Zahnstein
In der Zahnmedizin ist Zahnstein eine Form von gehärtetem Zahnbelag. Er entsteht durch die Ausfällung von Mineralien aus dem Speichel und der Gingival Crevicular Fluid (GCF) in der Plaque auf den Zähnen. Durch diesen Ausfällungsprozess werden die Bakterienzellen im Zahnbelag abgetötet, aber die raue und gehärtete Oberfläche, die sich bildet, bietet eine ideale Oberfläche für die weitere Bildung von Plaque. Dies führt zur Bildung von Zahnstein, der die Gesundheit des Zahnfleisches beeinträchtigt. Zahnstein kann sich sowohl entlang des Zahnfleischsaums bilden, wo er als supragingival ("oberhalb des Zahnfleischs") bezeichnet wird, als auch in der schmalen Furche zwischen den Zähnen und dem Zahnfleisch, wo er als subgingival ("unterhalb des Zahnfleischs") bezeichnet wird. ⓘ
Die Bildung von Zahnstein ist mit einer Reihe von klinischen Erscheinungen verbunden, darunter Mundgeruch, Zahnfleischrückgang und chronisch entzündetes Zahnfleisch. Zahnbürste und Zahnseide können Plaque entfernen, aus der sich Zahnstein bildet; einmal gebildeter Zahnstein ist jedoch zu hart (fest verwachsen), um mit einer Zahnbürste entfernt zu werden. Zahnstein kann mit Ultraschallgeräten oder zahnärztlichen Handinstrumenten (z. B. einem Parodontalscaler) entfernt werden. ⓘ
Etymologie
Das Wort kommt von lateinisch calculus "kleiner Stein", von calx "Kalkstein, Kalk", wahrscheinlich verwandt mit griechisch χάλιξ chalix "kleiner Stein, Kiesel, Geröll", was viele auf eine protoindoeuropäische Wurzel für "spalten, zerbrechen" zurückführen. Calculus war ein Begriff, der für verschiedene Arten von Steinen verwendet wurde. Daraus gingen viele moderne Wörter hervor, darunter "berechnen" (Steine für mathematische Zwecke verwenden) und "calculus", das im 18. Jahrhundert für zufällige Mineralablagerungen in menschlichen und tierischen Körpern, wie Nierensteine und Mineralien auf Zähnen, verwendet wurde. ⓘ
Tartar hingegen stammt ebenfalls aus dem Griechischen (tartaron), allerdings als Bezeichnung für die weiße Verkrustung im Inneren von Fässern, auch bekannt als Kaliumbitartrat, das gemeinhin als Weinstein bezeichnet wird. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde dieser Begriff für Kalziumphosphat auf den Zähnen verwendet. ⓘ
Zusammensetzung des Zahnsteins
Zahnstein besteht sowohl aus anorganischen (mineralischen) als auch aus organischen (zellulären und extrazellulären Matrix) Bestandteilen. Der mineralische Anteil des Zahnsteins liegt je nach seiner Lage im Gebiss bei etwa 40-60 % und besteht hauptsächlich aus Kalziumphosphatkristallen, die in vier Hauptmineralphasen organisiert sind, die hier in der Reihenfolge des abnehmenden Verhältnisses von Phosphat zu Kalzium aufgeführt sind:
- Whitlockit, Ca9(Mg,Fe)(PO4)6(PO3OH)
- Hydroxylapatit, Ca5(PO4)3OH
- Octacalciumphosphat, Ca8H2(PO4)6 - 5 H2O
- und Brushit, CaHPO4 - 2 H2O
Die organische Komponente von Zahnstein besteht zu etwa 85 % aus Zellen und zu 15 % aus der extrazellulären Matrix. Die Zelldichte in Zahnplaque und Zahnstein ist sehr hoch und beträgt schätzungsweise 200.000.000 Zellen pro Milligramm. Die Zellen im Zahnstein sind in erster Linie bakteriell, enthalten aber auch mindestens eine Archaeenart (Methanobrevibacter oralis) und mehrere Hefearten (z. B. Candida albicans). Die organische extrazelluläre Matrix im Zahnstein besteht hauptsächlich aus Proteinen und Lipiden (Fettsäuren, Triglyceride, Glykolipide und Phospholipide) sowie aus extrazellulärer DNA. Spuren von Mikropartikeln aus dem Wirt, der Nahrung und der Umwelt finden sich ebenfalls im Zahnstein, darunter Speichelproteine, pflanzliche DNA, Milchproteine, Stärkekörner, Textilfasern und Rauchpartikel. ⓘ
