Schlachtschussapparat

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Pistole mit unverlierbarem Bolzen
Moderne unverlierbare Bolzenvorrichtung

Ein Bolzenschussgerät (auch als Viehpistole, Betäubungspistole, Bolzenschussgerät oder Betäubungsgerät bezeichnet) ist ein Gerät zur Betäubung von Tieren vor der Schlachtung.

Das Ziel der Bolzenschussbetäubung ist es, mit dem Bolzen einen kräftigen Schlag auf die Stirn zu führen, um die Bewusstlosigkeit herbeizuführen. Bei der Variante mit nicht durchdringendem Bolzenschussgerät kann der Bolzen einen Teil des Gehirns zerstören oder auch nicht, während bei der Variante mit durchdringendem Bolzenschussgerät immer Hirngewebe zerstört wird.

Der Bolzen besteht aus einer schweren Stange aus korrosionsbeständigen Legierungen, z. B. aus rostfreiem Stahl. Er wird im Lauf des Betäubungsgewehrs mit Hilfe von Gummischeiben in Position gehalten. Bei einem gut erhaltenen Betäubungsgewehr ist der Bolzen normalerweise nicht sichtbar. Der Verschluss wird durch einen Abzug betätigt und durch Druckluft, einen Federmechanismus oder durch den Abschuss einer durch einen Schlagbolzen gezündeten Platzpatrone nach vorne geschleudert. Nach einem flachen, aber kräftigen Schlag auf die Stirn des Tieres bewirkt die Federspannung, dass der Verschluss in den Lauf zurückschnellt.

Die Bolzenschusspistole wurde 1903 von Hugo Heiss, dem ehemaligen Direktor eines Schlachthofs in Straubing, Deutschland, erfunden.

Schlachtschussapparat
Betäubung eines Rindes im Schlachthof Leipzig mit einem Schlachtschussapparat (1952)

Die Geräte sind meist Bolzenschussapparate und seltener Kugelschussapparate. Im Gegensatz zum Bolzenschussapparat besteht beim Kugelschussapparat die Gefahr von Abprallern und anderen Unfällen analog zu Schusswaffen (siehe auch Bolzensetzgerät).

Variationen

Es gibt drei Arten von Verschlusssicherungspistolen: durchdringende, nicht durchdringende und freie Verschlüsse. Die Verwendung durchdringender Bolzenschussgeräte ist im gewerblichen Bereich weitgehend eingestellt worden, um das Risiko der Krankheitsübertragung zu minimieren.

Beim durchdringenden Typ verwendet der Betäuber einen spitzen Bolzen, der durch Druckluft, einen Federmechanismus oder eine Platzpatrone angetrieben wird. Der Bolzen durchdringt den Schädel des Tieres, dringt in den Schädel ein und beschädigt das Großhirn und einen Teil des Kleinhirns auf katastrophale Weise. Die Erschütterung führt zur Zerstörung lebenswichtiger Zentren des Gehirns und zu einem Anstieg des Hirndrucks, wodurch das Tier das Bewusstsein verliert. Diese Methode ist derzeit die wirksamste Art der Betäubung, da sie die Hirnsubstanz physisch zerstört (was die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Betäubung erhöht), gleichzeitig aber den Hirnstamm intakt lässt und somit sicherstellt, dass das Herz während der Entblutung weiterpumpt. Ein Nachteil dieser Methode ist, dass Hirnmasse in den Blutkreislauf gelangt und möglicherweise anderes Gewebe mit boviner spongiformer Enzephalopathie (BSE, umgangssprachlich als Rinderwahnsinn bekannt) kontaminiert.

Eine unverlierbare Bolzenschusspistole

Die Wirkungsweise eines nicht durchdringenden Betäubungsgewehrs ist ähnlich, aber der Bolzen ist stumpf und hat eine pilzförmige Spitze. Der Bolzen trifft mit großer Wucht auf die Stirn und zieht sich sofort wieder zurück. Die anschließende Gehirnerschütterung ist für die Bewusstlosigkeit des Tieres verantwortlich. Diese Art der Betäubung führt weniger zuverlässig zu einer sofortigen Bewusstlosigkeit als die durchdringenden Typen; sie hat jedoch aufgrund der Besorgnis über den Rinderwahnsinn eine neue Popularität erfahren. In der Europäischen Union ist diese Art der Betäubung mit unverlierbarem Bolzen für die Schlachtung von Tieren vorgeschrieben, die für die Arzneimittelherstellung verwendet werden.

