Blumenkohlohr

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Klassifikation nach ICD-10
M95.1 Blumenkohlohr
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Cauliflower ear by dr vikram yadav.jpg

Das Blumenkohlohr oder Ringerohr ist eine bleibende Entstellung des äußeren Ohres, die durch Blutergüsse in der Ohrmuschel (Othämatome) entsteht, wenn es zur bindegewebigen Organisation des Blutergusses kommt oder die Versorgung des Knorpelgewebes mit Nährstoffen verhindert wird und dieses zugrunde geht.

Blutergüsse am Ohr sind in der Regel schmerzlos; wegen der möglichen Spätfolgen sollte man dennoch auch bei kleinen, nur tastbaren Hämatomen einen Arzt aufsuchen. Kleine Schwellungen werden meist mit Druckverband oder Punktion behandelt, bei größeren muss operiert werden.

Blutergüsse sind die Folge von Gewalteinwirkungen wie Schlägen aufs Ohr oder scharfes Knicken der Ohrmuschel. Besonders betroffen sind daher Personen, die Sportarten wie Judo, Ringen, Brazilian Jiu-Jitsu (BJJ), Rugby, Wrestling, Boxen oder Mixed Martial Arts (MMA) ausüben.

Auch durch Polychondritis kann ein Blumenkohlohr entstehen.

Das Blumenkohlohr ist ein irreversibler Zustand, der auftritt, wenn der äußere Teil des Ohrs getroffen wird und sich ein Blutgerinnsel oder eine andere Flüssigkeitsansammlung unter dem Perichondrium bildet. Dadurch wird der Knorpel vom darüber liegenden Perichondrium, das ihn mit Nährstoffen versorgt, getrennt, was zu seinem Absterben und zur Bildung von faserigem Gewebe in der darüber liegenden Haut führt. Infolgedessen wird das äußere Ohr dauerhaft geschwollen und deformiert, so dass es einem Blumenkohl ähnelt.

Vorstellung

Menschen, die sich mit einem möglichen Ohrmuschelhämatom vorstellen, haben aufgrund der häufig traumatischen Ursachen des Ohrmuschelhämatoms häufig zusätzliche Verletzungen (z. B. Risswunden am Kopf/Hals). Das Ohr selbst ist oft angespannt, schwankend und empfindlich mit pochenden Schmerzen. Aufgrund der potenziell bemerkenswerteren Verletzungen, die häufig mit einem Ohrmuschelhämatom einhergehen, kann ein Ohrmuschelhämatom jedoch leicht übersehen werden, wenn es nicht gezielt behandelt wird.

Ursachen

Die häufigste Ursache des Blumenkohlohrs ist ein stumpfes Trauma am Ohr, das zu einem Hämatom führt, das, wenn es unbehandelt bleibt, schließlich abheilt und das typische Erscheinungsbild eines Blumenkohlohrs ergibt. Die Struktur des Ohrs wird von einem Knorpelgerüst gestützt, das aus den folgenden unterschiedlichen Komponenten besteht: Helix, Antihelix, Concha, Tragus und Antitragus. Die Haut, die diesen Knorpel bedeckt, ist extrem dünn und enthält praktisch kein subkutanes Fett, während sie gleichzeitig fest mit dem Perichondrium verbunden ist, das reichlich vaskularisiert ist, um den avaskulären Knorpel zu versorgen.

Das Blumenkohlohr kann auch bei nicht-traumatischen entzündlichen Verletzungen des Bindegewebes der Ohrmuschel auftreten, wie z. B. bei der rezidivierenden Polychondritis (RP), einer seltenen rheumatologischen Erkrankung, bei der wiederkehrende Entzündungsschübe zu einer Zerstörung des Knorpels von Ohren und Nase führen. Gelenke, Augen, das audiovestibuläre System, das Herz-Kreislauf-System und die Atemwege können ebenfalls betroffen sein.

Mechanismus

Die am Blumenkohlohr beteiligten Komponenten des Ohrs sind die Außenhaut, das Perichondrium und der Knorpel. Die Außenhaut des Ohrs haftet fest am Perichondrium, da es an der Vorderseite des Ohrs fast kein subkutanes Fett gibt. Dadurch ist das Perichondrium relativ anfällig für Verletzungen durch direkte Traumata und Scherkräfte, die durch eine Kraft entstehen, die wie ein Schlag auf das Ohr einwirkt, und die das Risiko der Hämatombildung erhöhen. Bei einem Ohrmuschelhämatom sammelt sich Blut zwischen dem Perichondrium und dem Knorpel an. Das Hämatom behindert mechanisch den Blutfluss vom Perichondrium zum avaskulären Knorpel. Diese mangelnde Durchblutung birgt das Risiko, dass der Knorpel nekrotisch wird und/oder sich infiziert. Bleibt er unbehandelt, kommt es zu einer desorganisierten Fibrose und Knorpelbildung um die genannten Knorpelkomponenten.

Folglich füllt sich die konkave Ohrmuschel mit desorganisiertem Bindegewebe. Der Knorpel verformt sich dann und knickt ein, was zu dem charakteristischen Aussehen führt, das an einen Blumenkohl erinnert. Durch eine rasche Entfernung des Hämatoms wird der enge Kontakt zwischen Knorpel und Perichondrium wiederhergestellt, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Verformung verringert wird, da die Ischämie, die ansonsten durch ein verbleibendes Hämatom entstehen würde, minimiert wird.

