Frikandel
Ein Frikandel (niederländische Aussprache: [frikɑnˈdɛl] (listen); Plural frikandellen) ist ein traditioneller Imbiss, der aus den historischen Niederlanden, Belgien und Nordfrankreich stammt und eine Art Hackfleischwurst ist, dessen moderne Version nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurde. Die Geschichte dieses Snacks in den Spanischen Niederlanden geht bis ins 17. Jahrhundert zurück. ⓘ
Frikandellen, in Deutschland auch Bratrollen, Fleischrollen oder holländische Frikadellen genannt, sind eine niederländische, belgische und nordfranzösische frittierte Fleischware aus Hackfleisch, die vor allem als Fastfood angeboten wird. ⓘ
In Größe und Form erinnern sie an Bratwürste, werden aber ohne Darm in eine gerade Form gepresst. ⓘ
Geschichte
Im Gegensatz zur modernen Frika(n)del wird die historische Frikandel (Frickedil) aus Kalbshackfleisch hergestellt und im Allgemeinen mit Muskatblüte, Muskatnuss, Salz, Pfeffer und eventuell Orangenschale gewürzt. Eine Variante ohne Ei und Semmelbrösel wurde in einem Kalbsnetz gegart. ⓘ
Die Form der Frikadelle könnte absichtlich phallisch gewesen sein. Der Schriftsteller P.C. Hooft bezeichnete 'fricadellen' als ein Rezept für alte Jungfern. Außerdem wurde laut Kochbüchern aus dem 18. Jahrhundert eine spezielle Version der Frikadelle schwangeren Frauen serviert. Dabei handelte es sich um eine Kalbsfrikadelle mit Eigelb, die in einem kleinen Salatblatt versteckt und eingenäht war. ⓘ
Es herrscht Verwirrung darüber, ob Frikandel mit oder ohne "n" geschrieben werden sollte, aber im Grunde genommen sind Frikandel und Frikadel zwei verschiedene Produkte. Bis 2005 galt jedoch nur das Wort "Frikadel" als die offizielle Schreibweise. Nach 2005 wurde auch das Wort "Frikandel" akzeptiert (aber auch hier handelt es sich um ein anderes Produkt). ⓘ
Der Unterschied zwischen einem "Frikandel" und einer "Frikadel" besteht darin, dass die Frikadel 1954 erfunden wurde und der Frikandel ein ähnliches Produkt ist, das 1958 erfunden wurde und ein anderes Herstellungsverfahren hat, das ein glatteres Endprodukt ergibt. Derzeit wird die Frikadel nicht mehr hergestellt. ⓘ
Beschreibung
Die moderne Frikandel ist ein zylindrisches, zähes, hautloses, dunkel gefärbtes, wurstähnliches Fleischprodukt, das in der Regel warm verzehrt wird. Anders als die meisten Würste wird die Frikandel frittiert. In Belgien und in Nordfrankreich (Nord-Pas-de-Calais) wird sie "frikadel", "fricandelle" oder "fricadelle" genannt. In einigen Teilen Flanderns (Belgien), vor allem in der Gegend um Antwerpen, wird sie "curryworst" genannt (nicht zu verwechseln mit der deutschen Currywurst, obwohl man in Ostdeutschland dazu neigt, Currywurst aus einer Wurst ohne Haut herzustellen). In den USA wird sie unter den Marken "Dutch Dawg" und "Freakandel" vermarktet. Da sie keine Haut hat, könnte man argumentieren, dass es sich technisch gesehen nicht um eine Wurst handelt. ⓘ
In Belgien bedeutet Frikadel (auch rohes) Schweinehackfleisch; sie enthält nur selten anderes Fleisch. Dort, wo die Wurst "Curryworst" heißt, wird der Begriff Frikadel oft für eine Art Frikadelle verwendet (der Vorläufer der Frikandel, mit demselben Fleisch), die in Belgien, Deutschland und Dänemark gegessen wird. ⓘ
Wer die moderne Frikandel erfunden hat, ist umstritten. Manche behaupten, Gerrit de Vries in Dordrecht habe sie 1954 zum ersten Mal hergestellt, als ein Gesetz ihn daran hinderte, sein Produkt als Frikadelle zu verkaufen. Er änderte den Namen und die Form, nicht aber das Rezept. Andere sagen, dass sie 1958 von Jan Bekkers in Deurne kreiert und von ihm "Frikandel" genannt wurde, nachdem er im folgenden Jahr die Beckers-Fabrik gegründet hatte. ⓘ
Das heutige Rezept mit sehr feinem Hackfleisch ist jedoch von Bekkers' Version von 1958 abgeleitet. Die Wurst von de Vries aus dem Jahr 1954, Fricadelle genannt, enthielt stückigeres Hackfleisch und war im Wesentlichen ein Hackfleischfladen in Form einer Wurst. ⓘ
In den Niederlanden, Nordfrankreich, Belgien und Curaçao besteht die Frikandel aus einer Mischung aus mechanisch zerkleinertem Fleisch, darunter Hühnerfleisch (40 % oder mehr) und Schweinefleisch (etwa 25 %). In den USA besteht er aus Schweinefleisch (50 %), Rindfleisch (35 %) und nicht mechanisch getrenntem Hühnerfleisch (15 %). Einige Hersteller fügen auch ein wenig Pferdefleisch hinzu. Es gibt auch eine Halal-Version, die nur Hühner- und Rindfleisch enthält. Weitere Zutaten sind Paniermehl, Verdickungsmittel, Kräuter und Gewürze, Zwiebeln und Geschmacksverstärker. Es ist der beliebteste Fastfood-Snack in den Niederlanden, gefolgt von Kroketten. Nach Angaben des AKSV (Allgemeiner Verband der Hersteller von Kochzubehör und Snacks in den Niederlanden) werden in den Niederlanden jedes Jahr 600 Millionen Würste hergestellt. Die meisten davon werden auch in den Niederlanden verkauft, wo pro Kopf und Jahr mehr als 37 Würste verzehrt werden. ⓘ