Der freie Bolzenschussapparat wird für die Euthanasie von großen Nutztieren, die nicht ruhiggestellt werden können, auf dem Feld verwendet. Er unterscheidet sich von einem echten Bolzenschussgerät dadurch, dass das Projektil nicht zurückziehbar ist; er funktioniert ähnlich wie ein pulverbetriebenes Nagelschussgerät oder eine herkömmliche Schusswaffe. Das Gerät kann nur abgefeuert werden, wenn es fest gegen eine Fläche (in der Regel die Stirn des Tieres) gedrückt wird, und feuert ein kleines Projektil durch den Schädel des Tieres. Der Tierarzt kann das Tier dann entweder an der Projektilwunde sterben lassen oder tödliche Medikamente verabreichen.

Verwenden Sie

Bei Rindern, Ziegen, Schafen, Kaninchen und Pferden lässt sich eine unzureichende Betäubung mit einem Durchschussbetäuber weitgehend auf eine falsche Positionierung zurückführen. Unverlierbare Bolzen ermöglichen die Bergung von Fleischresten aus dem Kopf. In einigen Kälbermastbetrieben wird ein nicht-penetrierendes Schockbetäubungsgerät verwendet, um das Gehirn für die weitere Verarbeitung zu erhalten.

Bei den meisten Schlachtungen von rotem Fleisch ist die Verwendung von Bolzenschussgeräten sicherer. Es besteht keine Gefahr des Abprallens oder des Überschießens wie bei herkömmlichen Schusswaffen.

Die Patronen enthalten in der Regel 2 bis 3 Körner (130 bis 190 mg) rauchfreies Pulver, können aber bei großen Tieren wie Bullen bis zu 7 Körner (450 mg) enthalten. Die Geschwindigkeit des Bolzens beträgt in der Regel 55 Meter pro Sekunde (180 ft/s) bei kleinen Tieren und 75 Meter pro Sekunde (250 ft/s) bei großen Tieren.

Verwendung bei Tötungsdelikten

Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen eine Bolzenschusspistole für Tötungsdelikte verwendet wurde, darunter:

  • Ein 46-jähriger deutscher Mann mit einer Vorgeschichte von Alkoholmissbrauch und aggressivem Verhalten tötete seine Frau.
  • Ein englischer Schlachter tötete eine Frau mit zwei Schüssen in die Brust.

In der Fiktion

  • In der Fernsehserie Bones wird entdeckt, dass die Mutter der Protagonistin Temperance "Bones" Brennan mit einer Bolzenschusspistole ermordet wurde, wodurch ein mutmaßlicher Auftragskiller überführt wird, der sich jahrzehntelang der Verhaftung entziehen konnte, da seine bevorzugte Mordwaffe vor seiner Festnahme unbekannt war.
  • In dem Roman No Country for Old Men und seiner Verfilmung verwendet der Auftragskiller Anton Chigurh eine unverlierbare Bolzenschusspistole als Mordwaffe und als improvisiertes Einbruchswerkzeug.
  • Im Film Benny's Video des österreichischen Regisseurs Michael Haneke aus dem Jahr 1992 wird der Mord an einem jungen Mädchen mit einer unverlierbaren Bolzenschusspistole verübt.
  • In dem Film It von 2017 benutzt der Protagonist Bill Denbrough die Bolzenpistole gegen Pennywise.
  • Der Song "Captive Bolt Pistol" der britischen Death-Metal-Band Carcass beschreibt die Verwendung von Bolzenschusspistolen zum Schlachten von Vieh und Menschen.
  • Die "Pferdepistole" eines Tierarztes wird in der Episode "Confection" der britischen Fernsehserie Endeavour als Mordwaffe eingesetzt.
  • In dem Film Bloodshot aus dem Jahr 2020 verwendet Martin Axe einen Bolzenschussapparat, um Rays Frau Gina zu töten.
  • In Fear the Walking Dead (Staffel 1, Folge 6) wird erklärt, dass eine unverlierbare Bolzenpistole verwendet wird, um zu verhindern, dass sich die Toten verwandeln.
  • In der CSI:Miami-Folge "And They're Offed" wird eine unverlierbare Bolzenschusspistole verwendet, um einen Rennpferdebesitzer zu töten.
  • In dem Film The Butcher Boy tötet Francie Brady seinen Nachbarn mit einem Bolzenschussgerät.
  • In der Fernsehserie Haven ist der Bolzenschussgerät-Mörder" ein Serienmörder, der Frauen mit einem Bolzenschussgerät tötet.
  • In der Netflix-Serie Welcome to Eden wird eine gefangene Bolzenpistole verwendet, um Menschen auf der dystopischen Insel Eden zu töten.

