Biogas
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Nachhaltige Energie |
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Biogas ist ein Gasgemisch, das hauptsächlich aus Methan, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff besteht und aus Rohstoffen wie landwirtschaftlichen Abfällen, Gülle, Siedlungsabfällen, Pflanzenmaterial, Abwässern, Grünabfällen und Lebensmittelabfällen gewonnen wird. Es handelt sich um eine erneuerbare Energiequelle. ⓘ
Biogas wird durch anaerobe Vergärung mit anaeroben Organismen oder Methanogenen in einem anaeroben Fermenter, Biodigester oder einem Bioreaktor erzeugt. ⓘ
Biogas besteht hauptsächlich aus Methan (CH
4) und Kohlendioxid (CO
2) und kann geringe Mengen an Schwefelwasserstoff (H
2S), Feuchtigkeit und Siloxanen enthalten. Die Gase Methan, Wasserstoff und Kohlenmonoxid (CO) können mit Sauerstoff verbrannt oder oxidiert werden. Diese Energiefreisetzung ermöglicht die Verwendung von Biogas als Brennstoff; es kann in Brennstoffzellen und für alle Heizzwecke, z. B. zum Kochen, eingesetzt werden. Es kann auch in einem Gasmotor verwendet werden, um die Energie des Gases in Strom und Wärme umzuwandeln. ⓘ
Biogas kann nach Abtrennung von Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff komprimiert werden, so wie Erdgas zu CNG komprimiert wird, und für den Antrieb von Kraftfahrzeugen verwendet werden. Im Vereinigten Königreich beispielsweise könnte Biogas schätzungsweise 17 % des Fahrzeugkraftstoffs ersetzen. In einigen Teilen der Welt kommt es für Subventionen für erneuerbare Energien in Frage. Biogas kann gereinigt und zu Biomethan auf Erdgasniveau aufbereitet werden. Biogas gilt als erneuerbare Ressource, da sein Produktions- und Nutzungskreislauf kontinuierlich ist und es netto kein Kohlendioxid erzeugt. Während das organische Material wächst, wird es umgewandelt und genutzt. Anschließend wächst es in einem sich ständig wiederholenden Zyklus nach. Aus der Sicht des Kohlenstoffs wird beim Wachstum des primären Biorohstoffs genauso viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufgenommen, wie bei der endgültigen Umwandlung des Materials in Energie freigesetzt wird. ⓘ
Biogas ist ein brennbares Gas, das durch Vergärung von Biomasse jeder Art entsteht. Es wird in Biogasanlagen hergestellt, wozu sowohl Abfälle als auch nachwachsende Rohstoffe vergoren werden. ⓘ
Das Präfix Bio weist auf die „biotische“ Bildungsweise im Gegensatz zum fossilen Erdgas hin. Das Gas kann zur Erzeugung von elektrischer Energie, zum Betrieb von Fahrzeugen oder zur Einspeisung nach Aufbereitung als Biomethan in ein Gasversorgungsnetz eingesetzt werden. ⓘ
Herstellung
Biogas entsteht durch den natürlichen Prozess des mikrobiellen Abbaus organischer Stoffe unter anoxischen Bedingungen. Dabei setzen Mikroorganismen die enthaltenen Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette in die Hauptprodukte Methan und Kohlenstoffdioxid um. ⓘ
Der Prozess besteht aus mehreren Stufen, die jeweils von Mikroorganismen verschiedener Stoffwechseltypen durchgeführt werden. Polymere Bestandteile der Biomasse, wie Zellulose, Lignin, Proteine, werden zunächst durch mikrobielle Exoenzyme zu monomeren (niedermolekularen) Stoffen umgewandelt. Niedermolekulare Stoffe werden durch gärende Mikroorganismen zu Alkoholen, organischen Säuren, Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserstoff (H2) abgebaut. Die Alkohole und organischen Säuren werden durch acetogene Bakterien zu Essigsäure und Wasserstoff umgesetzt. In der letzten Stufe werden durch methanogene Archaeen aus Kohlenstoffdioxid, Wasserstoff und Essigsäure die Endprodukte Methan (CH4) und Wasser gebildet. ⓘ
Die Bezeichnung Biogas für Gase, die aus organischen Reststoffen und nicht aus landwirtschaftlichen Produkten gewonnen werden, wird zusammenfassend für energiereiche Gase verwendet, die unter anoxischen Bedingungen durch Mikroorganismen aus biotischen Stoffen gebildet werden:
- Klärgas: das bei der Reinigung von Abwasser entstehende Gas, auch für das bei der Klärschlammfaulung produzierte Gas wird diese Bezeichnung verwendet
- Faulgas: das erst in der Klärschlammfaulung produzierte Gas
- Deponiegas: aus einer Mülldeponie austretendes Gas ⓘ
Natürliches
Im Boden wird Methan in anaeroben Umgebungen von Methanogenen erzeugt, in aeroben Zonen jedoch meist von Methanotrophen verbraucht. Methanemissionen entstehen, wenn das Gleichgewicht zugunsten der Methanogenen ausfällt. Böden in Feuchtgebieten sind die wichtigste natürliche Methanquelle. Weitere Quellen sind Ozeane, Waldböden, Termiten und wilde Wiederkäuer. ⓘ
Industriell
Der Zweck der industriellen Biogaserzeugung ist die Gewinnung von Biomethan, in der Regel zur Verwendung als Kraftstoff. Industrielles Biogas wird entweder produziert;
- als Deponiegas (LFG), das durch die Zersetzung biologisch abbaubarer Abfälle in einer Deponie durch chemische Reaktionen und Mikroben entsteht, oder
- als Faulgas, das in einem anaeroben Fermenter erzeugt wird. ⓘ
Bio-Gas-Anlagen
Als Biogasanlage wird häufig ein anaerober Fermenter bezeichnet, in dem landwirtschaftliche Abfälle oder Energiepflanzen behandelt werden. Es kann in anaeroben Fermentern (luftdichte Behälter mit unterschiedlichen Konfigurationen) erzeugt werden. Diese Anlagen können mit Energiepflanzen wie Maissilage oder biologisch abbaubaren Abfällen wie Klärschlamm und Lebensmittelabfällen beschickt werden. Während des Prozesses wandeln die Mikroorganismen die Biomasseabfälle in Biogas (hauptsächlich Methan und Kohlendioxid) und Gärreste um. Größere Mengen an Biogas können erzeugt werden, wenn das Abwasser zusammen mit anderen Reststoffen aus der Milchwirtschaft, der Zuckerindustrie oder der Brauereiindustrie vergoren wird. Wenn beispielsweise 90 % des Abwassers aus einer Bierfabrik mit 10 % Kuhmolke gemischt wird, steigt die Biogasproduktion um das 2,5-fache im Vergleich zu dem Biogas, das nur mit dem Abwasser aus der Brauerei erzeugt wird. ⓘ
Die Erzeugung von Biogas aus absichtlich angepflanztem Mais wurde als nicht nachhaltig und schädlich bezeichnet, da diese Anpflanzungen sehr konzentriert, intensiv und bodenerodierend sind. ⓘ
Schlüsselprozesse
Es gibt zwei Schlüsselprozesse: die mesophile und die thermophile Vergärung, die von der Temperatur abhängig ist. Bei Versuchen an der University of Alaska Fairbanks wurden in einem 1000-Liter-Fermenter mit Psychrophilen, die aus "Schlamm von einem gefrorenen See in Alaska" gewonnen wurden, 200-300 Liter Methan pro Tag erzeugt, was etwa 20-30 % der Leistung von Fermentern in wärmeren Klimazonen entspricht. ⓘ
Gefahren
Die durch Biogas verursachte Luftverschmutzung ähnelt der von Erdgas, da bei der Verbrennung von Methan (einem Hauptbestandteil von Biogas) zur Nutzung als Energiequelle Kohlendioxid entsteht, das ein Treibhausgas ist (wie in dieser Gleichung beschrieben: CH4 + 2O2 → CO2 + 2H2O). Der Gehalt an giftigem Schwefelwasserstoff stellt ein zusätzliches Risiko dar und hat bereits zu schweren Unfällen geführt. Das Entweichen von unverbranntem Methan stellt ein zusätzliches Risiko dar, denn Methan ist ein starkes Treibhausgas. ⓘ
Biogas kann explosiv sein, wenn es in einem Verhältnis von einem Teil Biogas zu 8-20 Teilen Luft gemischt wird. Beim Betreten eines leeren Biogasfermenters für Wartungsarbeiten müssen besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Es ist wichtig, dass in einem Biogassystem niemals ein Unterdruck herrscht, da dies zu einer Explosion führen kann. Unterdruck kann entstehen, wenn zu viel Gas entnommen wird oder entweicht; deshalb sollte Biogas nicht bei einem Druck von weniger als einem Säulenzoll Wasser, gemessen mit einem Manometer, verwendet werden. ⓘ
