichtige Einnahmequelle für die Familien. Zum Färben der Wolle werden glasierte Töpfe verwendet. Viele Mapuche-Frauen weben weiterhin Stoffe nach den Bräuchen ihrer Vorfahren und geben ihr Wissen auf dieselbe Weise weiter: im häuslichen Bereich, von der Mutter zur Tochter und von der Großmutter zur Enkelin. Diese Form des Lernens basiert auf der Nachahmung von Gesten, und nur selten, und wenn es unbedingt notwendig ist, erhalten die Lehrlinge ausdrückliche Anweisungen oder Hilfe von ihren Ausbildern. Wissen wird weitergegeben wie Stoff gewebt wird, das Weben und die Weitergabe von Wissen gehören zusammen.

Clava-Handklub

Denkmal in Form einer riesigen Clava mere okewa, in der Avenida Presidente Eduardo Frei Montalva, Cañete, Chile

Es gibt einen traditionellen steinernen Handschläger der Mapuche, der Clava (spanisch für Keule) genannt wird. Er hat einen langen flachen Körper. Ein anderer Name ist clava mere okewa; auf Spanisch kann er auch clava cefalomorfa genannt werden. Sie hat eine gewisse rituelle Bedeutung als besonderes Erkennungszeichen, das von Stammesführern getragen wird. Es sind viele Arten von Keulen bekannt.

Dies ist ein Gegenstand, der mit männlicher Kraft assoziiert wird. Er besteht aus einer Scheibe mit einem daran befestigten Griff; der Rand der Scheibe hat gewöhnlich eine halbkreisförmige Aussparung. In vielen Fällen trägt das auf der Scheibe dargestellte Gesicht eingeschnittene Muster. Der Griff ist zylindrisch und hat im Allgemeinen einen größeren Durchmesser an der Verbindung zur Scheibe.

Silberarbeiten

Zeichnung einer Trapelacucha, eines silbernen Schmuckstücks.

In der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts begannen die Mapuche-Silberschmiede, große Mengen an Silberschmuck herzustellen. Der Aufschwung der Silberschmiedeaktivität könnte mit dem Parlament von Negrete im Jahr 1726 zusammenhängen, das die Feindseligkeiten zwischen Spaniern und Mapuches abschwächte und eine Zunahme des Handels zwischen dem kolonialen Chile und den freien Mapuches ermöglichte. Vor dem Hintergrund dieses zunehmenden Handels begannen die Mapuches im späten 18. Jahrhundert, Zahlungen in Silbermünzen für ihre Produkte, in der Regel Rinder oder Pferde, zu akzeptieren. Diese Münzen und die bei politischen Verhandlungen erlangten Silbermünzen dienten als Rohmaterial für die Mapuche-Metallschmiede (Mapudungun: rüxafe). Alte Mapuche-Silberanhänger enthielten oft ungeschmolzene Silbermünzen, was modernen Forschern hilft, die Objekte zu datieren. Der Großteil der spanischen Silbermünzen stammt aus dem Bergbau in Potosí in Oberperu.

Die große Vielfalt an Silberschmuckdesigns ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Designs mit verschiedenen reynma (Familien), lof mapu (Ländern) sowie bestimmten lonkos und machis identifiziert werden konnten. Mapuche-Silberschmuck war auch modischen Veränderungen unterworfen, wenngleich die mit philosophischen und spirituellen Konzepten verbundenen Designs keinen großen Veränderungen unterworfen waren.

Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert erreichten die Silberschmiedeaktivitäten und die künstlerische Vielfalt der Mapuche ihren Höhepunkt. Alle wichtigen Mapuche-Häuptlinge des neunzehnten Jahrhunderts sollen mindestens einen Silberschmied gehabt haben. Im Jahr 1984 stellte der Mapuche-Gelehrte Carlos Aldunate fest, dass es unter den zeitgenössischen Mapuche keine Silberschmiede mehr gab.

Literatur

Die mündlich überlieferte Literaturtradition hat bei den Mapuche einen hohen Stellenwert. Seit den 1920er und verstärkt den 1960er Jahren erlebt auch die verschriftlichte Literatur der Mapuche eine Blütezeit. Zu erwähnen sind Autoren wie Elicura Chihailaf, Jaime Luis Huenún und Leonel Lienlaf unter anderen. Charakteristisch für die neuere Mapuche-Literatur ist der interkulturelle Zwiespalt der Autoren. 2020 erhielt Elicura Chihuailaf, der sowohl in spanischer Sprache als auch in Mapudungun schreibt, den Premio nacional de literatura de Chile.

