Britannien

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Landkarte von Didier Robert de Vaugondy (1750) mit den Inseln Britannien als Britannia major („Großbritannien“) und Irland als Britannia minor („Kleinbritannien“)

Britannien (lateinisch Britannia) war die antike Bezeichnung für die von den keltisch sprechenden Britonen bewohnte Insel, die heute – zur Unterscheidung von der Bretagne („[Klein]britannien“) – Großbritannien heißt. Teilweise wurde der Name (Britannia Major) auch zur Unterscheidung von der Irischen Insel (Britannia Minor) verwendet. Die Insel umfasst heute die Landesteile England, Wales und Schottland, der Name wird jedoch zuweilen im deutschsprachigen Raum fälschlicherweise auch für das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland oder die Britischen Inseln insgesamt benutzt. Heute ist der Keltenbegriff unter Archäologen umstritten, vor allem für die antiken Bewohner der Britischen Inseln. Genetische Untersuchungen belegen, dass es keine keltische Invasion gab, vielmehr nahmen die Inselbewohner ab 800 v. Chr. die als „keltisch“ bezeichnete Kultur und Sprache vom europäischen Kontinent an. Daneben weist die vorrömische, keltisch-britannische Kultur auch durch archäologische Funde bewiesene typisch britannische Eigenheiten auf.

Etymologie

"Britain" stammt aus dem Lateinischen: Britannia~Brittania, über das altfranzösische Bretaigne und das mittelenglische Breteyne, möglicherweise beeinflusst durch das altenglische Bryten(lond), wahrscheinlich ebenfalls aus dem lateinischen Brittania, und ist letztlich eine Anpassung des brittonischen Namens für die Insel, *Pritanī.

Die früheste schriftliche Erwähnung der Britischen Inseln stammt aus den Werken des griechischen Entdeckers Pytheas von Massalia; Spätere griechische Schriftsteller wie Diodorus von Sizilien und Strabo, die Pytheas' Verwendung von Varianten wie Πρεττανική (Prettanikē), "das britannische [Land, Insel]", und nēsoi brettaniai, "britannische Inseln", zitieren, wobei *Pretani ein keltisches Wort ist, das "die Bemalten" oder "das tätowierte Volk" bedeuten könnte und sich auf Körperschmuck bezieht (siehe unten).

Der moderne walisische Name für die Insel ist (Ynys) Prydain. Dies könnte ein Beweis dafür sein, dass die ursprüngliche gemeinbrittonische Form die Initialen P- und nicht B- hatte (was **Brydain ergeben würde) und -t- und nicht -tt- (sonst **Prythain). Dies lässt sich so erklären, dass es einen Stamm *prit- (walisisch pryd, altirisch cruith; < proto-keltisch *kwrit-) enthält, der "Form, Gestalt" bedeutet und mit einem adjektivischen Suffix kombiniert ist. Damit ergibt sich *Pritanī.

Geschichte

Schriftliche Überlieferung

Der erste bekannte schriftliche Gebrauch des Wortes war eine altgriechische Transliteration des ursprünglichen p-keltischen Begriffs. Man nimmt an, dass es in einem Periplus auftaucht, das etwa 325 v. Chr. von dem Geographen und Entdecker Pytheas von Massalia geschrieben wurde, aber es sind keine Kopien dieses Werks erhalten. Die frühesten existierenden Aufzeichnungen des Wortes sind Zitate des Periplus durch spätere Autoren, z. B. in Diodorus von Siziliens Geschichte (ca. 60 v. Chr. bis 30 v. Chr.), Strabos Geographica (ca. 7 v. Chr. bis 19 n. Chr.) und Plinius' Naturgeschichte (77 n. Chr.). Laut Strabo bezeichnete Pytheas Britannien als Bretannikē, was als feminines Substantiv behandelt wird. Obwohl es sich technisch gesehen um ein Adjektiv handelt (das Britannische oder Britische), könnte es sich um einen Fall von Substantiv-Ellipsis handeln, ein im Altgriechischen üblicher Mechanismus. Dieser und andere relevante Begriffe tauchen später unter anderem in den folgenden Werken auf:

