Versailles

Versailles ⓘ
Präfektur und Kommune
Von oben links nach unten rechts: Le Soir ("Der Abend" in den Gärten von Versailles); rue des Deux-Portes; das Schloss von Versailles von den Gärten aus gesehen; die Kathedrale von Versailles; das Reiterstandbild von Ludwig XIV. auf dem Place d'Armes vor dem Schloss; die Kirche Notre-Dame von Versailles, die Pfarrkirche des Schlosses; das Bassin d'Apollon in den Gärten von Versailles; la salle du Jeu de paume (wo der Schwur des Tennisplatzes unterzeichnet wurde); das Musée Lambinet (Stadtmuseum von Versailles); der Temple de l'Amour ("Tempel der Liebe", Garten des Petit Trianon)
Flagge Wappen
Lage (in rot) innerhalb der inneren und äußeren Vororte von Paris
Versailles Versailles
Koordinaten: 48°48′19″N 2°08′06″E
Land	Frankreich
Region	Île-de-France
Departement	Yvelines
Arrondissement	Versailles
Kanton	Versailles-1 und 2
Interkommunale Zusammenarbeit	CA Versailles Grand Parc
Regierung
- Bürgermeister (2020-2026)	François de Mazières (DVD)
Fläche 1	26,18 km2 (10,11 sq mi)
Beiname(n)	Versaillais
Zeitzone	UTC+01:00 (CET)
- Sommer (DST)	UTC+02:00 (CEST)
INSEE/Postleitzahl	78646 /78000
Höhenlage	103-180 m (338-591 ft) (Durchschnittlich 132 m oder 433 ft)
1 Französische Katasterdaten, ohne Seen, Teiche, Gletscher > 1 km2 (0,386 sq mi oder 247 acres) und Flussmündungen.

Versailles (französische Aussprache: [vɛʁsɑj] (hören) ist eine Gemeinde im Departement Yvelines in der Île-de-France, die durch das Schloss Versailles und die Gärten von Versailles, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, weltweit bekannt ist. Versailles liegt in den westlichen Vororten der französischen Hauptstadt, 17,1 km vom Zentrum von Paris entfernt, und ist ein wohlhabender Vorort von Paris mit einer dienstleistungsbasierten Wirtschaft und einem bedeutenden Touristenziel. Laut der Volkszählung von 2017 hat die Stadt 85.862 Einwohner, ein Rückgang gegenüber dem Höchststand von 94.145 im Jahr 1975. ⓘ

Als neue Stadt, die auf Wunsch von König Ludwig XIV. gegründet wurde, war Versailles über ein Jahrhundert lang, von 1682 bis 1789, de facto die Hauptstadt des Königreichs Frankreich, bevor es zur Wiege der Französischen Revolution wurde. Nachdem sie ihren Status als königliche Stadt verloren hatte, wurde sie 1790 zur Präfektur des Departements Seine-et-Oise und 1968 zur Hauptstadt des Departements Yvelines. Sie ist auch römisch-katholische Diözese. ⓘ

Versailles ist in der Geschichte für zahlreiche Verträge bekannt, darunter der Vertrag von Paris, der die Amerikanische Revolution beendete, und der Vertrag von Versailles nach dem Ersten Weltkrieg. Heute versammelt sich im Schloss von Versailles der französische Kongress - so wird das Gremium genannt, das durch das Zusammentreten der beiden Kammern des französischen Parlaments, der Nationalversammlung und des Senats, entsteht - um über die Revision der Verfassung abzustimmen. ⓘ

Die Einwohner werden Versaillais genannt. ⓘ

Name

Der Streit um die Etymologie von Versailles tendiert dazu, das lateinische Wort versare zu bevorzugen, das "sich immer wieder umdrehen" bedeutet, ein Ausdruck, der im Mittelalter für gepflügtes Land, gerodetes Land (Land, das wiederholt "umgedreht" wurde) verwendet wurde. Diese Wortbildung ähnelt dem lateinischen seminare ("säen"), aus dem sich das französische semailles ("säen", "gesät") ableitet. ⓘ

Während der Revolution von 1789 schlugen die Verantwortlichen der Stadt dem Konvent vor, Versailles in Berceau-de-la-Liberté ("Wiege der Freiheit") umzubenennen, mussten ihren Vorschlag aber angesichts der Einwände der Mehrheit der Bevölkerung zurückziehen. ⓘ