Cogender-Ansichten

Bei den Mapuche in La Araucanía gibt es neben den heterosexuellen weiblichen machi-Schamaninnen auch homosexuelle männliche machi weye-Schamanen, die weibliche Kleidung tragen. Diese Machi Weye wurden erstmals in einer Chronik aus dem Jahr 1673 auf Spanisch beschrieben. Bei den Mapuche "interessieren sich die Geister für die geschlechtsspezifischen Reden und Darbietungen der machi, nicht für das Geschlecht unter der Kleidung der machi". Indem sie den filew (besitzergreifender Geist) anlocken, "werden sowohl männliche als auch weibliche machi zu spirituellen Bräuten, die ihren filew - zugleich Ehemann und Herr - verführen und anrufen, damit er ihre Köpfe in Besitz nimmt ... Der rituelle Transvestismus der männlichen machi ... lenkt die Aufmerksamkeit auf die relationalen Geschlechterkategorien von Geistermann und machi-Frau als Paar (kurewen)." Bezüglich der "gleichgeschlechtlichen Identitäten" der "machi als gleichgeschlechtliche Spezialisten" wurde spekuliert, dass es bei den Mapuche früher "weibliche berdaches" gegeben haben könnte.

Handwerk

Bekannt sind die Mapuche für ihre Silberschmiedekunst, die sich allerdings erst im 17. Jahrhundert voll entfaltete. Jedes Schmuckstück hat seinen eigenen Namen und seine eigene magische Bedeutung. Auch erwähnenswert sind daneben Weberei (hierbei die besonderen Formen und Farben der Mapuche), Töpferei, Schnitzerei und das Steinmetzhandwerk.

Hausbau

Die Mapuche lebten früher in großen Häusern aus Holz und Lehm, die Ruka genannt wurden. Der Fußboden blieb naturbelassen, da die Mapuche die Erde als Mutter ansehen und nichts zwischen sich und der Erde haben wollten. Eine Ruka hat keine Fenster und die Türöffnung wies immer Richtung Osten. In der Mitte befand sich stets das Feuer, dem die Mapuche heilende Kräfte zuschreiben. Inzwischen leben auch die Mapuche auf dem Land zumeist in Häusern nach europäischem Vorbild, wobei auch hier oft darauf geachtet wird, die Türöffnung Richtung Osten beizubehalten.

Kleidung

Traditionell tragen die Frauen den Chamalh oder Kemalh, ein viereckiges, schwarzes Tuch, das man um den Körper wickelt und ein Ende über die Schulter zieht. Über den Schultern tragen die Frauen das ekulh, ein – ebenfalls schwarzes – Umhängetuch mit blauen Ecken. Um die Hüfte trägt man eine reich verzierte Schärpe.

Männer tragen die Chiripa – eine Art dreiviertellange Hose – und einen fein gewebten Poncho mit Verzierungen. Beide Geschlechter tragen Stirnbänder. Heute wird diese Kleidung hauptsächlich von den älteren Generationen und zu Festlichkeiten getragen.

Landwirtschaft

Die traditionelle Form der Landwirtschaft ist bei den Mapuche seit dem 17./18. Jahrhundert die Landwechselwirtschaft mit Kartoffeln, Weizen, Quinoa, Bohnen und Chili auf Allmenden. Früher kam noch die Jagd und das Sammeln wilder Früchte (vor allem von der Araukarie) hinzu.

Musik

Die traditionelle Mapuche-Musik gehört hauptsächlich zum religiösen Bereich; daneben gibt es Liebeslieder und Gesänge über die Heimat. Es werden Perkussionsinstrumente verwendet, z. B. ausschließlich für den rituellen Gebrauch die kultrún (eine flache Kesseltrommel, die als Schamanentrommel verwendet wird) und die cascahuillas (Schellen). Zwei weitere charakteristische Instrumente sind die trutruka, eine Naturtrompete, die aus dem Rohr einer Bambusart (colihue) und einem Mundstück besteht, die ähnliche nolkin, deren Ton jedoch durch Ansaugen von Luft aus der Röhre produziert wird, und die Maultrommel trompe. Herausragende Sängerinnen der Mapuche-Musik sind Aimé Paine und Nancy San Martin.

Mapuche, Chilenen und der chilenische Staat

Nach der Unabhängigkeit Chiles in den 1810er Jahren begannen die Mapuche von anderen Chilenen als Chilenen wahrgenommen zu werden, im Gegensatz zu der früheren Wahrnehmung als eigenständiges Volk oder Nation. Allerdings waren nicht alle damit einverstanden; der argentinische Schriftsteller und Präsident Domingo Faustino Sarmiento aus dem 19. Jahrhundert beschrieb seine Sicht der Beziehung zwischen Mapuche und Chile wie folgt:

Zwischen zwei chilenischen Provinzen (Concepción und Valdivia) gibt es ein Stück Land, das keine Provinz ist, dessen Sprache eine andere ist, das von anderen Völkern bewohnt wird und von dem man trotzdem sagen kann, dass es nicht zu Chile gehört. Ja, Chile ist der Name des Landes, über dem seine Flagge weht und seine Gesetze befolgt werden.