Zahnstein besteht aus Apatit (Ca5[F(PO4)3]), Hydroxylapatit (Ca5[OH (PO4)3]), Brushit (Ca[PO3(OH)]·2 H2O), Whitlockit (Ca9(Mg FeII)[PO3(OH)|(PO4)6]), Proteinen und Kohlenhydraten. ⓘ
Bildung von Zahnstein
Die Prozesse der Zahnsteinbildung aus Zahnbelag sind nicht gut verstanden. Supragingivaler Zahnstein bildet sich am häufigsten auf den bukkalen (Wangen-)Flächen der Oberkiefermolaren und auf den lingualen (Zungen-)Flächen der Unterkieferschneidezähne. In diesen Bereichen ist der Speichelfluss aufgrund der Nähe zu den Ohrspeicheldrüsen und den sublingualen Speicheldrüsen hoch. Subgingivaler Zahnstein bildet sich unterhalb des Zahnfleischsaums und ist in der Regel dunkel gefärbt durch die Anwesenheit von schwarz pigmentierten Bakterien, deren Zellen mit einer Schicht aus Eisen überzogen sind, das während der Zahnfleischblutung aus Häm gewonnen wird. Zahnstein bildet sich in der Regel in inkrementellen Schichten, die sowohl unter dem Elektronenmikroskop als auch unter dem Lichtmikroskop leicht sichtbar sind. Diese Schichten bilden sich während periodischer Kalzifizierungsereignisse der Zahnplaque, aber der Zeitpunkt und die Auslöser dieser Ereignisse sind nur unzureichend bekannt. Die Bildung von Zahnstein ist von Mensch zu Mensch und an verschiedenen Stellen im Mund sehr unterschiedlich. Es wurden viele Variablen identifiziert, die die Bildung von Zahnstein beeinflussen, darunter Alter, Geschlecht, ethnischer Hintergrund, Ernährung, Lage in der Mundhöhle, Mundhygiene, bakterielle Plaquezusammensetzung, Wirtsgenetik, Zugang zu professioneller zahnärztlicher Versorgung, körperliche Behinderungen, systemische Krankheiten, Tabakkonsum sowie Drogen und Medikamente. ⓘ
Klinische Bedeutung
Die Ansammlung von Plaque führt zu einer Reizung und Entzündung des Zahnfleisches, die als Gingivitis bezeichnet wird. Wenn das Zahnfleisch so stark gereizt wird, dass die Bindegewebsfasern, die das Zahnfleisch mit den Zähnen und dem den Zahn umgebenden Knochen verbinden, verloren gehen, spricht man von Parodontitis. Zahnbelag ist nicht die alleinige Ursache der Parodontitis, wird aber häufig als primäre Ätiologie bezeichnet. Zahnbelag, der lange genug in der Mundhöhle verbleibt, verkalkt schließlich und wird zu Zahnstein. Zahnstein ist der Gesundheit des Zahnfleisches abträglich, da er als Falle für eine verstärkte Plaquebildung und -retention dient; daher wird Zahnstein zusammen mit anderen Faktoren, die eine lokale Plaqueansammlung verursachen, als sekundäre Ätiologie der Parodontitis bezeichnet. ⓘ
Bei supragingivaler Plaque enthält der bakterielle Inhalt einen großen Anteil an aeroben Bakterien und Hefepilzen, d. h. an Bakterien, die eine sauerstoffhaltige Umgebung nutzen und dort überleben können. Subgingivale Plaque enthält einen höheren Anteil anaerober Bakterien oder solcher Bakterien, die in einer sauerstoffhaltigen Umgebung nicht überleben können. Einige anaerobe Plaquebakterien, wie Porphyromonas gingivalis, sezernieren antigene Proteine, die eine starke Entzündungsreaktion im Zahnhalteapparat auslösen, den spezialisierten Geweben, die die Zähne umgeben und stützen. Eine