Ein Sitz der Macht

Von Mai 1682, als Ludwig XIV. den Hof und die Regierung dauerhaft nach Versailles verlegte, bis zu seinem Tod im September 1715 war Versailles die inoffizielle Hauptstadt des Königreichs Frankreich. In den folgenden sieben Jahren, während der Régence von Philippe d'Orléans, war der königliche Hof des jungen Königs Ludwig XV. der erste in Paris, während der Regent von seiner Pariser Residenz, dem Palais-Royal, aus regierte. Von Juni 1722, als Ludwig XV. nach Versailles zurückkehrte, bis Oktober 1789, als ein Pariser Mob Ludwig XVI. und die königliche Familie zwang, nach Paris zu ziehen, war Versailles erneut die inoffizielle Hauptstadt Frankreichs. Von März 1871, als die Regierung von Adolphe Thiers vor dem Aufstand der Pariser Kommune nach Versailles flüchtete, bis November 1879, als die neu gewählte Regierung und das Parlament nach Paris zurückkehrten, war Versailles erneut die inoffizielle Hauptstadt Frankreichs. Während der verschiedenen Perioden, in denen die Regierungsgeschäfte von Versailles aus geführt wurden, blieb Paris die offizielle Hauptstadt Frankreichs. ⓘ

Versailles wurde bei seiner Gründung im März 1790 zur Präfektur des Départements Seine-et-Oise ernannt (zu diesem Zeitpunkt hatte Seine-et-Oise etwa 420 000 Einwohner). In den 1960er Jahren wuchs das Departement Seine-et-Oise durch das Wachstum der Pariser Vororte auf mehr als 2 Millionen Einwohner an und wurde als zu groß und unregierbar angesehen, so dass es im Januar 1968 in drei Departements aufgeteilt wurde. Versailles wurde zur Präfektur des Departements Yvelines, des größten Teils des ehemaligen Departements Seine-et-Oise. Bei der Volkszählung 2017 hatten die Yvelines 1.438.266 Einwohner. ⓘ

Versailles ist der Sitz einer römisch-katholischen Diözese (Bistum), die 1790 gegründet wurde. Die Diözese Versailles ist der Erzdiözese von Paris unterstellt. ⓘ

Im Jahr 1975 wurde Versailles zum Sitz eines Berufungsgerichts, dessen Zuständigkeit sich auf die westlichen Vororte von Paris erstreckt. ⓘ

Seit 1972 ist Versailles der Sitz einer der 30 landesweiten Académies (Schulbezirke) des französischen Bildungsministeriums. Die Académie de Versailles, gemessen an der Zahl der Schüler und Studenten die größte der dreißig Académies Frankreichs, ist für die Aufsicht über alle Grundschulen und Gymnasien der westlichen Vororte von Paris zuständig. ⓘ

Versailles ist auch ein wichtiger Knotenpunkt für die französische Armee, eine Tradition, die bis in die Zeit der Monarchie zurückreicht, z. B. mit dem Militärlager von Satory und anderen Einrichtungen. ⓘ

Geografie

Versailles liegt 22 Kilometer westlich des Nullpunktes, der sich im Zentrum von Paris auf dem Vorplatz von Notre-Dame befindet. Es ist eingebettet in ein hufeisenförmiges Tal, das eine vom linken Ufer der Seine aufsteigende Hochebene durchschneidet. Dieses im Südosten bei Viroflay geschlossene und zum Nordwesten geöffnete, bis weit über Villepreux hinausreichende Tal erreicht seine breiteste Ausdehnung zwischen Rocquencourt und Satory. In seiner Mitte erheben sich zwei kleine Hügel: der früher höhere Montboron, der im Zuge des fortschreitenden Schlossbaus teilweise abgetragen wurde, und der Hügel Saint-Antoine. ⓘ

Die waldreichen Talhänge bilden mit dem Bois des Fonds des Maréchaux und dem Bois des Fausses Reposes im Norden, den Wäldern von Viroflay und Meudon im Osten und den Wäldern von Gonards und Satory im Süden noch immer eine grüne Krone um Versailles. In früheren Zeiten erstreckten sie sich bis an den späteren Paradeplatz und das heutige Schlossgitter. ⓘ