Ein Biogassystem muss regelmäßig auf Geruch überprüft werden. Wenn irgendwo Biogas gerochen wird, sollten sofort Fenster und Türen geöffnet werden. Wenn es brennt, sollte das Gas am Absperrschieber der Biogasanlage abgestellt werden. ⓘ
Deponiegas
Deponiegas entsteht, wenn sich feuchte organische Abfälle unter anaeroben Bedingungen zersetzen, ähnlich wie bei Biogas. ⓘ
Die Abfälle werden abgedeckt und durch das Gewicht des darüber gelagerten Materials mechanisch komprimiert. Dieses Material verhindert den Kontakt mit Sauerstoff, so dass anaerobe Mikroben gedeihen können. Biogas bildet sich und wird langsam in die Atmosphäre freigesetzt, wenn die Deponie nicht so angelegt ist, dass das Gas aufgefangen wird. Unkontrolliert freigesetztes Deponiegas kann gefährlich sein, da es explosiv werden kann, wenn es aus der Deponie entweicht und sich mit Sauerstoff vermischt. Die untere Explosionsgrenze liegt bei 5 % Methan und die obere bei 15 % Methan. ⓘ
Das im Biogas enthaltene Methan ist ein 28-mal stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Daher kann unkontrolliertes Deponiegas, das in die Atmosphäre entweicht, erheblich zu den Auswirkungen der globalen Erwärmung beitragen. Darüber hinaus tragen die flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) im Deponiegas zur Bildung von photochemischem Smog bei. ⓘ
Technisch
Der biochemische Sauerstoffbedarf (BSB) ist ein Maß für die Menge an Sauerstoff, die von aeroben Mikroorganismen benötigt wird, um die organische Substanz in einer Materialprobe zu zersetzen, die in der Biovergärungsanlage verwendet wird, und der BSB für den Flüssigkeitsausstoß ermöglicht die Berechnung des täglichen Energieertrags einer Biovergärungsanlage. ⓘ
Ein weiterer Begriff im Zusammenhang mit Biogasanlagen ist der Schmutzgehalt des Abwassers, der angibt, wie viel organisches Material pro Einheit der Biogasquelle vorhanden ist. Typische Einheiten für dieses Maß sind mg BSB/Liter. In Panama beispielsweise kann der Schmutzgehalt des Abwassers zwischen 800 und 1200 mg BSB/Liter liegen. ⓘ
Aus 1 kg stillgelegtem Bioabfall aus der Küche lassen sich 0,45 m3 Biogas gewinnen. Der Preis für die Sammlung von Bioabfällen aus Haushalten beträgt etwa 70 € pro Tonne. ⓘ
Zusammensetzung
Verbindung | Formel | Prozentsatz nach Volumen |
---|---|---|
Methan | CH 4 |
50–80 |
Kohlendioxid | CO 2 |
15–50 |
Stickstoff | N 2 |
0–10 |
Wasserstoff | H 2 |
0–1 |
Schwefelwasserstoff | H 2S |
0–0.5 |
Sauerstoff | O 2 |
0–2.5 |
Quelle: www.kolumbus.fi, 2007 |
Die Zusammensetzung des Biogases hängt von der Zusammensetzung des Substrats sowie von den Bedingungen im anaeroben Reaktor (Temperatur, pH-Wert und Substratkonzentration) ab. Deponiegas hat in der Regel eine Methankonzentration von etwa 50 %. Mit fortschrittlichen Abfallbehandlungstechnologien kann Biogas mit einem Methangehalt von 55 % bis 75 % erzeugt werden, der bei Reaktoren mit freien Flüssigkeiten durch In-situ-Gasreinigungstechniken auf 80 % bis 90 % Methan gesteigert werden kann. Das erzeugte Biogas enthält Wasserdampf. Der Wasserdampfanteil ist eine Funktion der Biogastemperatur; die Korrektur des gemessenen Gasvolumens um den Wasserdampfgehalt und die thermische Ausdehnung ist mit einfachen mathematischen Methoden möglich und ergibt das standardisierte Volumen des trockenen Biogases. ⓘ
Bei einem Input von 1000 kg (Nassgewicht) in einen typischen Biovergärungsbehälter können die gesamten Feststoffe 30 % des Nassgewichts ausmachen, während die flüchtigen Schwebstoffe 90 % der gesamten Feststoffe ausmachen können. Eiweiß würde 20 % der flüchtigen Feststoffe ausmachen, Kohlenhydrate 70 % der flüchtigen Feststoffe und schließlich Fette 10 % der flüchtigen Feststoffe. ⓘ
Die Zusammensetzung von Biogas ist sehr unterschiedlich, weil sie von der Substratzusammensetzung und der Betriebsweise des Faulbehälters abhängt. In der Schweiz wird Biogas ausschließlich aus Reststoffen produziert, z. B. über das Verfahren von Kompogas. ⓘ
Vor der Biogasaufbereitung besteht die Gasmischung aus den Hauptkomponenten Methan (CH4) und Kohlenstoffdioxid (CO2). Darüber hinaus sind meist auch Stickstoff (N2), Sauerstoff (O2), Schwefelwasserstoff (H2S), Wasserstoff (H2) und Ammoniak (NH3) enthalten. ⓘ
Wertvoll im wassergesättigt anfallenden Biogas ist das zu rund 60 % enthaltene Methan. Je höher dessen Anteil ist, desto energiereicher ist das Gas. Nicht nutzbar ist der Wasserdampf. Im Rohbiogas störend sind vor allem Schwefelwasserstoff und Ammoniak. Sie werden bei der Biogasaufbereitung vor der Verbrennung entfernt, um Gefährdungen des Menschen, Geruchsbelästigungen sowie Korrosion in Motoren, Turbinen und nachgeschalteten Komponenten (unter anderem Wärmetauscher) zu verhindern. Ebenfalls störend ist das CO2, das in bestimmten Anwendungsfällen abgeschieden und verwertet werden kann. ⓘ
Verunreinigungen
Schwefelhaltige Verbindungen
Der giftige und übelriechende Schwefelwasserstoff (H
2S) ist der häufigste Verunreinigungsstoff in Biogas, aber auch andere schwefelhaltige Verbindungen wie Thiole können vorhanden sein. Schwefelwasserstoff, der im Biogasstrom verbleibt, ist korrosiv und führt bei der Verbrennung zu Schwefeldioxid (SO
2) und Schwefelsäure (H
2SO
4), ebenfalls ätzende und umweltgefährdende Verbindungen. ⓘ
Ammoniak
Ammoniak (NH
3) entsteht aus stickstoffhaltigen organischen Verbindungen, wie z. B. den Aminosäuren in Proteinen. Wenn es nicht vom Biogas abgetrennt wird, entstehen bei der Verbrennung Lachgasemissionen (NO
x)-Emissionen. ⓘ
Siloxane
In einigen Fällen enthält das Biogas Siloxane. Sie entstehen bei der anaeroben Zersetzung von Stoffen, die häufig in Seifen und Waschmitteln enthalten sind. Bei der Verbrennung von siloxanhaltigem Biogas wird Silizium freigesetzt und kann sich mit freiem Sauerstoff oder anderen Elementen im Verbrennungsgas verbinden. Es bilden sich Ablagerungen, die meist Kieselsäure (SiO
2) oder Silikate (Si
xO
y) und können Kalzium, Schwefel, Zink und Phosphor enthalten. Solche weißen mineralischen Ablagerungen erreichen eine Oberflächendicke von mehreren Millimetern und müssen mit chemischen oder mechanischen Mitteln entfernt werden. ⓘ
Es gibt praktische und kostengünstige Technologien zur Entfernung von Siloxanen und anderen Biogasverunreinigungen. ⓘ
Vorteile des aus Gülle gewonnenen Biogases
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Erneuerbare Energie |
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Bei der Lagerung von Gülle unter anaeroben Bedingungen entstehen große Mengen an Methan. Während der Lagerung und nach der Ausbringung von Gülle entsteht außerdem Lachgas als Nebenprodukt des Denitrifikationsprozesses. Distickstoffoxid (N
2O) ist als Treibhausgas 320 Mal aggressiver als Kohlendioxid und Methan 25 Mal aggressiver als Kohlendioxid
Durch die Umwandlung von Kuhmist in Methan-Biogas durch anaerobe Vergärung könnten die Millionen von Rindern in den Vereinigten Staaten 100 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen, genug, um Millionen von Haushalten in den Vereinigten Staaten zu versorgen. Tatsächlich kann eine Kuh an einem Tag so viel Dung produzieren, dass 3 Kilowattstunden Strom erzeugt werden; nur 2,4 Kilowattstunden Strom werden benötigt, um eine einzige 100-Watt-Glühbirne einen Tag lang zu betreiben. Außerdem könnten durch die Umwandlung von Rindermist in Methan-Biogas, anstatt ihn verrotten zu lassen, die Treibhausgase um 99 Millionen Tonnen oder 4 % reduziert werden. ⓘ
Anwendungen
Biogas kann zur Stromerzeugung in Kläranlagen, in einem Gasmotor mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), wo die Abwärme des Motors bequem zum Beheizen des Faulbehälters genutzt wird, zum Kochen, zur Raumheizung, zur Warmwasserbereitung und zur Prozesswärme verwendet werden. Wenn es komprimiert wird, kann es komprimiertes Erdgas für den Einsatz in Fahrzeugen ersetzen, wo es einen Verbrennungsmotor oder Brennstoffzellen antreiben kann und ein viel effektiverer Verdränger von Kohlendioxid ist als der normale Einsatz in KWK-Anlagen vor Ort. ⓘ