anhaltende Entzündung des Zahnhalteapparats führt zu Knochenschwund und einer Schwächung der Zahnfleischfasern, die die Zähne mit dem Zahnfleisch verbinden - zwei Hauptmerkmale der Parodontitis. Supragingivale Zahnsteinbildung ist beim Menschen nahezu allgegenwärtig, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Fast alle Menschen mit Parodontitis weisen erhebliche subgingivale Zahnsteinablagerungen auf. Zahnbelagbakterien werden mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Frühgeburten mit niedrigem Gewicht in Verbindung gebracht, doch gibt es bisher keine schlüssigen Beweise dafür, dass Parodontitis ein signifikanter Risikofaktor für eine dieser beiden Erkrankungen ist. ⓘ
Manche Patienten stellen nach einer Zahnsteinentfernung eine Lockerung ihrer Zähne fest, insbesondere der unteren Frontzähne und führen dies auf die Zahnsteinentfernung zurück. Die Zahnlockerung entstand jedoch durch die durch den Zahnstein indirekt verursachte Parodontitis, die dem Patienten bislang nicht auffiel, da die Zähne durch den Zahnstein zusammengehalten wurden. Mit der Zahnsteinentfernung wurde die „Verblockung“ der Zähne aufgelöst. Sollte die Parodontitis nicht weit fortgeschritten sein, festigen sich die Zähne nach relativ kurzer Zeit wieder. Andernfalls sind weitere Maßnahmen, wie eine Parodontitisbehandlung oder eine Schienung der Zähne, notwendig. ⓘ
Vorbeugung
Zahnpasta mit Pyrophosphaten oder Zinkcitrat führt nachweislich zu einer statistisch signifikanten Verringerung der Plaqueansammlung, aber die Wirkung von Zinkcitrat ist so gering, dass ihre klinische Bedeutung fraglich ist. Ein Teil des Zahnsteins kann sich auch ohne Plaque-Ablagerungen durch direkte Mineralisierung des Pellikels bilden. ⓘ
Zahnstein bei Hunden
Zahnstein kommt bei Hunden besonders häufig am Hals der Eckzähne, der Reißzähne und der Backenzähne des Oberkiefers vor. Er kann sich sowohl auf dem Zahnschmelz als auch unter dem Zahnfleisch in den Zahnfleischtaschen anlagern. Zahnstein ist grau-grünlich bis bräunlich gefärbt und hat eine feste Beschaffenheit. Hat ein Hund Zahnstein, so macht sich dies außerdem durch einen üblen Geruch aus der Maulhöhle bemerkbar. Auf der rauen Oberfläche des Zahnsteins sammelt sich in kurzer Zeit neuer Zahnbelag an, der wegen der darin enthaltenen Bakterien und Keime zu einer Zahnfleischentzündung führen kann. Entzündungen und Blutungen des Zahnfleisches sowie eine Fressunlust beim Hund sind weitere Hinweise auf Zahnstein. ⓘ
Bei der Zahnreinigung soll eine Zahnbürste mit weichen bis mittelharten Nylonborsten verwendet werden, deren Größe zur individuellen Zahnregion des Tieres passt. Auf diese Bürste trägt man eine für Tiere geeignete Zahncreme auf und drückt sie mit dem Finger möglichst tief in die Borsten hinein, damit das Tier die Zahncreme nicht vor der Reinigung ableckt. Zahncremes für Menschen sind nicht für die Zahnreinigung bei Tieren geeignet, weil sie Fluoride sowie schaumbildende Stoffe enthalten. Das Tier könnte sie bei der Zahnreinigung verschlucken und Magenprobleme bekommen. Bei Hunden sollte die Zahnreinigung einmal täglich erfolgen. Um dies durchführen zu können, ist der Hund über mehrere Wochen mit viel Geduld schrittweise an die Prozedur heranzuführen, damit sie stressfrei ablaufen kann. Die tägliche Zahnreinigung lässt sich auch mit einer leise laufenden elektrischen Zahnbürste durchführen, sobald sich der Hund an die Vibration gewöhnt hat. ⓘ