Zivilisatorische Missionsdiskurse und wissenschaftlicher Rassismus

Gemälde von Raymond Monvoisin, das Elisa Bravo Jaramillo zeigt, die den Untergang der Joven Daniel 1849 überlebt haben soll, um dann von Mapuches entführt zu werden.

Die Ereignisse rund um den Untergang der Joven Daniel an der Küste von Araucanía im Jahr 1849 gelten als Wendepunkt" oder Punkt ohne Wiederkehr" in den Beziehungen zwischen den Mapuches und dem chilenischen Staat. Es zementierte die Sichtweise der Mapuches als brutale Barbaren und zeigte in den Augen vieler, dass der frühere gute Wille der chilenischen Behörden naiv war.

Jahrhundert sind verschiedene Fälle bekannt, in denen die Mapuches Gegenstand von zivilisatorischen Missionsdiskursen von Teilen der chilenischen Regierung und des Militärs waren. So forderte Cornelio Saavedra Rodríguez 1861 die Mapuches auf, sich der chilenischen Staatsgewalt zu unterwerfen und "in die Reduktion und Zivilisation einzutreten". Als die Mapuches 1883 endgültig besiegt wurden, erklärte Präsident Domingo Santa María:

Das Land hat mit Genugtuung gesehen, dass das Problem der Reduzierung der gesamten Araukanía gelöst ist. Dieses für unser soziales und politisches Leben so wichtige und für die Zukunft der Republik so bedeutsame Ereignis ist glücklich und mit kostspieligen und schmerzhaften Opfern zu Ende gegangen. Heute ist die ganze Araucanía mehr als den materiellen Kräften der moralischen und zivilisatorischen Kraft der Republik unterworfen ...

Die chilenische Rasse ist, wie jeder weiß, eine Mestizo-Rasse aus spanischen Eroberern und Araukanern ...

- Nicolás Palacios in La raza chilena, S. 34.

Nach dem Pazifikkrieg (1879-1883) kam es in der chilenischen herrschenden Klasse zu einer Zunahme rassischer und nationaler Überlegenheitsvorstellungen. In diesem Zusammenhang lobte der chilenische Arzt Nicolás Palacios die Mapuche-"Rasse" und argumentierte dabei aus einem wissenschaftlich-rassistischen und nationalistischen Blickwinkel. Er betrachtete die Mapuche als anderen Stämmen überlegen und den chilenischen Mestizen als eine Mischung aus Mapuches und westgotischen Elementen aus Spanien. Die Schriften von Palacios wurden später unter chilenischen Nazis einflussreich.

Infolge der Besetzung von Araucanía (1861-1883) und des Pazifikkriegs hatte sich Chile Gebiete mit neuen indigenen Bevölkerungsgruppen einverleibt. Die Mapuches wurden als "ursprüngliche" Chilenen relativ wohlwollend betrachtet, im Gegensatz zu anderen indigenen Völkern wie den Aymara, die als "fremde Elemente" wahrgenommen wurden.

Zeitgenössische Haltungen

Vor etwa vier Jahren wurde in den besagten Anales eine Geschichte der Zivilisation in Araucanía veröffentlicht, in der unsere indigenen Vorfahren als Wilde, grausam, verdorben, ohne Moral und ohne kriegerische Eigenschaften dargestellt werden ...

- Nicolás Palacios, La raza chilena, S. 62.

Die gegenwärtigen Einstellungen der nicht-indigenen Bevölkerung Chiles gegenüber den Mapuches sind sehr individuell und heterogen. Dennoch hat ein beträchtlicher Teil der nicht-indigenen Bevölkerung in Chile eine vorurteilsbehaftete und diskriminierende Einstellung gegenüber den Mapuche. In einer Studie aus dem Jahr 2003 wurde festgestellt, dass in der Stichprobe 41 % der über 60-Jährigen, 35 % der Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status, 35 % der Anhänger rechtsgerichteter Parteien, 36 % der Protestanten und 26 % der Katholiken Vorurteile gegenüber den indigenen Völkern Chiles haben. Im Gegensatz dazu hatten nur 8 % der Hochschulabsolventen, 16 % der Anhänger linker Parteien und 19 % der 18-29-Jährigen Vorurteile. Spezifische Vorurteile gegenüber den Mapuche sind, dass die Mapuche faul und alkoholabhängig sind; in geringerem Maße werden die Mapuche manchmal als altmodisch und schmutzig angesehen.