Versailles liegt 17,1 km (10,6 Meilen) west-südwestlich vom Zentrum von Paris entfernt. Die Stadt liegt auf einem Hochplateau, 130 bis 140 Meter über dem Meeresspiegel (während das Zentrum von Paris nur 33 m über dem Meeresspiegel liegt), umgeben von bewaldeten Hügeln: im Norden die Wälder von Marly und Fausses-Reposes und im Süden die Wälder von Satory und Meudon. ⓘ

Die Stadt (Gemeinde) Versailles hat eine Fläche von 26,18 km2 (10,11 sq mi, oder 6.469 acres), was einem Viertel der Fläche der Stadt Paris entspricht. Im Jahr 1989 hatte Versailles eine Bevölkerungsdichte von 3.344 Einwohnern/km2, während Paris eine Dichte von 20.696 Einwohnern/km2 aufwies. ⓘ

Die Stadt, die auf den Willen eines Königs zurückgeht, hat ein rationales und symmetrisches Straßennetz. Nach den Maßstäben des 18. Jahrhunderts war Versailles eine sehr moderne europäische Stadt. Versailles diente Pierre Charles L'Enfant als Vorbild für den Bau von Washington, D.C.. ⓘ

Bodenbeschaffenheit

Der geologische Untergrund des Tales besteht aus kreidezeitlichem Kalkstein. Darüber liegen eine quartäre Tonschicht und eine aus Sand bestehende Anhöhe, auf der das Schloss errichtet wurde. Von der auf dem Montboron liegenden Wasserscheide fließt einer der zwei Ru genannten Bäche im Süden am Fuß des Talhanges entlang (ru de Marival), während der andere sich früher westlich des Schlosses ausgebreitet und – bedingt durch den undurchlässigen Boden – ein Sumpfgebiet mit mehreren Tümpeln gebildet hat. Die bedeutendsten Wasserflächen waren der im Norden beim inzwischen verschwundenen gleichnamigen Dorf gelegene Étang de Clagny (Teich oder Weiher von Clagny) und ein Wasserloch im Bereich des noch heute bestehenden zweiten Küchengartens. Westlich des jetzigen Schweizersees lag ein weiterer Tümpel mit dem vielsagenden Namen Étang puant (stinkender Teich). Die endgültige Trockenlegung dieser Sümpfe erfolgte erst in der Zeit zwischen dem Ende des 17. und der Mitte des 18. Jahrhunderts. ⓘ

Klima

Die ungünstige Beschaffenheit des Geländes ergänzen die nahezu ständig vom Atlantik wehenden Winde, die in das nach Westen weit geöffnete Tal eindringen können und dazu führen, dass die Temperatur in Versailles im Jahresmittel um 3 °C niedriger liegt als in Paris. ⓘ

Stadtviertel

Versailles besitzt acht Stadtviertel (quartiers). Schloss und Kathedrale befinden sich im ältesten Quartier, Notre-Dame. Das Quartier Saint-Louis grenzt in Richtung Paris an Notre-Dame an. Die übrigen quartiers sind Chantiers, Montreuil, Porchefontaine, Clagny-Glatigny, Bernard de Jussieu und Satory. ⓘ

Da es sich um eine in der Barockzeit geplante Stadtanlage handelt, verläuft das Straßennetz geradlinig und symmetrisch. ⓘ

Geschichte

Der Name Versailles taucht zum ersten Mal in einem mittelalterlichen Dokument aus dem Jahr 1038 auf. Im Feudalsystem des mittelalterlichen Frankreichs unterstanden die Herren von Versailles direkt dem König von Frankreich, ohne dass es zwischen ihnen und dem König eine Zwischeninstanz gab; dennoch waren sie keine sehr wichtigen Herren. Ende des 11. Jahrhunderts war das Dorf um eine mittelalterliche Burg und die Kirche Saint-Julien herum angesiedelt. Die landwirtschaftliche Tätigkeit und die Lage an der Straße von Paris nach Dreux und in die Normandie brachten dem Dorf Wohlstand, der Ende des 13. Jahrhunderts seinen Höhepunkt erreichte, dem so genannten "Jahrhundert des Heiligen Ludwig", das für den Wohlstand Nordfrankreichs und den Bau der gotischen Kathedralen berühmt war. Das 14. Jahrhundert brachte den Schwarzen Tod und den Hundertjährigen Krieg und damit Tod und Zerstörung. Nach dem Ende des Hundertjährigen Krieges im 15. Jahrhundert erholte sich das Dorf mit nur 100 Einwohnern. ⓘ