Bei einer professionellen Zahnreinigung durch den Tierarzt bekommt der Hund eine leichte Narkose. Der Tierarzt kann den Zahnstein entweder mit Handinstrumenten (Scaler) oder mit einem Ultraschall-Gerät entfernen. ⓘ
Die Bildung von Zahnstein bei anderen Tieren ist weniger gut untersucht als beim Menschen, aber es ist bekannt, dass er sich bei einer Vielzahl von Tierarten bildet. Bei Haustieren, wie Hunden und Katzen, bilden sich häufig große Zahnsteinablagerungen. Tiere mit stark abrasiver Ernährung, wie Wiederkäuer und Equiden, bilden selten dicke Ablagerungen, sondern eher dünne Zahnsteinablagerungen, die oft einen metallischen oder opalisierenden Glanz aufweisen. Bei Tieren ist Zahnstein nicht mit dem Kronenzement zu verwechseln, einer Schicht aus verkalktem Zahngewebe, die die Zahnwurzel unterhalb des Zahnfleischsaums umhüllt und durch Parodontalerkrankungen allmählich verloren geht. ⓘ
Archäologische Bedeutung
Es hat sich gezeigt, dass Zahnstein in archäologischen Proben gut erhaltene Mikropartikel, DNA und Proteine enthält. Die in diesen Molekülen enthaltenen Informationen können Aufschluss über das orale Mikrobiom des Wirts und das Vorhandensein von Krankheitserregern geben. Es ist auch möglich, Nahrungsquellen zu identifizieren sowie Ernährungsumstellungen und gelegentlich Hinweise auf handwerkliche Tätigkeiten zu untersuchen. ⓘ
Subgingivale Zahnsteinbildung und chemische Auflösung
Subgingivaler Zahnstein besteht fast ausschließlich aus zwei Komponenten: versteinerte anaerobe Bakterien, deren biologische Zusammensetzung durch Kalziumphosphatsalze ersetzt wurde, und Kalziumphosphatsalze, die sich mit den versteinerten Bakterien zu den Zahnsteinen verbunden haben. Der anfängliche Bindungsmechanismus und die Entwicklung reifer Zahnsteinformationen beruhen auf elektrischer Ladung. Im Gegensatz zu Kalziumphosphat, dem Hauptbestandteil von Zähnen, liegen Kalziumphosphatsalze als elektrisch instabile Ionen vor. Die folgenden Mineralien sind in Zahnstein durch Röntgenbeugung nachweisbar: Brushit (CaHPO4 - 2 H2O), Octacalciumphosphat (Ca8H2(PO4)6 - 5 H2O), magnesiumhaltiger Whitlockit (Ca9(Mg,Fe)(PO4)6(PO3OH)) und karbonathaltiger Hydroxylapatit (ungefähr Ca5(PO4)3OH, aber mit etwas Karbonat). ⓘ
Der Grund, warum fossile Bakterien anfangs von einem Teil der subgingivalen Zahnoberfläche mehr angezogen werden als von einem anderen, ist nicht vollständig geklärt; sobald die erste Schicht angeheftet ist, werden ionisierte Zahnsteinbestandteile aufgrund der elektrischen Ladung natürlich von denselben Stellen angezogen. Die versteinerten Bakterien stapeln sich ziemlich wahllos übereinander. Währenddessen füllen frei schwimmende ionische Komponenten die von den versteinerten Bakterien hinterlassenen Lücken aus. Die daraus resultierende gehärtete Struktur kann mit Beton verglichen werden, wobei die versteinerten Bakterien die Rolle des Zuschlagsstoffs und die kleineren Kalziumphosphatsalze den Zement darstellen. Die ehemals rein elektrische Verbindung der versteinerten Bakterien wird dann durch das Einbringen von frei schwebenden Kalziumphosphatsalzen mechanisch. Die "gehärteten" Zahnsteinformationen stehen im Mittelpunkt der Parodontalerkrankung und ihrer Behandlung. ⓘ
Entfernung von Zahnstein nach der Bildung
