Kokoreç
Typ | Fleischgericht |
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Herkunftsort | Byzantinisches Reich |
Region oder Staat | Balkan, Kleinasien |
Wichtigste Zutaten | Lamm- oder Ziegeninnereien, Innereien (Bries, Herz, Lunge oder Nieren) |
Kokoretsi oder kokoreç ist ein Gericht des Balkans und Kleinasiens, das aus Lamm- oder Ziegeninnereien besteht, die um gewürzte Innereien wie Bries, Herz, Lunge oder Nieren gewickelt und in der Regel gegrillt werden; eine Variante besteht aus gehackten Innereien, die auf einer Grillplatte gegart werden. Bevorzugt werden die Eingeweide von Milchlämmern. ⓘ
Kokoreç ist eine türkische Spezialität und besteht aus kleingeschnittenen, gegrillten bzw. gebratenen Lamm-Därmen. Es wird sowohl als Imbiss im türkischen Baguette (francala) als auch auf dem Teller mit Beilagen serviert als Hauptmahlzeit gegessen. Kokoreç ist in der gesamten Türkei bekannt und sehr beliebt. Auch in den Ländern der Balkanhalbinsel ist es verbreitet. ⓘ
Namen
Ein Gericht, das mit dem modernen kokoretsi identisch ist, wird erstmals in der Küche der Byzantiner erwähnt. Sie nannten es πλεκτήν (plektín), κοιλιόχορδα (koilióchorda), oder χορδόκοιλα (chordókoila); die beiden letzteren sind mit der Bedeutung von umwickelten Därmen in den griechischen Redewendungen von Korfu als τσοιλίχουρδα (tsoilíchourda), von Plovdiv als χορδόκοιλα (chordókoila), von Chios als σοιλίγουρδα (soilígourda) erhalten, von Pontiern als χορδόγκοιλα (chordógkoila), und teilweise, von Zagori und Argyrades als χορδή (chordí), von Thessalien als χουρδή (chourdí), des nördlichen Peloponnes als κορδιά (kordiá) oder κόρδα (kórda), und von Vogatsiko als κουρδί (kourdí). Andere Namen, die in mittelalterlichen Texten zu finden sind, sind γαρδούμιον (gardoúmion) und γαρδούμενον (gardoúmenon), von denen sich γαρδούμπα (gardoúmpa) und γαρδουμπάκια (gardoumpákia) ableiten, als alternative Namen für eine kleinere Version von kokoretsi in Griechenland. Τhe mittelalterliche griechische γαρδούμιον (gardoúmion) wiederum leitet sich vom lateinischen caldumen ab; von caldus oder calidus 'warm, heiß'. ⓘ
Dem griechischen Sprachwissenschaftler und Philologen Georgios Babiniotis zufolge stammt das griechische Wort κοκορέτσι (kokorétsi) vom albanischen kukurec ab. Dem türkisch-armenischen Sprachwissenschaftler Sevan Nişanyan zufolge ist das albanische kukurec ein Lehnwort, das sich vom serbokroatischen und bulgarischen kukuruza ableitet und in diesen Sprachen ursprünglich Maiskolben bedeutet. Nişanyan behauptet auch, dass das griechische Wort nicht vom albanischen kukurec abgeleitet ist, sondern dass beide Wörter verwandt sind und unabhängig voneinander aus südslawischen Sprachen entlehnt wurden. ⓘ
Das türkische Wort kokoreç wurde erstmals in Lokanta Esrarı, einer Kurzgeschichte des türkischen Schriftstellers Ömer Seyfettin aus dem Jahr 1920, belegt. Der Autor schreibt, dass er zum ersten Mal von kokoreç hörte, als es ihm als Spezialität eines Atheners, der in einem Istanbuler Restaurant arbeitete, vorgestellt wurde; es wurde als ein griechisches Gericht aus Dünndarm beschrieben. Das türkische Wort leitet sich vom griechischen κοκορέτσι (kokorétsi) ab. ⓘ
Die Herkunft von Kokoreç bzw. die Etymologie des Wortes kann heute nicht mehr zweifelsfrei geklärt werden. Es wird ebenso in verschiedenen Balkan-Ländern zubereitet. In Griechenland ist beispielsweise eine ähnliche Form bekannt als Kokoretsi. ⓘ
In der serbischen Sprache bedeutet das Wort Kukuruz Mais, was auf die ähnliche Form der Kokoreç-Rollen hindeuten könnte. Ebenso verhält es sich in vielen anderen slawischen Sprachen, so etwa russisch Kukuruza oder polnisch Kukurydza immer mit der Bedeutung Mais. ⓘ
Zubereitung
Die Innereien werden gewaschen und zusammen mit etwas Fett in ½ bis ¾ Zoll dicke Stücke geschnitten und leicht mit Zitrone, Olivenöl, Oregano, Salz, Pfeffer und manchmal Knoblauch gewürzt. Der Darm wird umgedreht und sorgfältig gewaschen, dann mit Salz eingerieben und oft in Essig oder Zitronensaft und Wasser eingeweicht. ⓘ
Das gefüllte Fleisch wird auf einen langen Spieß gesteckt und mit dem Darm umwickelt, um ihn zusammenzuhalten, so dass eine kompakte Rolle entsteht, die in der Regel etwa 16-24 cm lang ist und einen Durchmesser von 1½-3 cm hat. ⓘ
Kokoretsi wird normalerweise auf einem horizontalen Spieß über einem Holzkohle-, Gas- oder Elektrobrenner gebraten und kann mit Zitronensaft und Olivenöl begossen werden. ⓘ
