Fisting
Fisting, Handficken, Faustficken, brachiovaginales oder brachioproktisches Einführen ist eine sexuelle Handlung, bei der eine Hand in die Vagina oder den Mastdarm eingeführt wird. Nach dem Einführen werden die Finger entweder zu einer Faust geballt oder gerade gehalten. Fisting kann auch ohne einen Partner durchgeführt werden, ist aber meistens eine partnerschaftliche Aktivität. ⓘ
Geschichte
Das Aufkommen von Fisting als beliebte Sexualpraktik wird gemeinhin der schwulen Männerkultur zugeschrieben und hat möglicherweise erst im zwanzigsten Jahrhundert stattgefunden. Robert Morgan Lawrence, ein Sexualpädagoge, ist jedoch der Ansicht, dass die Praxis Tausende von Jahren zurückreicht. Der berühmteste Fisting-Club der Welt war das Catacombs in San Francisco, das in den 1970er und 1980er Jahren betrieben wurde. Der Handball Express war ein weiterer solcher Club. Crisco wurde häufig als Gleitmittel verwendet, bevor speziellere Gleitmittel auf den Markt kamen. ⓘ
In den 1980er Jahren ging man davon aus, dass ungeschütztes Fisten - bei dem oft kleine Verletzungen am Anus entstehen, die Mikroorganismen den Zugang zum Blut ermöglichen - ein leichter Weg für die Übertragung von HIV war. Dies und die sexuelle Abneigung gegenüber der öffentlichen Fisting-Kultur in den schwulen Etablissements von San Francisco veranlasste den schwulen Schriftsteller Randy Shilts, sich erfolgreich für die Schließung von Lokalen wie schwulen Badehäusern und Sexclubs einzusetzen, in denen dies offen erlaubt war. In den folgenden 30 Jahren kehrte Fisting allmählich als Sexualpraktik zurück. ⓘ
Die San Francisco South of Market Leather History Alley besteht aus vier Kunstwerken entlang der Ringold Alley, die die Lederkultur ehren; sie wurde 2017 eröffnet. Eines der Kunstwerke sind metallene Stiefelabdrücke entlang des Bordsteins, die 28 Personen ehren, die ein wichtiger Teil der Ledergemeinschaften von San Francisco waren; zu den Geehrten gehören Steve McEachern, Besitzer des Fisting-Clubs The Catacombs, und Bert Herman, Führer der Fisting-Gemeinschaft, Autor und Verleger.
Techniken
Die "stumme Ente", auch "Entenschnabel" genannt, ist eine häufig angewandte Technik, bei der die einführende Person die Hand so formt, dass sie einem Entenschnabel ähnelt. In der Regel wird beim Fisting die geballte Faust nicht in die Vagina oder das Rektum gepresst; diese Praxis wird "Punching" genannt. Stattdessen werden alle fünf Finger gerade gehalten und so eng wie möglich zusammengeführt (so dass sie eine schnabelähnliche "Ente" bilden) und dann langsam in eine gut geschmierte Vagina oder ein gut geschmiertes Rektum eingeführt. ⓘ
Bei heftigeren Formen des Fisting, wie dem "Punching" oder "Punchfisting", kann eine vollständig geballte Faust eingeführt und langsam zurückgezogen werden. ⓘ
Erfahrene Faustkämpfer können auch zwei Fäuste nehmen (Double-Fisting). Beim Doppelfisten entsteht das Vergnügen eher durch die Dehnung des Anus oder der Vagina als durch die stoßende (ein- und ausfahrende) Bewegung der Hände. ⓘ
Risiken
Die unmittelbaren Risiken beim Faustverkehr bestehen bei ruppigem oder gewaltsamem Vorgehen in Verletzungen des Anus bzw. der Vagina, welche sehr schmerzhaft sein können. In Extremfällen kann es zu einer Perforation des Darms kommen, die einen medizinischen Notfall darstellt. Ferner besteht die Gefahr einer Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere solche, die mittels Schmierinfektion durch Hautkontakt entstehen können, wie Tripper, Herpes oder Feigwarzen sowie Pilzinfektionen. Auch eine Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus durch das Fisten ist grundsätzlich möglich. Das Risiko einer HIV-Infektion wird als äußerst gering eingestuft. Bei Frauen kann es darüber hinaus leicht zu einer unspezifischen Scheideninfektionen kommen, wenn Darmbakterien in die Vagina übertragen werden. Das Verletzungs- oder Infektionsrisiko kann mittels Verwendung von reichlich Gleitmittel und Handschuhen deutlich verringert werden und ist entgegen weitverbreiteter Meinung nur wenig vom Alter der gefisteten Person abhängig. ⓘ
