Sütterlinschrift

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Lateinische Schrift (Sütterlin-Untervariante)
Sütterlinschrift.png
Beispiel für Sütterlin
Schriftart
Zeitabschnitt
1915-1970s
SprachenDeutsch
Verwandte Skripte
Übergeordnete Systeme
Lateinische Schrift (Blackletter-Variante)
  • Lateinische Schrift (Frakturvariante)
    • Lateinische Schrift (Untervariante Kurrent)
      • Lateinische Schrift (Sütterlin-Untervariante)
ISO 15924
ISO 15924Latf (217), Latein (Frakturvariante)

Sütterlinschrift (deutsche Aussprache: [ˈzʏtɐliːnˌʃʁɪft], "Sütterlin-Schrift") ist die letzte weit verbreitete Form der Kurrent, der historischen Form der deutschen Handschrift, die sich neben der deutschen Schwarzschrift (vor allem der Fraktur) entwickelte. Der Grafiker Ludwig Sütterlin wurde 1911 vom Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung beauftragt, eine moderne Handschrift zu entwerfen. Sein Schriftschema ersetzte nach und nach die älteren Schreibschriften, die sich im 16. Jahrhundert entwickelt hatten, als sich die Buchstaben in Büchern zu Frakturen entwickelten. Der Name Sütterlin wird heute oft für alle Varianten der alten deutschen Handschrift verwendet, obwohl nur diese spezielle Schrift von 1915 bis 1941 in allen deutschen Schulen unterrichtet wurde.

Die Sütterlinschrift, meist einfach Sütterlin genannt, ist eine im Jahr 1911 im Auftrag des preußischen Kultur- und Schulministeriums von Ludwig Sütterlin entwickelte Ausgangsschrift für das Erlernen von Schreibschrift in der Schule.

Sütterlinschrift, Buchstabenformen. Letzte Zeile: die Form des Umlautzeichens über äöüÄÖÜ entspricht der des Buchstabens e; die Form des Buchstabens ß lässt die Ableitung von ſz noch erahnen; überstrichene m und n zu Schreibung von verdoppelten mm und nn, Schluss-s.

Geschichte

Es war im 19. Jahrhundert in England Mode geworden, mit der neu entwickelten stählernen Spitzfeder zu schreiben. Die sehr schräge englische Schreibschrift mit ihren großen Unter- und Oberlängen und ihrem veränderlichen Strich (Schwellzug) ist zwar dekorativ, aber technisch schwer zu schreiben. Auch in Deutschland setzte sich die Spitzfeder rasch durch und prägte das Schriftbild des 19. Jahrhunderts. In Deutschland schrieb man damals zwei Schreibschriften: Kurrent (auch deutsche Schreibschrift genannt) und lateinische Schreibschrift.

Um den Kindern das Schreibenlernen zu erleichtern, ließ Sütterlin sie mit einer Kugelspitzfeder (Gleichzug) schreiben, vereinfachte die Buchstabenformen, verringerte die Ober- und Unterlängen (Lineatur im Verhältnis 1:1:1) und stellte die relativ breiten Buchstaben aufrecht. In allen diesen Merkmalen ist sie den heute verbreiteten Ausgangsschriften der lateinischen Schreibschrift ähnlich.

Die deutsche Sütterlinschrift wurde ab 1915 in Preußen eingeführt. Sie begann in den 1920er Jahren die bis dahin übliche Form der deutschen Kurrentschrift abzulösen und wurde 1935 in einer abgewandelten Form (leichte Schräglage, weniger Rundformen) als Deutsche Volksschrift Teil des offiziellen Lehrplans.

In der Folge des Normalschrifterlasses wurde mit einem Rundschreiben vom 1. September 1941 das Lehren von Kurrentschrift im Schulunterricht untersagt. Zuvor war bereits am 3. Januar 1941 die Verwendung gebrochener Druckschriften (Frakturtypen) untersagt worden. Als Ausgangsschrift wurde ab 1942 in den Schulen die lateinische Schrift in einer Variante, die Deutsche Normalschrift genannt wurde (Proportionen 2:3:2, Schrägstellung, Ovalformen), eingeführt.

Nach 1945 hatte der Normalschrifterlass des NS-Regimes keine Gültigkeit mehr. Trotzdem blieb die lateinische Schreibschrift die Standardschreibschrift an Schulen. Kurrentschrift wurde an west- und ostdeutschen Schulen lediglich teilweise zusätzlich zur lateinischen Ausgangsschrift gelehrt. Dies endete in den 1980er Jahren, als die älteren Generationen, die die Kurrentschrift noch gut beherrschten und teilweise aus Gewohnheit weiter verwendeten, aus dem Berufsleben ausgeschieden waren und die Schrift so weitgehend außer Gebrauch gefallen war.

In Deutschland gibt es verschiedene Initiativen und Vereine, die beim Entziffern von Texten in Sütterlin- und anderen alten Schriften helfen. Beispiele sind die „Sütterlin-Schreibstube“ in Konstanz und die Sütterlinstube Hamburg.

In der Mathematik bezeichnete man in Deutschland bis in das späte 20. Jahrhundert Matrizen durch Großbuchstaben und Vektoren durch Kleinbuchstaben der deutschen Sütterlinschrift (anstelle der heute gebräuchlichen Schreibweise mit lateinischen Buchstaben und darübergesetztem Pfeil).

Die NSDAP verbot 1941 alle "gebrochenen", als chaotisch empfundenen Schwarzschriften, darunter auch die Sütterlin, und ersetzte sie durch lateinische Buchstaben wie die Antiqua. Viele Deutschsprachige, die mit diesem Schriftsystem aufgewachsen waren, benutzten es jedoch noch bis weit in die Nachkriegszeit hinein.

In einigen deutschen Schulen wurde Sütterlin bis in die 1970er Jahre weiter gelehrt, allerdings nicht mehr als Grundschrift.

Merkmale

Der Sütterlin-Kleinbuchstabe "e" enthält zwei eng beieinander liegende vertikale Balken, in denen der Ursprung des Umlautdiakritikums (¨) aus einem kleinen "e" über dem modifizierten Vokal zu erkennen ist.

Sütterlin basiert auf der altdeutschen Handschrift, die eine Handschriftform der Schwarzschriftschriften wie Fraktur oder Schwabacher ist, den deutschen Druckschriften, die zur gleichen Zeit verwendet wurden.

Sie hatte auch das lange s (ſ) sowie mehrere Standardligaturen wie ff (f-f), ſt (ſ-t), st (s-t) und ß (ſ-z oder ſ-s).

Aufgrund ihrer Besonderheit können Sütterlinbuchstaben auf der Tafel für mathematische Symbole verwendet werden, für die im Druck Frakturbuchstaben verwendet würden. Das kleine d in Kurrent und Sütterlin wird in der Korrekturlesung für deleatur ("es soll gelöscht werden") verwendet.

Übersicht über die Buchstaben

(Es gibt zwei Kleinbuchstaben "s". Der 2. wird am Ende einer Silbe verwendet.)

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A a

A a

B b

B b

C c

C c

D d

D d

E e

E e

F f

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G g

G g

H h

H h

I i

I i

J j

J j

K k

K k

L l

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M m

M m

N n

N n

O o

O o

P p

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Q q

Q q

R r

R r

S s

S ſ s

ß

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T t

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U u

U u

V v

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W w

W w

X x

X x

Y y

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Z z

Z z

Ä ä

Ä ä

Ö ö

Ö ö

Ü ü

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Beispiele