Das College of Registered Dental Hygienists of Alberta definiert eine Dentalhygienikerin als "eine Gesundheitsfachkraft, deren Arbeit sich auf die Mundgesundheit eines Einzelnen oder einer Gemeinschaft konzentriert". Diese zahnmedizinischen Fachkräfte zielen darauf ab, die Mundgesundheit zu verbessern, indem sie die Patienten über die Vorbeugung und Behandlung von Mundkrankheiten aufklären. Dentalhygienikerinnen sind in verschiedenen Bereichen der Mundgesundheit tätig, z. B. in privaten Zahnarztpraxen, Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen, wie z. B. Langzeitpflegeeinrichtungen. Wie bereits im Abschnitt über die klinische Bedeutung erwähnt, sind Plaque- und Zahnsteinablagerungen ein wichtiger ätiologischer Faktor für die Entstehung und das Fortschreiten von Mundkrankheiten. Ein wichtiger Teil des Tätigkeitsbereichs einer Dentalhygienikerin ist die Entfernung von Plaque- und Zahnsteinablagerungen. Dazu werden spezielle Instrumente für das Debridement der Zahnoberflächen verwendet. Die Behandlung mit diesen Instrumenten ist notwendig, da Zahnsteinbeläge nicht allein durch Zähneputzen oder Zahnseide entfernt werden können. Um Krankheiten wirksam zu bekämpfen oder die Mundgesundheit zu erhalten, sollte die gründliche Entfernung von Zahnstein in regelmäßigen Abständen erfolgen. Die empfohlene Häufigkeit der Zahnhygienebehandlung kann von einer zugelassenen Fachkraft festgelegt werden und hängt von den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab. Zu den Faktoren, die dabei berücksichtigt werden, gehören der allgemeine Gesundheitszustand der Person, der Tabakkonsum, die Menge des vorhandenen Zahnsteins und die Einhaltung einer professionell empfohlenen häuslichen Pflegeroutine. ⓘ
Handinstrumente sind speziell entwickelte Werkzeuge, die von Zahnärzten zur Entfernung von Plaque und Zahnstein auf den Zähnen verwendet werden. Zu diesen Instrumenten gehören Scaler, Küretten, Jaquetten, Hacken, Feilen und Meißel. Jede Art von Instrument ist für bestimmte Bereiche des Mundes bestimmt. Zu den am häufigsten verwendeten Instrumenten gehören Sichelscaler, die mit einer spitzen Spitze versehen sind und hauptsächlich supragingival eingesetzt werden. Küretten werden hauptsächlich zur Entfernung von subgingivalem Zahnstein, zur Glättung von Wurzeloberflächen und zur Reinigung von Parodontaltaschen verwendet. Küretten lassen sich in zwei Untergruppen einteilen: Universal- und bereichsspezifische Instrumente. Universalküretten können in mehreren Bereichen eingesetzt werden, während bereichsspezifische Instrumente für ausgewählte Zahnoberflächen konzipiert sind. Gracey-Küretten sind ein beliebter Typ von bereichsspezifischen Küretten. Aufgrund ihres Designs ermöglichen bereichsspezifische Küretten eine bessere Anpassung an die Wurzeloberfläche und können etwas effektiver sein als Universalküretten. Hacken, Meißel und Feilen werden weniger häufig verwendet als Scaler und Küretten. Sie sind von Vorteil, wenn große Mengen Zahnstein oder hartnäckiger Zahnstein entfernt werden müssen, der mit einer Kürette oder einem Scaler allein nicht entfernt werden kann. Meißel und Hacken werden zur Entfernung von Zahnsteinbändern verwendet, während Feilen zur Zerkleinerung von poliertem oder hartnäckigem Zahnstein eingesetzt werden. ⓘ
Damit die manuelle Instrumentierung effektiv und effizient ist, muss der Arzt sicherstellen, dass die verwendeten Instrumente scharf sind. Es ist auch wichtig, dass der Arzt das Design der Handinstrumente versteht, um sie richtig anpassen zu können. ⓘ
