Impingement
Klassifikation nach ICD-10 ⓘ | |
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M75.4 | Impingement-Syndrom der Schulter |
M24.8 | Sonstige näher bezeichnete Gelenkschädigungen, anderenorts nicht klassifiziert |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Als Impingement-Syndrom (engl. „Zusammenstoß“) bezeichnet man in der Orthopädie und Unfallchirurgie eine Funktionsbeeinträchtigung der Gelenkbeweglichkeit. Es entsteht zumeist durch Degeneration oder Einklemmung von Kapsel- oder Sehnenmaterial. ⓘ
Der Begriff wird vorwiegend für die Schulter verwendet. Degeneration oder Verletzung der Rotatorenmanschette (Rotatorenmanschettenruptur) sind hier die häufigste Ursache. Betroffene Patienten können aufgrund der zunehmenden Einklemmung der Supraspinatussehne den Arm kaum noch über Schulterhöhe heben. Das eigentliche Impingement entsteht subacromial, also unterhalb des Schultereckgelenkes, weshalb hier von Subacromialsyndrom (kurz: SAS) gesprochen wird. ⓘ
Der Begriff wird aber auch bei anderen Gelenken, insbesondere dem Hüftgelenk, benutzt. Bei der Hüfte handelt es sich in der Regel um ein femoro-acetabuläres Impingement, das durch unvollständige Kongruenz von Hüftkopf (Caput femoris) und Hüftpfanne (Acetabulum) zustande kommt. Man unterscheidet bei der Hüfte das Beißzangen- oder Pincer-Impingement sowie das Nocken- oder Cam-Impingement. Ersteres geht von der Gelenkspfanne aus und betrifft vor allem Frauen. Letzterem liegt ein Hüftkopf oder Schenkelhals mit einer Verdickung zugrunde und tritt häufiger bei Männern auf. ⓘ
Impingement-Syndrom der Schulter ⓘ | |
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Andere Namen | Subacromiales Impingement, schmerzhaftes Bogensyndrom, Supraspinatus-Syndrom, Schwimmerschulter, Werferschulter |
Schultergelenk | |
Fachgebiet | Orthopädie, Sportmedizin |
Das Schulter-Impingement-Syndrom ist ein Syndrom, bei dem es zu einer Tendinitis (Sehnenentzündung) der Muskeln der Rotatorenmanschette kommt, wenn diese durch den Subacromialraum, den Durchgang unter dem Schulterdach, ziehen. Es ist insbesondere mit einer Tendinitis des Supraspinatus-Muskels verbunden. Dies kann zu Schmerzen, Schwäche und Bewegungseinschränkungen in der Schulter führen. ⓘ
Anzeichen und Symptome
Die häufigsten Symptome des Impingement-Syndroms sind Schmerzen, Schwäche und Bewegungseinschränkungen in der betroffenen Schulter. Die Schmerzen werden oft durch Überkopfbewegungen der Schulter verschlimmert und können nachts auftreten, insbesondere wenn man auf der betroffenen Schulter liegt. Die Schmerzen können akut auftreten, wenn sie auf eine Verletzung zurückzuführen sind, oder schleichend, wenn sie auf einen allmählichen Prozess, wie z. B. einen osteoarthritischen Sporn, zurückzuführen sind. Der Schmerz wird eher als dumpf denn als stechend beschrieben und hält lange an, so dass es schwer ist, einzuschlafen. Weitere Symptome können ein knirschendes oder knallendes Gefühl bei der Bewegung der Schulter sein. ⓘ
Der Bewegungsumfang der Schulter kann durch die Schmerzen eingeschränkt sein. Bei einer Vorwärtsbewegung des Arms von 60° bis 120° kann ein schmerzhafter Bewegungsbogen auftreten. Passive Bewegungen in der Schulter erscheinen schmerzhaft, wenn eine Kraft nach unten auf das Schulterdach ausgeübt wird, der Schmerz lässt jedoch nach, sobald die Kraft aufgehoben wird. ⓘ
Ursachen
Typ | Erscheinungsbild | Prävalenz | Winkel des anterioren Neigung ⓘ |
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Flach | 17.1% | 13.18 | |
Gekrümmt | 42.9% | 29.98 | |
Hakenförmig | 39.3% | 26.98 |
Wenn der Arm angehoben wird, verengt sich der subacromiale Raum (Spalt zwischen dem vorderen Rand des Schulterdaches und dem Oberarmkopf), durch den die Sehne des Supraspinatusmuskels verläuft. Alles, was zu einer weiteren Verengung führt, hat die Tendenz, auf die Sehne zu drücken und eine Entzündungsreaktion hervorzurufen, die zu einem Impingement-Syndrom führt. Solche Ursachen können knöcherne Strukturen wie subakromiale Sporne (knöcherne Ausstülpungen des Schulterdaches), osteoarthritische Sporne am Schultereckgelenk und Veränderungen der Form des Schulterdaches sein. Auch eine Verdickung oder Verkalkung des Ligamentum coracoacromiale kann ein Impingement verursachen. Ein Funktionsverlust der Muskeln der Rotatorenmanschette aufgrund einer Verletzung oder eines Kraftverlusts kann dazu führen, dass sich der Oberarmknochen nach oben bewegt, was zu einem Impingement führt. Eine Entzündung und anschließende Verdickung des subacromialen Schleimbeutels kann ebenfalls ein Impingement verursachen. ⓘ