1561 wurde Martial de Loménie, Staatssekretär für Finanzen unter König Karl IX, Herr von Versailles. Er erhielt die Erlaubnis, vier jährliche Jahrmärkte und donnerstags einen Wochenmarkt einzurichten. Die Bevölkerung von Versailles betrug 500 Einwohner. Martial de Loménie wurde während des Massakers am Bartholomäus-Tag (24. August 1572) ermordet. 1575 kauft Albert de Gondi, ein Mann aus Florenz, der mit Katharina von Medici nach Frankreich gekommen war, die Herrschaft Versailles. ⓘ

Der Ursprung des Namens ist nicht geklärt. Gelegentlich wird die unbelegte Vermutung geäußert, er sei im 11. Jahrhundert von dem lateinischen versare (drehen, umdrehen) abgeleitet worden und beziehe sich auf gepflügte (umgedrehte) Erde. ⓘ

Die Tatsache, dass Versailles viel später gegründet wurde als andere bereits in der gallo-römischen Zeit besiedelte Orte des Umkreises, könnte sich durch die vorgenannten ungünstigen geografischen und klimatischen Voraussetzungen erklären. Jedenfalls blieb Versailles das gesamte Mittelalter hindurch eine kleine, unbedeutende Ansammlung von wohl eher armseligen Häusern. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich Versailles dank seiner Lage an der Kreuzung von drei Straßen zu einem kleinen Marktflecken. ⓘ

Ludwig XIII.

Ludwig XIII. baute das ursprüngliche Jagdschloss, das unter seinem Sohn und Nachfolger Ludwig XIV. zum Schloss von Versailles wurde. ⓘ

Von nun an war Versailles im Besitz der Familie Gondi, einer wohlhabenden und einflussreichen Familie von Parlamentariern des Pariser Parlaments. In den 1610er Jahren luden die de Gondis König Ludwig XIII. mehrmals zur Jagd in die großen Wälder um Versailles ein. Im Jahr 1622 erwarb der König ein Waldstück für seine Privatjagd. Im Jahr 1624 erwarb er noch mehr und beauftragte Philibert Le Roy mit dem Bau eines kleinen Jagdschlosses aus roten Ziegeln und Stein mit Schieferdach. Im Jahr 1632 kaufte der König von Jean-François de Gondi das gesamte Land und die Herrschaft Versailles. Das Jagdschloss wurde zwischen 1632 und 1634 auf die Größe eines kleinen Schlosses vergrößert. ⓘ

Beim Tod Ludwigs XIII. im Jahr 1643 hatte das Dorf 1.000 Einwohner. ⓘ

Dieses kleine Schloss war Schauplatz eines der historischen Ereignisse während der Herrschaft Ludwigs XIII. am 10. November 1630, als am Tag der Dupes die Partei der Königinmutter besiegt und Richelieu als Premierminister bestätigt wurde. ⓘ

Ludwig XIV.

König Ludwig XIV., Sohn von Ludwig XIII., war erst vier Jahre alt, als sein Vater starb. Erst 20 Jahre später, 1661, als Ludwig XIV. seine persönliche Regentschaft antrat, zeigte der junge König Interesse an Versailles. Der Gedanke, Paris zu verlassen, wo er als Kind den Aufstand der Fronde hautnah miterlebt hatte, ließ ihn nicht los. Ludwig XIV. beauftragte seinen Architekten Le Vau und seinen Landschaftsarchitekten Le Nôtre mit der Umgestaltung des Schlosses seines Vaters und des Parks, um dort den Hof unterzubringen. Im Jahr 1678, nach dem Vertrag von Nimwegen, beschloss der König, dass der Hof und die Regierung dauerhaft in Versailles angesiedelt werden sollten, was am 6. Mai 1682 geschah. ⓘ