Aufbereitung von Biogas
Das bei der Vergärung entstehende Rohbiogas besteht zu etwa 60 % aus Methan und zu 39 % aus CO
2 mit Spurenelementen von H
2S: für die Verwendung in Maschinen ungeeignet. Allein der korrosive Charakter von H
2S allein reicht aus, um die Mechanismen zu zerstören. ⓘ
Das im Biogas enthaltene Methan kann über einen Biogasaufbereiter auf die gleichen Standards wie fossiles Erdgas aufkonzentriert werden, das seinerseits einen Reinigungsprozess durchlaufen muss, und wird zu Biomethan. Wenn das örtliche Gasnetz es zulässt, kann der Biogaserzeuger dessen Verteilernetze nutzen. Das Gas muss sehr sauber sein, um Pipelinequalität zu erreichen, und es muss die richtige Zusammensetzung haben, damit das Verteilernetz es aufnehmen kann. Kohlendioxid, Wasser, Schwefelwasserstoff und Partikel müssen, falls vorhanden, entfernt werden. ⓘ
Es gibt vier Hauptmethoden der Aufbereitung: Wasserwäsche, Druckwechselabsorption, Selexolabsorption und Amingasbehandlung. Darüber hinaus wird zunehmend die Membrantrenntechnik für die Biogasaufbereitung eingesetzt, und es sind bereits mehrere Anlagen in Europa und den USA in Betrieb. ⓘ
Die am weitesten verbreitete Methode ist die Wasserwäsche, bei der das Gas unter hohem Druck in eine Säule strömt, in der das Kohlendioxid und andere Spurenelemente durch kaskadenförmiges Wasser, das im Gegenstrom zum Gas fließt, gereinigt werden. Dieses Verfahren kann 98 % Methan liefern, wobei die Hersteller einen Methanverlust von höchstens 2 % im System garantieren. Für den Betrieb einer Biogasaufbereitungsanlage werden etwa 3 bis 6 % der Gesamtenergiemenge des Gases benötigt. ⓘ
Biogas-Gasnetzeinspeisung
Unter Gasnetzeinspeisung versteht man die Einspeisung von Biogas in das Methannetz (Erdgasnetz). Bis zum Durchbruch der Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung gingen zwei Drittel der in Biogaskraftwerken erzeugten Energie (als Wärme) verloren. Wenn das Gas über das Netz zu den Verbrauchern transportiert wird, kann die Energie für die Erzeugung vor Ort genutzt werden, was zu einer Verringerung der Verluste beim Transport der Energie führt. Typische Energieverluste in Erdgasübertragungsnetzen liegen zwischen 1 % und 2 %, bei der Stromübertragung zwischen 5 % und 8 %. ⓘ
Vor der Einspeisung in das Gasnetz durchläuft das Biogas einen Reinigungsprozess, bei dem es auf Erdgasqualität aufbereitet wird. Während des Reinigungsprozesses werden die für das Gasnetz und die Endverbraucher schädlichen Spurenbestandteile entfernt. ⓘ
Biogas im Verkehr
Wenn es konzentriert und komprimiert wird, kann es für den Fahrzeugtransport verwendet werden. Komprimiertes Biogas wird in Schweden, der Schweiz und Deutschland immer häufiger eingesetzt. Ein mit Biogas betriebener Zug mit dem Namen Biogaståget Amanda (Biogaszug Amanda) ist seit 2005 in Schweden im Einsatz. Biogas treibt Automobile an. 1974 wurde in einem britischen Dokumentarfilm mit dem Titel Sweet as a Nut" (Süß wie eine Nuss) der Prozess der Biogaserzeugung aus Schweinegülle beschrieben und gezeigt, wie ein speziell angepasster Verbrennungsmotor damit angetrieben wurde. Im Jahr 2007 wurden weltweit schätzungsweise 12.000 Fahrzeuge mit aufbereitetem Biogas betrieben, vor allem in Europa. ⓘ
Biogas gehört zur Kategorie der feuchten Gase und kondensierenden Gase (oder Luft), die Nebel im Gasstrom enthalten. Bei dem Nebel handelt es sich überwiegend um Wasserdampf, der während des Gasstroms an den Seiten der Rohre oder Schornsteine kondensiert. Zu den Biogasumgebungen gehören Abwasserkläranlagen, Mülldeponien und Tierfütterungsbetriebe (abgedeckte Viehtränken). ⓘ
Ultraschall-Durchflussmesser sind eines der wenigen Geräte, die in einer Biogasatmosphäre messen können. Die meisten thermischen Durchflussmesser sind nicht in der Lage, zuverlässige Daten zu liefern, da die Feuchtigkeit zu konstant hohen Durchflusswerten und kontinuierlichen Durchflussspitzen führt, obwohl es thermische Einpunkt-Massedurchflussmesser gibt, die in der Lage sind, Biogasströme mit minimalem Druckabfall genau zu überwachen. Sie können mit Feuchtigkeitsschwankungen umgehen, die aufgrund täglicher und saisonaler Temperaturschwankungen im Durchfluss auftreten, und berücksichtigen die Feuchtigkeit im Durchfluss, um einen Trockengaswert zu ermitteln. ⓘ
Mit Biogas erzeugte Wärme/Elektrizität
Biogas kann in verschiedenen Arten von Verbrennungsmotoren eingesetzt werden, z. B. in den Gasmotoren von Jenbacher oder Caterpillar. Andere Verbrennungsmotoren wie Gasturbinen sind für die Umwandlung von Biogas in Strom und Wärme geeignet. Der Gärrest ist die verbleibende anorganische Substanz, die nicht in Biogas umgewandelt wurde. Er kann als landwirtschaftlicher Dünger verwendet werden. ⓘ
Biogas kann als Brennstoff in einem System zur Erzeugung von Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen und zur gleichzeitigen Erzeugung von Wärme und Strom in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK) verwendet werden. Im Gegensatz zu anderen grünen Energien wie Wind- und Sonnenenergie kann Biogas bei Bedarf schnell abgerufen werden. Auch das Erderwärmungspotenzial kann durch die Verwendung von Biogas als Brennstoff anstelle von fossilen Brennstoffen erheblich verringert werden. ⓘ
Allerdings ist das Versauerungs- und Eutrophierungspotenzial von Biogas 25- bzw. 12-mal höher als das von fossilen Brennstoffen. Diese Auswirkungen können durch die richtige Kombination von Rohstoffen, die überdachte Lagerung von Fermentern und verbesserte Techniken zur Rückgewinnung von ausgetretenem Material verringert werden. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Verwendung von Biogas im Vergleich zu fossilen Brennstoffen zu einer erheblichen Verringerung der meisten Umweltauswirkungen führen kann. Das Gleichgewicht zwischen Umweltschäden und Treibhausgasemissionen sollte bei der Einbeziehung des Systems dennoch berücksichtigt werden. ⓘ
Technologische Fortschritte
Im Rahmen von Projekten wie NANOCLEAN werden derzeit neue Wege zur effizienteren Erzeugung von Biogas unter Verwendung von Eisenoxid-Nanopartikeln bei der Behandlung organischer Abfälle entwickelt. Mit diesem Verfahren kann die Biogasproduktion verdreifacht werden. ⓘ
Biogas und Abwasserentsorgung
Fäkalschlamm ist ein Produkt der Abwasserentsorgung vor Ort. Nach der Sammlung und dem Transport kann Fäkalschlamm zusammen mit dem Abwasser in einer konventionellen Kläranlage oder unabhängig davon in einer Fäkalschlammbehandlungsanlage behandelt werden. Fäkalschlamm kann auch zusammen mit organischen festen Abfällen in einer Kompostieranlage oder in einem anaeroben Vergärungssystem behandelt werden. Bei der Behandlung von Fäkalschlamm kann durch anaerobe Vergärung Biogas erzeugt werden. ⓘ
Die angemessene Bewirtschaftung von Fäkalien und ihre Verwertung durch die Erzeugung von Biogas aus Fäkalschlamm trägt dazu bei, die Auswirkungen schlecht bewirtschafteter Fäkalien wie wasserbedingte Krankheiten sowie Wasser- und Umweltverschmutzung zu mindern. ⓘ
Gesetzgebung
Europäische Union
Die Europäische Union verfügt über Rechtsvorschriften für die Abfallwirtschaft und Deponien, die so genannte Deponierichtlinie. ⓘ
In Ländern wie dem Vereinigten Königreich und Deutschland sind inzwischen Rechtsvorschriften in Kraft, die den Landwirten langfristige Einnahmen und Energiesicherheit bieten. ⓘ