Ultraschall-Scaler, auch Power-Scaler genannt, sind wirksam bei der Entfernung von Zahnstein, Verfärbungen und Plaque. Diese Scaler sind auch für Wurzelglättung, Kürettage und chirurgisches Debridement geeignet. Hartnäckiger Zahnstein und Verfärbungen lassen sich mit Ultraschallscalern nicht nur wirksamer entfernen als mit manuellen Instrumenten allein, sondern es ist offensichtlich, dass die zufriedenstellendsten klinischen Ergebnisse erzielt werden, wenn Ultraschallgeräte in Verbindung mit manuellen Instrumenten eingesetzt werden. Es gibt zwei Arten von Ultraschallscalern: piezoelektrische und magnetostriktive. Das oszillierende Material in diesen beiden Handstücken versetzt die Spitze des Scalers in hohe Schwingungen, die zwischen 18.000 und 50.000 Hz liegen. Die Spitze jedes Scalers verwendet ein anderes Vibrationsmuster für die Entfernung von Zahnstein. Die Vibration des magnetostriktiven Power Scalers ist elliptisch und aktiviert alle Seiten der Spitze, während die piezoelektrische Vibration linear ist und eher auf den beiden Seiten der Spitze wirkt. ⓘ
Spezielle Spitzen für Ultraschallscaler sind für verschiedene Bereiche des Mundes und unterschiedliche Mengen an Zahnstein konzipiert. Größere Spitzen werden für starke subgingivale oder supragingivale Zahnsteinablagerungen verwendet, während dünnere Spitzen eher für das definitive subgingivale Debridement bestimmt sind. Während die Hochfrequenzvibrationen Zahnstein und Plaque lösen, wird an der Spitze Wärme erzeugt. Ein Wasserspray wird auf das Ende der Spitze gerichtet, um sie zu kühlen und die Gingiva während des Debridements zu spülen. Nur die ersten 1-2 mm der Spitze des Ultraschallscalers sind für die Entfernung am effektivsten und müssen daher in direkten Kontakt mit dem Zahnstein kommen, um die Ablagerungen zu zerbrechen. Es sind kleine Anpassungen erforderlich, damit die Spitze des Scalers die Zahnoberfläche immer berührt, während überlappende schräge, horizontale oder vertikale Striche für eine angemessene Zahnsteinentfernung verwendet werden. ⓘ
Die aktuelle Forschung zu potenziell wirksameren Methoden der subgingivalen Zahnsteinentfernung konzentriert sich auf die Verwendung von Lasern im nahen Ultraviolett- und Infrarotbereich, wie z. B. Er,Cr:YSGG-Laser. Der Einsatz von Lasern in der Parodontaltherapie bietet einen einzigartigen klinischen Vorteil gegenüber herkömmlichen Handinstrumenten, da die dünnen und flexiblen Fasern die Laserenergie in sonst schwer zugängliche Parodontaltaschen einbringen können. Nahinfrarotlaser wie der Er,CR:YSGG-Laser wurden als wirksame Ergänzung zur Zahnsteinentfernung vorgeschlagen, da die Emissionswellenlänge von Wasser, einem großen Bestandteil von Zahnsteinablagerungen, stark absorbiert wird. Eine optimale Ausgangsleistung von 1,0 W mit dem Er,Cr:YSGG-Laser im nahen Infrarotbereich hat sich bei der Zahnsteinentfernung als wirksam erwiesen. Nahultraviolettlaser haben sich ebenfalls als vielversprechend erwiesen, da sie es dem Zahnarzt ermöglichen, Zahnsteinablagerungen schnell zu entfernen, ohne die darunter liegende gesunde Zahnsubstanz zu entfernen, was bei der manuellen Instrumentierung häufig der Fall ist. Außerdem sind Nahultraviolettlaser bei verschiedenen Bestrahlungswinkeln zur Zahnsteinentfernung wirksam. Unterschiede in der Effizienz der Entfernung sind auf die physikalischen und optischen Eigenschaften der Zahnsteinablagerungen zurückzuführen, nicht auf den Winkel der Laseranwendung. Dentalhygienikerinnen müssen eine zusätzliche theoretische und klinische Ausbildung für den Einsatz von Lasern erhalten, sofern dies gesetzlich zulässig ist. ⓘ