Ungeklärt sind die langfristigen Folgen von analem Fisting und Analdehnung. Therapeutische Analdehnung zur Behandlung von Analfissuren führt nach klinischen Studien zur Schädigung des Schließmuskels. Diese Schädigung macht sich nicht sofort und in jedem Fall durch Stuhlinkontinenz bemerkbar. Von Proktologen wird jedoch der Umstand angeführt, dass im jüngeren und mittleren Alter die Beckenbodenmuskulatur die Schädigung des Sphinkters kompensiert und so die Schließfähigkeit sicherstellt. Im fortgeschrittenen Lebensalter schwindet die Beckenbodenmuskulatur jedoch, sodass der Schließmuskel keine Unterstützung mehr erhält. In diesem Stadium könnte eine zuvor unerkannte und äußerlich nicht sichtbare Schädigung zur Stuhlinkontinenz führen. Eigenständige Untersuchungen zu den Spätfolgen des Analfistings im fortgeschrittenen Alter liegen bislang jedoch nicht vor. Schäden des Schließmuskels lassen sich häufig nur durch eine proktologische Ultraschalluntersuchung erkennen, sodass das subjektive Wohlbefinden und die bestehende Kontinenz keine Gewähr für die Intaktheit des Schließmuskels darstellt. ⓘ
Fisting kann zu Rissen oder Perforationen der Vagina, des Dammes, des Rektums oder des Dickdarms führen, was schwere Verletzungen und sogar den Tod zur Folge haben kann. Außerdem können sexuelle Handlungen, bei denen Luft in die Vagina gelangt, zu einer tödlichen Luftembolie führen, und während der Schwangerschaft ist das Risiko wahrscheinlich noch höher. ⓘ
Beim Analfisting besteht das Risiko einer Darmperforation; den Teilnehmern wird empfohlen, Latexhandschuhe und Gleitmittel zu verwenden und ein Safeword zu benennen, bei dessen Aussprechen die Aktivität sofort beendet wird. Diese Praxis und das Einführen harter Gegenstände in den Anus stehen in signifikantem Zusammenhang mit der Traumatisierung der Rektumschleimhaut und erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Infektion, einschließlich Hepatitis B. ⓘ
Rechtlicher Status
Im Vereinigten Königreich ist Fisting legal, allerdings betrachtet die Staatsanwaltschaft die Veröffentlichung von Fisting-Material als Grund für eine strafrechtliche Verfolgung gemäß dem Obscene Publications Act 1959. Trotz der Leitlinien der Staatsanwaltschaft wurde Michael Peacock in der Rechtssache R gegen Peacock im Jahr 2012 nicht für schuldig befunden, gegen das Gesetz über obszöne Veröffentlichungen verstoßen zu haben, weil er DVDs mit Analfisting verkauft hatte. Es gab 2012 auch eine erfolglose Strafverfolgung wegen extremer Pornografie, bei der die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass Bilder von Analfisting extreme Pornografie darstellen und daher illegal sind, weil der Akt "wahrscheinlich zu einer schweren Verletzung des Anus, der Brüste oder der Genitalien einer Person führen kann". ⓘ
In den Vereinigten Staaten, so Rechtsanwalt Allan Gelbard, ist Pornografie nicht per se illegal, solange es sich nicht um Kinderpornografie handelt, kann sie jedoch als obszön eingestuft werden. Fisting steht auf der Cambria-Liste, einer von Rechtsanwalt Paul Cambria im Jahr 2001 erstellten Liste von Sexualpraktiken, die nach dem US-Obszönitätsrecht strafbar sein können. Die Liste soll als Leitfaden dienen, um Produzenten zu helfen, Obszönitätsklagen zu vermeiden. ⓘ
Varianten
Vaginaler Faustverkehr
In der Regel können bei den ersten Fistingversuchen nur einige Finger eingeführt werden. Da der muskuläre Vaginalschlauch als natürlicher Geburtskanal von Natur aus stark dehnbar ist, kann diese Spielart grundsätzlich unabhängig von Alter und Beckenbau praktiziert werden. ⓘ
Analer Faustverkehr
Der Anus ist im Vergleich zu einer Vagina anatomisch wesentlich enger und weniger dehnbar. Auch hier ist es möglich, klein anzufangen und langsam zu steigern, wobei die breiteste Stelle mit Mittelhand und Daumen am schwierigsten ist. Eventuell kann noch ein Teil des Unterarms folgen. Es empfiehlt sich die Verwendung von viel Gleitmittel, wobei von solchem mit betäubender Wirkung abzuraten ist, da eventuelle Schmerzen ein sicheres Zeichen sind, aufzuhören. ⓘ
Wegen der starken Auslieferung an den Partner ist diese Sexualpraxis vor allem in der BDSM-Szene verbreitet. In den 1970er Jahren wurde vor allem in der US-amerikanischen Lederszene das Backfett Crisco als Gleitmittel populär, da es leicht und in größeren Gebinden verfügbar ist, in die man eine ganze Hand stecken kann. ⓘ
Doppelter Faustverkehr
Dies ist das Penetrieren der Vagina oder des Anus mit beiden Händen. Ebenfalls wird die gleichzeitige Penetration der Vagina mit einer und des Anus mit der anderen Hand so bezeichnet. ⓘ
Bildreihe
Bild 1 und 2 zeigen kein Fisting, sondern Berührungen und Eindringen mit zwei Fingern, die auch beim Petting und Fingern angewandt werden. Bild 3 zeigt den Beginn des als Fisting bezeichneten Eindringens mit der ganzen Hand, welches die oben genannten Gesundheitsrisiken birgt. ⓘ