Bei einer anderen Zubereitungsart werden die gehackten Innereien mit gehackten Tomaten und grünem Paprika vermischt und auf einer großen Grillplatte unter Zugabe von scharfem rotem Pfeffer und Oregano gegart. Der Koch mischt und zerkleinert die Mischung ständig mit zwei Spateln. Wenn das Gericht fertig ist, wird es auf der Grillplatte warmgehalten, bis jemand eine Portion bestellt. ⓘ
Zubereitung
Kokoreç wird entweder zerkleinert auf dem heißen Blech gebraten oder aber öfter in größeren Restaurants traditionellerweise auf einem waagerechten Spieß aufgerollt und in einem speziellen Grill, der meistens mit Holzkohle befeuert wird, drehend gegrillt. ⓘ
Die am meisten verwendeten Gewürze sind hauptsächlich Salz, Pfeffer, Thymian, Kreuzkümmel und scharfes Paprikapulver oder grob gehackte Paprikaflocken. ⓘ
Serviert wird Kokoreç in kleine Stücke zerhackt auf Wunsch entweder auf dem Teller oder sehr oft in einem halben oder viertel kleinem türkischen Brotlaib (somun bzw. francala), welches ähnlich wie bei einem Döner mit den Zutaten gefüllt wird. ⓘ
Man unterscheidet in der Türkei zwischen der Istanbuler und der Izmirer Variante. Die Istanbul-Variante wird zusätzlich mit gehackten Tomaten und Zwiebeln serviert, die bei der Izmir-Variante fehlen. ⓘ
Die gekochten Kokoretsi werden in Stücke oder Scheiben geschnitten, mit Oregano bestreut und auf einem Teller serviert. Manchmal wird es auch auf einem Stück Fladenbrot serviert. Manche geben Tomaten oder Gewürze dazu. Er kann auch (vor allem in der Türkei) in einem halben Baguette oder in einem Sandwichbrötchen serviert werden, pur oder garniert, fast immer mit Oregano und rotem Pfeffer. In der Türkei werden häufig eingelegte Paprika oder Gurken als Beilage gereicht. Es wird oft mit Zitrone, Oregano, Salz und Pfeffer gewürzt und üblicherweise mit Wein oder Rakı serviert. ⓘ
Kokoretsi mit Tomaten und Gewürzen, serviert auf Brot in Eminönü ⓘ
Nationale und regionale Variationen
Byzantinisches Reich und Griechenland
Die Byzantiner behandelten die Dünndärme von Schafen und Ziegen auf die gleiche Weise wie die modernen Griechen bei der Herstellung von Kokoretsi. In einem einfachen Verfahren wurden die Därme mit Hilfe eines kleinen Stocks umgedreht, um sie zu reinigen. Anschließend wurden sie in Zöpfen in der entsprechenden Form oder um andere Eingeweide herum auf einen Spieß gewickelt. ⓘ
In der heutigen Zeit wird Kokoretsi traditionell bei orthodoxen Osterfeiern als Vorspeise serviert, während das Lamm (das Hauptgericht) gebraten wird. Es wird aber auch ganzjährig serviert. Gardouba (γαρδούμπα) oder gardoubakia (γαρδουμπάκια) ist eine kleinere Version von kokoretsi; sie kann wie kokoretsi gegrillt, in der Pfanne gebraten oder im Ofen gegart werden. ⓘ
Aufgrund des Ausbruchs des Rinderwahnsinns in den späten 90er Jahren wurde erwogen, den Verzehr von Innereien zu verbieten. Die Idee wurde jedoch verworfen. ⓘ
Türkei
Kokoretsi ist eines der am häufigsten verzehrten Fastfood-Gerichte in der Türkei und wird als "die typische Delikatesse" des Landes bezeichnet. Obwohl es auch in einigen Restaurants serviert wird, werden die meisten Kokoretsi das ganze Jahr über in kleinen Kiosken zubereitet, gekocht und verkauft und in der Regel nach dem Genuss von Alkohol als Sandwich verzehrt. Die Kokoretsi-Hersteller werden auf Türkisch kokoreççi genannt. ⓘ
In den frühen 2000er Jahren, während des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union, wurde in den türkischen Medien spekuliert, dass die EU-Vorschriften über Innereien von Schafen zu einem Verbot von Kokoretsi führen würden, falls die Türkei jemals Mitglied werden sollte. ⓘ
Herstellung
Nach sorgfältiger Reinigung werden die Därme spulenartig auf Spieße gewickelt. Der Kern einer solchen Darmrolle und die Zwischenlagen bestehen aus Lammfett, um eine Austrocknung der Speise beim Grillen oder Braten zu verhindern. ⓘ
Beilagen
Als Getränk in Begleitung zu Kokoreç bevorzugt wird traditionell entweder Şalgam, ein scharfer Rübensaft, oder aber Ayran, eine Art salziger Joghurtdrink, getrunken. Als Beilage werden auf Wunsch scharfe, in Essig eingelegte grüne Peperoni oder anderes Sauergemüse (siehe auch: Mixed Pickles) gereicht. ⓘ
Sonstiges
Früher wurde Kokoreç oft von fliegenden Händlern in der Türkei verkauft, was aber später aus hygienischen Gründen verboten und somit der Verkauf auf Restaurants beschränkt wurde. Nach wie vor gibt es aber zahlreiche Verkäufer, die ihr Kokoreç in kleinen mobilen Grillwagen über Holzkohle garen und direkt an die Laufkundschaft verkaufen. Die Speise genießt nach wie vor sehr große Beliebtheit und ist mehr noch als Döner Kebap der typische türkische Imbiss. ⓘ