Zahnstein kann rein mechanisch mit Handinstrumenten (Scaler, Küretten) oder maschinell z. B. mit Ultraschallgeräten entfernt werden. Ultraschallgeräte lösen über eine hochfrequent schwingende Metallspitze, die mit minimalem Druck über die Zahnoberfläche geführt wird, den Zahnstein ab. Die Vibration der Metallspitze erzeugt Wärme, die mit Wasser abgeführt wird. Der Zahnsteinentfernung folgt eine Politur der Zähne mit feinen rotierenden Bürstchen und Polierpaste, um eine verbliebene raue Zahnoberfläche durch Zahnsteinreste zu glätten, da diese als Kristallisationspunkte eine erneute Zahnsteinbildung begünstigen. ⓘ
Fortgeschrittener Zahnstein an den Unterkieferfrontzähnen eines Menschen ⓘ
Delegierbarkeit
Die Zahnsteinentfernung gilt als delegierbare Leistung an entsprechend qualifiziertes Personal nach § 1 Abs. 5 und 6 Zahnheilkundegesetz (ZHG). Hierzu gehören die Gesundheitsfachberufe wie Zahnmedizinischer Prophylaxeassistent (ZMP), Zahnmedizinischer Fachassistent (ZMF) oder der Dentalhygieniker (DH). ⓘ
Entstehung
Die anorganischen Stoffe im Speichel haben eine physiologische Funktion. Sie ermöglichen dem Zahnschmelz in geringen Grenzen eine Regeneration, beispielsweise wenn der Zahn durch den Genuss säurehaltiger Nahrungsmittel, wie Zitrusfrüchten, angeätzt worden ist. Der angeätzte Zahnschmelz wird durch die Mineralien des Speichels remineralisiert. Die Mineralien durchsetzen aber auch den Zahnbelag. Zahnbelag wiederum entsteht nur an Stellen, die nicht ausreichend gereinigt worden sind. Innerhalb weniger Tage wird der Zahnbelag so weit mineralisiert und damit erhärtet, dass er durch die übliche tägliche Zahnreinigung nicht mehr zu entfernen ist. Zahnstein ist demnach ein mineralisierter Zahnbelag. Zahnstein selbst führt nicht zur Parodontitis; verantwortlich dafür sind die auf der rauen Oberfläche anhaftenden lebenden Plaquebakterien. Wo kein Zahnbelag ist, kann auch kein Zahnstein entstehen. ⓘ
Die Glandula submandibularis (Unterkieferspeicheldrüse) und die Glandula sublingualis (Unterzungendrüse) münden über die Caruncula sublingualis im Mundboden neben dem Zungenbändchen auf der Innenseite der Unterkieferschneidezähne. Der Ausführungsgang Ductus parotideus der Glandula parotidea (Ohrspeicheldrüse) mündet an der Wange auf der Außenseite der Oberkiefer-Molaren. ⓘ
Sulcus gingivae. A = Zahnkrone, B = Zahnwurzel, E = Gingiva ⓘ
Die Zahnsteinbildung an diesen Prädilektionsstellen rührt daher, dass an den Ausführungsgängen die Konzentration der anorganischen Bestandteile des Speichels hoch ist. Die raue Oberfläche des Zahnsteins bildet eine Retentionsfläche für weiteren Zahnbelag, der in der Folge ebenfalls mineralisiert wird. Zahnstein entsteht somit schichtweise. Zahnstein kann über einen längeren Zeitraum an allen Zähnen entstehen. ⓘ
Konkrements
Zahnstein, der subgingival (unterhalb des Zahnfleischsaumes) der Wurzeloberfläche aufliegt, hat eine dunkelbraungraue Farbe. Solche Auflagerungen werden als Konkremente bezeichnet. Die mineralischen Bestandteile der Konkremente entstehen nicht aus den Mineralien des Speichels, sondern aus Bestandteilen des Blutserums und anderen Bestandteilen des Sulcus fluid (Flüssigkeit in der Zahnfleischtasche). ⓘ