  • Plinius bezeichnete die Hauptinsel als Britannia, wobei Britanniae die Inselgruppe bezeichnete.
  • Catullus verwendete in seinen Carmina ebenfalls den Plural Britanniae.
  • Avienius benutzte insula Albionum in seiner Ora Maritima.
  • Orosius benutzte den Plural Britanniae, um die Inseln zu bezeichnen, und Britanni, um sich auf die Bewohner zu beziehen.
  • Diodorus bezeichnete Großbritannien als Prettanikē nēsos und seine Bewohner als Prettanoi.
  • Ptolemäus verwendete in seinem Almagest die Bezeichnungen Brettania und Brettanikai nēsoi für die Inselgruppe und die Begriffe megale Brettania (Groß Britannien) und mikra Brettania (Klein Britannien) für die Inseln Großbritannien bzw. Irland. In seiner Geografie bezeichnete er jedoch sowohl Alwion (Großbritannien) als auch Iwernia (Irland) als nēsos Bretanikē, also als britische Insel.
  • Marcian von Herakleia bezeichnete die Inselgruppe in seinem Periplus maris exteri als αί Πρεττανικαί νήσοι (die Prettanischen Inseln).
  • Stephanus von Byzanz verwendet den Begriff Ἀλβίων (Albion) für die Insel und Ἀλβιώνιοι (Albionioi) für ihre Bewohner.
  • Pseudo-Aristoteles verwendete nēsoi Brettanikai, Albion und Ierne, um die Inselgruppe, Großbritannien bzw. Irland zu bezeichnen.
  • Prokopius verwendete im 6. Jahrhundert n. Chr. die Begriffe Brittia und Brettania, obwohl er sie für verschiedene Inseln hielt, wobei die erstere zwischen der letzteren und Thule lag. Außerdem lebten ihm zufolge auf Brittia drei verschiedene Völker, die gleichnamigen Brittones (Briten), die Angiloi (Engländer) und die Phrissones (Friesen).

Wie bereits erwähnt, ist die ursprüngliche Schreibweise des Begriffs umstritten. In antiken Manuskripten wurde abwechselnd das P- und das B- verwendet, und viele Sprachwissenschaftler glauben, dass in Pytheas' ursprünglichem Manuskript eher das P- (Prettania) als das B- verwendet wurde. Obwohl das B- in diesen Handschriften häufiger vorkommt, zitieren viele moderne Autoren das Griechische oder Lateinische mit einem P- und führen das B- auf Änderungen durch die Römer in der Zeit Julius Cäsars zurück; die entsprechende, manchmal später bezeugte Änderung der Schreibweise des/der Wortes/Wörter im Griechischen, wie sie auch im Neugriechischen manchmal vorgenommen wird, von der Schreibweise mit doppeltem Tau zur Schreibweise mit doppeltem Nu, wird ebenfalls durch römischen Einfluss erklärt, und zwar durch die oben erwähnte Änderung der Schreibweise im Lateinischen. So stellt der Sprachwissenschaftler Karl Schmidt fest, dass "der Name der Insel ursprünglich als Πρεττανία (mit Π statt Β) überliefert wurde ... was durch seine Etymologie bestätigt wird".

Nach Barry Cunliffe:

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Beschreibung Britanniens durch den griechischen Schriftsteller Diodorus Siculus im ersten Jahrhundert v. Chr. ganz oder weitgehend von Pytheas stammt. Von besonderem Interesse ist, dass er die Insel "Pretannia" (griechisch "Prettanikē") nennt, d. h. "die Insel der Pretani oder Priteni". "Pretani" ist ein keltisches Wort, das wahrscheinlich "die Bemalten" oder "das tätowierte Volk" bedeutet und sich auf den Körperschmuck bezieht - eine Erinnerung an Cäsars Beobachtungen über die mit Waid bemalten Barbaren. Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei dem Wort "Pretani" um ein Ethnonym (der Name, mit dem sich die Menschen selbst bezeichneten), aber es ist durchaus möglich, dass es ihre kontinentalen Nachbarn waren, die sie den griechischen Entdeckern so beschrieben.

Der Name Britannia ist von dem lateinischen Namen Britanni für die Inselbewohner abgeleitet, die bereits in den älteren griechischen Quellen Prettanoí (Πρεττανοί) genannt wurden. Die ältesten Schriften über die Insel und ihre Bewohner gehen auf eine Reise des Griechen Pytheas um das Jahr 325 v. Chr. zurück.

Die Britannia in Plymouth

In der Neuzeit war eine Frauengestalt Britannia als allegorische Personifikation (Groß)britanniens beliebt.

Albion, der andere antike Name für Britannien, kann keltischer oder vorkeltischer Herkunft sein.

Römische Zeit

Karte Britanniens im Altertum

Britannia wurde von den Römern auch als Bezeichnung für die von ihnen im südwestlichen und nördlichen Teil der Insel eingerichtete Provinzen verwendet. Unter dem Namen Britannia wurde von den Romano-Briten auch der weibliche Genius des Landes als Gottheit verehrt. Will man sich ausdrücklich auf das von Römern eroberte Gebiet beziehen, so spricht man auch von Britannia Romana (Römisches Britannien). Als Gegensatz dazu wird das nichtrömische Britannien auch als Britannia Barbara (Wildes/Fremdes Britannien) bezeichnet.