Die EU schreibt vor, dass Verbrennungsmotoren, die mit Biogas betrieben werden, über einen ausreichenden Gasdruck verfügen müssen, um die Verbrennung zu optimieren, und innerhalb der Europäischen Union sind ATEX-Radialventilatoren vorgeschrieben, die gemäß der europäischen Richtlinie 2014-34/EU (vormals 94/9/EG) gebaut wurden. Diese Radialventilatoren, zum Beispiel von Combimac, Meidinger AG oder Witt & Sohn AG, sind für den Einsatz in Zone 1 und 2 geeignet. ⓘ
Vereinigte Staaten
In den Vereinigten Staaten gibt es Gesetze gegen Deponiegas, da es VOCs enthält. Das US-Gesetz über saubere Luft (Clean Air Act) und Titel 40 des Code of Federal Regulations (CFR) verlangen von den Deponiebesitzern, die Menge der emittierten organischen Nicht-Methan-Verbindungen (NMOCs) zu schätzen. Wenn die geschätzten NMOC-Emissionen 50 Tonnen pro Jahr überschreiten, ist der Deponiebesitzer verpflichtet, das Gas aufzufangen und zu behandeln, um die mitgeführten NMOCs zu entfernen. Das bedeutet in der Regel, dass es verbrannt wird. Aufgrund der Abgelegenheit von Deponien ist es manchmal wirtschaftlich nicht machbar, aus dem Gas Strom zu erzeugen. ⓘ
Globale Entwicklungen
Vereinigte Staaten
Aufgrund der vielen Vorteile von Biogas wird es allmählich zu einer beliebten Energiequelle und wird auch in den Vereinigten Staaten zunehmend genutzt. Im Jahr 2003 verbrauchten die Vereinigten Staaten 43 TWh (147 Billionen BTU) Energie aus "Deponiegas", was etwa 0,6 % des gesamten Erdgasverbrauchs der USA entspricht. Aus Kuhdung gewonnenes Methan-Biogas wird in den USA getestet. Laut einer Studie aus dem Jahr 2008, die von der Zeitschrift Science and Children zusammengestellt wurde, würde Methan-Biogas aus Kuhdung ausreichen, um 100 Milliarden Kilowattstunden zu erzeugen - genug, um Millionen von Haushalten in ganz Amerika zu versorgen. Außerdem wurde in Tests nachgewiesen, dass Methan-Biogas 99 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen oder etwa 4 % der von den Vereinigten Staaten produzierten Treibhausgase reduzieren kann. ⓘ
In Vermont zum Beispiel wurde Biogas, das in Milchviehbetrieben erzeugt wird, in das CVPS Cow Power-Programm aufgenommen. Das Programm wurde ursprünglich von der Central Vermont Public Service Corporation als freiwilliger Tarif angeboten und ist nun, nach einer kürzlichen Fusion mit Green Mountain Power, das GMP Cow Power Program. Die Kunden können sich dafür entscheiden, einen Aufschlag auf ihre Stromrechnung zu zahlen, und dieser Aufschlag wird direkt an die an dem Programm teilnehmenden landwirtschaftlichen Betriebe weitergegeben. In Sheldon, Vermont, hat Green Mountain Dairy erneuerbare Energie als Teil des Cow Power Programms bereitgestellt. Es begann damit, dass die Brüder Bill und Brian Rowell, denen der Betrieb gehört, einige der Probleme angehen wollten, mit denen Milchviehbetriebe bei der Güllebewirtschaftung konfrontiert sind, wie z. B. Geruchsbelästigung durch die Gülle und die Verfügbarkeit von Nährstoffen für die Pflanzen, die sie zur Fütterung der Tiere anbauen müssen. Sie installierten einen anaeroben Fermenter, um die Kuh- und Melkzentrumsabfälle ihrer 950 Kühe zu verarbeiten und daraus erneuerbare Energie, eine Einstreu als Ersatz für Sägemehl und einen pflanzenfreundlichen Dünger zu erzeugen. Die Energie und die Umwelteigenschaften werden an das GMP Cow Power Programm verkauft. Im Durchschnitt produziert das von den Rowells betriebene System genug Strom, um 300 bis 350 andere Haushalte zu versorgen. Die Generatorleistung beträgt etwa 300 Kilowatt. ⓘ
In Hereford, Texas, wird Kuhmist zum Betrieb eines Ethanol-Kraftwerks verwendet. Durch die Umstellung auf Methan-Biogas hat das Ethanol-Kraftwerk 1000 Barrel Öl pro Tag eingespart. Insgesamt hat das Kraftwerk die Transportkosten gesenkt und wird viele weitere Arbeitsplätze für künftige Kraftwerke schaffen, die mit Biogas betrieben werden. ⓘ
In Oakley, Kansas, nutzt eine Ethanolanlage, die als eine der größten Biogasanlagen Nordamerikas gilt, das Integrated Manure Utilization System (IMUS) zur Erzeugung von Wärme für ihre Kessel, indem sie Futtermittelgülle, kommunale organische Stoffe und Abfälle der Ethanolanlage verwendet. Es wird erwartet, dass die Anlage bei voller Kapazität 90 % der bei der Herstellung von Ethanol und Methanol verwendeten fossilen Brennstoffe ersetzen wird. ⓘ
In Kalifornien hat sich die Southern California Gas Company für die Einbindung von Biogas in bestehende Erdgasleitungen ausgesprochen. Die kalifornische Regierung vertritt jedoch den Standpunkt, dass Biogas "besser in schwer zu elektrifizierenden Wirtschaftszweigen wie der Luftfahrt, der Schwerindustrie und dem Fernverkehr eingesetzt werden sollte". ⓘ
Europa
Der Entwicklungsstand in Europa ist sehr unterschiedlich. Während Länder wie Deutschland, Österreich und Schweden bei der Nutzung von Biogas schon recht weit fortgeschritten sind, gibt es im Rest des Kontinents, vor allem in Osteuropa, ein großes Potenzial für diese erneuerbare Energiequelle. MT-Energie ist ein deutsches Unternehmen für Biogastechnologie, das im Bereich der erneuerbaren Energien tätig ist. Unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen, Ausbildungsprogramme und die Verfügbarkeit von Technologien sind die Hauptgründe für dieses ungenutzte Potenzial. Eine weitere Herausforderung für die weitere Entwicklung von Biogas ist die negative öffentliche Wahrnehmung. ⓘ
Im Februar 2009 wurde die European Biogas Association (EBA) in Brüssel als gemeinnützige Organisation gegründet, um die Einführung einer nachhaltigen Biogaserzeugung und -nutzung in Europa zu fördern. Die Strategie der EBA sieht drei Prioritäten vor: die Etablierung von Biogas als wichtigen Bestandteil des europäischen Energiemixes, die Förderung der getrennten Sammlung von Haushaltsabfällen zur Steigerung des Gaspotenzials und die Unterstützung der Produktion von Biomethan als Kraftstoff für Fahrzeuge. Im Juli 2013 hatte sie 60 Mitglieder aus 24 Ländern in ganz Europa. ⓘ
UK
Im September 2013 gab es im Vereinigten Königreich etwa 130 Biogasanlagen, die nicht zur Abwasserentsorgung dienen. Die meisten befinden sich in landwirtschaftlichen Betrieben, einige größere Anlagen, die Lebensmittel- und Verbraucherabfälle verarbeiten, existieren außerhalb der landwirtschaftlichen Betriebe. ⓘ
Am 5. Oktober 2010 wurde zum ersten Mal Biogas in das britische Gasnetz eingespeist. Die Abwässer von mehr als 30 000 Haushalten in Oxfordshire werden in die Kläranlage von Didcot geleitet, wo sie in einem anaeroben Fermenter behandelt werden, um Biogas zu erzeugen, das dann gereinigt wird, um Gas für etwa 200 Haushalte zu liefern. ⓘ
Im Jahr 2015 kündigte das Ökostromunternehmen Ecotricity an, drei netzeinspeisende Fermenter zu bauen. ⓘ
Italien
In Italien kam die Biogasbranche 2008 dank der Einführung günstiger Einspeisetarife in Gang. Später wurden sie durch Einspeiseprämien ersetzt und Nebenprodukte und landwirtschaftliche Abfälle bevorzugt, was seit 2012 zu einer Stagnation der Biogasproduktion und der daraus gewonnenen Wärme und Elektrizität führte (Stand: September 2018). 200 Biogasanlagen mit einer Produktion von etwa 1,2 GW sind in Italien in Betrieb. ⓘ
Deutschland
Deutschland ist der größte Biogasproduzent Europas und Marktführer in der Biogastechnologie. Im Jahr 2010 waren landesweit 5.905 Biogasanlagen in Betrieb: Niedersachsen, Bayern und die östlichen Bundesländer sind die Hauptregionen. Die meisten dieser Anlagen werden als Kraftwerke genutzt. In der Regel sind die Biogasanlagen direkt mit einem Blockheizkraftwerk verbunden, das durch die Verbrennung des Biomethans Strom erzeugt. Der Strom wird dann in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Im Jahr 2010 betrug die installierte elektrische Gesamtleistung dieser Kraftwerke 2.291 MW. Die Stromeinspeisung betrug ca. 12,8 TWh, was einem Anteil von 12,6 % an der gesamten erneuerbaren Stromerzeugung entspricht. ⓘ