Geschichte

Als Erfinder des Schlachtschussapparates gilt Hugo Heiss (* 5. August 1863; † 27. September 1936), ehemals Direktor des Schlachthofs in Straubing. In der Schweiz wird als Urheber des ersten Schlachtschussapparates hingegen Benjamin Siegmund gesehen, der von 1868 bis 1909 Schlachthausverwalter des Schlachthofes Basel-Stadt war, auf eine Patentierung seiner Erfindung eines Betäubungsgerätes jedoch verzichtete, damit sein Apparat nachgebaut und weit verbreitet werden könne. Siegmund war ein engagierter Tierschützer und u. a. Gründungspräsident des Basler Tierschutzvereins. Von Basel aus kam auch der Impuls zu einer schweizerischen Tierschutzgesetzgebung.

Anwendung

Aufsetzpunkte des Bolzenschussapparates bei Schlachttieren

Tiere mit dicker Kopfhaut und starker Schädeldecke wie Rinder oder Pferde werden mittels eines gezielten Schusses ins Gehirn betäubt. Bei Rindern zielt der Fleischer dabei auf den gedachten Kreuzungspunkt zweier Linien, die den Hornansatzpunkt und das gegenüberliegende Auge verbinden. Bei Pferden wird auf der Höhe des Mähnenansatzes leicht seitlich der Mitte geschossen. Nur bei Hausschlachtungen werden auch Schweine mit dem Bolzenschussgerät betäubt. Dabei wird das Bolzenschussgerät zwei Fingerbreiten über den Augen der Sau fest auf die Stirn gesetzt. Bei Kaninchen und bei Geflügel werden auch kleinere und leichtere Bauformen eingesetzt, die nur mit Federkraft anstelle von Patronen arbeiten.

Bauformen

Es gibt drei Formen:

  • penetrierend:
Vorrichtungen, bei denen der Bolzen ins Gehirn des Schlachttieres eindringt.
  • stumpf
Vorrichtungen mit abgeflachtem Bolzenende, die nicht bis ins Hirn vordringen.
  • gasinjizierend
Vorrichtungen mit hohlen Bolzen, die beim Schlag Gas unter Druck in den Schädel des Schlachttiers einblasen.

Letztere waren bis zum Auftreten von BSE vor allem in den Vereinigten Staaten verbreitet. Sie zerstören jedoch neben dem Gehirn auch das Rückenmark und können so eventuell vorhandene Erregerprionen ins Fleisch bringen.

Für die Betäubung von Schlachttieren verschiedener Größe (Kaninchen, Geflügel, Großvieh) werden Apparate in unterschiedlichen Größen und mit unterschiedlichen Auslösemechanismen hergestellt. Es gilt: Je größer das Tier, desto größer der Bolzenschussapparat.

Der Bolzenschussapparat besteht wesentlich aus:

  • Lauf mit Verschlusskopf
  • Abzugshebel
  • Schlagbolzen mit Schlagbolzenfeder
  • Schussbolzen
  • Schussbolzenrückholfeder
  • Gummipuffer (Gummiringe oder Gummihülse)
Der Aufbau eines Bolzenschussapparates zum Betäuben von Schlachttieren
Moderne Ausführung eines Schlachtschussapparates

Munition

Als Munition für die Bolzenschussgeräte werden Platzpatronen benutzt, deren Treibladung den Bolzen hervorstößt. Die Patronen sind farblich gekennzeichnet. Die unterschiedlichen Farben weisen auf die Schlachtviehart hin, für die diese Patronen verwendet werden:

  • Grün
schwache Ladung
für Schweine und Kleintiere (Kälber, Schafe)
  • Gelb
mittlere Ladung
für Kühe, Pferde und leichte Ochsen
  • Blau
starke Ladung
für schwere Ochsen und Bullen
  • Rot
extrem starke Ladung
für schwerste Tiere.
Einsatz bei einem Rind

Gesetze und Vorschriften

Deutschland

Schlachtschussapparate werden im Waffenrecht Schussapparate genannt. Besitz, Erwerb und Handhabung dieser zu den Schusswaffen zählenden Apparate sowie der zugehörigen Munition sind in zahlreichen Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Verordnungen geregelt. Ein Schlachtschussapparat, der widmungsgemäß zum Betäuben von Schlachttieren bestimmt ist, gilt nicht als Waffe im Sinne des § 1 Waffengesetz.

Schweiz

In der Schweiz ist die Handhabung von Bolzenschussapparaten durch das BSE-Merkblatt Schlachtung, Betäubung von Rind, Schaf und Ziege geregelt. Besitz, Erwerb und Handhabung dieser Apparate sowie der zugehörigen Munition sind in anderen Reglements festgelegt.