Pseudologie

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Pathologisches Lügen
Andere NamenPseudologia fantastica, Mythomanie
FachgebietPsychiatrie

Pathologisches Lügen, auch bekannt als Mythomanie und Pseudologia fantastica, ist ein chronisches Verhalten, bei dem die Person gewohnheitsmäßig oder zwanghaft lügt. Diese Lügen dienen oft keinem anderen Zweck als der Selbstdarstellung als Held oder Opfer, je nachdem, was der Fall ist.

Sie wurde erstmals 1895 von Anton Delbrück in der medizinischen Literatur beschrieben [de]. Obwohl das Thema umstritten ist, wurde pathologisches Lügen definiert als "Fälschung, die in keinem Verhältnis zu einem erkennbaren Ziel steht, sehr umfangreich und kompliziert sein kann und sich über Jahre oder sogar ein Leben lang manifestiert". Es gibt weder ein festes Konzept für dieses Verhalten noch Diagnosekriterien, die von den Angehörigen der Gesundheitsberufe weitgehend akzeptiert werden, was zu einer Kontroverse darüber führt, was es wirklich bedeutet, ein pathologischer Lügner zu sein. Zu den Theorien, die die Ursachen erklären sollen, gehören Stress, der Versuch, den Ort der Kontrolle nach innen zu verlagern, und Probleme im Zusammenhang mit einem geringen Selbstwertgefühl.

Pseudologie (von altgriechisch ψεῦδος pseudos ‚falsch‘ und -logie) oder Mythomanie ist ein Konzept, welches das Verhalten von Personen beschreibt, die wiederholt oder sogar zwanghaft lügen. Obwohl Pseudologie als Symptom anerkannt ist, herrscht keine Einigkeit darüber, ob es auch die Kriterien einer eigenständigen psychischen Störung erfüllt.

Merkmale

Zu den definierenden Merkmalen des pathologischen Lügens gehören:

  • Ein inneres Motiv für das Verhalten kann klinisch nicht festgestellt werden: z. B. könnte eine lang anhaltende Erpressung oder gewohnheitsmäßige Gewalt in der Ehe eine Person dazu veranlassen, wiederholt zu lügen, ohne dass das Lügen ein pathologisches Symptom ist.
  • Die erzählten Geschichten neigen dazu, den Lügner positiv darzustellen. Der Lügner "schmückt seine eigene Person aus", indem er Geschichten erzählt, in denen er als Held oder Opfer dargestellt wird. So kann die Person beispielsweise als fantastisch mutig dargestellt werden, als jemand, der viele berühmte Menschen kennt oder mit ihnen verwandt ist, oder als jemand, der über große Macht, Stellung oder Reichtum verfügt.

Einige Psychiater unterscheiden zwischen zwanghaftem und pathologischem Lügen, während andere sie als gleichwertig betrachten; wieder andere leugnen die Existenz von zwanghaftem Lügen gänzlich; dies ist nach wie vor ein sehr umstrittenes Thema.

Diagnose

Pathologisches Lügen ist im Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen aufgeführt, allerdings nur als Symptom anderer Störungen wie antisozialer, narzisstischer und histrionischer Persönlichkeitsstörungen, nicht als eigenständige Diagnose. Die ICD-10-Störung Haltlose Persönlichkeitsstörung ist eng mit pathologischem Lügen verbunden.

Mit Hilfe von Lügendetektortests wurde nachgewiesen, dass PF-Patienten (pseudologia fantastica) durch ihre Täuschung Erregung, Stress und Schuldgefühle empfinden. Dies ist ein Unterschied zu Psychopathen, die keine dieser Reaktionen zeigen. Menschen, die an einer antisozialen Störung leiden, lügen, um einen äußeren persönlichen Vorteil in Form von Geld, Sex und Macht zu erlangen. PF ist rein intern. Der Unterschied zwischen der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPD) und PF besteht darin, dass BPD-Patienten verzweifelt versuchen, mit ihrem Gefühl des Verlassenseins, der Misshandlung oder der Ablehnung fertig zu werden, indem sie leere Selbstmorddrohungen oder falsche Anschuldigungen des Verlassenseins aussprechen. Pathologische Lügner fühlen sich nicht zurückgewiesen; sie verfügen über ein hohes Maß an Selbstvertrauen, das ihnen hilft, erfolgreich zu lügen. Im Gegensatz zu Menschen mit histrionischer Persönlichkeit sind pathologische Lügner eher verbal dramatisch als sexuell extravagant. Narzissten glauben, sie hätten Perfektion erreicht, und sind anderen gegenüber wenig einfühlsam. PF-Patienten zeigen diese antisozialen Verhaltensweisen nicht; sie lügen oft, weil sie glauben, ihr Leben sei nicht interessant genug.