Zur gleichen Zeit entstand eine neue Stadt aus dem Boden, die auf ein geniales Dekret des Königs vom 22. Mai 1671 zurückgeht, wonach der König jedem erlaubte, kostenlos ein Grundstück in der neuen Stadt zu erwerben. Es gab nur zwei Bedingungen für den Erwerb eines Grundstücks: 1. eine symbolische Steuer von 5 Schilling (5 Sols) pro Arpent Land sollte jedes Jahr gezahlt werden (0,03 $ pro 1.000 sq ft (93 m²) pro Jahr in 2005 US Dollar); 2. ein Haus sollte auf dem Grundstück nach den Plänen und Modellen gebaut werden, die vom Surintendant des Bâtiments du Roi (Chefarchitekt der königlichen Domäne) erstellt wurden. Die Pläne sahen eine Stadt vor, die symmetrisch zur Avenue de Paris (die am Eingang des Schlosses beginnt) gebaut werden sollte. Die Dächer der Gebäude und Häuser der neuen Stadt sollten die Höhe des Marmorhofs am Eingang des Schlosses (das auf einem die Stadt beherrschenden Hügel erbaut wurde) nicht überschreiten, damit der Blick aus den Fenstern des Schlosses nicht behindert wurde. ⓘ

Das alte Dorf und die Kirche Saint Julien wurden abgerissen, um Platz für die Verwaltungsgebäude zu schaffen, die das tägliche Leben im Schloss verwalten. Auf beiden Seiten der Avenue de Paris entstanden die Stadtviertel Notre-Dame und Saint-Louis mit neuen großen Kirchen, Märkten und Adelshäusern, die alle in einem sehr einheitlichen Stil nach den vom Surintendant des Bâtiments du Roi festgelegten Modellen gebaut wurden. Versailles war viele Jahre lang eine riesige Baustelle. Nach und nach kamen all jene nach Versailles, die in der Nähe der größten Macht leben wollten oder mussten. Beim Tod des Sonnenkönigs im Jahr 1715 hatte sich das Dorf Versailles in eine Stadt mit etwa 30.000 Einwohnern verwandelt. ⓘ

Versailles im Jahr 1789. ⓘ

Ludwig XV. und Ludwig XVI.

Als der Hof von König Ludwig XV. 1722 nach Versailles zurückkehrte, zählte die Stadt 24.000 Einwohner. Unter der Herrschaft von Ludwig XV. wuchs Versailles noch weiter. Versailles war die Hauptstadt des mächtigsten Königreichs in Europa, und ganz Europa bewunderte die neue Architektur und die Designtrends. Schon bald wurden die strengen Bauvorschriften, die unter Ludwig XIV. erlassen worden waren, nicht mehr eingehalten, die Immobilienspekulation blühte, und die Grundstücke, die unter Ludwig XIV. kostenlos zur Verfügung gestellt worden waren, wurden nun zu hohen Preisen vermarktet. Im Jahr 1744 erreichte die Bevölkerung 37.000 Einwohner. Das Stadtbild veränderte sich unter den Königen Ludwig XV. und Ludwig XVI. erheblich. Die Gebäude wurden nun höher. König Ludwig XV. baute ein Kriegsministerium, ein Außenministerium (in dem 1783 der Vertrag von Paris (1783) zur Beendigung des Amerikanischen Revolutionskriegs mit dem Vereinigten Königreich unterzeichnet wurde) und ein Marineministerium. Im Jahr 1789 hatte die Stadt bereits 60.000 Einwohner, und Versailles war nun die siebt- oder achtgrößte Stadt Frankreichs und eine der größten Städte Europas. ⓘ

Französische Revolution

Als Sitz der politischen Macht wurde Versailles natürlich zur Wiege der Französischen Revolution. Am 5. Mai 1789 traten in Versailles die Generalstände zusammen. Die Mitglieder des Dritten Standes leisteten am 20. Juni 1789 den Tennishofeid, und die verfassungsgebende Nationalversammlung schaffte am 4. August 1789 den Feudalismus ab. Am 5. und 6. Oktober 1789 stürmte schließlich eine Frauenmenge, der sich einige Mitglieder der Pariser Nationalgarde anschlossen, das Schloss, um gegen die Brotpreise zu protestieren, und zwang die königliche Familie, nach Paris zu ziehen. Die verfassunggebende Nationalversammlung folgte dem König bald darauf nach Paris, und Versailles verlor seine Rolle als Hauptstadt. In dieser turbulenten Zeit wurde Jean-François Coste, der auch Chefarzt der königlichen Armeen war, zum Bürgermeister von Versailles ernannt. ⓘ