Gewichtstrainingsübungen, bei denen die Arme über Schulterhöhe angehoben werden, aber in einer nach innen gedrehten Position, wie z. B. das aufrechte Rudern, wurden als Ursache für ein subacromiales Impingement vorgeschlagen. Eine weitere häufige Ursache des Impingement-Syndroms ist die Einschränkung des Bewegungsspielraums der Schulterblatt- und Brustkorbflächen. Häufig können eine oder mehrere Rippen zwischen Rippe 2 und Rippe 7/8 auf der Seite des Impingements leicht hervorstehen und/oder sich hart anfühlen, wenn die Person darauf oder auf sie federt. In diesem Fall wird das Schulterblatt angehoben und antevertiert (nach vorne geneigt). Dies wiederum drückt das Schulterdach und den Oberarmkopf aus seiner gewohnten anatomischen Position, wodurch Druck auf den Oberarmkopf an der Stelle des Nervs ausgeübt wird, was das Impingement-Syndrom verursacht. Sichtbar wird dies durch einen leicht angehobenen und gestreckten Schultergürtel. Man beachte: Der Oberarmknochen ist in dieser Position anteveriert, wodurch ein vorstehenderer Teil des Oberarmknochens nach oben in Richtung Schulterdach drückt. ⓘ
Der Begriff Impingement beschreibt einen Krankheitsprozess, bei denen es im Gelenk zu „Zusammenstößen“ anatomischer Strukturen kommt. ⓘ
Je nach auslösender Impingementursache spricht man von Synovia-, Syndesmosen-, Band- und Narbenimpingement oder auch von einem freien Gelenkkörper oder fixierten Gelenkkörper. ⓘ
Der häufigste Grund für ein Weichteilimpingement im oberen Sprunggelenk ist das posttraumatische Impingement, bei dem Narbenbildungen der Gelenkkapsel einklemmen und dadurch die Beweglichkeit vermindern. ⓘ
Mechanismus
Das Schulterblatt spielt eine wichtige Rolle beim Impingement-Syndrom der Schulter. Es ist ein breiter, flacher Knochen, der an der hinteren Brustkorbwand liegt und an dem drei verschiedene Muskelgruppen ansetzen. Zu den intrinsischen Muskeln des Schulterblatts gehören die Muskeln der Rotatorenmanschette - der Subscapularis, der Infraspinatus, der Teres minor und der Supraspinatus. Diese Muskeln setzen an der Oberfläche des Schulterblatts an und sind für die Innen- und Außenrotation des Schultergelenks sowie die Abduktion des Oberarms verantwortlich. Zu den extrinsischen Muskeln gehören der Bizeps, der Trizeps und der Deltamuskel. Sie setzen am Processus coracoideus, am Tuberculum supraglenoidale des Schulterblatts, am Tuberculum infraglenoidale des Schulterblatts und an der Wirbelsäule des Schulterblatts an. Diese Muskeln sind für verschiedene Aktionen des Schultergelenks verantwortlich. Die dritte Gruppe, die hauptsächlich für die Stabilisierung und Rotation des Schulterblatts verantwortlich ist, besteht aus den Muskeln Trapezius, Serratus anterior, Levator scapulae und Rhomboideus und setzt an den medialen, superioren und inferioren Rändern des Schulterblatts an. Jeder dieser Muskeln hat seine eigene Rolle in der Schulterfunktion und muss im Gleichgewicht mit den anderen sein, um eine Schulterpathologie zu vermeiden. ⓘ
Eine abnorme Funktion des Schulterblatts wird als Schulterdyskinesie bezeichnet. Eine Aktion, die das Schulterblatt während einer Wurf- oder Aufschlagbewegung ausführt, ist das Anheben des Schulterdachfortsatzes, um eine Einklemmung der Sehnen der Rotatorenmanschette zu vermeiden. Wenn das Schulterblatt das Schulterdach nicht richtig anhebt, kann es während der Spann- und Beschleunigungsphase einer Überkopfbewegung zu einem Impingement kommen. Die beiden Muskeln, die während dieses ersten Teils einer Überkopfbewegung am häufigsten gehemmt werden, sind der Serratus anterior und der untere Trapezius. Diese beiden Muskeln wirken als Kräftepaar im Schultergelenk, um das Schulterdach richtig anzuheben, und wenn ein Muskelungleichgewicht besteht, kann es zu einem Schulterimpingement kommen. ⓘ
