Waldmaus
Waldmaus ⓘ | |
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Erhaltungszustand
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Am wenigsten gefährdet (IUCN 3.1) | |
Wissenschaftliche Klassifizierung | |
Königreich: | Tierreich |
Stamm: | Chordata |
Klasse: | Säugetiere |
Ordnung: | Nagetiere |
Familie: | Muridae |
Gattung: | Apodemus |
Arten: | A. sylvaticus
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Binomialer Name | |
Apodemus sylvaticus (Linnaeus, 1758)
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Verbreitungsgebiet von Apodemus sylvaticus (in grün) | |
Synonyme | |
Mus sylvaticus Linnaeus, 1758 |
Die Waldmaus (Apodemus sylvaticus) ist ein murides Nagetier, das in Europa und im nordwestlichen Afrika heimisch ist. Sie ist eng mit der Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis) verwandt, unterscheidet sich jedoch dadurch, dass sie kein gelbes Fellband um den Hals hat, etwas kleinere Ohren besitzt und insgesamt etwas kleiner ist: Sie ist etwa 90 mm lang und 23 g schwer. Sie kommt in fast ganz Europa vor und ist eine sehr häufige und weit verbreitete Art, die mit dem Menschen vergesellschaftet ist und manchmal als Schädling angesehen wird. Andere gebräuchliche Namen sind Langschwanz-Feldmaus, Feldmaus, Gewöhnliche Feldmaus und Europäische Waldmaus. Diese Art ist als potenzieller Überträger der Dobrava-Sequenz des Hantavirus bekannt, die den Menschen befällt und eine ernste Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen kann. ⓘ
Die Waldmaus (Apodemus sylvaticus) ist eine Säugetierart aus der Familie der Langschwanzmäuse (Muridae). Diese relativ kleine und großäugige Langschwanzmaus besiedelt große Teile der westlichen Paläarktis und bewohnt entgegen ihrem Namen überwiegend offene Lebensräume, unter anderem landwirtschaftlich genutzte Bereiche, Brachen, Gewässerufer und Parks. Die Waldmaus zählt zu den häufigsten Säugerarten Europas und ist laut IUCN ungefährdet. ⓘ
Lebensraum und Verbreitung
Waldmäuse bewohnen Wälder, Wiesen und bewirtschaftete Felder, wobei sie im Winter eher bewaldete Gebiete aufsuchen. Die fast ausschließlich nachtaktiven und terrestrisch lebenden Waldmäuse graben ausgiebig, bauen Nester aus Pflanzen und leben während der rauen Jahreszeiten in Gebäuden. Sie ist eine der am intensivsten untersuchten Arten der Gattung. In Europa reicht ihr Verbreitungsgebiet im Norden bis Skandinavien und im Osten bis zur Ukraine. Die Waldmaus kommt auch im nordwestlichen Afrika und auf vielen Mittelmeerinseln vor. ⓘ
Ernährung
Waldmäuse fressen vor allem Samen, insbesondere von Bäumen wie Eiche, Buche, Esche, Linde, Weißdorn und Bergahorn. Wenn es auf dem Boden reichlich Samen gibt, tragen sie diese zur Lagerung in ihre Nester/Gruben zurück. Sie fressen kleine wirbellose Tiere wie Schnecken und Insekten, vor allem im späten Frühjahr und im Frühsommer, wenn das Angebot an Samen am geringsten ist. Später in der Saison fressen sie auch Beeren, Früchte, Pilze und Wurzeln. Im Winter können sie Fledermäuse, die ihren Winterschlaf halten, erbeuten. ⓘ
Verhalten