Biogas wird in Deutschland in erster Linie durch die Co-Vergärung von Energiepflanzen (NawaRo" genannt, eine Abkürzung für nachwachsende Rohstoffe) in Verbindung mit Gülle gewonnen. Hauptsächlich wird Mais verwendet. Organische Abfälle sowie industrielle und landwirtschaftliche Reststoffe wie Abfälle aus der Lebensmittelindustrie werden ebenfalls zur Biogaserzeugung verwendet. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Biogaserzeugung in Deutschland deutlich von der im Vereinigten Königreich, wo Biogas aus Mülldeponien am weitesten verbreitet ist. ⓘ
Die Biogaserzeugung in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren rasant entwickelt. Der Hauptgrund dafür sind die gesetzlich geschaffenen Rahmenbedingungen. Die staatliche Förderung der erneuerbaren Energien begann 1991 mit dem Stromeinspeisungsgesetz (StrEG). Dieses Gesetz garantierte den Erzeugern von Energie aus erneuerbaren Quellen die Einspeisung in das öffentliche Stromnetz, so dass die Energieversorgungsunternehmen gezwungen waren, die gesamte erzeugte Energie von unabhängigen privaten Erzeugern von Ökostrom abzunehmen. Im Jahr 2000 wurde das Stromeinspeisungsgesetz durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ersetzt. Dieses Gesetz garantierte sogar eine feste Vergütung für den erzeugten Strom über 20 Jahre. Der Betrag von rund 8 ¢/kWh gab Landwirten die Möglichkeit, Energieversorger zu werden und sich eine weitere Einkommensquelle zu erschließen. ⓘ
Die landwirtschaftliche Biogaserzeugung in Deutschland wurde im Jahr 2004 durch die Einführung des so genannten NawaRo-Bonus weiter vorangetrieben. Dabei handelt es sich um eine Sondervergütung für die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen, also Energiepflanzen. Im Jahr 2007 hat die Bundesregierung ihre Absicht bekräftigt, weitere Anstrengungen und Unterstützung in die Verbesserung der Versorgung mit erneuerbaren Energien zu investieren, um mit dem "Integrierten Klima- und Energieprogramm" eine Antwort auf die wachsenden klimatischen Herausforderungen und die steigenden Ölpreise zu geben. ⓘ
Dieser kontinuierliche Trend zur Förderung erneuerbarer Energien bringt eine Reihe von Herausforderungen für das Management und die Organisation der erneuerbaren Energieversorgung mit sich, die sich auch auf die Biogaserzeugung auswirken. Die erste Herausforderung, die zu beachten ist, ist der hohe Flächenverbrauch der Biogas-Stromversorgung. Im Jahr 2011 beanspruchte der Energiepflanzenanbau für die Biogaserzeugung in Deutschland eine Fläche von ca. 800.000 ha. Dieser hohe Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen erzeugt neue Konkurrenzen mit der Lebensmittelindustrie, die es bisher nicht gab. Zudem sind in überwiegend ländlichen Regionen neue Branchen und Märkte entstanden, die verschiedene neue Akteure mit wirtschaftlichem, politischem und zivilgesellschaftlichem Hintergrund mit sich bringen. Deren Einfluss und Handeln muss gesteuert werden, um alle Vorteile dieser neuen Energiequelle zu nutzen. Schließlich wird Biogas auch weiterhin eine wichtige Rolle in der deutschen Versorgung mit erneuerbaren Energien spielen, wenn eine gute Governance im Vordergrund steht. ⓘ
Entwicklungsländer
Häusliche Biogasanlagen wandeln Viehdung und Nachtböden in Biogas und Gülle, den vergorenen Dung, um. Diese Technologie ist für Kleinbauern mit einem Viehbestand, der 50 kg Dung pro Tag produziert, was etwa 6 Schweinen oder 3 Kühen entspricht, machbar. Dieser Dung muss gesammelt werden können, um ihn mit Wasser zu mischen und in die Anlage einzuspeisen. Es können Toiletten angeschlossen werden. Eine weitere Voraussetzung ist die Temperatur, die den Gärungsprozess beeinflusst. Mit einem Optimum von 36 C° eignet sich die Technologie besonders für Menschen, die in einem (sub)tropischen Klima leben. Damit ist die Technologie für Kleinbauern in Entwicklungsländern oft geeignet. ⓘ
Je nach Größe und Standort kann eine typische gemauerte feste Kuppelbiogasanlage auf dem Hof eines ländlichen Haushalts installiert werden, wobei die Investitionskosten zwischen 300 und 500 US-Dollar in asiatischen Ländern und bis zu 1400 US-Dollar in Afrika liegen. Eine qualitativ hochwertige Biogasanlage benötigt nur minimale Wartungskosten und kann mindestens 15-20 Jahre lang ohne größere Probleme und Re-Investitionen Gas produzieren. Für die Nutzer liefert Biogas saubere Energie zum Kochen, verringert die Luftverschmutzung in Innenräumen und reduziert den Zeitaufwand für das traditionelle Sammeln von Biomasse, insbesondere für Frauen und Kinder. Die Gülle ist ein sauberer organischer Dünger, der die landwirtschaftliche Produktivität steigern kann. ⓘ
Energie ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Gesellschaft und kann als einer der wichtigsten Indikatoren für sozioökonomische Entwicklung dienen. Trotz des technologischen Fortschritts decken etwa drei Milliarden Menschen, vor allem in den ländlichen Gebieten der Entwicklungsländer, ihren Energiebedarf zum Kochen nach wie vor auf traditionelle Weise durch die Verbrennung von Biomasse wie Brennholz, Ernterückständen und Tierdung in groben traditionellen Öfen. ⓘ
Die häusliche Biogastechnologie ist in vielen Teilen der Welt, insbesondere in Asien, eine bewährte und etablierte Technologie. Mehrere Länder in dieser Region haben groß angelegte Programme zur Nutzung von Biogas in Haushalten aufgelegt, so z. B. China und Indien. ⓘ
Die niederländische Entwicklungsorganisation SNV unterstützt nationale Programme für Biogas in Haushalten, die darauf abzielen, kommerziell tragfähige Biogassektoren zu schaffen, in denen lokale Unternehmen Biogasanlagen für Haushalte vermarkten, installieren und warten. In Asien arbeitet SNV in Nepal, Vietnam, Bangladesch, Bhutan, Kambodscha, der Demokratischen Volksrepublik Laos, Pakistan und Indonesien und in Afrika in Ruanda, Senegal, Burkina Faso, Äthiopien, Tansania, Uganda, Kenia, Benin und Kamerun. ⓘ
In Südafrika wird eine vorgefertigte Biogasanlage hergestellt und verkauft. Ein Hauptmerkmal ist, dass die Installation weniger Fachkenntnisse erfordert und schneller geht, da der Fermentertank aus vorgefertigtem Kunststoff besteht. ⓘ
Indien
Biogas in Indien basiert traditionell auf Milchmist als Ausgangsmaterial, und diese "Gobar"-Gasanlagen sind seit langem in Betrieb, insbesondere im ländlichen Indien. In den letzten zwei bis drei Jahrzehnten haben Forschungseinrichtungen, die sich mit der Energiesicherheit im ländlichen Raum befassen, die Konstruktion der Systeme verbessert, was zu neueren effizienten und kostengünstigen Konstruktionen wie dem Deenabandhu-Modell geführt hat. ⓘ
Das Deenabandhu-Modell ist ein neues, in Indien sehr beliebtes Modell für die Biogasproduktion. (Deenabandhu bedeutet "Freund der Hilflosen".) Die Anlage hat in der Regel ein Fassungsvermögen von 2 bis 3 Kubikmetern. Sie wird aus Ziegelsteinen oder einer Ferrozementmischung gebaut. In Indien ist das Modell aus Ziegeln etwas teurer als das Modell aus Ferrozement; das indische Ministerium für neue und erneuerbare Energien bietet jedoch einen gewissen Zuschuss pro gebautem Modell. ⓘ
Biogas, bei dem es sich hauptsächlich um Methan/Erdgas handelt, kann auch zur Erzeugung von proteinreichem Vieh-, Geflügel- und Fischfutter in Dörfern verwendet werden, indem man Methylococcus capsulatus-Bakterienkulturen mit geringem Land- und Wasserverbrauch züchtet. Das Kohlendioxidgas, das als Nebenprodukt dieser Pflanzen erzeugt wird, kann für die billigere Produktion von Algenöl oder Spirulina aus Algakulturen verwendet werden, insbesondere in tropischen Ländern wie Indien, die in naher Zukunft die Hauptrolle des Erdöls verdrängen können. Die indische Regierung führt zahlreiche Programme zur produktiven Nutzung von Agrarabfällen oder Biomasse in ländlichen Gebieten durch, um die ländliche Wirtschaft und das Beschäftigungspotenzial zu steigern. Mit diesen Anlagen wird die nicht essbare Biomasse oder der Abfall der essbaren Biomasse in hochwertige Produkte umgewandelt, ohne das Wasser zu verschmutzen oder Treibhausgase (THG) zu emittieren. ⓘ
