Nazar-Amulett
Nazar-Amulette sind vor allem in der Türkei und in Griechenland, aber auch im Orient sowie in Teilen Zentral- und Südasiens verbreitete blaue, augenförmige Amulette, die gemäß dem Volksglauben den Bösen Blick abwenden sollen. Der Name kommt ursprünglich vom arabischen Ausdruck Nazar / نظر / Naẓar, was unter anderem für „Sehen, Blick, Einsicht“ steht. Im Türkischen bezeichnet nazar boncuğu das Nazar-Amulett bzw. wörtlich die ‚Blick-Perle‘, ebenfalls gebraucht werden die Begriffe mavi boncuk ("Blaue Perle"), oder göz boncuğu ("Augen-Perle"). Auf Griechisch heißt das Amulett μάτι mati, deutsch ‚Auge‘. ⓘ
Im Volksglauben besitzen Menschen mit hellblauen Augen den unheilvollen Blick. Ein ebenfalls „Blaues Auge“ soll demnach als Gegenzauber diesen Blick bannen und abwenden. ⓘ
Gern werden Nazar-Perlen gegen den Bösen Blick kleinen Kindern an der Kleidung befestigt, hängen als Amulett allgegenwärtig am Innenrückspiegel von vielen Taxen und Lastwagen oder dienen als Verzierung am Schlüsselanhänger. Jedoch findet man sie ebenso an der Eingangstür zu Viehställen. Geht ein „Auge“ kaputt, so hat es offensichtlich seinen Dienst getan und einen Bösen Blick abgewendet – und wird schnell durch ein neues ersetzt. ⓘ
Ein Nazar-Amulett wird zumeist aus farbigem Glas hergestellt. Es hat oft die Form eines Wassertropfens. Kleinere Exemplare haben die Größe einer Perle und größere die einer flachen Scheibe. Das Charakteristische am Nazar-Amulett sind seine Farben: von innen nach außen konzentrische Kreise ähnlich wie bei der Regenbogenhaut eines Auges in den Farben Schwarz oder Dunkelblau, Hellblau, Weiß und Dunkelblau. Es wird deshalb auch oft das „Blaue Auge“ genannt. Eine andere Bezeichnung ist auch „Auge der Fatima“, benannt nach der jüngsten Tochter des Propheten Mohammed. Im Nahen Osten und Nordafrika wird das Abwehrzeichen Hand der Fatima häufig mit einem Nazar kombiniert. ⓘ
Nazar-Perlen gibt es in allen Größen und Ausführungen von Stecknadelkopf- bis zu Tellergrößen in den Basaren und Souvenirläden zu kaufen. Es wird üblicherweise in der kleinen Form als Schmuck am Körper getragen oder in der größeren Fassung gut sichtbar an eine Wand (bevorzugt gegenüber einem Eingang oder einer Tür) gehängt, um dem „Bösen“ deutlich entgegenzutreten. ⓘ
Es wird allgemein angenommen, dass der böse Blick in Form eines Kompliments gegeben werden kann, was auf seine Verbindung mit der zerstörerischen Kraft des Neids (auf Reichtum, Schönheit usw.) hinweist. Amulette wie das Nazar werden in Anlehnung an gängige Sprichwörter wie "Auge um Auge" verwendet, wobei ein anderes Auge zum Schutz des Empfängers des bösen Blicks eingesetzt werden kann. Der böse Blick führt dazu, dass sich das Opfer am nächsten Tag unwohl fühlt, es sei denn, es wird eine Schutzformel wie "Mit dem Willen Gottes" (arabisch "InshAllah") rezitiert. Bei den Anhängern des Hinduismus und des Islams in Südasien ist es üblich, dass eine Mutter, die beobachtet, dass ihr Kind übermäßig gelobt wird, versucht, die Auswirkungen des bösen Blicks (nazar utarna) zu neutralisieren, indem sie "rote Chilis in einer Hand hält und den Kopf des Kindes ein paar Mal umkreist und dann die Chilis verbrennt." ⓘ
Amulett
Ein typisches nazar besteht aus handgefertigtem Glas mit konzentrischen Kreisen oder tropfenförmigen Formen in dunkelblau, weiß, hellblau und schwarz, gelegentlich mit einem gelb-goldenen Rand. ⓘ
Augenperle
Der türkische Boncuk (manchmal auch göz boncuğu 'Augenperle' genannt) ist eine Glasperle, die sich durch ein blaues Glasfeld mit einem blauen oder schwarzen Punkt auf einem weißen oder gelben Zentrum auszeichnet. Die blaue Perle ist historisch alt und hat in der modernen Türkei als Gegenstand der Volkskultur an Bedeutung gewonnen. Die Perle stammt wahrscheinlich aus dem Mittelmeerraum und wird mit der Entwicklung der Glasherstellung in Verbindung gebracht. Schriftliche Dokumente und erhaltene Perlen stammen bereits aus dem 16. Jahrhundert v. Chr. Glasperlen wurden überall in der antiken Welt hergestellt und verwendet: von Mesopotamien bis Ägypten, von Karthago und Phönizien bis Persien und während der gesamten römischen Kaiserzeit. ⓘ
Galerie
Nazar an der Tür des Krankenhauszimmers eines Neugeborenen in der Türkei. ⓘ