Von da an verlor Versailles einen großen Teil seiner Einwohner. Von 60.000 Einwohnern war die Bevölkerung bis 1806 auf 26.974 zurückgegangen. Das Schloss, das während der Revolution seiner Möbel und seines Schmucks beraubt worden war, wurde verlassen, nur Napoleon blieb eine kurze Nacht dort und verließ das Schloss dann endgültig. Louis-Philippe, der in der Julirevolution von 1830 den Thron bestieg, verwandelte das Schloss 1837 in ein Nationalmuseum, das "allen Herrlichkeiten Frankreichs" gewidmet ist. Versailles war zu einer verschlafenen Stadt geworden, zu einem Wallfahrtsort für die Nostalgiker der alten Monarchie. ⓘ

19. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 rückte Versailles wieder ins Rampenlicht. Am 18. Januar 1871 proklamierten die siegreichen Deutschen den preußischen König Wilhelm I. im Spiegelsaal des Schlosses zum deutschen Kaiser, um sich für die Eroberungen Ludwigs XIV. zwei Jahrhunderte zuvor zu rächen. Im März desselben Jahres, nach dem Aufstand der Pariser Kommune, zog die Regierung der Dritten Französischen Republik unter Thiers nach Versailles und leitete von dort aus die militärische Niederschlagung des Aufstands. Die Regierung und das französische Parlament blieben nach der Niederschlagung der Kommune (Mai 1871) in Versailles, und eine Zeit lang dachte man sogar, dass die Hauptstadt Frankreichs endgültig nach Versailles verlegt würde, um die revolutionäre Stimmung in Paris in Zukunft zu vermeiden. ⓘ

Fast wäre es 1873 zur Wiederherstellung der Monarchie gekommen, als das Parlament Henri, comte de Chambord, die Krone anbot, doch seine Weigerung, die während der Revolution eingeführte dreifarbige Flagge zu akzeptieren, machte die Wiederherstellung der Monarchie vorerst unmöglich. Versailles wurde wieder zum politischen Zentrum Frankreichs, wo die Gerüchteküche brodelte und die Einwohnerzahl mit 61 686 im Jahr 1872 kurzzeitig den Rekordwert vom Vorabend der Französischen Revolution (83 Jahre zuvor) erreichte. Schließlich gewannen jedoch die Linksrepublikaner eine Reihe von Parlamentswahlen und besiegten die Parteien, die eine Wiederherstellung der Monarchie befürworteten, und die neue Mehrheit beschloss im November 1879, die Regierung nach Paris zu verlegen. Versailles erlebte daraufhin einen erneuten Bevölkerungsrückgang (48.324 Einwohner bei der Volkszählung von 1881). Danach war Versailles nie wieder Sitz der französischen Hauptstadt, aber die Anwesenheit des französischen Parlaments in den 1870er Jahren hinterließ einen großen Saal in einem Seitenschiff des Schlosses, den das französische Parlament nutzt, wenn es im Kongress zusammentritt, um die französische Verfassung zu ändern, sowie wenn der französische Staatspräsident vor den beiden Kammern des französischen Parlaments spricht. ⓘ

Das Schloss von Versailles (Pavillon Dufour) im Frühjahr 2006. ⓘ

Erst 1911 erreichte Versailles mit 60 458 Einwohnern bei der Volkszählung von 1911 wieder das Bevölkerungsniveau von 1789. 1919, am Ende des Ersten Weltkriegs, rückte Versailles wieder ins Rampenlicht, als die verschiedenen Verträge zur Beendigung des Krieges im Schloss selbst und im Grand Trianon unterzeichnet wurden. Nach 1919, als die Vororte von Paris weiter wuchsen, wurde Versailles vom Stadtgebiet von Paris absorbiert und die Stadt erlebte ein starkes demografisches und wirtschaftliches Wachstum, das sie zu einer großen Vorstadt des Großraums Paris machte. Die Rolle von Versailles als Verwaltungs- und Justizzentrum wurde in den 1960er und 1970er Jahren gestärkt, so dass Versailles gewissermaßen zum Hauptzentrum der westlichen Vorstädte von Paris wurde. ⓘ