Das Schulterblatt kann auch verrutschen, wenn sich eine tief liegende Rippe nicht richtig bewegt. Beim Shoulder-Impingement-Syndrom kann das Schulterblatt häufig nach vorne geneigt sein, so dass die Schulter auf der betroffenen Seite langgezogen erscheint. Zu den Rippen, die eine solche Anteversion des Schulterblatts verursachen können, gehören die Rippen 2-8. ⓘ
Diagnose
Das Impingement-Syndrom kann durch eine gezielte Anamnese und körperliche Untersuchung diagnostiziert werden, aber es wurde auch argumentiert, dass zumindest eine medizinische Bildgebung (in der Regel zunächst eine Röntgenaufnahme) und/oder das Ansprechen auf eine Injektion mit einem Lokalanästhetikum für die Abklärung erforderlich ist. ⓘ
Bei der körperlichen Untersuchung kann der Arzt den Arm des Patienten verdrehen oder anheben, um auf reproduzierbare Schmerzen zu testen (Neer-Zeichen und Hawkins-Kennedy-Test). Diese Tests helfen bei der Lokalisierung der Pathologie an der Rotatorenmanschette; sie sind jedoch nicht spezifisch für Impingement. Das Neer-Zeichen kann auch bei einer subacromialen Bursitis auftreten. ⓘ
Reaktion auf Lokalanästhetikum
Der Arzt kann Lidocain (in der Regel in Kombination mit einem Steroid) in den Schleimbeutel injizieren, und wenn sich der Bewegungsumfang verbessert und die Schmerzen abnehmen, gilt dies als positiver Impingement-Test". Er stützt nicht nur die Diagnose des Impingement-Syndroms, sondern ist auch therapeutisch wirksam. ⓘ
Bildgebung
Mit einfachen Röntgenbildern der Schulter lassen sich einige Gelenkpathologien und Veränderungen der Knochen erkennen, darunter die Acromioclaviculararthritis, Veränderungen des Schulterdaches und Verkalkungen. Röntgenaufnahmen ermöglichen jedoch keine Darstellung der Weichteile und haben daher einen geringen diagnostischen Wert. Mit Hilfe von Ultraschall, Arthrographie und MRT lässt sich eine Pathologie der Rotatorenmanschette feststellen. Die MRT ist die beste bildgebende Untersuchung vor einer arthroskopischen Operation. Aufgrund des mangelnden Verständnisses der Pathoätiologie und der mangelnden diagnostischen Genauigkeit bei der Beurteilung durch viele Ärzte werden vor einem Eingriff mehrere Gutachten empfohlen. ⓘ
Behandlung
Das Impingement-Syndrom wird in der Regel konservativ behandelt, manchmal aber auch mit einer arthroskopischen Operation oder einer offenen Operation. Die konservative Behandlung umfasst Ruhe, die Einstellung der schmerzhaften Tätigkeit und Physiotherapie. Die physiotherapeutische Behandlung konzentriert sich in der Regel auf die Erhaltung des Bewegungsumfangs, die Verbesserung der Körperhaltung, die Stärkung der Schultermuskulatur und die Schmerzlinderung. Zur Schmerzlinderung können NSAIDs und Eispackungen eingesetzt werden. ⓘ
Therapeutische Übungen könnten im Vergleich zu passiven Behandlungsansätzen, Elektrotherapie und Placebo eine günstige Intervention darstellen. Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse zur Tendinopathie der Rotatorenmanschette hat gezeigt, dass fast alle Arten von aktiven Widerstandstrainingsprogrammen nachweislich zur Verbesserung der Schmerzen und der Schulterfunktion beitragen, wobei es keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Übungsarten gab. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass bei Problemen mit der Rotatorenmanschette ein aktiveres Vorgehen gegenüber passiven Modalitäten vorzuziehen ist. Übungen können dazu beitragen, den skapulo-humeralen Rhythmus und die skapuläre Kontrolle wiederzuerlangen, was die Schmerzen verringern kann. ⓘ
Steroide
Therapeutische Injektionen mit Kortikosteroiden und Lokalanästhetika können bei anhaltendem Impingement-Syndrom eingesetzt werden. Die Gesamtzahl der Injektionen ist aufgrund möglicher Nebenwirkungen des Kortikosteroids in der Regel auf drei begrenzt. Eine 2017 durchgeführte Untersuchung ergab, dass Kortikosteroid-Injektionen nur eine geringe und vorübergehende Schmerzlinderung bewirken. ⓘ
Chirurgie
