Petrichor

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Regen

Als Petrichor wird der Geruch von Regen auf trockener Erde bezeichnet.

Das Wort setzt sich aus altgriechisch πέτρα pétrā „Fels, Felsstück“ oder πέτρος pétros „Stein“ und ἰχώρ īchṓr „Blut der Götter“ zusammen und wurde 1964 von zwei australischen Forschern der CSIRO, Isabel J. Bear und Richard G. Thomas, in einem Artikel für die Fachzeitschrift Nature geprägt. Im Artikel beschreiben die Autoren, wie der Geruch durch ein Öl entsteht, das bestimmte Pflanzen während Trockenperioden absondern, welches wiederum von Tonböden und Gesteinen absorbiert wird. Während des Regens wird das Öl, zusammen mit einer anderen Verbindung namens Geosmin, in die Luft freigesetzt. Durch die Verbindung entsteht der markante Geruch. In einem Folgebericht zeigten Bear und Thomas 1965, dass das Öl die Keimung von Samen und das frühe Pflanzenwachstum verzögert.

Erde und Wasser werden von einem Regentropfen bespritzt

Ursprünge

Lange bevor dieses Phänomen 1964 seinen Namen erhielt, wurde es in wissenschaftlichen Kreisen bemerkt und diskutiert.

Am 17. April 1891 erschien in der Zeitschrift The Chemical News eine kurze Notiz von Thomas Lambe Phipson (1833-1908) über das Phänomen, die einen Monat später in vollem Umfang in der Zeitschrift The Scientific American wiederveröffentlicht wurde, in der er schrieb: "Dieses Thema, mit dem ich mich vor mehr als fünfundzwanzig Jahren beschäftigt habe, scheint nach einem Absatz in einer späteren Nummer der Chemical News kürzlich die Aufmerksamkeit von Professor Berthelot und [Monsieur G.] Andre auf sich gezogen zu haben."

Phipson bezog sich dabei auf ein kurzes Referat, das Berthelot und André auf der Sitzung der französischen Académie des Sciences am 23. April 1891 gehalten hatten und das in Band 112 (1891) der Comptes Rendus unter dem Titel "Sur l'Odeur propre de la Terre" ("Über den Eigengeruch der Erde") abgedruckt wurde.

Phipson fährt fort: "Wenn ich in meinen alten Notizen von 1865 nachlese, stelle ich fest, dass es zweifelhaft ist, ob ich die Ergebnisse dieser Beobachtungen jemals veröffentlicht habe; und da die angesehenen Chemiker, die ich gerade genannt habe, das Problem nicht ganz gelöst haben, beeile ich mich, die Ergebnisse wiederzugeben, die ich vor so langer Zeit erhalten habe." Er stellt dann die Theorie auf, dass der Geruch "... auf das Vorhandensein organischer Substanzen zurückzuführen ist, die den ätherischen Ölen der Pflanzen nahe stehen ..." und dass diese Substanzen aus "... dem Duft bestehen, der von Tausenden von Blumen verströmt wird ...", der in die Poren des Bodens absorbiert wird und nur dann freigesetzt wird, wenn er durch Regen verdrängt wird. Nach Versuchen, den Duft zu isolieren, stellte er fest, dass er "... dem aus der Zedernessenz gewonnenen Bromzedern sehr ähnlich, wenn nicht gar identisch zu sein schien."

Das Phänomen wurde erstmals im März 1964 von den australischen Forschern Isabel Bear und Dick Thomas wissenschaftlich beschrieben und in der Zeitschrift Nature veröffentlicht. Thomas prägte den Begriff "Petrichor" für das, was zuvor als "Tongeruch" bekannt war. In dem Artikel beschreiben die Autoren, wie der Geruch von einem Öl herrührt, das von bestimmten Pflanzen während Trockenperioden abgesondert wird, woraufhin es von lehmhaltigen Böden und Felsen aufgenommen wird. Bei Regen wird das Öl in die Luft freigesetzt, zusammen mit einer anderen Verbindung, dem Geosmin, einem Stoffwechselprodukt bestimmter Aktinobakterien wie Streptomyceten, das von feuchtem Boden abgegeben wird und den charakteristischen Geruch erzeugt; bei Gewitter kann auch Ozon vorhanden sein. In einer Folgearbeit zeigten Bear und Thomas (1965), dass das Öl die Keimung von Samen und das frühe Pflanzenwachstum verlangsamt.

Mechanismus

Wenn ein Regentropfen auf einer porösen Oberfläche landet, bildet die Luft aus den Poren kleine Blasen, die an die Oberfläche schwimmen und Aerosole freisetzen. Diese Aerosole tragen den Duft sowie Bakterien und Viren aus dem Boden mit sich. Regentropfen, die sich langsamer bewegen, produzieren tendenziell mehr Aerosole; dies ist eine Erklärung dafür, warum der Petrichor nach leichten Regenfällen häufiger vorkommt. Für die Bildung dieser Aerosole sind Bakterien aus der Ordnung der Actinomyceten verantwortlich.

Die menschliche Nase reagiert äußerst empfindlich auf Geosmin und kann es schon bei Konzentrationen von 0,4 Teilen pro Milliarde wahrnehmen. Einige Wissenschaftler glauben, dass der Mensch den Regengeruch schätzt, weil seine Vorfahren zum Überleben auf regnerisches Wetter angewiesen gewesen sein könnten. Auch Kamele in der Wüste sind auf den Petrichor angewiesen, um Wasserquellen wie Oasen zu finden.

Siehe auch

  • Dimethylsulfid - Eines der Moleküle, die für den Geruch des Meeres verantwortlich sind
  • Geosmin

Allgemeine Referenzen

  • Bear, I.J. & Thomas, R.G. (September 1966), "Genesis of Petrichor", Geochimica et Cosmochimica Acta, Vol. 30, No. 9, pp. 869-879.

In der Forschung

In seinem Buch Life of Marsupials stellte C. Hugh Tyndale-Biscoe die Hypothese auf, dass der Geruch einen Einfluss auf den Östrus (Brunstzyklus) von Kängurus besitzt. In zwei Studien wurde festgestellt, dass sich 65 % der untersuchten weiblichen Kängurus zwei Wochen nach einem Regenschauer in der Brunst befinden. Da die Ovarialfollikel zehn Tage zum Reifen benötigen, erfolgt also eine direkte Reaktion auf den Regenschauer. Tyndale-Biscoe geht davon aus, dass der Geruch durch den Riechnerv einen direkten Reiz an die Hypophyse erzeugt, ähnlich wie Pheromone, und dadurch der Sexualzyklus aktiviert wird. Laut Aussage von Tyndale-Biscoe gibt es dazu jedoch noch keine Untersuchungen.

Auch mit dem Brauch des Erdeessens wird Petrichor in Verbindung gebracht. So beschreibt Sera L. Young in ihrem Buch Craving Earth ethnographische Interviews, bei denen die Testpersonen während ihrer Beschreibung des Geruchs von frisch befeuchteter Erde mit erhöhter Speichelproduktion reagierten. Young sieht Petrichor deshalb als wichtigen Faktor bei der Auswahl für die Eignung des Bodens zum Verzehr.

Forscher des Massachusetts Institute of Technology fanden im Januar 2015 heraus, dass der Regengeruch durch kleine Bläschen hervorgerufen wird, die sich nach Auftreffen der Regentropfen auf einer Oberfläche bilden. Die Bläschen steigen auf und platzen, wodurch sie schließlich aromatische Aerosole freisetzen und den typischen Regengeruch hervorrufen.