Das Stadtzentrum hat seine sehr bürgerliche Atmosphäre bewahrt, während sich rund um die Bahnhöfe und in den Außenbezirken der Stadt eher bürgerliche Viertel entwickelt haben. Versailles ist ein mondäner Vorort von Paris, der durch mehrere Zuglinien gut mit dem Zentrum von Paris verbunden ist. Die Stadt ist jedoch stark zergliedert und durch große, von der Monarchie geerbte Alleen geteilt, die den Eindruck mehrerer kleiner Städte erwecken, die sich gegenseitig ignorieren. Versailles war nie eine Industriestadt, auch wenn es einige Chemie- und Lebensmittelfabriken gibt. Versailles ist in erster Linie ein Ort der Dienstleistungen, wie öffentliche Verwaltung, Tourismus, Wirtschaftskongresse und Feste. Von 1951 bis zum Austritt Frankreichs aus dem vereinigten NATO-Kommando im Jahr 1966 diente das nahe gelegene Rocquencourt als Standort für SHAPE. Versailles ist ein wichtiges militärisches Zentrum mit mehreren Einheiten und Ausbildungsstätten auf dem Militärstützpunkt Satory, der bis 1999 das Hauptquartier der berühmten 2. französischen Panzerdivision beherbergte und wo jährlich eine Militärausstellung stattfindet. ⓘ

Kultur

Die wichtigste kulturelle Attraktion von Versailles ist das Schloss mit seinen kunstvoll verzierten Räumen und seiner historischen Bedeutung. Der Potager du roi ist ein Küchengarten, der unter Ludwig XIV. angelegt wurde, um den Hof mit Obst und Gemüse zu versorgen. Er ist offiziell als bemerkenswerter Garten Frankreichs anerkannt. ⓘ

In jüngster Zeit hat die Stadt aufgrund ihrer Lage als wohlhabender Vorort von Paris einen Platz in der Pariser Kunstszene gefunden. Musikgruppen wie Phoenix, Air, Fuzati und Daft Punk haben einen Bezug zur Stadt, ebenso wie der Regisseur Michel Gondry. ⓘ

Sport

Der Football Club de Versailles 78 ist ein semiprofessioneller Fußballverein, der 1989 gegründet wurde. Das Heimstadion ist das Stade de Montbauron mit einer Kapazität von 6.208 Plätzen. ⓘ

Einwohnerzahl

Historische Bevölkerung ⓘ

Jahr Bevölkerung ±% p.a. 1793 35,093 —     1800 27,574 −3.39% 1806 26,974 −0.37% 1821 27,528 +0.14% 1831 28,477 +0.34% 1836 29,209 +0.51% 1841 35,412 +3.93% 1846 34,901 −0.29% 1851 35,367 +0.27% 1856 39,306 +2.13% 1861 43,899 +2.23% 1866 44,021 +0.06% 1872 61,686 +5.78% 1876 49,847 −5.19% 1881 48,324 −0.62% 1886 49,852 +0.62% 1891 51,679 +0.72% 1896 54,874 +1.21%	Jahr Bevölkerung ±% p.a. 1901 54,982 +0.04% 1906 54,820 −0.06% 1911 60,458 +1.98% 1921 64,753 +0.69% 1926 68,574 +1.15% 1931 66,859 −0.51% 1936 73,839 +2.01% 1946 70,141 −0.51% 1954 84,445 +2.35% 1962 86,759 +0.34% 1968 90,829 +0.77% 1975 94,145 +0.51% 1982 91,494 −0.41% 1990 87,789 −0.52% 1999 85,726 −0.26% 2007 86,979 +0.18% 2012 85,424 −0.36% 2017 85,862 +0.10%
Quelle: EHESS und INSEE

Einwanderung

Geburtsort der Einwohner von Versailles im Jahr 1999

Geboren im französischen Mutterland	Geboren außerhalb des französischen Mutterlandes ⓘ
87.9%	12.1%
	Geboren in Übersee-Frankreich	Geboren im Ausland mit französischer Staatsbürgerschaft bei der Geburt1	EU-15-Einwanderer2	Nicht-EU-15-Einwanderer
	0.9%	4.2%	3.2%	3.8%
1 Diese Gruppe besteht größtenteils aus ehemaligen französischen Siedlern, wie z. B. den Pieds-Noirs in Nordwestafrika, gefolgt von ehemaligen Kolonialbürgern, die bei ihrer Geburt die französische Staatsbürgerschaft besaßen (wie es häufig bei der einheimischen Elite in den französischen Kolonien der Fall war), sowie in geringerem Maße aus im Ausland geborenen Kindern französischer Expatriates. Man beachte, dass unter einem Ausland ein Land verstanden wird, das 1999 nicht zu Frankreich gehörte, so dass eine Person, die z. B. 1950 in Algerien geboren wurde, als Algerien ein integraler Bestandteil Frankreichs war, in den französischen Statistiken dennoch als im Ausland geborene Person geführt wird. 2 Ein Einwanderer ist eine im Ausland geborene Person, die bei ihrer Geburt nicht die französische Staatsbürgerschaft besitzt. Es ist zu beachten, dass ein Einwanderer nach seinem Umzug nach Frankreich die französische Staatsbürgerschaft erworben haben kann, aber in den französischen Statistiken immer noch als Einwanderer geführt wird. Andererseits werden in Frankreich geborene Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit (Kinder von Einwanderern) nicht als Einwanderer geführt.