Waldmäuse sind hauptsächlich in der Dunkelheit aktiv, wahrscheinlich haben sie sich so entwickelt, um Raubtiere zu vermeiden, indem sie verschiedene Strategien zur Bekämpfung von Raubtieren anwenden. Die brütenden Weibchen sind jedoch möglicherweise bei Tageslicht aktiver, um ausreichend Nahrung zu sammeln. Bei der Nahrungssuche sammeln und verteilen Waldmäuse optisch auffällige Gegenstände wie Blätter und Zweige, die sie dann bei der Erkundung als Orientierungspunkte verwenden. Wird eine Waldmaus an ihrem Schwanz gefangen, kann sie das Schwanzende schnell abwerfen, das möglicherweise nie wieder nachwächst. Trotz ihres Namens bevorzugt sie eher Hecken als Wälder. In den kälteren Monaten halten Waldmäuse keinen Winterschlaf; in strengen Wintern können sie jedoch in einen torpiden Zustand verfallen, d. h. ihre physiologische Aktivität nimmt ab. ⓘ
Raubtiere
Zu den Fressfeinden von Waldmäusen gehören Füchse, Schlangen, Wiesel, Falken, Eulen, Haushunde und Hauskatzen. Um Raubtieren aus dem Weg zu gehen, suchen Waldmäuse in der Regel in überdachten Mikrobereichen nach Nahrung. ⓘ
Fortpflanzung
Die Waldmaus hat eine Brutzeit von Februar bis Oktober, in der es zu mehrfachen Paarungen zwischen Männchen und Weibchen kommt, was zu einem Gerangel führt. Diese Verhaltensmerkmale führen zu Spermienkonkurrenz und mehrfachen Vaterschaftswürfen. Die Gesellschaft ist polygyn, wobei die Kopulation während der Fortpflanzungszeit aus dem Konkurrenzkampf resultiert. Die Männchen besitzen einen Sack, den so genannten Nebenhodensack, der Spermien speichert und unterhalb des Hodensacks liegt. Die Temperaturregelung gewährleistet eine maximale Spermienproduktion. ⓘ
Eine interessante Beobachtung bei dieser Art, insbesondere bei den Männchen, ist die Morphologie der Spermatozoen. Sie entwickeln nach der Meiose und vor der Spermiation (Freisetzung bei der Ejakulation) einen falkenförmigen (sichelförmigen) Kopf. Der Haken an der Spitze des Kopfes haftet vor der Entfaltung an der Oberfläche des Kopfes. Die Färbung mit Propidiumjodid zeigt, dass nur die Basalfläche des Hakens nukleären Ursprungs ist. Diese apikalen Haken werden im weiblichen Fortpflanzungstrakt entfaltet (der Mechanismus, der dafür verantwortlich ist, beinhaltet den Umbau von Aktinfilamenten im Haken). Die entfalteten apikalen Haken verbinden sich mit den apikalen Haken und den Geißeln der anderen Spermatozoen. Die dabei entstehenden Aggregate von Spermien bilden "mobile Züge", die experimentell eine bessere Beweglichkeit im weiblichen Fortpflanzungstrakt aufweisen. Es wurde auch festgestellt, dass die Mobilität dieser mobilen Züge durch vorzeitige Akrosomreaktionen beeinflusst wird, d. h. durch altruistische Handlungen, die von einigen Spermien zugunsten anderer genetisch ähnlicher Gametozyten ausgeführt werden. Dieser Altruismus folgt einem "Grünbart"-Mechanismus, bei dem die Spermien die genetische Ähnlichkeit der sie umgebenden Gametozyten erkennen (solche Mechanismen sind selten, da sie für einen erkennbaren Phänotyp sowie für Reaktionsmechanismen codieren müssen). Sobald Spermien mit ähnlichem Genotyp identifiziert werden, werden Altruismusgene aktiviert, um eine Reaktion auszulösen, die darauf abzielt, die in der anderen Zelle vorhandenen Gene zu erhalten, auch wenn dies zur Zerstörung der Zelle führt, die die Aktion durchführt. ⓘ
Die Tragezeit der Waldmäuse beträgt 25-26 Tage, und jedes Weibchen bringt im Durchschnitt vier Junge pro Jahr zur Welt. Die Jungtiere sind nach etwa drei Wochen selbständig und werden nach zwei Monaten sexuell aktiv. ⓘ
Galerie
Waldmaus auf einem Dachboden ⓘ
Merkmale