Ein großer Teil des Gebiets der Provinz wurde 43 n. Chr. von Kaiser Claudius erobert und hatte immer wieder wechselnde Grenzverläufe. Zunächst drangen die Römischen Legionen in den Jahren nach 80 n. Chr. nach der Schlacht am Mons Graupius tief in das Gebiet des heutigen Schottland ein, zogen sich dann aber 120 n. Chr. wieder bis zur Linie des Hadrianswalles zurück. Im Jahre 140 n. Chr. gingen die römischen Truppen noch einmal massiv in den Lowlands gegen die Stämme der Pikten vor und errichteten weiter nördlich (Firth of Forth-Clyde) den Antoninuswall. Dieser musste aber bereits um 160 n. Chr. wieder aufgegeben werden.

Im Jahre 212 oder 213 wurde die Provinz durch Caracalla in zwei Teile aufgespalten:

  • Britannia inferior (Nordengland bis zum Hadrianswall) und
  • Britannia superior (Südengland und Wales)

Nach der Verwaltungsreform des Kaisers Diokletian zu Beginn des 4. Jahrhunderts n. Chr. und einer Zweiteilung der Britannia II durch Valentinian I. (369 n. Chr.) gab es fünf Provinzen:

  • Britannia prima im Südwesten,
  • Britannia secunda sowie die
  • Valentia im Norden,
  • Flavia Caesariensis im Nordosten und
  • Maxima Caesariensis im Südosten.

Diese Provinzen Britannias wurden in einer Dioecesis zusammengefasst.

Mit dem Abzug der römischen Truppen war Britannien immer wieder Ziel von Angriffen der Sachsen, Pikten und Scoten. Auch wurden immer mehr reguläre Truppen von der Insel abgezogen, so dass die Bevölkerung sich zuletzt fast nur noch mit eigenen Auxiliartruppen verteidigen konnte. Die letzte bezeugte Offensive regulärer kaiserlicher Truppen gegen die Pikten und Skoten fand 398 oder 399 statt. Der Hadrianswall wurde dann um 400 größtenteils aufgegeben, die verbliebenen Siedlungen wurden gegen Angriffe verstärkt. Im Jahr 410 verließen wohl die letzten regulären römischen Truppen die Insel, nachdem der größte Teil der Einheiten schon 401 (zur Verteidigung Italiens gegen die Westgoten) und 407 (im Zusammenhang mit der Usurpation Konstantins III.) die Insel verlassen hatte.
Das Imperium verzichtete aber niemals formal auf Britannien; noch Kaiser Justinian I. erhob um 540 Herrschaftsansprüche auf die Insel.

Mittelalter

Im Altenglischen oder Angelsächsischen wurde der graeco-lateinische Begriff für Britannien in Form von Bryttania verwendet, wie aus der Übersetzung der Sieben Bücher der Geschichte des Orosius gegen die Heiden durch Alfred den Großen hervorgeht.

Der lateinische Name Britannia gelangte durch das altfranzösische Bretaigne wieder in die Sprache. Die Verwendung von Britons für die Bewohner Großbritanniens leitet sich vom altfranzösischen bretun ab, der Bezeichnung für die Menschen und die Sprache der Bretagne, die ihrerseits aus dem Lateinischen und Griechischen abgeleitet ist, z. B. das Βρίττωνες des Prokopius. Es wurde im späten 13. Jahrhundert als brutons ins Mittelenglische eingeführt.

Moderner Sprachgebrauch

Die Begriffe Vereinigtes Königreich, Großbritannien, Britannien und England werden häufig miteinander vermischt. In vielerlei Hinsicht erlaubt der übliche Sprachgebrauch, dass sich einige dieser Begriffe überschneiden, aber einige gebräuchliche Verwendungen sind nicht korrekt.

Der Begriff Großbritannien wird häufig als allgemeiner Name für den souveränen Staat des Vereinigten Königreichs, kurz UK, verwendet. Das Vereinigte Königreich umfasst drei Länder auf der größten Insel, die auch als Insel Großbritannien oder Great Britain bezeichnet werden kann: England, Schottland und Wales. Zum Vereinigten Königreich gehört jedoch auch Nordirland auf der benachbarten Insel Irland, deren übriger Teil nicht zum Vereinigten Königreich gehört. England ist nicht gleichbedeutend mit Großbritannien, Großbritanien oder Vereinigtes Königreich.