LPG (Liquefied Petroleum Gas) ist eine wichtige Quelle für Kochbrennstoffe im städtischen Indien, und seine Preise sind zusammen mit den weltweiten Brennstoffpreisen gestiegen. Auch die hohen Subventionen, die von den verschiedenen Regierungen zur Förderung von LPG als Brennstoff zum Kochen bereitgestellt wurden, sind zu einer finanziellen Belastung geworden, was dazu geführt hat, dass Biogas als alternativer Brennstoff zum Kochen in städtischen Einrichtungen wieder in den Mittelpunkt rückt. Dies hat zur Entwicklung von vorgefertigten Fermentern geführt, die im Vergleich zu RCC- und Zementkonstruktionen, die eine längere Bauzeit benötigen, modular eingesetzt werden können. Die erneute Fokussierung auf Prozesstechnologien wie das Biourja-Verfahrensmodell hat den Stellenwert von mittelgroßen und großen anaeroben Fermentern in Indien als potenzielle Alternative zu LPG als primärem Kochbrennstoff erhöht. ⓘ
In Indien, Nepal, Pakistan und Bangladesch wird Biogas, das aus der anaeroben Vergärung von Dung in kleinen Vergärungsanlagen gewonnen wird, als Gobar-Gas bezeichnet. Schätzungen zufolge gibt es solche Anlagen in mehr als 2 Millionen Haushalten in Indien, 50.000 in Bangladesch und Tausende in Pakistan, vor allem im Nord-Punjab, aufgrund des florierenden Viehbestands. Der Fermenter ist eine luftdichte, runde Grube aus Beton mit einem Rohranschluss. Die Gülle wird in die Grube geleitet, in der Regel direkt aus dem Viehstall. Die Grube wird mit einer bestimmten Menge Abwasser gefüllt. Die Gasleitung ist über Regelventile an den Küchenkamin angeschlossen. Die Verbrennung dieses Biogases ist sehr geruchs- und raucharm. Aufgrund der einfachen Umsetzung und der Verwendung von billigen Rohstoffen in den Dörfern ist es eine der umweltfreundlichsten Energiequellen für den ländlichen Bedarf. Ein Typ dieser Systeme ist der Sintex-Fermenter. Bei einigen Konzepten wird die von der Biogasanlage produzierte Gülle mit Hilfe von Wurmkulturen für die Verwendung als Kompost weiter veredelt. ⓘ
In Pakistan führt das Rural Support Programmes Network das Pakistan Domestic Biogas Programme durch, in dessen Rahmen 5.360 Biogasanlagen installiert und mehr als 200 Maurer in dieser Technologie geschult wurden, und das die Entwicklung des Biogassektors in Pakistan zum Ziel hat. ⓘ
In Nepal bietet die Regierung Subventionen für den Bau von Biogasanlagen in Privathaushalten an. ⓘ
China
Die Chinesen experimentieren seit 1958 mit der Anwendung von Biogas. Um 1970 hatte China 6.000.000 Fermenter installiert, um die Landwirtschaft effizienter zu machen. In den letzten Jahren hat die Technologie hohe Wachstumsraten erreicht. Dies scheint die früheste Entwicklung bei der Erzeugung von Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen zu sein. ⓘ
Der Bau von Biogasanlagen auf dem Lande in China hat einen verstärkten Entwicklungstrend gezeigt. Das exponentielle Wachstum der Energieversorgung, das durch die rasante wirtschaftliche Entwicklung und den starken Dunst in China verursacht wird, hat dazu geführt, dass Biogas die bessere umweltfreundliche Energie für die ländlichen Gebiete ist. Im Kreis Qing in der Provinz Hebei entwickelt sich derzeit die Technologie der Verwendung von Getreidestroh als Hauptmaterial zur Erzeugung von Biogas. ⓘ
Bis 2007 gab es in China 26,5 Millionen Biogasanlagen mit einer Produktion von 10,5 Milliarden Kubikmetern Biogas. Die jährliche Biogasproduktion ist auf 248 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2010 gestiegen. Die chinesische Regierung unterstützte und finanzierte ländliche Biogasprojekte, aber nur etwa 60 % waren normal in Betrieb. Im Winter ist die Biogaserzeugung in den nördlichen Regionen Chinas geringer. Dies ist auf die fehlende Wärmeregulierung in den Fermentern zurückzuführen, so dass die Co-Vergärung verschiedener Ausgangsstoffe in der kalten Umgebung nicht abgeschlossen werden kann. ⓘ
Sambia
Lusaka, die Hauptstadt Sambias, hat zwei Millionen Einwohner, wobei mehr als die Hälfte der Bevölkerung in stadtnahen Gebieten wohnt. Die Mehrheit dieser Bevölkerung benutzt Grubenlatrinen als Toiletten, wobei jährlich etwa 22.680 Tonnen Fäkalschlamm anfallen. Dieser Schlamm wird nur unzureichend entsorgt: Über 60 % des anfallenden Fäkalschlamms verbleiben im Wohnumfeld und gefährden damit sowohl die Umwelt als auch die öffentliche Gesundheit. ⓘ
Obwohl bereits in den 1980er Jahren mit der Erforschung und Einführung von Biogas begonnen wurde, hinkt Sambia bei der Einführung und Nutzung von Biogas im subsaharischen Afrika hinterher. Tierische Gülle und Ernterückstände werden für die Bereitstellung von Energie zum Kochen und zur Beleuchtung benötigt. Unzureichende Finanzierung, das Fehlen einer Politik, eines rechtlichen Rahmens und von Strategien für Biogas, eine ungünstige Geldpolitik der Investoren, unzureichendes Fachwissen, mangelndes Bewusstsein für die Vorteile der Biogastechnologie bei Führungskräften, Finanzinstituten und der Bevölkerung, Widerstand gegen Veränderungen aufgrund kultureller und traditioneller Gegebenheiten der Bevölkerung, hohe Installations- und Wartungskosten für Biogasanlagen, unzureichende Forschung und Entwicklung, unsachgemäße Verwaltung und fehlende Überwachung der installierten Anlagen, die Komplexität des Kohlenstoffmarktes, fehlende Anreize und soziale Gerechtigkeit gehören zu den Herausforderungen, die die Übernahme und nachhaltige Umsetzung der inländischen Biogasproduktion in Sambia behindert haben. ⓘ
Verbände
- Welt-Biogasverband (https://www.worldbiogasassociation.org/)
- Amerikanischer Biogas-Rat (https://americanbiogascouncil.org/)
- Kanadischer Biogasverband (https://www.biogasassociation.ca/)
- Europäischer Biogasverband
- Deutscher Biogasverband
- Indischer Biogasverband ⓘ
Gesellschaft und Kultur
In dem australischen Film Mad Max Beyond Thunderdome aus dem Jahr 1985 wird die postapokalyptische Siedlung Barter Town durch ein zentrales Biogassystem auf der Grundlage einer Schweinemastanlage betrieben. Das Methan liefert nicht nur Strom, sondern wird auch für den Antrieb der Fahrzeuge in Barter verwendet. ⓘ
"Cow Town" wurde in den frühen 1940er Jahren geschrieben und handelt von den Mühen einer Stadt, die weitgehend auf Kuhdung aufgebaut ist, und von den Schwierigkeiten, die das entstehende Methan-Biogas mit sich bringt. Carter McCormick, ein Ingenieur aus einer Stadt außerhalb der Stadt, wird dorthin geschickt, um einen Weg zu finden, dieses Gas zu nutzen, um die Stadt mit Energie zu versorgen, anstatt sie zu ersticken. ⓘ
Die Biogasproduktion bietet heute neue Möglichkeiten für qualifizierte Arbeitsplätze, die auf der Entwicklung neuer Technologien beruhen. ⓘ
Rohstoffe
Material | Biogasertrag in m3 pro Tonne Frischmasse |
Methan- gehalt |
---|---|---|
Maissilage | 202 | 52 % |
Grassilage | 172 | 54 % |
Roggen-GPS | 163 | 52 % |
Zuckerrüben- Pressschnitzel siliert |
125 | 52 % |
Futterrübe | 111 | 51 % |
Bioabfall | 100 | 61 % |
Hühnermist | 80 | 60 % |
Schweinemist | 60 | 60 % |
Rindermist | 45 | 60 % |
Getreideschlempe | 40 | 61 % |
Schweinegülle | 28 | 65 % |
Rindergülle | 25 | 60 % |
Ausgangsstoffe sind biogene Materialien wie die folgenden:
- vergärbare, biomassehaltige Reststoffe wie Klärschlamm, Bioabfall oder Speisereste
- Wirtschaftsdünger (Gülle, Mist)
- bisher nicht genutzte Pflanzen sowie Pflanzenteile (beispielsweise Zwischenfrüchte, Pflanzenreste und dergleichen).