Die einzige Diagnose im gegenwärtigen System, bei der absichtslose, innerlich motivierte Täuschung aufgeführt ist, ist die fiktive Störung. Bei dieser Diagnose geht es um Menschen, die vorgeben, körperliche oder psychische Störungen zu haben. Es müssen jedoch Nachforschungen angestellt werden, um zu bestätigen, dass die betreffende Person nicht tatsächlich an einer Störung leidet. Dies kann zu einem Problem werden, da medizinische Unterlagen für die Öffentlichkeit versiegelt sind. Menschen mit PF neigen dazu, über ihre Identität und ihre Vorgeschichte zu lügen. Da die Symptome nicht übereinstimmen, wird die Person möglicherweise nicht diagnostiziert. Sie könnten unter dem Auffangbegriff der unspezifischen Persönlichkeitsstörung (UPD) (ICD-10-Code F69) oder vielleicht sogar unter dem ICD-10-Code F68.8 "Andere spezifizierte Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens Erwachsener" diagnostiziert werden, da dieser sich selbst wie folgt definiert: "Diese Kategorie sollte für die Kodierung jeder spezifizierten Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens Erwachsener verwendet werden, die nicht unter eine der vorhergehenden Rubriken eingeordnet werden kann".

Heinz Kohut (1971) lieferte einen tiefenpsychologischen Beitrag zum Verständnis dieser Neigung zur Unwahrheit. Er unterscheidet Lügen, die auf dem Boden einer unzureichenden Verinnerlichung der normgebenden Eltern im Rahmen des Ödipuskomplexes entstanden und daher psychotherapeutisch besser zugänglich seien, von Lügen als Folge einer frühkindlichen Verwahrlosung. Menschen, die schon in der Säuglingszeit auf idealisierbare Eltern hätten verzichten müssen, ersetzten diesen Verlust durch die Phantasie der eigenen Allmacht (Größen-Selbst). Die zur Schau gestellte Verachtung für alle Werte und Ideale diene der Abwehr und Verleugnung einer Sehnsucht nach einer idealisierbaren Elternfigur bzw. der Neigung, idealisierende Übertragungen herzustellen. Die Gefahr, die von diesen Übertragungen ausgehe, sei die einer traumatischen Zurückweisung durch das idealisierte Objekt, mit der Folge unerträglicher narzisstischer Spannung und schmerzhafter Beschämung und Hypochondrie. Der Stolz dieser Patienten auf die Geschicklichkeit, mit der sie rücksichtslos ihre Umwelt manipulieren, diene zusätzlich dazu, zu verhindern, dass Leere und Mangel an Selbstwertgefühl an die Stelle der fortwährend kriminellen Aktivität des Größen-Selbst, in Wort oder Tat, treten.

Psychopathie

Pathologisches Lügen ist in Faktor 1 der Psychopathie-Checkliste (PCL) enthalten.

Pathologische Lügner

Lügen ist der Akt, wissentlich und absichtlich oder vorsätzlich eine falsche Aussage zu machen. Normale Lügen sind defensiv und werden erzählt, um die Konsequenzen der Wahrheit zu vermeiden. Oft sind es Notlügen, die die Gefühle anderer schonen, eine pro-soziale Einstellung widerspiegeln und einen zivilisierten menschlichen Umgang ermöglichen. Pathologisches Lügen kann als Gewöhnung an das Lügen beschrieben werden. Dies ist der Fall, wenn eine Person konsequent und ohne persönlichen Nutzen lügt.

Ein pathologischer Lügner zu sein, hat viele Konsequenzen. Aufgrund des mangelnden Vertrauens scheitern die meisten Beziehungen und Freundschaften von pathologischen Lügnern. Wenn dies weiter fortschreitet, kann das Lügen so schwerwiegend werden, dass es zu rechtlichen Problemen führt, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Betrug.

Epidemiologie

Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 21 Jahren, wenn die Intelligenz durchschnittlich oder überdurchschnittlich hoch ist. Die Betroffenen haben eher durchschnittliche verbale Fähigkeiten als Leistungsfähigkeiten. Dreißig Prozent der Probanden hatten ein chaotisches häusliches Umfeld, in dem ein Elternteil oder ein anderes Familienmitglied an einer psychischen Störung litt. Die Studie ergab, dass die Erkrankung bei Frauen und Männern gleichermaßen auftritt. Vierzig Prozent der Fälle berichteten über Anomalien des zentralen Nervensystems wie Epilepsie, abnorme EEG-Befunde, ADHS, Kopftrauma oder ZNS-Infektionen.