Die Waldmaus gehört zu den kleineren Arten der Gattung Apodemus. Die Ohren sind relativ groß, die Augen sehr groß und deutlich hervorstehend. Die Kopf-Rumpf-Länge beträgt 80–110 mm, die Schwanzlänge 70–115 mm, die Länge der Hinterfüße 20,0–23,5 mm und die Ohrlänge 15–20 mm. Die Tiere wiegen 13–36 g, meist 18–25 g. Das Fell ist oberseits gelb- bis braungrau, bei älteren Tieren rotbraun überhaucht. Die Unterseite ist schmutzig weiß, die Abgrenzung zur Oberseitenfärbung ist nicht sehr deutlich. Eine Brustzeichnung fehlt oder ist nur als gelblichbrauner, längsovaler Fleck ausgebildet. Die Hinterfüße sind oberseits weiß behaart. Verwechslungsgefahr besteht insbesondere mit der Gelbhalsmaus. ⓘ
Verbreitung und Lebensraum
Das Verbreitungsgebiet der Waldmaus umfasst große Teile der westlichen Paläarktis. In West-Ost-Richtung reicht das Areal von Island, Irland und Portugal bis in die östliche Ukraine und den äußersten Südwesten Russlands sowie bis in den äußersten Westen der Türkei. In Nord-Süd-Richtung erstreckt sich die Verbreitung vom Süden Norwegens und Schwedens bis in den Norden von Marokko, Algerien und Tunesien, bis Sizilien und bis in den Süden von Griechenland einschließlich Kreta. ⓘ
Die Höhenverbreitung reicht von Meereshöhe bis etwa 2000 m in den Alpen; im Atlasgebirge bis 3300 m. ⓘ
Die Waldmaus bewohnt entgegen ihrem Namen im größten Teil des Verbreitungsgebietes überwiegend Saumbiotope der Agrarlandschaft, vor allem Hecken, Brachen, Grabenränder und Gewässerufer, aber auch Parks und Gärten. Im Nordosten des Areals ist die Art weitgehend auf diese Bereiche beschränkt und bewohnt hier allenfalls auch noch sehr offene, trockene Nadelwälder. Im Westen und Süden des Verbreitungsgebietes kommen Waldmäuse auch im geschlossenen Hochwald vor. Hauptgrund für das Fehlen in Wäldern im größten Teil des Areals ist offenbar deren flächenhafte Besiedlung durch die größere und konkurrenzstärkere Gelbhalsmaus. ⓘ
Waldmäuse kommen häufig in Gebäude und nutzen auch Fassadenbewuchs, um unter die Dachdeckung zu gelangen. ⓘ
Lebensweise
Waldmäuse sind überwiegend nachtaktiv und klettern gut. Die tiefen Erdbaue haben zwei Eingänge und eine Nest- und eine Vorratskammer. Die Nester werden im Winter von mehreren Tieren bewohnt. Die Waldmaus ist ein Allesfresser. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Samen und Früchten wie Eicheln, Bucheckern und Haselnüssen, Knospen, Früchten, Pilzen, Wurzelknollen und Insekten. ⓘ
Die Fortpflanzung findet im Norden des Areals von März bis Oktober statt, im Mittelmeergebiet auch ganzjährig. In Mitteleuropa gibt es meist drei Würfe im Jahr. Die Tragzeit beträgt 23–24 Tage. Die Würfe umfassen 2–8, meist 5–6 Junge. Die frisch geborenen Jungmäuse wiegen 1,5–2,0 g; ihre Augen öffnen sich im Alter von 12–14 Tagen. Weibchen sind im Sommer des Geburtsjahres geschlechtsreif. ⓘ
Die Waldmaus zeigt deutliche, jedoch nicht zyklische Bestandsschwankungen in Abhängigkeit vom Nahrungsangebot. In Wäldern kann die Siedlungsdichte in Mastjahren bis auf über 50 Individuen/Hektar steigen, in nahrungsarmen Jahren kann sie unter einem Individuum/Hektar liegen. ⓘ
Waldmäuse waren 1981 die erste Säugetier-Art, bei der ein Magnetsinn nachgewiesen wurde. ⓘ
Bestand und Gefährdung
Die Waldmaus zählt zu den häufigsten Säugerarten Europas; der Bestand ist insgesamt offenbar stabil. Die Art wird von der IUCN weltweit als ungefährdet eingestuft (least concern). ⓘ