- gezielt angebaute Energiepflanzen (Nachwachsende Rohstoffe) ⓘ
Dabei ergeben verschiedene Ausgangsmaterialien unterschiedliche Biogaserträge und je nach ihrer Zusammensetzung ein Gas mit variablem Methangehalt, wie die nebenstehende Tabelle zeigt. ⓘ
Ein Großteil der Rohstoffe, insbesondere Wirtschaftsdünger und Pflanzenreste, fallen prinzipiell kostenlos in der Landwirtschaft an, daher stellt dieser Wirtschaftszweig das größte Potenzial für die Produktion von Biogas. Ganz andere Auswirkungen hat der Anbau von Energiepflanzen:
- die Produktion steht in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion.
- Monokulturen können eine Landschaftsverarmung bewirken. ⓘ
Vorteile von Biogas kann man mit den (möglichen) Nachteilen von Energiepflanzen abwägen ("Ökobilanz"). ⓘ
Klima- und Umweltschutz
Methan ist ein stark wirksames Treibhausgas. Es hat ein GWP von 28, deshalb ist die Prüfung der Dichtigkeit von Biogasanlagen und aller zugehörigen Komponenten ein maßgeblicher Beitrag zum Klimaschutz. ⓘ
Biogasanlagen sind nicht vollständig dicht; auch für Wartungsarbeiten müssen sie zugänglich bleiben. Deshalb kann beim Betrieb einer Biogasanlage Methan, das auf mittlere Sicht eine etwa 25-mal stärkere aufheizende Wirkung auf das Klima hat als CO2, in die Atmosphäre entweichen. ⓘ
Biogas erreicht seinen maximalen Wirkungs- und Versorgungsgrad, wenn es gleichzeitig zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt wird; in der so genannten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) weist es die beste Klimabilanz auf. Eine Stromerzeugung ohne Wärmenutzung oder die rein thermische Verwendung von aufbereitetem Biogas in Erdgasthermen sind hingegen erwartungsgemäß nicht optimal, wie die Agentur für Erneuerbare Energien ermittelte. ⓘ
Biogas verbrennt klimaneutral, da das entstehende CO2 vorher von Pflanzen aus der Luft gebunden wurde. Es gibt aber Faktoren, die die Klimabilanz von Biogasanlagen durch den Anbau von Energiepflanzen verschlechtern können: Bei der Produktion von Energiepflanzen kommt es zu einem hohen Energieeinsatz. Eine mit Maissilage betriebene Anlage verbraucht im Gegensatz zur Abfallverwertung bei allen Produktionsschritten Energie: Saatvorbereitung, Säen, Düngen, Schutz vor Schädlingen (Pflanzenschutzmittelproduktion und Einsatz), Ernte, Transport, Silage, Vergärung unter Umwälzen und Rücktransport der Gärrestmenge auf die Felder. Die Klimabilanz der Energiepflanzen kann verbessert werden, wenn der für die Produktion nötige Energiebedarf selbst aus regenerativen Energien gedeckt wird, etwa wenn die eingesetzten Landmaschinen ebenfalls mit Treibstoffen aus Energiepflanzen oder Ökostrom betrieben werden. ⓘ
Bei der Stickstoffdüngung, vornehmlich durch die Nutzung mineralischer Dünger, kann Distickstoffmonoxid (auch als „Lachgas“ bezeichnet) entstehen und muss in die Klimabilanz eingerechnet werden. Distickstoffmonoxid wird durch Mikroben gebildet, und zwar aus Luftsauerstoff und dem zugeführten Stickstoff. Distickstoffmonoxid hat ein ungefähr 300-mal größeres Treibhausgaspotenzial als CO2. Auch die Änderung der Landnutzung muss berücksichtigt werden: Beispielsweise setzen trockengelegte Moorflächen große Mengen CO2 frei, da der verfügbare Sauerstoff die mikrobielle Aktivität fördert und somit der langjährige Kohlenstoffspeicher abgebaut wird. ⓘ
Der Anbau von Mais ist ökologisch umstritten. Mais (Zea mays) ist ein Gras tropischen Ursprungs. Der Anbau erfolgt so, dass Frost vermieden wird, die Aussaat also spät im Jahr stattfindet, die Pflanzen im Mai/Juni gut wachsen und die Ernte Ende September beginnt. Während des größten Teils des Jahres liegen die mit Mais bepflanzten Äcker somit frei, weshalb in Deutschland die Flächen in der Regel zusätzlich mit Zwischenfrüchten bestellt werden. Geschieht dies nicht, werden die Flächen durch Wind und Regen erodiert. Dadurch kann es zum Eintrag von Pflanzenschutzmitteln und Dünger in naheliegende Gewässer, aber auch ins Grundwasser kommen. Der Anbau von Mais ist allerdings nur in geringem Maße von Pflanzenschutzmaßnahmen betroffen. Er wird lediglich kurz vor Reihenschluss gegen Unkraut behandelt. Der Eintrag von Pflanzenschutzmitteln stellt ein Problem dar, da es sowohl zu Eutrophierungen als auch zu Verlandung der Gewässer kommen kann. Ebenso kann es zu Verwehungen von großen Mengen Staub aus trockenen Äckern kommen, was wiederum die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigt, weil hierdurch wichtige Bodenbestandteile verloren gehen; es besteht langfristig die Gefahr der Wüstenbildung, was insbesondere in den USA bekannt ist. ⓘ
Durch den großflächigen Anbau von Mais-Monokulturen zur Produktion von Biogas kommt es zu weiteren ökologischen Auswirkungen. Weideland und Feuchtwiesen werden in Ackerland umgewandelt (in Deutschland nicht ohne Sondergenehmigung möglich), Brachflächen wieder genutzt. Dies hat Auswirkungen auf Vögel (z. B. Feldlerche, Rebhuhn), Insekten und andere Tiere, die dadurch Nahrungs- und Brutgebiete verlieren. ⓘ
Anders als bei konventionell wirtschaftenden Betrieben mit Biogasanlagen spielt der Mais als Energiepflanze für die Ökolandwirte nur eine recht geringe Rolle, solange diese Ökolandwirte keine Biogasanlage betreiben. Betreiben sie eine Biogasanlage wird Mais zur Hauptenergiequelle, und sie müssen nur noch ein Bruchteil vom benötigten Mais selbst produzieren. Generell sind Kleegras und Reststoffe wie Gülle und Mist von großer Bedeutung, da sie den einzigen Dünger der ökologischen Landwirtschaft darstellen. ⓘ
Der Ökolandbau bietet auch Anregungen für konventionell arbeitende Betriebe, was etwa den Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten oder den gleichzeitigen Anbau mehrerer Pflanzen betrifft; so können auch konventionelle Betriebe für ihren Energiepflanzenanbau von den Erfahrungen der Ökobetriebe profitieren. Durch verschiedene Vorbehandlungsmethoden wird zudem versucht, den größt-möglichen Biogas- bzw. Methanertrag aus dem Substrat zu erzielen. ⓘ
Potenziale
Im Jahr 2014 entsprach die Biogasproduktion in Deutschland etwa 20 % der damaligen Erdgasimporte aus Russland. Mit dem verbleibenden Potenzial können etwa weitere 10 % ersetzt werden, unter Berücksichtigung technischer und demografischer Entwicklungen bis zu insgesamt 55 %. In der EU entsprach die Biogasproduktion etwa 6 % dieser Erdgasimporte aus Russland. Mit dem verbleibenden Potenzial können etwa weitere 26 % ersetzt werden, unter Berücksichtigung technischer und demografischer Entwicklungen bis zu insgesamt etwa 125 %. ⓘ
Einspeisung in das Erdgasnetz
Nach einer umfassenden Biogasaufbereitung kann eine Einspeisung in das Erdgasnetz erfolgen. Neben dem Entfernen von Wasser, Schwefelwasserstoff (H2S) und Kohlendioxid (CO2) muss auch eine Anpassung an den Heizwert des Erdgases im jeweiligen Gasnetz (Konditionierung) stattfinden. Wegen des hohen technischen Aufwands lohnt sich die Aufbereitung und Einspeisung derzeit nur für überdurchschnittlich große Biogasanlagen. Erste Projekte dazu starteten 2007. Neuentwicklungen wie etwa die Hohlfasermembran der Evonik Industries aus Essen ermöglichen eine Reinigung von Biogas bis zu einem Reinheitsgrad von bis zu 99 Prozent und bringen es damit auf Erdgasqualität. ⓘ
Um Erdgasqualität zu erreichen sind folgende Aufbereitungsschritte notwendig: Entschwefelung: Die Entschwefelung ist notwendig, um Korrosion zu vermeiden. Schwefel findet sich als Schwefelwasserstoff (H2S) im Biogas, bei dessen Verbrennung entstünden bei Anwesenheit von Wasserdampf aggressive Säuren, nämlich Schweflige Säure (H2SO3) und Schwefelsäure (H2SO4). Meist ist der Schwefelwasserstoffanteil gering, kann aber bei proteinreichem Substrat (Getreide, Leguminosen, Schlachtabfälle und dergleichen) stark ansteigen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Entschwefelung, unter anderem sind biologische, chemische und adsorptive Verfahren möglich. Gegebenenfalls sind mehrere Stufen nötig wie Grob- beziehungsweise Feinentschwefelung. ⓘ