Der klassische Schriftsteller Ptolemäus bezeichnete in seinem Werk Almagest (147-148 n. Chr.) die größere Insel als Großbritannien (megale Bretannia) und Irland als Kleinbritannien (mikra Brettania). In seinem späteren Werk Geographie (ca. 150 n. Chr.) gab er diesen Inseln die Namen Ἀλουίωνος (Alwiōnos), Ἰουερνίας (Iwernias) und Mona (Isle of Man), was darauf hindeutet, dass es sich dabei um einheimische Namen der einzelnen Inseln handelte, die ihm zum Zeitpunkt der Abfassung des Almagest nicht bekannt waren. Der Name Albion scheint irgendwann nach der Eroberung Großbritanniens durch die Römer aus dem Sprachgebrauch verschwunden zu sein, woraufhin Britannien der gebräuchlichere Name für die Insel Großbritannien wurde.

Nach der angelsächsischen Zeit wurde Britain nur noch als historischer Begriff verwendet. Geoffrey von Monmouth bezieht sich in seiner pseudohistorischen Historia Regum Britanniae (um 1136) auf die Britannia major ("Groß-Britannien"), um sie von Britannia minor ("Klein-Britannien") zu unterscheiden, der kontinentalen Region, die ungefähr der heutigen Bretagne entspricht und im fünften und sechsten Jahrhundert von keltischen Einwanderern von den Britischen Inseln besiedelt worden war. Der Begriff Großbritannien wurde erstmals 1474 offiziell verwendet, und zwar in der Urkunde über den Heiratsantrag zwischen Cecily, der Tochter Edwards IV. von England, und Jakob, dem Sohn Jakobs III. von Schottland, in der es als "this Nobill Isle, callit Gret Britanee" bezeichnet wurde. Der Begriff wurde 1603 erneut verwendet, als König James VI. und I. sich auf seinen Münzen als "König von Großbritannien" bezeichnete.

Der Begriff Großbritannien diente später dazu, die große Insel Großbritannien von der französischen Region Bretagne (auf Französisch Grande-Bretagne bzw. Bretagne) zu unterscheiden. Mit den Acts of Union 1707 wurde er zum offiziellen Namen des neuen Staates, der durch die Vereinigung des Königreichs England (zu dem damals auch Wales gehörte) mit dem Königreich Schottland entstand und das Königreich Großbritannien bildete. Im Jahr 1801 wurde der Name des Landes in Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland geändert, um anzuerkennen, dass Irland kein eigenständiges Königreich mehr war und mit den Acts of Union 1800 in die Union eingegliedert wurde. Nach der irischen Unabhängigkeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Name in Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland geändert, was auch heute noch die offizielle Bezeichnung ist. Im heutigen Sprachgebrauch wird Großbritannien zwar als Synonym für die Insel Großbritannien verwendet und kann sich politisch auf England, Schottland und Wales zusammen beziehen, wird aber manchmal auch als loses Synonym für das Vereinigte Königreich als Ganzes verwendet. So wurden beispielsweise die Begriffe Team GB und Großbritannien verwendet, um auf die Olympiamannschaft des Vereinigten Königreichs im Jahr 2012 zu verweisen, obwohl diese auch Nordirland umfasste. Die Verwendung von "GBR" in diesem Zusammenhang wird vom Internationalen Olympischen Komitee festgelegt (siehe Liste der IOC-Ländercodes), die mit der internationalen Norm ISO 3166 übereinstimmt. Der Internet-Ländercode ".uk" ist eine Anomalie, da er der einzige Ländercode der Top-Level-Domain ist, der nicht der ISO-Norm 3166 entspricht.

Nachrömisches Britannien

Nachdem sich die Armee zurückgezogen hatte, stand Britannien zunächst weiterhin unter einer römisch organisierten Zivilverwaltung der Romano-Britannier, die sich aber langsam durch das weitere Vordringen der Pikten, Scoten und Sachsen auflöste. Wahrscheinlich wurden Angeln und Sachsen als foederati angeworben, um die Verteidigung der römischen Gemeinden zu gewährleisten. Kontakte zwischen Gallien und den Römern in Britannien wurden weiterhin gepflegt, etwa in Zusammenhang mit religiösen Streitigkeiten.
Im Norden Britanniens wurden mit dem Abzug der Römer zunächst eine Anzahl unabhängiger britannischer Königreiche gegründet; so entstanden Rheged, Strathclyde, Ebrauc, Bryneich, Gododdin und Elmet – das Hen Ogledd. Diese Britannier wurden im Laufe des 5. bis 7. Jahrhundert von den Angeln absorbiert. Es gibt in gallischen Chroniken Hinweise darauf, dass die Insel bereits um 440/41 zu großen Teilen unter die Herrschaft von Angeln und Sachsen kam – vermutlich durch eine Rebellion der ins Land geholten anglischen und sächsischen foederati.