Phasen der Zahnsteinbildung
Die Zahnsteinbildung läuft in vier Phasen ab:
- Bildung eines Schmelzoberhäutchens
- Mikrobielle Erstbesiedelung durch kugelförmige Bakterien
- Verschmelzung der Bakterienkolonien durch kugelförmige und stäbchenförmige Bakterien
- Mineralisation des Zahnbelags ⓘ
Nebenwirkungen der Entfernung
Endokarditis-Prophylaxe
Bei Hochrisikopatienten, die an einer Entzündung des Endokards (Herzinnenhaut) erkrankt sind, ist eine Endokarditis-Prophylaxe u. a. bei zahnärztlichen Eingriffen notwendig, um einer Bakteriämie (Einschwemmung von Bakterien ins Blut) entgegenzuwirken, die bei einer Zahnsteinentfernung unvermeidlich ist. Die Endokarditis-Prophylaxe erfolgt durch Einnahme von Antibiotika bereits vor der eigentlichen Behandlung. ⓘ
Ultraschall
Da einerseits die Schwingung auf den Zahn übertragen wird und diesen (bzw. dessen Nerven) reizt und andererseits das Zahnfleisch mechanisch gereizt werden kann, wird die Zahnsteinentfernung mittels Ultraschall von empfindlicheren Patienten als unangenehm bis schmerzhaft empfunden. Manche Patienten stören sich an den Begleitgeräuschen, die in den hörbaren Bereich hinunterreichen. ⓘ
Temperaturempfindlichkeit
Zahnstein übt eine isolierende Funktion auf die Zähne aus. Sie werden empfindlicher, um auch durch den Zahnstein hindurch beispielsweise Kälte- und Wärmereize wahrnehmen zu können. Nach einer Zahnsteinentfernung sind deshalb die Zähne zunächst überempfindlich, da sich die Zähne erst wieder an einen Zustand ohne die „Isolierschicht“ des Zahnsteins gewöhnen müssen. ⓘ
Historische Bedeutung
Im Rahmen einer Studie konnten größere Mengen Erbsubstanz aus mittelalterlichem Zahnstein eines eintausend Jahre alten Skeletts isoliert und entschlüsselt werden. Es handelt sich dabei um Zahnstein eines Mannes, der im Mittelalter im Kloster Dalheim (Lichtenau) lebte. Dabei konnten wesentliche Teile des Genoms eines Parodontose-Bakteriums rekonstruiert werden, wodurch erstmals Erbmaterial von Nahrungsbestandteilen gefunden wurde, darunter 40 opportunistische Erreger und Antibiotika-Resistenzgene. Es gelang die Genomrekonstruktion des parodontalen Krankheitserregers Tannerella forsythia. Weiterhin wurden 239 Bakterien- und 43 menschliche Proteine entdeckt. Die Entdeckung weist den Weg zu einem besseren Verständnis von Zahn- und Zahnfleischerkrankungen und zeigt auf, wie sich die menschliche Mundflora sowie Volkskrankheiten in der menschlichen Evolution entwickelt und angepasst haben. ⓘ
Kostenerstattung durch Krankenkassen
Deutschland
Seit 2004 erstatten die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Zahnsteinentfernung (laut Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen: Zst, Gebührennummer 107; 16 Punkte; entspricht etwa 14,20 € – Stand 2013), nur einmal je Kalenderjahr. Manche Krankenkassen leisten einen freiwilligen Zuschuss zur Professionellen Zahnreinigung. Private Krankenversicherungen erstatten die Zahnsteinentfernung so oft sie notwendig ist nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), Gebührennummer 4050 bzw. 4055. ⓘ
Österreich
In Österreich wird die Entfernung von Zahnstein von den Krankenkassen nur zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr übernommen. ⓘ
Schweiz
In der Schweiz sind zahnärztliche Behandlungen in der Regel vollständig vom Patienten selbst zu bezahlen. ⓘ