Ohrmuschelhämatome treten am häufigsten im potenziellen Raum zwischen der Helix und der Antihelix (Scapha) auf und erstrecken sich nach vorne in die Fossa triangularis. Seltener kann sich das Hämatom auch in der Ohrmuschel oder im Bereich des äußeren Gehörgangs und um diesen herum bilden. Wichtig ist, dass ein Ohrmuschelhämatom auch auf der hinteren Ohrfläche oder sogar auf beiden Flächen auftreten kann. Das Risiko nekrotischen Gewebes ist am größten, wenn sowohl die hintere als auch die vordere Fläche betroffen sind, obwohl die hintere Fläche aufgrund der größeren Menge an stoßdämpfendem subkutanem Gewebe weniger wahrscheinlich betroffen ist.

Diagnose

Das perichondrale Hämatom und damit auch das Blumenkohlohr werden klinisch diagnostiziert. Das bedeutet, dass der Arzt die Diagnose anhand von Elementen aus der Anamnese der Verletzung (Beispiele: Teilnahme an Kontaktsportarten, Trauma des Ohrs, frühere ähnliche Vorfälle) stellt und diese mit den Befunden der körperlichen Untersuchung (Beispiele: Empfindlichkeit des Bereichs, Bluterguss, Verformung der Ohrkonturen) kombiniert, um die Diagnose zu bestätigen und über die geeignete Behandlung für den Patienten zu entscheiden.

Blumenkohlohr bei einem MMA-Kämpfer

Yotsuyanagi et al. haben ein Klassifizierungssystem entwickelt, um zu entscheiden, wann ein chirurgischer Eingriff erforderlich ist, und um die beste Behandlungsmethode festzulegen.

Klassifizierung des Blumenkohlohrs
Typ 1: Minimale Verformung mit keinen oder leichten Veränderungen der Ohrkontur Typ 2: Erhebliche Verformung der Ohrmuschel
Typ 1A Die Verformung beschränkt sich auf die Ohrmuschel Typ 2A Die strukturelle Integrität des Ohrs ist intakt
Typ 1B Deformität, die sich von der Antihelix bis zur Helix des Ohrs erstreckt Typ 2B Schlechte strukturelle Integrität des Ohrs
Typ 1C Deformität, die sich über das gesamte Außenohr erstreckt

Vorbeugung

Ein Rugby-Union-Spieler trägt eine "Scrum Cap" mit Tigerprint, eine Kopfbedeckung, die zur Stoßdämpfung und zum Schutz des Kopfes dient.

Zur Vorbeugung werden Kopfbedeckungen getragen, die beim Rugby "Scrum Cap" genannt werden, beim Ringen und anderen Kampfsportarten einfach "Headgear" oder Ohrschutz genannt werden und die Ohren schützen. Es kann auch eine spezielle Ohrschiene angefertigt werden, die das Ohr zusammenpresst, so dass sich das geschädigte Ohr nicht füllen kann, was ein Blumenkohlohr verhindert. Bei manchen Sportlern gilt ein Blumenkohlohr jedoch als Zeichen von Mut oder Erfahrung.

Behandlung

Ein leichtes Ohrmuschelhämatom nach der Drainage

Es gibt viele Arten der Behandlung des perichondralen Hämatoms, das zu einem Blumenkohlohr führen kann, aber der derzeitige Forschungsstand ist nicht in der Lage, eine einzige beste Behandlung oder ein einziges Protokoll zu ermitteln. Es gibt eindeutige Belege dafür, dass die Drainage dieses Hämatoms im Vergleich zu einer konservativen Behandlung besser zur Vorbeugung einer Blumenkohldeformität geeignet ist, aber die Verwendung von Verbänden und/oder Schienen nach der Drainage bedarf weiterer Untersuchungen.

Da ein akutes Hämatom zu einem Blumenkohlohr führen kann, kann eine rasche Entleerung des Blutes eine dauerhafte Deformierung verhindern. Es gibt viele beschriebene Techniken für die Drainage von Blut in der akuten Phase, um Hämatome zu verhindern, darunter einfache Nadeldrainage, kontinuierliche Saugvorrichtungen, das Anbringen eines Dochts sowie Inzision und Drainage. Nachdem das Blut abgeflossen ist, wird die Verhinderung einer erneuten Anhäufung zum dringendsten Problem. Dies wird durch zahlreiche Techniken erreicht, darunter: direkte Druckverbände, ein- und ausziehbare Matratzennähte, Knöpfe an den Nähten, thermoplastische Schienen, vernähte Wattebällchen und absorbierbare Matratzennähte. Die Verwendung einer einfachen Drainage ist sechs Stunden nach der Verletzung und bei wiederholten Traumata weniger sinnvoll. In diesen Fällen wurde vorgeschlagen, dass eine offene chirurgische Behandlung effektiver ist, um das kosmetische Erscheinungsbild wiederherzustellen und ein erneutes Auftreten zu verhindern. Das äußere Ohr ist anfällig für Infektionen, daher werden in der Regel Antibiotika verschrieben. Mit Hilfe von Verbänden kann Druck ausgeübt werden, um die Verbindung zwischen Haut und Knorpel wiederherzustellen. Auch Wäscheklammern, Magnete und maßgefertigte Ohrschienen können verwendet werden, um sicherzustellen, dass ein angemessener Druck auf den verletzten Bereich ausgeübt wird. Eine Unterbrechung des Gehörgangs ist möglich. Die Ohrmuschel kann faltig und aufgrund der verminderten Durchblutung leicht blass werden, daher auch die Bezeichnung "Blumenkohlohr". Es gibt kosmetische Verfahren, die das Aussehen des Ohrs möglicherweise verbessern können.

Geschichte

Darstellung des Blumenkohlohrs bei den Boxern von Quirinal, ca. 100-50 v. Chr.

Die Darstellung des Blumenkohlohrs wurde im antiken Griechenland aufgezeichnet.

In den Opiumhöhlen von Hongkong im 19. Jahrhundert entwickelten Opiumkonsumenten Blumenkohlohren, wenn sie lange Zeit auf harten Holzkissen schliefen.