Trocknung: Da Biogas wasserdampfgesättigt ist, würden bei Abkühlung unbehandelten Biogases erhebliche Kondensatmengen anfallen, welche zu Korrosion in Motoren führen können. Darüber hinaus soll die Bildung von Wassertaschen vermieden werden. Deshalb muss das Gas getrocknet werden. Dies erfolgt durch eine Abkühlung des Gases auf Temperaturen unterhalb des Taupunktes in einem Wärmetauscher, das kondensierte Wasser kann entfernt werden und das abgekühlte Gas wird durch einen zweiten Wärmetauscher geleitet und wieder auf Betriebstemperatur erwärmt. Gleichzeitig mit der Trocknung wird das gut wasserlösliche Ammoniak entfernt. ⓘ
CO2-Abtrennung: Kohlenstoffdioxid (CO2) ist nicht oxidierbar und trägt daher nicht zum Heizwert des Biogases bei. Zur Erreichung von Erdgasqualität muss der Heizwert des Biogases dem des Erdgases angepasst werden. Da Methan die energieliefernde Komponente des Biogases ist, muss dessen Anteil durch Entfernung von CO2 erhöht werden. Die derzeit gängigen Verfahren der Methananreicherung durch CO2-Abtrennung sind Gaswäschen und die Druckwechsel-Adsorption (Adsorptionsverfahren an Aktivkohle). Daneben sind weitere Verfahren wie die kryogene Gastrennung (mittels tiefer Temperaturen) oder die Gastrennung durch Membranen in der Entwicklung. ⓘ
Konditionierung: Bei der Konditionierung wird das Biogas bezüglich Trockenheit, Druck und Heizwert den Erfordernissen angepasst. Je nach Herkunft hat Erdgas unterschiedliche Heizwerte, daher muss der obere Heizwert des aufbereiteten Biogases an das jeweilige Netz angepasst werden. ⓘ
Verdichtung: Zur Einspeisung in das Erdgasnetz sind, abhängig von der jeweiligen Netzart, meistens niedrige bis mittlere Drücke bis etwa 20 bar notwendig. Seltener erfolgt eine direkte Einspeisung ins Ferngasnetz mit bis über 80 bar. Wenn das Biogas nach der Aufbereitung einen geringeren Druck als das Netz aufweist, muss es mit Hilfe eines Kompressors verdichtet werden. ⓘ
Weitere Reinigungs- und Aufbereitungsschritte: In Deponie- und Klärgasen können Siloxane sowie halogenierte und cyclische Kohlenwasserstoffe enthalten sein. Siloxane verursachen stark erhöhten Motorenverschleiß. Halogen-Kohlenwasserstoffe führen zu Emissionen toxischer Verbindungen. Siloxane und Kohlenwasserstoffe können mittels Gaswäsche, Gastrocknung oder Adsorption an Aktivkohle aus dem Biogas entfernt werden. ⓘ
Nutzung
Biogas eignet sich neben der Eigennutzung in der Landwirtschaft auch als Beitrag zu einem Energiemix aus erneuerbaren Energien. Dies, weil es zum einen grundlastfähig ist, das heißt, dass das Biogas im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energieträgern wie Wind oder Sonne kontinuierlich verfügbar ist, zum anderen lassen sich Biomasse und Biogas speichern, wodurch zum Energieangebot in Spitzenzeiten beigetragen werden kann. Deswegen bietet sich dieser Bioenergieträger zum Ausgleich kurzfristiger Schwankungen im Stromangebot der Wind- und Sonnenenergie an. Bisher werden die meisten Biogasanlagen kontinuierlich, quasi als Grundlastkraftwerk, betrieben. Zur Nutzung der enthaltenen Energie stehen die folgenden Möglichkeiten zur Wahl: Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) vor Ort: Biogas wird in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt (KWK); der Strom wird vollständig ins Netz eingespeist, die ca. 60 Prozent ausmachende Abwärme kann vor Ort genutzt werden. Alternativ kann das Biogas nach entsprechender Aufbereitung ins Versorgungsnetz eingespeist werden. ⓘ
Blockheizkraftwerke
In Deutschland ist die Verbrennung von Biogas in Blockheizkraftwerken (BHKW) am häufigsten, um zusätzlich zur Wärme auch Elektrizität zur Einspeisung in das Stromnetz zu produzieren. ⓘ
Da der größte Teil der Biogaserträge durch den Stromverkauf erzielt wird, befindet sich beim Wärmeabnehmer ein BHKW, welches als Hauptprodukt Strom zur Netzeinspeisung produziert und Wärme im Idealfall in ein Nah- oder Fernwärmenetz einspeist. Ein Beispiel für ein Nahwärmenetz ist das Bioenergiedorf Jühnde. Bisher wird allerdings bei den meisten landwirtschaftlichen Biogasanlagen mangels Wärmebedarf vor Ort nur ein geringer Teil der Wärme genutzt, beispielsweise zur Beheizung des Fermenters sowie von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. ⓘ
Biogasnetz
Eine Alternative ist der Transport von Biogas in Biogasleitungen über Mikrogasnetze. Die Strom- und Wärmeproduktion kann dadurch bei Wärmeverbrauchern stattfinden. ⓘ
Weitere Nutzungsarten
- Hauptartikel: Biomethan
Biogas kann als nahezu CO2-neutraler Treibstoff in Kraftfahrzeugmotoren genutzt werden. Da eine Aufbereitung auf Erdgasqualität notwendig ist, muss der CO2-Anteil weitestgehend entfernt werden. CO2 lässt sich nach der Abtrennung kommerziell verwerten, beispielsweise in der Getränkeindustrie. Sogenanntes Biomethan oder Bioerdgas muss auf 200 bis 300 bar verdichtet werden, um in umgerüsteten Kraftfahrzeugen genutzt werden zu können. ⓘ
In der Schweiz fahren Lastwagen der Walter Schmid AG und der dazugehörigen Firma Kompogas seit 1995 mit Biogas, der erste Lastwagen erreichte im Sommer 2010 seinen millionsten Kilometer. Ab 2001 fuhr auch die Migros Zürich mit Kompogas und seit 2002 auch McDonalds Schweiz. ⓘ
Bisher wird Biogas jedoch selten auf diesem Weg verwertet. 2006 wurde die erste deutsche Biogastankstelle in Jameln (Wendland) eröffnet. ⓘ
Wegen der hohen elektrischen Wirkungsgrade könnte in Zukunft zudem die Verwertung von Biogas in Brennstoffzellen interessant sein. Der hohe Preis für die Brennstoffzellen, die aufwändige Gasaufbereitung und die in Praxisversuchen bisher noch geringe Standzeit verhindern bisher eine breitere Anwendung dieser Technik. ⓘ
Biogas weltweit
Während Biogas erst in den letzten 10 Jahren in das Bewusstsein der europäischen Bevölkerung gerückt ist, wurde in Indien bereits Ende des 19. Jahrhunderts Biogas zur Energieversorgung eingesetzt. Die ökonomische Verbreitung der Biogasnutzung hängt vor allem von der Weltenergiepolitik (z. B. während der Erdölschwemme von 1955 bis 1972 und der Ölkrise von 1972 bis 1973) und den jeweiligen nationalen Gesetzgebungen (zum Beispiel dem Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland) ab. Unabhängig davon wurden kleine Biogasanlagen in Ländern wie Indien, Südkorea und Malaysia zur privaten Energieversorgung gebaut, wobei mit über 40 Millionen Haushaltsanlagen die meisten in China stehen. ⓘ
Frankreich
Frankreich stellt einen potenziell großen Biogasmarkt dar, der auch von deutschen Anlagenerzeugern bearbeitet wird. Das Land zeichnet sich durch eine produktive Landwirtschaft mit verschiedenen ergiebigen Substraten sowie durch ein stabiles Fördersystem für die Strom- und Wärmeerzeugung aus Biogas und für die Biomethaneinspeisung aus. Im Sommer 2013 gab es ca. 90 landwirtschaftliche Biogasanlagen. Der im April 2013 angekündigte Ausbauplan für landwirtschaftliche Anlagen („Plan EMAA“) mit einem Zielwert von 1.000 Anlagen bis 2020 signalisiert eine beschleunigte Marktentwicklung. ⓘ
Schweden
In Schweden war die Stromerzeugung aus Biogas bei niedrigeren Strompreisen von ca. 10 Euro-Cent/kWh noch unrentabel. Der größte Teil des Biogases (53 %) wird zur Wärmegewinnung genutzt. Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten, wie beispielsweise Deutschland, ist in Schweden die Aufbereitung auf Erdgasqualität (Biomethan) und Nutzung als Treibstoff in Gasfahrzeugen mit 26 % eine weit verbreitete Variante. ⓘ