Bildung

Der Hauptsitz der Universität Versailles Saint-Quentin-en-Yvelines befindet sich in der Stadt, ebenso wie die ISIPCA, eine Postgraduiertenschule für Parfüm, Kosmetikprodukte und die Formulierung von Lebensmittelaromen. ⓘ

Verkehr

Der Bahnhof Versailles-Chantiers ist ein Umsteigebahnhof der Pariser RER-Linie C, der S-Bahn-Linie Transilien La Défense, der S-Bahn-Linie Transilien Paris-Montparnasse und mehrerer nationaler Bahnlinien, darunter auch der TGV mit niedriger Frequenz. ⓘ

Versailles wird außerdem von zwei weiteren Bahnhöfen der Pariser RER-Linie C bedient: Versailles-Château-Rive Gauche (der dem Schloss Versailles am nächsten gelegene und daher von Touristen am häufigsten genutzte Bahnhof) und Porchefontaine. ⓘ

Versailles wird auch von zwei Bahnhöfen der Vorortbahnlinie Transilien Paris-Saint-Lazare bedient: Versailles-Rive Droite und Montreuil. ⓘ

Partnerstädte - Schwesterstädte

Versailles hat im Laufe der Zeit enge Beziehungen zu den Städten Nara (Japan), Gießen (Deutschland), Puschkin (Russland), Canberra (Australien) und Taipeh (Taiwan) entwickelt; mit Potsdam (Deutschland) pflegt Versailles eine Städtepartnerschaft. ⓘ

Bemerkenswerte Persönlichkeiten

• Philipp V. von Spanien (1683-1746), König von Spanien
• Charles-Michel de l'Épée (1712-1789), philanthropischer Erzieher
• Louis-Augustin Richer (1740-1819), Sänger und Komponist
• Lazare Hoche (1768-1797), General
• Charles Ferdinand, Herzog von Berry (1778-1820), Fürst von Frankreich
• Georges Pfeiffer (1835-1908), Komponist und Pianist
• Léonie Yahne (1867-1950), Schauspielerin
• Yves Brayer (1907-1990), Maler
• Hélène Boucher (1908-1934), Pilotin
• Albert Malbois (1915-2017), römisch-katholischer Bischof
• Jean-François Lyotard (1924-1998), Philosoph
• Stéphane Audran (1932-2018), Schauspielerin
• Joëlle Mélin (geb. 1950), Politikerin
• Boris Williams (geb. 1957), Musiker
• Marine Jahan (geb. 1959), Tänzerin
• Bruno Podalydès (geb. 1961), Schriftsteller, Regisseur und Schauspieler
• Michel Gondry (geb. 1963), Film- und Musikvideo-Regisseur
• Stéphane Franke (1964-2011), deutsch-französischer Leichtathlet
• Jean-Benoît Dunckel (geb. 1965), Musiker
• Mabrouk El Mechri (geb. 1976), Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler
• Thomas Mars (geb. 1977), Rockmusiker
• Hoshi (geb. 1996), Sängerin und Songschreiberin
• James Hazen Hyde (1876 - 1959), amerikanischer Geschäftsmann, Bibliophiler und Kunstmäzen. ⓘ

Politik

Wappen

Blasonierung: „Unter silbernem Schildhaupt, darin ein wachsender doppelköpfiger Hahn in natürlichen Farben, in Blau drei goldene Lilien (2:1).“ ⓘ

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Versailles ist Standort von Unternehmen wie Nexter, von Renault Trucks (Militärfahrzeuge), von Citroën und von Blizzard Entertainment. ⓘ

Militär

Besonders im südlichen Ortsteil Satory befinden sich zahlreiche militärische Einheiten wie das 5. Pionierregiment, eine Einheit der Gendarmerie nationale mit gepanzerten Fahrzeugen sowie die Groupe d’intervention de la gendarmerie nationale (GIGN). ⓘ