Im 20. Jahrhundert wanderten viele Mapuche-Frauen in die Großstädte aus, um als Hausangestellte (spanisch: nanas mapuches) zu arbeiten. In Santiago ließen sich viele dieser Frauen in Cerro Navia und La Pintana nieder. Der Soziologe Éric Fassin bezeichnete das Auftreten der Mapuche-Hausangestellten als eine Fortsetzung der kolonialen Leibeigenschaft.

Der Historiker Gonzalo Vial behauptete, dass die Republik Chile den Mapuche eine "historische Schuld" schulde. Die Coordinadora Arauco-Malleco behauptet, das Ziel einer "nationalen Befreiung" der Mapuche zu verfolgen, indem sie die Souveränität über ihr eigenes Land wiedererlangen. Berichten zufolge gibt es unter den weiblichen Mapuche-Aktivisten eine Tendenz, den Feminismus abzulehnen, da sie der Meinung sind, dass ihr Kampf über das Geschlecht hinausgeht.

Mapuches und der argentinische Staat

Flagge der argentinischen Tehuelche-Mapuche

Im 19. Jahrhundert erkannten die argentinischen Behörden, die die Pampa und Patagonien in ihr Staatsgebiet eingliedern wollten, die starken Verbindungen der Puelmapu-Mapuche mit Chile an. Dadurch erhielt Chile einen gewissen Einfluss auf die Pampa. Die argentinischen Behörden befürchteten, dass sich die Mapuche in einem eventuellen Krieg mit Chile um Patagonien mit Chile verbünden würden. In diesem Zusammenhang veröffentlichte Estanislao Zeballos 1878 im Auftrag des argentinischen Kriegsministeriums das Werk La Conquista de quince mil leguas (Die Eroberung von fünfzehntausend Meilen). In La Conquista de quince mil leguas (Die Eroberung von fünfzehntausend Meilen) wurden die Mapuches als Chilenen dargestellt, die zur Rückkehr nach Chile verpflichtet waren. Die Mapuches wurden somit indirekt als ausländische Feinde betrachtet. Diese Vorstellung passte gut zu den expansionistischen Plänen von Nicolás Avellaneda und Julio Argentino Roca für Puelmapu. Die Vorstellung, die Mapuches seien Chilenen, ist jedoch ein Anachronismus, da die Mapuches der Gründung des modernen Staates Chile vorausgingen. Um 1920 griff der argentinische Nacionalismo die Idee wieder auf, dass die Mapuches Chilenen seien, was in starkem Gegensatz zu den in Chile ansässigen Gelehrten des 20. Jahrhunderts wie Ricardo E. Latcham und Francisco Antonio Encina stand, die die Theorie vertraten, dass die Mapuches ihren Ursprung östlich der Anden hatten, bevor sie in das spätere Chile vordrangen.

Noch 2017 schrieb der argentinische Historiker Roberto E. Porcel in einem Kommuniqué an die Nationale Akademie für Geschichte, dass diejenigen, die sich in Argentinien oft als Mapuches bezeichnen, eher Mestizen seien, die von europäischstämmigen Anhängern unterstützt werden und "kein Recht auf ihre Ansprüche und Gewalt haben, nicht nur, weil die meisten von ihnen NICHT Araukaner [sic] sind, sondern auch, weil sie [die Araukaner] nicht zu unseren indigenen Völkern zählen".

Moderne Politik

Bei den chilenischen Parlamentswahlen 2017 wurden die ersten beiden Mapuche-Frauen in den chilenischen Kongress gewählt: Aracely Leuquén Uribe von der Nationalen Erneuerung und Emilia Nuyado von der Sozialistischen Partei.

In der Volkskultur

  • In dem chilenisch-brasilianischen Zeichentrickfilm Nahuel und das magische Buch aus dem Jahr 2020 spielen Fresia und Huenchur, der ihre Kleidung und ihren Stamm repräsentiert, eine wichtige Rolle.
  • Im 4X-Videospiel Civilization VI sind die Mapuche eine spielbare Zivilisation (die in der Erweiterung Rise and Fall hinzugefügt wurde). Ihr Anführer ist Lautaro, ein junger Mapuche-Toqui, der dafür bekannt ist, dass er den Widerstand der Eingeborenen gegen die spanische Eroberung in Chile anführte und die Taktiken entwickelte, die von den Mapuche während des lang andauernden ArauIsab weiterhin eingesetzt wurden.
  • Der Roman "Inez meiner Seele" von Isabel Allende handelt von der Eroberung Chiles durch Pedro Valdivia, und ein großer Teil des Buches befasst sich mit dem Mapuche-Konflikt.