Servieren
In den Niederlanden wird er meist mit Curryketchup oder Mayonnaise serviert, manche essen ihn aber auch mit Tomatenketchup, Senf oder sogar Apfelmus. Sehr beliebt ist ein Frikandel, der mit Mayonnaise, Curry oder Ketchup und gehackten rohen Zwiebeln serviert wird: ein Frikandel speciaal. Der Frikandel speciaal ist in der Regel in der Mitte tief eingeschnitten, um Platz für die gehackten Zwiebeln und die Soßen zu schaffen. Manche Leute bevorzugen den Geschmack einer Frikandel, wenn der Schnitt vor dem Braten gemacht wird, was zu einer größeren knusprigen Oberfläche führt. Manchmal wird die Wurst auf einem Brötchen serviert und dann Broodje Frikandel genannt. ⓘ
In Belgien und Nordfrankreich wird sie mit einer Soße nach Wahl serviert und auf verschiedene Weise verkauft, z. B. mit Zwiebeln, in einem langen Brötchen, einem Stück Baguette, als Kebab oder pur. ⓘ
Variationen
Frikandellen können auch zusammen mit anderen holländischen Snacks wie Bitterballen in Partypaketen enthalten sein, wobei sie jedoch deutlich kürzer sind. Auch in den bei den Niederländern beliebten Ferienorten im Ausland, wie z. B. Lloret de Mar, sind sie häufig erhältlich. ⓘ
In den Niederlanden werden regelmäßig landesweite Wettbewerbe im Frikandel-Essen veranstaltet. Der Rekord für den Verzehr der meisten Frikandellen in einer Stunde wurde 2005 von Sjonnie Noordeinde aus Delft aufgestellt, die 47 Würste zu je 80 Gramm verzehrte. ⓘ
Das niederländische Unternehmen Vanreusel hat eine Reihe von Frikandellen-Varianten kreiert, darunter 2010 die Frikandel XXL (eine größere Variante der Frikandelle) und 2019 die Loempidel (eine in einen Lumpia-Mantel eingewickelte Frikandelle). ⓘ
In vielen anderen Ländern, darunter Südafrika, Dänemark und Deutschland, ist Frikadel oder Frikadelle (nicht zu verwechseln mit Frikandel) die lokale Bezeichnung für Hackfleischbällchen oder Patties, wie sie in Hamburgern verwendet werden. Das indonesische Perkedel hat den gleichen Namen und Ursprung, besteht aber hauptsächlich aus Kartoffelpüree. ⓘ
Herstellung
Frikandellen bestehen aus fein gehacktem Schweine-, Rind- oder Geflügelfleisch (auch als Separatorenfleisch), häufig gemischt, das mit Weizen- oder Sojamehl gebunden wird. In den Niederlanden sind auch Anteile von circa 5 % Pferdefleisch möglich; in den Export-Frikandellen, die es in Deutschland zu kaufen gibt, fehlt diese Zutat jedoch. In Deutschland hergestellte Frikandellen bestehen vielfach aus reinem Hühnerfleisch, es finden sich aber auch Waren mit Rindfleischanteil im Handel. Weitere Zutaten sind Gewürze, Brühe, Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe. Der Teig wird zu Rollen geformt, gebrüht und tiefgefroren. ⓘ
Die meistens industriell hergestellten Frikandellen werden vor allem in Snackbars, den niederländischen Imbisslokalen, sowie als Tiefkühlware in Supermärkten angeboten. Zur Zubereitung werden sie frittiert und nach Wunsch mit verschiedenen Saucen und Beilagen wie Pommes frites serviert. Beliebt ist die Variante Frikandel Speciaal, bei der die Frikandel längs aufgeschnitten und mit Curryketchup oder Tomatenketchup, Frietsaus (niederländische Low-fat-Mayonnaise mit einem Fettanteil von nur etwa 25 bis 35 %) oder Mayonnaise und fein gehackten, rohen Zwiebeln gefüllt wird. ⓘ
Namensgebung
Die Namen Frikandel und Frikadelle haben den gleichen Ursprung: Sie sind aus dem italienischen fritatella für „Gebratenes“ entlehnt, bezeichnen aber nicht das Gleiche. Frikadellen heißen im Niederländischen gehaktbal. In den Niederlanden war die Schreibung lange Zeit nicht fest definiert. Es wird vermutet, dass der Begriff aus dem Deutschen übernommen und irgendwann der typischen niederländischen Sprechweise angepasst wurde. Erst 2005 wurde das Wort Frikandel in die offizielle niederländische Rechtschreibung aufgenommen. ⓘ
Im Unterschied zu einem unter Deutschen weit verbreiteten Irrtum wird das Wort in der Originalaussprache nicht auf der mittleren Silbe (…kan…) betont, sondern auf der letzten.
Varianten
Mit der Frikandel vergleichbar, aber anders gewürzt, ist die Berliner Currywurst ohne Darm. Weitere Verwandte sind die bayerische Wollwurst sowie die Schwäbische Oberländer (ugs. „Naggade“ = Nackte). ⓘ