Je nach Art und Lokalisation der Pathologie stehen verschiedene chirurgische Eingriffe zur Verfügung. Die Operation kann arthroskopisch oder als offene Operation durchgeführt werden. Bei der Operation können die störenden Strukturen entfernt und der subacromiale Raum durch Resektion des distalen Schlüsselbeins und Entfernung von Osteophyten an der Unterseite des Schultereckgelenks erweitert werden. Beschädigte Muskeln der Rotatorenmanschette können chirurgisch wiederhergestellt werden. ⓘ
In einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2019 wurde festgestellt, dass eine Dekompressionsoperation bei Schulterschmerzen, die länger als drei Monate andauern und nicht auf ein Trauma zurückzuführen sind, nicht sinnvoll ist. Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse hat außerdem ergeben, dass ein frühes SIS wahrscheinlich von nicht-operativen Behandlungsmodalitäten profitiert und eine chirurgische offene Dekompression nur bei chronischem Auftreten in Betracht gezogen werden sollte. ⓘ
Geschichte
Das Impingement-Syndrom wurde bereits 1852 beschrieben. Früher ging man davon aus, dass das Impingement der Schulter durch eine Schulterabduktion ausgelöst wird, und die chirurgische Intervention konzentrierte sich auf die laterale oder totale Akromionektomie. Im Jahr 1972 schlug Charles Neer vor, dass das Impingement durch das vordere Drittel des Schulterdaches und das Ligamentum coracoacromiale verursacht wird, und schlug vor, dass sich die Operation auf diese Bereiche konzentrieren sollte. Die Rolle des anterior-inferioren Aspekts des Akromions beim Impingement-Syndrom und die Entfernung von Teilen des anterior-inferioren Akromions sind zu einem zentralen Bestandteil der chirurgischen Behandlung des Syndroms geworden. ⓘ
Kritik
Das subacromiale Impingement ist nicht frei von Kritik. Erstens ist die Zuverlässigkeit bei der Bestimmung des Akromiontyps sowohl innerhalb als auch zwischen den Beobachtern gering. Zweitens konnte in einer computergestützten dreidimensionalen Studie kein Impingement durch einen Teil des Akromions auf die Sehnen der Rotatorenmanschette in verschiedenen Schulterpositionen nachgewiesen werden. Drittens treten die meisten partiellen Manschettenrisse nicht an den Fasern der Schleimbeuteloberfläche auf, wo es zu mechanischem Abrieb durch das Akromion kommt. Viertens wurde die Vermutung geäußert, dass Risse der Schleimbeuteloberfläche für subakromiale Sporne verantwortlich sein könnten und nicht das Gegenteil. Und schließlich mehren sich die Hinweise darauf, dass eine routinemäßige Akromioplastik für eine erfolgreiche Reparatur der Rotatorenmanschette nicht erforderlich ist, was ein unerwartetes Ergebnis wäre, wenn die Form des Akromions eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Sehnenverletzungen spielen würde. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die meisten Beweise darauf hindeuten, dass das subacromiale Impingement in vielen Fällen von Rotatorenmanschettenerkrankungen wahrscheinlich keine dominante Rolle spielt, auch wenn dies eine beliebte Theorie ist. ⓘ
Klinisches Bild
Typisch beim Impingementsyndrom der Schulter ist ein Schmerz bei der Abduktion (Abspreizen) des Oberarms im Bereich von 70° bis 130° (painful arc), aber auch die Außen- und Innenrotation in der Schulter sind mehr oder weniger stark eingeschränkt. Diagnostisch wird hier ein positives Neer-Zeichen gefordert. Dabei wird der maximal pronierte Arm bei fixiertem Schulterblatt passiv angehoben. Schmerzen ab 130° werden als positiv betrachtet und als Zeichen für ein Vorliegen eines Impingements gewertet. Weiterhin kann eine Reizung der Supraspinatussehne ebenfalls durch maximale Innenrotation mit gleichzeitiger Abduktion des Armes erzielt werden. Dieses Zeichen nennt sich Jobe’s Sign. ⓘ
Weitere Impingementsyndrome werden für das Ellenbogengelenk, das Handgelenk, das Hüftgelenk, das Kniegelenk und das obere Sprunggelenk beschrieben. ⓘ
Differentialdiagnose
Schmerzen und Beweglichkeitseinschränkungen der Schulter treten auch bei der Sehnenverkalkung auf (im Bereich der Rotatorenmanschette, „Kalkschulter“), weitere Alternativen sind unter Frozen Shoulder zu finden. ⓘ